275 Haftung im Kleingärtnerverein - Recht II - Bundesverband Deutscher ...
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Fachberatung Management Öffentlichkeitsarbeit Recht Umwelt 275 Recht II Haftung im Kleingärtnerverein
IMPRESSUM Schriftenreihe des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e. V., Berlin (BDG) Heft 3/2021 Seminar: Recht II vom 29. bis 31. Oktober 2021 in Apolda Herausgeber: Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e.V., Platanenallee 37, 14050 Berlin Telefon (030) 30 20 71-40/-41, Telefax (030) 30 20 71-39 Präsident: Dirk Sielmann Seminarleiter: Dr. Wolfgang Preuß Präsidiumsmitglied für Seminare BDG Layout&Satz: Uta Hartleb Titelbild: BDG Nachdruck und Vervielfältigung – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde (BDG) ISSN 0936-6083
Fachberatung Management Öffentlichkeitsarbeit Recht Umwelt 275 Recht II Haftung im Kleingartenverein Schriftenreihe des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreunde e.V., Berlin (BDG) Heft Nr. 3/2021
Seminar Recht II vom 29. bis 31. Oktober 2021 in Apolda INHALTSVERZEICHNIS Allgemeine gesetzliche Grundlagen des Haftungsrechts 7 • Erörterung der Rechtsgrundlagen und des Rechtssystems des BGB, insbesondere vertragliche und deliktische Haftung • Erläuterung der Schuldformen „Vorsatz“ und „Fahrlässigkeit“ Michael Röcken, Rechtsanwalt, Bonn Haftung aus vereinsrechtlichen Beziehungen 13• Außenhaftung des Vereins • Außenhaftung von Funktionsträgern bzw. • Mitgliedern des Vereines gegenüber Dritten • Innenhaftung • Innenregress • Haftungserleichterungen (gesetzlich und satzungsgemäß) Klaus Kuhnigk, Berlin Haftung aus Kleingärtnerpachtverhältnissen 28 • Haftung aus Zwischenpachtverträgen • Haftung aus Unterpachtverträgen • Folgen von Vertragsverletzungen • Haftung bei Abwicklung der Verträge Karsten Duckstein, Rechtsanwalt, Magdeburg Haftung aus Verletzungen von Verkehrssicherungspflichten 30 • Definition Verkehrssicherungspflichten • Haftung für Gemeinschaftseinrichtungen • Haftung bei Veranstaltungen des Vereines Patrick R. Nessler, Rechtsanwalt, St. Ingbert Haftungsrecht und Versicherung 35 • Möglichkeiten und Abgrenzung Vereinshaft-pflicht-, Vermögensschadenhaftpflicht und Rechtsschutzversicherung Walter Voß, Geschäftsführer der KVD Kleingarten-Versicherungsdienst GmbH, Köln Vereinsrechtliche Schlussfolgerungen aus der Pandemie 39 • Satzungsprüfungen im Hinblick auf die Amtsdauer des Vorstandes • Virtuelle Teilnahme an Mitgliederversammlungen • Umlaufverfahren / Briefwahl Michael Röcken, Rechtsanwalt, Bonn Anhang 44 Die Grüne Schriftenreihe seit 1997 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275 5
HAFTUNG IM KLEINGÄRTNERVEREIN ALLGEMEINE GESETZLICHE GRUNDLAGEN DES HAFTUNGSRECHTS RA MICHAEL RÖCKEN (www.ra-roecken.de) RA Michael Röcken, Plittersdorfer Straße 158, 53173 Bonn Tel.: 02 28 – 96 39 98 94, Fax: 02 28 – 96 39 98 95 Mail: info@ra-roecken.de, Web: www.ra-roecken.de Agenda „Besondere“ Haftungsfallen des Vorstandes • Allgemeine Einführung • Registerrechtliche Verpflichtungen, § 79 BGB • Wer ist gefährdet? • Erhaltene Zahlungen ohne Satzungsgrundlage • § 31 BGB • Überschreiten der Vertretungsmacht, § 179 BGB • Das Deliktsrecht • „Insolvenzverschleppung“, § 42 Abs. 2 Satz 2 BGB • Sonstige Haftungsnormen • Haftungsvermeidung Haftung des Vereins Einführung Auch wenn Vereine „nur Gutes“ tun und die Der Verein ist eine juristische Person und haftet Vereinsmitglieder und die Vorstände „nur nach § 31 BGB für Schäden, den ein Vertreter ehrenamtlich“ tätig sind, können sowohl der des Vereins verursacht. Verein als auch die Mitglieder des Vorstandes Hintergrund ist, dass ein Verein als juristische haften. Person zu einer natürlichen Person nicht besser Unter Umständen können auch die Mitglieder gestellt werden darf. („Gerechtigkeitserwägung“) des Vereins haften… Kernfrage Gesetzliche Grundlagen Wer kann wofür haften? § 31 Haftung des Vereins für Organe Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den Haftungsbereiche • der Vorstand, • ein Mitglied des Vorstands oder „Deliktische“ Ansprüche • ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter • Verein durch eine in Ausführung der ihm zustehenden • Vorstand Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz • Mitglied verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt. Steuerrechtliche Ansprüche • Verein • Vorstand Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche • Verein • Vorstand bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275 7
Haftung des Vereins => „Notstand“ § 228 BGB: => Zum Schadensersatz verpflichtende Handlung • Wer eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um Eine solche Handlung liegt vor, wenn vorsätzlich oder eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem fahrlässig anderen abzuwenden, • das Leben, der Körper oder die Gesundheit, • handelt nicht widerrechtlich, wenn • die Freiheit, • die Beschädigung oder die Zerstörung zur Abwen- • das Eigentum oder dung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden • ein sonstiges Recht eines anderen nicht außer Verhältnis zu der Gefahr steht. widerrechtlich verletzt wird (§ 823 Abs. 1 BGB) • Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadensersatz verpflichtet. => „Widerrechtlich“ • Es besteht ein Verschuldenserfordernis Der Schädiger muss nicht nur tatbestandsmäßig eine • Grundsätzlich verlangen die Vorschriften des BGB, Haftungsnorm verwirklicht, sondern dies auch objektiv die als Rechtsfolge Schadensersatz gewähren, dass widerrechtlich getan haben. der Schädiger die ihm objektiv zurechenbare Schädi- Daher ist zu prüfen, ob tatsächlich „Unrecht“ vorliegt, gung auch persönlich zu vertreten hat, d. h., ob der Schädiger im Ergebnis gegen die Rechts- • d. h. vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat (§ 276 ordnung verstoßen hat,weshalb dem Geschädigten ein Abs. 2). Ersatzanspruch zusteht, oder ob dieser seine Rechtsbe- • Das Verschuldenserfordernis beschränkt sich nicht einträchtigung entschädigungslos hinzunehmen hat. auf das Deliktsrecht, sondern gilt auch für vertragli- che Schadensersatzansprüche (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2) => „Widerrechtlich“ Hier wird die Lehre vom Erfolgsunrecht vertreten. Vorsatz Eine tatbestandsmäßige Rechtsgutverletzung gem. § 823 wird herkömmlicherweise definiert als BGB ist auch stets rechtswidrig, sofern