Datareport - 3-D ist das neue Real Augmented & Virtual Reality - Dataport
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Datareport 2 2018 Augmented & Virtual Reality 3-D ist das neue Real Blockchain Mehr Ideologie als Technologie | 7 Digitale Speicherstadt Ackern wie anno dazumal | 14 Fünf Jahre Entgeltordnung Erfolgreicher Technik-Tarif | 22 1
Inhalt 12 Stadtplanung in Hamburg, Lon- don, Rom: Bürger entscheiden mit. Joachim Rix entschärft dabei mit 3-D-Modellen negative Emotionen. Dokumente zum Amt bringen? Nein. On- line muss sein, beim Anliegen helfen und Spaß machen. Johann Bizer zum Status Quo der digitalen Verwaltung. 18 In Kürze 4 Verwaltung 5 Wirtschaft 6 Dataport Auskommentiert 7 BLOCKCHAIN Mehr Ideologie als Technologie Titel 8 ERWEITERTE REALITÄT Die Zukunft steht schon vor der Tür 12 BÜRGERBETEILIGUNG Und dann kommt der Aha-Effekt 14 TECHNIK ALS NEUES SINNESORGAN Brille auf und eintauchen Modern verwalten 16 CHIEF DIGITAL OFFICER IN HAMBURG „Digitalisierung fordert ein Um- 30 parken im Kopf“ Falschmeldungen im Netz füh- ren in die Irre, dahinter steckt meist Absicht. Wir verraten, was Sie tun können, um Fake News zu entlarven. 2
Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, QR-Codes sind tot, Augmented und Virtual Reality sind „in“? Nicht ganz, denn ob ich ein Hilfsmittel einsetze, hängt ganz davon ab, wie nützlich es mir erscheint. Wer schon einmal eine VR-Brille auf der Nase hatte, wird allerdings bestätigen: Das Schöne ist, dass durch sie Virtuelles nahezu real erscheint. Das Gehirn weiß, dass es von außen stimuliert wird, der Mensch taucht dennoch tief ein in das künstlich 18 DIGITALE VERWALTUNG erzeugte Erlebnis. Und sie bewegt sich doch Diesen Effekt machen sich Unternehmen schon jetzt 20 STATUS QUO ONLINE-VERWALTUNG zunutze. Die Musik-App Shazam bietet Werbetrei- Digital? Schon normal. benden an, ihre Produkte via Augmented Reality zu präsentieren. Porsche stellt potenziellen Käufern virtuell neue Automodelle vor. Die App des Mö- Unternehmen belherstellers Ikea projiziert Katalogobjekte in die 22 5 JAHRE ENTGELTORDNUNG Wohnung. Attraktive Tarife für Fachkräfte Die Visualisierung von Daten hat allerdings auch 24 PROJEKTMANAGEMENT gravierende Auswirkungen auf die moderne Ar- Keine Angst vor der Sackgasse beitswelt. Mithilfe von Augmented Reality führen ungelernte Hilfskräfte Wartungsarbeiten in Wind- 26 DESIGN THINKING parks aus. 3-D-Visualisierungen unterstützen zudem Gemeinsam um die Ecke denken bei Bürgerentscheiden die Vorstellungskraft aller Beteiligten. Und öffentlich finanzierte Kulturprojek- 28 UX/UI-DESIGNER BEI DATAPORT te nutzen Virtual Reality, um Geschichte hautnah Das „Look and Feel“ ist entschei- zu vermitteln. dend Uns in der Redaktion hat es fasziniert, diese Szena- rien für Visualisierung in 3-D zu erkunden. Es muss Querbeet nicht gleich die VR-Brille sein, Augmented Reality 30 FALSCHMELDUNGEN IM NETZ lässt sich leicht über mobile Endgeräte einsetzen. So entlarven Sie Fake News Ein Gedanke lässt uns nicht mehr los: Diese Tech- nologien können offensichtlich auch Verwaltungs- prozesse vereinfachen – zum Beispiel in Kranken- häusern, bei Energieversorgern oder Städteplanern. Sehen Sie weitere Szenarien für die Verwaltung? Dann schreiben Sie uns. Ihre Britta Heinrich (Leiterin Öffentlichkeitsarbeit) britta.heinrich@dataport.de 3
In Kürze Verwaltung Bund hilft Städten auf dem Weg zum „smart“ Das Bundesinnenministerium (BMI) will Modellprojekte zu Smart Cities weiterhin besonders fördern. Smart Cities steht für Städte, die digitale Technologien und Da- ten, die im urbanen Raum entstehen, für Gestaltung und Entwicklung nutzen. Helfen soll dabei eine Dialogplattform, auf der sich rund 70 Experten aus Bund, Ländern und Kommunen, den Kommunalen Spitzenverbänden, Wissenschaft, Wirtschaft, Sozialverbänden sowie der Zivilgesellschaft engagieren. Sie wol- len vor allem eine gesellschaftspolitische Debatte führen und konkrete Ant- worten auf offene Fragen finden. Die Dialogplattform Smart Cities wurde vom Bundesbauministerium gegründet, die Zuständigkeit ist nun in das um den Bereich „Bau“ erweiterte BMI gewechselt. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Beteiligten eine „Smart City Charta“ entwickelt. Ein Forschungscluster soll dabei helfen, die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Stadtent- wicklung in voller Tragweite zu verstehen. Kommunen sehen Digitali- Kommunen sollen nicht mit sierung mit Fragezeichen ihren Daten handeln Laut einer Umfrage des Deutschen Städte- und Ge- Der Vorschlag des Deutschen Städte- und Gemein- meindebunds (DStGB) fühlen sich 51 Prozent der debunds (DStGB), Kommunen sollten durch den Kommunen nicht ausreichend auf die Digitalisie- Verkauf ihrer Daten ihre Kassen auffüllen, hat rung vorbereitet. 34 Prozent bewerten ihren Digi- Protest hervorgerufen. Datenschützer, der Deut- talisierungsstand als schlecht oder sehr schlecht, sche Städtetag (DST) oder Vertreter von Open zehn Prozent als gut. Sechs Prozent haben laut der Data-Projekten rügten den DStGB. Kommunaler Umfrage – die nicht repräsentativ ist – mit der Um- Datenhandel stehe dem Vertrauen entgegen, das setzung einer Strategie zur Digitalisierung begon- Bürger in ihre Verwaltung setzen. Selbst anony- nen. Nahezu die Hälfte hat bisher noch gar keine misierte Daten könnten noch so verknüpft werden, Strategie. Den größten Handlungsbedarf sehen die dass Rückschlüsse auf Personen möglich seien. Die Kommunen beim Breitbandausbau (47 Prozent) Kommunen sollten hingegen ihrer Pflicht nach- und beim Personal (36 Prozent). 75 Prozent schät- kommen, Bürgern und Unternehmen allgemeine zen den Finanzierungsbedarf als hoch ein. An der kommunale Daten wie Statistiken oder Geodaten Umfrage „Zukunftsradar Digitale Kommune“ nah- für Projekte zur Verfügung zu stellen (Open Data). men 450 Städte und Gemeinden teil. Initiatoren Die Bereitstellung von Daten sehen die Kritiker als sind der DStGB und das Institut für Innovation Treiber für Verwaltungsmodernisierung und wirt- und Technik. schaftliche Entwicklung. EU will Zugang zu öffentlichen Daten verbessern Die EU-Kommission will Daten aus dem öffentlichen Sektor bes- ser verfügbar machen: Die Potenziale von Künstlicher Intelligenz und Hochleistungsrechnern sollen so voll ausgeschöpft werden. Die datengesteuerte Innovation sei eine wichtige Grundlage für das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Union. Ein starker digi- taler Binnenmarkt soll die Gesundheitsversorgung und die Bildung verbessern, Verkehrsnetze optimieren und zu Energieeinsparungen führen. Der Maßnahmenkatalog erleichtert unter anderem die Ver- wendung von Forschungsdaten, schreibt offene Schnittstellen in Software vor und verpflichtet die EU-Staaten zu einer Politik des offenen Zugangs zu Daten. Außerdem soll die gemeinsame Daten- nutzung von Behörden und Unternehmen erleichtert werden. 4
