2020 jahres bericht - projekte - ergebnisse - ziele - Musella-Stiftung

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2020 jahres bericht - projekte - ergebnisse - ziele - Musella-Stiftung
jahres
   bericht
   2020
projekte — ergebnisse — ziele
2020 jahres bericht - projekte - ergebnisse - ziele - Musella-Stiftung
Überblick
Editorial................................................................................................................................ 3
Arbeitsbereiche................................................................................................................... 5
  Tier- und Artenschutz.....................................................................................................5
      Gesamtprojekt „Schwarzwaldhof“......................................................................................... 5
         Katzenkastrationsprojekt.................................................................................................... 5
         Wildbienenprojekt.................................................................................................................8
         „Stallhasen“-Projekt............................................................................................................. 10
      Igelstation Vörstetten............................................................................................................. 11
      Tierhilfe Hoffnung....................................................................................................................13
      Vogelpflegestation „Spatzengezwitscher“..............................................................................16
      Förderung des Projektes „Win-Win im Weinberg – innovatives, ökologisches und
      ökonomisches Weinbergmanagement mit extensiver Schafbeweidung“............................. 18
      Brutvogelatlas Griechenland: Fachliche Aufarbeitung der von Deutschland aus
      gesammelten Brutvogeldaten in Griechenland......................................................................20
   Kinder- und Jugendbildung.............................................................................................. 21
      Projekt „Streuobstwiese“........................................................................................................ 21
      Institut für theologische Zoologie Münster (ITZ).................................................................. 23
   Mensch und Schöpfung.................................................................................................... 25
      Vortragsreihe...........................................................................................................................25
         H. Monheim, Wege zur Verkehrswende...............................................................................25
         Th. Ruster, Mit Tieren leben und Gott erleben...................................................................29
         S. Horstmann – R. Wilde, Pro und Contra Jagd...................................................................33
         G. Wessel, Vier fürs Klima....................................................................................................37
         „Die Stadt als zukunftsfähiger Lebensraum“......................................................................40
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Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt
                         Mahatma Gandhi

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Editorial
Ein ereignisreiches Jahr 2020, geprägt durch die Corona-Pandemie mit all ihren
Auswirkungen und Unsicherheiten liegt hinter uns. Wir freuen uns, dass sich die
Arbeit der Stiftung trotz mancher Einschränkungen dennoch gut weiterentwickelt
hat und teilweise weiter ausgebaut werden konnte. Das gilt zunächst für unsere ei-
genen Projekte. Dazu gehören die Projekte „Schwarzwaldhof“ und „Wildbienenhäu-
ser“ sowie unsere Vortragsreihe „Mensch und Schöpfung“ in der Katholischen
Akademie in Freiburg.
   Im Rahmen des Projektes „Schwarzwaldhof“ konnten im Jahr 2020 insgesamt 234
Katzen auf über 140 Höfen kastriert werden. Mit nahezu allen beteiligten Höfen hat
sich ein dauerhafter Kontakt entwickelt und unser Team kann vor Ort immer wie-
der mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Nachfrage nach unserer Unterstützung
nimmt ständig zu. Diese Arbeit ist nur möglich dank der verlässlichen Zusammen-
arbeit mit verschiedenen Tierarztpraxen im gesamten Einzugsbereich unseres Pro-
jekts. Konkret arbeiten wir zurzeit mit elf Tierärzten zusammen, die sich auf die
besonderen Bedürfnisse und Anforderungen unserer Stiftung bei diesen Kastratio-
nen von Tieren eingestellt haben.
  Beim Projekt „Wildbienenhäuser“, das mit dem Projekt Schwarzwaldhof eng ver-
zahnt ist, sind im Jahr 2020 achtzehn Wildbienenhäuser aufgestellt worden.
  Intensiviert wurde die Zusammenarbeit mit der Igelstation in Vörstetten. Hier
konnten zahlreiche untergewichtige oder verletzte Igel versorgt und großgezogen
werden, um sie anschließend wieder in die Freiheit zu entlassen.
   Seit Jahren engagieren wir uns in Rumänien für Straßenhunde. Durch unkontrol-
lierte Vermehrung werden sie oftmals zu einem Problem in den Gemeinden und
werden daher brutal gejagt und oft auf grausame Weise getötet. Wir haben die zu-
nächst lockere Zusammenarbeit mit der „Smeura“ in Rumänien, dem größten Tier-
heim der Welt, ausgebaut. Es wurden dort im Berichtsjahr über 11.000 Tiere
kastriert und auch einige tausend Hunde und Katzen in gute Hände vermittelt.
  In unserer eigenen kleinen Vogelpflegestation „Spatzengezwitscher“ wurden im
Jahr 2020 wieder einige Vögel betreut. Es handelte sich überwiegend um aus dem
Nest gefallene oder verletzte Jungvögel. Insgesamt wurden über 20 Tiere betreut
und aufgezogen.
  Erfreulich ist auch, dass der zweite Band des Brutvogelatlas nun nach vielen Jah-
ren Arbeit fertiggestellt werden konnte und nun erstmals in gedruckter Form vor-

                                                                                 3
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liegt. Dieses gemeinsame Projekt mit dem Max-Planck-Institut für Ornithologie
(MPIO) ist damit zum Abschluss gekommen.
  Das Projekt „Streuobstwiese“ konnte in diesem Jahr schon zum zweiten Mal er-
folgreich durchgeführt werden. Hier führten die gültigen Corona-Verordnungen leider
auch zu Einschränkungen.
 Die Kooperation mit dem ITZ in Münster wurde fortgesetzt und die finanzielle
Unterstützung wurde überwiegend für den Ausbau der dortigen Infrastruktur ver-
wendet.
   In der Vortragsreihe „Mensch und Schöpfung“ wurden im Berichtsjahr fünf Vor-
träge in der Katholischen Akademie in Freiburg gehalten. Die beiden ersten Vorträ-
ge im Frühjahr konnten noch in Präsenzform gehalten werden, die weiteren drei
Vorträge wurden auf ein Online-Format umgestellt. Dies war mit einigen Verände-
rungen in Vorbereitung und Ablauf verbunden, wobei vor allem die Katholische
Akademie den technisch reibungslosen Ablauf ermöglichte und dabei keinen Auf-
wand scheute, um für eine gute digitale Präsenz zu sorgen. Für die Zuhörer stellte
dieses neue Format eine Herausforderung und Umorientierung dar, die aber insge-
samt gut angenommen wurde. Die Zuhörer- bzw. Zuschauerzahlen konnten deut-
lich gesteigert werden. Auch in nächster Zukunft werden die Vorträge nur online
gehalten werden können. Einen Vorteil stellt außerdem der Umstand dar, dass alle
Vorträge auch im Nachhinein auf Youtube abgerufen werden können.
   Das Berichtsjahr wurde weiterhin dazu genutzt, das schon bestehende Arten-
schutznetzwerk in der Region weiter zu festigen und professionell auszubauen. Ziel
ist es, die Versorgung aufgefundener Jungtiere oder verletzter Wildtiere und Wild-
vögel durch enge Verzahnung mit diversen schon bestehenden Pflegeeinrichtungen
und Tierschutzvereinen im Bereich Breisgau-Hochschwarzwald nachhaltig zu ver-
bessern. Die Erstversorgung bei Fundtieren kann damit beschleunigt, eine gegebe-
nenfalls notwendige zwischenzeitliche stationäre Pflege besser gewährleistet werden.
Der Kreis der professionellen Ansprechpartner hat sich hierdurch deutlich vergrö-
ßert. Das Netzwerk hilft Tierleben zu retten, da wir mehr professionelle Partner mit
im Boot haben und die Zeit bis zur Erstversorgung bei Unfällen damit verkürzt
werden kann.
  Danken möchten wir an dieser Stelle der Katholischen Akademie für die gute und
vertrauensvolle Zusammenarbeit in diesem Jahr, ebenso aber auch all unseren Un-
terstützern, Mitarbeitern und ehrenamtlichen Helfern, die uns weiterhin so tatkräftig
unterstützen.
                                                                       Der Vorstand

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Arbeitsbereiche
                        Tier- und Artenschutz
                     Gesamtprojekt „Schwarzwaldhof“

