30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
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VORWORT 01 Inhalt Die Trossiner Teiche ....................... 02 Anwalt für die Natur ....................... 34 30 Jahre NABU Sachsen 30 Meilensteine für die Natur Hoher Forst gehört zum ................. 04 Die Lebendige Luppe ..................... 36 UNESCO-Weltkulturerbe Der NABU Sachsen wird 30: Grund zur Freude für unse- zentralistisch organisiert, um einerseits die Effektivität ren Landesverband, aber vor allem auch für die Natur. der Arbeit zu verbessern und andererseits ausreichend Seit 30 Jahren setzen wir uns in Sachsen für den prakti- Staatsnähe gewährleisten zu können. Neben der GNU Schwalben willkommen ................ 06 Naturschutzgerechte ..................... 39 schen Natur- und Artenschutz ein und bewirken dadurch war in Sachsen bis 1990 vor allem auch der ehrenamt- Beweidung positive Veränderungen. Um unser Erreichtes Revue liche Naturschutzdienst, der hier ebenfalls eine lange passieren zu lassen, haben wir mit dieser Broschüre eine Tradition hat, Hauptträger des Naturschutzes. Auswahl wichtiger Projekte, Einsatzgebiete und Aktionen Der Seußlitzer Grund ..................... 42 getroffen. Trotz oft widriger Rahmenbedingungen, zum Im August 1990 erhielt der NABU Sachsen als erster Die Naturschutzinstitute .............. 08 Beispiel was Finanzierung und mangelndes Personal sächsischer Verein die staatliche Anerkennung als Natur- des NABU Sachsen angeht, blicken wir heute – in erster Linie auch dank des schutzverband. Diese brachte auch das wichtige demo- großen ehrenamtlichen Engagements unserer Mitglie- kratische Recht auf Mitwirkung an Planungsverfahren, der – auf 30 erfolgreiche Jahre in der Naturschutzarbeit die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden Naturtäter? Gefällt mir! ................. 10 Die Wildvogelhilfe .......................... 44 und eine noch längere bewegte Geschichte zurück. sind, mit sich. Von den heute rund 70 sächsischen NABU-Gruppen, den 14 NABU-Naturschutzstationen, Die Gründungsversammlung des „Naturschutzbundes den drei NABU-Naturschutzinstituten oder unter der der DDR“ als Landesverband der drei Sächsischen Bezir- Regie des Landesverbandes wurden im Laufe der letzten Bergwiesencamp mit der ............ 12 Allianz für Sachsens Flüsse ........... 46 ke fand am 10. März 1990 im Leipziger Naturkundemu- 30 Jahre mehrere große Naturschutzprojekte realisiert. NAJU im erzgebirgischen seum statt. Kurz darauf gründeten sich Landesverbände Darunter befinden sich das im Jahr 2012 gestartete und Zechengrund auch in anderen „neuen“ Bundesländern. Mit Blick gemeinsam mit weiteren Partnern verwirklichte Vorha- auf die voraussehbare Wiedervereinigung waren sich ben „Lebendige Luppe“ sowie das Naturschutzgroßpro- Presseler Heidewald- und ............ 14 Naturschützer aus Ost und West bald einig, dass dem zu jekt „Presseler Heidewald- und Moorgebiet“, das schon Pro Planet – Für mehr .................... 48 erwartenden Ansturm von Investoren auf die ostdeut- in den 1990er Jahren begann. Moorgebiet Biodiversität in der schen Naturschätze nur ein starker gesamtdeutsch Landwirtschaft agierender Naturschutzverband entgegentreten könne. Auch in vielen weiteren Bereichen und Initiativen setzt Und es gelang, die positiven Errungenschaften der sich der NABU Sachsen für den Schutz der Natur und Dreifacher Einsatz für .................... 17 Sächsisches ................................... 50 Naturschutzarbeit in beiden deutschen Staaten zu einer eine lebenswerte Zukunft ein – ob bei der Entwicklung gebäudebewohnende Artenschutzprogramm sinnvollen Einheit im Naturschutzbund Deutschland und Umsetzung des Sächsischen Artenschutzprogramms Tierarten Weißstorch zu verschmelzen. Weißstorch, der Initiative um den Erhalt des Grünen Bandes in Sachsen, der Pflege von Schutzgebieten mit Schwarzpappelprojekt ................. 20 Jahrtausendealte Moore ............... 52 Der Vorläufer des heutigen NABU wurde sogar bereits alten Haustierrassen, mit den Bemühungen um die des NABU Sachsen und Quellbereiche 1899 von Lina Hähnle als „Bund für Vogelschutz“ (BfV) Wiederansiedlung von Schwarzpappeln, der Suche gegründet und etablierte sich Anfang des 20. Jahrhun- nach Quartierpaten für Fledermäuse, beim Schutz von derts auch in Sachsen, wo zahlreiche Ortsgruppen Schwalben-Niststätten oder bei der Mitmachaktion für Sächsische Naturschutztage ........ 22 entstanden, die sich nicht nur dem Vogelschutz, sondern eine schmetterlingsgerechte Wiesenpflege. Rückkehr der Wölfe nach ............... 54 mehr und mehr auch dem übergreifenden Naturschutz Sachsen widmeten, beispielsweise in Plauen, Dresden, Oschatz Diesen Themen und vielen weiteren Ausschnitten aus und Leipzig. Somit gibt es seit 120 Jahren einen bis in unserer täglichen Arbeit widmet sich diese Broschüre, unsere Zeit hinein wirkenden Grundpfeiler des NABU die sowohl zurück als auch auf viele Projekte der Gegen- Quartierpaten für .......................... 24 Die Naturschutzstationen .............. 56 Sachsen. Eine der frühen Aktivitäten des BfV in Sachsen wart blickt. Hier stellen wir vor, was den NABU Sachsen Fledermäuse gesucht des NABU Sachsen ist der Erwerb einer 1,2 Hektar großen Fläche, die heute von Anbeginn auszeichnete und bis heute ausmacht. Teil des Flächennaturdenkmals „Birkwitzer Graben“ ist, in einem früheren Lauf der Wesenitz bei Dresden im Viel Freude bei der Lektüre. Das Grüne Band ............................ 26 Laternentanz .................................. 58 Jahr 1927. Herzlichst Ab 1948 wurde der BfV in der sowjetischen Besatzungs- zone wieder zugelassen. Es gab damals namhafte Natur- Streuobst regional ernten, ........... 28 Natura 2000 .................................... 60 schützer, die für Kontinuität in der Naturschutzarbeit und gleichzeitig für einen Neuanfang in unserem Raum verarbeiten und verkaufen sorgten. Später wurde der Vereinsnaturschutz der DDR Bernd Heinitz Karl-Hartmut Müller in den „Kulturbund der DDR“ integriert und dort ab Landesvorsitzender Vertreter des NABU Sachsen 1980 in der Gesellschaft für Natur und Umwelt (GNU) des NABU Sachsen im Landesnaturschutzbeirat Sanierung alter Teiche bei ............ 30 Aufblühendes Limbacher .............. 62 Scheckthal Teichgebiet Puppenstuben gesucht ................ 32 Zukunftsgärtner(n) ......................... 65 in Gnandorf
