20 Sekunden zum Nachdenken - Eine Präventionsbroschüre der Krebsliga
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Inhaltsverzeichnis Editorial 5 Impressum Die erste Zigarette und was darauf folgt 6 _Herausgeberin Krebsliga Schweiz Effingerstrasse 40 Von der Gewohnheit zur Abhängigkeit 9 Postfach 8219 3001 Bern Telefon 031 389 91 00 Tabakwerbung: Die allgegenwärtige Zigarette 11 Fax 031 389 91 60 info@krebsliga.ch Mehr als vier Milliarden Franken für 12,3 Milliarden Zigaretten 14 www.krebsliga.ch Die Rauchgewohnheiten in der Schweiz 16 _Fachliche Beratung Was ist Tabakrauch? 19 Prof. Dr. med. Theodor Abelin, Bern Dr. phil. Georges Bretscher, Ober-Ohringen Dr. med. François van der Linde, St. Gallen Nichtrauchende leben länger 23 _Autor Rund 300 Millionen Lungenbläschen 25 Hans Krebs, Kommunikation und Publi- kumsforschung, Zürich Raucherhusten – chronische Bronchitis – Lungenemphysem 26 _Überarbeitung Dr. phil. Nicolas Broccard, Wissenschafts- journalist, Bern Lungenkrebs – eine Krankheit der Neuzeit 28 _Fotos Herzinfarkt und Raucherbein 31 Titel, S. 4: ImagePoint AG, Zürich S. 21: Lennart Nilsson, «Eine Reise in das Innere unseres Körpers», Rasch und Die besondere Situation der Frau 34 Röhring S. 28, 32: Boehringer Ingelheim Zum Mitrauchen gezwungen 37 International GmbH _Design Ist auch die Luftverschmutzung schuld? 39 Wassmer Graphic Design, Zäziwil _Druck Leichtrauchen – eine Finte 41 galledia ag, Berneck Aufhören lohnt sich! 42 Diese Broschüre ist auch in französischer und italienischer Sprache erhältlich. Wie werde ich Nichtraucher/in? 44 Gratulation zum Rauchstopp! 49 © 2011, 2009, 2007 Krebsliga Schweiz, Bern 4., überarbeitete Auflage Adressen 50 KLS / 1.2012 / 10 000 D / 1702 20 Sekunden zum Nachdenken 3
Liebe Leserin, lieber Leser Steht imText nur Die meisten wissen heute, dass Diese Publikation wendet sich an die männliche Rauchen ungesund ist. Aber wie alle: an Jugendliche, Eltern und oder weibliche Form, gilt sie ungesund? Dem 50-jährigen Nach- Unterrichtende, an Nichtrauche- jeweils für beide barn, der Kettenraucher war und rinnen und Nichtraucher, an «über- Geschlechter. nun an Lungenkrebs gestorben zeugte» und «aufhörwillige» Noch- ist, stehen zahlreiche Rauchende rauchende, an Gesunde und an gegenüber, die eben nicht an Lun- jene, denen eine Raucherkrank- genkrebs sterben. Aus solchen heit bereits mehr oder weniger zu schwer erklärbaren Beobachtun- schaffen macht. gen entstehen Unsicherheiten und häufig auch Vorurteile, die dann Die Broschüre enthält sehr viele fast nicht mehr aus der Welt zu Informationen. Bewahren Sie sie schaffen sind. auf, damit sie Ihnen auch in Zu- kunft als «Nachschlagewerk» die- Statt Vorurteile soll Ihnen diese nen kann. Das Inhaltsverzeichnis, Broschüre Informationen liefern: die grafischen Darstellungen und über die Rauchgewohnheiten und die fortlaufend nummerierten Fra- deren Hintergründe, über die ge- gen erleichtern Ihnen frei wähl- sundheitlichen Risiken des Rau- bare Einstiege, wobei wir Ihnen chens und schliesslich auch über natürlich auch die Lektüre von A die Möglichkeiten der Entwöh- bis Z sehr empfehlen. nung. Antworten auf oft gestellte Fragen zum Thema Rauchen er- gänzen die einzelnen Kapitel. Ihre Krebsliga 4 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 5
Die erste Zigarette und was darauf folgt Niemand kommt mit der Zigaret- heiten eines Menschen massgeb- Gründe für das Rauchen bei 15-Jährigen im Jahr 2006 te im Mund auf die Welt. Das ge- lich mitbestimmen können, ist be- wohnheitsmässige Rauchen muss kannt: Wissenschaftliche Unter- Häufigste Spontanantworten «erlernt» werden. Dieser Lernpro- suchungen haben mehrfach be- (Mehrfachnennungen) in Prozent zess setzt – unbewusst – bereits stätigt, dass Kinder, deren Eltern 60,5 in der frühesten Kindheit ein und rauchen, häufiger zu Rauchenden … um eine Party besser zu geniessen 57,5 durchläuft während der Jugend werden als Kinder aus nichtrau- eine entscheidende Phase. Wer bis chenden Familien. … weil es dir einfach Spass macht 51,8 45,8 zum 21. Lebensjahr nicht raucht, wird nur selten später häufig zur Drei von zehn 13-Jährigen haben … um besondere Momente (besser) 40,7 Zigarette greifen. mindestens einmal eine Zigarette zu geniessen 32,7 angezündet. Bis zum 15. Lebens- … weil es dir hilft, wenn du 36,6 Kein Kind wird als Raucherin oder jahr sind es fast sechs von zehn. niedergeschlagen oder gereizt bist 63,4 Raucher geboren, wohl aber als Meistens machen Jugendliche ihre Tochter oder als Sohn rauchen- ersten Raucherfahrungen gemein- … um dich aufzumuntern, wenn du 32,8 in schlechter Stimmung bist 40,4 der Eltern. Und dass erwachsene sam mit Freundinnen und Kolle- «Vorbilder» die späteren Gewohn- gen, öfters an Festen und Wochen- … weil es dann lustiger wird, wenn 32,2 du mit anderen zusammen bist 24,0 … weil du es nicht schaffst, mit dem 28,9 Regelmässig rauchende Jugendliche (mindestens wöchentlich) 1998–2010 Rauchen aufzuhören 28,8 … um kontaktfreudiger und offener 18,8 in Prozent zu sein 15,2 35 1998 2002 2006 2010 … um dich besser konzentrieren 15,7 30 zu können 11,9 25 24,2 23,1 23,7 23,2 … um dich nicht schlecht zu fühlen 12,7 16,5 20 19,4 … weil du gerne zu einer bestimm- 6,1 15 15,1 14,5 15,2 ten Clique gehören möchtest 7,5 … um dich nicht ausgeschlossen 5,8 10 zu fühlen 5,0 7,7 6,5 5,7 6,4 4,9 5 3,2 4,2 3,9 … um von anderen gemocht 3,3 zu werden 4,1 0 13-Jährige 15-Jährige 13-Jährige 15-Jährige 0 10 20 30 40 50 60 70 Jungen Mädchen Schüler Schülerinnen Quelle: Windlin, B., Delgrande Jordan, M. & Kuntsche, E. N. (2011). Konsum psychoaktiver Substanzen Jugendlicher Quelle: Schmid, H., Delgrande Jordan, M. & Kuntsche, E. N., Kuendig, H. & Annaheim, B. (2008). Der Konsum psycho- in der Schweiz – Zeitliche Entwicklungen und aktueller Stand. Resultate der internationalen Studie «Health Behaviour aktiver Substanzen von Schülerinnen und Schülern in der Schweiz (Forschungsbericht Nr. 42, revidierte und aktualisierte in School-aged Children» (HBSC) (Forschungsbericht Nr. 58). Lausanne: Sucht Info Schweiz. Fassung). Lausanne: Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme. 6 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 7