Dieses Schwerpunktprojekt der Musella-Stiftung, welches bisher drei Teilprojekte
umfasst, widmet sich unterschiedlichen Aspekten des Tier- und Artenschutzes im
Bereich land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in der Region des südlichen
Schwarzwalds. Seit dem 1. Januar 2020 wird die Leitung und Durchführung des Pro-
jektes von dem neugegründeten Musella-Institut mit Sitz in Freiburg im Breisgau
übernommen.
  Obwohl das Jahr 2020 vor dem Hintergrund der allgegenwärtigen Corona-Ein-
schränkungen für die Arbeit der Stiftung und des Instituts nicht einfach war, konn-
ten dennoch sämtliche Teilprojekte konstant und ohne nennenswerte Einschnitte
durchgeführt werden; in verschiedenen Bereichen gelang es zudem, die bereits vor-
handenen Strukturen weiter auszubauen und somit die Maßnahmen im Bereich des
Tier- und Artenschutzes zu intensivieren. So wurden beispielsweise zwei neue Mit-
arbeiterinnen zur Verstärkung des hier in der Region agierenden Teams eingestellt.
  Für das Jahr 2021 ist sowohl ein neues Teilprojekt in Kooperation mit dem Verein
„Rettet das Huhn“ geplant, als auch eine Intensivierung des Engagements im Bereich
des Artenschutzes durch einen Ausbau der Vogel- und Wildtierrettung beabsichtigt.

Katzenkastrationsprojekt
Das Gesamtprojekt „Schwarzwaldhof“          Regionen Deutschlands – nicht nur das
nahm seinen Anfang im Frühjahr 2017         Phänomen herrenloser und halbwilder
mit den von der Stiftung organisierten      Katzen, die in Wäldern bzw. im Umfeld
und durchgeführten Katzenkastratio-         von landwirtschaftlichen Betrieben ihr
nen, was auch weiterhin das größte          Dasein fristen, auftritt, sondern auch
Teilprojekt darstellt.                      dass die Lebensumstände vieler Tiere,
                                            die eigentlich zu einem Hof gehören,
  Vor dem Hintergrund, dass im              oft als schwierig zu bezeichnen sind,
Schwarzwald – wie in allen ländlichen       sah sich die Stiftung zum Handeln ver-

                                                                                 5
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anlasst. „Bauernhofkatzen“ sind auf           Zur Förderung dieses Anliegens
nahezu jedem Hof anzutreffen, wo sie       übernimmt die Stiftung den Großteil
zur Eindämmung der Mäusepopulation         der anfallenden Kosten für die Kastra-
dienen. Häufig bleiben die Tiere aber      tionen. Damit einhergehend erhalten
ohne Futter und grundlegende Betreu-       die landwirtschaftlichen Betriebe Un-
ung sich selbst überlassen, was die        terstützung durch konkrete Hilfestel-
Ausbreitung von Krankheitserregern         lungen wie den Transport zum Tierarzt
fördert und zu Überpopulationen führt,     oder das Einfangen der halbwilden
woraus Revierkämpfe wegen zu kleiner       Tiere. Weiterhin finanziert die Stiftung
Jagdreviere entstehen. Das Resultat        im Rahmen der begleitenden Untersu-
dieser Situation lässt sich vielfach an    chung die Behandlung von Parasiten
den Straßenrändern beobachten, wo          (Würmer, Flöhe, Milben, Giardien etc.)
vornehmlich junge Kater Opfer des          sowie bei zahmen Tieren zusätzlich die
Straßenverkehrs werden, da sie auf der     beiden anfänglichen, der Grundimmu-
Suche nach neuen Revieren große            nisierung dienenden RCP-Impfungen,
Strecken in unbekanntem Gebiet zu-         sofern der Hof sich zu einer eigenstän-
rücklegen müssen. Hinzu kommt er-          digen Fortsetzung des Impfprogramms
schwerend die auf abgelegenen              in der Zukunft verpflichtet.
Gehöften immer noch praktizierte
Vorgehensweise, die Katzenpopulation          Im Sinne der Nachhaltigkeit bemüht
durch Tötungen „kontrollieren“ zu          sich die Stiftung um einen langfristigen
wollen, obgleich dies einen klaren Ver-    Kontakt zu den kooperierenden Höfen
stoß gegen das Tierschutzgesetz dar-       und bietet hinsichtlich der vorhande-
stellt.                                    nen Katzenpopulation auch künftig Rat
                                           und Hilfe an, beispielsweise bei einer
  Da eine juristische Konfrontation        durch Erkrankungen oder Unfälle not-
wegen Verstößen gegen das Tier-            wendig werdenden medizinischen Ver-
schutzgesetz angesichts der schwieri-      sorgung. Sämtliche Maßnahmen finden
gen Beweislage meist nur wenig             in enger Absprache mit den kooperie-
Aussicht auf Erfolg bietet, leistet die    renden Tierärzten statt, um einen op-
Stiftung stattdessen einerseits konkre-    timalen Ablauf für die Patienten zu
ten Tierschutz durch Kastrationen zu-      gewährleisten.
sammen mit medizinischer Versorgung,
und appelliert andererseits mittels ein-      In der Erprobungsphase beschränkte
gehender Beratung und intensiver Ge-       sich das Projektgebiet Anfang 2017
sprächsangebote an die moralischen         ausschließlich auf die Gemeinde
Wertevorstellungen der Tierhalter. Dies    St. Märgen. Aber bereits im Sommer
geschieht auch vor dem Hintergrund         desselben Jahres sah sich die Stiftung
der christlichen Tierethik mit dem er-     veranlasst, die Nachbargemeinden
klärten Ziel, eine bewusste Wertschät-     Breitnau, Buchenbach und Wagensteig
zung sämtlicher Lebewesen zu               in den Aktionsradius miteinzubeziehen.
erreichen.                                 In den Jahren 2018 und 2019 wurde der

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Im Schwarzwald

Tätigkeitsbereich wegen der stetig        tenden Tierarztpraxen kontinuierlich
wachsenden Nachfrage seitens der          gewachsen, weswegen sich das Projekt
Höfe und vor dem Hintergrund neuge-       seit dem Jahr 2020 auf die Mitwirkung
schlossener Kooperationsvereinbarun-      von mittlerweile elf Tierärzten sowie
gen mit in der Region ansässigen          einer Freiburger Tierklinik stützen
Tierschutzvereinen jeweils deutlich er-   kann.
weitert. Das Gebiet, in welchem Kat-
zenkastrationen durch die Stiftung           In den Projektjahren 2017 bis 2020
angeboten und durchgeführt werden,        wurden insgesamt 649 Katzen und
umfasst mittlerweile neben den bereits    Kater von 143 Höfen kastriert und
genannten die Gemeinden Biederbach,       – sofern sich dies im Rahmen der Un-
Eisenbach, Elzach, Friedenweiler, Furt-   tersuchung als notwendig erwies –
wangen, Glottertal, Gütenbach, Gut-       medizinisch versorgt. Davon entfielen
ach, Hinterzarten, Horben, Kirch-         allein auf das Jahr 2020 insgesamt 234
zarten,       Lenzkirch,     Oberried,    Tiere, die 122 Katzen und 112 Kater
Simonswald, St. Peter, Stegen, Titisee-   umfassten. Diese hohe Zahl von Kas-
Neustadt, Waldkirch und Winden in-        trationen belegt eindrucksvoll das im
klusive der zugehörigen Ortsteile. In     Jahresverlauf 2020 erneut deutlich ge-
gleichem Maße ist in den vergangenen      wachsene Interesse seitens der Land-
Jahren die Zahl der zusammenarbei-        und Forstwirte, am Katzenkastrations-

                                                                              7
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projekt der Stiftung teilzunehmen.         ihrer Katzen und Kater zu vereinbaren.
Dementsprechend ist auch für 2021          Sie haben über Nachbarn, Bekannte,
und die kommenden Jahre mit einem          Verwandte, beteiligte Tierarztpraxen,
kontinuierlichen Anstieg der zu ver-       kooperierende Tierschutzvereine oder
sorgenden Tiere zu rechnen. Als posi-      durch die Medien von dem Projekt er-
tiver Effekt ist weiterhin zu vermerken,   fahren und ließen sich in diesem Zuge
dass sich mittlerweile die Hofbesitzer     von der Sinnhaftigkeit und Notwendig-
zunehmend eigenständig bei den be-         keit der dem Tierwohl dienenden Kat-
teiligten Tierärzten bzw. der Stiftung     zenkastrationen überzeugen.
melden, um Termine für die Kastration