In Kürze Wirtschaft Mittelstand fehlt das Per- Studie: Dateneigentum soll sonal für Digitalisierung Bürgerrecht werden Zwanzig Prozent der deutschen Mittelständler Die Konrad-Adenauer-Stiftung schlägt in einer fehlt Personal, um in die Digitalisierung ihres Studie vor, Dateneigentum zum Bürgerrecht zu Geschäfts zu investieren (2017: 13 Prozent). 15 machen. Die Herausgeber fordern die Politik auf, Prozent mangelt es nach eigener Einschätzung an den Zugriff der Wirtschaft auf Daten stärker über Wissen über die Digitalisierung, 13 Prozent sehen die Gesetzgebung zu regulieren. Die Studie „Re- sich finanziell eingeschränkt. Das sind Ergebnis- präsentatives Dateneigentum“ enthält zudem den se der repräsentativen Studie „Digitalisierung im Vorschlag, eine unabhängige Datenagentur ein- deutschen Mittelstand“ der Unternehmensbera- zurichten, die über den Zugang zu digitalen Bür- tung Ernst & Young. Die Berater schlussfolgern: gerdaten entscheidet. Die Agentur solle aus einem Kleinere Unternehmen verlieren schnell den An- Gremium bestehen, das sich für die Wahrung von schluss an die Wettbewerber, sie müssen sich mit Bürgerrechten einsetze und sich zugleich auf das ihrer Personalpolitik an den herrschenden Fach- volkswirtschaftliche Potenzial von Daten fokus- kräftemangel anpassen. Immerhin: Knapp jedes siere. Auf diese Weise würde Rechtssicherheit für dritte Unternehmen (31 Prozent) hat bereits in sei- Unternehmen im Umgang mit personenbezogenen ner Geschäftsführung einen Chief Digital Officer. Daten geschaffen. Energiebranche fürchtet Cyberattacken 76 Prozent der Energieversorger sehen Unterbre- chungen im Betriebsablauf als gravierendste Folge von Cyberangriffen an. Dies ergab eine Umfrage des Software-Unternehmens Microsoft und des Risikoberaters Marsh & McLennan. Befragt wur- den weltweit 1.300 Manager aus Branchen wie Informationstechnik, Risikomanagement, Finan- zen, Recht. 59 Prozent sehen eine Beschädigung ihrer Reputation als größtes Problem, 55 Prozent befürchten den Diebstahl von Kundendaten, 49 Prozent haben Angst vor einer beschädigten Soft- ware-Architektur. 26 Prozent geben zu, im Verlauf des Vorjahrs Opfer von Cyberattacken gewesen zu sein. 77 Prozent haben vor, künftig verstärkt in ihre IT-Sicherheit zu investieren. Studie: Das Smartphone gehört zum Alltag Wie definieren Onliner die „Digitalisierung im Alltag“? Laut einer Um- frage verstehen 23 Prozent darunter die zunehmende Nutzung von digitalen Geräten im alltäglichen Leben. Für 20 Prozent bedeutet Di- gitalisierung die allmähliche Vernetzung von Geräten („Internet of Things“). 14 Prozent assoziieren damit, dass sie immer häufiger all- tägliche Handlungen mit dem Smartphone erledigen, zum Beispiel den Kauf von Fahrkarten. Das sind Ergebnisse der Studie „Digitale Nutzung in Deutschland 2018“ des Bundesverbands Digitale Wirt- schaft (BVDW). Die Studie untersucht nicht nur das Verständnis des Digitalisierungsbegriffes, sondern stellt auch mögliche Trends zur künftigen Mediennutzung vor. Befragt wurden Onliner im Alter von 14 bis 69 Jahren. 5
In Kürze Dataport Nucleus im Kanzleramt Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im April den „Nucleus- Koffer“ für digitale Experimente kennengelernt. Hinter Nu- cleus steht das Projekt „Digitalisierung macht Schule“ von Capgemini, Dataport und Microsoft. Anlässlich des Girls' Day präsentierte Capgemini Schülerinnen den Koffer im Bundeskanzleramt. Er enthält einen Minicomputer, eine IP- Kamera und Sensoren. Mit den Sensoren erfassen Schüler Temperatur, Bewegung, Licht und Strom. Die Daten laden sie in eine von Microsoft und Dataport bereitgestellte Cloud. Dort werden sie über ein von Capgemini entwickeltes Portal ausgewertet und mit anderen Schulen geteilt. Am Girls' Day er- halten Schülerinnen Einblicke in technische und naturwissen- schaftliche Berufe. Sie sollen motiviert werden, Berufe zu ergrei- fen, in denen Frauen bisher schwach vertreten sind. Angela Merkel lädt jedes Jahr einen Tag vor dem Girls' Day Schülerinnen ins Bundes- kanzleramt ein. Per App zu Geburtsurkun- Dithmarschen stellt auf die de und Kindergeld E-Akte um Geburtsurkunde oder Kindergeld ohne kompli- Der Landkreis Dithmarschen führt mit Dataport zierte Anträge: Das Bremer Projekt „Einfach Leis- die E-Akte ein. Die Einführung erfolgt schritt- tungen für Eltern“ (ELFE) soll Behördenangele- weise nach einzelnen Fachgebieten. So wird zu- genheiten für Eltern nach der Geburt ihres Kindes nächst der Bereich Ausländerwesen umgestellt. einfacher machen. Das Ziel: Die Beantragung von Dataport passt dafür die technische Infrastruktur Geburtsurkunde, Eltern- und Kindergeld soll per an die neue E-Akte an und managt die Software- App möglich sein. Eltern bräuchten dann den Be- Verteilung. Im Schnitt dauert die Einführung hörden notwendige Dokumente wie zum Beispiel der elektronischen Akte zu einer kommunalen ihre Geburtsurkunden nicht mehr extra liefern. Fachaufgabe nur acht bis zwölf Wochen – je nach Denn Standesamt, Meldeamt, Elterngeld-, Kinder- Komplexität des dahinterliegenden Prozesses. geldstelle und Steuerbehörde tauschen die für die Insgesamt wird der Umstellungsprozess mehre- jeweilige Leistung notwendigen Daten unterein- re Jahre in Anspruch nehmen. Die elektronische ander aus. Das erspart den Eltern mehrere Behör- Aktenführung ist eine der Voraussetzungen, um dengänge. Auch die Ämter sparen Arbeit und Zeit. Verwaltungen bereit zu machen für durchgängig ELFE ist ein Projekt des Senats der Freien Hanse- digitale Prozesse und Workflows sowie Online- stadt Bremen und des IT-Planungsrates. Dataport Bürgerservices. Dataport betreibt seit 2013 die In- hat die App mitentwickelt. formationstechnik des Kreises Dithmarschen. Dataport gehört zu den besten Ausbildungsbetrieben Zum dritten Mal in Folge zählt Dataport zu Deutschlands besten Ausbildungsbetrieben. Laut einer bundesweiten Studie von Focus Money bietet das Unternehmen sehr gute Bedingungen für Nach- wuchskräfte. In der Kategorie „IT- und Kommunikationsdienst- leister“ erreichte Dataport den elften Platz. Bewertet wurden unter anderem Faktoren wie Ausbildungserfolg, Vergütung oder speziel- le Förderprogramme. Insgesamt wurden 20.000 Unternehmen aus mehr als 90 Branchen bewertet. Dataport bildet in zwölf verschiede- nen Studien- und Ausbildungsgängen aus. 6
