Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...

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Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
Die Schweiz im Weltall
Spitzenforschung
und Hightech – auch
für den Alltag
Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
Inhalt

         Einleitung

         Was bedeutet die Raumfahrt für die Schweizer Wissenschaft, Technologie und Industrie?    4
         «Raumfahrt hilft uns, die Welt besser zu verstehen.»                                     5
         Die schweizerische Weltraumpolitik                                                       6
         Abenteuer Weltraum – ausgewählte historische Beiträge der Schweiz                        8

         Nutzen für den Alltag

         Verlässliche Wetterprognosen und Klimadaten dank Satelliten                             10
         Sicherer landen dank Satelliten­navigationssystem EGNOS                                 12
         Dank Satellitendaten und Schweizer Knowhow höhere Erträge
         und weniger Risiko beim Reisanbau                                                       14
         Naturgefahren früh erkennen dank Satellitenradar                                        16

         Industrie

         Raumfahrt ist Alltag und Wirtschaftsmotor für den Werkplatz Schweiz                     18
         Kein Ariane-Start ohne Schweizer Hightech                                               20
         Schweizer Atomuhren machen unser «Navi» genauer                                         22

         Europäische Weltraumorganisation

         Die Europäische Weltraumorganisation ESA                                                24
         ESA-Vorsitz: Europäische Verantwortung für die Schweiz                                  26
         Ein Blick hinter die Kulissen der ESA                                                   28

         Forschung und Erkundung

         Die Schweiz mit an Bord der Internationalen Raumstation ISS                             30
         ROSINA – die Schweizer Rosine auf Rosetta                                               32
         Ein kleiner Satellit, aber eine einmalige Chance für die Schweiz                        34
         Ein Observatorium für kosmische Strahlen                                                36
         Schweizer Forschung liefert Erkenntnisse über Weltraumschrott                           38
         Der Blick des Astronauten                                                               40

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Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
Was bedeutet die Raumfahrt
für die Schweizer Wissenschaft,
Technologie und Industrie?

            Die Schweiz war von allem Anfang an eine vollwer-         Fortschritt: Er ermöglicht es unserem Land, sich als
            tige und aktive Partnerin in der europäischen Raum-       kompetenter und zuverlässiger Partner in spezifi-
            fahrt. Es war stets das Ziel unserer hochqualifizierten   schen Nischen zu positionieren, und trägt zur Wett-
            Forschenden und Unternehmen, modernste Wissen-            bewerbsfähigkeit der europäischen Weltraumindus-
            schaft in die Tat umzusetzen und die daraus resultie-     trie als Ganzes bei. Eines der besten Beispiele dafür
            renden Anwendungen zum Wohle der Gesellschaft             sind die Nutzlastverkleidungen für die europäischen
            in die Wirtschaft zu transferieren. Wir sind stolz, zu    Ariane- und Vega-Trägerraketen.
            den Gründungsmitgliedern der Europäischen Welt-
            raumorganisation ESA zu gehören, und haben uns            Es kann nicht genug betont werden, welch‘ harte
            deshalb während unserer Co-Präsidentschaft des            und unwirtliche Bedingungen im Weltall herrschen.
            ESA-Ministerrats zusammen mit Luxemburg in den            Die Erkundung und Nutzung des Alls zwingt unsere
            Jahren 2012 bis 2016 mit Entschlossenheit für eine        Forschenden ebenso wie unsere Unternehmen
            noch stärkere Weiterentwicklung der europäischen          dazu, ihre eigenen Grenzen auszuloten. Es ist ein
            Raumfahrt eingesetzt. Ein Höhepunkt dieser Jahre          anregender und herausfordernder Bereich, in dem
            war sicher die Entscheidung zur Entwicklung der           die Aussichten zu Beginn unsicher sein können und
            Ariane 6, die den autonomen Zugang Europas zum            eine Kombination von Kompetenzen und Erfah-
            Weltall zu wettbewerbsfähigen Bedingungen auch            rung über den Erfolg entscheidet. Weil Raumfahrt­
            weiterhin garantieren wird. Unser Engagement hat          systeme über viele Jahren zuverlässig funktionieren
            nicht nur in Europa, sondern auch in unserem Land         müssen, werden die bestmöglichen Technologien
            zu einem grösseren politischen Interesse daran ge-        dafür entwickelt – Technologien, die sich auch in
            führt, was die Schweiz im Weltraumbereich leistet.        Märkte ausserhalb der Raumfahrtindustrie trans-
                                                                      ferieren lassen. Der Schlüssel für eine nachhaltige
            Die Raumfahrt ist ein globales Geschäftsfeld. Durch       Entwicklung in diesem Bereich liegt wie in ande-
            Zusammenarbeit können die europäischen Länder             ren auch in der Förderung der Technologie und der
            in diesem Bereich viel mehr erreichen als für sich        Innovationskapazität der Industrie. Ebenso unter-
            alleine, und sie tun dies auch. Deshalb konzentriert      liegen Weltraumprojekte vom Programmmanage-
            unser Land den Grossteil seiner Raumfahrtaktivitä-        ment bis hin zur Qualitätskontrolle in jeder Hinsicht
            ten auf die ESA. Dank der Exzellenz und dem En-           äusserst strengen Anforderungen. Deshalb schafft
            gagement unserer eigenen «space community» hat            die Raumfahrtindustrie Arbeitsplätze und Wachs-
            die ESA der Schweiz ermöglicht, wichtige Rollen           tum, die weit über diesen Sektor hinausgehen.
            in wissenschaftlichen Missionen und Industriekon-
            sortien zu übernehmen. Auf den folgenden Seiten
            können Sie viele schweizerische und europäische
            Erfolgsgeschichten aus dem All aus der Sicht derje-
            nigen (wieder-)entdecken, die hier auf der Erde und
            natürlich auch im Weltraum Geschichte geschrieben         Johann N. Schneider-Ammann
            haben. Zudem erfahren Sie mehr über den wich-             Bundespräsident 2016
            tigen Beitrag, den Wissenschaft und Raumfahrt-            Vorsteher des Eidgenössischen Departements für
            technologien zum Leben der Menschen leisten.              Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF
            Operationelle Anwendungen, die sich auf Daten
            von Telekommunikations-, Navigations- und Erd-
            beobachtungssatelliten stützen, tragen zu einem
            besseren Verständnis unseres Planeten bei, fördern
            ein effizienteres Verkehrsmanagement zu Lande, zur
            See und in der Luft oder helfen mit, die digitale Kluft
            zu überbrücken, um nur einige Beispiele zu nen-
            nen. Zu den wesentlichen Treibern der Beteiligung
            der Schweiz an internationalen Weltraumaktivitäten
            gehört der wissenschaftliche und technologische

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Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
«Raumfahrt hilft uns, die Welt
besser zu verstehen.»

           Die Raumfahrt ist heute ein unverzichtbarer Be-          Für die Schweiz ist die Raumfahrt nicht nur gleich-
           standteil unserer modernen Gesellschaft. Die             bedeutend mit Innovation, Spitzentechnologie,
           Wissenschaft nutzt sie, um das Universum und             Präzision und wissenschaftlichen Höchst­leistungen,
           das Sonnensystem oder unseren Planeten zu er-            sondern sie steht auch für «Wertschöpfung» dank
           forschen. Via satellitengestützte Kommunikation,         europäischer und globaler Zusammenarbeit. Die
           Meteorologie, Navigation, Kartographie und Erd-          Broschüre will die Schweizer Raumfahrt einem
           beobachtung hat die Raumfahrt Einzug gehalten            breiteren Publikum näherbringen und aufzeigen,
           in unseren Alltag. Wir verdanken ihr zuverlässige        wie wir alle auch im Alltag davon profitieren. Ich
           Wetterprognosen, sichere Landungen mit dem               wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.
           Flugzeug, funktionierende Mobiltelefone und
           «Navis», Fernsehprogramme aus aller Welt oder
           die digitale Revolution in der Fotografie. Satelli-
           ten liefern uns Daten zum Klima und helfen uns,
           die Risiken von Naturgefahren zu verkleinern. Sie
           überwachen instabile Berghänge und gefährdete
           Infrastrukturen oder tragen dazu bei, Ernteerträge
           zu erhöhen.                                              Didier Burkhalter
                                                                    Bundesrat
           Die Raumfahrt spielt aber auch in der Politik der        Vorsteher des Eidgenössischen Departements für
           Schweiz eine wichtige Rolle. Sie ist auch Indust-        auswärtige Angelegenheiten EDA
           rie- und Infrastrukturpolitik und auf internationa-
           ler Ebene gezielte Zusammenarbeitspolitik zum
           Wohle und Nutzen der Schweiz. Die Schweiz ist
           Gründungsmitglied der Europäischen Weltraum­
           organisation ESA. Seit 40 Jahren ist unser Land
           vorne mit dabei bei der Entwicklung von Raketen
           und Forschungsprogrammen. Wir beteiligen uns
           am Aufbau eines wettbewerbsfähigen und souve-
           ränen Europas im Weltraum, das sich in den Dienst
           der Gesellschaft und ihrer Bedürfnisse stellt. Bei-
           spiel dafür ist das europäische Satellitennavigations­
           system Galileo.