                                                                Transport eines
                                                                Wildbienenhauses

Wildbienenprojekt
Als zweites Teilprojekt kam im Jahr        chen Betrieben vor Ort zu erreichen.
2018 die Installation von Wildbienen-
häusern hinzu. Anlässlich des starken         Hierfür beauftragt die Stiftung fach-
Rückgangs von Insekten im Allgemei-        kundige Schreiner mit der Konzeption
nen und von Wildbienen im Besonde-         und dem Bau von Wildbienenhäusern
ren besteht das Projektziel darin, den     nach naturschutzspezifischen Ge-
Bestand der noch vorhandenen Wild-         sichtspunkten. In der Folge werden
bienenpopulationen zumindest regional      diese im Frühling durch die Stiftung auf
im Schwarzwald zu stärken. Die Mu-         Flächen installiert, die von den jeweili-
sella-Stiftung versuchte dies erneut in    gen Land- und Forstwirten zur Verfü-
Verbindung mit den landwirtschaftli-       gung gestellt wurden. Für das Gelingen

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der Maßnahme verpflichten sich die        installiert. Im Frühling 2019 wurden
Betriebe bestimmte ökologische Vor-       wegen der großen Nachfrage seitens
aussetzungen zu erfüllen: So müssen       der Höfe bereits 22 weitere Nistplätze
im unmittelbaren Bereich des Wildbie-     in den Gemeinden Bräunlingen, Eisen-
nenhauses Blühwiesenstreifen einer        bach, Elzach, Freiburg, Glottertal, Hin-
gewissen Größe vorhanden sein, eben-      terzarten,     Lenzkirch,     Löffingen,
so sollte das nähere Umland nur zur       Oberried, Simonswald, Stegen, Titisee-
extensiven Beweidung genutzt werden.      Neustadt und Winden sowie in den
                                          drei zuvor genannten Ortschaften auf-
   Im Rahmen des Projektes wurden         gestellt. Während des Frühjahres 2020
von 2018 bis 2020 zwei unterschiedli-     installierte das Team zusätzliche 18
che Modelle von Wildbienenhäusern
verwendet, die sich nach den ersten
Auswertungen bewährt haben und
daher auch in den Folgejahren zum
Einsatz kommen werden: Auf abgele-
genen Wiesen installierte die Stiftung
einfache Häuser mit einer Höhe von
1,7 m sowie einer Breite von 0,4 m. Auf
gut erreichbaren Flächen mit ausla-
denden Blühstreifen, meist im direkten
Hofumfeld, wurden Wildbienenhäuser
mit Rotationsmodulen aufgestellt.
Diese mit einem 1,1 m breiten Korpus
deutlich geräumigere Variante erleich-
tert durch die einzelnen, herausnehm-
baren Segmente die kontinuierliche        Aufstellung des Wildbienenhauses
Wartung der verschiedenen Nistmög-
lichkeiten, wodurch eine langfristige     Wildbienenhäuser, die aus 15 kleinen
Nutzung des Hauses an diesem Stand-       und drei großen Häusern bestanden,
ort gewährleistet werden kann.            auf dem Gelände von landwirtschaftli-
                                          chen Betrieben. So sind neben den
  Durch die enge Verzahnung des           bereits in den Vorjahren angeführten
Projekts mit dem bereits angeführten      Gemeinden nun auch Biederbach,
Teilprojekt der Katzenkastrationen        Furtwangen, St. Peter und Stühlingen
konnten für die erste Aufstellungspha-    zu nennen. Die Zahl der von der
se 2018 vorwiegend Höfe der Gemein-       Musella-Stiftung geförderten und un-
den Breitnau, Buchenbach und              terhaltenen Anlagen im südlichen
St. Märgen zur Bereitstellung von ge-     Schwarzwald ist somit auf eine Ge-
eigneten Flächen gewonnen werden. So      samtzahl von 52 Wildbienenhäusern
wurden in den Monaten April und Mai       gestiegen.
2018 insgesamt 12 Wildbienenhäuser

                                                                                9
„Stallhasen“-Projekt
Dieses bereits im November 2018 von        tal herauszuholen und dauerhaft in
der Stiftung ins Leben gerufene dritte     einem guten Zuhause unterzubringen.
Teilprojekt konnte im Jahr 2020 endlich    Vor einer Vergesellschaftung werden
Erfolge erzielen: So gelang es vor allem   die Tiere in mit der Stiftung kooperie-
                                           renden Tierarztpraxen untersucht,
                                           medizinisch versorgt und falls notwen-
                                           dig kastriert.
                                             Die Mitarbeiter der Stiftung werden
                                           weiterhin bei ihren Hofbesuchen den
                                           häufig zu beobachtenden Missstand
                                           einer nicht artgerechten Haltung von
                                           Kaninchen und Hasen thematisieren
                                           und für eine Verbesserung der Le-
                                           bensumstände werben. Zudem wird
                                           die Stiftung kranke oder gefährdete
                                           Tiere in ihre Obhut nehmen, um sie
                                           artgerecht unterzubringen. Den Aus-
Zwei Hasen                                 gangspunkt für den Erfolg des Projekts
                                           stellt der Dialog mit den Landwirten
durch den engagierten Einsatz einer        dar, mit denen durch die beiden vor-
ehrenamtlichen Mitarbeiterin, Tiere        angehenden und erfolgreichen Teilpro-
aus nicht artgerechten Haltungen auf       jekte bereits eine dem Tierwohl
landwirtschaftlichen Betrieben im Elz-     dienende Zusammenarbeit besteht.
                                                 Dr. Johannes Christian Linnemann

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Igelstation Vörstetten

Die Igelstation Vörstetten, mit welcher    verletzten und kranken Igeln eng zu-
die Musella-Stiftung seit einigen Jahren   sammenarbeitet, wurde 2020 in das
bei der Rettung und Versorgung von         finanzielle Förderprogramm der Stif-

                                                             Einige Igel

tung aufgenommen. Die Station, die in      praxen in Denzlingen und Emmendin-
enger Abstimmung mit zwei Tierarzt-        gen zusammenarbeitet, versorgte in

                                                                             11
AufEntdeckungstour…

diesem Jahr insgesamt 141 Igel, die        Die starke Zunahme von abgegebe-
hauptsächlich von Privatpersonen zur     nen Tieren gegenüber dem Vorjahr
Pflege und medizinischen Versorgung      2019, in welchem nur etwa 100 Igel
abgegeben wurden. Die Tiere stam-        aufgenommen wurden, und die erhöh-
men primär aus der Region, die auch      te Nachfrage bei der telefonischen Be-
länderübergreifend das benachbarte       ratung belegen eindrücklich die
Elsass umfasst. Von den aufgenomme-      Notwendigkeit und den Bedarf einer
nen Igeln konnten 122 Tiere nach ihrer   solchen Station hier in der Region.
Genesung wieder erfolgreich ausgewil-
dert werden.                                   Dr. Johannes Christian Linnemann