Auskommentiert Blockchain Mehr Ideologie als Technologie Die Blockchain wird derzeit überall als neue Wundertechnologie gepriesen. Doch was steckt dahinter? Die Idee ist, Datensätze statt in einer Datenbank auf den Computern aller Nutzer der Blockchain parallel zu speichern und kryptografisch zu verifizieren. So vermeidet man zentrale Datenhaltung, und diese Dezentralität soll die Datenherrschaft der Tech-Konzerne brechen. Doch trotz des nunmehr Jahre anhaltenden Versprechens, dass Blockchains die Welt verändern werden, sieht man bis heute neben Bitcoin und anderen Kryptowährungen keine einzige populäre Anwendung. Kein Block- chain-Facebook, kein Blockchain-Uber und kein Blockchain-Google haben bislang Michael Seemann ist ihren Counterpart herausgefordert. Warum ist das so? Die Antwort: Hinter Block- Netzexperte und Autor, chain steckt mehr Ideologie als Technologie. offline wie online. Zu netzpolitischen Themen bloggt er unter anderem Eines der ältesten Probleme der Sozialwissenschaft ist die Frage, wie Vertrauen auf http://mspr0.de/. zwischen Unbekannten hergestellt werden kann. Gesellschaft funktioniert erst, Im Blog CTRL Verlust (http://www.ctrl-verlust. wenn dieses Problem hinreichend gelöst ist. Die moderne Gesellschaft sieht vor, net/) schreibt er seit 2005 Institutionen zu etablieren, die als vertrauensvoller Dritter Interaktionen absichern. über den Kontrollverlust der Daten im Internet. Denken wir an Banken, das Rechtssystem, Parteien oder Medien. Institutionen bün- deln Vertrauen und sichern soziale Handlungen zwischen Unbekannten ab. Wer an Blockchain glaubt, wettet gegen das Vertrauen in Institutionen. Institutionen erlangen allerdings durch ihre zentrale Rolle gesellschaftliche Macht, welche Anhängern einer bestimmten Ideologie schon immer ein Dorn im Auge war: den Libertären. Sie glauben zum Beispiel, dass es keinen Staat geben solle, der sich in die Angelegenheiten der Menschen einmischt. Genauso kritisch sind sie gegen- über Banken, und diese aus der Gleichung zu streichen, ist der Grundgedanke, der hinter Bitcoin steht. Wenn man also in Blockchain investiert, macht man eine Wette gegen das Vertrauen in die Institutionen. Und das ist auch der Grund, warum diese Wette noch nie gewonnen wurde. Rein technisch kann eine Blockchain dasselbe, was jede handelsübliche Datenbank schon lange kann. Der einzige Vorteil ist das Fehlen einer zentralen Instanz. Doch das kostet. Statt einer Datenbank braucht es Millionen; statt eine Transaktion ein- mal aufzuschreiben, muss sie Millionen Mal aufgeschrieben werden. Wenn man also die libertäre Grundannahme, dass die Menschen den Institutionen misstrauen sollen, nicht teilt, dann ist die Blockchain nur die ineffizienteste Daten- bank der Welt. // Michael Seemann 7
Titel Erweiterte Realität Die Zukunft steht schon vor der Tür Ungelernte erledigen mithilfe von Augmented Reality ferngesteuert die Arbeit von Fachkräften. Virtual Reality holt die Einkaufs- oder Lernwelt ins eigene Zuhause und macht ganze Berufszweige überflüssig. Audiovisuelle 3-D-Umgebungen verändern die Arbeitswelt auf eine bisher nicht vorstellbare Weise. Ein Ausblick in neue Welten. 8
Titel fekten kommt. Der Nutzer taucht dermaßen tief in das Erlebnis ein, dass er sogar laut redet, un- mittelbare emotionale Reakti- onen zeigt und auf Situationen mit körperlichen Bewegungen reagiert. Dieses Eintauchen durch die sensomotorische Kop- pelung nennt man in der Fach- sprache „Immersion“. Im Rah- men der Wissensvermittlung sind virtuelle Erlebnisse mit ho- her Immersion relevant für die Prägung der zu vermittelnden Information. Eine hohe Immer- sion fördert darüber hinaus bei der Aneignung von komplexem Wissen die Konzentration. Erfahrungen sind das Leben Richard David Precht, ein popu- lärer deutscher Philosoph und Publizist, sagte in einem sein- er bildungskritischen Vorträge: „Stoff sollten wir den Dealern Laut einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsfor- überlassen, nicht den Lehrern. schung werden bis zum Jahr 2019 1,4 Millionen neue Industriero- Wenn hochspannende Erlebnis- boter weltweit ihre Arbeit aufnehmen. Für die Vereinigten Staaten felder wie Geschichte oder Phy- von Amerika hat die Unternehmensberatung McKinsey errechnet, sik zu Lehrstoff werden, dann dass mit der derzeit verfügbaren Technik bereits 45 Prozent aller entweicht das Leben, dann ist Berufstätigkeiten automatisiert werden könnten. Die Digitalisierung alles tot.“ Oder auch anders for- wird auch in Deutschland Arbeitsplätze vernichten. Und zwar nicht muliert: Lebendiger Unterricht Hunderttausende, sondern Millionen. Welche Rolle spielen Virtual verbindet körperliche Interakti- Reality (VR) und Augmented Reality (AR) bei der digitalen Transfor- on mit Erlebnissen. So entstehen mation? Am Beispiel des Lernens lässt sich gut darstellen, was diese Erfahrungen. beiden Technologien auszeichnet. Immersive Anwendungen errei- Virtual Reality chen uns besser als herkömmli- Unter einer Virtuellen Realität versteht man einen nicht-physischen che, die nur ein oder zwei Sin- Raum, in dem dreidimensionale audiovisuelle Erfahrungen erlebbar ne adressieren. Die immersive sind. Mittels einer VR-Brille wird das Gefühl der Präsenz in diesem Erfahrung im virtuellen dreidi- Raum simuliert. Dabei entstehen Sinneseindrücke, die so starke Er- mensionalen Raum ist weniger lebnisse hervorrufen, dass es zu sogenannten sensomotorischen Ef- abstrakt als ein Text oder eine 9
Titel Abbildung. Daniel Pielok, Gründer und CEO der VR/AR-Schmiede RealtimeLabs sagt dazu: „Wir bringen Kataloge zum Leben, wenn die Playmobil-Spielfigur plötzlich dreidimensional erscheint, sich bewegt und den Leser zum Spielen einlädt.“ Augmented Reality Augmented Reality kann mit „Erweiterte Realität“ übersetzt werden. Bei AR geht es darum, die Sinneswahrnehmung unserer physischen Welt mit zusätzlichen nützlichen Informationen zu überlagern. Stel- Lernen, Arbeiten, Einkaufen, Heilen: All das wird zu einem individuellen Erlebnis. len Sie sich die Anzeigetafeln vor, die wir zum Beispiel vom Besuch einer historischen Burg kennen. Sie enthalten zusätzliche Informa- tionen, die nachträglich in der Nähe der Burg angebracht wurden. AR kann so etwas aus einer digitalen Quelle in Echtzeit liefern. Metaio, ein 2003 gegründetes AR-Unternehmen aus München, ver- öffentlichte 2009 den ersten AR-Browser als Smartphone-App. Mit diesem speziellen Browser konnte man das Smartphone in die Luft halten, schaute durch die Kamera in eine beliebige Himmelsrich- tung und bekam zum Beispiel den Wikipedia-Artikel einer nahen Kirche oder die Bewertung der Restaurants im Umkreis angezeigt. Das Interface in Form eines Smartphones oder einer durchsichtigen Datenbrille fungiert dabei als eine Art Fenster, durch das der Nutzer in die physische Welt schaut. Gleichzeitig überlagert ein Headup- Display