02 30 JAHRE NABU SACHSEN TROSSINER TEICHE 03 Die Als Ausgleichsmaßnahme für Ausbauarbei- 46 Hektar Naturparadies ten an der ältesten deutschen Fernbahnlinie erwarb die Deutsche Bahn AG im Jahr 1997 Heute stellt die Trossiner Teichlandschaft, Trossiner bei Trossin etwa 20 Hektar Land – und über- gelegen inmitten der Dübener Heide, ein trug sie an den NABU Sachsen als Eigentum. einzigartiges Naturparadies mit zahlreichen Das Areal sollte zum Teil der Sukzession wertvollen Lebensräumen für unzählige überlassen oder mit heimischen Gehölzar- Tier- und Pflanzenarten im Fauna-Flora- ten aufgeforstet werden. In den folgenden Habitat-Gebiet „Dommitzscher Grenzbach“ Teiche Jahren kaufte der NABU Sachsen nach und dar. Teiche verschiedener Größe und Tiefe, nach weitere Flächen dazu, vor allem ehe- Erlenbruchwälder, kleine Laubmischwälder, malige Fischteiche, und stellte schließlich Quellgebiete, mäandrierende Bachläufe und einen Schutzgebietsantrag für das Gebiet. Feuchtwiesenbereiche strukturieren das Finanzielle Unterstützung gab es von Gelände. Die Gesamtfläche der Gewässer privaten Spendern, dem Partnerverband beläuft sich auf etwa elf Hektar. Waldflächen NABU Baden-Württemberg, teilweise durch und Wiesenbereiche sowie Gräben ergänzen Überlebenschance für seltene Tier- und staatliche Förderung sowie die Deutsche die 46 Hektar des kompletten Biotopverbunds. Umwelthilfe, die sich über Jahre als zuver- Viele Tierarten finden hier ein einzigar- Pflanzenarten im Biotopverbund lässiger Sponsor erwies. tiges Rückzugs- und Fortpflanzungsgebiet sowie Nahrungshabitat vor. Biber, Fischotter oder Waldohreule fühlen sich ebenso hei- misch wie viele seltene Fischarten und Krebse. Biberburgen, Erdbaue und viele Das Trossiner Teichgebiet zählt bis heute Stauwerke in den Bächen sorgen für reich- als Lebensraum und Laichgebiet für Repti- lichen Wasserstand und schaffen so unab- lien wie Waldeidechse, Zauneidechse, Blind- sichtlich Lebensräume. Fledermäuse wurden schleiche und Ringelnatter. Bemerkenswert und werden durch kontrolliertes Anbringen zu Wasser ist das Vorkommen von Wild- von Kästen unterstützt und nachgewiesen – fischarten. In der Brutteichgruppe und im zum Beispiel erstmalig für Nordsachsen der Brandteich konnten bei Probefängen die Kleinabendsegler. Als wertgebende Brutvo- wertvollen, seltenen Fischarten Dreistach- gelarten konnten bislang unter anderem liger Stichling, Neunstachliger Stichling, Kranich, Rotmilan, Schwarzmilan, Rohrwei- Rotfeder und Bitterling entdeckt werden, he, Waldkauz, Schwarzspecht, Wasserralle, in den Gräben Schmerle, Bachneunauge und Edelkrebs. Reiche Insektenfauna und Flora noch wenig erforscht Insektenfauna und Pflanzenwelt sind im Gebiet wenig erforscht. An einigen Stellen wurde die seltene Blauflügelige Prachtli- belle gesichtet. Auch der stark gefährdete Käfer Eremit als Nutzer von alten Bäumen mit hohem Totholzanteil und Mulm wurde im Gebiet nachgewiesen. Die Waldflächen bestehen aus Teilen von Erlen-Moorbirken- Bruchwald mit kleinflächigem Bestand von Seggen. In Randbereichen auf etwas trocke- nem Boden siedelt Traubenkirschen-Erlen- Zwergtaucher, Drosselrohrsänger, Schlag- Eschenwald. Auf zwei kleineren Feuchtwie- schwirl, Eisvogel und Neuntöter dokumen- sen gedeihen dem Standort entsprechende tiert werden. In der weiteren Umgebung des Pflanzengesellschaften: Breitblättriges Teichgebietes brüten Schwarzstorch, Fisch- Knabenkraut, Sumpfdotterblume, Blutwei- adler, Seeadler, Baumfalke, Sperber und derich, Sumpfveilchen, Wechselblättriges Habicht. In den Teichen und Fließgewässern Milzkraut und vieles andere. In und an den gibt es Nachweise für Kammmolch, Teich- naturnahen Teichen und Gräben komplet- molch, Erdkröte, Grasfrosch und Teichfrosch. tieren unter anderem Sumpf-Schwertlilie, Teich-Schachtelhalm, Mummel, Wasserknö- terich, Wasserfeder, Krebsschere und Tan- Oben: 300-jährige Eiche am Erlenbruch des Neuteiches. nenwedel das natürliche Idyll. Die üppige Unten: Blick auf dem Brandteich. Fotos: Dieter Selter Naturausstattung an und in den Trossiner Seite 2 Teichen ist ein Paradebeispiel dafür, wie gut Oben: Eine von vielen wertgebenden Brutvogelarten im derartige Eigentumsflächen dazu geeignet Trossiner Teichgebiet: der Waldkauz. Foto: Bärbel Franzke sind, in der Hand des NABU zu Naturpara- Unten: Erlenbruchwald an den Brutteichen. diesen für Tier und Pflanze entwickelt Foto: Dieter Selter zu werden.
04 30 JAHRE NABU SACHSEN HOHER FORST 05 Hoher Forst Seit dem Jahr 2000 beschäftigt sich die NABU-Ortsgruppe Kirchberger Natur- und Heimat- freunde mit dem einzigartigen Landschaftsgebiet des Hohen Forstes, dem Erzgebirge zugehö- rig und im Landkreis Zwickau gelegen. Hier wurde schon vor dem 13. Jahrhundert Bergbau gehört zum UNESCO- betrieben, der sich bis ins 20. Jahrhundert fortsetzte und die Besiedlung der Region im Mittel- alter prägte. Landschaftlich wird dieses Gebiet durch den typischen Erzgebirgswald mit domi- nierenden Fichtenbeständen bestimmt. Eine vielfältige Flora und Fauna ist hier zu Hause. Schnell entstand in den drei Fachbereichen des Vereins, Naturschutz, Bergbau und Hei- Weltkulturerbe matgeschichte, die Vision, einen Natur- und Bergbaulehrpfad zu schaffen. Von 2001 bis 2002 realisierten die Kirchbergerinnen und Kirchberger die Idee: Im 84 Hektar großen Waldgebiet des Hohen Forstes schufen sie einen Lehrpfad auf 6,2 Kilometern Länge, ausgestattet mit Schautafeln und Sitzgruppen. Besondere Sehenswürdigkeiten dieses Bodendenkmals sind Relikte einer Turmhügelburg und der ehemaligen Bergbausiedlung Fürstenberg sowie der Pingenzug des alten Silbererzbergbaustollns „Martin Römer“ aus dem 13. Jahrhundert. NABU-Naturschutzstation macht Bergbaugeschichte erlebbar Errichtung von Vereinsberg- Montanregion Erzgebirge/ werk und Naturschutzstation Krušnohoří ist seit Juli 2019 Im Jahr 2003 legte der NABU Kirchberg auf Weltkulturerbe dem vereinseigenen Grundstück Zechen- Diese Aufwertung des gesamten Gebietes platz den bis dahin verschütteten und bewog die Kirchberger Natur- und Heimat- zugemauerten alten Wolframit-Erkundungs- freunde bereits 2006, den Antrag beim För- stolln wieder frei und errichtete sein Ver- derverein „Montanregion Erzgebirge“ der einsbergwerk: den Engländerstolln. Gleise Bergakademie Freiberg einzureichen, den wurden gelegt