12
Tierhilfe Hoffnung

Wie schon bei unserem langjährigen         Pitesti (Rumänien). Im Jahre 2000
Kooperationspartner „Save the Dogs“        übernahm die 2016 verstorbene Ver-
lässt sich auch bei dem neuen Koope-       einsgründerin Ute Langenkamp eine
rationspartner, dem Verein „Tierhilfe      ehemalige Fuchsfarm mit 1500 zum
Hoffnung“ mit Sitz in Dettenhausen         Tode verurteilten Straßenhunden, um
das zentrale Anliegen in Sachen Tier-      diese vor einem grausamen Tod zu
schutz auf den ersten Blick erkennen:      retten. Sie widmete sich zudem der
Aktive Tierschutzarbeit durch Kastra-      Verantwortung für alle verbliebenen
tionen. Das Leid unzähliger Katzen         Hunde auf den Straßen Pitestis. In der
und Hunde überall auf der Welt kann        Smeura wurden die Hunde medizinisch
nur auf diesem Weg nachhaltig einge-       versorgt, kastriert und wieder freige-
dämmt werden. Die Zusammenarbeit           lassen. Alte bzw. schwerkranke Tiere
mit „Tierhilfe Hoffnung“ begann im Jahr
2020 und wird ab 2021 durch eine fi-
nanzielle Förderung seitens der Musel-
la-Stiftung weiter ausgebaut.
  Während die Stiftung das Ziel der
Kastrationen im Rahmen des Projekts
„Schwarzwaldhof“ im Südschwarzwald
verfolgt, engagiert sich der 1998 ge-
gründete Verein „Tierhilfe Hoffnung“ in
Rumänien einerseits für die Vermitt-       Hunde im Zwinger
lung von Straßenhunden nach
Deutschland und andererseits für die       und Welpen verblieben in der Smeura.
Kastration und medizinische Versor-        So konnte der Verein seit dem Jahr
gung von Hunden und Katzen vor Ort.        2000 bis zum Juni 2013 allein im Land-
Hierbei wird im Sinne der Nachhaltig-      kreis Arges-Pitesti die Anzahl von
keit nach der „1 zu 3“ Regel gearbeitet:   33.000 unkastrierten auf 4.500 kas-
Dies bedeutet, dass für jeden Hund,        trierte Straßenhunde reduzieren. Dies
der nach Deutschland reist, 3 Hunde in     ist ein überzeugendes Beispiel für die
Rumänien vor Ort kastriert werden.         Lösung und Linderung von Überpopu-
                                           lationen der Straßenhunde auf tierge-
  Der Verein betreibt das größte Tier-     rechte und sehr effektive Art und
heim der Welt namens „Smeura“ in           Weise.

                                                                              13
Das Tierheim Smeura

  Aber auch die Zahlen der vergange-      tionen der Straßenhunde ein, sondern
nen Jahre sind einerseits beindruckend,   führt zudem groß angelegte Kastrati-
andererseits unterstreichen sie durch     onsaktionen für Privathunde durch.
den kontinuierlichen Anstieg sowohl       Obwohl in Rumänien seit 2015 eine ge-
die Notwendigkeit als auch den Erfolg     setzliche Kastrationspflicht für Privat-
des Projekts: Im Jahr 2018 konnten        hunde besteht, stellen gerade die
2.509 Hunde nach Deutschland in           Hunde, die sich in der Obhut von
Partnertierheime gebracht, sowie 7.748    Menschen befinden, eine große Her-
Kastrationen vor Ort durchgeführt         ausforderung dar. Tatsächlich sind sie
werden. Im Folgejahr 2019 wurden          der eigentliche Ursprung der Straßen-
3.430 Hunde vermittelt und 12.564         hunde. Das Leben eines sog. Besitzer-
Tiere kastriert. Bis Anfang Oktober       hundes unterscheidet sich in der Regel
2020 konnten trotz spürbarer Ein-         kaum von dem eines Straßenhundes;
schränkungen im Zuge der Corona-          sie sind sich selbst überlassen, unkas-
Krise bereits 3.909 Hunde nach            triert und vermehren sich daher unge-
Deutschland gebracht werden, wäh-         hindert mit heimatlosen oder
rend weitere 10.952 Tiere kastriert       Nachbarhunden. Hier leistet der Verein
wurden.                                   wichtige Aufklärungsarbeit in der Be-
                                          völkerung und sensibilisiert die nach-
  Tierhilfe Hoffnung e. V. setzt sich     folgende       Generation        durch
nicht nur für flächendeckende Kastra-     verschiedene Schulprojekte. So wird in

14
verschiedenen Partnerschulen bei-         Trotz des stetig wachsenden Engage-
spielsweise eine Stunde pro Woche         ments von „Tierhilfe Hoffnung“ gehört
„Tierschutzunterricht“ angeboten, in      der Anblick streunender, halb verhun-
welchem den Kindern sowohl mora-          gerter, verwahrloster, ausgezehrter und
lisch-ethische Grundwerte Tieren ge-      kranker Hunde in Rumänien weiterhin
                                          zum alltäglichen Straßenbild. Im tägli-
                                          chen Kampf ums Überleben sind sie
                                          ständigen Gefahren ausgesetzt, werden
                                          gejagt und verfolgt. Rumäniens Politi-
                                          ker lassen in immer wiederkehrenden
                                          Tötungsaktionen zigtausende Hunde
                                          auf bestialische Art und Weise töten:
                                          Sie werden erschlagen, mit Frost-
                                          schutzmittel vergiftet, stranguliert und
                                          bei lebendigem Leibe verbrannt.
Katzen im Heim
                                            Ein guter Grund für die Musella-Stif-
genüber im Allgemeinen vermittelt als     tung, sich weiterhin stark in Rumänien
auch praktische Hilfestellungen für den   zu engagieren und die bestehenden
respektvollen Umgang mit den eigenen      Kooperationen zu pflegen und weiter
Tieren der Familie gezeigt werden.        zu intensivieren!
                                                 Dr. Johannes Christian Linnemann

                                                                               15
Vogelpflegestation „Spatzengezwitscher“

In der Vogelpflegestation „Spatzenge-       Dabei machten wir außerdem folgen-
zwitscher“ hat es auch 2020 wieder          de, allgemeine Beobachtungen: Nest-
kräftig gepiepst und gezwitschert. Über     linge lassen sich eher auf den
die Frühlingsmonate machten insge-          Menschen ein und können daher
samt folgende Jung-Vögel bei uns Zwi-       leichter gefüttert werden. Sie haben
schenstation:                               insgesamt eine höhere Überlebens-

Einige Gäste der Vogelstation

• Drei Saatkrähen                           chance. Die Aufzucht der sog. Ästlinge
• Fünf (Stadt-)Tauben, von denen drei       hingegen gestaltet sich meist weitaus
  noch heute (beringt) über das Hir-        schwieriger; sie zeigen nämlich oftmals
  schenhof-Viertel in Buchenbach            keinen Sperr-Reflex mehr und müssen
  fliegen.                                  zwangsweise gefüttert werden. Tat-
• Ein Steinkauz, den wir wegen einer        sächlich sind sie ausschließlich auf die
  schweren neuronalen Verletzung            Fütterung durch ihre Eltern angewie-
  nach Engen weitergeben mussten.           sen, weil sie selbst noch nicht ausrei-
• Eine Amsel                                chend      fressen     können.      Das
• Vier sehr kleine Spatzenkinder            „gutgemeinte“ Mitnehmen von ver-
• Eine Meise                                meintlich halbflüggen Jungvögeln sehen
• Eine Bachstelze                           wir daher als recht problematisch an
• Ein Nest mit vier Rotschwänzchen          und raten dringend davon ab. Die so
• Drei Turmfalken, die ebenfalls an         „geretteten“ Tiere überleben in der
  Spezialisten weitergereicht wurden.       Regel nur äußerst selten.
16
Wenn ausgewachsene Vögel ge-            dete Population insbesondere der
bracht wurden, war dies in der Regel      Singvögel geschützt werden muss.
wegen Verletzungen aufgrund von
Katzen- oder Hundebissen. Zwar ver-         Der Einzelfall der Rettung und Ope-
heilten diese zwar äußerlich scheinbar    ration einer ausgewachsenen, und
gut, oftmals starben die Patienten        damit scheuen Krähe wegen eines ge-
dann aber doch an den inneren Ver-        brochenen Flügels erschien uns unter
letzungen oder an einem zu hohen          dem Gesichtspunkt des Tierschutzes
Stresspegel. Auch hier zeigte sich wie-   problematisch. Zwar erholte sie sich
der einmal: Die süße und noch so ver-     nach sehr langer Rekonvaleszenz er-
schmuste Hauskatze ist und bleibt ein     staunlich gut, konnte aber nicht mehr
Jäger, vor dem die insgesamt gefähr-      in die Freiheit entlassen werden.
                                                           Dr. Marianna Musella,
                                                            Dr. Angelika Musella

                                                                             17
Förderung des Projektes
  „Win-Win im Weinberg – innovatives, ökologisches und ökonomisches
        Weinbergmanagement mit extensiver Schafbeweidung“
Das bereits seit 2019 geförderte Pro-      Bezüglich einer nachhaltigen Land-
jekt ist ein Forschungs- und Erpro-      nutzung ist eine stärkere Berücksichti-
bungsvorhaben der Hochschule für         gung von Doppelnutzungen auf