           Unsere Weltraumpolitik sichert Wissenschaft und
           Wirtschaft den Zugang zum Weltraum und sorgt
           dafür, dass die Daten uns allen zur Verfügung ste-
           hen dank einer ganzen Reihe von völkerrechtlichen
           Verträgen und Übereinkommen. Sie ist Teil unserer
           engagierten und solidarischen Aussenpolitik. In
           diesem Rahmen setzt sich die Schweiz für eine
           friedliche, sichere und nachhaltige Nutzung des
           Weltraums ein und unterstützt international das
           Erarbeiten von Richtlinien, damit der zunehmende
           Weltraumschrott weder die Raumfahrt selbst noch
           uns auf der Erde gefährdet. Die Weltraumtechnolo-
           gien helfen uns bei der Analyse globaler Probleme
           und der Suche nach Lösungen in Bereichen wie
           Klimawandel, Umweltschutz, Ernährungssicherheit
           sowie bei der Prävention von Naturereignissen und
           technologischen Katastrophen.

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Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
Die schweizerische Weltraumpolitik
        Die Raumfahrt nimmt heute einen                         Umsetzung
        wichtigen Platz in unserer Gesellschaft ein.
        Neben ihrem wissenschaftlichen Beitrag                  Ihre nationalen Interessen wahrt die Schweiz durch
        zur Erkundung des Planeten Erde und des                 eine gezielte internationale Zusammenarbeit, na-
        Universums hat sie auch Einzug ins tägliche             mentlich durch die selektive Teilnahme an Pro-
        Leben gehalten: Satellitenkommunikation,                grammen der Europäischen Weltraumorganisation
        Navigationshilfen für Strassen-, Wasser- und            ESA und an weiteren europäischen und interna­
        Luftverkehr oder auch Erdbeobachtung aus                tionalen Weltraumaktivitäten. Daneben erlauben
        dem All für die Wettervorhersage oder ein               es ergänzende nationale Aktivitäten, den hier an-
        besseres Verständnis des Klimawandels sind              sässigen Forschungseinrichtungen und der Indust-
        aus unserer Welt nicht mehr wegzudenken.                rie eine gute Ausgangslage im Hinblick auf künfti-
                                                                ge Ausschreibungen für institutionelle europäische
        Die Schweiz ist seit den Anfängen der Raumfahrt         Programme zu schaffen. Gleichzeitig erlauben sie,
        in diesem faszinierenden und anspruchsvollen Be-        damit einen Beitrag zur Stärkung der wissenschaft-
        reich tätig. Sie hat ihren Platz in der europäischen    lichen und technologischen Kompetenzen in etab-
        Raumfahrtgemeinschaft gefunden, und kann                lierten und neuen Wissenschafts- und Technologie-
        dadurch ihre Interessen auch im globalen Umfeld         bereichen zu leisten.
        wahr­nehmen. Die Schweiz will dabei eine ernst zu
        nehmende, wettbewerbsfähige und zuverläs­        sige   Der Bundesrat entscheidet über die Schweizer
        Partnerin sein. Ihre starke Stellung hat sie ihren      Weltraumpolitik. Er stützt sich dabei auf Empfeh-
        traditio­
                nellen Stärken wie Innovationskraft und         lungen der Eidgenössischen Kommission für Welt-
        Präzision zu verdanken.                                 raumfragen. Zuständig für die Vorbereitung und
                                                                Umsetzung der Weltraumpolitik ist die Abteilung
        Die Raumfahrt stellt den Erfindergeist in Forschung     Raumfahrt im Staatsekretariat für Bildung, For-
        und Industrie täglich vor neue Herausforderungen.       schung und Innovation SBFI. Sie tut dies in enger
        Die Raumfahrt leistet einen unverzichtbaren Beitrag     Zusammenarbeit und Koordination mit den Depar-
        zum Wohlstand unseres Landes. Sie umfasst Tätig-        tementen und Bundesämtern, die ebenfalls welt-
        keiten mit hoher Wertschöpfung, die zum Nutzen          raumbezogene Aufgaben wahrnehmen.
        der nächsten Generationen erbracht werden.
                                                                Der Bund schafft die Rahmenbedingungen, da-
                                                                mit die Schweizer Akteure aus Wissenschaft und
        Grundsätze der Schweizer                                Forschung, Technologie und Industrie im europä-
        Weltraumpolitik                                         ischen und globalen Umfeld erfolgreich agieren
                                                                können. Letztlich sind es aber die Forschungsinsti-
        Die Schweiz ist in der Raumfahrt aktiv. Dabei kon-      tutionen und Firmen mit ihren Mitarbeitenden, die
        zentriert sie sich auf:                                 für Schweizer Erfolge im Weltraum sorgen.

        „„ Entwicklung und Einsatz von Weltraumanwen-
           dungen mit dem Ziel, die Lebensqualität ihrer
           Bürgerinnen und Bürger zu verbessern;

        „„ langfristige Sicherung ihres Engagements in
           der Erforschung des Weltraums zugunsten von
           Innovation und Wissensgesellschaft;

        „„ Bereitstellung bedeutender wissenschaftlicher,
           technologischer und industrieller Beiträge, wo-
           durch sie sich als wettbewerbsfähige, verlässli-
           che und unumgängliche Partnerin positionieren
           kann.

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Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
Kontext und wichtigste Akteure für
Schweizer Raumfahrtaktivitäten

                                                         BUNDES­
     INTERNATIONALE                                    VERWALTUNG
     ORGANISATIONEN
     UND PROGRAMME                                                      FORSCHUNGS-
                                        INDUSTRIE                      INSTITUTIONEN

                          Thomas Hurter, Nationalrat
                          Präsident der Eidgenössischen Kommission für Weltraumfragen

                          «Die Raumfahrt ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Vieles
                          für den täglichen Gebrauch wurde nur dank der Raumfahrt entwickelt.
                          Die Beteiligung der Schweiz an der Raumfahrt gibt unserem kleinen, aber
                          äusserst innovativen Land die Möglichkeit, an vorderster Front Wissenschaft
                          und Technik voranzutreiben. Dies ist umso wichtiger, weil die Bedeutung der
                          Raumfahrt weiter zunehmen wird, namentlich in den Bereichen Energie,
                          Umwelt, Verkehr, Transport und Sicherheit.»

                                                                         7
Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
Abenteuer Weltraum –                                                                                        1960
ausgewählte historische
Beiträge der Schweiz
                                                                                                            Der Beginn der europäischen
                                                                                                            Zusammen­arbeit in der Raumfahrt:
                                                                                                            Meyrin, Schweiz – Delegierte treffen
                                                                                                            sich zur internationalen Konferenz
                                                                                                            über Weltraumforschung. Die Schweiz
                                                                                                            gehört zu den Gründerstaaten der
                                                                                                            ESRO (European Space Research
                                                                                                            Organisation), einer der Organisationen,
                                                                                                            die Europa den Weg in den Weltraum
                                                                                                            ebnen. © ESA

       1986                                      1990                                         1995

       Vorstoss in die Tiefen des Weltraums:     Der Griff nach der Sonne: Start der Ulys-    Jenseits unseres Sonnensystems: Michel
       Die Sonde Giotto, die erste Mission       ses-Mission der ESA/NASA im Jahr 1990.       Mayor und Didier Queloz von der
       der ESA in die Tiefen des Weltraums,      Während der 18-jährigen Beobachtung          Universität Genf entdecken den ersten
       fliegt 1986 so nahe wie nur möglich am    von Sonne und Heliosphäre liefert Ulys-      Planeten ausserhalb unseres Sonnen-
       Kometen Halley vorbei. An Bord hat sie    ses Daten für die Grundlagenforschung        systems, der den nahen Stern 51 Pegasi
       ein Spektrometer der Universität Bern.    zum Verständnis der Sonne und unserer        umkreist. © ESA
       Es misst erstmals vor Ort Kometenstaub    interstellaren Umgebung. Bei dieser
       und -gase. © ESA                          Mission – der längsten in der Geschichte
                                                 der ESA – ist auch das SWICS (Solar
                                                 Wind Ion Composition Spectrometer) aus
                                                 der Schweiz im Einsatz. © ESA