und eine Beleuchtungsanlage Hohen Forst in die Liste der UNESCO-Welt- eingebaut. Höhlungen in den Stollenwän- erbestätten des Erzgebirges aufzunehmen. den werden seitdem von Fledermäusen als Der lang gehegte Traum erfüllte sich im Juli Winterquartier angenommen, Falter, Berg- 2019, als die UNESCO-Welterbekommission molche und Erdkröten gelangen durch ein bekanntgab, dass die Montanregion Erzge- Gittertor ungehindert in den Stollen. birge/Krušnohoří mit insgesamt 22 Bestand- Überall im Hohen Forst brachte die NABU- teilen in Sachsen und Tschechien – darunter Gruppe Nistkästen für Kleinvögel und Eulen der Hohe Forst – nun zum UNESCO-Weltkul- an, die regelmäßig kontrolliert und gesäu- turerbe gehört. Besonders bemerkenswert bert werden. ist, dass hier eine NABU-Gruppe mit ihrem Im Jahr 2014 wurde das Vereinsgrund- Projekt, bundesweit einmalig, den Welterbe- stück zum Wanderrastplatz mit Schutzhüt- titel erhalten hat. te, Huthaus und NABU-Naturschutzstation Für die kommenden Jahre planen die ausgebaut. Welche Anziehungskraft das Ge- Kirchberger, ihren Engländerstolln zu einem lände des Hohen Forstes inzwischen ausübt, Besucherbergwerk umzubauen. Im Sinne verdeutlichen die vielen Besucherinnen und eines sanften Naturtourismus möchten sie Besucher, die bei Veranstaltungen unter und interessierten Gästen die Besonderheiten über Tage die Bergbaugeschichte erleben des Hohen Forstes auf diese Weise noch sowie bei geführten Wanderungen die Flora, näherbringen. Fauna und die Schönheiten unserer Natur und Heimat bestaunen. Seit dem Jahr 2002 leistete der Verein rund 40.000 Stunden eh- renamtliche Arbeit am Projekt Hoher Forst. Oben: Dichter Nadelwald umgibt die Station. Seite 4: Bergführer Peter Ritter, Vereinsmitglied des NABU Foto: Ina Ebert Kirchberg, gibt faszinierende Einblicke in die Unterwelt Unten: Zum Tag des offenen Denkmals zeigen die Kirch- des jahrhundertealten „Martin-Römer-Stollns“. berger ihre mobilen Bergbauschätze. Foto: Ina Ebert Foto: Heiko Goldberg
06 30 JAHRE NABU SACHSEN SCHWALBEN WILLKOMMEN 07 Schwalben gehören zu unseren bekann- die Akzeptanz für das Miteinander von testen gefiederten Gästen. Sobald sie Mensch und Vogel zu stärken, startete im zeitigen Frühjahr aus ihren fernen der NABU Sachsen 2016 das landesweite Überwinterungsquartieren eintreffen, Projekt „Schwalben willkommen“, das erfüllt ihr heiteres Gezwitscher die durch die Sächsische Landesstiftung Natur. Doch seit einigen Jahrzehnten Natur und Umwelt gefördert wird. nimmt ihr Bestand stetig ab – vor allem Besonders schwalbenfreundliche deshalb, weil es vielerorts an geeigneten Maßnahmen von Privatpersonen oder Nistplätzen, Nestbaumaterial und aus- Unternehmen werden dabei mit der reichend Nahrung fehlt. Um die Situati- Plakette „Hier sind Schwalben willkom- on für die Schwalben zu verbessern und men“ vom NABU ausgezeichnet. Peter Sodann präsentiert stolz seine Schwalbenplakette. Foto: Eike von Watzdorf Mehr als 100 Mehlschwalbennester reihen sich dicht an dicht an den Wänden eines Vierseitenhofes in Schönfeld. Foto: Lutz Runge Rauchschwalben. Foto: Knut Fischer Aufklärungsarbeit und Hunderte Plaketten Unterstützung bei Sanie- zeugen von großem rungsmaßnahmen Engagement Bis zum Frühjahr 2020 meldeten sich Seit dem ersten Jahr trifft das Projekt mehr als 650 Schwalbenfreundinnen auf große Resonanz. Landesweit wur- und Schwalbenfreunde beim NABU. den Plaketten verliehen, beispielsweise Landesweites Projekt zum Schutz von Schwalben und ihren Niststätten Viele fragen um Rat, berichten von ih- an den Künstlerhof Röhrsdorf und den ren Schutzmaßnahmen wie der Anlage Botanischen Garten Chemnitz. 2017 von Lehmpfützen und persönlichen organisierte der NABU Großdittmanns- Erlebnissen mit den Schwalben oder dorf den Marsdorfer Schwalbentag bewerben sich um die Schwalben- und überreichte 50 Plaketten. Zu den plakette. Dadurch erhält der NABU Geehrten gehören darüber hinaus Sachsen Kenntnis über Vorkommen, die Dresdner Verkehrsbetriebe, denn Bruterfolge, Initiativen oder wo Hand- an der Pillnitzer und Niederpoyrit- lungsbedarf besteht. Diese Erfahrun- zer Fähre durften Rauchschwalben gen fließen in die Arbeit zum Schutz unter den Auffahrklappen ihre Nester der Schwalben ein. Vielerorts sind bauen. Auch der „Saxstall“ Pohrsdorf NABU-Mitglieder Ansprechpartner und bei Tharandt, die Kindertagesstätte in helfen, wo es dringend erforderlich ist, Trossin, das Gesundheitsbad Actinon in wie bei der Anbringung von Kunstnes- Bad Schlema sowie immer wieder viele tern und Kotbrettchen. Sie beraten bei Privatpersonen, unter ihnen Landtags- Sanierungsmaßnahmen und leisten präsident Dr. Matthias Rößler, freuten Aufklärungsarbeit. Denn immer wieder sich über die Anerkennung. passiert es, dass wider besseren Wissens 2019 ehrte der NABU den ehemaligen Nester entfernt oder verschlossen Schauspieler Peter Sodann. Die Peter- werden, oft aus Sorge vor Schmutz oder Sodann-Bibliothek in Staucha beher- Krankheiten. Mit Informationsschrei- bergt Rauchschwalben und ihre unge- ben an Mieter und Hausverwaltungen wöhnlichen Nistplätze über den Bü- macht insbesondere der NABU Leipzig cherregalen. Der NABU Lößhügelland auf den Bestandsschutz der Nester auf- installierte Kotbrettchen und Kunst- merksam, mit künstlichen Lehmpfüt- nester, um die Bautätigkeit zu lenken. zen auf Garagendächern fördert er eine Zu den Ausgezeichneten desselben Mehlschwalbenkolonie in der Stadt. In Jahres gehörten daneben der Tierpark seiner Wildvogelstation werden Mehl- Chemnitz, die Landestalsperrenverwal- und Rauchschwalben aufgezogen und tung sowie das Landgestüt Moritzburg. ausgewildert. www.schwalben.NABU-Sachsen.de