Von der Gewohnheit zur Abhängigkeit endpartys. Viele lassen das Rau- Die 15-jährigen rauchenden Ju- Hat jemand mit Rauchen begon- Ist der Griff zur Zigarette einmal chen gleich nach dem ersten Mal gendlichen wurden 2006 auch nen, so gewöhnt sich der Körper zur Gewohnheit geworden, so oder nach einigen Wochen oder nach den Gründen ihres Tabak- schon nach kurzer Zeit ans Nikotin, wird der Tabakrauch tiefer inha- Monaten wieder sein, (zu) viele konsums befragt. An erster Stelle dessen Wirkung zunehmend als an- liert, der tägliche Konsum steigt. bleiben dabei. wird mit der Zigarette versucht, genehm empfunden wird, so dass Ein Teil der Rauchenden gerät so positive Gefühle zu verstärken. mit dem Rauchen nichts Nachtei- langsam und fast unmerklich in Tabakkonsum auf hohem Niveau Häufig werden auch Bewältigungs- liges mehr verbunden wird. Zu- eine eigentlich ungewollte Abhän- Nach der alle vier Jahre stattfin- motive genannt, d.h. rauchen, um mindest für den Augenblick. Denn gigkeit und bekundet zunehmend denden Befragung von Schülern negative Gefühle zu lindern. So- die gesundheitlichen Schäden, die Mühe, mit Rauchen aufzuhören. und Schülerinnen in der Schweiz ziale Motive sind seltener. durchs Rauchen langfristig entste- stieg der Anteil der mindestens hen und zu Krankheit, Invalidität Nur schon der Umstand, dass zwar wöchentlich Rauchenden bis 1998 Jugendliche unterschätzen die Ni- oder gar zum vorzeitigen Tod füh- fast die Hälfte der Rauchenden ih- an, pendelte sich 2002 auf hohem kotinabhängigkeit und die Schwie- ren, können zwanzig oder mehr re Gewohnheit loswerden möchte, Niveau ein, nahm 2006 wieder ab rigkeiten eines Ausstiegs. Bei den Jahre auf sich warten lassen. aber von denjenigen, die es in den und blieb 2010 auf diesem Niveau 15-jährigen Rauchenden kommen letzten zwölf Monaten dann auch (siehe Grafik «Regelmässig rau- knapp 30% von der Zigarette nicht tatsächlich versucht haben, mehr chende Jugendliche», S. 6). Bei mehr los. Rauchen diese Jugend- als 80% erfolglos geblieben sind, den 15-Jährigen stufen sich rund lichen täglich, sind es bereits über zeigt, welch grosses Problem die 17% als mindestens wöchentliche 80%. Zudem rauchen 2010 vier körperliche und die psychische Raucherinnen und Raucher ein Fünftel der täglich Rauchenden Abhängigkeit darstellen. und etwa 12% rauchen täglich. bereits spätestens auf dem Weg Diese Zahl ist zwar innerhalb der zur Schule. letzten 12 Jahre eher gesunken, sie repräsentiert gleichwohl ca. Frage 2 10 000 täglich rauchende 15-Jäh- rige. Ist Rauchen eine Sucht? Nicht jeder Raucher und jede Raucherin ist von der Zigarette ab- hängig. Aber ein Teil der Rauchenden gerät in eine derart starke Abhängigkeit, dass man von einer eigentlichen Sucht sprechen kann. Von den typischen Suchtzeichen (übermächtiges Verlangen, Frage 1 psychische oder eventuell körperliche Abhängigkeit, Tendenz zur Dosissteigerung) ist bei stark Rauchenden nur das letzte nicht sehr Ist die «rauchende Jugend» eine Mehrheit? ausgeprägt. Die meisten Rauchenden sind zwar «nur» psychisch Nein. 76% der 14- bis 19-Jährigen rauchen nicht, wie die Schweize- von der Zigarette abhängig. Aber eine gewisse körperliche Nikotin- rische Umfrage zum Tabakkonsum 2010 ergeben hat. Und von abhängigkeit macht sich bei ihnen doch insofern bemerkbar, als den Rauchenden möchten viele mit dem Tabakkonsum brechen; sie die – zwar nur wenige Minuten anhaltende – beruhigende oder 53% denken nicht ans Aufhören. anregende Wirkung einer Zigarette immer wieder benötigen. 8 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 9
Tabakwerbung: die allgegenwärtige Zigarette Die körperliche Abhängigkeit Die psychische Abhängigkeit Die Zigarettenwerbung versteht es, Eine Zunahme hingegen verzeich- ist vor allem auf die Wirkung des wird durch das Nikotin mitverur- das Rauchen in raffinierter Weise nen die Ausgaben für Promo- Nikotins zurückzuführen (siehe sacht. Rauchen wird zudem unbe- mit Freiheit, Genuss und all den tion (besonders Massnahmen zur S. 19) und äussert sich zum Bei- wusst mit bestimmten Gefühlsla- Lebensfreuden in Verbindung zu Verkaufsförderung) und indirekte spiel darin, dass Rauchende reiz- gen, Stimmungen und Situationen bringen, nach denen sich Frauen Tabakwerbung (Feuerzeuge, Klei- barer und stressempfindlicher verknüpft. Treten diese auf, so er- und Männer im Stress und in der dungsstücke etc. mit demsel- werden, wenn ihr Nikotinspiegel folgt fast automatisch der Griff zur Monotonie des Alltags sehnen. ben Logo wie auf der Zigaretten- im Blut sinkt. Es ist indessen ein Zigarette. Psychische Stimmun- Die Werbung unterstützt dieses packung). Irrtum zu glauben, Rauchende gen haben sehr viel mit Rauchen Wunschdenken, indem sie erfolg- seien «stressfester» als Nichtrau- zu tun. Die Zigarettenwerbung reiche und attraktive rauchende Werbung ist wirksam chende. Richtig ist vielmehr, dass macht sich diese Verknüpfung zu- Menschen zeigt: naturverbunde- Nicht nur für die Einführung einer Rauchende ihre erhöhte Reiz- nutze, indem sie immer wieder ne und Partygänger; Männer, die neuen Marke wird deshalb viel barkeit durch wiederholte Niko- solche typischen Stimmungen mit erobern, und Frauen, die verfüh- Geld eingesetzt. Den einzelnen tinzufuhr ständig wieder auf das der Zigarette in Verbindung bringt ren; vermeintlich unabhängige und Zigarettenherstellern geht es im Niveau von Nichtrauchenden ab- (siehe auch S. 11). selbstbewusste Menschen, die «Kampf um Marktanteile» zwar bauen müssen. Abenteuer erleben und sportliche angeblich darum, ihren Verkauf Leistungen erbringen und an deren auf Kosten der Konkurrenz zu stei- Gesundheit niemand zweifelt … gern, denn jedes Jahr wechselt etwa ein Achtel der Zigaretten- Werbung verknüpft ganz be- rauchenden die Marke, oftmals stimmte Stimmungen und Situa- allerdings nur innerhalb des Sor- tionen – auch aus Sport und Na- timents des gleichen Herstellers. tur – immer und immer wieder mit Vor allem aber wollen die Tabak- dem Griff zur Zigarette. Die Werbe- fabrikanten neue Konsumentinnen aufwendungen für Kinospots, Pla- und Konsumenten – zusätzlich zu kate und Inserate sind in den letz- den «Markenwechslern» – hinzu- ten Jahren stark zurückgegangen. gewinnen. Die Zigarettenwerbung zielt in erster Linie auf junge Leute Zwar ist Tabakwerbung, die sich an Minderjährige richtet, gesetz- lich verboten. Mit Lippenbekennt- nissen halten sich die Tabakfir- men an diese Einschränkungen. 10 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 11
Aber Jugendliche, die ja meist älter Am 26. Mai 2003 verabschiedete Im Werbefernsehen ist zwar keine viele Zeitungen und Zeitschriften scheinen möchten, als sie sind, die Europäische Union die Richt- Tabakwerbung zugelassen, aber sind die Einnahmen aus der Ziga- orientieren sich ganz gern am linie über Werbung und Spon- die Zigarette ist dennoch auf dem rettenwerbung sogar so wichtig, «Vorbild» junger Erwachsener. In soring von Tabakerzeugnissen. Bildschirm präsent, zum Beispiel dass sie ihre redaktionellen Spal- Tat und Wahrheit zielt die Tabak- Ab 1. August 2005 gilt in der EU in Spielfilmen. Intensiv tritt die ten nur sehr ungern für wirksame werbung denn auch auf Jugend- ein Verbot der Werbung und des Werbung im Kino und auf Plakat- Kampagnen zur Förderung des liche. Dafür gibt es zahlreiche Bei- Sponsorings für Tabakwaren. Ver- wänden in Erscheinung. Und für Nichtrauchens öffnen. spiele. schiedene Mitgliedstaaten kennen heute noch strengere Regelungen Indirekt hilft die Werbung für die und untersagen mit ganz wenigen Marke «X» zudem allen Konkur- Ausnahmen alle Formen von Ta- renten: Das Bewusstsein in der bakwerbung. Am Fernsehen darf Öffentlichkeit, dass es Zigaretten in der EU seit 1989 nicht mehr für gibt und Rauchen «gesellschafts- Tabak Reklame gemacht werden. fähig» ist, wird so wach gehalten. In der Schweiz untersagt die Tabak- Internationales Abkommen verordnung von 2004 Werbung Frage 3 fordert umfassendes für Tabakerzeugnisse und für Rau- Würde ein Reklameverbot den Tabakkonsum Werbeverbot cherwaren mit Tabakersatzstoffen, Am 21. Mai 2003 stimmten die die sich speziell an Jugendliche senken? 