Die Schafe bei der Arbeit

Forstwirtschaft Rottenburg in Koope-     Flächen, die gegenwärtig zur Produkti-
ration mit der Professur für Geobota-    on eines einzelnen landwirtschaftlichen
nik der Universität Freiburg und dem     Gutes genutzt werden, existenziell
Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg.    wichtig. Diese „ökologische Intensivie-
Weitere Förderer sind die Stiftung Na-   rung“ führt zudem zu einer Steigerung
turschutzfonds Baden-Württemberg         der biologischen Vielfalt. Dieses Projekt
und die Heidehof Stiftung.               evaluiert ein solches Modell, bei dem

18
Schafe in Weinbergen eingesetzt wer-      für den Praxistest erworben. Die Pro-
den. Schafe können nicht nur den Un-      jektdauer beträgt vier Jahre, aber
terwuchs der Weingärten in Schach         schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt
halten, sie fressen auch unerwünschte     lässt sich erkennen, dass die Schafe auf
Triebe der Reben und stellen dadurch      den Versuchsflächen des Staatlichen
die Traubenzone frei, was den gefähr-     Weinbauinstitutes eine echte Alterna-
lichen Pilzdruck auf die Trauben senkt.   tive für den herkömmlichen Weinbau
Der Einsatz von Schafen spart somit       darstellen. Mögliche Ausschlusskriteri-

Graswuchs im Frühjahr

nicht nur den Einsatz von Maschinen       en, wie etwa das verstärkte Abknab-
und Herbiziden, sondern trägt zur         bern von Trauben, können mittlerweile
Vereinfachung bestimmter Arbeits-         verworfen werden. Um aber Aussagen
schritte durch den Winzer bei.            über die Wirkungen auf Ökosystem-
                                          leistungen treffen zu können, bedarf es
  Durch die Förderung der Musella-        noch weiterer Studien.
Stiftung wurden 35 Schafe unter-
schiedlicher Rasse und Zaunmaterial                             Dr. Nicolas Schoof
                                                 Dr. Johannes Christian Linnemann

                                                                               19
Brutvogelatlas Griechenland: Fachliche Aufarbeitung der von
     Deutschland aus gesammelten Brutvogeldaten in Griechenland

Bereits beim ersten Europäischen       Datensammlung wurde anschließend
Brutvogelatlas des European Bird       durch den inzwischen verstorbenen
Census Council von 1997 war eine or-   Dr. Jochen Hölzinger fortgeführt, dem
                                       über 700 ehrenamtliche Vogelfreunde
                                       ihre Beobachtungen zur Verfügung
                                       stellten.
                                          Zur Fertigstellung des neuen, im De-
                                       zember 2020 erschienenen „European
                                       Breeding Bird Atlas 2“ war es notwen-
                                       dig, die in Deutschland lagernden,
                                       häufig noch handschriftlich festgehal-
                                       tenen Daten zu Griechenland zu sor-
                                       tieren und auch zu digitalisieren. Diese
                                       finale Bearbeitung des Datenmaterials
                                       unter fachlicher Leitung des Max-
                                       Planck-Instituts für Ornithologie und
                                       der Vogelwarte Radolfzell wurde seit
                                       2017 von der Musella-Stiftung personell
                                       und finanziell gefördert. Groß ist nun
                                       die Freude seitens der Stiftung, dass
                                       das Projekt zum Abschluss gekommen
nithologische Gemeinschaft      aus    ist und die Publikation der Ergebnisse
Deutschland maßgeblich an der          nun vorliegt.
Sammlung von Daten beteiligt. Diese
                                              Dr. Johannes Christian Linnemann

20
Arbeitsbereich Kinder- und Jugendbildung
                           Projekt „Streuobstwiese“

Zusammen mit dem Diplom-Geologen           liegende Ausflugsort, die Streuobstwie-
und Erfinder des sog. „Geowindow“          se Maierhof des NABU-Dreisamtal in
Mathias Faller organsierte die Musella-    der Wiesneck, erschien uns aufgrund
Stiftung bereits im zweiten Jahr an zwei   der gelungenen Veranstaltungen von

Äpfel am Baum…                             …machen Appetit

Vormittagen ein Projekt für Schulkin-      letztem Jahr auch dieses Jahr wieder
der mit dem Ziel, Biodiversität auf        geeignet. Das leider schlechte und
kleinstem Raum zu zeigen und damit         schon recht kalte Wetter schreckte die
auf die Welt als Schöpfung aufmerk-        kleinen und großen Entdecker nicht
sam zu machen. Der kleine, etwa 15         ab, mit Händen und allen Sinnen Natur
Gehminuten von der Schule entfernt         und Apfelsaft mit der uralten Hand-

                                                                               21
presse selbst zu pressen. Da die Apfel-   Natürlich wurde auch wieder Apfelsaft
ernte 2020 gut war, gab es alle Hände     gepresst. Außerdem konnten kleine
voll zu tun; es war ein großes Erlebnis   Kunstwerke der Natur wie Insekten
für die Kinder.                           und ihre Behausungen, Vogelfedern
                                          oder Früchte unter einem Mikroskop
                                          genau unter die Lupe genommen wer-
                                          den. Die Welt ist hoffentlich noch lange
                                          bunt und vielfältig und das auf kleins-
                                          tem Raum. Dass es aber so bleibt,
                                          dafür müssen wir uns alle einsetzen,
                                          indem wir Apfelsaft von Äpfeln der
                                          heimischen Streuobstwiesen den Vor-
                                          zug geben.
                                             Wenn Streuobstwiesen verschwin-
                                          den, verschwinden auch viele Insekten,
                                          Vögel, wie beispielsweise der Steinkauz
                                          und viele Nagetiere, die ihren Unter-
                                          schlupf in den Baumhöhlen finden.
                                          Problematisch ist auch, dass sich ganze
                                          Landstriche verändern, indem sie zu
                                          Monokulturen werden. Sie stellen dann
Die Mostpresse ist einsatzbereit          aber keinen interessanten Lebensraum
                                          für Tiere mehr dar. Diese Entwicklung
  Aufgrund der Corona-Bestimmungen        gilt es mit allen Mitteln aufzuhalten.
musste der zweite Termin im Fahrrad-      Beitragen kann jeder, indem beispiels-
keller auf dem Gelände der Grund-         weise der Apfelsaft nicht im Discounter
schule     Buchenbach     stattfinden.    gekauft wird, sondern vom Erzeuger
Dennoch gelang es Mathias Faller, den     vor Ort.
Schülern die Natur nahe zu bringen.
                                                            Dr. Marianna Musella

22
Institut für theologische Zoologie Münster (ITZ)

Durch die Kooperation und finanzielle       die ITZ-Website aktualisiert, überar-
Unterstützung der Musella-Stiftung er-      beitet und regelmäßig gepflegt. Dies
fuhr das Institut für theologische Zoo-     ermöglichte dem ITZ, sich erfolgreich

Das Institut für theologische Zoologie

logie (ITZ) (https://www.theologische-      um die Auszeichnung der UN-Dekade
zoologie.de) im Jahr 2020 eine größere      Biologische Vielfalt im Sonderwettbe-
Planungssicherheit im Hinblick auf die      werb „Soziale Natur – Natur für alle“
laufenden Kosten. Hierzu gehörten           mit dem Projekt „Inseln des Lebendi-
Gehälter für Mitarbeiter, Kosten für die    gen“ am Haus Mariengrund in Münster
Infrastruktur, die Öffentlichkeitsarbeit    zu bewerben.
und die Projektorganisation. So wurde

                                                                              23
Tiere am Institut

  Früchte der Zusammenarbeit mit         Universität Kassel die Zusammenarbeit
der Musella-Stiftung waren auch die      wieder aufgenommen und trotz Coro-
Wiederaufnahme und die Vertiefung        na-Pandemie im Sommer 2020 mit
verschiedener Kooperationen mit dem      Studierenden erfolgreich ein mehrtägi-
ITZ. So wurde beispielsweise mit der     ges Blockseminar durchgeführt.
Evangelisch-Theologischen Fakultät der
                                                           Dr. Angelika Musella