im Einzelfall kein • das Wissen (sog intellektuelles Element) und Rechtfertigungsgrund vorliegt. • Wollen (sog voluntatives Element) der Tatbestandsver- Unter der Rechtswidrigkeit ist nur eine objektive, nicht wirklichung, i. d. R also des rechtswidrigen Erfolgs. auch eine subjektive, d. h. schuldhafte Widerrechtlichkeit • Vorsätzlich handelt danach, wer einen rechtswidrigen zu verstehen. Erfolg mit Wissen und Willen verwirklicht, • obwohl ihm ein rechtmäßiges Handeln zugemutet => „Widerrechtlich“ werden kann, so dass auch das Bewusstsein der • Im Regelfall ist anzunehmen, dass ein Schädiger Pflichtwidrigkeit oder des Unerlaubten erforderlich ist auch rechtswidrig handelt, wenn er einen delikts- rechtlichen Tatbestand verwirklicht. Fahrlässigkeit • Seine Haftung scheidet jedoch ausnahmsweise aus, • enthält auch intellektuelle und voluntative Elemente, wenn er sich im Einzelfall auf einen anerkannten • sie setzt Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der dro- Rechtfertigungsgrund berufen kann (=Kein Handeln henden Tatbestandsverwirklichung, bei Erfolgstatbe- im Widerspruch zur Rechtsordnung) handelt. ständen auch des Erfolgs, voraus. • Keine erschöpfende Regelung der Rechtfertigungs- • Zwei Arten der Fahrlässigkeit unterschieden werden. gründe im BGB • Bei bewusste Fahrlässigkeit rechnet der Handeln- de mit dem möglichen Eintritt des schädlichen => „Widerrechtlich“ Erfolgs, vertraut aber in fahrlässiger Weise darauf, Rechtfertigungsgründe: dass der Schaden nicht eintreten werde. • Notwehr (§ 227 BGB) • Im Unterschied zum bedingten Vorsatz nimmt • Notstand (§§ 228, 904 BGB) der Handelnde den rechtswidrigen Erfolg nicht • Selbsthilfe (§§ 229 ff., 859 f. BGB) billigend in Kauf. • Einwilligung • Bei unbewusster Fahrlässigkeit erkennt der Han- delnde den möglichen Eintritt des schädlichen => „Notwehr“ Erfolgs nicht, hätte ihn aber bei gehöriger Sorgfalt (1) Eine durch Notwehr gebotene Handlung ist nicht voraussehen und verhindern können. widerrechtlich. • Das fahrlässige Verhalten kann graduell verschieden (2) Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erfor- sein. derlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen • Grobe Fahrlässigkeit Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. • Einfache (leichte, normale, gewöhnliche) Fahrläs- sigkeit 8 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275
Grobe Fahrlässigkeit erkennbare Gefahrenquelle im Rahmen der Zumutbar- ist eine Steigerung der leichten Fahrlässigkeit und nach keit zu beseitigen, insbesondere dann, wenn die Veran- der Rechtsprechung grds. für alle Rechtsgebiete einheit- staltung die nicht nur geringe Wahrscheinlichkeit eines lich zu bestimmen. Unfalls mit der Gefahr nicht unerheblicher Verletzungen Sie liegt vor, mit sich bringt (OLG Nürnberg, Beschl. v. 06.07.2015, 4 • wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders U 804/15) schwerem Maße verletzt wird, • schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen Beweislast nicht angestellt oder beiseite geschoben werden und • Jede Partei muss alle Voraussetzungen einer von ihr • das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall sich in Anspruch genommenen Norm darlegen und ggf. jedem aufgedrängt hätte nachweisen • Hier ist der Geschädigte der Anspruchssteller Beispiel: • Muss alle Elemente des jeweiligen Delikts darlegen • Ein Waldarbeiter mit siebenjähriger Berufserfahrung und ggf. beweisen muss in der Lage sein, die Wucht zu beurteilen, die • Verwirklichung des Tatbestands, was auch den ein Baum mit einem Stammdurchmesser von 0,29 eingetretenen Schaden und die im Einzelfall m und einer Länge von 28,7 m beim Stürzen und erforderliche haftungsbegründende und -ausfül- Aufprall entwickelt. lende Kausalität umfasst. • Auch ohne Kenntnis der Unfallverhütungsvorschrif- • Rechtswidrigkeit wird von der Tatbestandsmäßigkeit ten muss ihm bewusst sein, dass im Fallbereich die- „indiziert“ ses Baums Lebensgefahr für jeden besteht, der sich • Der Schädiger muss Rechtfertigungsgrund oder Ein- darin aufhält. willigung nachweisen. • OLG München, Urt. v. 13.08.1985, 25 U 1696/85 Rechtsfolge: Schadensersatz, § 249 BGB: • (1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Leichte Fahrlässigkeit Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). wäre. Damit sind • (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen • Rechtsvorschriften Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, • Technische Vorschriften so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu • DIN-Normen erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschä- • Vorgaben von Verbänden digung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforder- • Selbst auferlegte Regeln liche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn zu beachten und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Kennen Sie die DIN – Norm 15905 Teil 5? „Vertreter“ des Vereins Sollten Sie aber, wenn Sie eine Feier planen! • § 31 BGB: Der Verein ist für den Schaden verantwort- lich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertre- Einhaltung von DIN Normen ter (…). • Die Rechtsprechung legt den Begriff „des verfas- Die DIN 15905 Teil 5 („Maßnahmen zum Vermeiden einer sungsmäßig berufenen Vertreters“ weit aus. Gehörgefährdung des Publikums durch hohe Schalle- • Der nach § 31 BGB § 31 haftende besondere Vertreter missionen elektroakustischer Beschallungstechnik“) ist (Repräsentant) muss weder Vertretungsmacht haben von einem Veranstalter einer Karnevalsveranstaltung noch muss seine Bestellung eine satzungsmäßige zu beachten. Dieser hat auch durch fortlaufende Mes- Grundlage haben! sungen und Aufzeichnungen der Schallpegel und der • Vorstand des Vereins Lärmdosis sicherzustellen, dass bei der Nutzung der • (§ 26 BGB und „erweiterter Vorstand“) Musikanlage keine gesundheitsschädlichen Frequenzen • Besonderer Vertreter (§ 30 BGB) für die Besucher erreicht werden (AG Meschede, Urteil • Geschäftsführer vom 13.05.2015, 6 C 411/13). • Mitgliederversammlung Besteht jedoch trotz Einhaltung der DIN-Normen die WO DROHT NOCH GEFAHR? naheliegende Möglichkeit, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können, so ist der Verein gehalten, die bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275 9