192 Mitgliedstaaten an der 56. Ver- unter 18 Jahren richtet. Ausdrück- Alle Länder, die bisher ein Werbeverbot einführten, taten dies im sammlung der Weltgesundheits- lich verboten ist unter anderem die Rahmen eines grösseren Massnahmenpakets. Wie stark ein Verbot organisation in Genf einstimmig Werbung an Orten, wo sich haupt- der Tabakwerbung als isolierte Einzelmassnahme den Konsum der internationalen Rahmenkon- sächlich Jugendliche aufhalten, zu senken vermag, ist umstritten. Erwiesen ist hingegen, dass die vention über die Tabakkontrolle oder an Veranstaltungen wie Kul- Kombination von Information und Aufklärung mit gesetzgebe- zu. Das Abkommen bezweckt, die tur- und Sportanlässen, die mehr- rischen Massnahmen (Werbeverbot, Warnaufschriften auf den weltweite Ausbreitung tabakbe- heitlich von Jugendlichen besucht Packungen, Erhöhung der Tabaksteuern, gesetzliche Einführung dingter Krankheiten und Todes- werden, und die unentgeltliche rauchfreier öffentlicher Räume und Verkehrsmittel) in mehreren fälle einzudämmen. Eine zentrale Abgabe von Werbegegenständen Ländern eine Senkung des Tabakkonsums bewirkt hat. Massnahme zur Tabakkontrolle ist an Jugendliche wie T-Shirts, Müt- ein «umfassendes Verbot der Wer- zen, Fähnchen oder Badebällen. bung, der Verkaufsförderung und Das Werbeverbot für Tabakpro- des Sponsorings». dukte in Radio und Fernsehen gilt bereits seit 1964. 12 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 13
Mehr als vier Milliarden Franken für 12,3 Milliarden Zigaretten 2009 wurden in der Schweiz Der Staat erhält ab 1. Januar 2011 Kosten von zehn Milliarden Die im Auftrag des Bundesamtes für 12,3 Milliarden Zigaretten – das bei einem Päcklipreis von 7.40 Fran- Franken Gesundheit durchgeführte Studie* sind 615 Millionen Päckli – ver- ken 64,2% des Zigarettenverkaufs- Doch den mehr als 2 Steuermilliar- zeigt u. a., dass die Rauchenden kauft, wobei ein Teil auf den Rei- preises in Form von Tabaksteuern den auf der Einnahmenseite steht nur rund 40% der direkten tabak- severkehr entfällt (ausländische (56,1%) und Mehrwertsteuern ein Mehrfaches auf der Ausgaben- bedingten Kosten selbst tragen. Touristen, Grenzgänger). Zudem (7,4%). Zusätzlich werden für die seite gegenüber. Nach neuen Be- Den Rest bezahlen Nichtrauchen- exportierten die schweizerischen Finanzierung des Tabakpräven- rechnungen betragen die direkten de und Unternehmen (z. B. durch Zigarettenhersteller 2009 46,6 Mil- tionsfonds sowie für den inlän- und indirekten sozialen Kosten des Krankheitsabsenzen). liarden Zigaretten ins Ausland. dischen Tabakanbau (SOTA-Fonds) Rauchens rund 5 Milliarden Fran- je 2,6 Rappen (je 0,35%) pro Ziga- ken jährlich. Die direkten tabak- Zigaretten sind frei erhältlich, rettenpäckli erhoben. bedingten Kosten für die medizi- in beliebiger Zahl, jederzeit und nische Behandlung werden auf praktisch überall – trotz ihrer ge- Die Tabaksteuer ist zweckgebunden 1,2 Milliarden Franken geschätzt, sundheitsschädigenden Wirkung. und dient zur Mitfinanzierung des die indirekten Kosten (Produktions- Die Tabakbranche kann sich in der Bundesbeitrages an die Alters-, verlust) durch Tod, Invalidität und Schweiz auf ein breites Verteiler- Hinterlassenen- und Invalidenver- verlorene Arbeitskraft auf 3,8 Mil- netz stützen: Etwa 30 000 Verkaufs- sicherung (Artikel 112 der Bundes- liarden Franken. Dazu kommen stellen (mehr als die Hälfte Auto- verfassung). Sie betrug 2009 auf noch die Kosten für das mensch- maten) stehen zur Verfügung. den verschiedenen Tabakwaren liche Leid durch Erkrankungen 1987 Millionen Franken. Die Tabak- und vorzeitigen Tod in der Höhe * Sarino Vitale, France Priez, Claude Jean- Für Zigaretten wurden im Jahr steuer beläuft sich auf knapp 20% von 5 Milliarden. Nicht berücksich- renaud (1998): Le coût social de la consom- 2009 in der Schweiz rund 4,6 Mil- des jährlichen Bundesbeitrages an tigt in diesen Zahlen sind die Aus- mation de tabac en Suisse. Université de liarden Franken ausgegeben. Ein die beiden Sozialwerke, was rund wirkungen des Passivrauchens. Neuchâtel. Päckli-pro-Tag-Raucher lässt sich 4% der gesamten AHV/IV-Einnah- seine 7300 Zigaretten im Jahr men entspricht. rund 2700 Franken kosten (Preis- basis 2011). 14 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 15
Die Rauchgewohnheiten in der Schweiz In der Schweiz rauchen rund 27% Längerfristige Trends Raucheranteile nach Alter und Geschlecht 2001 und 2010 der 14- bis 65-jährigen Wohnbe- In den 1970er- und 1980er-Jahren völkerung (24% der Frauen und sanken die Anteile der Raucher, Männer Frauen 30% der Männer), wie die Schwei- diejenigen der Raucherinnen stie- zerische Umfrage zum Tabakkon- gen an. In den 1990er-Jahren ha- 14–19 Jahre 14–19 Jahre sum 2010 ergab. 19% sind täg- ben sich bei beiden Geschlechtern 2001 18 15 3 64 14 14 4 68 liche, 8% nichttägliche Rauchende. die Anteile auf einem immer noch 2010 14 12 4 70 11 9 3 77 hohen Niveau stabilisiert. Bei den 15–19 Jahre 15–19 Jahre > Bei den täglich Rauchenden 14- bis 19-Jährigen scheinen, nach 21 17 3 59 17 16 4 63 2001 betrug 2010 der durchschnitt- einer starken Zunahme, in den 2010 17 14 4 65 13 10 4 73 liche Tageskonsum rund letzten Jahren die Anteile wieder 14,2 Zigaretten (13,1 bei rückläufig zu sein (siehe Grafik). 20–24 Jahre 20–24 Jahre den Frauen und 15,7 bei den 2001 31 17 5 47 24 13 8 55 Männern). Insgesamt rauchen noch mehr 2010 28 14 10 48 22 14 8 56 > Bei den nichttäglich Rauchen- Männer als Frauen. Doch in der den waren es durchschnittlich jungen Generation haben sich die 25–34 Jahre 25–34 Jahre rund 8 Zigaretten pro Woche, Rauchgewohnheiten von Män- 2001 38 9 14 39 21 10 12 57 wobei 64% weniger als eine nern und Frauen im Laufe der Zeit 2010 26 8 19 47 16 9 17 58 Zigarette pro Tag rauchten. weitgehend angeglichen. 35–44 Jahre 35–44 Jahre 2001 29 9 20 42 24 8 22 46 Am meisten Personen rauchen Der Tabakkonsum pro Kopf der Be- 2010 18 10 22 50 16 6 18 60 mit 39% in der Altersklasse der 20- völkerung ist in den letzten 25 Jah- bis 24-Jährigen (Frauen 36% und ren stetig gesunken. Während län- 45–54 Jahre 45–54 Jahre Männer 42%). Nach dem 25. Al- gerer Zeit war der Trend zu be- 2001 21 10 30 39 22 7 24 47 tersjahr gehen die Anteile deutlich obachten, dass weniger Leute 2010 23 8 27 42 20 5 24 51 zurück. Bei den 55- bis 65-Jährigen mehr rauchen (Anstieg des Anteils 55–65 Jahre 55–65 Jahre rauchen noch 18% der Frauen und starker Raucherinnen und Rau- 2001 18 8 39 35 17 5 21 57 24% der Männer. cher). Neuerdings zeichnet sich der 2010 17 7 37 39 15 3 26 56 Trend ab, dass weniger Personen täglich rauchen, der Anteil der nicht- 0 20 40 60 80 100 0 20 40 60 80 100 täglich Rauchenden aber mehr oder weniger unverändert bleibt. Täglich Rauchende Nicht-täglich Rauchende Ex-Rauchende Niemals-Rauchende Quelle: Der Tabakkonsum der Schweizerischen Wohnbevölkerung in den Jahren 2001 bis 2010, Tabakmonitoring – Schweizerische Umfrage zum Tabakkonsum 2011. 16 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 17