die Realität mit ergänzenden Daten aus der virtuellen Welt. Anwendungsbeispiele der Augmented Reality Die Anwendungsbereiche sind vielfältig. Sie beginnen beim virtu- ellen Einsatzkräftetraining für Polizeibeamte und reichen bis zur IKEA-Wohnungseinrichtung, indem man sich testweise vorab virtu- Andreas Mertens ist Inhaber und Geschäfts- elle Möbel in das eigene Wohnzimmer stellt. Zwei Beispiele zeigen führer der avameo GmbH mögliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: In einem Workshop mit Sitz in Wiesbaden. für Berufsschullehrer, die Mechatroniker ausbilden, zeigte ich das Somit kann der (kostenintensi- Er berät Großkonzerne aus der Finanzbranche, AR-Video „Innovative Cars & innovative Service“ von BMW (Baye- vere) Ingenieur dem Wartungs- Luftfahrt, aus Pharma rische Motoren Werke) auf YouTube. In dem Video sieht man einen techniker jederzeit mit Rat zur und Regenerativen Ener- gien zur Digitalisierung. Mechaniker, der eine AR-Datenbrille trägt, die Motorhaube eines Seite stehen. Seit nahezu 20 Jahren BMWs öffnet und von einem Computer Instruktionen erhält, wie beschäftigt er sich mit Vir- tual Reality, Augmented und in welcher Reihenfolge die Arbeitsschritte aussehen, um den Zukunft und Verände- Reality, E-Learning und Kühler des PKWs auszubauen. Die Brille zeigt dem Mechaniker ex- rung E-Commerce. akte virtuelle Handbewegungen, mit denen ein Motorteil auszubau- Der Mechatroniker und der en ist. Er sieht ebenso, welches Werkzeug zu welchem Zeitpunkt an Wartungstechniker aus unseren einer Stelle anzusetzen ist und wie es zu bedienen ist. Beispielen veranschaulichen neue Formen der digitalen As- Jens Kulenkampff vom TÜV Rheinland präsentierte auf den Wind- sistenz. Sie zeigen, wie gravie- energietagen 2017, wie die intelligente Fernwartung von Windener- rend sich berufliche Qualifika- gieanlagen aussieht. Der Wartungstechniker vor Ort ist mit einem tionsanforderungen durch den speziellen Helm mit Headup-Display ausgestattet. Via AR erhält Einsatz von VR/AR verschieben. er kontinuierlich Zusatzinformationen über die Anlage. Über eine Ein Ingenieur muss nicht mehr Internet-Verbindung ist er zudem mit einem entfernten Ingenieur vor Ort sein, Arbeitskräfte mit verbunden, der das sehen kann, was der Techniker vor Ort sieht. geringerer Qualifikation kön- 10
Titel Den Weg zum nächsten Einkaufszentrum finden? Kein Problem mit einem Navigationssystem auf der Basis von Augmented Reality. nen trotzdem den Austausch von Fahrzeugteilen fer probieren Produkte virtuell aus. Lernen, Hei- vornehmen – das wiederum wirkt sich auf die len, Arbeiten, Einkaufen – all das wird zu einem Kostenkalkulation aus. Im Rahmen der vierten Erlebnis, das auf individuelle Situationen zuge- industriellen Revolution sind also offensichtlich schnitten ist. Umwälzungen im weltweiten Wirtschaftssystem zu erwarten. Noch sind AR-Brillen zu teuer für jedermann, aber mit dem Smartphone ist bereits jetzt fast Unzählige weitere Szenarien sind denkbar. Aus- die gesamte Weltbevölkerung zu erreichen. Wie und Weiterbildung: Lehrer müssen in Zukunft auch in anderen Technologiezweigen werden nicht mehr Vermittler von Lehrstoff sein, sie ver- Unternehmen vorpreschen, mit Blick auf Ge- anschaulichen und werden so zu Lernbegleitern, winnertrag. Nichtregierungsorganisationen und Coaches, Mentoren und Motivatoren. Gesund- Politik werden folgen, gezwungenermaßen. Die heitswesen: Ärzte simulieren Operationen auf Digitalisierung ist in vollem Gange. Wer sich nicht der Basis der individuellen Daten, die über einen überrollen lassen will, muss sich mit denkbaren menschlichen Körper vorliegen. Logistik: Man Szenarien auseinandersetzen, sich anpassen und holt die Lagerhalle zu sich, Bestand und Waren- frühzeitig handeln. bewegungen können verfolgt und mit wenigen // Andreas Mertens Handbewegungen gesteuert werden. Handel: Käu- 11
Titel Bürgerbeteiligung Und dann kommt d Bürger an der Stadtplanung zu beteiligen gelingt vor allem dann, wenn das gewünsch- te Ergebnis auf der Basis von Geodaten visualisiert wird. Warum die dreidimensionale Darstellung außerdem Diskussionen versachlicht, erklärt Joachim Rix vom Fraunho- fer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD). Herr Rix, welche Daten braucht zum Beispiel, dass auch analoge ne dynamisch zu bewegen und man für die dreidimensionale Optionen angeboten werden für jeden beliebigen Blickpunkt ein- Darstellung in Bürgerbeteili- Menschen, die nicht so digital zunehmen. Denken Sie an die gungsverfahren? orientiert sind. Oder die Frage, Planung von Windkraftanlagen. Für die Visualisierung in der ob die benutzten Daten wirklich Da sitzen auf Versammlungen Stadtplanung braucht man von zuverlässig und aktuell sind. 300 Menschen, einige zum Teil den Behörden aktuelle Geodaten sehr aufgebracht. Die lokale und weitere relevante Informa- Das wäre natürlich schlecht, Presse zeigt in der Berichterstat- tionen in digitaler Form: Neben wenn jemand an einer be- tung eine Abbildung des Berg- dem dreidimensionalen Gelän- stimmten Stelle einen Baum kamms und setzt ein 200 Meter demodell sind dies beispielswei- pflanzen will, und da ist schon hohes Windrad darauf, das in se vorhandene Bebauung und ein neues Gebäude gebaut oder diesem Ausschnitt total riesig Bepflanzung, die Position und geplant. wirkt. Wir sind nicht an solche Anzahl von Ampeln, Verkehrs- Es ist eine der Herausforderun- Standbilder gebunden. schildern, Hydranten, Feuer- gen bei der Datenvisualisierung wehreinfahrten. in Bürgerbeteiligungsverfahren, Also versuchen Sie, die Situati- die Daten möglichst zeitnah zu onen möglichst realistisch und Sie lassen Anwendungen wäh- aktualisieren. Wir beim Fraun- mit Alternativen darzustellen? rend der Entwicklung durch hofer IGD beschäftigen uns aller- Unbedingt. Bleiben wir bei un- Joachim Rix ist stell- vertretender Leiter der Bürger testen. Was ist den Test- dings nicht mit der Datenerfas- serem Beispiel: In vielen Darstel- Abteilung Geoinfor- kandidaten besonders wichtig? sung. Wir erhalten die Daten aus lungen sehen Sie die Windräder mationsmanagement Eines unserer Projekte heißt verschiedenen Quellen in unter- frontal. Der Bergkamm begrenzt am Fraunhofer-Institut für Graphische Daten- „smarticipate“, an dem die Städ- schiedlicher Form und bereiten eine Südlage, die übliche Wind- verarbeitung (IGD). Er te Hamburg, London und Rom sie dann auf. Was als Punkt- richtung ist aber West-Ost oder beschäftigt sich mit Datenharmonisierung, beteiligt sind. Mit der smarti- wolke, Oberflächenmodell oder Ost-West. Die Windräder stehen Datenmanagement cipateApp entscheiden Bürger Geländemodell vorliegt, ist noch also üblicherweise senkrecht und 3-D-Visualisierung