Weitere Haftungsvorschriften: • Ausreichende Vorstandsmitglieder in der Satzung vor- • Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) sehen! • Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) • Analyse der bestehenden Aufgaben • Zusammenfassung der Aufgaben zu Ressorts § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte • Prüfung, ob vertretungsberechtigte Der Schuldner hat ein Verschulden Vorstandsmitglieder erforderlich sind • seines gesetzlichen Vertreters und • Aufnahme der Ressorts in die Ressortaufteilung in • der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner der Geschäftsordnung Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschul- den. Besondere Haftungsgefahren Beispiel: VORSTAND Der Verein betreibt eine Vereinsgaststätte, welche auch durch Nichtmitglieder besucht wird. In dieser ist ein Registerrecht Kellner beschäftigt, welcher einem Gast einen Teller • Registerrechtliche Verpflichtungen, § 77 BGB Suppe über die Hose schüttet. • Zur Eintragung sind anzumelden: • Änderung des Vorstandes, § 67 BGB § 831 Haftung für den Verrichtungsgehilfen • Satzungsänderungen, § 71 BGB, (1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist • Auflösung des Vereins, § 74 BGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere • Bescheinigung der Mitgliederzahl, § 72 BGB in Ausführung der Verrichtung einem Dritten wider- • Zwangsgeld, § 78 BGB rechtlich zufügt. • Die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäfts- wegen Verletzung der Anmeldepflichten ist nach dem herr bei der Auswahl der bestellten Person (…) die im eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (§§ 78 Abs. 1 BGB, Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn 388 Abs. 2 FamFG) nicht gegenüber dem Verein oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt dessen Vorstand, sondern nur gegenüber der jeweili- entstanden sein würde. gen anmeldepflichtigen Einzelperson zulässig (2) (…) • (Thüringer OLG, Beschl. v. 16.03.2015, 3 W 579/14) • Das Zwangsgeld zur Erzwingung der Eintragung in Beispiel: das Vereinsregister ist den Mitgliedern des Vorstan- Ein Verein, der eine Therapie zur Heilung Drogenabhän- des persönlich anzudrohen und gegen sie festzuset- giger durchführt, haftet in vollem Umfang, wenn sein zen. Therapieleiter die TN aufgefordert hat, ohne Sicherheits- • (LG Lübeck, Beschl. v. 21.10.1983, 7 T 891/83) vorkehrungen eine mehr als 6 m hohe Eiche zu bestei- gen, und ein Teilnehmer sich bei einem Absturz aus Zahlungen an den Vorstand ohne Satzungsgrundlage dieser Höhe verletzt. Haftungsfalle BGB! (OLG Frankfurt, Urt. v. 25.02.93 – 15 U 197/91) § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB Die Mitglieder des Vorstandes sind unentgeltlich tätig. Organisationsmangel Andere Regelung nur durch die Satzung möglich • Liegt vor, wenn für (§ 40 BGB)! • Aufgaben oder Bereiche • Mit selbständiger Entscheidungsverantwortung Zahlungen an den Vorstand ohne Satzungsgrundlage und den daraus resultierenden • Haftungsgefahren bei fehlender Satzungsgrundlage: • Überwachungsbedürfnis kein „besonderer Vertre- • Verlust der Steuerbegünstigung ter“ bestellt ist, • Schadensersatzansprüche • für den ohne Entlastungsmöglichkeit gehaftet • Strafbarkeit werden müsste • Bei tatsächlichen oder rechtlichen Unsicherheiten soll sich die juristische Person nicht durch Handlun- gen eines Mitarbeiters, der keine Organstellung hat, oder eines Dritten entlasten können. 10 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275
Verlust der Steuerbegünstigung • Betragsmäßige Beschränkung? • Ausschluss bestimmter Rechtsgeschäfte? Leistung von satzungswidrigen Gehaltszahlungen an den Vorstandvorsitzenden führt zur Aufhebung eines Freistel- INSOLVENZ, § 42 ABS. 2 SATZ 2 BGB lungsbescheides zur Körperschaft- und Gewerbesteuer • FG Hamburg, Beschluss vom 13. April 2007 – 5 V 152/06 Haftungsgefahren • FG Hamburg, Urteil vom 19. Juni 2008 – 5 K 165/06 • BFH, Beschluss vom 08. August 2001 – I B 40/01 Haftungsgefahr! • AEAO zu § 55 Nr. 24 • Der Insolvenzantrag muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, gestellt werden. • § 42 Abs. 2 S. 2 BGB: „Wird die Stellung des Antrags- Zivilrechtliche Folgen verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden zur Last fällt, den Gläubigern für Eine satzungswidrige Vergütung stellt eine Verletzung den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie der Vorstandspflichten dar haften als Gesamtschuldner“ (BGH, Beschl. v. 03.12.2007, II ZR 22/07), wenn er die Satzungswidrigkeit oder eine Unangemes- Haftungsgefahr! senheit der von ihm in Anspruch genommenen Vergü- • Einfache Fahrlässigkeit ausreichend! tungen kannte oder kennen musste • Maßstab ist die Sorgfalt eines ordentlichen und ge- (BGH, Urt. v. 14.12.1987, II ZR 53/87). wissenhaften Sachwalters. • Fehlendes Interesse oder mangelnde Sachkenntnis lässt die Haftung ebenso wenig entfallen wie eine in- Strafrechtliche Folgen terne Geschäftsverteilung bei einem mehrgliedrigen Vorstand Wenn der Vorstand keinen Anspruch auf Vergütung hat, • Ersatz des „Quotenschadens“ schuldet er seine Vorstandstätigkeit unentgeltlich. Dies gilt auch für einen überobligatorischen Arbeitseinsatz. Haftungsvermeidungsstrategien Die Zahlung auf eine Nichtschuld begründet einen Vermögensschaden in Höhe des jeweils entnommenen Haftungsvermeidung Betrages (LG Lübeck, Urt. v. 05.02.2014, 3 Ns 89/13), • Satzung so dass grundsätzlich eine Strafbarkeit besteht. • Sorgfalt bei Helfern • Schulungen Der von StGB § 266 Abs 1 („Untreue“) vorausgesetzte • Fragen stellen Vermögensnachteil kann in der sich aus dem Rechtsge- schäft ergebenden Gefahr der Aberkennung des steuerli- Satzungsregelungen chen Status der Gemeinnützigkeit liegen. • Satzungsregelungen können sich allenfalls auf den OLG Hamm, Beschluss vom 29. April 1999 – 2 Ws Innenbereich beziehen 71/99 • Ob ein Haftungsausschluss durch die Satzung möglich ist, ist äußerst umstritten • Ggf. drohen gemeinnützigkeitsrechtliche Probleme HANDELN INNERHALB DER – Abstimmung mit dem Finanzamt! VERTRETUNGSBEFUGNISSE – Abstimmung mit dem Registergericht! • Organisationsstrukturen überprüfen Falsus procurator => Welche Aufgaben sind zu erledigen? • § 179 Abs. 1 BGB: => Welche Bereiche müssen abgedeckt sein? • Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, => Reicht die bestehende Organisationsstruktur aus? • sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, • dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder OLG Nürnberg, Beschl. v. 13.11.2015, 12 W 1845/15 zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene Die Haftung des Vorstandes kann durch die Satzung auf die Genehmigung des Vertrags verweigert. „Vorsatz“ beschränkt werden. • Frage: Wozu ist der Vorstand berechtigt? => Haftung des Vorstandes nicht mehr bei einfacher und • Vertretungsbefugnisse aus der Satzung grober Fahrlässigkeit. • Gemeinsame Vertretung? bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275 11
Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 31a BGB Handlungsanweisungen § 31a BGB: „(…) unentgeltlich tätig oder erhalten sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die 840 Euro jährlich Auswahlkriterien nicht übersteigt“ § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB: => Erweiterung auf Vorstandsmitglieder, welche ein höheres Entgelt bekommen Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtun- gen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Satzungsregelungen => GO Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn • Geschäftsordnung für den Vorstand der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden • Vereinsordnung sein würde. • Bedarf einer Satzungsgrundlage • „Der Vorstand kann sich eine Geschäftsordnung •Schulungsangebote nutzen geben“ => Seminare => BDG, Landesverbände • Ressortaufteilung => Interne Schulungen durch => Durch eine Aufteilung der Aufgabenbereiche Vereinsangehörige in einzelne Ressorts entsteht eine Alleinzu- => Knowledge Management ständigkeit des jeweiligen Vorstandsmitgliedes. => Wissen weiter geben Grundsätzlich haftet dann nur dieses Mitglied für Verfehlungen in seinem Bereich • Bei manchen Vereinen ist eine Professionalisierung => Die anderen Vorstandsmitglieder haben dann erforderlich nur noch eine Überwachungspflicht. Sie müssen • Ein rein ehrenamtliches Engagement findet irgend- sich einen Überblick über die anderen Bereiche wann seine Grenze verschaffen und ggf. einschreiten, wenn es dort zu Unregelmäßigkeiten gekommen ist • Wer nicht fragt, bleibt dumm oder riskiert eine Haftung => Anrufungsauskunft, § 42e EStG Was können Sie noch tun? => Verbindliche Auskunft FA, § 89 AO => Statusfeststellungsverfahren, § 7a SGB IV • Haftungsvermeidung http://www.clearingstelle.de/ => Beratung => Auswahlkriterien Helfer prüfen => Wer nicht fragt, bleibt dumm => Professionalisierung 12 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275
HAFTUNG IM KLEINGÄRTNERVEREIN HAFTUNG AUS VEREINSRECHTLICHEN BEZIEHUNGEN RA KLAUS KUHNIGK (Rechtsanwalt und Notar, Berlin) 1. Einführung 3 3.1. Persönliche Haftung der Organmitglieder 2. Haftung im Außenverhältnis 3 bzw. Vereinsrepräsentanten 15 2.1. Haftung des Vereins für seine Vertreter 3.2. Persönliche Haftung von Mitgliedern (Außenhaftung) 3 und sonstigen Personen 16 2.1.1. Haftung für Organpersonen und 4. Haftungserleichterungen 16 besondere Vertreter 4 4.1. Gesetzliche Haftungserleichterung 16 2.1.2. Innenorgane, faktische Vertreter, 4.1.1. § 31a und 31b BGB 16 sonstige Vereinsrepräsentanten 4 4.1.2. Begünstigte Personen nach § 31a BGB 16 2.1.3. Vertretungsregeln der Satzung 5 4.1.3. Begünstigte Personen nach § 31b BGB 16 2.1.4. Haftung für Mitarbeiter, Mitglieder und 4.1.4. Begünstigte Tätigkeiten 17 sonstige Personen 6 4.1.5. Unentgeltlichkeit bzw. Entgeltgrenze 17 2.1.5. Haftung für Organisationsmängel 7 4.1.6. Umfang der Haftungserleichterung 18 2.1.6. Anwendungsbereich 8 4.1.7. Von §§ 31a und 31b BGB abweichende 2.1.7. Haftungszuweisung 8 Satzungsregelungen 19 2.2. Haftungsvoraussetzungen 8 4.2. Haftungsbegrenzung durch Satzung 20 2.2.1. Allgemeines 8 4.3. Haftungsbegrenzung durch Vertrag 20 2.2.2. Vereinsamtliche Tätigkeit 8 4.4. Haftungserleichterung bei Ressortverteilung 22 2.2.3. Verschulden 9 4.5. Haftungserleichterung bei Beschluss 2.2.4. Mitverschulden 10 der Mitgliederversammlung 22 2.3. Haftung der Handelnden 10 4.6. Entlastung des Vorstands 23 2.3.1. Persönliche Haftung der Organmitglieder 10 4.6.1. Reichweite der Entlastung 23 2.3.2. Persönliche Haftung nach 4.6.2. Umfang der Entlastung 23 öffentlich-rechtlichen Vorschriften 11 4.6.3. Verweigerung der Entlastung 24 2.3.3. Persönliche Haftung bei unerlaubten 5. Gesamtschuldnerausgleich 24 Handlungen 13 5.1. Schaden aus rechtsgeschäftlichem Handeln 24 2.3.4. Persönliche Haftung für 5.2. Schaden aus unerlaubter Handlung 24 Organisationsmängel 13 5.3. Wirkung des Gesamtschuldnerausgleichs 24 2.3.5. Schadensverursachende Handlungen 14 5.4. Ausgleich unter den Gesamtschuldnern 25 2.3.6. Haftungsbegrenzung 15 5.4.1. Ausgleich zwischen Verein und den 2.3.7. Persönliche Haftung von Mitgliedern und handelnden Personen 25 sonstigen Personen 15 5.4.2. Ausgleich zwischen den handelnden 3. Haftung im Innenverhältnis Personen 25 (gegenüber dem Verein) 15 6. Versicherungen 26 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275 13
1. EINFÜHRUNG Die aus § 31 BGB resultierende Haftung des Vereins für das Handeln seiner Organe kann durch die Satzung we- Die Teilnahme am Rechtsverkehr ist sowohl für den der ausgeschlossen noch beschränkt werden (§ 40 BGB). Verein als auch für die handelnden Personen nicht ohne Allerdings sind rechtsgeschäftliche Haftungsausschlüs- Risiko. Es ist nie auszuschließen, dass es bei der Tätig- se, die mit einem Vertragspartner vereinbart werden keit für einen Verein zu Schäden kommen kann. müssen, möglich.2 Der Verein wird gemäß § 26 Abs. 1 BGB durch den Eine Ausnahme von dem Grundsatz der alleinigen Haf- Vorstand nach Außen sowohl gerichtlich als auch tung des Vereins wird nur bei einem Rechtsmissbrauch außergerichtlich vertreten (Außenverhältnis). Daneben gemacht. Als Ausnahmetatbestände werden die „Vermö- ist der Vorstand nach § 27 Abs. 3 BGB berechtigt und gensvermischung“ sowie die sittenwidrige Schädigung verpflichtet, die Geschäfte des Vereins zu führen (Innen- (z. B. Selbstbedienung der Mitglieder aus dem zweckge- verhältnis). bundenen Vereinsvermögen) genannt.3 Der Tätigkeit von Vorstandsmitgliedern liegt ein Auf- tragsverhältnis im Sinne der §§ 662 ff. BGB zugrunde. 