08 30 JAHRE NABU SACHSEN NATURSCHUTZINSTITUTE 09 NSI leisten Wissenstransfer Der große Wert der Naturschutzinstitute liegt im für die gesamte Vereinsarbeit verfügbaren Wissen der angestellten oder ehrenamt- lich mitwirkenden Experten, in der Anwendung neuester For- schungsergebnisse oder naturschutzrechtlicher Erfordernisse auf re- gionale und lokale Verhältnisse und in der Umsetzung in praktische Die Naturschutzmaßnahmen. So sind die Naturschutzinstitute wichtige Anlaufpunkte für die ehrenamtliche NABU-Tätigkeit und gleichzeitig Schnittstellen zu Behörden und Forschungseinrichtungen. Durch Naturschutzinstitute öffentliche Vorträge, Publikationen und Exkursionen bieten die NSI Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch auf hohem Niveau und tragen auch dadurch eine große Verantwortung für naturschutzfach- des NABU Sachsen liche Belange im Interesse des Gemeinwohls. Das Projekt „Lutra lutra“ erforscht die Verbreitung der Fischotter im deutsch-tschechischen Grenzraum. Foto: Bärbel Franzke Forschung im Einsatz für die Natur Facharbeit und -kompetenz spielen für den NABU Sachsen der Erzgewinnung im Freiberger Bergrevier entstan- von jeher eine wichtige Rolle. So beschloss die zweite den sind. Das NSI Freiberg analysierte im Auftrag des Landesvertreterversammlung im Januar 1993, neben den Bundesamtes für Naturschutz die Gefährdungsursa- bereits existierenden Fachgruppen und Landesfachaus- chen bedrohter Tierarten, um die Schlüsselfaktoren schüssen dafür ein drittes Standbein ins Leben zu rufen: des Artenrückgangs zu ermitteln sowie Handlungs- die NABU-Naturschutzinstitute. Sie sollten insbesondere konsequenzen für den Erhalt der biologischen Vielfalt Natur- und Artenschutzprojekte entwickeln, beispiel- in Deutschland abzuleiten, und engagiert sich in der haft in die Praxis umsetzen und sich der angewandten internationalen Biodiversitätsforschung. Aktuelle Naturschutzforschung sowie der wissenschaftlichen Artenschutzprojekte in Freiberg befassen sich mit der Arbeit widmen, um die fachliche Kompetenz des NABU Nordfledermaus, wiesenbrütenden Vogelarten, der zu stärken. Und so nahmen die Naturschutzinstitute, kurz Kartierung von Lurchen und Kriechtieren sowie dem NSI genannt, noch 1993 ihre Arbeit auf. Über 100 Projekte seltenen Scheidenblütgras, für dessen Erhaltung in pro Jahr wurden seitdem erfolgreich bearbeitet, manche Deutschland Sachsen die Hauptverantwortung trägt. als Langzeitprojekte von Beginn an, einige davon als Die meisten Erfassungs- und Schutzprojekte aller Großprojekte der Naturschutzarbeit. NSI sind Tieren und Pflanzen der Heimat gewidmet, die wie Große Moosjungfer und Biber innerhalb Heimische Tiere und Pflanzen Deutschlands in Sachsen bedeutend verbreitet sind im Fokus oder aber wie der Feldhamster kurz vor dem regiona- len Aussterben stehen. So liefern die Hamster-Erfas- Für das NSI Dresden ist der Weißstorch von besonderer sungen des NSI Leipzig entscheidende Basisdaten zur Bedeutung: Schon seit 1994 hat es sich zum Zentrum des Abgrenzung von Gebieten, auf denen die Förderung Weißstorchschutzes in Sachsen (siehe Seite 50) entwickelt. einer „hamsterfreundlichen“ Bewirtschaftung umge- Im Herbst 2017 begann das grenzüberschreitende Projekt setzt werden kann. Weiterhin betreut das NSI Leipzig „Lutra lutra“. Darin wird für drei Jahre die Verbreitung der Fledermausquartiere sowie Amphibienschutzzäune Fischotter im deutsch-tschechischen Grenzraum sowie die und übernimmt ökologische Baubetreuungen, um Qualität ihrer Lebensräume erforscht, um die sächsische bei genehmigten Eingriffen die Schäden für Flora und und nordböhmische Fischotterpopulation langfristig zu Fauna so minimal wie möglich zu halten. stärken und den Biotopverbund entlang von Wander- routen zu verbessern. Ein großer Erfolg für die Natur ist seit dem Jahr 2000 das Naturschutzgroßprojekt „Lausit- zer Seenland“, mit dem es bisher gelang, eine für diese Braunkohleregion typische Bergbaufolgelandschaft und damit die Lebensräume für an offene, sehr nährstoffarme Oben: Die Nordfledermaus – die NSI in Freiberg und Leipzig setzen Biotope angepasste Tier- und Pflanzenarten zu erhalten. sich für den Fledermausschutz ein. Foto: Reimund Francke Mit Bergbaufolgelandschaften befassen sich auch die Rechts: Flachwasserzonen östlich vom Bergener See: Im Natur- anderen NSI, das NSI Freiberg unter anderem mit seltenen schutzgroßprojekt „Lausitzer Seenland“ erhält das NSI Dresden Schwermetallfluren und Haldenvegetation, die in Folge Bergbaufolgelandschaften als Lebensraum. Foto: Uwe Stolzenburg
10 30 JAHRE NABU SACHSEN NATURTÄTER 11 Naturtäter? Gefällt mir! NABU-Ehrenamtliche nutzen Facebook und Co. beim Amphibienschutz Naturtäter unterwegs in Dresden. Foto: Max Kürner Amphibienwanderung nicht so explosionsartig verlief wie in ande- ren Jahren. Einige Laichgewässer blieben ohne Wasser und standen den Tieren nicht zur Verfügung. Für den praktischen Tier- und Arten- schutz konnte das Projekt nichtsdestotrotz gute Erfolge verzeichnen: Krötenzäune fanden neue Betreuerinnen und Betreuer, Menschen wurden für die Krötenrettung qualifiziert, erreicht wurde auch eine stärkere öffentliche Wahrnehmung des Themas. Ein Ziel des Projekts wurde nicht verwirklicht: Im Gegensatz zur ursprünglichen Ziel- gruppe der 16- bis 25-Jährigen wurden vorwiegend die 25- bis 45-Jährigen angesprochen. Auf diese Weise Menschen für die Natur- schutzarbeit gewonnen zu haben, ist aber ein großer Erfolg, egal „Für Kröten tu’ ich alles!“ umfangreichen Fachkenntnisse nötig sind, widmete sich die Pilotphase des Projekts Arbeitseinsätzen im aus welcher Altersgruppe sie kommen. Mit dem Anspruch, Naturschutzthemen in die sozialen Amphibienschutz, wobei unter dem Etikett „Natur- Moorfroschpaar im Laichgewässer. Foto: Karsten Peterlein Netzwerke zu bringen und Menschen aus der virtuellen täter“ auch für andere praktische Naturschutzaktio- Welt von Facebook und Co. an den Froschteich zu holen, nen geworben werden könnte. wurde im Februar 2014 das Pilotprojekt „Naturtäter“ gestartet. Unter dem Motto „Für Kröten tu’ ich alles!“ soll- ten junge Leute motiviert werden, den ehrenamtlichen Koordination über soziale Naturschutz in Sachsen zu unterstützen. Dafür arbeite- Netzwerke Tausende Amphibien werden jedes Jahr Opfer des ten das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Straßenverkehrs, insbesondere bei der Frühjahrswan- Landwirtschaft, die Sächsische Landesstiftung Natur und Die sozialen Netzwerke haben sich als modernes, derung zu ihren Laichgewässern. Zur Hochzeit der Umwelt sowie der NABU Sachsen zusammen. Über soziale zusätzliches Kommunikationsinstrument bewährt. Amphibien sind darum jedes Jahr auch die Amphi- Netzwerke wie Facebook und Twitter, aber auch über Wichtig für den ehrenamtlichen Naturschutz ist, bienretter, Krötenlotsen und Fangzaunbetreuer andere Medien wie Zeitungen, Fernsehen und Radio wur- dass die Onlinewelt kein Eigenleben entwickelt, über Wochen beschäftigt. Wenn die Amphibien sich de für Amphibienschutzaktionen des NABU in Sachsen sondern sich auf reale Amphibienaktionen