von Geoinformationen. in Rom über die Nachnutzung lange keine für den Bürger ver- zum Hang und sind eigentlich Sein Fokus liegt auf der einer alten Kaserne, in London ständliche geometrische Dar- kaum sichtbar. Uns wurde zu- Bürgerbeteiligung im über die Gestaltung eines Vier- stellung. Außerdem müssen die nächst die Auflage gemacht, die Zusammenhang mit Stadtentwicklung und tels in Kensington und Chelsey, Daten auch noch in Beziehung Räder in Weiß und den Himmel Stadtplanung. in Hamburg über das Pflanzen gesetzt werden. Dazu gibt es Re- in Blau umzusetzen. Damit man von Bäumen im Stadtgebiet. gelwerke, damit Fehlplanungen den Kontrast schön sieht. Wir Damit alle beteiligten Akteu- vermieden werden. haben aber gesagt: Das ist unrea- re wie Behörden, Bevölkerung, listisch. Die Windräder sind am Unternehmen, Vereine mit der Warum ist die geometrische, Anfang zwar weiß, aber nach App als Werkzeug der Teilhabe dreidimensionale Präsentation sechs bis zwölf Monaten haben zufrieden sind, haben wir uns so wichtig? sie eine Grauschicht und reflek- von den Bürgern „Aufgaben“ Mit einer 3-D-Szene bieten wir tieren das Licht nicht mehr so mitgeben lassen. Dazu gehört die Möglichkeit, sich in der Sze- stark. Wenn man das zeigt: So 12
Titel er Aha-Effekt sieht es nach einem Jahr aus, so sieht es mit Wol- vor Ort hin, hält sein Smartphone hoch und sieht ken aus, so sieht es bei den verschiedenen Wind- dann die Windräder, den Baum oder den Neubau, richtungen aus, dann haben ganz viele Leute ei- um den es geht, in die Realität eingebettet. nen Aha-Effekt. // Andrea Brücken Einen Moment der Erkenntnis sozusagen. Genau. Es gibt ja immer fünf Prozent, die grundsätzlich dagegen sind, fünf Prozent, die dafür sind und die restlichen 90 Pro- zent wissen nicht so recht, was sie von der Sache halten sollen. Wenn diese Mehrheit in Projektpräsentationen sagt: „Nun seid doch endlich mal ruhig und lasst euch zeigen, wie es aussieht“, dann hat man ein Stück weit gewonnen hin zu ei- ner sachlichen Diskussion. An dieser Stelle kann die 3-D-Vi- sualisierung viel leisten, insbe- sondere, da viele Menschen kein gutes 3-D-Vorstellungsvermögen haben. Woher wissen Sie, was Sie mit einbeziehen müssen, damit dieser Aha-Effekt entsteht? Das ist einfach: je mehr, desto besser. Je konkreter und detail- lierter die Darstellung, desto besser können Bürger sich das geplante Ergebnis vorstellen. Die Begrenzungen, die wir hier vor allem noch haben, sind die Verfügbarkeit all der Daten und Informationen und oftmals auch die Leistungsfähigkeit der Technik. Zum Abschluss ein kurzer Aus- blick: Wohin geht die Reise in der Datenvisualisierung? Der nächste Schritt geht mit Si- cherheit in Richtung Augmen- Windströmungen bestimmen die Ausrichtung von Windrädern. 3-D-Modelle simulie- ren, wie Windräder sich in die Landschaft fügen. ted Reality. Der Bürger stellt sich 13
Titel Technik als neues Sinnesorgan Brille auf und ei Ackern wie anno dazumal? Fast jedenfalls: In der Virtual-Reality-Ausstellung der Speicherstadt Hamburg reist man für ein paar Minuten in die Vergangenheit. Eine Dampfmaschine ölen, ein Schiff entladen oder einen Ofen anheizen: Das alles geht mithilfe einer Virtual-Reality-Brille. Unsere Redakteurin wagte den Selbstversuch. Der nächste Sprung führt di- ich einen Moment entspannen. Was in der Realität eine einfache ge- rekt an den Rand der Ladeluke lernte Handlung ist, geht in der virtuellen Welt erstmal schwer von und gibt den Blick in die Tiefe der Hand. Eine virtuelle Realität, oder auch Virtual Reality (VR), ist frei. Von der Höhe könnte ei- interaktiv. Der Nutzer – das bin ich heute – taucht in das Erlebnis ein nem schwindelig werden. Ich und kann das Geschehen beeinflussen. spüre ein Ziehen im Magen. Er- schrocken über den plötzlichen Realer Klang sorgt für reales Erleben Positionswechsel und die Nähe Das VR-Erlebnis im Dialoghaus bringt Besuchern wie mir näher, zum Abgrund besteht mein ers- wie die Menschen vor etwa 100 Jahren in der Speicherstadt gearbei- ter Impuls darin, einen Schritt tet haben. Begleitet werde ich dabei von Ausstellungsführer Benja- zurückzutreten. Bloß schnell min Gallagher. Der gebürtige Amerikaner hat als Masterstudent an wieder Abstand von der Luke der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg an der gewinnen. Doch die Aussicht Umsetzung des Projektes mitgearbeitet. Sein Spezialgebiet: Sound. verändert sich nicht. Eine Mil- Die größte Herausforderung bei der Sound-Entwicklung für ihn: den lisekunde steigt Panik auf, doch 3-D-Audio-Effekt zu erzeugen, durch den das Hörerlebnis möglichst schnell kehrt die Erinnerung real wirkt. „Der Schiffer muss von unten hoch rufen. Sonst wür- zurück: Ich befinde mich in der den die Menschen nicht wissen, dass er auf das Ladebrett des Krans virtuellen Welt, hier muss ich wartet“, gibt Gallagher zu bedenken. Der Spieler schaut automatisch anders handeln. In meiner Hand in die Richtung, aus der ein Geräusch kommt. Für den Sounddesi- spüre ich den Controller. Er gner ist wichtig, möglichst nah an den Originaltönen zu sein. „Ich hilft mir, mich fortzubewegen. Mit einem Knopfdruck beame ich mich einen Schritt zurück. Nun kann ich mich aus sicherer Entfernung wieder auf meine eigentliche Aufgabe konzentrie- ren: Das Schiff muss entladen werden. Von unten höre ich den Bootsmann ungeduldig rufen. Alles wirkt absolut echt Die Seilwinde leuchtet und zeigt mir an, dass ich sie benutzen soll. Mit einer Armbewegung nach unten löse ich sie aus und die am Seil befestigte Ladeflä- che fährt herunter. Während ich darauf warte, dass der Boots- Eine Besucherin in Aktion. Mit der Apparatur aus VR-Brille, Kopfhörern und Control- ler taucht sie in die virtuelle Welt ein. Ein Koordinator begleitet sie dabei per Funk. mann die Ware auflädt, kann 14