                     2008                                       2009–2010                                   2012

                     An Bord von Columbus: SOVIM, ein           Praktische Ausbildung: In enger             Schutz für eine weitere europäische Trä-
                     Instrument zur präzisen, stabilen und      Zusammenarbeit entwickeln rund              gerrakete: Die Trägerrakete Vega startet
                     genauen Beobachtung und Messung            200 Studierende der Eidgenössischen         ebenfalls mit einer Nutzlastverkleidung
                     der Sonneneinstrahlung, gehört zu den      Technischen Hochschule Lausanne             der RUAG zu ihrem Jungfernflug. Bis
                     ersten Experimenten an Bord des euro-      EPFL und mehrerer Fachhochschulen           heute produziert RUAG Space Nutz-
                     päischen Forschungslabors COLUMBUS.        den «Swisscube». Der CubeSat wird           lastverkleidungen für europäische und
                     Das Physikalisch-Meteorologische           vollständig in der Schweiz hergestellt      US-amerikanische Trägerraketen. © ESA
                     Observatorium Davos entwickelte            und 2009 ins All gebracht, um das
                     das Instrument. COLUMBUS ist an            Nachthimmelsleuchten (airglow) zu
                     der internationalen Raumstation ISS        beobachten Ein Jahr später schickt
                     angedockt. © ESA                           ein Team der Tessiner Fachhochschule
                                                                SUPSI den Mikrosatelliten Tisat-1 in den
                                                                Weltraum. © EPFL

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Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
1969                                         1975                                       1978                                          1979

Von Bern zum Mond und wieder                 Die Raumfahrt unter einem Dach: Zehn       Auswahl europäischer Astronauten:             Nutzlastverkleidung einer Trägerrakete
zurück: Bei der ersten Mondlandung           Staaten, darunter die Schweiz, gründen     Der Schweizer Claude Nicollier wird           – Made in Switzerland: Die europäische
führen die Astronauten ein Experiment        die Europäische Weltraum­organisation      für die erste ESA-Astronautengruppe           Ariane-1-Trägerrakete startet zu ihrem
durch, um den Sonnenwind zu unter-           ESA. Sie entsteht aus der Fusion           ausgewählt, die mit dem US-amerika-           Jungfernflug mit einer Schweizer
suchen – den kontinuierlichen Strom          zwischen ESRO und ELDO (European           nischen Space Shuttle ins All fliegen         Nutzlastverkleidung der RUAG.
geladener Teilchen, der von der Sonne        Launcher Development Organisation).        soll. Nicollier gehört viermal zur Space-     Ariane-1 wurde vor allem entwickelt,
ausgeht. Johannes Geiss, Professor an        Dadurch vergrössert sich der Aufgaben­     Shuttle-Crew (1992, 1993, 1996 und            um zwei Satelliten gleichzeitig ins
der Universität Bern, entwickelte das        bereich und umfasst jetzt auch             1999) und verbringt insgesamt über            All zu transportieren und so Kosten
Experiment und trägt damit dazu bei,         operationelle Anwendungssysteme wie        1000 Stunden im All. Dazu gehört auch         zu sparen. Als die Satelliten immer
konkurrierende Theorien über den Ur-         Telekommunikationssatelliten. © ESA        ein Weltraumspaziergang um neue               grösser werden, wird die Ariane-1 durch
sprung des Sonnensystems, die Atmo-                                                     Instrumente am Teleskop Hubble zu             leistungs­fähigere Raketen abgelöst. Die
sphäre von Planeten und die Dynamik                                                     installieren. © ESA                           RUAG-Nutzlastverkleidungen beweisen
des Sonnenwinds zu klären. © NASA                                                                                                     bis heute ihre Zuverlässigkeit. © ESA

              2002                                          2004                                        2008

              Start des fortschrittlichsten Gammastrah-     Rendezvous mit einem Kometen:               Schweizer Präzision im Weltall: Als
              len-Observatoriums INTEGRAL: Das              Rosetta ist die erste Raumsonde über-       Vorbereitung auf das Galileo-System
              INTErnational Gamma-Ray Astrophysics          haupt, die einen Kometen aufsucht, in       lanciert die ESA in den 1990er-Jahren
              Laboratory der ESA untersucht eine der        seine Umlaufbahn eintritt und auf ihm       die Entwicklung von zwei Technologien
              energiereichsten Strahlungsarten im           landet. Sie untersucht den Kometen          für Borduhren: Rubidium-Uhren
              Universum. Innerhalb von Sekunden sen-        67P/Churyumov-Gerasimenko mit einer         (Rubidium Atomic Frequency Standard,
              det es wissenschaftliche Daten an das         Kombination aus Fernerkundungs- und         RAFS) und Wasserstoffuhren (Passive
              INTEGRAL Science Data Center (ISDC)           In-situ-Messverfahren. Unter den            Hydrogen Maser, PHM). Beim ersten
              der Universität Genf. Das ISDC stellt der     wissenschaftlichen Instrumenten an          Galileo-Testsatelliten 2005 kommen
              weltweiten Wissenschaftsgemeinschaft          Bord ist auch das Spektrometer ROSINA       RAFS-Uhren zum Einsatz; an Bord des
              entsprechende Alarm-Meldungen, verar-         (Rosetta Orbiter Spectrometer for Ion       zweiten Testsatelliten GIOVE-B wird die
              beitete Daten und Analyse-Software zur        and Neutral Analysis) der Universität       erste PHM-Uhr getestet. © ESA
              Verfügung. © ESA                              Bern. © ESA

2012–2016                                    2013                                       2013

Erster Vorsitz: Die Schweiz wird             Start des 4. ATV-Raumfrachters, Albert     CHEOPS (CHaracterising ExOPlanet
zusammen mit Luxemburg formell zur           Einstein: Der Frachter ist auf Vorschlag   Satellite) wird als erste S-Klasse-Mission
Co-Präsidentin des ESA-Ministerrats          der Schweiz nach dem berühmten Phy-        im Rahmen des ESA-Wissenschaftspro-
gewählt. © ESA                               siker benannt. ATV-4 ist eines von fünf    gramms ausgewählt. Ein Konsortium
                                             ESA-Raumschiffen, die wesentlich zur       aus 11 Ländern beteiligt sich an der
                                             Versorgung der ISS beitragen. Wichtige     Mission unter Leitung von Willy Benz,
                                             Bestandteile der ATVs stammen aus          Professor an der Universität Bern. Der
                                             der Schweiz. Dazu gehören die Struktur     Start des Satelliten ist für 2018 geplant.
                                             des Raumschiffs (RUAG Space), der          © ESA

                                             Mikrometeoritenschutzschild (APCO
                                             Technologies) sowie elektronische
                                             Komponenten (Syderal). © ESA