vor Ort paaren, laichen und somit für Nachwuchs sorgen, geworben, insbesondere in Dresden, Leipzig und Freiberg, konzentriert. Über die Netzwerke wurden Termine ist die Arbeit erfolgreich gewesen. Aber wer bemerkt wo sich die örtlichen NABU- oder NAJU-Gruppen intensiv koordiniert, User konnten Brennpunkte der Amphibi- überhaupt diesen Arbeitseifer der Naturschützerinnen und kreativ am Projekt beteiligten. Im Frühjahr ging es enwanderung melden, selbst Helferinnen und Helfer und Naturschützer? Und wer ist bereit, ebenfalls etwas vor allem darum, Amphibien sicher zum Laichgewässer für Aktionen suchen und über ihre Aktivitäten online Zeit zu investieren und mitzumachen? zu bringen, im Spätsommer und Herbst waren Naturtäter berichten. Dadurch kam eine beachtliche Menge von zu Gewässer- und Biotoppflege-Aktionen eingeladen. Au- Fotos und Aktionsvideos zusammen. Allerdings war ßerdem gab es zahlreiche Umweltbildungsangebote wie das Wetter 2014 für die Amphibienfortpflanzung Oben: Die Gefahr lauert auf den Straßen. Foto: Jonathan Fieber/NABU Vorträge, Exkursionen und Infostände. Weil dafür keine ungünstig. Lange Zeit war es zu trocken, sodass die
12 30 JAHRE NABU SACHSEN BERGWIESENCAMP 13 Bergwiesencamp mit der NAJU im erzgebirgischen Zechengrund Auf die Rechen, fertig, los! Das über 200 Hektar große Naturschutzge- wiesen schon seit längerem unter Schutz abtransportiert werden. Ökologisch beson- biet „Fichtelberg“ gehört zu den ältesten und gestellt. Um diese Lebensräume aber nicht ders wertvoll: Seit 2018 besteht eine direkte wertvollsten Naturräumen Sachsens. In dem nur zu schützen, sondern dauerhaft zu Zusammenarbeit mit einem Bauernhof in Wenden des Mähgutes. Foto: Lutz Röder zusammenhängenden Komplex von ver- bewahren, sind darüber hinaus jährliche Rittersgrün, an dessen Milchvieh das wert- schiedenen Lebenraumtypen in der oberen Pflegemaßnahmen unabdingbar. An dieser volle Bergwiesenmähgut verfüttert wird. Kammregion des Erzgebirges befindet sich Stelle setzt das Bergwiesencamp an – mit darin eingebettet der Zechengrund. Charak- mehr als 20 jugendlichen Teilnehmenden Ferienlagerstimmung teristisch für diesen, direkt an der Grenze und einer Dauer von zwei Wochen die größte zur Tschechischen Republik liegend, ist die Veranstaltung der Naturschutzjugend (NAJU) in der Postskihütte hohe Dichte von sehr gefährdeten Pflanzen- Sachsen. Seit 1986 verbringen naturverbun- Diese anstrengende Arbeit am Zechengrund arten – zum Beispiel des Gewöhnlichen dene Jugendliche im Alter zwischen zwölf geschieht in langjähriger, erfolgreicher Kreuzblümchens, der Feuerlilie oder des Gro- und 27 Jahren jedes Jahr im Rahmen des Zusammenarbeit mit dem Naturschutzzen- ßen Klappertopfes. Zusätzlich ist dort eine Bergwiesencamps einen Teil ihrer Sommerfe- trum Erzgebirge, das die technische Betreu- Vielzahl alpiner Pflanzenarten heimisch, rien im Erzgebirge und erobern den Zechen- ung, die Mahd und den Abtransport der Bio- die normalerweise nur in deutlich höheren grund für sich, um dort zur Erhaltung einer masse übernimmt. Die Pflegearbeit auf der Lagen anzutreffen sind. Sie finden hier gute einzigartigen Naturlandschaft beizutragen. Wiese ist aber nicht die einzige Aktivität klimatische Bedingungen und nährstoffarme Aufgrund der steilen Hanglage der Wie- im Bergwiesencamp: Regelmäßige Exkursi- Böden, welche durch eine jährliche Mahd sen ist der Einsatz von normaler Mähtechnik onen zu interessanten Orten im Erzgebirge, erhalten werden müssen. Zu diesen beson- nicht möglich. Stattdessen muss mit einem wie zum Beispiel zum Pöhlberg bei Anna- deren Pflanzenarten zählt das Gewöhnliche speziellen Bergtraktor sowie handgeführten berg oder in das Gottesgabener Hochmoor, Weißzüngel oder die Alpen-Goldrute. Balkenmähern mit Doppelmesserschneid- sorgen zum einen für Abwechslung und werk gearbeitet werden. Auch nach der Erholung, vermitteln andererseits aber auch Jährliche Tradition seit 1986 Mahd ist weitere Handarbeit erforderlich: Artenkenntnisse und sensibilisieren für Die Aufgabe der jungen Teilnehmerinnen komplexe ökologische Zusammenhänge. Die erzgebirgstypischen Bergwiesen sind ein und Teilnehmer des Bergwiesencamps Mit ausgedehnten Spiele- und Filmabenden durch Menschenhand geschaffener Lebens- besteht darin, das Mähgut zu wenden, auf in der gemütlichen Postskihütte und regel- raum, der im Falle des Zechengrunds infolge lange Reihen – sogenannte Schwaden – zu mäßigen Besuchen im Schwimmbad kommt der Bergbauzeit entstanden ist. Aufgrund ziehen und, sobald es getrocknet ist, daraus dabei richtige Ferienlagerstimmung auf. ihrer speziellen Tier- und Pflanzenwelt sowie große Heuhaufen zu bilden. Diese können Also Heugabeln gespitzt und auf die Rechen, Zechengrund mit Wiesenknöterich. Großer Klappertopf. Fotos: Ralf Mäkert ihrer kulturellen Bedeutung sind die Berg- dann, zum Beispiel in Form von Heuballen, fertig, los!
14 30 JAHRE NABU SACHSEN PRESSELER HEIDWALD- UND MOORGEBIET 15 Im Süden der Dübener Heide befindet große Zadlitzbruch und der 200 Hektar Um das Presseler Heidewald- und Moor- auf einer Fläche von 6.700 Hektar von 1995 sich einer ihrer schönsten Bereiche: das große Wildenhainer Bruch stellen das gebiet in seiner Größe und Vielfalt und bis 2009 realisiert wurde, standen dem Presseler Heidewald- und Moorgebiet. Kernstück des Gebiets dar. Hier wurden mit all seinen Schönheiten zu erhalten, Zweckverband umfangreiche finanzielle Moore, kleine Heideflächen, Wälder und unter anderen insgesamt 168 Vogelarten gründete sich mit maßgeblicher Un- Mittel für Renaturierungsvorhaben zur von Wiesen gesäumte Bäche bilden den nachgewiesen, von denen 114 im Gebiet terstützung des NABU-Bundesverbands Verfügung. größten zusammenhängenden Komplex brüten. 350 Großschmetterlingsarten 1995 der Zweckverband „Presseler Hei- naturnaher Lebensräume in der Leipzi- sind belegt; das Alpenlaichkraut, dewald- und Moorgebiet“, bestehend aus ger Region und einen Kontrast zu den der Edelkrebs und die relativ seltene dem NABU Sachsen sowie den Land- nahe gelegenen Agrar- und Bergbau- Zweigestreifte Quelljungfer kommen kreisen Delitzsch und Torgau-Oschatz. folgelandschaften. Der 100 Hektar hier vor. Für das Naturschutzgroßprojekt, das Rechts: Libelle im Sonnentau gefangen. Fotos: Arndt Asperger Ein Naturschutzgroßprojekt in der Dübener Heide Wollgras im Morgenlicht des Zadlitzbruchs.