Titel ntauchen lungsführer den Hinweis: „Sieh mal hinter dir nach.“ Der erste Versuch, die Kohlen aufzuneh- men, scheitert: Durch eine fal- sche Bewegung fällt die Schau- fel mit einem Scheppern zu Boden. Ich muss mich bücken, um sie aufzuheben. Von außen komisch Die ganze Zeit ist mir eins nicht klar: Ich sorge gerade für Erhei- terung. Im Foyer des Dialoghau- ses können Vorbeigehende mir zusehen. Sie schmunzeln und bleiben interessiert stehen. Auf sie wirken meine Bewegungen amüsant und unkoordiniert. Die Spieler entladen Waren per Seilzug aus dem Schiff. Mit dem Controller können sie Fällt ihr Blick dann auf die nach Gegenständen greifen oder sich auf eine andere Position teleportieren. beiden großen Bildschirme an muss wissen, wie etwas in der Wirklichkeit klingt oder geklungen der Wand hinter mir, blitzt Er- hat, damit das Erlebnis realistisch wirkt. Die Menschen damals ha- kenntnis in ihren Augen auf. Sie ben plattdeutsch gesprochen, daher haben wir diese Sprache in der verfolgen, was ich da tue und VR-Welt eingesetzt.“ warum ich mich so seltsam ver- renke. Kohlen schaufeln wie damals Das nächste Szenario ist das Kesselhaus. Dort angelangt, steht zu Mutig sein und Neues meiner Linken ein Mann in Arbeitskleidung. Er dreht sich mir zu ausprobieren und mahnt, nicht zu trödeln. Also Schaufel in die Hand nehmen. Die VR-Technik fasziniert, hat Und nun? Mein Blick fällt auf die Kesselöffnung. Gegenüber liegen aber auch unheimliche Momen- die Kohlen. Aber: Wo ist die Schaufel? Über Funk gibt der Ausstel- te, wie den am Rand der Lade- luke: In ungefähr zwölf Metern Tiefe ist das Wasser zu sehen. DIGITALER ZUGANG ZUM WELTKULTURERBE Niemand würde sich in der re- alen Welt ohne Sicherung einen Die Geschichte der Hamburger Speicherstadt digital erleben: Das Schritt nach vorne wagen. Hier geht in der Virtual-Reality-Ausstellung und über die mobile App ist es möglich. Ich zögere, dann mit Augmented Reality (AR). Hält der Nutzer die Smartphone- überrede ich meinen Verstand. Kamera auf ein Gebäude, überlagert sich die Ansicht mit einem Es kann nichts passieren. Ich historischen Bild. Das Projekt Speicherstadt digital ist eine Ko- setze einen Fuß nach vorn und operation mehrerer Partner. Dazu gehören die Behörde für Kultur stehe auf einer unsichtbaren und Medien und die HAW Hamburg sowie Dataport. Brücke hoch über dem Wasser. https://www.speicherstadt-digital.de/ // Tanja Vengušt 15
Modern verwalten Chief Digital Officer in Hamburg „Digitalisierung ford im Kopf“ Etliche Unternehmen und Städte haben ihn schon, den „Chief Digital Officer“. In Ham- burg nimmt Christian Pfromm seit Anfang des Jahres das neue Amt des „Treibers und Steuerers“ der digitalen Transformation wahr. Im Interview erklärt er, wie Digitalisie- rung auch in der Verwaltung gelingen kann. Als erster Chief Digital Officer (CDO) sollen Sie sollen, um Behördenangelegenheiten online zu die digitale Transformation in der Stadt voran- erledigen. Bei der Gestaltung der Services legen treiben und weiterentwickeln. Müsste Ihre Po- wir einen Schwerpunkt auf die Nutzerperspekti- sition nicht eher Chief Transformation Officer ve. Die Services sollen attraktiv und erlebbar sein. heißen? Es geht ja um massive Umbrüche. Hamburg schafft damit übrigens Wissen Sie, der Titel an sich ist doch nicht so ent- auch die Vorausset- scheidend. Wichtiger ist die Aufgabe, die damit zung, um das verbunden ist. Als CDO ist mir bewusst, dass die Digitalisierung auch von der Verwaltung einen Onlinezugangsgesetz massiven Umbruch im Mindsetting fordert. Ohne Das 2017 in Kraft getrete- die Überwindung des klassischen Hierarchie- ne „Gesetz zur Verbesse- Denkens und der Ressort-Egoismen wird es nicht rung des Onlinezugangs gehen, denn wir brauchen für eine erfolgreiche zu Verwaltungsleistun- gen“ (Onlinezugangsge- Digitalisierung eine viel stärkere Vernetzung. setz) verpflichtet Bund Meine Aufgabe ist es, den Veränderungspro- und Länder, binnen fünf zess so zu gestalten, dass er den Mitarbei- Jahren ihre Services terinnen und Mitarbeitern Ängste nimmt „auch elektronisch über und ihnen die Chancen aufzeigt, die mit Verwaltungsportale der Digitalisierung verbunden sind. Ich anzubieten“ und diese kann auf bereits Vorhandenem aufset- Portale miteinander zu verknüpfen. zen und verstehe meine Rolle als Treiber und Steuerer. Umbrüche werden konti- nuierlich aufwachsen und spürbar sein. Sie sind zunächst drei Jahre lang für die Digitalisierung in der Stadt ver- antwortlich. In welchen Bereichen werden die Bürger Hamburgs 2021 deutlich spüren, dass sich etwas getan hat? Hamburg hat das Programm Digital First aufgesetzt. Damit wird eine Vielzahl von Dienstleistungen der Verwaltung online ver- fügbar sein. Gegenwärtig bauen wir gemein- sam mit Dataport die technische Plattform, die die Grundlage einer „Produktionsstraße“ für neue Online-Services ist. Über diese Plattform werden wir Services zur Verfügung stellen können, die von den Bürgerinnen und Bürgern genutzt werden 16
Modern verwalten ert ein Umparken Onlinezugangsgesetz mit seiner Forderung, „alle Ohne persönliche Ansprache kann es in der Ver- Verwaltungsdienstleistungen online zu stellen“, waltung nicht gehen. Zum jetzigen Zeitpunkt geht zu erfüllen. es darum, Routineprozesse zu automatisieren. Eine qualifizierte Beratung, die auf den individu- Auch in der Verwaltung soll digitalisiert und automatisiert werden. Was werden die nächs- Mein Ziel ist es, dass Verwaltung ten Schritte sein? Für mich ist eine Kernaufgabe, erlebbar wird und Nähe schafft. die Arbeitsplätze der Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter neu zu gestalten. Sie müs- ellen Fall zugeschnitten ist, wird auch in Zukunft sen so ausgestattet sein, dass sie den neuen unverzichtbar sein. Darüber hinaus wird es auch Vernetzungsanforderungen entsprechen. immer eine Begleitung für die Menschen geben, Die Hamburger Verwaltung wird in die Hilfestellungen benötigen. den nächsten Jahren massiv den demografischen Wandel er- Sie kommen aus der Privatwirtschaft – was sind leben. Rund 40 Prozent der bei der Digitalisierung die größten Herausfor- bisherigen Beschäftigten derungen für Staat und Verwaltung? werden bis 2030 in den In der Privatwirtschaft gibt es einen klareren Fo- Ruhestand gehen. Da- kus auf den Kunden und ein stärker ausgeprägtes mit die Verwaltung Produktverständnis. Dies ist in der Verwaltung an- arbeitsfähig bleibt, ders. Zudem ist die Verwaltung eine 100-Prozent- muss sie die Chan- Organisation. Sie kann sich nicht nur die attrakti- cen der Digitalisie- ven Prozesse oder gar einzelne Kunden aussuchen. Christian Pfromm ist rung – gerade im Sie muss Dienstleistungen für alle Bürgerinnen seit Anfang des Jahres Bereich der Au- und Bürger anbieten. In der Verwaltung geht es Chief Digital Officer der tomatisierung – sehr häufig um Serviceverbesserungen. Mit einer Freien und Hansestadt Hamburg. Er leitet zudem nutzen. Wir dür- erfolgreichen Digitalisierungsstrategie kann es das in der Senatskanzlei fen die Behörden uns aber gelingen, zu einer Neuordnung des Ver- angesiedelte neue „Amt für IT und Digitalisie- und Ämter da- hältnisses zwischen Bürgerinnen, Bürgern, Unter- rung“, für das IT-bezogene bei nicht alleine nehmen und der Verwaltung zu kommen. Arbeitsbereiche aus der Finanzbehörde heraus- lassen, denn am gelöst wurden. Christian Ende geht es gera- Die Digitalisierung erfordert von der Verwaltung Pfromm ist Wirtschaftsin- de auch zu Lasten einen Kulturwandel, der zu einem „Umparken im formatiker und war zuvor bei verschiedenen Banken der Bürgerinnen Kopf“ führen muss. Da der wirtschaftliche Druck für deren Informations- und Bürger, wenn nicht so spürbar ist, dauern Veränderungsprozes- technik und Digitalisie- rung zuständig. die Verwaltung ihren se länger und müssen durch Überzeugungsarbeit Aufgaben nicht mehr begleitet werden. Wenn wir die Digitalisierung nachkommen kann. der Verwaltung richtig machen, verändern wir die kollektive Wahrnehmung der Verwaltung durch Wird es künftig überhaupt die Bürgerinnen und Bürger. Sie wird sich grund- noch viel Offline-Verwaltung legend ändern, sie macht Verwaltung erlebbar und für die Bürgerinnen und Bürger schafft Nähe. Das jedenfalls ist mein Ziel. geben? // Kirsten Wohlfahrt 17
