20 Jahre HafenCity Gesichter und Geschichten von Hamburgs neuer Waterkant
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20 Jahre HafenCity Dezember 2021 Sonderausgabe Gesichter und Geschichten von Hamburgs neuer Waterkant
Modern & Editorial Liebe Leser:innen, im April 2001 begann an den Kibbelstegbrücken So geht es eher zu wie auf einem Karussell: Wir laden offiziell der Bau der HafenCity – ziemlich genau Sie ein, mit uns eine vergnügliche Runde durch die vier Jahre, nachdem der Hamburgische Senat das großen Themen der HafenCity-Entwicklung zu traditionell Vorhaben erstmals vorgestellt hatte. Die Jahres- drehen, nach Belieben auf- oder abzuspringen und wende 2021 / 22 liegt damit zwischen zwei Jubiläen: sich auf die vorbeiziehenden Bilder und Stimmungen dem Jubiläum des 20-jährigen Baubeginns und dem einzulassen. Jubiläum der 25-jährigen Vision. Zwei Menschen haben die Geschicke der HafenCity über fast zwei Gemeinsam mit meiner Kollegin Theresa Twacht- Jahrzehnte geprägt und verabschieden sich nun mann und dem beständig wachsenden Team der in den Ruhestand: Prof. Jürgen Bruns-Berentelg HafenCity Hamburg GmbH und ihrer Tochtergesell- schied Ende November als Vorsitzender der schaften reihe ich mich nun unter den „Gesichtern Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH der neuen Waterkant“ ein. Und wenn die Geschichte aus, der Geschäftsführer Giselher Schultz-Berndt der Entstehung der HafenCity in wenigen Jahren geht zum Ende des Jahres. an den Elbbrücken vollständig erzählt ist, endet eigentlich nur ein großes Kapitel. Denn die Ge- Wir haben dies zum Anlass für eine Sonderaus- schichte der Stadt von morgen geht weiter: gabe unseres Newsletters genommen. „Gesichter im Grasbrook, Billebogen und in der Science City und Geschichten von Hamburgs neuer Waterkant“ Hamburg Bahrenfeld. Wir freuen uns, mit Ihnen lautet der Untertitel. Denn jenseits von klugen Kon- und allen anderen Interessierten zusammen an den zepten für die Stadtentwicklung sowie baulichen und nächsten Kapiteln zu schreiben! ingenieurstechnischen Leistungen soll es hier vor allem um die Menschen gehen, die sich für dieses Meinen beiden Vorgängern gelten mein großer Dank Vorhaben engagiert haben. Exemplarisch stehen und meine Bewunderung. Wie umfassend und die Gesichter und Geschichten auf den kommenden vorausschauend ihre Leistung war, wird mit diesem Seiten für all die Akteur:innen, die sich mit viel Herz- Sondernewsletter eindrucksvoll dokumentiert. blut – gerne auch kritisch – eingebracht haben und weiterhin hoffentlich einbringen. Herzlichst, Ihr Andreas Kleinau ↑ Dr. Andreas Kleinau, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH Foto: Bina Engel »Ein Markenzeichen → Die HafenCity ist im Sommer 2021 an den Elbbrücken unserer Stadt« angekommen Foto: André Dekker Jedes Jahr Grundsteinlegungen, Eröffnungen und Einweihungen: Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher zu Meilensteinen und künftigen Herausforderungen 2021 hat sich der Baubeginn der HafenCity Wofür steht die HafenCity heute? Was sollen spätere Generationen idealerweise zum 20. Mal gejährt. Die Entscheidung, ehemalige sagen, wenn sie 2041 auf die vergangenen 20 Hafen- und Industrieflächen in einen neuen und Peter Tschentscher Die HafenCity steht vor allem Jahre zurückschauen? modernen Stadtteil zu verwandeln, liegt sogar für eine moderne, zukunftsfähige Stadtentwick- fast 25 Jahre zurück. Wie blicken Sie auf die lung. Sie bietet vielfältige Orte zum Arbeiten und Peter Tschentscher Idealerweise: Alles richtig damalige Entscheidung der Freien und Hansestadt Wohnen, mit einer hohen Lebensqualität und einer gemacht. und Ihres Vorgängers Henning Voscherau zurück? besonderen Lage am Wasser. Damit zählt sie zu den attraktivsten urbanen Räumen in Europa und Interview: Henrike Thomsen Peter Tschentscher Die HafenCity ist ein neues ist in kurzer Zeit zu einem bekannten Markenzei- Kapitel in der Stadtentwicklung Hamburgs. Es war chen unserer Stadt geworden. Zum Feierabend und eine mutige Idee, alte Hafen- und Industrieflächen an Wochenenden kommen auch viele Hambur- für die Entwicklung eines neuen, modernen Stadt- ger:innen aus anderen Stadtteilen in die HafenCity. teils zu nutzen und damit die innere Stadt wieder Sie genießen die Promenaden am Wasser, die Parks direkter an den Hafen und das Elbufer anzubinden. und öffentlichen Plätze, die gastronomischen und Henning Voscherau hat damals sehr weitsichtig kulturellen Angebote. gehandelt und damit einen starken Impuls gegeben für die positive Entwicklung unserer Stadt. Ich Was scheint besonders gut zu gelingen, worauf persönlich finde die HafenCity sehr hanseatisch: sind Sie vielleicht stolz? Was gilt es aber auch modern und zugleich traditionsbewusst, im Herzen noch zu erreichen? der Stadt mit Blick in die Welt. Peter Tschentscher Im Elbbrückenquartier ent- Was sind für Sie die Meilensteine der bisherigen stehen Architektur und Bautechnik der Zukunft. Entwicklung? Jedes Gebäude setzt neue Maßstäbe für nach- haltiges Bauen, das im Hinblick auf den Umgang Peter Tschentscher Es gibt viele, denn die mit natürlichen Ressourcen und für den Klima- HafenCity wurde in mehreren Schritten vom schutz von größter Bedeutung ist. Neben Flächen Westen in den Osten geplant und gebaut. Seit für Büros und Gewerbe wird es in der fertigen dem ersten Spatenstich 2001 wurden jedes Jahr HafenCity insgesamt rund 7.500 neue Wohnungen Grundsteinlegungen, Richtfeste und Eröffnungen geben, darunter auch viele geförderte und genos- gefeiert. Als Mitglied des Senats habe ich an vielen senschaftliche Wohnungen mit günstigen Mieten. teilgenommen, zuerst als Finanzsenator und heute Darüber hinaus haben private Baugemeinschaften → als Bürgermeister. Projekte umsetzen können. Es ist gelungen, einen Was werden künftige Besondere Meilensteine waren sicherlich die vielfältigen und attraktiven Stadtteil für alle zu Generationen sagen? Vision der vollendeten Eröffnung der Elbphilharmonie, die Fertigstellung entwickeln. Aber die HafenCity ist noch nicht östlichen HafenCity ↑ der neuen U-Bahn-Stationen oder die Einweihung fertig. Zum Beispiel im Überseequartier ist noch Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher Visualisierung: EDGE bloomimages des Baakenparks. einiges zu tun. Foto: Ronald Sawatzki / Senatskanzlei Hamburg HafenCity | Sonderausgabe | Dezember 2021 Dezember 2021 | Sonderausgabe | HafenCity