24
Mensch und Schöpfung
                                  Vortragsreihe
                          Vortrag von Prof. Dr. Heiner Monheim
               (Institut für Raumentwicklung und Kommunikation, Trier)
                       Wege zur Verkehrswende –
  Was Bund, Länder, Kommunen und die Wirtschaft tun können und sollten
                  29. Januar 2020, Katholische Akademie Freiburg
Der renommierte Verkehrsexperte              kehrsmitteln Eisenbahn, PKW und dem
Prof. Dr. Heiner Monheim sprach in           Güterverkehr per LKW. Dabei wird
einem mitreißenden Vortrag über die          sehr schnell deutlich, dass noch in den
Wege zur Verkehrswende. Ein Thema,           1920er Jahren des 20. Jh. das Schie-
das an Aktualität und Bedeutung in           nennetz in Deutschland sehr gut aus-
Sachen Umwelt- und Klimaschutz in            gebaut war. Seit den 1950er Jahren
erster Reihe steht. Einerseits möchten       wurde es zugunsten des Autoverkehrs
oder müssen wir alle mobil sein, ande-       immer mehr zurückgedrängt bzw. ver-
rerseits tragen Individual- und Güter-       nachlässigt. Deutschland wurde auto-
verkehr zu höheren CO 2-Emissionen           mobil und wer es sich leisten konnte,
und zur Zersiedlung der Landschaft           fuhr natürlich mit dem Auto. Dabei ist
bei, fördern die Versiegelung weiterer       das Auto neben der Bahn längst nicht
Grünflächen und führen zu unzähligen         das einzige Fortbewegungsmittel, so
Staus. Was ist zu tun und welche Ak-         war das Fahrrad noch in den 1950er
teure müssen angesprochen werden,            Jahren das wichtigste Fahrverkehrsmit-
um eine gelungene Verkehrswende zu           tel. Auch heute macht die Fußmobili-
schaffen?                                    tät, in sog. kleinen Etappen (z. B. von
                                             zu Hause zur Bus- oder Bahnhalte-
Deutschland seit den 50er Jahren – ein       stelle) gerechnet, 80 % der täglichen
Land wird mobil                              Mobilitätsetappen aus. Doch Fußgän-
                                             ger haben – im Gegensatz zur Auto-
„Geht in die Archive!“ rät Professor         mobilindustrie – keine Lobby.
Monheim seinen Studierenden, „schaut
erst einmal, welche Daten bereits er-        Deutschlands Exportschlager – Stau
hoben wurden“. Tatsächlich ist die Da-
tenlage zur Erfassung der Infrastruktur      Mit der ersten Verkehrswende seit
miserabel und sehr einseitig: Fuß- und       Mitte der 1950er Jahre wurde
Fahrradwege sind kaum erfasst, der           Deutschland „Autoland“. Nach und
Fokus liegt eindeutig auf den Ver-           nach wurden Städte und Regionen au-

                                                                                  25
togerecht gestaltet, und dieser Ausbau   möglichst unter 150 PKW pro 1.000
ließ wenig Platz für andere Verkehrs-    Einwohner, und Straßen rückzubauen,
arten. Neben dem Auto als Statussym-     um die Flächen zu renaturieren.
bol kam zusätzlich die Zentralisierung
hinzu: Viele Schulen und Krankenhäu-       Um diese Ziele zu erreichen, bedarf
ser wurden geschlossen, Verwaltung       es eines Moratoriums des konventio-
und Einzelhandel wanderten in die        nellen Straßenbaus. Ein grundlegender
Ballungsräume ab. Dezentralisiert        Wandel erfordert folgende Maßnah-
wurden hingegen Autobahnen, Hoch-        men:
schulen und Freizeiteinrichtungen;
periphere Wohn- und Gewerbegebiete       • Ein nationales Bundesradwegenetz
entstanden. Dadurch veränderten sich     • Die Umqualifizierung der Straßen-
das Stadtbild und die regionale Ent-       bauverwaltung auf den Bedarf auf
wicklung. Der zunehmende motori-           Schiene, Rad- und Fußwege
sierte Personenverkehr und der           • Ein Ausbauprogramm Schiene
Güterverkehr führen seitdem zu Staus     • Unsinnige Großprojekte zu beenden
in Ballungsräumen und auf Autobah-       • Den Bundesverkehrswegeplan sowie
nen. Die Menschen sind nun fast            das Straßengesetz zu ändern
zwangsläufig auf das Auto angewiesen.    • Eine Reform der Nutzung und Be-
Und, anstatt sich zusammenzutun, um        steuerung von Dienstautos
möglichst viele Personen zu transpor-    • Ein Tempolimit auf Autobahnen
tieren, nutzen durchschnittlich heute    • Die Reaktivierung vieler stillgelegter
nurmehr 1,1 Personen ein Auto werk-        aber noch nutzbarer Bahnstrecken
tags im Vergleich zu 3,4 Personen um     • Den Ausbau der Güterverkehrswe-
1960. Längst ist das Phänomen Stau         ge
zum Exportschlager Deutschlands ge-      • Den Neu- oder Ausbau von S-
worden.                                    Bahn-Haltestellen, Straßenbahnen
                                           und die Etablierung neuer Bussys-
Eine neue Verkehrswende ist notwendig      teme für Stadt und Land
                                         • Kombibusse, die Personen und
Der Klimawandel und der Verkehrs-          Waren transportieren können
kollaps machen es deutlich: wir brau-    • Die Finanzierung der Kommunen
chen erneut eine Verkehrswende, die        für Radschnellwege, Radstationen
sich diesmal zum Ziel setzen muss,         und Brücken sowie Leihradsysteme.
den vorhandenen automobilen Stra-          Ebenso zusammenhängende Netze
ßenverkehr deutlich abzubauen. „Die        und keine Alibiradwege
Verkehrswende ist zwingend und er-       • Konzepte für den Fußverkehr mit
fordert einen starken Umweltverbund        Promenaden und Flaniermeilen mit
aus attraktivem Öffentlichem Verkehr       vielen Bäumen und Plätzen, die
sowie Rad- und Fußverkehr“, so Mon-        eine städtebauliche Qualität erge-
heim. Dabei sind die Ziele, weniger        ben.
Autos auf die Straßen zu bringen,

26
Um diese Vielzahl an Forderungen für        gebunden. Doch muss insbesondere an
eine gelungene Verkehrswende auch           dieser Stelle ein Umdenken einsetzen.
wirklich anzugehen und umzusetzen,          Kommunen, Länder und Bund müssen
ist eine Vielzahl an Akteuren notwen-       den Schienen-, Rad- und Fußverkehr
dig. Zunächst sind wir alle als individu-   fördern und insgesamt innovativer
ell Handelnde gefragt. Wir können den       werden. Die Wirtschaft ist als Akteur
Anfang machen und unser Verhalten in        gefragt, wenn es um Konzepte für be-
der Verkehrsnutzung umstellen. Insbe-       triebliches Mobilitätsmanagement geht
sondere können wir die Nahmobilität         und zuletzt können die Stakeholder
mit dem Auto vermindern. Die Institu-       wie Lobbys, Medien und Verbände
tionen in Politik und Verwaltung müs-       mehr fordern und mit ihren Forderun-
sen umdenken. Verkehrspolitiker sind        gen offensiver an die Öffentlichkeit
oftmals sehr emotional an das Auto          gehen.
                                                             Dr. Marianna Musella,
                                                                 Dr. Stephan Seiler

                                                                                27
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Vortrag von Prof. Dr. Thomas Ruster (Institut für Katholische Theologie, Technische
                                Universität Dortmund)
                        Mit Tieren leben und Gott erleben
               11. März 2020, 19.00 Uhr, Katholische Akademie Freiburg