Was ist Tabakrauch? In der Schweiz werden pro Kopf Aufhörbereitschaft Der Rauch, der bei der Verbren- Nikotin der Bevölkerung durchschnittlich 48% der Rauchenden möchten gern nung von Tabakprodukten ent- Nikotin ist die eigentliche Ursache mehr Zigaretten konsumiert als mit dem Rauchen Schluss machen steht, enthält über 4000 verschie- für die Abhängigkeit von der Ziga- in den meisten andern europäi- (Schweizerische Umfrage zum dene Substanzen, teils in Gasform, rette. Nach seiner Aufnahme in schen Ländern. Dies dürfte u. a. Tabakkonsum 2010). Innerhalb der teils als feste Bestandteile, die man die Lunge erreicht es innert weni- auch mit dem relativ tiefen Ziga- nächsten sechs Monate wollen als «Teer» bezeichnet. Nur ein Teil ger Sekunden das Zentralnerven- rettenpreis (gemessen am hohen 26% der Rauchenden aufhören. dieser Substanzen ist bis heute system. Es gehört zu den stärksten Lebensstandard) zusammenhän- Höher ist der Anteil bei den täg- bekannt, und nur von wenigen Giften. 30 bis 50 Milligramm genü- gen. Vergleicht man nämlich die lich Rauchenden (28%) als bei den kennt man die Wirkung auf die Ge- gen, um einen Menschen zu töten. für den Kauf eines Zigaretten- nichttäglich Rauchenden (17%). sundheit des Menschen. Wer pro In kleinen Mengen dagegen zeigt päcklis aufgewendete Arbeitszeit, Hinsichtlich Alter fassen bei den Tag ein Päckli Zigaretten raucht, es eine grosse Anzahl komplexer so gehört die Schweiz wegen des 25- bis 34-Jährigen mit 30% am nimmt in zwanzig Jahren 6 Kilo- Wirkungen. Rauchende suchen ei- hohen Lohnniveaus zu den Län- meisten Personen einen Rauch- gramm Rauchstaub (= 10 Briketts) nerseits die anregende, anderseits dern mit dem geringsten Auf- stopp ins Auge. Weitgehend unab- und jährlich eine Tasse Teer zu die beruhigende Wirkung, was wand für den Zigarettenkauf. Neu- hängig ist die Aufhörbereitschaft sich. Dieser «Dreck» zieht eine gif- markante Abhängigkeit auslöst ere Forschungen zeigen, dass mit vom Geschlecht. tige Spur durch den ganzen Kör- und als Hauptgrund für den Kon- Preiserhöhungen die konsumsen- per, bevor er wieder ausgeschie- sum von Tabakprodukten gilt. Das kenden Auswirkungen der Präven- Wie eine Studie zur Raucherent- den wird. Ein Teil davon lagert sich psychische und physische Abhän- tion verstärkt werden können. wöhnung* zeigt, möchten starke in verschiedenen Organen ab und gigkeitspotenzial von Nikotin ist Denn die Nachfrage nach Zigaret- Raucher überdurchschnittlich oft führt dort zu nachhaltigen Schädi- mit jenem der sogenannten «har- ten ist über den Preis beeinfluss- aufhören, wobei es aber meist gungen. ten» Drogen vergleichbar. Dies bar. In den vergangenen Jahren bei einem allgemeinen Wunsch ist der Hauptgrund, warum heute ist die Tabaksteuer in der Schweiz bleibt und kein Termin ins Auge Von den Verbindungen im Ziga- Tabakabhängigkeit als Krankheit mehrmals in kleinen Schritten er- gefasst wird. Die Triebfeder für ei- rettenrauch, deren gesundheits- klassifiziert wird. höht worden. nen Rauchstopp kann eine posi- schädigende Wirkung bewiesen tive Gesundheitseinstellung sein. ist oder vermutet wird, sind heu- Andere Wirkungen, die man dem Gesundheitliche Störungen füh- te am besten bekannt: das Niko- Nikotin nachweisen kann, sind zum ren öfters zur Konkretisierung des tin, die Teerprodukte, das Kohlen- Beispiel die Beschleunigung des Wunsches, mit dem Rauchen auf- monoxid sowie gewisse Reizgase Herzschlags und als Folge der zuhören. Rauchende sollten er- (Stickoxide u. a.). gefässverengenden Wirkung die muntert werden, aufzuhören, bevor Abnahme der Hauttemperatur (sie- sich gesundheitliche Schäden be- he Infrarot-Aufnahmen auf S. 21). merkbar machen. * Christoph Junker, Gian Töny, Theodor Abelin (1999): Wunsch, Versuch und Erfolg, mit dem Rauchen aufzuhören. Institut für Sozial- und Präventivmedizin Bern. 18 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 19
Über hormongesteuerte Mechanis- Teerprodukte Kohlenmonoxid men wird auch die Entstehung von Im Teer finden sich über 40 Sub- Kohlenmonoxid ist ein gefährli- Thrombosen (Verstopfung eines stanzen, deren krebserzeugende ches Atemgift. Es verdrängt den Blutgefässes durch ein Blutgerinn- Wirkung heute ohne Zweifel be- lebenswichtigen Sauerstoff aus sel) in den Adern erleichtert. Lang- wiesen ist. Dazu kommen noch ei- seiner Bindung an den roten Blut- fristig tragen diese Wirkungen des nige andere Stoffe, die nur in klei- farbstoff. Der maschinell bestimm- Nikotins zur Schädigung des Herz- nen Mengen auftreten und deren te Gehalt darf sich pro Zigarette Kreislauf-Systems bei (siehe auch Bedeutung für die Krebsentste- höchstens auf 10 Milligramm be- S. 31). hung noch unsicher ist. laufen. Die anfänglich unangenehmen Ne- Man kann die Teermenge durch Die Gewebe und Organe des Kör- benwirkungen des Nikotins (Übel- Kondensierung des Rauches be- pers erhalten damit eine bei keit, Schweissausbrüche, Erbre- stimmen. Deshalb wird sie auf den schweren Rauchenden bis zu chen) verschwinden durch Gewöh- Zigarettenpackungen manchmal 15% verminderte Sauerstoffzu- nung des Körpers relativ bald. auch als «Kondensat» bezeichnet. fuhr. Wenn auch der gesunde Der Teergehalt darf höchstens Mensch in Ruhe davon nicht viel Gemäss Tabakverordnung darf der 10 Milligramm pro Zigarette betra- merkt, so spüren zum Beispiel Nikotingehalt einer Zigarette 1,0 Mil- gen; auch dieser Höchstgehalt be- Sporttreibende oder Leute mit be- ligramm nicht überschreiten; die- ruht auf maschinellen Messungen. reits geschädigtem Herzen, die ser Höchstgehalt wird mittels ma- Die Menge, die beim Rauchen auf- beide auf gewisse Sauerstoffreser- schineller Messungen ermittelt genommen wird, hängt von der ven angewiesen sind, diesen Aus- und entspricht nicht der tatsäch- Art des Rauchens ab, in erster Li- fall deutlich. lich aufgenommenen Menge. Ein nie von der Tiefe der Inhalation. Raucher absorbiert pro Zigarette Nichtrauchende haben einen län- 1 bis 3 Milligramm. Das ergibt Im Gegensatz zum Nikotin hat Teer geren Atem – vor allem bei Aus- 20 bis 40 Milligramm pro Tag. keine sofort bemerkbaren Wir- dauersportarten. Ein Test bei 19- kungen. Er lagert sich vor allem in jährigen Rekruten zeigt, dass © Lennart Nilsson, «Eine Reise in das Innere den Atemwegen und in der Lunge bereits ein paar «Raucherjahre» unseres Körpers», Rasch und Röhring ab und führt dort langfristig zu zu entsprechenden Leistungsein- Verschluckter Tabak