Modern & traditionell Modern & traditionell „Es gilt, sich immer wieder auf neue offene Prozesse einzulassen und den eigenen Handlungsrahmen Ausgerechnet ein Walfänger. Kees Christiaanse „Nicht akzeptiert und unterlegen“ Das Ziel, bis 2035 zwei Drittel aller Emissionen zu hinterfragen. Wir müssen Antworten auf erinnert sich noch gut an seine Überraschung, dass Damit war der Ton des Symposiums gesetzt. einzusparen, werde eine technische Revolution Fragen, die noch gar nicht gestellt wurden, suchen. er als junger Architekt einmal mit diesem dubiosen Es wurde Rückschau auf mehr als 30 Jahre erzwingen und erlege der Stadtentwicklung eine Zugleich gilt es, die Themen anschaulich zu Beruf in Verbindung gebracht wurde. 1989 war das, konzeptionelle Entwicklung und 20 Jahre Bau- „antizipatorische Verantwortung“ auf. „Man kann vermitteln. Speziell in Hamburg müssen wir uns die Jagd auf die großen Meeressäuger war bereits geschichte gehalten, Anekdoten aus dem Näh- allerdings nicht verordnen, was die Basis nicht mit- zudem insbesondere um ein friedliches Mitein- seit drei Jahren international geächtet, aber bis kästchen inklusive, aber letztlich immer wieder trägt“, warnte Sobek zugleich vor einer Über- ander von urbanen und hafenwirtschaftlichen nach Hamburg schien sich das noch nicht herum mit Blick auf die großen Entwicklungslinien. Die forderung der Bevölkerung. Als Beispiel nahm er Nutzungen bemühen.“ gesprochen zu haben. Der damalige Oberbaudirek- Präsidentin der Hamburgischen Architekten- den Begriff des „virtuellen Wassers“. Gemeint ist tor Egbert Kossak meinte es jedenfalls als Kompli- kammer, Karin Loosen, etwa beschrieb ebenfalls die Menge Wasser, die in einem Produkt oder Das Schlusswort war Hamburgs Erstem Bürger- ment, als er Christiaanse für seinen Beitrag zum die Schwierigkeiten des Anfangs: „Die HafenCity seiner Herstellung steckt. „Aber erklären Sie meister Dr. Peter Tschentscher vorbehalten. In einer Bauforum HafenCity mit dem Modell eines Wal- war als Wohnstandort noch nicht akzeptiert und als mal jemanden, dass seine virtuelle Wasserbilanz Videobotschaft gratulierte er der HafenCity fängers belohnte. „Wir sollten wohl diejenigen sein, Bürostandort der City unterlegen.“ Die Einführung schlecht ist“, so Sobek. zu ihrer Entwicklung, dankte der scheidenden die mit unserem Entwurf die Bauherren fangen“, von fünf Meter hohen Erdgeschossen zur Unterbrin- Geschäftsführung und wünschte der neuen alles erzählt Christiaanse schmunzelnd im Rückblick. gung öffentlichkeitsbezogener Nutzungen sei für Kritik und (kaufmännische) Haltung Gute: „An diesem Erfolg haben Professor Bruns- Die HafenCity als reine Investoren-Architektur, die Hamburg überhaupt völlig neu gewesen. „Am Ende „Wir mussten das, was wir erreichen wollten, Berentelg und Giselher Schultz-Berndt einen großen ihre Netze nach den „dicksten Fischen“ auf dem kam es auf die ersten Bauherren und ihren Mut an, sich ständig kommunizieren“, bestätigte Prof. Bruns- Anteil. Mit hohem Sachverstand und großem Immobilienmarkt auswirft? auf dieses Abenteuer einzulassen“, so Loosen und Berentelg. „Man musste Kritik bewusst aushalten.“ persönlichen Einsatz haben sie die Entwicklung der Neue Trends und Themen, die zu verspüren waren, HafenCity maßgeblich mitgeprägt. Im Namen des Auf neuen Pfaden habe die HafenCity Hamburg GmbH (HCH) wissen- Senats danke ich Professor Bruns-Berentelg und schaftlich aufarbeiten lassen und systematisch in Giselher Schultz-Berndt sehr herzlich für ihre Arbeit die Anwendung gebracht. Wichtig sei nicht zuletzt und den damit verbundenen Fortschritt in der aber auch die „kaufmännische Haltung“ gewesen: Stadtentwicklung Hamburgs. Dr. Andreas Kleinau „Wir sind für Einnahmen und Ausgaben verantwort- und Theresa Twachtmann können darauf aufbauen lich. Die Einnahmen wurden aber nicht abgeschöpft, und diese Arbeit fortführen. Ich freue mich auf die Mit rund hundert Gästen fand am 27. Oktober 2021 ein Symposium sondern für Reinvestitionen genutzt. Das über die Zusammenarbeit und wünsche Ihnen ebenso viel zur Baugeschichte der HafenCity statt. Von Henrike Thomsen Jahrzehnte aufgebaute Wissen wurde von der HCH Erfolg bei der Entwicklung von Hamburgs neuen schließlich auch für andere Vorhaben fruchtbar Zukunftsorten: dem Grasbrook, dem Billebogen und gemacht, betonte der Leiter der Bundesanstalt für der Science City Hamburg Bahrenfeld.“ Immobilienaufgaben Dr. Christopher Krupp. ↑ Kees Christiaanse blickt in seiner Ansprache auf die Anfänge der HafenCity Podiumsdiskussion auf dem Symposium „Auf neuen Pfaden“ Entwicklung zurück Foto: Stefan Groenveld Foto: Stefan Groenveld ↓ Oft ist dem Projekt dieser Vorwurf begegnet, warnte alle künftigen: „Einfache Bauprojekte wird „Ohne die Gesellschaft hätte es die Olympia- aber letztlich zu Unrecht, meint der Leiter es in der HafenCity nie geben.“ Doch lohne sich der Planung nicht gegeben“, erinnerte er sich aus des international renommierten Büros KCAP aus Aufwand mit Blick auf die Qualität der Ergebnisse: seiner früheren Zeit in der Hamburger Senats- Rotterdam, der 1999 gemeinsam mit dem Kölner „Wer hätte gedacht, dass mitten in Hamburg kanzlei. Heute ändere sich die Rolle der östlichen Architekturbüro ASTOC schließlich den Masterplan einmal Gebäude aus Lehm und Holz entstehen?“ Nachbarn wie etwa des Stadtteils Rothenburgsort. der HafenCity verfasste. „Es war der Schlüssel zum Und auch ästhetische Qualitäten würden durch eine Erfolg, dass sich die Akteure der HafenCity Vielzahl von wettbewerblichen und kooperativen Dank an die scheidende Geschäftsführung mit dem Begriff Urbanität befasst, ihn in die Verfahren gesichert. Nach rund dreistündigem Programm mit Kurzvor- Entwicklung eingebracht und als Konzept für Als Pionier des innovativen Ingenieurbaus mahnte trägen und Diskussion zog der neue Vorsitzende Quartiere im menschlichen Maßstab, für eine Prof. Werner Sobek mit Nachdruck die Rolle der der HCH-Geschäftsführung, Dr. Andreas Kleinau, intensive Funktionsmischung und qualitätvolle Bauwirtschaft für den Klimaschutz an. „Das Bau- ein Fazit. „Das Erfolgsrezept liegt in der Bereitschaft Freiräume als Orte für Begegnungen ausgelegt wesen ist für mehr als 50 Prozent der klimaschäd- zum Perspektivwechsel – sei es für Konzepte der haben“, so Christiaanse. lichen Emmissionen verantwortlich“, bilanzierte er. Stadt- und Quartiersentwicklung, für konkrete Bauvorhaben oder für Konzepte der Kommunikation und Beteiligung“, sagte er. ↑ Die ehemalige und die neue Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH auf der Symposiumsbühne: Theresa Twachtmann, Giselher Schultz-Berndt, Dr. Andreas Kleinau und Prof. Jürgen Bruns-Berentelg (v. l. n. r. stehend) Foto: Stefan Groenveld
Modern & traditionell Geheimprojekt Buchtipp HafenCity Die Rückschau auf die Anfänge der HafenCity liest sich heute noch genauso spannende wie beim Erscheinen vor fünf Jahren. Viele Jahre waren die Planungen streng geheim gehalten worden. Der Autor Gert Kähler vermochte den Prozess dennoch genau zu rekonstru- ieren und den Leser:innen ein faszinierendes „Fern- rohr in die Vergangenheit“ an die Hand zu geben, wie Hamburgs Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Dr. Dorothee Stapelfeldt das Buch beschreibt. Eine Schlüsselfigur ist Dr. Henning Voscherau, damaliger Erster Bürgermeister der Stadt Hamburg, 1 der den Beschluss zum Bau der HafenCity erst verkündete, als bereits viele Gespräche geführt und Vereinbarungen getroffen worden waren. Ihm sei Zeitkarussell Anfänge bewusst gewesen, dass er damit am Rande der Legalität agierte, aber das „Jahrhundertprojekt rechtfertigt alles“, wird der „Vater der HafenCity” zitiert. Die Dokumentation der verschlungenen Wege bis zum Startschuss für die Realisierung liest sich nicht umsonst streckenweise wie ein Krimi. Leider vergriffen & nur im Modernen Antiquariat erhältlich! „Geheimprojekt HafenCity oder Wie erfindet man einen neuen Stadtteil?“ von Gert Kähler, Herausgeber Volk- win Marg. Dölling & Galitz, München / Hamburg 2016 2 3 4 Dr. Henning Voscherau, damals Hamburgs Erster Bürgermeister, erklärt 1997 erstmals die Pläne für die HafenCity Archivfoto: HafenCity 1. 1996: Die erste Skizze zur HafenCity von Volkwin Marg Visualisierung: gmp Architekten | 2. 2017: Spatenstich für das südliche Überseequartier Foto: Thomas Hampel 3. 2006: Grundsteinlegung für die Katharinenschule Foto: Thomas Hampel | 4. 2021: Grundsteinlegung Edge Elbside Foto: Thomas Hampel