                                                                                                                                       9
Die Schweiz im Weltall - Spitzenforschung und Hightech - auch für den Alltag - Eidgenössisches Departement für auswärtige ...
Verlässliche Wetterprognosen und
Klimadaten dank Satelliten
Alex Rubli     Die Begeisterung muss gross gewesen sein,                  immer genauer und verlässlicher werden – nicht nur
MeteoSchweiz   als 1960 der Satellit TIROS 1 die ersten                   kurzfristig, sondern auch für mehrere Tage oder so-
               Wetterbilder lieferte. Ein halbes Jahrhundert              gar Wochen im Voraus.
               lang hatten die Meteorologen die Theorie
               der Wetterfronten entwickelt und nun
               sahen die Forschenden zum ersten Mal die                   Satelliten helfen, den
               Wolkenbänder und Tiefdruckwirbel, die ihre                 Klimawandel zu verstehen
               Theorien bestätigten. Heute sind Satelliten
               aus der modernen Meteorologie und der                      Satelliten leisten auch einen wichtigen Beitrag an
               Klimaforschung nicht mehr wegzudenken.                     die Klimabeobachtung. Die Messungen, die Satel­
                                                                          liten seit 40 Jahren regelmässig übermitteln, helfen
               In der Schweiz werden Wettersatelliten seit                uns, den Klimawandel besser zu verstehen. So
               1977 systematisch genutzt, als die Europäische             beobachten Satelliten eine Vielzahl von verschie-
               Weltraum­ organisation    ESA    ihren   Satelliten        denen klimarelevanten Variablen. Sie messen bei-
               Meteo­sat 1 in die Umlaufbahn schickte. 1986 ge-           spielsweise sehr genau die Zusammensetzung der
               hörte die Schweiz zu den Gründungsmitgliedern              Atmosphäre, die Struktur der Wolken, die Schnee-
               der EUMETSAT (European Organisation for the                bedeckung, die Ausdehnung der Gletscher, die
               Exploitation of Meteorological Satellites), einer          Boden­feuchte oder die Höhe des Meeresspiegels.
               zwischenstaatlichen Organisation für die Nutzung
               meteorologischer Satelliten. Diese sorgt seither in        Satellitendaten sind Teil des globalen Klimabeob-
               Zusammenarbeit mit der ESA für den Betrieb der             achtungssystem GCOS (Global Climate Observing
               europäischen Wettersatelliten. Die Schweiz ist auch        System). Verschiedene internationale Initiativen
               Depositarstaat der EUMETSAT-Konvention.                    arbeiten mit Beteiligung von Schweizer Institutio-
                                                                          nen daran, aus Satellitendaten umfassende Daten­
                                                                          sätze zu entwickeln. MeteoSchweiz leitet beispiels-
               Satelliten machen unser Leben sicherer                     weise für die Klimabeobachtungsinitiative von
                                                                          EUMETSAT lange Zeitreihen der Sonnenstrahlung
               Heutzutage treffen die Satellitenbilder in den             her. Im Auftrag der Climate Change Initiative der
               Wetterzentralen im Fünfzehnminutentakt ein. Sie            ESA werten EMPA, ETH und Universität Zürich
               ermöglichen den Meteorologinnen und Meteo­                 Daten zu Treibhausgasen, Wolken und Gletschern
               rologen einen genauen Überblick über die Wetter-           aus.
               lage. Besonders bei Wetterprognosen und kurzfristi-
               gen Wetterwarnungen sind sie ein unentbehrliches           Satellitendaten ermöglichen aber auch Dienstleis-
               Hilfsmittel. Mit Satellitenbildern lässt sich die genaue   tungen, die allen direkt zu Gute kommen. Dazu
               Position von Wetterfronten bestimmen. Die Daten            gehört der interaktive Solaratlas der Schweiz, den
               geben Auskunft über die Struktur der Wolkendecke           MeteoSchweiz zusammen mit swisstopo, dem
               und verraten eingelagerte Gewitter. Dank Satelliten-       Bundesamt für Energie BFE und Meteotest um­
               daten kennen die Meteorologen Temperatur und               setzte. Auf www.sonnendach.ch können alle Inte-
               Obergrenze der Wolken und können zum Beispiel              ressierten nicht nur nachfragen, ob sich das eigene
               Piloten warnen, wenn den Flugzeugen Gefahr durch           Hausdach für die Nutzung von Solarenergie eignet,
               Vereisung droht. Bildet sich Nebel oder löst er sich       sondern auch wieviel Strom und Wärme produziert
               auf? Bilden sich Lücken in der Wolkendecke und             werden könnten.
               werden unter dem klaren Winterhimmel die Strassen
               rutschig? Auch zur Beantwortung dieser Fragen
               nutzen die Meteorologen die Satellitendaten.

               Die Wettersatelliten werden immer leistungsfähiger
               und parallel dazu werden numerische Wetter­
               modelle weiter entwickelt. Letztere sind heute die
               wichtigste Grundlage für die Wettervorhersage.
               Täglich werden diese Wettermodelle mit Millionen
               von Satellitendaten gefüttert. Die Wettersatelliten
               sind also mit ein Grund dafür, dass die Prognosen

               10
MSG Satellitenbild der Nordhalbkugel mit Wettersystemen © EUMETSAT

                                                                     Wirtschaftlicher und sozialer Nutzen
                                                                     Satellitendaten machen Wettervorhersagen deutlich verlässlicher gegenüber
                                                                     Prognosen, die «nur» mit herkömmlichen Beobachtungen erstellt werden.
                                                                     Allein die EPS-SG (EUMETSAT Polar Systems – Second Generation)-Satelliten
                                                                     werden in Europa Einsparungen von bis zu 63 Milliarden Euro generieren. Die
                                                                     gemeinsam von ESA und EUMETSAT entwickelten Satelliten werden zwischen
                                                                     2021 und 2042 Wetterdaten aus einer polaren Umlaufbahn liefern. Dank der
                                                                     Daten können die Meteorologen zum Beispiel die Bevölkerung und die Land-
                                                                     wirtschaft früher vor Unwettern warnen. So können die Betroffenen Vorkeh-
                                                                     rungen treffen, um allfällige Schäden an Häusern und Kulturen sowie Ernte-
                                                                     ausfälle zu vermindern oder es können gar Menschenleben gerettet werden.
                                                                     Aber auch die Wirtschaft profitiert von verlässlicheren Wetterprognosen. In
                                                                     der Luftfahrt beispielsweise werden dank der Prognosen grosse Einsparungen
                                                                     erzielt, beispielsweise durch weniger Verspätungen oder Treibstoffverbrauch.

Ausschnitt aus dem Solaratlas
(Quelle: http://www.bfe-gis.admin.ch/sonnendach)
© BFE, swisstopo, MeteoSchweiz

                                                                                                                  11
Sicherer landen dank des Satelliten­
navigationssystem EGNOS
skyguide             Die Satellitennavigation beeinflusst bereits             Wie funktioniert EGNOS?
                     heute die Flugverfahren und wird dies in
                     den nächsten Jahren noch stärker tun. Das                EGNOS setzt sich zusammen aus drei geostatio-
                     Potenzial neuer Navigationstechnologien wie              nären Satelliten, die „fest“ über einem Punkt des
                     EGNOS (European Geostationary Navigation                 Äquators stehen und immer in die gleiche Region
                     Overlay Service) liegt vor allem in der höhe-            Signale ausstrahlen, sowie einem Netzwerk aus
                     ren Positionsgenauigkeit. Damit lassen sich              Bodenstationen. Das System korrigiert laufend die
                     Flugzeuge und Helikopter sicherer landen                 GPS-Signale und übermittelt die Korrekturen sofort
                     und der Flugverkehr effizienter abwickeln.               an die EGNOS-Empfänger. EGNOS erhöht also die
                     Der Kerosinverbrauch, Schadstoffausstoss                 Genauigkeit des GPS-Signals, so dass Flug­  zeuge
                     und die Lärmemissionen verringern sich                   und Helikopter auch in engen Tälern und beim
                     und nicht zuletzt auch die Kosten der                    Landen exakt gesteuert werden können.
                     Flughafen­betreiber.
                                                                              EGNOS ist ein gemeinsames Projekt von ESA, EU
                     Das     europäische     Satellitennavigationssystem      und der europäischen Flugsicherung Euro­control,
                     EGNOS ergänzt die Navigationssignale des ameri-          die gemeinsam als European Tripartite Group
                     kanischen GPS-Systems. Die Navigation wird damit         (ETP) das Projekt vorbereiteten. Es gilt als Einstieg
                     genauer und zuverlässiger, so dass Flugzeuge und         Europas in die Satellitennavigation und als Vor­
                     Helikopter speziell beim Landeanflug mit schlechter      läufer und zukünftige Ergänzung des europäischen
                     Sicht nicht mehr auf das Instrumentenlandesystem         Satellitennavigationssystems Galileo. Dieses soll
                     angewiesen sind. Die Leistungsfähigkeit des Satelli-     ab 2020 in Vollbetrieb sein und mit 30 Satelliten
                     tensystems und die entsprechende Ausrüstung er-          den gesamten Globus abdecken. Die Firma Euro-
                     lauben es den Piloten, bei der Landung von Beginn        pean Satellite Service Provider SAS (ESSP) mit Sitz
                     des Sinkflugs bis zum Aufsetzen auf dem Rollfeld         in Toulouse (F) betreibt und vermarktet EGNOS im
                     einem dreidimensionalen Pfad zu folgen.                  Auftrag der EU.