Der Dortmunder Theologe Prof. Tho-             haben von der Beziehung der Tiere zu
mas Ruster sprach in der Reihe                 Gott und wir selbst den Bezug zur
„Mensch und Schöpfung“ über die Be-            Natur und den Tieren verloren haben.
ziehung zwischen Menschen, Tieren              Es gibt so gut wie nichts in der traditi-
und Gott. Vor dem eigentlichen Vor-            onellen westlichen Theologie, das auf
trag ließ Ruster das Gedicht „Sie ist          diese Beziehung hinweist, außer weni-
mir eingegeben, die Libelle“ des evan-         gen Ausnahmen. Meistens wird argu-
gelischen Theologen Christian Lehnert          mentiert, dass sich der Mensch seine
zitieren, um den Zusammenhang zwi-             Umwelt untertan machen solle. Wei-
schen Gotteserkenntnis und Tier zu             terhin ist die Bibel aus anthropozentri-
veranschaulichen.                              scher Sichtweise entstanden und die
                                               Tiere werden dabei in ein schwieriges
Professor Thomas Ruster erläutert das          Verhältnis zu den Menschen gestellt,
Verhältnis zwischen Gott, Tier und             beispielsweise die Einteilung in „reine“,
Mensch – Ein problematisches Verhält-          „unreine“ und „abscheuliche“ Tiere
nis?                                           (wobei bei der letzten Kategorie auch
                                               ein Übersetzungsfehler angenommen
Die Beziehung der Menschen zu den              werden kann). Nur die reinen Tiere
Tieren ist tiefgreifend gestört. Auf der       dürfen geschlachtet werden, doch wie
einen Seite werden Tiere vermensch-            die Kategorisierung entstand, ist aus
licht und verniedlicht wie etwa bei den        heutiger Sicht nicht mehr nachvoll-
inflationär auftretenden Stofftieren           ziehbar.
oder in Kinderbüchern, auf der ande-
ren Seite leben wir mit dem millionen-           Deshalb kann das gestörte Mensch-
fachen Leid des Schlachtviehs und der          Tier-Verhältnis auch auf die Bibel, und
Labortiere. Zugleich ist auch die Be-          nicht nur auf Descartes, zurückgeführt
ziehung zu Gott gestört. Seit langem           werden, der Tiere als Automaten be-
spricht man von der „Gotteskrise“, und         zeichnete. Auch in heutigen christli-
zu Recht. Wo wird der lebendige Gott           chen Gemeinden setzen sich Christen
erfahren? Rusters These ist: Beides,           nur in geringem Maße für Tierrechte
das gestörte Verhältnis zu den Tieren          ein.
und das gestörte Verhältnis zum le-
bendigen Gott, hängt miteinander zu-             Es gibt in der Bibel und der Theolo-
sammen. Es hat seinen gemeinsamen              gie jedoch zwar wenige, aber dennoch
Grund darin, dass wir keine Ahnung             eindeutige Stimmen, die sich mit der
                                                                                         29
Thematik befassen. Der Herausgeber         einem guten Verhältnis zu den Mitge-
der Werke von Thomas von Aquin, Jo-        schöpfen, den Engeln und den Tieren.
seph Bernhard, stellte in seinem Buch
„Die unbeweinte Kreatur“ die Frage,        Die Beziehung zwischen den Tieren und
wie das Leid der Tiere theologisch ge-     Gott
deutet werden kann. Sein Ergebnis
war: Die traditionelle Theologie sagt      Historisch gesehen waren alle frühen
dazu nichts. Sie ist von einer tiefen      Gottheiten der Menschheit einmal
Tier-Vergessenheit gekennzeichnet. Ein     Tiere oder erschienen zumindest in
Forschungsteam unter der Leitung           tierischer Gestalt. Dies betraf insbe-
Rusters sammelte daher alle Textstel-      sondere die frühen Hochkulturen in
len der Bibel, in welchen von und über     Mesopotamien und Ägypten. Tiere
Tiere gesprochen wird und betrachtete      waren Gegenstand einer frühen religi-
sie erneut. Es entstand auf diese Weise    ösen bzw. göttlichen Verehrung. Sie
ein ganz neuer Ansatz, das Tier-Gott-      standen für Lebenskraft, Potenz und
Verhältnis in der Theologie zu bewer-      Fruchtbarkeit. Weiterhin konnten sie
ten (vgl. Simone Horstmann, Thomas         als „Retter“ oder „Erlöser“ von dem
Ruster und Gregor Taxacher: Alles, was     Bösen angesehen werden, beispiels-
atmet: Eine Theologie der Tiere, Re-       weise, indem ein gebändigtes Tier als
gensburg 2018).                            Beute für ein wildes Tier geopfert
                                           wurde, das somit nicht mehr die
Gotteskrise                                menschliche Gruppe bedrohte. Doch
                                           irgendwann zwischen dem 2. und dem
Das Bild Gottes der traditionellen         1. vorchristlichen Jahrtausend lösten
westlichen Theologie, der „Theismus“,      menschliche Gottheiten diejenigen in
führt laut Ruster dazu, dass Menschen      Tiergestalt ab. Die Verehrung von Tie-
keine Beziehung mehr zu Gott haben.        ren wurde als Götzendienst angesehen:
Der Glauben an den lebendigen Gott         „Wir haben die falschen Götter ange-
kommt in unserer Gesellschaft mehr         betet“ (beispielsweise die Stiergötzen
und mehr abhanden. Daraus ergibt           oder das goldene Kalb).
sich die Vermutung, dass eine lebendi-
ge Gottesbeziehung nicht gelingen            Doch das Vertrauen von Gott ähnelt
kann, wenn der Mensch keine wirkliche      demjenigen des Tieres. Es handelt sich
auf Empathie begründete Beziehung          um eine vorbehaltlose und bedin-
mehr zu Tieren und der Natur hat. Als      gungslose Annahme des Menschen,
Beispiel einer solchen Beziehung           wie sie in unserem Gottesbegriff ge-
nannte Ruster Jesus, der vierzig Tage in   prägt ist: Gott liebt den Menschen
der Wüste blieb und der Versuchung         bedingungslos, so wie die uns vertrau-
widerstand: „Er lebte bei den wilden       ten Tiere uns bedingungslos lieben.
Tieren und die Engel dienten ihm“          Weitere Eigenschaften der Tiere kön-
(Markus 1,12). Das will sagen: Wer mit     nen in diesem Bereich verortet wer-
Gott in Reinen ist, der steht auch in      den: Arglosigkeit, Vertrautheit und

30
Angstfreiheit. Auf der anderen Seite     dass der Mensch allein ist“, ist dann so
liegt ihnen jedoch auch eine Anders-     zu verstehen: Es ist nicht gut, dass der
heit inne, mit ihnen ist keine gleiche   Mensch mit sich, mit seinesgleichen al-
Kommunikation möglich und wir wis-       lein ist. Alteritätskompetenz ist das
sen letztlich nicht, wie Tiere eigent-   „Andere“ gelten zu lassen und zu ak-
lich fühlen. Tiere brauchen den          zeptieren. Die Sündenfallerzählung ist
Menschen nicht, es gab bereits lange     von daher zu verstehen: Die Menschen
vor den Menschen Tiere und letztlich     wollen Gut und Böse erkennen. Sie
stellen sie den Ursprung der Mensch-     ordnen die Welt nach dem, was für sie
heit dar. Aus den Tieren haben sich      Gut und Böse ist und wollen nicht ak-
die Menschen entwickelt.                 zeptieren, dass es ganz andere Zugän-
                                         ge zur Welt gibt – eben bei den
   Die Begegnung mit Tieren ist eine     Tieren.
Begegnung mit etwas Lebendigen!
Die Beziehung zu Tieren kann uner-          Im Johannesevangelium ruft Johannes
wartet sein, als überraschend, unbe-     der Täufer, als er Jesus zum ersten Mal
stimmbar und           unbeherrschbar    sieht, aus: „Seht das Lamm Gottes“
empfunden werden. Dadurch kommt          (Joh 1,29). Was bedeuten diese Worte?
in der Fremdheit der Tiere eine          Das „Agnus Dei“, das in jeder Messe
Transzendenz zum Vorschein. Somit        wiederholt wird, wird generell op-
verkörpern die Tiere eine „horizon-      fertheologisch gesehen. Dem wider-
tale Transzendenz“ (Christian Leh-       spricht Ruster, da in diesem
nert). Die Begegnung mit dem Tier        Evangelium ansonsten keine Opferthe-
kann daher helfen, die Transzendenz      orie vorhanden ist. Das Lamm, das im
Gottes neu zu erfahren und zugleich      Schoße des Vaters liegt, ist vielmehr
seine Lebendigkeit zu verstehen. Ein     ein Verweis auf das Gleichnis, das der
lebendiger Gott kann auf Kontingenz,     Prophet Nathan König David vortrug,
auf Unbestimmbares und Unvorher-         als dieser Ehebruch mit Batseba be-
sehbares reagieren. In der christli-     gangen hatte (2 Sam 12,1–3). Nathan
chen Trinitätslehre ist dies der Geist   erzählt von einem armen Mann, der
als das lebendige und unbeherrsch-       ein einziges Lamm hatte, das er wie
bare göttliche Element.                  eine Tochter liebte und das in seinem
                                         Schoß lag. So wie das geliebte Lamm
Epilog                                   im Schoße des Mannes liegt, so liegt
                                         auch Jesus „am Herzen des Vaters“
Zuletzt wies Ruster auf zwei Tier-       (Joh 1,18). Von hier aus lässt sich eine
Gott-Mensch-Begegnungen in der           Lamm-Christologie entwickeln, die
Bibel hin. In der Schöpfungsgeschichte   vielleicht treffender ist als die traditio-
(Gen 2,19 f.) ist kein Tier Adam         nelle Sohnes-Christologie.
ebenbürtig. Aber das ist auch gut so,
da nicht alle Geschöpfe gleich sein                              Dr. Stephan Seiler
können. Das Wort „Es ist nicht gut,