kann lebens- Schäden (siehe auch S. 26 und bussen führen: In einem 12-Mi- Nikotin beeinträchtigt die Durchblutung. gefährlich sein S. 28). Doch die «Teerspur» zieht nuten-Lauf legten Nichtraucher Aufnahmen mit einer Infrarotkamera machen die Temperaturverteilung in der Hand einer Lebensgefährlich kann aber verschluckter sich bis zu den Ausscheidungs- durchschnittlich 2600 Meter zu- Versuchsperson sichtbar. Nach wenigen Lun- Tabak sein. Das Nikotin einer einzigen ver- organen, wo Blasen- und Nieren- rück. Raucher hingegen, die seit genzügen weicht das Blut aus den Fingern. Die schluckten Zigarette ist für ein Kleinkind krebs die Folge sein können. vier Jahren ein Päckli Zigaretten Gefässe einer normal durchbluteten Hand zie- hen sich unter der Nikotineinwirkung vorüber- tödlich. Allerdings verursacht verschluckter pro Tag konsumiert hatten, kamen gehend zusammen, die Hauttemperatur sinkt. Tabak einen starken Brechreiz, so dass meis- 300 bis 400 Meter weniger weit. Deshalb verschwinden die Finger allmählich tens nicht die ganze Menge vom Magen Je länger und je mehr Zigaretten auf dem Infrarot-Bild. Diese Kurzzeitwirkungen wiederholen sich bei jeder Zigarette von neu- aufgenommen wird. die Läufer geraucht hatten, des- em – bei einem Päckli-pro-Tag-Raucher 7300- to grösser war die Leistungsein- mal im Jahr, was zu nachhaltigen Durchblu- busse. tungsstörungen führen kann. 20 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 21
Nichtrauchende leben länger Der Genuss des Tabakrauchens kranzgefässe (17%) und chronisch Frage 4 fordert einen gesundheitlichen obstruktive Lungenerkrankungen Was nützen Warnaufschrift und Schadstoff- Preis. Jede Raucherin und jeder COPD (15%). Erwachsene Rau- Raucher spürt am eigenen Leib cher und Raucherinnen verlieren angaben auf der Zigarettenpackung? die Einschränkungen der körper- durchschnittlich 13 bis 14 Jahre Seit 1. Mai 2007 müssen in der Schweiz alle Tabak- und Rauchwaren lichen Leistungsfähigkeit. Sie neh- ihres Lebens. mit grossen schriftlichen Warnhinweisen versehen sein. Ab 1. Januar men zwar meistens diese Tatsache 2010 sind kombinierte Warnhinweise von Text und Bild vorgeschrie- in Kauf, vergessen aber, dass die Die Wahrscheinlichkeit, an Bron- ben; die schriftlichen Warnhinweise sind mit einer Abbildung und «Schlussabrechnung» noch bevor- chitis, an einem Lungenemphysem einem Hinweis auf die Rauchstopplinie 0848 000 181 zu ergänzen. steht. oder an Lungenkrebs zu erkran- Warnhinweise mit Illustrationen sprechen auch Menschen an, die ken, ist für Raucherinnen und Rau- kaum lesen können. Zahlreiche wissenschaftliche Stu- cher um ein Mehrfaches grösser Zudem sind die Hersteller verpflichtet, den Teer-, Nikotin- und dien der letzten 50 Jahre kommen als für Nichtrauchende gleichen Kohlenmonoxidgehalt auf der Zigarettenpackung aufzudrucken. zum selben Schluss: Raucherin- Alters. Aber auch die Gefahr, dass nen und Raucher altern schneller Rauchende zum Beispiel an Mund- Die Schadstoffgehalte werden maschinell gemessen. Ihre Aufnahme und haben eine stark verminder- höhlen-, Kehlkopf-, Speiseröhren- durch die Rauchenden ist jedoch sehr individuell. Im Auftrag der te Lebenserwartung. Das Risiko, oder Blasenkrebs erkranken, ist Weltgesundheitsorganisation durchgeführte Tests haben gezeigt, an einer für Rauchende typischen signifikant höher als das Risiko dass Rauchende vor allem beim Konsum «leichter» Zigaretten ein Erkrankung zu sterben, steigt, je der Nichtrauchenden. Kommt zum Mehrfaches der auf der Packung deklarierten Schadstoffmengen mehr man raucht, je jünger man Tabak noch ein übermässiger Al- aufnehmen können. Die wenigsten Rauchenden wissen, wie Teer, damit anfängt, je länger man koholkonsum hinzu, so wird das Nikotin und Kohlenmonoxid in einer bestimmten Dosis wirken. raucht und je tiefer man inhaliert. Risiko einer Erkrankung an Kehl- kopf- oder Speiseröhrenkrebs Frage 5 Rauchende sterben durchschnitt- markant grösser. Hält der Zigarettenfilter denn nicht einen grossen lich 13 bis 14 Jahre früher Das Erkrankungs- und Sterberisiko Bei den Erkrankungen von Herz Teil der Schadstoffe zurück? der Rauchenden ist für eine ganze und Kreislauf ist das Risiko der Technisch ist es durchaus möglich, einen hochwirksamen Filter Anzahl von Krankheiten deutlich Rauchenden ebenfalls signifikant herzustellen – nur wird dann mit den Schadstoffen auch gleich erhöht. In der Schweiz werden grösser als dasjenige der Nicht- das gewünschte Aroma zurückgehalten. Die heute gebräuchlichen jährlich mehr als 9000 Sterbefälle rauchenden (siehe auch S. 24). Filter sind deshalb Kompromisslösungen. Sie entziehen dem dem Rauchen zugeschrieben. Das Rauch eine mehr oder minder begrenzte Menge Teer, Nikotin und sind jeden Tag 25 vorzeitige Todes- Die tabakbedingten Gesundheits- Kohlenmonoxid. fälle. Je 41% dieser tabakbeding- risiken sind dosisabhängig und ten Todesfälle werden verursacht steigen bei Frauen in ähnlichem Frage 6 durch Krebs und Herz-Kreislauf- Ausmass wie bei Männern, wenn Erkrankungen, 18% durch Atem- sie zur Zigarette greifen. Sie sind Sind Mentholzigaretten «gesünder»? wegskrankheiten. Die wichtigsten auch für Zigarren- und Pfeifenrau- Sicher nicht. Menthol ist ein Aromazusatz, der nur den Rauch- Einzeltodesursachen sind Lungen- cher erhöht. geschmack verändert. krebs (27%), Krankheiten der Herz- 22 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 23
Rund 300 Millionen Lungenbläschen Wo auch immer die Tabakgifte im bleme mitverursachen können, Über die Atemwege – Nase, Ra- In den mit feinen Härchen und Körper hinkommen, richten sie zieht sich ihre Spur bis zu den Aus- chen, Luftröhre und Bronchien – Schleimhaut ausgekleideten Na- Schäden an: Von ihrem Eintritt in scheidungsorganen (Niere, Blase). gelangt die Luft in die Lunge, das sengängen (Nasenfilter) bleiben die Mundhöhle, wo sie den Ge- Die Folge ist fast immer eine redu- für den Gasaustausch zuständige grössere eingeatmete Fremdteil- schmacks- und Geruchssinn be- zierte Anzahl gesunder Lebens- Organ des Körpers. In etwa 300 Mil- chen hängen. Die anderen Atem- einträchtigen oder Zahnfleischpro- jahre. lionen Lungenbläschen findet hier wege bis hin zu den feinsten die für den Körper notwendige Verzweigungen sind mit einer Sauerstoffaufnahme statt. Die Schleimhaut ausgekleidet, die Rauchende gehen höhere Erkrankungs- und Sterberisiken ein als Nichtrauchende Oberfläche aller Lungenbläschen ständig Schleim produziert. Auf zusammen beträgt 55 bis 100 Qua- der Oberfläche dieses Schleim- dratmeter. Das ist die Grösse von teppichs sitzen sogenannte Flim- Das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ist unge- 13 bis 24 Pingpong-Tischen. Die- merhärchen, die ständig in Be- fähr 20-mal höher. ses lebenswichtige System muss wegung sind und wie auf einem Das Risiko, an einer Krankheit der Herzkranzgefässe vor Luftverunreinigungen ge- Fliessband die eingedrungenen zu sterben, ist bis zu 4-mal höher. schützt werden. Fremdpartikel (z. B. Staub, Russ) Herz/Kreislauf: mit einer Geschwindigkeit von et- 1- bis 4-mal höher (stark erhöht bei Raucherin- wa 1 bis 2 Zentimeter in der Minute Herzkranzgefässe mundwärts transportieren. nen, welche die «Pille» nehmen) Krebs: Rachen Lungenkrebs ungefähr 20-mal höher Lippen Kehlkopfkrebs 7- bis 15-mal höher Zunge Mundhöhlenkrebs 7- bis 15-mal höher bis 11-mal höher (stark erhöht bei Kehlkopf Speiseröhrenkrebs gleichzeitigem Alkoholkonsum) Blasenkrebs 5-mal höher Luftröhre Bauchspeicheldrüsenkrebs 2-mal höher Atemwege: Chron. Bronchitis/Emphysem 10- bis 40-mal höher Bronchien 0 10x 20x 30x Je mehr Zigaretten eine Person raucht, desto höher sind die Erkrankungs- und Sterberisiken. Quelle: US Surgeon General’s Report 2004. 24 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 25