                                                                              Eine nationale Plattform koordiniert die Projekte
                     Schrittweise Einführung                                  seit 2008 und schafft die Rahmenbedingungen
                                                                              für ihre Umsetzung. Neben skyguide gehören zu
                     EGNOS wird auf allen Flughäfen in der Schweiz und        dieser Plattform unter anderem das Bundesamt für
                     den Helikopterbasen der Schweizerischen Rettungs-        Zivilluftfahrt BAZL, die Schweizer Luftwaffe, die
                     flugwacht Rega schrittweise eingeführt. Jedes neue       internationalen Flughäfen Zürich und Genf, Regio-
                     Verfahren ist individuell auf die Bedürfnisse der ein-   nalflugplätze, die Rega und die Fluggesellschaften
                     zelnen Flugplätze und jeweiligen Luftraumbenutzer        Swiss und Easyjet.
                     zugeschnitten. Dadurch können die Betreiber nicht
                     nur Sicherheit und Kapazität erhöhen, sondern auch
                     die Kosten für die technische Infrastruktur für die
                     Landeanflüge am Boden reduzieren.

           «Das System EGNOS ist für uns ein gewaltiger Fortschritt»,
           sagt Heinz Leibundgut, Chefpilot der Rega. «Dank EGNOS
           können wir in schwierigem Gelände auch bei schlechter Sicht
           oder Nachteinsätzen deutlich besser navigieren. Gerade in der
           Schweiz ist dies ein unschätzbarer Vorteil. EGNOS erlaubt es der
           Rega, öfters auch bei schwierigem Wetter auszurücken - mit
           erhöhter Sicherheit für Piloten und Passagiere und zum Nutzen
           der somit rascher Geretteten.»

                                                                              Dank EGNOS konnte die Rega den ersten Präzisionsanflug
                                                                              für Helikopter in Europa realisieren. © Rega

                     12
1

                         2                       2                        2                    2                     2
     2

      3                    4                                                                                               3

Verfahren basierend auf GPS und EGNOS

1   European Geostationary Navigation Overlay Service EGNOS
2   Global Positionig System GPS
3   Referenzstationen
4   Master-Kontrollstationen

                                                                                                                     © skyguide

Die Rolle von skyguide

Skyguide ist seit Anbeginn Mitglied der EGNOS-
Betreiber und -Infrastruktur-Gruppe (EGNOS
Operations and Infrastructure Group, EOIG). Die
Gruppe versorgte die ESA und deren Mitglied­
staaten mit dem nötigen spezifischen Fachwissen
und beriet sie in technischen und operationellen
Fragen der Flugsicherheit, damit sie ein Satelliten-
system ent­wickeln konnten, das höchsten Ansprü-
chen für einen sicheren und effizienten Flugbetrieb
genügt. Zusammen mit den nationalen Flug­
sicherheitsbehörden in Deutschland, Frankreich,
Grossbritannien, Italien, Portugal und Spanien ist            Skyguide ist die schweizerische Flugsicherungsbehörde. Sie
skyguide Teilhaberin der ESSP.                                ist zuständig für die sichere, flüssige und wirtschaftliche
                                                              Abwicklung des zivilen und militärischen Flugverkehrs im
                                                              schweizerischen und in Teilen des angrenzenden Luftraums,
                                                              die an skyguide delegiert sind. Neben den Überflügen kontrol-
                                                              liert skyguide auch den Flugverkehr der beiden grossen inter-
                                                              nationalen Flughäfen Genf und Zürich sowie der 12 regionalen
                                                              Flughäfen in der Schweiz.

                                                                                             13
Dank Satellitendaten und Schweizer
Knowhow höhere Erträge und
weniger Risiko beim Reisanbau
Michael Anthony            Asien ist die Reisschale der Welt: 90 Pro-              jekt, einer Public Private Partnership, arbeiten seit
sarmap SA                  zent des Reises der Welt wird auf dem                   2013 Privatwirtschaft, Forschung und Regierungs-
                           asiatischen Kontinent angebaut, wo das                  stellen über die Landesgrenzen hinweg eng zusam-
                           Grundnahrungs­mittel auch zwei bis drei                 men. Sie nutzen die Fernerkundung via Satelliten
                           Mal täglich auf den Tisch kommt. Zu oft                 dazu, Ernteprognosen zu erstellen und Informatio-
                           aber bleibt die Reissschüssel leer; regel-              nen für die Ernteausfallversicherung zur Verfügung
                           mässig beeinträchtigen Dürre oder Über-                 zu stellen. An RIICE beteiligt sind aus der Schweiz
                           schwemmungen die Reisernte. Seit 2015                   die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit
                           helfen Satelliten dabei, die Gefahr frühzeitig          DEZA und das Tessiner Technologieunternehmen
                           zu erkennen und sie messen das Ausmass                  sarmap. Dazu kommen das IRRI, der deutsche Ver-
                           von Überschwemmungen. Damit tragen                      sicherungskonzern Allianz und die deutsche Gesell-
                           sie wesentlich zur Ernährungssicherheit                 schaft für internationale Zusammenarbeit GIZ. Ziel
                           bei und helfen gleichzeitig mit, dass die               ist, alle Reisanbauflächen in Asien zu kartographie-
                           Reisbauern bei Ernteausfällen rascher ent­              ren und die erwartete sowie tatsächliche Ernte zu
                           schädigt werden können.                                 bestimmen.

                           Das Projekt RIICE                                       Satelliten erhöhen Ernährungssicherheit
                                                                                   und ermöglichen rasche Hilfe vor Ort
                           Die Satelliten erfassen die Reisanbaufläche in Asien
                           und machen es möglich, mit einer Genauigkeit von        Die Satellitendaten tragen ganz direkt zu
                           bis zu 90 Prozent den Ertrag im Voraus zu schät-        Ernährungs­sicherheit und Armutsbekämpfung bei.
                           zen. Die verarbeiteten Satellitendaten fliessen dafür   RIICE kann dank der Daten nicht nur Ernteausfälle
                           in ein Modell für das Reispflanzenwachstum – ent-       verkleinern oder gar verhindern, sondern auch ganz
                           wickelt vom philippinischen Reisforschungsunter-        konkret mithelfen, dass Hilfe nach Naturereignissen
                           nehmen (International Rice Research Institute, IRRI).   rascher vor Ort ist und betroffene Reisbauern ra-
                           Der Sentinel-1A-Satellit der Europäischen Weltrau-      scher Entschädigungen erhalten. Die Radarsensoren
                           morganisation ESA schickt alle 12 Tage Aufnahmen        der Sentinel-Satelliten können Schäden jederzeit
                           der Reis­felder zur Erde. Anhand der Daten lässt sich   und unmittelbar feststellen. Sie sind nicht wetterab-
                           einerseits das Pflanzenwachstum genau verfolgen         hängig und durchdringen auch jede Wolkendecke.
                           und andererseits lassen sich auch Unwetterschäden       Welchen Nutzen die Satellitendaten bringen, zeigte
                           ermitteln.                                              sich zum Beispiel im November 2015, als ein Taifun
                                                                                   weite Teile im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu
                           Das technische Knowhow stammt aus der Schweiz,          verwüstete. Dank der Satellitenbilder konnten sich
                           wo auch alle Satellitendaten verarbeitet werden,        die Behörden rasch ein Bild über das Ausmass der
                           bevor regierungsnahe Forschungsinstitute der            Verwüstungen machen und Hilfsgüter in die betrof-
                           Partner­
                                  länder die Auswertung nach und nach              fene Gegend schicken.
                           selber übernehmen – im Rahmen des Projekts RIICE
                           (Remote Sensing-based Information and Insurance         Nicht nur bei der Nothilfe kommt die Satellitentech-
                           for Crops in Emerging Economies). In diesem Pro-        nologie zum Einsatz. Sie schafft auch Grundlagen
                                                                                   für landwirtschaftliche Versicherungen, um Ernte-
                                                                                   ausfall und erlittenen Schaden rasch und effizient zu
   Sentinel-1A                                                                     berechnen. Davon profitieren die Bauern, die so ihre
   Der 2,3 Tonnen schwere Satellit Sentinal-1A verfügt über ein Radarauge, das     Entschädigungen frühzeitig erhalten und wieder
   unabhängig von Wetter und Wolken jederzeit, rund um die Uhr, Bilder der         in neues Saatgut investieren können – ohne einen
   Erdoberfläche mit einer Auflösung von fünf mal fünf Metern liefern kann. Er     neuen Kredit aufnehmen und sich neu verschulden
   umrundet die Erde in 693 Kilometer Höhe mit einer Geschwindigkeit von rund      zu müssen.
   sieben Kilometern pro Sekunde (also rund 25‘000 Kilometer pro Stunde). Seit
   Oktober 2014 sendet Sentinel-1A Bilder zur Erde. Er wurde von der ESA entwi-
   ckelt und wird im Rahmen des Copernicus-Programms von der EU betrieben.