1. Zweibrückenstraße: Entwässerung bei Niederschlag und normalem Wasserstand der Elbe Abenteuer Haltestelle Elbbrücken Elbbrücken Bauen Ver smanns traß e mittlerer Elbe Promenade HWS-Wand 1. Geschoss Tiefgarage HWS-Wand Promenade Tidewasserstand 2. Geschoss Tiefgarage mit Auftriebssicherer Sohle Zweibrücken- Sandtorpromenade Grasbrookhafen straße - 6,00 m NN - 3,50 m NN Regenwasser- behandlungsanlage Vertikal Drainage Druckleitung Straßentrog Tiefgründung Siel 2018: Moderner Hochwasserschutz: Bauen auf erhöhten Warftgeschossen in der HafenCity Visualisierung: HafenCity Hamburg GmbH Pumpwerk Zeitkarussell 2018: Über ein ausgeklügeltes System wird das Regenwasser an der tiefliegenden Zweibrückenstraße abgeführt Visualisierung: Christian Eisenberg Sitzpodest 2. Zweibrückenstraße: Hochwasser der Elbe über NN + 5,0 m 3. Zweibrückenstraße: Auflaufendes Hochwasser der Elbe bis NN + 5,0 m Aussichtsplattform vorkultivierte Tideröhrichtzone aus Gräsermatten Geländeaufhöhung Schilf- und Simsenarten Haltestelle Geotextil um ca. 3 m Elbbrücken Füllsand Haltestelle Leitungen und Kanäle für Strom, Oberboden / humoser Sand Elbbrücken Gas, Telekommunikation, Wasser u. a. U-Bahn- Ober Linie Inselweg ha fe n Schutzgabione Baak Hochwasser Flutung des enha Trennvlies fen über NN + 5,0 m Straßentrogs Drainanlage mit Gegendruck Hochwasser Darinagerohren Zweibrücken- über NN + 5,0 m Elbe straße Schlitzwand Flutung Ablauf Überlaufschacht Regenwasser- Betonsäulen behandlungsanlage Ab Sommer 2013 wird eine zweispurige Kleischicht Zu- und Geogitter Umleitung eingerichtet, während die neue Versmannstraße Ablaufleitung Zu- und und die Verlängerung der U4 hergestellt werden. Die tempo- Betonelement Ablaufleitung Pumpwerk Grundwasser- räre Verkehrsführung verläuft über die neue Brücke über den tragende Sande Basisgabione außer Betrieb druck Baakenhafen direkt an der Elbe entlang bis zu den Elbbrücken. Mikropfähle Pumpwerk Grundwasser- Nach Abschluss der Bauarbeiten wird der Verkehr zurückgelegt Verrieselter Sand druck und das Elbufer als breite grüne Promenade gestaltet. 2013: Schnitt durch die Versmannstraße Visualisierung: Christian Eisenberg 2014: Aufbau des steilen Himmelsbergs im Baakenpark Visualisierung: Christian Eisenberg Visualisierung: Christian Eisenberg Visualisierung: Christian Eisenberg Bürogebäude Schwingungsübertragung „Watermark“ Bürogebäude „Shipyard“ Federelemente Wohngebäude „Freeport“ 200 Stahlfedern ent- koppeln das Gebäude Das Gebäude wird über dem Erdgeschoss mithilfe von von Schallübertragungen. Federelementen und anderen technischen Maßnahmen 1 Oberhafenquartier Dieselbe Technik kam in vom darunter liegenden Gebäude vollständig schall- der Elbphilharmonie zum technisch entkoppelt (siehe links). 3 Einsatz. Baakenhafen Lohseparkquartier mit Schulcampus äußerer Schacht innerer Schacht 12 (Bebauung nicht dargestellt) 2 13 Aufzug Aufzugsschächte werden mit einem speziell konstui- erten „Schacht im Schacht“ ausgeführt. 3 11 4 Fuge 4 Tunnel Treppen Versmannstraße Auch Treppen, Rohr- 5 leitungen und Lüftungen müssen in der Gebäudefuge über dem Erdgeschoss ent- koppelt werden. 11 Tiefgarage Lärm- und Schwingungs- Zwei Ebenen für unterirdische Park- 1. Untergeschoss plätze haben auch eine konstruktive 1 Bahndamm 8 Schlitzwände emissionen 6 (Pfeilerbahn) Funktion: Die Auflast über dem Tunnel 10 2. Untergeschoss Magdeburger Hafen wird wie durch eine Brücke reduziert. 2 ebenerdige Gleise 9 Mikropfähle ← weiterer Ausgang verankerte 3 Aufzüge 10 9 Baugrubensohle 4 Stromtrassen (unterhalb 11 Spundwände der Straßen u. der Gleise) 7 Verlauf der U4 5 LED-Paneele 12 Serviceweg DB Der U-Bahn-Tunnel führt unter dem Magdeburger 8 Hafen durch. In der Gebäudeplanung wurde dies umfassend berücksichtigt. Zwischen dem Gleisbett 6 Zwischenebene 13 Ausgang und dem Untergrund wurden Unterschottermatten zu einem ersten Schutz gegen Emissionen durch Oberhafen mit Schall und Schwingungen eingelegt. 8 Unterschottermatten 7 U4 Treppe u. Rolltreppe 2021: Der derzeit im Bau befindliche Fußgängertunnel unter den Bahnschienen wird die U-Bahnstation HafenCity Universität an der Versmannstraße mit 2017: Über dem Tunnel der U4 erhebt sich das Gebäudeensemble rund um den Turm „Watermark“ am Magdeburger Hafen Visualisierung: Christian Eisenberg dem Sportgelände am Oberhafen verbinden Visualisierung: Christian Eisenberg
Stadt & Nachhaltigkeit Grußwort Zu den detaillierten Forderungen für Stadtent- wicklung und vielen anderen Themen siehe: www.fridaysforfuture.de ↑ Stadtentwicklungssenatorin Dr. Dorothee Stapelfeld Foto: Daniel Reinhardt / Senatskanzlei Hamburg Vom Geheim- projekt zum Juwel ↑ Wie Hamburgs Senatorin für Stadtent- Zehntausende folgten in Hamburg dem Aufruf zur Fridays-for-Future-Demonstration im September 2021 Foto: Florian Quandt wicklung und Wohnen den politischen »Hamburg braucht das Coup der HafenCity erinnert – und die Menschen, die ihn prägten Als vor fünf Jahren im Rahmen einer kleinen Feier 365-Euro-Ticket – für alle« Prof. Gert Kählers spannendes Buch „Geheim- projekt HafenCity“ vorgestellt wurde, erinnerten wir ← uns gemeinsam an die Anfänge dieses wohl bedeu- Gemeinsam mit Fridays for Future fordert Maia Stimming Klimaneutralität bis tendsten Meilensteins der Hamburger Stadtent- spätestens 2035 Foto: Miguel Ferraz wicklung in den vergangenen Jahrzehnten. Maia Stimming ist 16 Jahre alt und engagiert sich seit zwei Jahren bei Fridays for Future Hamburg. Sie besucht die 11. Klasse Umnutzung in Städten ist eine Sache, das Bauen Alles begann mit dem politischen Coup, den des Gymnasiums Othmarschen und absolviert nebenbei ein Junior-Studium in Geografie an der Universität Hamburg neuer Gebäude eine andere. Wie steht ihr dem Hamburgs Bürgermeister Voscherau am 7. Mai 1997 Thema Neubauten gegenüber? anstieß, nach langen vertraulichen Vorgesprächen: Um das 1,5 Grad Ziel einzuhalten und Klima- einer recht privilegierten Situation. Meine Familie als das Auto. Und Kopenhagen ist auch weit vorn. In einer Rede im Übersee-Club beschrieb er neutralität bis 2035 zu erreichen, verlangt kann sich meine Jahreskarte für den ÖPNV leisten. Die Stadt will ja schon 2025 klimaneutral werden. Maia Stimming Letzten Endes geht es ja darum, seinem erstaunten Publikum „ein großes, ganz Fridays for Future von der Politik eine Vielzahl Das gilt aber nicht für alle Menschen – und das Da sollte sich Hamburg wirklich etwas abschauen. Ressourcen zu sparen. Wenn ich mir die HafenCity konkretes Projekt des Stadtumbaus, das sicher von Maßnahmen. Dabei appelliert ihr auch an wollen wir ändern. Gerade wenn der Erste Bürgermeister verkündet, anschaue: Da mussten viele neue Häuser gebaut zwei, drei Jahrzehnte des neuen Jahrhunderts in die Hamburgische Bürgerschaft und den Senat. dass Hamburg die erste klimaneutrale Metropole werden, weil eben vorher keine Altbauten da waren, Anspruch nehmen wird“. Große, treffende Worte, Was sind eure zentralen Forderungen? Ihr sagt, es braucht ein Konzept, das den ÖPNV Europas werden soll und im Klimaschutzgesetz die man hätte sanieren können. Aber Konzepte, und in der Zeitperspektive von der späteren Realität für alle finanzierbar macht. Und das gibt es ja 2050 steht – das passt einfach nicht zusammen. wo zum Beispiel recycelte Baumaterialien benutzt sogar noch eingeholt, denn die HafenCity steht in- Maia Stimming Über allem steht die Forderung, auch schon: In Wien zum Beispiel kann für einen werden, sind extrem sinnvoll und sollten dringend zwischen, zu Beginn des dritten Jahrzehnts ihrer dass Hamburg seinen Beitrag leisten soll, um Jahresbeitrag von 365 Euro jede:r die öffentlichen Wie hast du die Reaktionen der Politik auf eure überall umgesetzt werden. Genau wie der Einsatz Geschichte, vor der Vollendung. die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, was eben heißt, Verkehrsmittel nutzen. Forderungen bisher wahrgenommen? von Zertifizierungslabels. Wenn aber schon Ge- dass wir bis 2035 klimaneutral werden müssen. bäude da sind, müssen die auch genutzt werden Doch nicht nur die Größe des Vorhabens beein- Das bedeutet auch, dass der Hamburger Senat Maia Stimming Ja, wir brauchen auch für Hamburg Maia Stimming Die Forderungen haben wir im und nicht abgerissen, wobei das ganze Material druckte damals wie heute. Das Projekt berührte ein 1,5-Grad-konformes Restbudget für den das 365-Euro-Ticket. Denn jetzt ist es für Familien August 2019 aufgestellt – am Anfang gab es entsorgt wird, nur um daraufhin neue Gebäude zugleich ein Spannungsverhältnis zwischen Hafen- CO2-Ausstoß festlegen muss. Das Ziel der Klima- mit niedrigem Einkommen einfach zu teuer. Der einige Gespräche mit der Politik, die sind aber mit klimaschädlichem Zement hochzuziehen. grenze und Innenstadt. Wie heikel das war, räumte neutralität betrifft alle Bereiche: Gebäudesektor, ÖPNV darf auch nicht komplett kostenlos sein, recht schnell im Sande verlaufen. Im September Deswegen fordern wir eine energetische Henning Voscherau erst später vor der Hamburg- Energiesektor und Verkehr. Hier fordern wir zum denn die Fahrer:innen müssen ja ein vernünftiges 2020 haben wir dann ein Klima Camp aufgebaut Sanierung des Gebäudebestandes bis 2035. ischen Bürgerschaft ein; entsprechend waren Beispiel einen sofortigen Baustopp von Auto- Gehalt bekommen. Aber ein Ticket darf einfach und über ein Jahr lang 24/7 dort gestreikt, aber die Reaktionen. Auf seine eher vorsichtig bahnen und dass der ÖPNV ausgebaut wird, nicht so viel kosten wie jetzt gerade. es passierte immer noch nicht viel. Das macht In der Debatte um energetische Sanierung wird beschwichtigende Skizzierung des Vorhabens die Innenstadt autofrei wird und mehr Fahrrad- natürlich wütend. Da fragt man sich: Was soll das? häufig auf die hohen Kosten verwiesen, zumal oft „HafenCity“ antwortete der Redner der opposi- straßen ausgebaut werden. In Hamburg sind derzeit rund 799.000 Pkws Wollt ihr uns veräppeln? Gerade, weil das Bundes- nicht klar ist, ob Vermieter:innen oder Mietende tionellen Christdemokraten Ole von Beust mit dem angemeldet. Kannst du dir erklären, warum wir verfassungsgericht vor kurzem geurteilt hat, dass dafür aufkommen. Urteil, Voscheraus Vision sei „kein mutiger Tabubruch“, Ihr wollt also ganze Straßenzüge für den Autover- so am Auto hängen? 2050 zu spät ist. Wir brauchen Klimaneutralität sondern vielmehr ein alter Hut, gar ein „Wolken- kehr sperren, ähnlich wie den Jungfernstieg, der bis spätestens 2035. Maia Stimming Gerade bei diesem Thema sollte kuckucksheim“. Heute können wir über beides vergangenes Jahr umgestaltet wurde? Maia Stimming Natürlich ist Deutschland eine klar sein, dass der Staat unterstützen muss, weil es lächeln, und dieses in seiner Art beispiellose, Auto-Nation. Das Auto ist einfach ein Status- Der Klimawandel hat viele Auswirkungen, viel- untragbar ist, dass die Mieten noch weiter steigen. hervorragend gelungene Stück neues Hamburg Maia Stimming Der Jungfernstieg ist ja nicht symbol und Hamburg eine verhältnismäßig reiche leicht auch auf das Entstehen von Pandemien. Aber dieses „Mimimi“ (steht für mimosenhaftes strahlt umso leuchtender. Vor allem aber: Viele autofrei, sondern nur autoreduziert – Taxen und Stadt. Hier haben Familien zum Teil auch zwei oder Durch Corona sind in vielen deutschen Innenstäd- Verhalten, Anm. d. Red.) bei Kostenfragen ist Tausend Menschen fanden in der HafenCity eine Busse dürfen weiterhin durchfahren. Das ist auch noch mehr Autos und der SUV gehört dazu. Wahr ten verstärkt Ladenflächen und teils ganze Kauf- generell der falsche Ansatz. Es ist glasklar: Wenn Heimat zum Wohlfühlen. sinnvoll, da wir die Busse für den öffentlichen ist aber auch, dass Hamburg in der zweiten Hälfte häuser freigeworden, auch in Hamburg. Wie könn- wir jetzt kein Geld ausgeben, um – plakativ gesagt Nahverkehr brauchen. Ein ähnliches Projekt in des 20. Jahrhunderts zur autogerechten Stadt ten diese deiner Meinung nach genutzt werden? – die Welt zu retten, dann wird die Welt uns das Über fast den gesamten Entwicklungszeitraum Ottensen wurde im vergangenen Jahr leider erst- umgebaut wurde. Das merkt man heute überall: später heimzahlen und zwar doppelt und dreifach. stand mit Prof. Jürgen Bruns-Berentelg ein Mann an mal gekippt. Dabei fand ich den Pilotversuch toll. Für Autos ist immer Platz, für Fahrräder wird Maia Stimming Da gibt es natürlich tausend Mög- Nehmen wir die Flutkatastrophe diesen Sommer, der Spitze der HafenCity GmbH, der sich mit großer Wir brauchen viel mehr autoreduzierte Straßen, gerade erst Platz geschaffen. Es ist natürlich lichkeiten, gerade in der Innenstadt. Ich fände es die Schäden in Höhe von mehr als 29 Milliarden Expertise und nie nachlassender Leidenschaft das bietet mehr Lebensqualität und verursacht schön, dass sich das langsam ändert, aber das sinnvoll, daraus bezahlbaren Wohnraum zu machen. Euro verursacht hat. So etwas wird häufiger diesem und weiteren wichtigen Projekten widmete. auch viel weniger Lärm. hätte viel früher passieren müssen. Sodass es Für die Menschen, die in Deutschland am meisten passieren: Dürren, Nahrungsmittel-Ausfälle Er wie auch Geschäftsführer Giselher Schultz- von Anfang an attraktiver gewesen wäre, nicht unter der Klimakrise leiden. Menschen mit wenig und so weiter. Da kommen immense Kosten Berndt gehen nun in den Ruhestand, und ihnen Wie bewegst du dich denn am liebsten von A nach B? das Auto zu nutzen, sondern Fahrrad oder ÖPNV. Geld sind von vielfältigen Problemen betroffen und auf uns zu. Und wir stehen natürlich auch beiden gilt unser aller tief empfundener Dank die Klimakrise macht vieles noch schlimmer. Hitze in der Verantwortung anderen Ländern für ihren Anteil an einem städtebaulichen Juwel, Maia Stimming Auf Strecken unter zehn Kilo- Welche Städte könnte sich Hamburg in dieser ist schwerer zu ertragen, wenn man zu zehnt in ein zu helfen. Da muss jetzt einfach Geld das noch viele Jahrzehnte das Gesicht unserer metern mit dem Fahrrad. Jetzt im Winter wird Hinsicht zum Vorbild nehmen? paar Räumen aufeinander hockt. Daher sollten ausgegeben werden, damit es schönen Stadt mit prägen wird. es zu kalt, dann nehme ich Bus und Bahn. Auto solche Flächen auch nach sozialen Kriterien ver- später überhaupt noch Leben fahre ich eigentlich nie, höchstens wenn ich Maia Stimming Natürlich sind die klassischen geben werden. gibt. Es gibt keine Wirtschaft nicht in Hamburg bin und zum Beispiel meine Fahrradstädte, wie in den Niederlanden, Vorbilder. auf einem toten Planeten. Großeltern besuche. Aber ich bin da auch in Da ist eher das eigene Fahrrad das Statussymbol Interview: Melanie Kausch HafenCity | Sonderausgabe | Dezember 2021