Raucherhusten – chronische Bronchitis – Lungenemphysem Das Fliessbandsystem, das die Nährboden für Bakterien Die chronische Bronchitis ist nicht Schliesslich entsteht das Krank- Atemwege sauber hält, wird durch Die Blockade des Fliessband- zuletzt auch ein volkswirtschaftli- heitsbild des sogenannten Lun- den Tabakrauch zunächst einmal systems durch den Tabakrauch ches Problem: Viele chronische genemphysems, das durch die gelähmt und dann sogar zu einem hat noch weitere Folgen: Der in Bronchitiker werden noch vor Er- zunehmende Atemnot charakte- grossen Teil zerstört. Wenn der den Atemwegen liegen gebliebene reichen der Altersgrenze arbeits- risiert ist. Insbesondere das Aus- Transportmechanismus der Flim- Schleim ist ein idealer Nährbo- unfähig oder müssen umgeschult atmen ist nur noch mit Anstren- merhärchen gelähmt wird, kön- den für Bakterien. Es kommt des- werden. gung möglich: Ein brennendes nen die Rauchteilchen nicht mehr halb oft zu einer Entzündung der Streichholz kann selbst aus einer normal hinaustransportiert wer- grösseren und kleineren Atem- Atemnot Entfernung von 15 Zentimetern den. Die in der Schleimhaut be- wege mit schleimig-eitrigem Aus- Durch die ständige Überdehnung nicht mehr ausgeblasen werden. findlichen Drüsen produzieren wurf. Später tritt die Entzündung der noch funktionsfähigen Lungen- aber weiter Schleim, und zwar durch die Wand dieser Atemwege bläschen verlieren diese ihre Ela- Natürlich braucht es viele Jahre, erst recht, wenn sie ständig gereizt in das angrenzende Lungengewe- stizität. Später verschmelzen sie zu bis dieses Endstadium des Lun- werden. Der mit Rauchteilchen ver- be über, Blutgefässe und Gewebe grösseren Luftsäcken, so dass die genemphysems erreicht ist. Aber mengte Schleim verengt und ver- werden zerstört. für den Sauerstoffaustausch zur schon bei jungen Rauchenden, die stopft schliesslich die kleineren Verfügung stehende Lungenober- sich noch völlig gesund fühlen, Atemwege. Durch Husten versucht Bestehen die bronchitischen Symp- fläche immer kleiner und kleiner lassen sich mit Hilfe von Lungen- der Körper diesen Ballast loszu- tome (Husten, Auswurf) über drei wird. In regelmässigen Abstän- funktionstests bereits frühzeitig werden (Reizhusten). Monate im Jahr und wiederholen den auftretende Entzündungen Veränderungen der feinsten Luft- sie sich während mehrerer Jahre, schränken die Elastizität des Ge- wege und der Lungendehnbarkeit Erstaunlich ist, wie selten Husten so sprechen wir von einer chro- webes weiter ein. nachweisen. und Auswurf als Warnsymptome nischen Bronchitis. Es stellt sich ernst genommen werden. Dabei Kurzatmigkeit ein, die zunächst nur Frage 7 sind sie, wenn sie über längere bei körperlicher Anstrengung (z. B. Zeit bestehen, sichere Zeichen für Treppensteigen), später aber auch Wenn diese Schädigungen der Atemwege einmal schon fortgeschrittene Schädigun- im Ruhezustand spürbar wird. vorhanden sind, nützt es dann überhaupt noch, gen der Luftwege und der Lunge. mit Rauchen aufzuhören? Lungenbläschen chronische Bronchitis Lungenemphysem Ja, sicher. Schäden in fortgeschrittenen Stadien (Emphysem) blei- ben zwar bestehen, doch der Krankheitsprozess kann aufgehalten werden. Die «angeschlagene» Lunge beginnt sich zu erholen, sobald die Rauchzufuhr aufhört. Noch nicht zerstörtes oder von eigentlichem Krebs befallenes Lungengewebe kann sich selbst «reparieren». Ebenso verschwinden Husten, Kurzatmigkeit und Müdigkeitsgefühle in den meisten Fällen relativ rasch. Das Risiko, von Lungenkrebs oder von einer andern mit dem Rauchen in Zusammenhang stehenden Krankheit (Herzinfarkt) befallen zu gesunde durch Schleim durch Überdehnung werden, nimmt immer mehr ab, je länger man nicht mehr raucht Lungenbläschen und Vernarbung verschmolzene (siehe auch S. 31). verengte Lungenbläschen Lungenbläschen 26 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 27
Lungenkrebs – eine Krankheit der Neuzeit Auf dem Boden des ständigen Ge- Niveau – hat die Zahl der Lungen- Die schlechten Heilungschancen oft sehr stark, was die Früherfas- webereizes, vor allem durch die krebserkrankungen immer weiter rühren nicht zuletzt daher, dass die sung der Krankheit wesentlich er- Teerprodukte im Tabakrauch, kann ansteigen lassen. Bei den Män- Krankheit meist erst dann entdeckt schwert. sich mit der Zeit der Lungen- oder nern setzt sich der Rückgang, der wird, wenn es bereits zu spät ist. Bronchialkrebs entwickeln. sich zeitweise angekündigt hat, Die ersten Anzeichen für Lungen- Lungenkrebs kann in den meisten seit 1995 nicht mehr fort, bei den krebs geben noch keine eindeu- Fällen nur durch die operative Ent- Früher hörte man nicht viel von Frauen nimmt die Lungenkrebs- tigen Hinweise: hartnäckiger Hus- fernung befallener Lungenteile be- dieser Krebsart. Anfang 20. Jahr- sterblichkeit weiterhin zu. ten, Bronchitis, Schmerzen auf der handelt werden – immer voraus- hundert starben in der Schweiz Brust, Atemnot, eventuell Auswurf gesetzt, dass der Krebs noch lokal pro Jahr etwa 30 Menschen an Heilungschancen sind gering mit Blut vermischt. Diese Symp- begrenzt ist. Bestrahlung und Me- Lungenkrebs. Der ständig zuneh- Wegen seines bösartigen Wachs- tome ähneln den «üblichen» Be- dikamente gewinnen allerdings menden Verbreitung der Zigarette tums und der schwierigen Früh- gleiterscheinungen des Rauchens zunehmend an Bedeutung. folgte dann aber mit einiger Ver- erkennung sind die Heilungschan- spätung der gewaltige Anstieg cen bei Lungenkrebs nach wie vor dieser Krebsart: 1950 erlagen ihr schlecht: Von 100 Lungenkrebspa- Frage 8 661 Menschen, 1965 bereits 1302, tienten leben ein Jahr nach der Erst- Ab wie vielen Zigaretten ist das Lungenkrebs- im Jahr 1980 waren es schon diagnose nur noch 30, nach fünf 2372. Inzwischen sterben daran Jahren sind es weniger als 10. risiko erhöht? jährlich etwa 3000 Menschen, wo- Es gibt keine gefahrlose Anzahl Zigaretten. Wer jeden Tag auch nur von knapp ein Drittel noch keine eine einzige Zigarette raucht, erhöht schon sein Lungenkrebsrisiko. 