Modern verwalten Digitale Verwaltung Und sie bewegt Hoffen Sie, dass, wenn Sie geblitzt werden, Ihr Bußgeldbescheid in der zuständigen Behörde im Papierstapel untergeht? Vergessen Sie es. Ihr Knöllchen kommt ganz sicher zu Ihnen. Die Prozesse hierfür sind automatisiert. Denn Verwaltung ist heute schon digitaler als viele denken. Was denken Sie, wenn Sie an Verwaltung denken? User Experience An Papier, Aktenwagen und Hängemappenregis- Online muss einfach sein, dem Bürger helfen und traturen? Oder an die drei „A’s“ des digitalen Zeit- Spaß machen. Das bedeutet: Von der Gestaltung alters – Automation, Algorithmen, Agilität? Ich des Verwaltungsprozesses über die Benutzerfüh- höre immer wieder: Die Verwaltung ist noch nicht rung bis zum Design der Webseite gestalten wir im digitalen Zeitalter angekommen. Stimmt nicht, die Online-Services für den Nutzer und mit dem erwidere ich. Verwaltung ist digitaler als Ihr denkt. Nutzer. Wenn irgend möglich, kommt die Verwal- tungsleistung ohne Aufwand zum Bürger. Dazu Bei der Gestaltung der digitalen Verwaltung han- gibt es bereits ein Musterprojekt: Geburtsurkun- deln wir nach fünf Leitsätzen: den und Kindergeld bekommen Eltern nicht per › Online: Verwaltungsleistungen sind online ver- Papiertransfer. Sondern komfortabel per App. Die fügbar. gibt es schon. Federführend ist Bremen mit Un- › User Experience: Lösungen werden nutzerorien- terstützung von Dataport. Auch das ist neu: Erst tiert (fort)entwickelt. kommt die App für den Nutzer, dann werden die › Automation: Die Verwaltungsprozesse werden Onlinedienste konfiguriert und die Rechtsände- soweit wie möglich automatisiert. rungen auf den Weg gebracht. › Agilität: Behördenleistungen werden mit agilen Methoden zu Online-Services weiterentwickelt. Automation › Souveränität: Verwaltung entscheidet, imple- Verwaltungsleistungen müssen nicht manuell Johann Bizer ist Vor- standsvorsitzender von mentiert und rechnet souverän. Die Informations- erzeugt werden, wenn es auch automatisch geht. Dataport. technik der Verwaltung wird sicher betrieben. Welche Geldleistungen, ob Sozialhilfe oder Ge- halt, berechnet eigentlich nicht der Algorith- Online-Verwaltung mus? Wer im Auto geblitzt wird, bekommt über Die Fundamente für eine bundesweite Online- IT-Verfahren wie Dataport.OWI automatisch eine Verwaltung sind gelegt. Der Schlüssel ist das Benachrichtigung und den Bußgeldbescheid zuge- Servicekonto, ein Kundenkonto, über das Bürger schickt. Verwaltung setzt schon heute intelligente und Unternehmen sich sicher authentifizieren Systeme ein, Risikomanagementsysteme im Steu- und Behördengänge online erledigen. Über 100 erwesen, zur Auswertung von Lagebildern bei der Dienstleistungen sind im Norden bereits online. Kriminalitätsbekämpfung. Die Kasse Hamburg ar- Weitere folgen. Eine Online-Verwaltung benötigt beitet mit einem Big-Data-System, um Unregelmä- Plattformen für ihre Dienste. Dafür haben wir ßigkeiten in der Finanzverwaltung aufzudecken. die Lösung: die „Online-Services-Infrastruktur (OSI)“. Wir haben dazu unsere Portallösung, das Agilität Government Gateway, weiterentwickelt. Die ersten Die Digitalisierung fordert andere Arbeitsweisen. Piloten gehen im Sommer online. Zehn weitere Wir entwickeln agil, um die Nutzer für die not- Onlinedienste folgen in diesem Jahr, 50 im nächs- wendige User Experience in den Entwicklungs- ten. OSI basiert auf offenen Standards. Behörden prozess einzubinden. Zum Beispiel mit Scrum, der Länder, Kommunen und des Bundes können einer Methode, bei der die Lösung in kurzen Etap- die Plattform für ihre Services nutzen. pen erarbeitet wird und es Raum für Korrekturen 18
Modern verwalten sich doch im laufenden Prozess gibt. Agilität ist auch not- Es gibt noch viel zu tun. Viele Behördenservices wendig, um die Verwaltung rasch und flexibel werden nun nutzerfreundlich über Plattformen online zu bringen. Wir können das! Mehrere agile wie unsere Online-Service-Infrastruktur entwi- Teams entwickeln parallel die Online-Dienste zur ckelt und bereitgestellt. Digital first bedeutet: Wir Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes im Rah- gestalten die Verwaltungsleistungen elektronisch. men der Hamburger Digital-First-Strategie. Mit Wir denken um: vom Nutzen zur Anwendung. agilen Methoden führen wir auch in Kommunen Dazu sind die Prozesse und das Verfahrensrecht die E-Akte in maximal acht Wochen ein – im lau- zu überdenken und zu ändern. Online bedeutet fenden Betrieb. eben nicht, Papierwelt 1:1 elektronisch zu for- matieren, sondern auf Anstoß des Bürgers hin Souveränität vorhandene Informationen abzurufen und auto- Die Akzeptanz, digitale Angebote der Verwaltung matisch in das konkrete Verfahren zu überfüh- zu nutzen, steht und fällt mit dem Vertrauen der ren. Nach dem Motto: Die Verwaltung weiß, dass, Bürger, wie der Staat mit ihren Daten umgeht. Der wann und wo ich geboren bin. Wozu noch eine Pa- digitale Staat ist verwundbar. Wir gewährleisten, pierurkunde beibringen? Diese digitale Transfor- dass er die Hoheit über seine Daten behält. Data- mation bedeutet einen kulturellen Wandel: zuerst port betreibt ein vom Bundesamt für Sicherheit in die Bedürfnisse der Nutzer, dann die der Verwal- der Informationstechnik zertifiziertes Rechenzen- tung. In jedem Fall digital! trum. Mit dieser Infrastruktur schützen wir auch // Johann Bizer das demokratische Gemeinwesen. Wenn die IT funktioniert, funktioniert der Staat. Digitale Verwaltung: die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger im Blick, ein Service-Portfolio, das einfach zu handhaben ist. 19