Stadt & Nachhaltigkeit Die HafenCity als politische Bühne: Wahlkampfveranstaltung der SPD 2009 Foto: Thomas Hampel Grußwort ↓ Können Städte Antworten zum Kilmaschutz liefern? Hamburgs Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft Jens Kerstan ist gespannt, wie es in der HafenCity weitergeht Weg von den blinden Flecken Manche Anwohner:innen waren nicht begeistert über den Anblick des Punk-Musicals mitten in der HafenCity Vor 20 Jahren hat Hamburg mit der HafenCity einen an der Elbe. Kurze und attraktive Wege, am besten Foto: Veranstaltungsarchiv HafenCity Hamburg GmbH Aufbruch gewagt. Die Aufgabe war gigantisch: Aus direkt am Wasser – so macht es Spaß, zu Fuß oder ↓ einem „blinden Fleck“ mit alten Hafenanlagen und per Rad unterwegs zu sein. Carsharing-Konzepte Industriehallen einen Ort zum Leben und Arbeiten und eine gute Anbindung an Bus und Bahn machen komponieren. Und das möglichst nachhaltig. Heute das eigene Auto überflüssig. Und: Die HafenCity macht die HafenCity vor, wie wir unsere Städte wird immer grüner. Rund 2.000 Straßenbäume weiterentwickeln können und liefert auch Ant- sorgen für gutes Klima, in den vielen Parks lässt sich worten auf die vielen Fragen im Klima- und Umwelt- wunderbar spazieren gehen und Sport treiben. schutz. Von der effizienten Flächennutzung über ressourcenschonendes Bauen und moderne Mo- Seit dem ersten Rammschlag ist in der HafenCity bilität bis zu nachhaltigen Energielösungen: Die Großes gelungen. Den Macherinnen und Machern, HafenCity hat jede Menge frischen Wind in die öko- allen voran Prof. Jürgen Bruns-Berentelg und logische Stadtentwicklung gebracht. Pionier war Giselher Schultz-Berndt, möchte ich zu diesem der Stadtteil mit seinem Umweltzeichen HafenCity, Jubiläum herzlich gratulieren und Danke sagen. Ich dem deutschlandweit ersten Zertifizierungssystem bin gespannt, wie hier Hamburg unter Dr. Andreas für nachhaltiges Bauen. Das Umweltzeichen hat Kleinau und Theresa Twachtmann weitererzählt Standards für Gebäude gesetzt – zum Beispiel für wird, etwa mit dem deutschlandweit höchsten Holz- den Einsatz umweltschonender und inzwischen auch haus. Die Kräne in der HafenCity werden sich noch Gelber Planet, recycelbarer Materialien, für Energieerzeugung aus ein paar Jahre drehen, bis sich Hamburg ganz seinem regenerativen Quellen und nachhaltigem Betrieb. großen Strom geöffnet hat. Die Herausforderungen In den neuen Quartieren sind heute emissionsarme für den Klima- und Umweltschutz werden dabei ↑ Wärmeenergiekonzepte und vielfältige Mobilitäts- nicht kleiner. Für die folgenden Etappen wünsche ich grüner Planet Senator Jens Kerstan, Behörde für Umwelt, angebote so selbstverständlich wie die steife Brise weiter Mut, Innovationsfreude und gutes Gelingen. Klima, Energie und Agrarwirtschaft Foto: F. Besser / Senatskanzlei Hamburg Ist die HafenCity ein Viertel für Bessergestellte? Oder ein Labor für Stadtentwicklungsfragen? Leider weder noch. Von Christoph Twickel „Die HafenCity ist ein kleiner gelber Planet“ schrieb Vielleicht liegt es auch an den Baugemeinschaften, Anwohner mit seinen Unternehmerfreunden wohl die ZEIT vor 12 Jahren anlässlich der Bundestags- die im Laufe der Jahre in die HafenCity gezogen sind unter sich geblieben. Doch seit 2011 hat die Stadt wahl 2009. 27,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler – deren Klientel speist sich eher aus dem mittel- wieder eine sozialdemokratisch geführte Stadt- in Hamburgs neuem Stadtteil hatten damals bei der ständisch-ökologischen Milieu. Jedenfalls sind die regierung. Und die wollte auch in der HafenCity FDP ihr Kreuz gemacht. Nicht mal 2.000 Menschen Bewohner:innen des Stadtteils heute weniger für den durchsetzen, dass ein Drittel Sozialwohnungen wohnten seinerzeit in der HafenCity, das Wahl- Schutz ihrer Lebenseinstellungen als für den Schutz entsteht. Deshalb wohnen hier – Stand Ende 2018 – ergebnis passte nahtlos in das Gesamtbild, das auch der Umwelt zu haben. Bei einer Demonstration inzwischen so viele Empfänger:innen von Arbeits- ich mir von Hamburgs Retortenstadtteil machte: im Spätsommer 2021 – angeblich die erste seit losengeld wie im Stadtteil Sternschanze und Ein Ort, in dem sich Bessergestellte Designer- Existenz der HafenCity – forderten Anwohner:innen fast doppelt so viele wie in Ottensen. Wäre es wohnungen mit unverbaubarem Elbblick kau- gar, ein brachliegendes Baufeld solle unbebaut sozialer, wenn die Stadt von dem Geld in fen, an den die unteren Schichten nur als Reini- bleiben, schon wegen des Klimawandels. Man solle Billstedt oder Finkenwerder dreimal so viele Sozial- gungs- oder Servicekräfte gelangen. Die HafenCity es in einen Park umwandeln. Eigentlich sollte hier wohnungen baute? Ähnliche Fragen stellen sich ist ein Stadtviertel, das auf die „Bedürfnisse der Gruner & Jahr sein neues Flaggschiff-Verlagshaus bei der Debatte um mehr oder weniger Grün- etablierten Unternehmen der Kreativwirtschaft zu- bauen, aber wer braucht noch flagship architecture flächen in der HafenCity: Sollten wir, um anderswo geschnitten“ sei, heißt es in einer Studie aus den im Zeitalter von Homeoffice? Klimaschützer:innen unversiegelte Flächen zu schützen, den neuen späten nuller Jahren. Im Schatten des Marco Polo versuchen Bürobauten in der HafenCity zu verhindern: Stadtteil so dicht wie möglich bebauen? Und Towers führte ich 2010 mit dem Performancekol- Als ich mit dem inzwischen ehemaligen HafenCity- müsste man dann nicht für jedes Gebäude in der lektiv Schwabinggrad Ballett das Straßen-Musical Chef Jürgen Bruns-Berentelg, an sich ein sehr HafenCity anderswo ein Feuchtbiotop oder eine „Business Punk City“ auf, ein Spottspektakel auf die unaufgeregter Typ, darüber sprach, sah ich den Streuobstwiese unter Naturschutz stellen? Ideologie der „Creative City“, die seinerzeit auch in Anflug einer Zornesfalte auf seiner Stirn: Das sei Andererseits: Hat die HafenCity-Bewohnerschaft Hamburg Oberwasser hatte. Am nächsten Tag be- doch nicht klimafreundlich, argumentierte er, nicht auch ein Anrecht auf einen lokalen Beitrag schwerte sich ein Anwohner vom Kaiserkai per Mail wenn man an einem ohnehin schon verdichteten zum Klimaschutz? Wer zugunsten des Lastenrads bei der zuständigen HafenCity GmbH: „Dies war kein Ort darauf verzichte, Arbeitsplätze zu schaffen. auf den SUV verzichtet, möchte ja nicht in einer normales Konzert mit Musik zur Freude der Anwohner Schließlich müsse dann anderswo womöglich eine Asphaltwüste wohnen. (...) Müssen Sie solche Veranstaltungen, die sich ge- heute unversiegelte Grünfläche dran glauben, All diese Auseinandersetzungen laufen im Kern auf gen uns Anwohner und unsere Lebenseinstellungen damit die Arbeitsplätze entstehen. eine Entscheidung hinaus: Soll die HafenCity als Teil richten genehmigen? Wenn ich sowas im Freundes- eines Gesamtkonzeptes Stadt bestimmte Funk- kreis und befreundeten Unternehmern erzählt, dann Für jedes Gebäude eine Streuobstwiese? tionen übernehmen? Oder soll sie Modellcharakter will keiner von denen mehr hierherziehen.