65 Jahre alt sind. Der Lungen- Durchschnittlich gehen Rauchende etwa das zwanzigfache Risiko krebs fordert in der Schweiz je- der Nichtrauchenden ein. Grundsätzlich gilt: Je mehr Teer in die des Jahr mehr als achtmal so viele Lunge gelangt, desto wahrscheinlicher wird eine Erkrankung. Menschenleben wie der Stras- senverkehr und ist im Alter zwi- Frage 9 schen 45 und 64 Jahren bei jedem achten Mann und jeder neun- Sind Pfeifen und Zigarren harmloser? ten Frau, die sterben, die Todes- Weil er das Nikotin aus dem (alkalischen) Pfeifen- und Zigarren- ursache. rauch über die Mundschleimhaut aufnehmen kann, inhaliert der «richtige» Pfeifen- und Zigarrenraucher nicht oder nur wenig. Weil die Lunge meistens eine ge- Sein Lungenkrebsrisiko ist deshalb im Vergleich zum Zigaretten- wisse Zeit braucht, bis sie auf das raucher geringer. Rauchen mit Krebsbildung rea- giert, entspricht die heutige Zahl © Boehringer Ingelheim International GmbH Starke Pfeifen- und Zigarrenraucher gehen allerdings ein erhöhtes der Lungenkrebserkrankungen den Risiko ein, an einem Krebs der Mundhöhle, des Rachens oder des Rauchgewohnheiten vor etwa 20 Teer in der Lunge Kehlkopfes zu erkranken. Gefährlich kann das «Umsteigen» von der bis 30 Jahren. Der rasche Vor- Der teergeschwärzte rechte Lungenflügel Zigarette auf Pfeife oder Zigarre sein, wenn jemand – aus Gewohn- gehörte einem langjährigen Vielraucher. marsch der Zigarette bis Anfang heit und ohne es zu merken – weiter inhaliert. Denn Pfeifen- und Die Lunge einer erwachsenen Person misst der Siebzigerjahre – seither sta- ca. 10 bis 14 Zentimeter in der Breite und Zigarrenrauch ist noch stärker als Zigarettenrauch. gniert der Konsum auf hohem ca. 22 bis 30 Zentimeter in der Höhe. 28 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 29
Herzinfarkt und Raucherbein Für die krebserzeugende Wirkung Herzinfarkt Frage 10 des Tabakrauches sind – wie wir Das in die Blutbahn übertretende Warum bekommen nicht alle Rauchenden bereits gesehen haben – in ers- Nikotin treibt das Herz zu vermehr- ter Linie die Teerprodukte ver- ter Arbeit an, verengt die Blut- Lungenkrebs? antwortlich. Die Schädigung des gefässe und fördert die Bildung Bei fast allen langjährigen Raucherinnen und Rauchern entwickeln Herz-Kreislauf-Systems dagegen von Thrombosen (Verstopfung sich in den Bronchien Vorstufen von Krebs. Aber oft sterben sie an erfolgt gemeinsam durch das Koh- eines Blutgefässes durch ein Blut- anderen – zum Teil ebenfalls durch das Rauchen mitverursachten – lenmonoxid und das Nikotin wäh- gerinnsel). Krankheiten, bevor es zum Lungenkrebs kommt. Wahrscheinlich rend des Rauchens. spielen auch erbliche Faktoren, die zusammen mit bestimmten Wird ein bereits verhärtetes Herz- Rauchgewohnheiten gewisse Rauchende für Lungenkrebs anfälliger Das beim Rauchen eingeatmete kranzgefäss durch ein Blutgerinn- machen, eine Rolle. Kohlenmonoxid vermindert die sel oder eine Gefässverkramp- Sauerstoffaufnahmefähigkeit des fung weiter verengt, so kommt es Frage 11 Blutes. Als Folge davon erhalten zu Schmerzen in der Herzgegend alle Organe des Körpers weniger (Angina pectoris) oder – im Falle Können auch Nichtrauchende an Lungenkrebs Sauerstoff. Auch die Innenwän- eines vollständigen Verschlusses – erkranken? de der Arterien werden mit weni- zum Herzinfarkt, bei dem ein Teil Ja, gelegentlich. Möglicherweise weil sie sich als Passivrauchende ger Sauerstoff versorgt, so dass des Herzmuskels abstirbt. oft und lange – unfreiwillig – in verqualmten Räumen aufhalten es dort zu Ablagerungen kommt, (siehe auch S. 37). Aber über 80% aller Lungenkrebskranken haben die zu einer Verengung und Ver- Es ist heute einwandfrei erwiesen, selbst jahrelang geraucht. härtung der Gefässe führen (Arte- dass Tabakrauch neben erhöhtem riosklerose, auch «Arterienverkal- Blutfettspiegel und erhöhtem Blut- Frage 12 kung» genannt). druck zu den wichtigsten Risiko- faktoren für koronare Herzerkran- Gibt es noch andere Ursachen für Lungenkrebs? kungen gehört. Das Todesfallrisiko Auch Radioaktivität (z. B. das Edelgas Radon und seine Folge- ist bei Rauchenden bis zu vier- produkte), Teerdämpfe oder der Umgang mit Asbest und gewis- mal höher als bei Nichtrauchen- sen Chemikalien können Lungenkrebs verursachen oder fördern. den – und zwar bei Männern und Die Forschung bemüht sich laufend um die Entdeckung krebserre- Frauen. (Mehr über das zusätzliche gender Substanzen. Infarktrisiko von Raucherinnen, die zur Empfängnisverhütung die Eines steht aber heute schon fest: Rauchen ist mit Sicherheit «Pille» nehmen, steht auf S. 34.) Lungenkrebsrisiko Nummer eins. Und allfällige berufsbedingte Lungenkrebsrisiken können durch das Rauchen ganz wesentlich Jedes Jahr sterben in der Schweiz erhöht werden. rund 1600 Menschen an den Fol- gen einer tabakbedingten Krank- heit der Herzkranzgefässe. 30 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 31
Vor allem jüngere Infarktopfer Im Ruhezustand funktioniert die Die Krankheit tritt bei Nichtrau- sind fast immer Rauchende. Der Sauerstoffversorgung der Beine chenden kaum auf. Sie betrifft fast Herzinfarkt nimmt bei Rauchenden vielleicht noch einigermassen, ausschliesslich Rauchende über häufiger einen tödlichen Verlauf und man spürt nichts. Beim Ge- 40 und nimmt vom 45. Lebensjahr als bei Nichtrauchenden – wahr- hen aber benötigt die Beinmus- an rasch zu. Nicht selten muss das scheinlich wegen der direkten kulatur mehr Sauerstoff. Die ver- Raucherbein ganz oder teilweise Gifteinwirkung des Nikotins auf engten Arterien können ihn nicht amputiert werden. den Herzmuskel. Wie schon beim herbeischaffen, die Muskeln wer- Lungenkrebs wächst auch beim den überbeansprucht und reagie- Spürt ein Raucher erste Anzeichen, Herzinfarkt das Risiko mit der An- ren mit plötzlichen Schmerzen. die auf ein Raucherbein hinweisen zahl täglich gerauchter Zigaretten. Der Betroffene bleibt unweiger- könnten, gilt es, das Rauchen so- Achtung: Das Rauchen «leichter» lich stehen, die Beine müssen sich fort aufzugeben. Nur so lässt sich Zigaretten bewirkt keine Vermin- erholen. Nach einigen Minuten die Krankheit einigermassen zum derung des Infarktrisikos. Pause setzt er seinen Weg fort, bis Stillstand bringen. sich das Ganze wiederholt. Wegen Raucherbein dieser Fortbewegungsart spricht Unter dem Begriff «Raucherbein» man gelegentlich von der «Schau- versteht man Gefässverengungen fensterkrankheit». und -verschlüsse der Beinarte- rien, die beim Gehen zu heftigen Schmerzen führen. Die Ursache liegt – wie beim Herzinfarkt – in einer Verkalkung und Verfettung der zuführenden Blutgefässe. Verengung der Blutgefässe Wenn die Gefässwände Blutfett einlagern und «verkalken», wird eine gesunde Ader (Durch- messer 5 bis 6 Millimeter, oben) allmählich zur starren Röhre (Mitte). Blutgerinnsel können solche Gefässe vollständig verstopfen (unten). © Boehringer Ingelheim International GmbH 32 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 33