Modern verwalten Status Quo Online-Verwaltung Digital? Schon norm SERVICEKONTO Wer online shoppen geht, muss sich gegenüber Unternehmen identifizieren. Dieses Gebot des Identifizierens gilt auch für Services von Behörden. Das Servicekonto ist ein Kundenkonto, über das sich Bürger bei ihrer Verwaltung anmelden und Dienstleistungen online abrufen können. Eine Million Anträge pro Jahr werden alleine in Hamburg über das Servicekonto bearbeitet. ONLINESERVICES Schon jetzt können Bürgerinnen und Bürger im Norden 100 PLATTFORM FÜR ONLINESERVICES Verwaltungsanliegen über Serviceportale erledigen, von der „Alsterbootangelkarte“ bis zur Einrichtung einer Haltever- Eine Onlineverwaltung benötigt Plattformen, über die Behörden ihre botszone bei Umzügen. In Hamburg nutzen die Bürger vor Services anbieten können. Hamburg nimmt dazu noch in diesem Jahr eine allem diese Services: Reservierung von Kfz-Wunschkennzei- neue Online-Services-Infrastruktur (OSI) in Betrieb. OSI ist eine Weiter- chen, Antragsstatus Ausweis/Pass, Strafanzeigen, Mittei- entwicklung der von Dataport entwickelten Portallösung Government Gate- lungen an die Polizei. Bei Unternehmen stehen folgende way. OSI besteht aus Modulen: dem Servicekonto für Authentifizierung, Services hoch im Kurs: Grundbuchabruf, Reservierung von Postfach und E-Payment, einer Suchfunktion sowie einer API-Schnittstelle Kfz-Wunschkennzeichen, Gutachterverfahren, Melderegi- (Application Programming Interface). Die ersten Dienste gehen im Sommer sterauskunft. online. Zehn weitere Dienste folgen noch in diesem Jahr, 50 weitere 2019. RECHENZENTRUM IT-Infrastrukturen für die digitale Verwaltung müssen sicher sein. Fallen sie aus, ist die Verwaltung nicht mehr arbeitsfähig. Dataport betreibt für seine Träger ein Hochleistungsrechenzentrum. Zwei identische Systeme sichern einander gegen Ausfälle ab. Das Twin Data Center wird regelmäßig vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik re-zertifiziert. HIER SPIELT DIE MUSIK SCHON DIGITAL Wer ärgert sich nicht, wenn er Umwege fahren muss oder im Stau steht, weil Straßen für Bauarbeiten aufgerissen sind? Vielleicht tröstet es aber etwas, zu wissen, was hinter diesen Arbeiten steht: mög- licherweise ein automatisierter moderner Verwal- tungsprozess. Zumindest in Hamburg ist das so. Der 20
Modern verwalten al. CLOUD COMPUTING Die digitale Verwaltung benötigt IT-Lösungen, die flexibel sind und rasch an neue Anforderungen angepasst werden können. Cloud-Computing-Lösungen sind das: Sie sind modular aufgebaut und können von der Verwaltung je nach Bedarf abgerufen werden. Dataport bietet seinen Trä- gern Lösungen für die Cloud, die entweder mit sehr hohem Sicherheitsstandard als private Cloud im Rechenzentrum betrieben wird oder als Public Cloud außerhalb der Landesnetze. E-AKTE Kein Verwaltungsvorgang funktioniert ohne Akte, im digitalen Zeitalter ist diese elektronisch. Vorgangsbearbeitung, Dokumentenmanagement und Aktenführung werden auf durchgängig digitale Prozesse umgestellt. In KINDERGELD & CO. MIT ELFE Landesverwaltungen wie in Kommunen führt Dataport die E-Akte für seine ELFE steht für „Einfach Leistungen für Eltern“ und ist ein Träger ein, und das durch agile Methoden nun im laufenden Betrieb. Projekt aus Bremen für den IT-Planungsrat von Bund und Ländern. Ziel sind medienbruchfreie Verwaltungsleistungen KNÖLLCHEN & CO. für Eltern: Über eine App können sie ihr Kind anmelden und Bußgeldverfahren bei Temposünden sind schon jetzt Eltern- und Kindergeld beantragen. Die App gibt es schon. automatisiert. Nach dem Blitzen verschickt die Ver- waltungssoftware automatisch Benachrichtigungen an die Kfz-Besitzer. Zwei Wochen Widerspruchsfrist, LANDESNETZE dann kommt der Bußgeldbescheid. Automatisch. Das Rückgrat der Onlineverwaltung ist ihr Datennetz. Ver- Angeln Sie? Urlauber, die in Schleswig-Holstein waltungsnetze müssen leistungsstark, sicher und zuverläs- angeln wollen, können den dazu notwendigen befris- sig sein, denn auch hier gilt wie bei allen Infrastrukturen für teten Fischereischein online beantragen. Dieser wird den Staat: Fällt die Technik aus, kann er nicht mehr arbeiten. ihnen automatisiert als PDF zugeschickt. Und auch der Bürger schaut dann in die Röhre, benötigt er zum Beispiel Behördendokumente. Dataport betreibt die Landesnetze für Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein. Prozess, um einen „Aufgrabeschein“, zu bekommen, den Unternehmen zum Buddeln beanragen müssen, ist vollautomatisiert. Und so gibt es viele Beispiele dafür, dass die Verwaltung bereits mehr im digitalen Zeitalter angekommen ist, als viele denken. Wir ge- ben einen Überblick, wo. 21
Unternehmen 5 Jahre Entgeltordnung Attraktive Tarife Zu einer Gesprächsrunde trafen sich im April Johann Bizer, Vorstandsvorsitzender von Dataport, Jochen Penke von der Gewerkschaft ver.di und Michael Adomat vom dbb beamtenbund und tarifunion. Anlass war der Rückblick auf fünf Jahre mit der Entgeltordnung, über die Dataport Fachkräfte fair und angemessen entlohnen kann. Fünf Jahre Erfahrung mit der hauseigenen Entgeltordnung, Zeit Herr Bizer, warum war die für einen Rückblick. Herr Penke, was waren damals die Hinter- Entgeltordnung wichtig für gründe, um diese Spezifikationen zu entwickeln? Dataport? Wir haben einen Haustarifvertrag verhandelt, aber da fehlte die Ent- Heute reden wir vom Fachkräf- geltordnung. Das heißt, wir haben uns immer noch an den Stan- temangel. Damals haben wir dards orientiert, die der normale öffentliche Dienst hergibt. Das hat schon vorhergesehen, dass die- uns nicht mehr ausgereicht. Ich glaube, wir wären damit auch nicht ser auf uns zukommt. Vor allem mehr wettbewerbsfähig gewesen, unsere Mitglieder jedenfalls nicht. müssen wir sehen, wo wir her- kommen. Wir kommen aus dem öffentlichen Sektor, und der öffentliche Sektor kennt eigent- lich klassische Vorgesetzten- Mitarbeiter-Pyramiden mit stei- len Seiten. Wenn wir aber gute Datenbankadministratoren ha- ben wollen, dann müssen wir in flacheren Hierarchien arbeiten. Das haben wir mit der Entgelt- ordnung geschafft. Wir haben sozusagen eine höhe- re Attraktivität in der Breite für die Mitarbeiter geschaffen, Data- port ist dadurch als Arbeitgeber attraktiver geworden. Ein weite- rer wichtiger Punkt im Zusam- menhang mit der Entgeltord- nung ist, dass wir sehr viel mehr in Ausbildung, Fortbildung und Qualifizierung investieren. Im Gespräch über die Entgeltordnung, von links: Jochen Penke (ver.di), Johann Bizer Dazu haben wir uns selbst ver- (Dataport), Michael Adomat (dbb beamtenbund und tarifunion). pflichtet. 2007 sind wir dann zusammengekommen und haben gemeinsam Herr Adomat, wie bewerten mit der Arbeitgeberseite eine Art „Strengliner Erklärung“ abgegeben Sie denn jetzt nach den fünf (Anmerkung der Redaktion: Der Ortsteil Strenglin der Gemeinde Jahren die Erfolge der Entgelt- Pronstorf im Kreis Segeberg gilt als Gründungsort der Entgeltord- ordnung? nung). Dann haben wir von 2007 bis 2012 kräftig daran gearbeitet, Ich denke, dass Dataport mit der dass dies etwas Gutes wird. Entgeltordnung einen großen 22
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