“ Der Streit erinnert mich an eine Diskussion, die ich haben, idealtypisch sein? Man ahnt es: Im wirklichen mit dem Stadtsoziologen Jens Dangschat vor rund Leben gewinnt mal diese, mal jene Alternative – Das Bild hat sich gewandelt zehn Jahren hatte, als wir durch die HafenCity je nach politischer Konjunktur, Parteienproporz und Heute sind die Grünen in der HafenCity die stärkste spazierten. Dangschat, eigentlich ein ausgewiese- Beschwerdemacht der Anwohnerschaft. Die Partei. Sie haben bei der letzten Bundestagswahl ner Gentrifizierungs-Kritiker, war dagegen, in der HafenCity ist kein Labor, hier wohnen keine Ver- mit 28 Prozent sogar mehr Stimmen bekommen als HafenCity Sozialwohnungen zu bauen. Die Stadt suchsratten, sondern echte Menschen – und seinerzeit die Gelben. Vielleicht sind die Grünen, solle die Grundstücke lieber so teuer wie möglich auch die politischen und wirtschaftlichen Lobby- wie Jutta Ditfurth einst sagte, einfach eine FDP mit vermarkten – mit dem eingenommenen Geld könne kräfte, die hier walten, sind real. Natürlich: Die Idee ← Fahrrad. Das hieße, dass einige der FDP-Wähler:innen sie in anderen Stadtteilen deutlich mehr Sozialwoh- eines Stadtteils, in dem grundsätzliche Fragen Kinder bei der Eröffnungsfeier des Baakenparks 2018 in der HafenCity ihren SUV verkauft hätten und nungen bauen. Hätte sich Dangschats Argument diskutiert werden, in dem nach reiflicher Überlegung Foto: Miguel Ferraz jetzt für ein lastenradfreundliches Viertel kämpfen. durchgesetzt, wäre oben zitierter Kaiserkai- alles richtig gemacht wird – wie schön wäre das! HafenCity | Sonderausgabe | Dezember 2021 Dezember 2021 | Sonderausgabe | HafenCity
Stadt & Nachhaltigkeit Mit der HafenCity hat Hamburg Anschluss an wegweisende städtebauliche Entwick- lungen in England, den Niederlanden, den USA und Asien gefunden – und sogar vieles besser gemacht. Von Katrin Loosen, Präsidentin der Hamburgischen Architektenkammer Den Städtebau zum Leben erweckt Die HafenCity war und ist innovativ auf gleich Eine Herkulesaufgabe mehreren Feldern: Da wäre zunächst einmal die Stadt- und Immobilienentwicklung in diesen Gründung eines städtischen Unternehmens (GHS, Dimensionen ist niemals nur eine Einzelleistung. später HafenCity Hamburg GmbH), das für die Um- Jürgen Bruns-Berentelg und Giselher Schultz- 1 setzung des gigantischen Projekts zuständig ist. Es Berndt haben in der HafenCity GmbH ein exzel- war eine richtige Entscheidung, weil schnell deutlich lentes Team aufgebaut, das in den vergangenen wurde, dass ein solch außerordentliches Stadtent- zwei Dekaden die Herkulesaufgabe der Reali- wicklungsprojekt nicht innerhalb der vorhandenen sierung eines neuen innerstädtischen, interna- behördlichen Strukturen und mit dem vorhandenen tional beachteten Stadtteils bravourös bewältigt Personal realisierbar ist. Und genauso richtig war es, hat. Wie sehr diese Expertise und Erfahrung mit Jürgen Bruns-Berentelg und Giselher Schultz- geschätzt wird, zeigt sich auch daran, dass die 2 ↑ Berndt zwei Personen in die Geschäftsführung zu HafenCity GmbH neue große Aufgaben über- Katrin Loosen, Präsidentin der Hamburgischen berufen, die mit immobilienökonomischen und tragen bekommen hat: die Entwicklung und Architektenkammer Foto: Berry Behrendt volkswirtschaftlichem Sachverstand das Projekt Realisierung weiterer großer Projekte wie den umsetzten. Grasbrook, den Billebogen und die Science City Ohne die beharrliche, erfolgreiche Arbeit von Beide haben aber von Beginn an dafür gesorgt, Hamburg Bahrenfeld. Doch am Ende kommt Jürgen Bruns-Berentelg und Giselher Schultz- dass die HafenCity nicht nur ein ökonomischer, son- es eben auf die Personen an der Spitze an, Berndt wäre die HafenCity heute nicht der innova- dern vor allem auch ein urbanistischer Erfolg wurde, die die Maßstäbe setzen, Leitlinien entwickeln und tive, urbane und lebenswerte Stadtteil an der Elbe, um den uns heute viele Städte beneiden. Die Vor- auf die hohe Qualität in der Umsetzung drängen. den wir alle uns einst erhofften. Danke dafür! aussetzungen waren mit dem wegweisenden Städ- tebaukonzept von Kees Christiaanse und ASTOC sicher sehr gut, aber ein städtebaulicher Entwurf, ein Masterplan ist eben erst einmal nur Papier – sie Zur vertieften Auseinandersetzung müssen zum Leben erweckt, ihre Leitideen auch in Diskussionspapiere die Praxis umgesetzt werden. Es ist der Verdienst von Jürgen Bruns-Berentelg und Giselher Schultz- Berndt, die richtigen Bauherren für dieses am- bitionierte Projekt gefunden und Planer:innen zu zur HafenCity höchsten Leistungen angetrieben zu haben. Allein die Entscheidung, für jedes Bauprojekt einen Wettbewerb obligatorisch zu machen, war ein großer Dienst an der Baukultur. Dass an den Straßen und Promenaden heute belebte Erdgeschosszonen zu finden sind, ist auf entsprechende Vorgaben bei der Grundstücksvergabe und der baulichen 2020 „Wohnalltag in der HafenCity“ 2010 „Öffentliche Stadträume und das Entstehen Planung zurückzuführen – etwa die Auflage, Wie sehen Lebensentwürfe, Alltagsmuster und von Öffentlichkeit“ fünf Meter hohe Erdgeschosse einzuplanen, die Nachbarschaften in der zentralen HafenCity aus? Das erste Diskussionspapier der HafenCity Hamburg sich für Geschäfte und Gastronomie eignen. Die Studie von Prof. Dr. Marcus Menzl und Toralf Gon- GmbH gibt Einblicke in die Grundgedanken und den Die hohe Qualität der Frei- und Grünräume der zález beleuchtet auf Basis einer Interviewreihe mit Stand der Entwicklung zu dem Zeitpunkt, als der HafenCity, die allenthalben zum Verweilen und Bewohner:innen Zuzugsmotive und Lebensentwürfe. Masterplan für die östliche HafenCity überarbeitet Treffen einladen, sind hoffentlich Hamburg ein wurde. Prof. Jürgen Bruns-Berentelg skizziert den Ansporn, mehr aus seinen oft stiefmütterlich 2014 „Identität, Nachhaltigkeit und Urbanität“ Weg zu einer durch hohe Urbanität gekennzeichnete behandelten Straßenräumen, Plätzen und Grün- Das Diskussionspapier von Prof. Jürgen Bruns- neue Innenstadt bis zu den Elbbrücken. 3 4 anlagen zu machen. Gerade die Corona-Epidemie Berentelg geht der Frage nach, wie sich die über hat noch einmal gezeigt, wie wichtig das ist. den Masterplan hinausreichenden Perspektiven der HafenCity-Entwicklung charakterisieren lassen. Zum Download unter hafencity.com/mediathek Zeitkarussell Vorher – Nachher Eine Zäsur Der Wille, im neuen Stadtteil wo immer möglich eine 2010 „Reurbanisierung?