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Der ESA-Satellit Sentinel-1A © ESA

                                                                                              Copernicus: Globale Beobachtung für Umwelt
                                                                                              und Sicherheit

                                                                                              Copernicus ist das Erdbeobachtungsprogramm
                                                   17-SEP-2015_26-SEP2015                     der EU. Basierend auf boden-, luft- und satelliten-
                                                   27-SEP-2015_06-OCT-2015
                                                                                              gestützten Beobachtungen stellt es Geoinformati-
                                                   07-OCT-2015_16-OCT-2015
                                                   17-OCT-2015_26-OCT-2015                    onsdienste für Umweltbeobachtung und Sicher-
                                                   27-OCT-2015_05-NOV-2015                    heit zur Verfügung. Die Beobachtungen aus dem
                                                   06-NOV-2015_15-NOV-2015
                                                                                              Weltraum erfolgen vor allem mit den spezifisch
                                                   16-NOV-2015_25-NOV-2015
                                                   26-NOV-2015_05-DEC-2015                    für Copernicus entwickelten Sentinel-Satelliten.
                                                   06-DEC-2015_15-DEC-2015                    Hauptsächliche Nutzerinnen und Nutzer der
Die Aufnahme markiert den Beginn                                                              Informationsdienste sind europäische, nationale
der Reissaison im November 2015 in                                                            und regionale Behörden, aber auch Wirtschaft
Kambodscha und zeigt gemäss der bei­                                                          und Forschung. Die Copernicus-Dienste unter-
gefügten Tabelle, zu welchem Zeitpunkt
                                                                                              stützen eine breite Palette von Anwendungen
die Reisfelder bestellt wurden.
© Copernicus data (2015)
                                                                                              in den Bereichen Landnutzung, Meeresumwelt,
Hintergrundkarte ©OpenStreetMap contributors                                                  Atmosphäre, Katastrophen- und Krisenmanage-
                                                                                              ment, Klimawandel und Sicherheit.
                                               Dieses Bild, das sich aus verschiedenen
                                               Aufnahmen von Kambodscha während               Die Initiative zu Copernicus wurde 1998 ge-
                                               der Erntesaison 2015 zusammensetzt, gibt       meinsam von der EU und der ESA lanciert. Die
                                               - farblich kodiert – die Unterschiede der
                                                                                              Schweiz hat sich seither im Rahmen von diver-
                                               Erdoberfläche wieder: Dunkelblau steht für
                                                                                              sen EU- und ESA-Programmen an der Entwick-
                                               Gewässer, Weiss für Siedlungen und Infra-
                                               struktur, Grünschattierungen sind Wald-        lung der Satelliten und der Informationsdienste
                                               flächen unterschiedlicher Art und Dichte       beteiligt. 2014 startete die EU das operationelle
                                               und hellblau bis violett zeigt Agrarland       Betriebsprogramm, wobei wesentliche Teile der
                                               während unterschiedlicher Anbauphasen.         Durchführung an bestehende Organisationen
                                               © Copernicus data (2015)
                                               Hintergrundkarte ©OpenStreetMap contributors   delegiert wurden, an denen die Schweiz beteiligt
                                                                                              ist wie ESA, EUMETSAT, Europäische Umwelt­
                                                                                              agentur oder FRONTEX.

                                                                                                                15
Naturgefahren früh erkennen
dank Satellitenradar
Urs Wegmüller   Satelliten überwachen seit über 20 Jahren                    Zuverlässige Daten im Millimeterbereich
Gamma Remote    Gletscher, Hänge und Felswände, aber
Sensing AG      auch die Infrastruktur (Bahnlinien,                          Mit den Radarwellen lassen sich Topographie und
                Dämme, Gebäude) im Alpenraum mittels                         Geländebewegungen zuverlässig bestimmen. Das
                Satellitenradarinterferometrie. Die Methode                  Satellitenradarsystem erfasst in regelmässigem Ab-
                ermöglicht es, Naturgefahren früh zu                         stand Daten des überwachten Gebiets – bei fast
                erkennen, das Gefahrenpotenzial auf dem                      jedem Wetter und in guter Qualität. Dabei lassen
                neusten Stand zu halten sowie ein Inventar                   sich bereits minimale Verschiebungen von einigen
                der drohenden Gefahren zu erstellen und                      Millimetern oder Zentimetern erkennen. Von 2002
                laufend zu aktualisieren.                                    bis 2012 nutzte die Schweiz den ESA-Umweltsatel-
                                                                             liten ENVISAT; 2014 nahm der Sentinel-1A-Satellit
                Die Radarinterferometrie eröffnete ganz neue Mög-            seinen Betrieb auf.
                lichkeiten für das Erstellen von Gefahren- und Be-
                wegungskarten bei Naturereignissen wie Vulkan­               Mit geringem Aufwand lassen sich frühere Gelände-
                ausbrüchen, Erdbeben, Hangrutschen, in­    stabilen          bewegungen genau rekonstruieren: Man vergleicht
                Felsen, Veränderungen des Permafrosts und Glet-              mehrere zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenom-
                scherabbrüchen, oder von Geländebewegungen,                  mene Radarbilder miteinander. Die neue Satelliten-
                die von Menschen verursacht werden. Dazu gehören             generation erfasst sogar Echtzeit-Bewegungen. So
                zum Beispiel Geländeveränderungen im Bergbau bei             ermöglichen die über Jahre gesammelten Daten eine
                der Erdöl- und Erdgasgewinnung, bei der Entnahme             Bestandesaufnahme der Gefahrenmöglichkeiten;
                von Grundwasser oder beim Bauen.                             mit den aktuellen Daten wird das Gefahrenpotential
                                                                             aktualisiert. Für eine zeitnahe lokale Überwachung
                                                                             kommen auch bodengestützte Interferometrie-Sen-
                                           -5mm/year      0      +5mm/year
                                                                             soren zum Einsatz. Sie können Messungen im Minu-
                                                                             tentakt durchführen, so dass sie auch als Teil eines
                                                                             Frühwarnsystems dienen können.

                                                                             Einsatz im Gebiet der Chli Windgällen

                                                                             In einem Pilotversuch führten wir im Urner Reusstal
                                                                             zwischen Sisikon und Wassen satellitengestützte
                                                                             Verschiebungsmessungen insbesondere im Gebiet
                                                                             der Chli Windgällen durch. Dank umfangreichem
                                                                             Datenmaterial aus einer 20-jährigen Messreihe von
                                                                             zwei ERS- und ENVISAT-Satelliten war es möglich
                                                                             retrospektive Messdaten zu generieren und geolo-
                                                                             gisch zu interpretieren. So konnten, ohne vorgängig
                                                                             Messpunkte zu setzen, die Geländebewegungen mit
                                                                             einer Messgenauigkeit für lineare Bewegungen von
                                                                             etwa 1 mm/Jahr und einer räumlichen Auflösung
                                                                             von rund 20 m erfasst werden. Auftraggeberin
                                                                             waren die SBB, die die Ergebnisse für ihr Überwa-
                                           Mittlere Verschiebungsrate        chungskonzept auf der Nord-Süd-Achse nutzt.
                                           für das Urner Reusstal
                                           zwischen 2003 und 2010
                                           – erstellt aufgrund von
                                                                             In der Schweiz wird die Methode zudem im alpinen
                                           ENVISAT-Daten. Beobach-           Raum für die Kartierung von Hangrutsch­        ungen
                                           tet werden signifikante           und Felsinstabilitäten eingesetzt. Im Auftrag des
                                           Bewegungen insbesondere           Bundes­amtes für Umwelt BAFU werteten wir gross-
                                           im Gebiet der Windgällen          flächig die Daten verschiedener Radar­satelliten aus.
                                           (blauer Kreis), oberhalb von      Das BAFU nutzte die Daten anschliessend, um
                                           Silenen. ENVISAT data copyright
                                           ESA, SAR/InSAR Processing Gamma
                                                                             Gefahren­karten mit verschiedenen Gefahrenstufen
                                           Remote Sensing AG                 zu erstellen.

                16
Der Umweltsatellit ENVISAT der ESA.
In Betrieb von 2002 bis 2012 © ESA

                                      Satellitenradarinterferometrie
                                      Bei dieser Methode senden Satelliten Radarwellen zur Erdoberfläche, die dort
                                      reflektiert werden. Dies erlaubt sehr präzise Distanzmessungen zwischen
                                      Satellit und Erdoberfläche. Befindet sich ein Hang in Bewegung, so verändert
                                      sich die Distanz zwischen Satellit und Erdoberfläche von einer Messperiode
                                      zur nächsten. Die interferometrische Auswertmethode erfasst solche Distanz­
                                      unterschiede mit hoher Genauigkeit und erstellt eine Karte davon.