                                                                                 31
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Vortrag von Dr. Simone Horstmann (Institut für Katholische Theologie, Technische
    Universität Dortmund) und Reinhard Wilde (Erzbischöfliches Ordinariat Freiburg)
                    Pro und Contra Jagd – Ein Streitgespräch
            23. September 2020, 19.00 Uhr, Katholische Akademie Freiburg

Im Rahmen unserer Vortragsreihe               und Wildtiermanagementgesetz und
„Mensch und Schöpfung“ wurde am 23.           verschiedene Verordnungen stark ge-
September ein „Streitgespräch“ zum            regelt. Das Jagdrecht ist grundrechtlich
Thema Jagd veranstaltet. Gegensätzli-         geschützt und – auch geschichtlich ge-
che Positionen zu diesem Thema wur-           sehen – eng mit der Eigentumsgarantie
den beleuchtet und diskutiert. Pro und        des Art. 14 GG und damit mit dem
Contra Jagd – unter diesem Motto dis-         Besitz von Grund und Boden verbun-
kutierten Dr. Simone Horstmann,               den. Seit dem Jahr 2002 ist aber auch
Theologin aus Dortmund und Reinhard           der Schutz der Tiere als Staatszielbe-
Wilde, Jurist und Jäger aus Freiburg          stimmung im Grundgesetz in Art. 20a
verschiedene Aspekte und Kontrover-           GG aufgenommen worden. Beide
sen der Jagd aus theologischer, ethi-         Verfassungsgüter sind in einen ange-
scher, ökologischer und juristischer          messenen Ausgleich zu bringen.
Sichtweise.                                   Gemäß § 1 Tierschutzgesetz darf daher
                                              niemand einem Tier ohne vernünftigen
Pro Jagd                                      Grund Schmerzen, Leiden oder Schä-
                                              den zufügen. Das Tier ist als Mitge-
Reinhard Wilde aus Freiburg, Jurist im        schöpf zu sehen. Beide Güter – das in
Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg          der Eigentumsgarantie wurzelnde
und Jungjäger, verwies zu Beginn sei-         Jagdrecht und der Tierschutz als
ner Darstellung darauf, dass er sich vor      Staatsziel müssen, wie gesagt, in Ein-
Erhalt des Jagdscheins viele Gedanken         klang gebracht werden. Für die Tötung
über die Ausbildung und die Tätigkeit         von Tieren bedarf es eines triftigen
als Jäger gemacht habe. Das Töten             Grundes. Es besteht für Jäger die Ver-
eines Tieres sei auch für ihn keine           pflichtung zur Hege aber auch zur
leichte Sache. Seine These besteht in         Einhaltung der staatlich vorgegebenen
der Aussage, dass Jagd und jagen im           Abschusspläne. Gäbe es keine ehren-
Rahmen der Rechts- und Schöpfungs-            amtlichen Jäger – den Begriff der
ordnung richtig und notwendig sind.           Hobby-Jäger lehnt Reinhard Wilde mit
Die Jagd innerhalb der gesetzlichen           Blick auf die Erfüllung einer öffentli-
Grenzen sei sogar ein gesetzlicher            chen Aufgabe ab – entstünden erheb-
Auftrag. In Baden-Württemberg ist die         lich mehr Kosten. Ein zentraler Begriff
Jagd vor allen Dingen durch das Jagd-         ist die Waidgerechtigkeit: Sie stellt das

                                                                                      33
Kernstück der Jagdkultur dar und re-        deren Gleichstellung mit dem Men-
gelt in § 8 Absatz 1 JWMG Inhalt und        schen ab, da sie keine Moral und keine
Grenzen der Jagd: „Eine Jagdausübung        Freiheit des Geistes besäßen. Dafür
ist nur waidgerecht, wenn sie allen         verfügten sie über ein hohes Maß an
rechtlichen Vorgaben sowie allen allge-     Resilienz und machten keinen Unter-
mein anerkannten, geschriebenen oder        schied zwischen Menschen und natür-
ungeschriebenen Regelungen und ge-          lichen Fressfeinden. Aus seiner
sellschaftlichen Normen zur Ausübung        Sichtweise seien viele Jagdgegner Städ-
der Jagd, insbesondere im Hinblick auf      ter, die die Natur romantisierten.
den Tierschutz, die Tiergesundheit,         Natur könne durchaus auch grausam
den Schutz der natürlichen Lebens-          sein und der Tod gehöre dazu. Eine
grundlagen, das Verhalten gegenüber         Auflösung der Grenze zwischen
andern Inhaberinnen und Inhabern des        Mensch und Tier, welcher zum Teil
Jagdrechts, jagdausübungsberechtigten       auch in der Diskussion über die Ein-
Personen und der Bevölkerung sowie          führung von subjektiven Rechten für
im Hinblick auf die Jagdethik, ent-         Tiere zum Ausdruck kommt, also quasi
spricht.“ Weiterhin werden die Tiere        einen menschenrechtlichen Status von
durch den Verzehr genutzt. Das Ab-          Tieren, lehnt Wilde schon aus ge-
schießen eines Tieres aus Spaß ist          schichtlichen Gründen ab. Die Inter-
rechtswidrig.                               pretation von Rechtspositionen für
                                            Tiere liege zudem letztlich nach wie
   Aus theologisch-moralischer Sicht        vor beim Menschen; die Vielfalt des
kritisiert Reinhard Wilde eine auch im      Tierreiches mache transparente An-
Zusammenhang mit der Jagd zu beob-          knüpfungspunkte für eine Tierrechts-
achtende starke gesellschaftliche Ver-      diskussion nur schwer möglich.
einfachung von Moral. Zu schnell
würden rote Linien gezogen ohne sich          Als Konsens im Rahmen der Podi-
der Diskussion zu stellen und die Dinge     umsdiskussion sprach Reinhard Wilde
zu Ende zu denken. Mit dem Philoso-         von der Leidensfähigkeit von Tieren,
phen Alexander Grau ist er der Mei-         die er anerkenne. Er wünsche sich sei-
nung, dass Moral heutzutage nicht           tens der Jägerschaft immer die bene-
länger Ausdruck eines übergeordneten        diktinische Tugend des rechten Maßes
und normierenden Wertesystems ist,          – von der Gegenseite jedoch auch
wie sie sich in der Tradition oder einer    einen sachlichen und weniger emotio-
Religion widerspiegelt, sondern allzu oft   nalen bzw. aggressiven Diskurs.
sich in der Argumentation selbst ge-
nügt. „Als moralisch gilt das, was auf-     Contra Jagd
grund moralischer Erwägungen als
moralisch befunden wird.“ Reinhard          Der Vortrag von Frau Dr. Simone
Wilde erkennt eine Leidensfähigkeit         Horstmann, Theologin an der Techni-
und das Vorhandensein eines Be-             schen Universität Dortmund, beinhal-
wusstseins bei Tieren an, lehnt jedoch      tete drei zentrale Argumente gegen die

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