2.1.1. Haftung für Organpersonen und Jedes Vorstandsmitglied hat daher seine Aufgaben besondere Vertreter höchst persönlich (§ 664 Abs. 1 BGB) wahrzunehmen Vorstandsmitglieder und damit Organpersonen im und darf diese Aufgaben keinem Dritten übertragen – Sinne von § 31 BGB sind nur diejenigen Vorstandsmit- außer der Verein hat eine solche Übertragung ausdrück- glieder, die den Verein nach § 26 BGB vertreten können lich gestattet –. Fehler in der Außenvertretung oder in und deshalb im Vereinsregister eingetragen werden, der nach innen gerichteten Geschäftsführung können wobei mehrere Personen als Einheit behandelt werden sehr schnell zu Schäden führen, die Haftungsfragen (Gesamtvorstand). Auf Mitglieder eines erweiterten aufwerfen. Damit stellt sich die Frage, wer im Ergebnis Vorstands, die keine Vertretungsbefugnis im Sinne von die eintretenden Schäden zu tragen hat. § 26 BGB haben und daher nicht im Vereinsregister eingetragen werden, findet § 31 BGB keine unmittelbare Anwendung.4 2. HAFTUNG IM AUSSENVERHÄLTNIS Der besondere Vertreter nach § 30 BGB gehört zu den 2.1. Haftung des Vereins für seine verfassungsmäßigen Vertretern im Sinne von § 31 BGB. Vertreter (Außenhaftung) Ferner gehört hierzu der Leiter der Mitgliederversamm- Der eingetragene Verein ist als juristische Person selbst lung und zwar unabhängig davon, ob er Vereinsmitglied Träger von Rechten und Pflichten. Dies hat zur Folge, ist oder einem Vereinsorgan angehört. Denn er repräsen- dass allein der Verein tiert den Verein in der Versammlung, so dass der Verein für sein pflichtwidriges Verhalten einzustehen hat.5 • aus Rechtsgeschäften und geschäftsähnlichen Hand- lungen, Die Haftung für das Handeln der Vereinsvertreter • aus deliktischen Handlungen sowie beginnt mit der Annahme des Amtes. Eine Eintragung • aus öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten im Vereinsregister ist nicht erforderlich, da diese nur de- klaratorische Wirkung hat.6 Die Haftung endet mit dem des Vorstands berechtigt und verpflichtet wird (§§ 26, 31 Amtsende, es sei denn die Organtätigkeit bzw. Repräsen- BGB). Für Verbindlichkeiten, die dadurch dem eingetra- tationstätigkeit wird bis zur Bestellung eines Nachfolgers genen Verein erwachsen, haftet nur der Verein mit dem fortgeführt.7 Vereinsvermögen. Vereinsmitglieder trifft aus Rechts- geschäften oder deliktischen Handlungen des Vereins oder aus seinen öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten keine persönliche Haftung.1 1 Stöber/Otto, Handbuch zum Vereinsrecht, recht, 14. Auflage, 2018, Kapitel 2 Rz. 3431 5 12. Auflage 2021, Rz. 725 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3433 2 6 Stöber/Otto a.a.O. Rz. 729 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3618 3 7 BGH, Urteil vom 10.12.2007 – II ZR 239/05 – Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3619 4 Achenbach in Reichert, Handbuch Vereins- und Verbands- 14 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275
2.1.2. Innenorgane, faktische Vertreter, Urlaub oder sonstigen Hinderungsgründen unpraktika- sonstige Vereinsrepräsentanten bel und daher nicht empfehlenswert. Über den Wortlaut von § 31 BGB hinaus erfolgt eine ent- sprechende Haftungszurechnung zulasten des Vereins Die Vertretungsmacht des Vorstands ist nach dem Ge- auch für pflichtwidrige Handlungen von Mitgliedern sog. setz umfassend. Der Umfang der Vertretungsmacht darf Innenorgane (allgemein: Funktionsträger). Zu den Innen- aber gegenüber Dritten durch eine Satzungsbestimmung organen gehören die Mitglieder des erweiterten Vor- eingeschränkt werden (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BGB).13 Eine stands, die keine Vertretungsbefugnis im Sinne von § 26 derartige Einschränkung der Vertretungsmacht wird BGB haben, die Mitglieder der Mitgliederversammlung, in das Vereinsregister eingetragen und damit für den Mitglieder von Beiräten oder sonstiger Ausschüsse.8 Rechtsverkehr ersichtlich (§ 64 BGB). Eintragungsfähige Beschränkungen können insbesondere sein: Ebenso kann der Verein für das schadenstiftende Verhal- • Gesamtvertretungsbefugnis statt ten eines früheren, aber noch im Vereinsregister einge- Einzelvertretungsbefugnis tragenen Vorstandsmitglieds haften.9 • Zustimmungserfordernis zu bestimmten Geschäften (z.B. Grundstücksgeschäfte) durch anderes Vereins- Eine Haftung des Vereins kann außerdem für pflichtwid- organ (z.B. erweiterter Vorstand, Mitgliederversamm- rige Handlungen sog. Vereinsrepräsentanten bestehen. lung) Als Vereinsrepräsentanten werden Personen angese- • Beschränkung auf Höchstbetrag bei allen oder nur hen, die ohne satzungsmäßige Grundlage bedeutsame bestimmten Rechtsgeschäften 14 Aufgaben des Vereins zur selbständigen, eigenverant- • Beschränkung der Vertretungsmacht auf den (ggf. wortlichen Wahrnehmung zugewiesen erhalten haben gemeinnützigen) Zweck der Satzung 15 und damit den Verein juristisch repräsentieren. Hierzu gehören Sachbearbeiter von Großvereinen oder Vor- Hiervon zu unterscheiden ist die uneingeschränkte standsmitglieder untergeordneter Vereine, die für den Vertretungsmacht im Sinne des § 26 BGB in Form einer Verband auftreten dürfen.10 Einzel- oder Gesamtvertretung verbunden mit einer Einschränkung im Innenverhältnis, für Rechtsgeschäfte Dasselbe gilt für Personen, wenn deren Bestellung bestimmter Art Zustimmungserfordernisse oder Höchst- unwirksam ist, diese aber mit Billigung des Vereins für betragsbeschränkungen zu beachten. Diese Beschrän- diesen tätig geworden sind (faktischer Vorstand bzw. kungen können sowohl in der Satzung vorgesehen oder Vertreter).11 durch Beschluss der dazu berufenen Vereinsorgane begründet werden. Derartige Beschränkungen werden Eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht ist für das nicht in das Vereinsregister eingetragen, so dass der Handeln der Vereinsrepräsentanten nicht notwendig.12 Rechtsverkehr auf eine uneingeschränkte Vertretungs- macht vertrauen darf. 2.1.3. Vertretungsregeln der Satzung Verstößt der Vorstand gegen Vertretungsregeln gilt für Die Satzung regelt die Vertretungsregel des Vereins. Es die Haftung folgendes: kann die allgemeine Vertretungsregel gewählt werden, Wird bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts oder bei Abga- wonach der Verein durch die Mehrheit der Vorstands- be einer Willenserklärung gegen eine im Vereinsregister mitglieder vertreten wird, wenn mehrere Personen eingetragene Vertretungsregel verstoßen, haftet der zum Vorstand bestellt wurden. Die Vertretungsregel Verein nicht auf das Erfüllungsinteresse aus derartigen kann aber ebenso vorsehen, dass einzelnen oder allen rechtsgeschäftlichen Erklärungen, weil der Mangel der Vorstandsmitgliedern eine