“ kleinteilige, feinkörnige Mischung von Funktionen Die Rückkehr des Wohnens in die Innenstadt bot am zu erzeugen, war seinerzeit, Anfang des Jahrtau- Beispiel der HafenCity den Anlass für diese Unter- sends, noch eine Zäsur. Heute ist sie Vorbild für suchung. Prof. Dr. Marcus Menzl führte die Interview- zahlreiche andere Stadtentwicklungsprojekte. Die serie mit Bewohner:innen und wertete sie aus. Einführung eines eigenen Zertifizierungssystems für nachhaltiges Bauen führte dazu, dass Gebäude nicht nur schön anzusehen sind, sondern auch Vor- zeigeprojekte bei Ökologie, Ressourcenschonung, CO₂-Vermeidung wurden und werden – man denke nur an die ehemalige Unilever-Zentrale, den Green- peace-Sitz oder das noch zu realisierende Holzbau- Hochhaus „Roots“. Neu war und ist sicherlich auch, nicht an einem einmal beschlossenen Plan dauerhaft festzuhalten, sondern flexibel zu bleiben, ihn anzupassen an sich ändernde Zeiten und Entwicklungen. Es war eine weise Entscheidung, den Masterplan 2010 für die östlichen Bereiche der HafenCity grundlegend zu überarbeiten mit dem Ziel, diese Quartiere städti- → scher, dichter und sozial gemischter zu gestalten. Visualisierung: rock&stars digital GmbH 5 1. Der Kaispeicher A auf der Kehrwiederspitze 2010 Foto: Markus Dorfmüller | 2. Der Kaispeicher A mit Elbphilharmonie und Touristen 2021 Foto: Thomas Hampel 3. Blick vom Michel 1980: Hinter dem Zollkanal sieht man die Speicherstadt sowie die damaligen Hafen-und Industrieanlagen Foto: Thomas Haas 4. Blick vom Michel 2021 Foto: Miguel Ferraz | 5. Das Baakenhafenquartier mit Wohnbebauung und Frachtschiff im Vordergrund; weiter hinten die MS Stubnitz Foto: Tomas Hampel
Innovation & Exzellenz Innovation & Der Statistik zufolge ist der Trend zum Auto Sie müssen auf der Nachbarschaftsebene funk- Solche Unternehmen müssen sich dann auch ungebrochen. 2019 erreichte die Auto-Dichte in tionieren, also sozial, aber auch ökonomisch und an der Gemeinnützigkeit beteiligen, zum Beispiel Deutschland einen neuen Höchststand. In Hamburg ökologisch sowie eine gute Versorgungsinfra- dadurch, dass sie dann auch die Daten zur Ver- stagnieren die Zahlen seit 2015 im Grunde. Machen struktur haben. fügung stellen. Wir starten gerade mit Google wir uns mit der Mobilitätswende etwas vor? das Projekt Air View, in dem Luftdaten erhoben Exzellenz Andreas Kleinau Corona hat uns gezeigt, dass werden. Diese müssen am Ende auch in die offene Andreas Kleinau Wenn die Zahlen stagnieren, ist einige Themen als Vorurteile nur noch in unseren urbane Datenplattform der Stadt eingehen. das ehrlich gesagt eigentlich schon mal schön. Köpfen existierten. Wir alle haben gesehen, dass Die Prognosemodelle gingen in der Vergangenheit Home Office für viele Menschen möglich ist und Andreas Kleinau Ich habe kürzlich einen Wissen- von immer weiter steigenden Verkehrszahlen aus. nunmehr als echte Option in unsere Arbeitswelt schaftspodcast gehört, in dem es darum ging, Wenn hier der erste Bruch entstünde, wäre das eingezogen ist. Der Notstand der Pandemie hat dass Fahndungen sehr davon profitiert haben, eine gute Nachricht. Aber es zeigt natürlich auch: hier etwas in Bewegung gesetzt, was uns sicher auf private Datenbanken zur Ahnenforschung Viele Menschen können sich einen Wandel ihres erhalten bleibt. zugreifen zu können. Dieser Vorgang hat seine Mobilitätsverhaltens gar nicht vorstellen. Da gibt ganze eigene ethische Fragwürdigkeit, aber es emotionale Haltungen, die mit der Sachebene Gesa Ziemer Damit zusammen hängt das Um- auch eine sehr sprechende Pointe: Menschen manchmal wenig zu tun haben. nutzen von Flächen. Wir werden künftig weniger liefern freiwillig ihre intimsten Informationen, in Büroflächen brauchen, zudem verändert sich der diesem Fall ihre DNA, an alle möglichen Syste- Gesa Ziemer Forschungen zeigen, dass Mobilitäts- Handel in der Innenstadt. Wo am Tag eine Firma me. Und diese Grenzen scheinen sich sehr schnell verhalten sich ändert, wenn alternative Angebote ihre Produkte präsentiert, könnte zum Beispiel zu verlagern. Vielleicht werden wir in zehn Jahren vorhanden sind. In Helsinki gibt es beispielsweise am Abend eine Yoga-Schule oder ein Angebot selbstverständlich über Dinge sprechen, die wir eine App, über die man Fahrräder, Schiffe, ÖPNV für Jugendliche hinein gehen. Selbst Parkhäuser heute als vollkommen absurd abtun. und sogar Taxis kombiniert buchen kann. Das werden fürs Wohnen umgebaut. funktioniert gut, aber Helsinki hat auch nur ca. Gesa Ziemer Das passiert und wir können es 600.000 Einwohner. Wir brauchen aber auch einer Wo verläuft die ethische Grenze der Digitalisie- nicht aufhalten. Nehmen Sie allein die Sensor- Bewusstseinsänderung. Wir können uns perspek- rung? In anderen Ländern scheinen beispielsweise entwicklung in den letzten Jahren: Von einer tivisch einfach nicht mehr so viel fortbewegen, wie Gesichtserkennung oder das Messen von Körper- rein quantitativen Technologie, die zum Beispiel wir es im Moment noch tun. Wir verbessern unser temperatur im Stadtraum gesellschaftlich ak- zählen konnte, zu einem Instrument, das differen- Mobilitätsverhalten nicht nur deshalb, weil wir in zeptiert. Ist vor diesem Hintergrund ein gewisses zierte Informationen liefert: Ob ich eine Frau oder E-Autos investieren. Auch diese Autos verbrauchen Misstrauen nicht angebracht? ein Mann bin, wie ich mich bewege usw.. Abgesehen viel Energie und wertvolle Ressourcen wie seltene von manchen kritischen Bürger:innen machen ja, Erden. Ich arbeite ja sehr stark international und Gesa Ziemer Auch beim Smart-Housing kommen wie Sie gesagt haben, erstaunlich viele dabei mit. ich kann die afrikanischen Länder verstehen, für wir in ganz intime Bereiche rein. Stellen Sie sich vor, Ich glaube daher, dass es nicht nur zu den Auf- die sich der Wettbewerb um solche Ressourcen dass Sie sich morgens in Ihrem Bett drehen und gaben der Wissenschaft, sondern auch eines wie eine neue Form von Kolonialisierung darstellt. der Sensor merkt, dass Sie wach werden. Gleich Stadtentwicklungsunternehmens gehört, über geht die Kaffeemaschine an und der Kühlschrank die Gefahren und den Nutzen solcher Daten ↑ HCU-Professorin Gesa Ziemer und HCH-Vorsitzender Dr. Andreas Kleinau Foto: Stefan Groenveld Nach dieser Logik wären innovative Orte wie rapportiert, dass leider die Milch fehlt. Mit Recht aufzuklären. Helsinki oder die HafenCity am Ende kein Vorbild, sagen manche, dass sie so etwas nicht wollen. Die Grenzen verlagern weil ihre Bedingungen zu speziell sind, um sich Unethisch wäre auch, wenn Unternehmen, die in Andreas Kleinau Wir lernen in der Stadtent- andernorts durchzusetzen. der Stadt Daten sammeln und für ihre Geschäfts- wicklung gerade definitiv, dass diejenigen, die zwecke nutzen, nichts zurückgeben – selbst wenn sich engagieren, auch klare Ansprüche an die Andreas Kleinau Ich glaube, man kann schon diese Daten ganz legal erhoben werden. Die Stadt Verfügbarkeit von Daten formulieren. Mit der sich sehr schnell davon lernen. Man muss für die Übertragbarkeit darf nicht zum Testfeld werden, in dem neue Transparenz kommen neue Möglichkeiten, allerdings vergleichbare Rahmenbedingungen her- Business-Modelle entwickelt und erprobt