16 30 JAHRE NABU SACHSEN GEBÄUDEBEWOHNENDE ARTEN 17 Moore wiederbeleben, Dreifacher Einsatz für Wälder umbauen Nach vielen Eingriffen in den Wasserhaushalt des Ge- gebäudebewohnende Tierarten biets – erfolgt im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Nutzung durch großflächige Bodenverbesserungsmaß- nahmen – bestand eine der wichtigsten Aufgaben des Projekts darin, die hydrologischen Bedingungen wieder aufzuwerten. Der Wasserhaushalt der austrocknenden Moore wurde unter anderem durch die Renaturierung von Bachauen, welche die Moore über Gebühr ent- Lebensraum für Tiere in Gebäuden wässert hatten, verbessert. Eine weitere Maßnahme war der Umbau der Wälder. Dabei sind anstelle von Kiefern- erhalten und schaffen forsten standortgerechte Laubwälder entstanden, wovon erneut die Wasserversorgung der Moore profitierte. Der NABU Sachsen war dabei nicht nur Mitglied des Zweckverbandes: Eine Reihe wichtiger Aufgaben inner- halb des Großprojekts wurde direkt durch NABU-Mit- glieder realisiert, unter anderem Landschaftspflege, Schutzgebietsbetreuung, ökologische Begleitung von Renaturierungsmaßnahmen und Betreuung spezieller Tierarten, darunter der Kranich. Das NABU-Naturschutzinstitut in Leipzig erarbeitete die Gewässerstrukturgütekartierung für die Maßnah- men in der Mühlbachaue und eine Effizienzstudie zur Wirksamkeit der Amphibienschutzanlage am Presseler Teich. Auf deren Grundlage konnte das Laichgewässer in der Mühlbachaue optimal angelegt werden. Die zwin- gend erforderliche naturschutzfachliche Begleitung der umfangreichen Baumaßnahmen im Naturschutzgebiet übernahm ebenfalls das Naturschutzinstitut. Die ersten Erfolge der Projektarbeit zeigten sich – um ein Beispiel zu nennen – in der Avifauna. So haben gleich nach Abschluss der Maßnahme auf der Pahlbrückenwiese im Frühjahr 2009 im Uferbereich des Kleingewässers der Kie- bitz und der Flussregenpfeifer erfolgreich gebrütet. Auch der Waldwasserläufer ist während der Brutzeit häufig gesichtet worden. Zweckverband besteht fort Auch 2020 hat der Zweckverband, dem noch heute der Landkreis Nordsachsen und der NABU Sachsen ange- hören, Bestand. Als 2009 die Bundesförderung für das Großprojekt endete, führte der Zweckverband die Betreuung des Gebiets fort und möchte dies auch weiter sicherstellen. Finanziert wurde das Großprojekt vierzehn Jahre lang anteilig vom Bund, vom Land Sachsen und vom Zweckverband. Seit 2010 erfolgt die Finanzierung über die EU-Förderrichtlinie Natürliches Erbe und den Landkreis Nordsachsen. Oben: Kraniche brüten im Heidewald- und Moorgebiet. Foto: Jan Noack Mitte: Die Sirxbachaue, ein Teilbereich des Presseler Heidewald- und Moorgebiets. Foto: Arndt Asperger Unten: Blüte der seltenen Moosbeere. Foto: Aldo Kermes
18 30 JAHRE NABU SACHSEN GEBÄUDEBEWOHNENDE ARTEN 19 Gebäudebewohnende Vogel- und Fledermausarten sind NABU und Kirchengemeinden Kulturfolger. Das heißt, ihre natürlichen Lebensräume gemeinsam für mehr Artenschutz sind heute weitgehend verschwunden – sie sind, wo der Mensch ist, nisten und schlafen in Nischen, Hohlräumen Auch mit der Aktion „Lebensraum Kirchturm“ setzt sich und Spalten von Gebäuden. Allerdings werden Altbauten der NABU für die Sicherung von Nistplätzen bedrohter vielerorts saniert oder abgerissen, sodass diese Unter- Arten ein. Kirchtürme sind optimale Orte, um Brutstätten schlupfmöglichkeiten verschwinden. Dabei könnte den sowie Quartiere für Turmfalken, Schleiereulen, Dohlen, Tieren in vielen Fällen bei Sanierungsarbeiten oder beim Fledermäuse und andere Arten einzurichten. Kirchen- Gebäudeneubau mit einfachen Mitteln geholfen werden. gemeinden, die sich besonders für den Artenschutz So kümmert sich das NABU-Naturschutzinstitut Region einsetzen, werden mit einer Urkunde ausgezeichnet und Dresden seit 1996 im Projekt „Rettung gebäudeabhän- erhalten eine Plakette, die sie an ihrer Kirche anbringen giger Tierarten“ nicht nur um den Schutz für Vögel und können. Ins Leben gerufen wurde die Aktion im Jahr Fledermäuse bei Gebäudesanierungen, -neubau und 2007 mit dem Beratungsausschuss für das deutsche -abriss, einzelne Mitarbeiterinnen haben sich über die Glockenwesen. Damals war der Turmfalke, der wie kaum Jahre auch Kompetenzen zur Versorgung verletzter und ein anderer auf Nistmöglichkeiten in Kirchtürmen ange- kranker Vögel und Fledermäuse erarbeitet. Bis heute wiesen ist, Vogel des Jahres. In Sachsen wurden seitdem wurden zehntausende Nisthilfen an Gebäuden geschaffen über 80 Kirchen, die sich durch das Schaffen von Nisthil- und unzählige Tiere gerettet. Zu den Erfolgen des Projekts fen und Einfluglöchern für Artenschutz in ihren Häusern wesentlich beigetragen hat die Förderung der Karl Kaus einsetzen, mit der Plakette geehrt. Stiftung für Tier und Natur; im Jahr 2004 wurden Jan Schimkat und Marion Lehnert für ihre beispielgebenden Bemühungen um den Schutz gebäudebewohnender Tier- arten mit dem Emmy- und Karl-Kaus-Preis ausgezeichnet. Trafohäuser bieten neue Lebensräume „Gastfreundschaft im Trafohaus“ heißt eine weitere Initiative des NABU Sachsen, die zeigt, wie erfinderisch Artenschutz realisiert werden kann: Aufgrund der „Wohnungsnot“ für viele Tierarten hat der NABU seit den 90er Jahren in ganz Sachsen eine beachtliche Anzahl ausgedienter Transformatorenhäuschen übernommen, darunter solche, die unter Denkmalschutz stehen. Die Trafohäuser verschönern nicht nur das Dorf, vielen Tier- arten bieten sie auch ungestörten Wohnraum. Die Aktion ist beispielgebend für ein vorteilhaftes Zusammenwirken aller Partner: Der Energiedienstleister spart Abriss- be- ziehungsweise Sanierungskosten und muss nur die elektrischen Anlagen demontieren. Der NABU ermöglicht Oben links: Der NABU Sachsen zeichnete die Kirche Hohendorf 2015 für ihren eine Grundsicherung, gegebenenfalls auch die Sanierung, Einsatz als Lebensraum Kirchturm aus. des Gebäudes über Fördermittel und Eigenleistungen. Foto: Olaf Becher Vor allem aber profitieren die neuen Bewohner, denn Oben rechts: Anbringung von Mauer- NABU-Mitglieder statten die Häuschen mit zusätzlichen seglerkästen an einer Schule in der Nisthilfen für Turmfalken, Schleiereulen, Bachstelzen, Dresdner Neustadt. Foto: Marion Lehnert Hausrotschwänze, Mehlschwalben und Höhlenbrüter wie Links: Frank Heine von der NABU-Grup- Sperlinge und Meisen aus. Sie schaffen außerdem Öffnun- pe Partheland bei der Beringung einer gen in Bodennähe für Igel und andere Kleinsäuger sowie etwa zwei Wochen alten Schleiereule auf Einschlupfmöglichkeiten für Fledermäuse. Pflanzen, die dem Dachboden der Kirche in Machern. wie Wilder Wein oder Efeu an der Außenfassade wach- Foto: Ina Ebert sen, bieten darüber hinaus Insekten Lebensräume. Seite 17: Vom NABU übernommenes Der NABU Torgau, die Fachgruppe Ornithologie und Trafohaus mit Nistkästen und Insekten- Naturschutz Groitzsch und der NABU Südraum Leipzig Junge Turmfalken in der Moritzkirche Zwickau. Foto: Mario Fickel hotel in Probsthain. sanierten rund 40 Trafohäuschen in den Regionen um Foto: Monique Altmann Torgau und Leipzig. Oftmals bringen NABU-Gruppen, darunter Delitzsch und Partheland, erhebliche Beträge für die Sanierung auf und investieren viel Zeit in Reparaturen, Brutkontrollen und Beringung der geschlüpften Vögel.