Einzelvertretungsbefugnis Vertretungsmacht aus dem Vereinsregister ersichtlich eingeräumt wird. Umgekehrt, kann die Vertretungsre- ist.16 Allerdings kann der Verein zum Ersatz des Vertrau- gel dahingehend eingeschränkt werden, dass nur alle ensschadens verpflichtet sein.17 Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich handeln dürfen; Begeht das Organmitglied zugleich eine unerlaubte letztere Variante ist allerdings im Falle von Krankheit, Handlung, die auch darin bestehen kann, dass das Or- 8 14 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3434 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3450 9 15 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3436 BGH NJW 2021, 2036 10 16 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3438, 3439 vgl. BGH NJW-RR 2001, 1524; Achenbach a.a.O. Kapitel 2 11 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3435 Rz. 3451 12 17 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3438, 3439 vgl. BGH NJW-RR 2001, 1524; Achenbach a.a.O. Kapitel 2 13 BGH NJW 2021, 2036 Rz. 3451 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275 15
ganmitglied den rechtsgeschäftlichen Partner über den die Erfüllungsgehilfen und damit die Mitarbeiter eines Umfang der Vertretungsmacht arglistig täuscht, haftet Vereins.25 der Verein wegen § 31 BGB. Allerdings kann sich der Verein für das Handeln eines Wird lediglich gegen eine im Vereinsregister einge- Verrichtungsgehilfen nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB ent- tragene Mehrvertretungsregel verstoßen, kommt eine lasten. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verein Haftung des Vereins nach den Grundsätzen der An- bei der Auswahl der bestellten Person sowie bei deren scheins- oder Duldungsvollmacht in Betracht, wenn das Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet rechtsgeschäftliche Handeln im Zusammenhang mit hat.26 Bei gefahrgeneigter Tätigkeit muss sich der Verein einem übertragenen Aufgabenkreis steht.18 im Rahmen der Auswahl von der Geeignetheit der Per- son überzeugen, während bei der Leitung unauffällige und nicht vorhersehbare Kontrollen erforderlich sein 2.1.4. Haftung für Mitarbeiter, Mitglieder können.27 und sonstige Personen Bedient sich eine (natürliche oder juristische) Person Ist zweifelhaft, ob eine Person organschaftlicher Vertre- zur Erfüllung seiner rechtsgeschäftlichen Verpflich- ter im Sinne der §§ 30, 31 BGB eines Vereins ist, kann die tungen weiterer Personen (Hilfspersonen), so hat sich Eigenschaft eines Verrichtungsgehilfen angenommen der Verpflichtete das Verschulden der Hilfspersonen werden.28 in gleichem Umfang zurechnen lassen, wie eigenes Verschulden (§ 278 BGB – Haftung für Erfüllungsgehil- fen). Der Verein haftet deshalb für das von ihm einge- 2.1.5. Haftung für Organisationsmängel schaltete Personal.19 Als Erfüllungsgehilfen gelten in Besteht ein Geschäfts- und Verkehrsbereich, der über erster Linie die Mitarbeiter eines Vereins soweit diese den Vereinsinnenbereich hinausgeht, so besteht für den nicht bereits als Organmitglieder anzusehen sind.20 Es Verein eine Organisationspflicht, diesen selbsteröffne- kann jedoch auch jede andere Person sein, die ein Verein ten Bereich ohne Schädigung Dritter zu führen.29 Der zur Erfüllung einer Verbindlichkeit einsetzt.21 Daher Verein hat die Pflicht, für derartige Aufgabengebiete spielt es keine Rolle, ob der Verein zur Erfüllung seiner entweder ein Vorstandsmitglied, einen besonderen Ver- Verpflichtungen Vereinsmitglieder oder Nichtmitglieder treter oder einen Repräsentanten mit der Überwachung einsetzt.22 und Leitung zu bestellen. 30 Unterlässt der Verein eine derartige Bestellung, haftet er für den Eintritt finanzieller Außerhalb eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnis- Schäden.31 Dasselbe gilt, wenn dem Verein ordnungs- ses hat der Verein für seine eingeschalteten Hilfsperso- widriges Verhalten bekannt wird, aber nichts dagegen nen einzustehen, wenn diese in Ausübung ihrer Tätig- unternimmt. keit einer anderen Person widerrechtlich einen Schaden zufügt (§ 831 BGB – Haftung für Verrichtungsgehilfen). Bei Organisationsmängeln im Vereinsinnenbereich Die Haftung des Vereins tritt – im Gegensatz zur Haf- bestehen keine Ansprüche gegen den Verein, auch nicht tung für einen Erfüllungsgehilfen – ohne Rücksicht auf von Vereinsmitgliedern.32 ein Verschulden der Hilfsperson ein, weil das Gesetz ein Verschulden aufgrund mangelhafter Auswahl der Führen Organisationsmängel im Innen- und Außenbe- Hilfsperson vermutet und dieses Verschulden zur Haf- reich zu finanziellen Schäden des Vereins, kann der Ver- tungsgrundlage macht.23 Als Verrichtungsgehilfe kommt ein aber die handelnden Personen in Haftung nehmen. 33 jede Person in Betracht, denen durch den Verein eine Tätigkeit übertragen worden ist und von den Weisungen des Vereins abhängig ist.24 Hierzu gehören insbesondere 18 27 BGH NJW 1986, 2939; Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3610 28 3451 OLG Hamm VersR 1995, 309; Achenbach a.a.O. Kapitel 2 19 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3599 Rz. 3615 20 29 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3603, 3604 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3497 21 30 BGH NJW 2007, 428 (430) mwN BGH NJW 1996, 1339 (1340 f.); Sauter/Schweyer/Wald- 22 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3603 ner a.a.O. Rz. 291 23 31 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3607 BGHZ 39, 130; Sauter/Schweyer/Waldner a.a.O. Rz. 291b 24 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3608 32 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3502 25 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3611 33 Vgl. Stöber/Otto a.a.O. Rz. 740 26 Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3610 16 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275