werden. aber auch Verpflichtungen. stellen. Gerade bei Mobilität ist das sehr schwierig, denken Sie nur an den Unterschied der Alltage in Interview: Henrike Thomsen Städten und auf dem Land. Städte gelten von jeher als Orte des Fortschritts. In verschiedenen Epochen wurde jedoch Verschiedenes darunter verstanden: Gesa Ziemer Und es müssen viele Akteur:innen Freiheit, soziale Mobilität, Hygiene, ökonomische Unabhängigkeit… Welche Facetten sind aktuell besonders wichtig für die Debatte gemeinsam an diesem Projekt arbeiten. Nehmen und wie wirken sie sich auf die Stadtentwicklung aus? Ein Interview mit Gesa Ziemer, Professorin für Kulturtheorie und Direktorin Sie die östliche HafenCity: Die Wohnungen weisen des City Science Lab an der HafenCity Universität und Dr. Andreas Kleinau, Vorsitzender der Geschäftsführung der nur 0,4 Parkplätze auf, also nicht mal einen halben Parkplatz pro Einheit. Ein Entwickler, der solche HafenCity Hamburg GmbH Gebäude plant, muss sich mit einem Mobilitäts- anbieter zusammentun und überlegen: Okay, kann Freiheit, soziale Mobilität, Hygiene, ökonomische Wie würden Sie es denn erklären? zugänglich. Man kann sich auf städtischen Portalen in der Tiefgarage ein Sharing-Dienst sein? Und Unabhängigkeit… Welche Fortschrittsthemen detailliert ein Bild seines Quartiers machen: Welche was ist das dann für einer? sind aktuell besonders wichtig für die Debatte und Andreas Kleinau Es gibt zahlreiche Datenplatt- Bäume gibt es und wo stehen sie? Welche Beteili- wie wirken sie sich auf die Stadtentwicklung aus? formen mit legal erhobenen, öffentlich verfügbaren gungsverfahren haben stattgefunden? Der nächste Andreas Kleinau Im Grasbrook gehen wir sogar und anonymisierten Daten etwa zum Mobilitäts- Schritt ist es, diese Daten klug zu vernetzen. auf 0,2 Parkplätze und halbieren also nochmal Gesa Ziemer Wir leben in einer sehr technologi- verhalten und vielen anderen Routinen im städti- Und wir brauchen bessere Datenvisualisierungen, im Vergleich. Damit so etwas möglich wird, muss sierten Gesellschaft. Gerade in Städten haben schen Raum. Wenn wir diese Daten gut und sogenannte data stories, die diese Datenportale man allerdings die Bauherrinnen und Bauherren wir so viele Daten zur Verfügung wie nie zuvor. verantwortlich auswerten, können wir Entwick- attraktiver und nutzerfreundlicher machen. Dann verpflichten, sich an einem solchen Konzept zu Und in gewisser Weise ist dies eine andere Situa- lungen frühzeitig antizipieren und in die Planung würde jeder rasch erkennen, was für eine Daten- beteiligen. Einzeln wären sie nicht hinreichend tion als früher, weil sich vieles im Unsichtbaren einbringen. Eine riesengroße Chance, unsere fülle uns erstens ohnehin bereits umgibt und wie motiviert. Sie würden Marktnachteile in Kauf wandelt. Im Zeitalter der Industrialisierung sah man Aufgabe wirklich vorausschauend anzugehen, man sie zweitens für sich nutzen kann. nehmen, ohne etwas zu erreichen. Der Markt plötzlich überall Fabriken. Da dampfte und rauchte wie es von uns gefordert wird! funktioniert an solchen Stellen einfach nicht es und man wusste, da muss man hingehen zum Wo spielt sich Innovation in der Stadtentwicklung von allein. Er wird beispielsweise nie freiwillig Arbeiten. Die Strukturen heute beruhen auf Daten- Revolutionen machen Angst, auch die digitale… sonst noch ab? ein Überangebot für künftige Mobilitätsformen strömen und -verarbeitung. Sie sind meist unsicht- kreieren. Das Überangebot wäre aber die Vor- ↑ bar und wirken oft geisterhaft. Und das macht Andreas Kleinau Vielleicht ist es nicht richtig, Gesa Ziemer Städtische Daten werden mit Gebäu- aussetzung für das Vertrauen der Nutzer:innen, Dr. Andreas Kleinau (li.), Prof. Gesa Ziemer (Mitte) und HafenCity News Redakteurin Henrike Thomsen (re.) Foto: Miguel Ferraz viele Menschen misstrauisch… nur den Aspekt des radikal Neuen, Disruptiven in dedaten verbunden, Städte und Regionen können die sonst befürchten, um eine knappe Ressource den Mittelpunkt zu stellen. Im Feld der Innovation sich besser venetzen und ein großes Feld ist Smart- kämpfen zu müssen. Daher braucht es an dieser Andreas Kleinau Das ist definitiv ein großes geht es meines Erachtens oftmals einfach ums Housing: Überall entstehen Gebäude, die mit intel- Stelle Institutionen wie uns als Initiator und Dr. Andreas Kleinau ist Vorsitzender der Gesa Ziemer ist Professorin für Kulturtheorie Thema, das uns in den nächsten Jahren begleiten Mithalten, ums Nicht-Zurückfallen. Zum Beispiel ligenter Sensorik ausgestattet sind. Diese können Rahmengeber. Geschäftsführung der HafenCity Hamburg an der HafenCity Universität Hamburg. Ihre wird: Nicht nur den Prozess der Digitalisierung wenn wir versuchen, bekannte Themen wie Mobili- dazu beitragen, den Energieverbrauch zum Beispiel GmbH. Zuvor entwickelte er im Auftrag nationaler Forschungsschwerpunkte sind: digitale Stadt, selbst zu gestalten, sondern auch Transparenz tät oder Energieverbrauch mit besseren Mitteln in einer Wohnung reduzieren. Innovation heißt hier Bedingt durch die Corona-Pandemie ist der Ver- und internationaler Unternehmen Standortstrate- neue Formen von Zusammenarbeit und urbane darüber herzustellen. In Deutschland sind wir eher zu lösen. aber auch, dass sich Prozesse durch Datengebrauch änderungsdruck besonders auf die Innenstädte gien, Gebäudekonzepte sowie innovative Arbeits- Öffentlichkeiten. Sie leitet das City Science Lab, pessimistisch, was zum Beispiel die Gefahr von ändern, es geht nicht nur um neue Technologien. weiter gestiegen. Was sind vielleicht temporäre und Organisationslösungen. In beratender Rolle eine Kooperation mit dem MIT Media Lab in Cam- Datenmissbrauch anbelangt. Viele Bürger:innen Gesa Ziemer Viel Technologie zum Vernetzen Phänomene, was wird sich langfristig auswirken? begleitete er die Entscheidungsprozesse zahl- bridge / USA, das über die Zukunft der Städte (mit würden wahrscheinlich zunächst einmal gar nicht der Daten und damit auch von ganzen Städten Andreas Kleinau Eine Frage, die uns sicher reicher Großprojekte, auch in der HafenCity. Schwerpunkt Digitalisierung) forscht. Zudem hat verstehen, wie immens wir in der Stadtentwicklung ist schon vorhanden. Hamburg ist zum Beispiel gerade alle bewegt, ist der Umgang mit Mobilität. Gesa Ziemer Langfristig geht es um die resiliente Hierzu gehören u. a. die neuen Unternehmenszent- sie die akademische Leitung von UNITACinne, von Datenanalyse profitieren können. eine Stadt mit einer sehr guten Dateninfrastruktur. Wie geben wir eine zeitgemäße Antwort auf die Stadt oder resiliente Quartiere. Solche Quartiere ralen von Spiegel, DNVGL, Unilever und New Work ein Innovations- und Technologie Lab der Flächen- und Gebäudedaten und zunehmend auch vorherigen Planungshypothesen der autogerechten müssen so sein, dass ich mehr oder weniger alles (vormals XING). Vereinten Nationen, das global zum Einsatz von Mobilitätsdaten sind hier in großem Umfang Stadt? dort vorfinde, was ich brauche. Technologien in informellen Siedlungen forscht. HafenCity | Sonderausgabe | Dezember 2021 Dezember 2021 | Sonderausgabe | HafenCity
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