20 30 JAHRE NABU SACHSEN SCHWARZPAPPELPROJEKT 21 Die Schwarzpappel ist bedeutender Lebens- Nur selten natürliche Durchbruch bleibt raum und Nahrungsquelle für eine Vielzahl Vermehrung noch aus von Organismen, darunter Insekten, Schmet- terlinge, Vögel und Elbebiber. Etwa zehn So begann der NABU Sachsen, als die Schwarz- Leider ist bisher noch kein Durchbruch in NABU-Projekt Prozent der sächsischen Käferarten, also 400, pappel 2006 in Deutschland Baum des Jah- den Bemühungen gelungen, die Schwarz- Schwarzpappel fast 80 Großschmetterlingsarten sowie einige res wurde, sich gemeinsam mit dem NABU pappel und ihre natürliche Lebensgemein- hundert Kleinschmetterlingsarten entwi- Meißen-Dresden und dem NABU Naturbe- schaft, die Weichholzaue, in nennenswer- ckeln sich in beziehungsweise an Schwarz- wahrung Dresden aktiv darum zu bemühen, tem Umfang wieder an die Elbe und die pappeln. Früher insbesondere in der Elbaue dass dieser damals laut Sachsens Roter Liste Vereinigte Mulde zu bringen, da veraltete natürlich verbreitet, ist die Schwarzpappel einzige vom Aussterben bedrohte Laubbaum Hochwasserschutzkonzepte in Sachsen das heute weitgehend verschwunden und gilt als nicht tatsächlich bei uns ausstirbt. Durch immer noch ausschließen. Dies schnellst- eine bedrohte, äußerst seltene Baumart. intensive Kontakte zum Sächsischen Staats- möglich zu überwinden, gehört zu den Die Ursachen für ihren Schwund liegen in ministerium für Umwelt und Landwirtschaft wichtigen künftigen Aufgaben – ebenso der bereits seit Jahrhunderten anhaltenden (SMUL) wurde erreicht, dass im Staatsbetrieb wie die Entnahme von Hybridpappeln, starken Nutzung der Auen durch den Men- Sachsenforst in Graupa Schwarzpappeln einer Kreuzung zwischen Europäischer schen. Siedlungsbau, Landwirtschaft und generativ und auch vegetativ vermehrt wer- und Amerikanischer Schwarzpappel. der Ausbau der Verkehrswege, wasserbau- den, die „darauf warten“ an geeignete Orte Nicht zuletzt züchtet der NABU in be- liche wie auch Maßnahmen zur Fließgewäs- gepflanzt zu werden. Weiterhin förderte das scheidenem Umfang selbst Schwarzpappeln serunterhaltung schränkten die natürliche SMUL ein NABU-Projekt, bei dem sämtliche in einer kleinen Baumschule in Dresden Fluss- und Lebensraumdynamik stark ein, in Sachsen nahe der Elbe und der Vereinig- und pflanzt sie möglichst nahe zur Elbe auf Schwarz- auf die dieser stattliche Baum für seine ten Mulde noch vorhandenen Schwarzpap- NABU-eigene oder in Projekten mit Dritten natürliche Vermehrung angewiesen ist. peln erfasst wurden. Dabei wurde entdeckt, auf andere Flächen. Unter geeigneten dass es zwar an beiden Flüssen noch etliche Bedingungen blühen und fruchten die vitale Schwarzpappeln beiderlei Geschlechts zweihäusigen Schwarzpappeln im Alter pappelprojekt gibt, es aber nur äußerst selten zu einer na- von etwa zehn Jahren – wenn es die unteren Links: Karl-Hartmut Müller mit Schwarzpappel- türlichen Vermehrung des Baumes kommt. Naturschutz- und Wasserbehörden, die Lan- Ballenpflanzen aus der NABU-Baumschule, die In den wenigen Fällen, in denen doch junge destalsperrenverwaltung und das Wasser- und freiwillige Helfer in die Elbaue pflanzen werden. Pappelbäumchen aufkommen, haben diese Schifffahrtsamt nur zuließen. Hier sieht der des NABU Sachsen Foto: Robert Michalk kaum eine Chance groß zu werden, weil es NABU den Freistaat in der Pflicht, für die be- Rechts: Schwarzpappeln an der Elbe in Dresden- Behörden nicht dulden oder sie von Wei- drohten Schwarzpappeln und ihre förderliche Blasewitz mit zwei typischen Merkmalen: detieren gefressen werden. 2013 führte der Entwicklung die entsprechenden Rahmen- charakteristische Struktur der Borke und Bildung NABU in Riesa eine Schwarzpappeltagung bedingungen zu schaffen. von Brettwurzeln. Foto: Ina Ebert durch, bei der Experten aus ganz Deutsch- Seite 20: Schwarzpappel als isoliert stehender land ihre Erfahrungen zum Schutz und zur Das Aussterben aufhalten Einzelbaum. Foto: Jörg Lorenz Förderung der Schwarzpappel austauschten. www.schwarzpappel-sachsen.de
22 30 JAHRE NABU SACHSEN NATURSCHUTZTAGE 23 Sächsische Ehrenamt und Artenvielfalt in der Agrarlandschaft im Fokus Naturschutztage Beim 5. Sächsischen Naturschutztag am 26. Ok- tober 2013 drehte sich im Neuen Rathaus Leipzig alles rund ums „Ehrenamt – Zukunftschance für den Naturschutz“. Die Vorträge des Tages sowie die Gespräche dazwischen demonstrierten, dass es durchaus unterschiedliche Meinungen zum Mit- Tradition seit 1995, neues Leben durch den NABU seit 2011 einander von behördlichem und ehrenamtlichem Naturschutz gibt. Einig waren sich jedoch alle: Ohne ehrenamtlichen Einsatz funktioniert auch im Natur- Naturschutztage haben in Deutschland eine lange Tradition. Sie So widmete sich der 4. Sächsische Naturschutztag im Block- schutz nicht viel und Verbesserungen sind hier, auch dienen dem Ideen- und Erfahrungsaustausch sowie dem gegen- haus Dresden am 15. Oktober 2011 dem „Naturschutz im aufgrund mangelnder Anerkennung gesellschaftli- seitigen Ansporn aller im Naturschutz Tätigen. Als landesweites Umbruch“. Schirmherr war – wie für alle folgenden Natur- chen Engagements, notwendig. Forum ermöglichen sie es, sich über Fächergrenzen hinweg kri- schutztage – Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler, der mit Der 6. Sächsische Naturschutztag, der am 19. März tisch, konstruktiv und lösungsorientiert mit der Naturschutzar- dem NABU-Landesvorsitzenden Bernd Heinitz übereinstimmte, 2016 stattfand, stand unter dem Motto „Biologische beit auseinanderzusetzen. Sieben Naturschutztage gab es in dass Natur- und Artenschutz trotz der ökologischen Neuausrich- Vielfalt in Sachsen – Artenvielfalt in die Agrarland- Sachsen zwischen 1995 und 2018. Die ersten drei von 1995 bis tung der Gesellschaft leider nicht im gleichen Maße erfolgreich schaft!