2.1.6. Anwendungsbereich 2.2.3. Verschulden Die Haftung des Vereins für die von seinen Organen In der Praxis macht die Feststellung einer Pflichtwidrig- begründeten Verbindlichkeiten trifft nicht nur den im keit des Handelns des Mitglieds einer handelnden Per- Vereinsregister eingetragenen Verein. § 31 BGB findet son in der Regel keine Probleme. Die Pflichtwidrigkeit entsprechende Anwendung für nicht im Vereinsregister wiederum indiziert die Rechtswidrigkeit des Handelns. eingetragene Vereine (nichtrechtsfähige Vereine, § 54 Ferner machen die Feststellung eines Schadens sowie BGB).34 der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtwidrig- keit und Feststellung des eingetretenen Schadens in der Regel keine Probleme. 2.1.7. Haftungszuweisung Die in § 31 BGB enthaltene Regelung beinhaltet keine Die rechtlichen Auseinandersetzungen vollziehen sich Haftungsbegründung. Vielmehr regelt diese Vorschrift daher häufig auf der Ebene des Verschuldens. lediglich die Zuweisung einer Haftung an den Verein. Die Haftungsbegründung vollzieht sich also außerhalb dieser Vorschrift und zwar in der Regel durch 2.2.3.1. Allgemeine Grundsätze • privatrechtliches Handeln (z. B. durch Verträge), Grundsätzlich gilt für Mitglieder eines Vorstandes bzw. • schadensbegründende Handlungen (z.B. Verletzung der allgemeine Verschuldensmaßstab des § 276 BGB. der Verkehrssicherungspflicht), Danach besteht eine Haftung, wenn die Pflichtwidrigkeit • öffentlich-rechtliche Verpflichtungen (z.B. Steuern, auf vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln beruht, wo- Sozialversicherungsbeiträge, Gebühren und Abga- bei auch leichte Fahrlässigkeit genügt. Als Fahrlässigkeit ben). wird dabei das „Außerachtlassen der im Verkehr allge- mein zu beachtenden Sorgfalt“ angesehen. 2.2. Haftungsvoraussetzungen Die Unterscheidung zwischen einfacher und grober Fahrlässigkeit bringt bei gerichtlichen Auseinanderset- 2.2.1. Allgemeines zungen viele Unsicherheiten, da der Sorgfaltsmaßstab Voraussetzung für eine Haftung ist der Eintritt einer von den Gerichten objektiv bestimmt wird und die Um- Pflichtverletzung, die Rechtswidrigkeit des Handelns, stände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. das Verschulden hinsichtlich der Verletzungshand- lung sowie der Eintritt eines Schadens. Dabei muss In der Vergangenheit wurde eine Haftungseinschrän- die Pflichtverletzung ursächlich für den eingetretenen kung von der Rechtsprechung auch ohne besondere Schaden sein. Diese Voraussetzungen werden in Bezug Satzungsregelung lediglich in den Fällen der Ehrenamt- auf die handelnde Person geprüft. lichkeit angenommen, wenn ein Mitglied des Vereins handelte. Ob diese Privilegierung auch für das Handeln 2.2.2. Vereinsamtliche Tätigkeit von Vereinsvorständen gegriffen hätte, blieb ungeklärt, Die schadensverursachende Handlung muss „in Aus- da höchstrichterliche Entscheidungen hierzu nicht führung der ihm zustehenden Verrichtungen“ begangen ergangen waren. worden sein. Die Handlung muss also in Ausübung des Amtes bzw. bei einer Tätigkeit, die für den Verein erfolgt ist, begangen worden sein.35 2.2.3.2. Persönliches Verschulden Ein Organmitglied bzw. ein Repräsentant des Vereins Es muss ein innerer Zusammenhang zwischen der zur kann sich nicht damit entlasten, dass er mit dem Amt Haftung führenden Tätigkeit und der im allgemeinen bzw. mit der übertragenen Aufgabe überfordert gewesen Rahmen übertragenen Obliegenheiten erkennbar blei- ist.37 In derartigen Fällen wird verlangt, dass sich das ben. Die Zurechnung scheidet aus, wenn der Vertreter Organmitglied zeitnah fachkundigen Rat einholt.38 nach dem Gesamtbild der Umstände nur „bei Gelegen- heit“ der ihm zustehenden Verrichtungen gehandelt Umgekehrt kann die Inanspruchnahme eines ausrei- hat.36 chend befähigten unabhängigen Beraters den Handeln- den entlasten, wenn dem Berater Zugang zu allen rele- 34 BGH, Urteil vom 06.10.1964 – VI ZR 176/63 – 37 Stöber/Otto a.a.O. Rz. 746 m.w.N. 35 BGH NJW 1952, 537; Stöber/Otto a.a.O. Rz. 735; 38 vgl. BGH MDR 2012 786 (für einen GmbH-Geschäftsfüh- Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3442 rer); Stöber/Otto a.a.O. Rz. 746 36 BGH NJW 1986, 2941 17 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – grüne schriftenreihe 272 17
vanten Informationen gewährt wurde und das handelnde • Mitteilungspflichten gegenüber den Finanzbehörden. Organmitglied das Ergebnis auf Plausibilität geprüft hat. • Abgabe von Steuererklärungen In derartigen Fällen kann ein unverschuldeter Rechtsirr- • An- und Abmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialver- tum vorliegen, der eine Haftung entfallen lässt.39 sicherung (§ 28 SGB IV) • Ordnungsgemäße Abführung des Gesamtsozialversi- Bei kleineren Vereinen oder einer im Wesentlichen cherungsbeitrages (§ 28e Abs. 1 SGB IV) ehrenamtlich organisierten Vereinstätigkeit werden an • Abführung der Lohnsteuer die Entscheidung, wann ein externer Berater hinzuzu- • Zahlung von gesetzlichen oder tariflichen Mindest- ziehen ist und wie dessen Ergebnisse nachvollzogen löhnen (AEntG) werden, keine zu hohen Anforderungen gestellt. Aller- • Einhaltung der Vorgaben des Bundesdatenschutzge- dings handelt es sich hierbei um Einzelfallfragen, die setzes unter anderem auch davon abhängig sein können, ob ein Vorstandsmitglied über Spezialkenntnisse verfügt, die Bestehen zwischen dem Verein und dem Vorstand keine für sein Tätigkeitsgebiet im Verein von Bedeutung sind. Dienstverträge (Regelfall bei ehrenamtlich tätigen Vor- Daher ist es durchaus denkbar, dass in Bezug auf die standsmitgliedern) richtet sich das Rechtsverhältnis nach handelnden Organmitglieder unterschiedliche Sorgfalts- Auftragsrecht (§§ 662 ff. BGB). pflichten zugrunde gelegt werden können.40 Erfüllen die für den Verein handelnden Personen die ihnen übertragenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß 2.2.4. Mitverschulden und entstehen im Außenverhältnis hieraus finanzielle Trifft den Geschädigten ein Mitverschulden, so kann die Schäden, kann dies in einzelnen Rechtsbereichen zu Haftung des Vereins gemindert oder sogar ausgeschlos- einer persönlichen Haftung führen. sen sein (§ 254 BGB). Dies ist regelmäßig gegeben, wenn der Geschädigte eine Einsicht in das Vereinsregister Missachtet ein Organmitglied die im Vereinsregister unterlassen hat und deshalb die mangelnde Vertretungs- eingetragene Einschränkung seiner Vertretungsmacht, macht des handelnden Vorstandsmitglieds übersehen haftet dieses Organmitglied dem rechtsgeschäftlichen hat.41 Partner als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach § 179 Abs. 1 oder 2 BGB.42 Wird die Vertretungsmacht des Vor- stands durch die Satzung auf deren Zweck beschränkt, 2.3. Haftung der Handelnden trägt der Vorstand das Risiko einer Fehleinschätzung (ggf. auch zur Gemeinnützigkeit).43 2.3.1. Persönliche Haftung der Organmitglieder Der Vorstand ist zur