                                      Die Methode bietet neue Überwachungsmöglichkeiten in unbewohnten
                                      Gegenden, wo keine anderen Messnetze bestehen. Die Radarinterferometrie
                                      ist deshalb unter anderem gut geeignet für Hänge, die bisher durch Perma­
                                      frost stabilisiert wurden, durch den Klimawandel nun aber auftauen und in
                                      Bewegung geraten.

                                                                                   17
Raumfahrt ist Alltag und Wirtschaftsmotor
für den Werkplatz Schweiz
Peter Guggenbach              Schweizer Unternehmen sind in der Raum-               Raumfahrt für den Alltag
Präsident der Schweizer       fahrt ganz vorne mit dabei. Ohne Spitzen-
Raumfahrt Industrie           technologie aus der Schweiz kommt kaum                Die Raumfahrt ist Bestandteil unseres Lebens, ohne
(SSIG)                        eine Weltraummission aus. Davon profitiert            dass wir es richtig bemerken: Ob wir fernsehen, tele-
                              neben dem Forschungs- und Bildungs­                   fonieren, E-Mails senden oder mit GPS Auto fahren,
Raoul Keller                  standort auch der Werkplatz Schweiz.                  immer nutzen wir Entwicklungen der Raumfahrt. In
Geschäftsführer der           Die Raumfahrt schafft hochwertige und                 den letzten zwei Jahren waren es über 270 Anwen-
Schweizer Raumfahrt           nachhaltige Arbeitsplätze in der Schweiz,             dungen, die – entwickelt im Rahmen von Program-
Industrie (SSIG)              sichert den Transfer von Knowhow und för-             men der Europäischen Weltraumorganisation ESA
                              dert Entwicklungen und Anwendungen in                 – den Weg in andere Bereiche fanden. So helfen
                              anderen Industriebereichen.                           Erdbeobachtungssatelliten dabei, die komplexen Zu-
                                                                                    sammenhänge der Ökosysteme im globalen Mass-
                              Die Weltraumindustrie der Schweiz ist eine stra-      stab zu verstehen, unsere Umwelt zu überwachen
                              tegisch wichtige Wachstumsbranche. Sie erhält         und natürliche Ressourcen effizienter einzusetzen
                              hochwertige Aufträge und entwickelt zum Beispiel      (siehe Seite 14). Präzise Wettervorhersagen sind
                              Nutzlastverkleidungen für Trägerraketen, Strukturen   ohne Satellitendaten undenkbar (siehe Seite 10).
                              für Satelliten, Präzisionsmechanismen, Bordelektro-
                              nik, Weltraumtransponder, Triebwerkskomponen-         Und nicht zuletzt ist die Raumfahrt auch wirtschaft-
                              ten, neue Werkstoffe, Messtechnik oder wissen-        lich rentabel. Die Schweiz steuerte zum Beispiel
                              schaftliche und medizinische Instrumente. Häufig      3 Prozent bei an die Kosten der ESA/EUMETSAT-
                              lassen sich dafür auch profitable Anwendungen         Wetter­ satellitenprogramme. Damit erwarb sie das
                              für den Alltag auf der Erde finden. Die Aktivitäten   Recht, alle Funktionen der teilweise in der Schweiz
                              im Weltraum prägen auch unsere Kommunikation,         gebauten Satelliten zu nutzen. Der Gesamtnut-
                              Infra­struktur und Mobilität auf der Erde.            zen in den nächsten 20 Jahren wird auf das 15- bis
                                                                                    60-­fache der 3 Milliarden Euro geschätzt, die in das
                                                                                    Satellitenprogramm investiert werden. Die Schweiz
                                                                                    nutzt die Satellitendaten insbesondere, um Bevölke-
                                                                                    rung und Infrastruktur vor Erdrutschen und wetter-
                                                                                    bedingten Gefahren zu schützen (siehe Seite 16).

                                                                                    Das Copernicus-Programm der Europäischen Kom-
                                                                                    mission stellt Satellitendaten für den Schutz der
                                                                                    Umwelt und die zivile Sicherheit weltweit zur Ver-
PulsEar - der Ohrhörer, der                                                         fügung. Die Schweiz produziert nicht nur wichtige
den Puls misst © CSEM                                                               Teile für die Satelliten, sondern nutzt auch deren
                                                                                    Daten, beispielsweise für Forschungen auf dem Ge-
                                                                                    biet des Klimawandels (siehe Seite 15).

                                                                                    Das «PulsEar» des Centre Suisse d’Electronique et
                                                                                    de Microtechnique CSEM zur Messung der Herz-
                                                                                    frequenz ist ein weiteres Beispiel. Der Sensor ist in
                                                                                    einem handelsüblichen Kopfhörer integriert und der
                                                                                    Puls wird in Echtzeit auf einem iPhone angezeigt.
                                                                                    Die «PulsEar»-Technologie wurde ursprünglich für
                                                                                    die ESA entwickelt, um menschliches Verhalten
                                                                                    während Langzeitmissionen im Weltraum zu beo­
                                                                                    bachten.

                              18
Die von RUAG Space gebaute Struktur des europäischen Raumfahrzeugs IXV
                                                      (Intermediate eXperimental Vehicle) auf dem mechanischen Bodensystem
                                                      von APCO Technologies © ESA

Hochspezialisierte Arbeitsplätze

Die Raumfahrtprogramme der ESA schaffen in der
Schweiz Arbeitsplätze für hoch qualifizierte Mit-
arbeitende. Gleichzeitig fördern sie den Wissens­
austausch und die Zusammenarbeit zwischen
Forschung und Industrie. Neben Hochschul­
absolventinnen und –absolventen beschäftigt die
Raumfahrtindustrie Fachleute aus den unterschied-
lichsten Bereichen. Sie bringen Fachwissen mit
aus Elektronik, Optik, Präzisionsmechanik, Aero-
und Thermodynamik, Computerwissenschaften,
Material­wissenschaften oder 3D-Druckverfahren.

Insgesamt beschäftigen die 21 Unternehmen der
Swiss Space Industries Group SSIG gut 900 Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die direkt mit
Raumfahrttechnologie zu tun haben. Der Jahresum-      Schweizer Bordelektronik: Massenspeicher und Formatierungseinheit von
satz liegt bei 270 Millionen CHF. Indirekt aber ar-   Syderal SA für die ESA-Mission EarthCARE © Syderal
beiten in der Schweiz mehrere tausend Personen
im Dienste der Raumfahrt – beispielsweise Mitar-
beitende von Firmen der Maschinen-, Elektro- und
Metallindustrie, die wichtige Komponenten für die
Raumfahrtindustrie liefern.