Die besondere Situation der Frau Lange Zeit wurden die meisten Frauen sind gegen die schädlichen Sie wiegen bei der Geburt oft we- Werdende Mütter und Väter sollten Untersuchungen über die gesund- Auswirkungen des Rauchens kei- niger als 2,5 Kilogramm. Zudem unbedingt mit dem Rauchen auf- heitsschädigenden Auswirkungen neswegs weniger anfällig als Män- kommen sie oft zu früh auf die hören und auch nach der Geburt des Tabakkonsums an Männern ner. Der Tabakkonsum bewirkt bei Welt. Je älter die werdende Mut- Nichtraucherinnen und Nichtrau- durchgeführt, und zwar aus dem ihnen etwa die gleichen Risikostei- ter und je höher ihr Zigaretten- cher bleiben. Denn Babys leben einfachen Grund, weil früher das gerungen wie bei den Männern. konsum während der Schwanger- gesünder, wenn die Muttermilch gewohnheitsmässige Rauchen in Aber sie gehen noch zusätzliche schaft ist, desto häufiger kommt ohne Tabakschadstoffe und die erster Linie «Männersache» war. Risiken ein. es zu solchen «Mangelgeburten». Umgebung rauchfrei ist. Kinder Weiterhin rauchen Männer häufi- Noch während mehrerer Jahre von rauchenden Eltern leiden häu- ger als Frauen. Trotzdem haben Die Pille können die Kinder durch Wachs- figer an Mittelohrentzündungen sich die Rauchgewohnheiten der Raucherinnen, die zur Empfäng- tumsrückstand sowie durch eine und Bronchitis, ihre Lungen wach- Frauen immer mehr denjenigen nisverhütung die Pille nehmen, verminderte Widerstandskraft be- sen langsamer. der Männer angeglichen, wozu lassen ein deutlich erhöhtes Ri- nachteiligt sein. Dazu kommt, dass eine gezielte, auf Frauen abge- siko für Herzinfarkt und Thrombo- sie ein signifikant erhöhtes Risiko stimmte Werbung wesentlich bei- sen erkennen. «Pille» und Ziga- für den plötzlichen Kindstod tra- getragen hat. Frauen bevorzugen rette haben sich als eine gefährli- gen. zwar sogenannt leichtere Marken che Kombination erwiesen. Das und rauchen im Durchschnitt we- Risiko hängt von der Anzahl Ziga- niger Zigaretten pro Tag als Män- retten und der Pillenart ab: Je mehr ner. Aber der Anteil starker Rau- Zigaretten und je höher der Östro- cherinnen ist in den letzten Jahren gengehalt, desto risikoreicher. relativ konstant geblieben. Frage 13 Schwangerschaft Was muss eine Frau sonst noch über das Rauchen Immer mehr Frauen leiden heute Eine schwangere Frau trägt zu- denn auch unter tabakbedingten sätzlich Verantwortung. Raucht und die sie speziell betreffenden Folgen wissen? Krankheiten. Seit etwa 1970 hat in sie, so gefährdet sie nicht nur ihre Die Zigarette birgt nicht nur erhebliche Risiken während der der Schweiz die Zahl der von Lun- eigene Gesundheit. Rauchen kann Schwangerschaft und in Kombination mit der «Pille». Rauchen ist genkrebs befallenen Frauen deut- auch das ungeborene Kind schä- auch eine Ursache für Gebärmutterhalskrebs. lich zugenommen, und es ist mit digen: Im Blutkreislauf der Mutter einem weiteren Anstieg zu rech- zirkulierendes Nikotin und Koh- Der Tabakkonsum scheint überdies den Alterungsprozess zu be- nen. lenmonoxid wirken auch im Kör- schleunigen: Bei Raucherinnen tritt die Menopause (Wechseljahre) per des Ungeborenen. Wegen im Durchschnitt zwei Jahre früher ein als bei Nichtraucherinnen, der schlechteren Blutversorgung und ihre Haut bekommt – wegen der schlechteren Durchblutung – wächst das Kind langsamer, so früher Falten. Raucherinnen haben zudem ein erhöhtes Risiko, nach dass Kinder rauchender Mütter ein der Menopause an Osteoporose (Knochenschwund) zu erkranken. tieferes Geburtsgewicht haben. 34 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 35
Zum Mitrauchen gezwungen Wenn in geschlossenen Räumen melt, wie die Auswirkungen des Frage 14 geraucht wird, sind auch die Nicht- Passivrauchens ausgeschaltet wer- Warum sind Raucherkrankheiten bei Frauen rauchenden den Schadstoffen aus- den können, unter anderem mit gesetzt. So entspricht etwa der Nichtraucherzonen, Entlüftungs- seltener als bei Männern? Kohlenmonoxidgehalt eines ver- und Luftfilteranlagen sowie rauch- Vorerst noch. Und nur deshalb, weil viele Frauen im vorgerückten qualmten Büroraumes demjenigen freien Innenräumen. Alter, in dem diese Raucherkrankheiten gehäuft auftreten, noch einer stark befahrenen Strasse. nicht ein Leben lang im gleichen Ausmass geraucht haben wie die Nichtrauchende, die jahrelang an Nichtraucherzonen bieten einen Männer gleichen Alters. Junge Frauen, die heute am Anfang einer einem verrauchten Arbeitsplatz höchst ungenügenden Schutz. «Raucherkarriere» stehen und diese nicht baldmöglichst abbrechen, arbeiten mussten, haben mess- Selbst modernste Lüftungsanlagen werden dereinst die ähnlichen Risiken für tabakbedingte Erkran- bar schlechtere Lungenfunktions- sind keine Lösung. Trotz der Luft- kungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems eingehen werte und leiden häufiger unter filter bleiben die winzig kleinen, wie Raucher. Atemwegsbeschwerden als Nicht- hochgiftigen Gase des Tabakrauchs rauchende an rauchfreien Arbeits- in den Innenräumen zurück. Die Frage 15 plätzen. Entlüftung von Innenräumen an- dererseits müsste die Stärke eines Warum erkranken Kinder rauchender Mütter Zwar ist die vom Nichtraucher un- Sturms erreichen, um einen deut- (und Väter) häufiger an Atemweginfektionen? gewollt aufgenommene Schad- lichen Schutz vor diesen Gasen zu Die Tatsache, dass Kinder aus Raucherhaushalten überdurchschnitt- stoffmenge wegen der starken gewährleisten. lich oft ärztlicher Behandlung bedürfen, kann verschiedene Gründe Verdünnung in der Luft relativ haben: erstens das häufige Einatmen von Tabakrauch in schlecht klein im Vergleich zu derjenigen, Die einzige Massnahme für einen gelüfteten Räumen, zweitens die direkte Ansteckung aufgrund einer die direkt aus der Zigarette inha- wirksamen Schutz vor den Ge- chronischen Bronchitis der Eltern (Raucherhusten), und drittens ist liert wird. Aber gewisse krebserre- sundheitsschäden durch Passiv- an eine Spätfolge einer bereits während der Schwangerschaft ein- gende Bestandteile kommen im rauchen ist die gesetzliche Einfüh- getretenen Schwächung zu denken. Nebenstromrauch, der von der rung rauchfreier Innenräume. glimmenden Zigarette abgeht, in bis zu 100-mal höherer Konzen- Das Problem des Passivrauchens tration vor als im Hauptstrom- hat im Bewusstsein der Bevöl- rauch. Im Urin von Passivrauchen- kerung in letzter Zeit an Bedeu- den kann sowohl eine Erhöhung tung gewonnen und zu entspre- krebsfördernder Substanzen als chenden Massnahmen geführt: auch des Kotinins, eines Nikotin- Heute sind rauchfreie Arbeitsplät- abbauprodukts, nachgewiesen ze und rauchfreie öffentliche In- werden. nenräume zur Regel geworden. «Raucherkonflikte» im Büro, im Wirksamer Schutz vor Passiv- Betrieb oder in der Schule kön- rauchen nen durch das Einhalten entspre- Seit mehreren Jahrzehnten wer- chender Abmachungen weitge- den weltweit Erfahrungen gesam- hend gelöst werden. 36 20 Sekunden zum Nachdenken 20 Sekunden zum Nachdenken 37
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