Geschäftsführung berechtigt und 2.3.2. Persönliche Haftung nach verpflichtet (§ 27 BGB). Von der Geschäftsführung um- fasst sind insbesondere folgende Aufgaben: öffentlich-rechtlichen Vorschriften • Verwaltung der Mitglieder • Verwaltung und Erhaltung des Vereinsvermögens 2.3.2.1.Steuerrechtliche Haftung • Durchsetzung der Rechte des Vereins Der gesetzliche Vertreter eines Vereins, also der Vorstand • Sicherstellung, dass der Verein seine Rechtspflichten nach § 26 BGB haftet nach den §§ 69, 34 AO, wenn ordnungsgemäß erfüllt, insbesondere gesetzliche er die steuerlichen Verpflichtungen des Vereins nicht und satzungsmäßige Pflichten ordnungsgemäß erfüllt. Dies gilt insbesondere bei der • Organisationspflicht für Geschäfts- und Verkehrs- Verletzung von bereiche des Vereins • Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten (§§ 135 ff. • Abschluss und Kündigung von Verträgen AO), • Auswahl, Einstellung und Kündigung von Personal • Steuererklärungspflichten (§§ 149 ff. AO), • Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sowie • der Pflicht zur Einbehaltung und Abführung der die Rechnungslegung Lohnsteuer, vgl. BGH MDR 2012 171 (für Aufsichtsrat einer AG; BGH 39 vgl. BGH NJW-RR 2001, 1524; Achenbach a.a.O. Kapitel 2 42 MDR 2015 780); Stöber/Otto a.a.O. Rz. 747 Rz. 3451 40 vgl. Stöber/Otto a.a.O. Rz. 747 Uffmann, Statuarische Vertretungsbegrenzung bei Stif- 43 Vgl. Achenbach a.a.O. Kapitel 2 Rz. 3467 41 tungs- und Vereinsvorständen, NJW 2021, 3085 (3086) 18 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275
• der Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmel- werden.46 Eine derartige Ressortverteilung ist von der dungen, Finanzverwaltung bei der Frage zu berücksichtigen, wel- • Berichtigungspflichten (§ 153 AO). ches Organmitglied nach § 69 AO in Anspruch genom- men werden soll und vermindert damit die Haftungsge- Dabei besteht die Pflicht der Vorstandsmitglieder dafür fahr der übrigen Organmitglieder.47 zur sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO). Eine Wird die Einhaltung steuerrechtlicher Vorschriften Steuerhinterziehung im strafrechtlichen Sinne oder eine einem Vorstandsmitglied übertragen, treffen die übrigen persönliche Bereicherung durch das handelnde Organ- Organmitglieder nur noch Überwachungspflichten, so mitglied ist für die Pflichtverletzung nicht erforderlich.44 dass sie sich um die Einhaltung der steuerrechtlichen Vorschriften nur dann kümmern müssen, wenn Anhalts- Wer Beihilfe zur Straftat einer Steuerhinterziehung punkte vorliegen, dass die Erfüllung der steuerrechtli- leistet, haftet nach § 71 AO dem Verein zivilrechtlich für chen Pflichten durch das zuständige Vorstandsmitglied einen eingetretenen Schaden, so dass auch Vereinsmit- nicht mehr gewährleistet ist.48 glieder und Nichtmitglieder haften können. Stellt ein neu bestellter Vorstand fest, dass der alte Vor- Ein Vorstandsmitglied haftet persönlich, wenn infolge stand eine unrichtige oder pflichtwidrig keine Steuerer- vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung An- klärung abgegeben hat, so muss der neue Vorstand un- sprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht verzüglich die Pflichtwidrigkeit dem Finanzamt gemäß rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Die Pflichtver- § 153 AO anzeigen, anderenfalls haftet der neue Vorstand letzung indiziert bei einem Vorstand eine grobe Fahrläs- persönlich für die verkürzten Steuerbeträge. sigkeit und zwar auch dann, wenn er ehrenamtlich tätig ist.45 Die Erfüllung von steuerlichen Pflichten ist damit Eine ähnliche Haftung trifft den Vorstand beim Spen- auch einem ehrenamtlich Tätigen, der nicht steuer- denabzug nach § 10b Abs. 4 EStG. Erteilt der Vorstand lich bewandert ist, zumutbar und grundsätzlich auch unrichtige Zuwendungsbestätigungen, führt dies dazu, möglich. Dies bedeutet nicht, dass er alle steuerlichen dass die Spende nicht zu dem in der Zuwendungsbestä- Pflichten selbst erfüllen muss, da er sich der Hilfe eines tigung genannten steuerbegünstigten Zwecken verwen- Steuerberaters bedienen kann. Eine Pflichtverletzung det wird. Die Vorstandsmitglieder, die an der Ausstellung liegt jedoch dann nicht vor, wenn die Mittel des Vereins unrichtiger Zuwendungsbestätigungen mitgewirkt nicht ausreichen, um Steuerschulden zu begleichen. haben, haften dann für den eingetretenen Steuerausfall. Stehen nicht ausreichende Mittel zur Begleichung aller Schulden zur Verfügung, hat der gesetzliche Vertreter 2.3.2.2. Sozialversicherungsrechtliche Haftung grundsätzlich die Pflicht, alle Gläubiger gleich zu behan- Werden im Verein Arbeitnehmer beschäftigt, haftet der deln. Vorstand für nicht abgeführte Sozialversicherungsbei- träge gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den §§ Bedient sich der Verein eines Steuerberaters, wird 266a, 14 StGB. Nach dem Gesetz ist damit mindestens dessen Verschulden zwar grundsätzlich dem Verein wie bedingter Vorsatz erforderlich. eigenes Verschulden zugerechnet, nicht jedoch dem Vor- stand selbst. Den Vorstand trifft nur dann eine Pflicht- Eine interne Ressortverteilung kann eine zivilrechtliche verletzung, wenn er den Steuerberater nicht sorgfältig Inanspruchnahme der übrigen Vorstandsmitglieder ein- ausgewählt und die inhaltliche Richtigkeit der von dem schränken, sofern diese ihren Überwachungspflichten Steuerberater gefertigten Steuererklärungen nicht aus- nachgekommen sind. Andernfalls bleibt die gemeinsame reichend geprüft hat. Die Einschaltung eines Steuerbera- Haftung aller Vorstandsmitglieder für nicht abgeführte ters führt daher zur Begrenzung des Haftungsrisikos der Sozialversicherungsbeiträge bestehen.49 Vorstandsmitglieder. Die steuerrechtliche Haftung eines Organmitglieds Die Sozialversicherungsbeiträge sind in dem Monat kann durch eine interne Ressortverteilung beschränkt abzuführen, in dem sie entstanden sind. Die Verpflich- 44 Stöber/Otto a.a.O. Rz. 774 Eine derartige „strenge Ressortverteilung“ birgt die Gefahr, 47 45 BFH NJW-RR 2003, 1117 keine Kandidaten mehr zu finden, die ein derartiges Risiko 46 BFH NJW 1998, 3373 (3375); Stöber/Otto a.a.O. Rz. 775 allein tragen wollen (vgl. Stöber/Otto a.a.O. Rz. 775) BGH NJW 1997, 130 (132); Stöber/Otto a.a.O. Rz. 775 48 49 Stöber/Otto a.a.O. Rz. 775 bundesverband deutscher gartenfreunde e. v. – Grüne Schriftenreihe 275 19
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