                                                                                            19
Kein Ariane-Start ohne Schweizer Hightech

Hendrik Thielemann         Auf jedem Flug einer europäischen Träger­               letzt dank der Schweizer Technologie sehr erfolg-
RUAG                       rakete ist die Schweiz mit dabei: Unter                 reich: Die Ariane bringt weltweit etwa die Hälfte
                           anderem mit einer Nutzlastverkleidung.                  der gros­ sen kommerziellen Telekommunikations­
                           Sie schützt die Nutzlast an der Spitze der              satelliten ins All.
                           Rakete und stellt sicher, dass die Satelliten
                           die Erdatmosphäre sicher durchqueren. Die
                           Hülle dämpft den Startlärm, schützt vor                 Partnerin der ersten Stunde
                           Hitze und hält Schmutz fern.
                                                                                   Die Schweiz ist Partnerin der ersten Stunde im
                           Nur etwa dreieinhalb Minuten dauert der Flug ei-        Ariane­- Programm. Schon beim ersten Start am
                           ner Ariane-Rakete, bis sie die Erdatmosphäre in         24. Dezember 1979 schützte eine Nutzlastverklei-
                           rund 120 Kilometern Höhe verlässt. Aber in diesen       dung der heutigen RUAG Space den Satelliten. Seit
                           dreieinhalb Minuten muss die Rakete einiges aus-        2012 verfügt Europa neben der Ariane über eine
                           halten: Der Lärm der Triebwerke ist so laut, dass ein   zweite Trägerrakete, die Vega, die ebenfalls mit
                           Mensch in unmittelbarer Nähe ihn nicht überleben        einer Schweizer Nutzlastverkleidung ausgerüstet
                           könnte. Die hohe Fluggeschwindigkeit verursacht         ist. Während die knapp 60 Meter hohe Ariane 5
                           enorme aerodynamische Lasten und die Aussen-            als «Schwertransporter» zwei grosse Telekommu-
                           haut der Rakete heizt sich auf bis zu 700 Grad auf.     nikationssatelliten mit einem Gesamtgewicht von
                           Das alles wäre viel zu viel für die empfindlichen       zehn Tonnen und mehr in eine geostationäre Um-
                           Satelliten, die an der Spitze der Rakete ins Weltall    laufbahn befördern kann, bringt die rund 30 Meter
                           reisen – wäre da nicht ein spezieller Schutz aus der    hohe Vega kleine bis mittelgrosse Nutzlasten in
                           Schweiz: Die Nutzlastverkleidung, eine aerodyna-        erdnahe Umlaufbahnen. Damit ist sie besonders
                           misch geformte 17 Meter grosse Haube, die ganz          geeignet, Satelliten für Erdbeobachtung, Meteoro-
                           vorne auf der Rakete die unter ihr eingekapselten       logie und Wissenschaft zu transportieren.
                           Satelliten zuverlässig schützt.
                                                                                   Inwischen können die Ingenieure von RUAG Space
                           Das Schweizer Raumfahrtunternehmen RUAG                 auf mehr als 250 erfolgreiche Flüge zurückblicken.
                           Space ist Weltmarktführer, wenn es darum geht,          Diese Zuverlässigkeit ist in der weltweit führenden
                           die ersten drei Minuten nach dem Start an der           Raumfahrtnation USA ebenfalls gefragt. Auch dort
                           Raketen­spitze zuverlässig zu bewältigen. RUAG          setzt man inzwischen auf die Schweizer Technolo-
Start einer Ariane-5-      Space liefert die Nutzlastverkleidungen für die         gie. Die derzeit wichtigste amerikanische Rakete
Rakete am 18, Juni 2016    europäischen Trägerraketen Ariane und Vega und          für den Transport grosser Satelliten ins All, die
auf dem europäischen       leistet damit einen massgeblichen Beitrag zum           Atlas-V, fliegt seit 2003 mit einer Schweizer Kohle­
Weltraumbahnhof in
                           Raketen­programm, das Europa einen eigenen,             faser-Haube. Derzeit entwickelt man bei RUAG
Französich-Guayana mit
                           unabhängigen Zugang zum Weltraum sichert.               Space bereits die Nutzlastverkleidungen für die
zwei Satelliten an Bord.
Die Spitze schützt eine    Auch kommerziell ist die Ariane-Rakete, nicht zu-       nächste Raketengenerationen Ariane 6 in Europa
Nutzlastverkleidung der                                                            und Vulcan in den USA.
RUAG © ESA

                           20
Die Nutzlastverkleidung für eine Vega-Rakete wird bei RUAG
Space in Zürich für den Transport verpackt © RUAG

                                                             Das Ariane-Programm
                                                             Das Programm zur Entwicklung und zum Bau von europäischen Träger­
                                                             raketen wurde 1973 ins Leben gerufen. Hauptziel war, Europa einen unab-
                                                             hängigen Zugang zum Weltraum zu verschaffen und damit die Abhängigkeit
                                                             von anderen Raumfahrtnationen zu verringern. Seither hat die Europäische
                                                             Weltraumorganisation ESA fünf Generationen der Ariane-Rakete entwickelt
                                                             - mit der sechsten wurde 2014 begonnen – und den Bau des europäischen
                                                             Weltraumbahnhofs in Kourou (Französisch-Guayana) unterstützt.

                                                             Dank der stets verbesserten Leistungsfähigkeit und der hohen Zuverlässigkeit
                                                             werden heute die meisten kommerziellen Satelliten mit Ariane-Raketen
                                                             gestartet. Für die Versorgung der Internationalen Raumstation ISS spielte die
                                                             Ariane ebenfalls eine wichtige Rolle: Die Rakete schickte die fünf ESA-Raum-
                                                             transporter ATV (Automated Transfer Vehicle) ins All, die zwischen 2008 und
                                                             2014 Vorräte und Experimente zur ISS brachten (siehe Seite 30).

                                                                                                           21
Schweizer Atomuhren machen
unser «Navi» genauer
Pascal Rochat             Das «Navi» (Navigationsgerät) ist aus                  Atomuhren «Made in Switzerland».
Spectratime               unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.
                          Ob beim Wandern oder Autofahren,                        Die Atomuhren entsprechen kaum unserer Vor-
                          in der Landesvermessung oder in der                     stellung einer herkömmlichen Uhr mit Zifferblatt
                          Landwirtschaft, bei der Verkehrsführung                 und Zeiger. Auch sie benötigen zwar einen Takt-
                          zu Wasser, zu Lande oder in der Luft:                   geber, aber es handelt sich nicht um ein Pendel,
                          Satellitenbasierte Navigationssysteme sind              sondern um die Veränderung des Energiezustands
                          das A und O für die Positionsbestimmung                 eines Atoms. Für das europäische Satellitennaviga-
                          und Navigation. Wir erwarten dabei ganz                 tionssystem Galileo entwickelte die Firma Spectra­
                          selbstverständlich eine Genauigkeit von                 time in Neuenburg zwei verschiedene Uhrenty-
                          wenigen Metern oder sogar Zentimetern.                  pen. Sie basieren auf Rubidium- beziehungsweise
                                                                                  Wasserstoffatomen. Letztere gelten als präziseste
                          Für so genaue Daten brauchen Satelliten-­ Atomuhren im Weltall und gehen in drei Millionen
                          Navigationssysteme exakt synchronisierte, sta-          Jahren nur eine Sekunde vor- oder nach. Sollte eine
                          bile und hochpräzise Atomuhren. Das Signal der          der Uhren ausfallen, steht als Back-up in jedem
                          Navigations­ satelliten wird zusammen mit einem         Satelliten ein zweites Exemplar zur Verfügung. Die
                          «Zeitstempel» der Atomuhren zur genauen                 Satelliten funken die «Zeit» zusammen mit ihrer
                          Positions­bestimmung genutzt. Weil sich die von         Position zur Erde. Ein entsprechender Empfänger
                          den Satelliten ausgestrahlten Signale mit Licht­        kann dann aus der Laufzeit des Signals seinen
                          geschwindigkeit (300‘000 km/sec) ausbreiten, wir-       Standort genau berechnen. Das Prinzip beruht auf
                          ken sich bereits kleinste Zeitfehler auf die Positions­ der Signalübertragung von mindestens vier Satelli-
                          genauigkeit aus. Wenn eine Atomuhr in einem             ten, die auf einen Milliardstel einer Sekunde genau
                          Satelliten nur um eine Nanosekunde (1 Milliardstel      miteinander synchronisiert werden.
                          Sekunde) «falsch» geht, macht das eine Abwei-
                          chung von 30 cm aus.                                    Neben der Navigation sind Atomuhren im Welt-
                                                                                  raum auch im Einsatz für Telekommunikation,
                          Die Uhren müssen auch etwas aushalten können:           Radio­astronomie oder für die Messung physikali-
                          Beim Raketenstart und im Moment, wo sich die            scher Effekte an der Grenze der Messbarkeit. Doch
                          Satelliten von der Rakete lösen, werden sie durch-      auch viele alltägliche Anwendungen auf der Erde
                          geschüttelt. Und auf ihrem Weg ins und durchs All       brauchen hochpräzise Zeitsignale aus dem Welt-
                          sind die Atomuhren hohen Temperaturschwan-              raum, wie sie uns Atomuhren dank ihrer Genauig­
                          kungen ausgesetzt. Einmal im All können sie nicht       keit rund um den Globus liefern. Dies beginnt
Atomuhr der Neuenburger   mehr gewartet werden.                                   bereits beim Festlegen der koordinierten Weltzeit
Firma Spectratime mit
                                                                                  (Universal Time Coordinated, UTC). Ohne solche
einem Innengehäuse der
Aargauer Firma Argotec.
                                                                                  Taktgeber können Kommunikationsnetzwerke
© Spectratime                                                                     nicht synchronisiert werden, was dazu führen
                                                                                  kann, dass Stromnetze in Spitzenzeiten zusammen-
                                                                                  brechen oder die Kommunikation per Mobiltelefon
                                                                                  und Internet unzuverlässiger und langsamer wird.
                                                                                  Auch das Bezahlen mit Karte beim täglichen Ein-
                                                                                  kauf oder der elektronische Handel von Wertpapie-
                                                                                  ren sind ohne Atomuhren und Satellitensignale aus
                                                                                  dem Weltraum nicht mehr denkbar.

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