“ Mehr als 160 Teilnehmende kamen in die 1999 wurden ausgerichtet vom Freistaat und der Sächsischen gewesen sind. Bei der Veranstaltung zeigte sich, dass die Sicht Freiberger Nikolaikirche, wo mit Vorträgen und Landesstiftung Natur und Umwelt. Nach langer Pause und der Naturschutzverbände oft nicht mit der der Politik überein- Diskussionen die dramatische Situation, aber auch aufgrund sich stetig verschlechternder Rahmenbedingungen stimmt: Der politische Wille zum progressiven Naturschutz ist Ansätze für mehr Biotop- und Artenschutz präsen- für den Naturschutz entschied sich der NABU Sachsen im Jahr kaum ausgeprägt, Diskussions- und Handlungsbedarf bestehen. tiert wurden. Die Referierenden veranschaulich- 2011, der Reihe neues Leben einzuhauchen. ten, dass die Landwirtschaft nicht nur eine große Mitschuld am Artensterben hat, sondern auch eine große Verantwortung trägt, die Biodiversität zu bewahren. Deshalb gehe es nicht darum, Landwirten die Schuld zu geben, sondern sie als Partner für den Naturschutz zu gewinnen. Reihe wird fortgesetzt Am 24. März 2018 trafen sich rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Tagungshotel Kloster Nimbschen in Grimma zum 7. Sächsischen Naturschutztag. Im Fokus standen Sachsens Wälder und Gewässer. Auch sie sind betroffen von Klimawandel und Umweltveränderungen, damit verbunden ist ein drastischer Verlust der Arten- vielfalt. Erkannt wurde das schon lange, und es gibt auch konkrete Pläne, etwas dagegen zu unternehmen. Aber reichen die Pläne und wie weit sind sie überhaupt schon umgesetzt? Über solche Fragen sowie dringend nötige Maßnahmen zum Schutz der Wälder und Gewässer wurde lebhaft diskutiert. Auch künftig wird der NABU Sachsen die Reihe fort- setzen, denn in der sächsischen Naturschutzarbeit gibt Links: Joachim Schruth vom NABU es noch viele Themen, die Diskussionen und den konti- Sachsen bei seinem Vortrag zum nuierlichen Dialog zwischen Naturschutz, Politik und 7. Sächsischen Naturschutztag. Foto: Robert Michalk Wissenschaft erfordern – von Belangen des Arten- Oben: 4. Sächsischer Naturschutztag – schutzes über den Umgang mit dem Klimawandel Dr. Matthias Rößler und Bernd Heinitz. bis hin zur Umweltbildung. Foto: Uwe Schroeder Mitte: 6. Sächsischer Naturschutztag in www.saechsischer-naturschutztag.de der Freiberger Nikolaikirche. Foto: Ina Ebert
24 30 JAHRE NABU SACHSEN QUARTIERPATEN 25 Fledermäuse leben nahezu lautlos Jeder kann mitmachen unter uns und sind als Vertilger von schädlichen Insekten von großer Denn schon seit längerem gibt es Regionen, in denen es ökologischer Bedeutung. Sie tragen keine lokalen Fledermausbetreuerinnen und -betreuer zur biologischen Vielfalt bei und mehr gibt oder den wenigen aktiven die Zeit fehlt, den bereichern das Artenvorkommen Nachwuchs in ihrem Bereich anzulernen. Daher die der heimischen Natur. Die Tiere be- Idee: Ob Fledermausquartier am eigenen Haus, in der be- siedeln verschiedenste Lebensräume nachbarten Kirche oder Schule – jeder kann mitmachen und beziehen dabei Quartiere im und Quartierpate werden. Angehende Paten erhalten Gebälk von Dachböden, an Haus- durch Fledermausspezialisten einen Einstieg in Fleder- fassaden, in Felsenkellern sowie mausschutz und -zählung. Durch Weiterbildungen und Baumhöhlen. Alle Fledermäuse und Schulungen sind die Patinnen und Paten schließlich in deren Quartiere sind in Deutsch- der Lage, selbstständig Quartierkontrollen durchzufüh- land nach Bundesnaturschutzgesetz ren und Daten zu Fledermausvorkommen zu sammeln. besonders und streng geschützt – Auf diese Weise werden regionale Fledermausbetreuer die Fledermausbehausungen zu entlastet und Naturfreundinnen und -freunde finden erhalten, ist dabei von zentraler einen Einstieg in die verborgene Welt der nacht- Bedeutung für den Arterhalt. aktiven Säugetiere. Da die Tiere sehr ortstreu sind, su- chen sie ihre Herberge Jahr für Jahr aufs Neue auf, oft über Jahrzehnte Durch Schulungen Wissen hinweg. Von den 22 in Sachsen weitergeben vorkommenden Fledermausarten nutzen über die Hälfte Gebäude als Seit Projektstart im Januar 2018 haben sich mehr als Unterschlupf für die Reproduktion, 60 Paten mit über 100 Fledermausquartieren auf der den Winterschlaf oder als allgemei- Internetplattform Fledermausschutz Sachsen ange- nes Zwischenquartier – allen voran meldet, um Quartiere zu pflegen und ihre Zähldaten die Kleine Hufeisennase, das Große einzugeben. Die Teilnehmenden kommen aus allen Mausohr und das Graue Langohr. sächsischen Landkreisen und betreuen eine Vielfalt Um den Arterhalt in Zeiten zahlrei- von Fledermausquartieren, die sich unter anderem in cher Abbruch- und Sanierungsmaß- Kirchen, Eiskellern, Plattenbauten oder in ihren eigenen nahmen von Gebäuden zu sichern, Wohnhäusern befinden. Während das erste Projekt- hat der NABU Sachsen im Jahr 2018 jahr vor allem der Gewinnung von Quartierpaten galt, das Projekt „Quartierpaten für Fle- lag der Schwerpunkt 2019 auf der Durchführung von dermäuse gesucht“, das durch das Schulungen, um das mannigfaltige Wissen über unsere Sächsische Staatsministerium für heimlichen Untermieter weiterzugeben. Zwischen Mai Umwelt und Landwirtschaft geför- und Oktober lud der NABU Sachsen fünfmal zur Wei- dert wird, ins Leben gerufen. terbildung ein. Daran nahmen jeweils etwa 20 Personen teil – darunter bestehende und potenziell interessierte Christian Pirl, Schulleiter der Pro Montessori-Schule Torgau, und Bianka Schubert, Projektleiterin der Quartierpaten sowie Vertreterinnen und Vertreter des Fledermaus-Quartierpatenschaft. Die Schule wurde 2018 Quartierpate und lud zum Fledermausfest ein. ehrenamtlichen Naturschutzdienstes, der Landratsämter Foto: Torgauer Zeitung, Gabi Zahn Quartierpaten und der Landschaftspflegeverbände. Ursprünglich für zwei Jahre bewilligt, wurde die Förderung für das Projekt zunächst bis Oktober 2020 verlängert. Im dritten Jahr soll wieder geschult werden. Zudem gilt es, den Landkreis Görlitz zu unterstützen, wo sich viele interes- für Fledermäuse sierte Ehrenamtliche gefunden haben. Daneben wird die Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle Fleder- mausschutz im Landkreis Mittelsachsen intensiviert, um sich gemeinschaftlich dem Quartierschutz für Nordfle- gesucht dermaus und Kleine Hufeisennase zu widmen. www.fledermausschutz-sachsen.de NABU Sachsen stärkt ehrenamtlichen Fledermausschutz Rechts: Großes Fangnetz beim Fledermausabend im August 2019 in Großhennersdorf. Foto: Hannes Rönsch Seite 24: Kleine Hufeisennase mit ihrem Nachwuchs. Foto: Joachim Frömert
26 30 JAHRE NABU SACHSEN GRÜNES BAND 27 Das Grüne Band Nutzung und Pflege des Grünen Bandes durch einen NABU Elstertal sichert Flächen für Naturschutz Schäfereibetrieb – Michael Ulsamer mit seiner Herde. Foto: Hellmut Naderer im ökologischen Rückgrat Europas Spätestens seit Heinz Sielmanns Film „Tiere Pflegearbeiten und politische Flächenerwerb zur Sicherung im Schatten der Grenze“ im Jahr 1988 war Unterstützung von Naturschutzzielen bekannt, dass sich an der innerdeutschen Grenze ein Refugium für viele in der Kultur- Der etwa 600 Hektar große sächsische Der NABU Elstertal beschäftigt sich landschaft gefährdete Tiere und Pflanzen Anteil des Grünen Bandes wurde von den insbesondere damit, die Naturschutzziele entwickelt hatte. Am 9. Dezember 1989, sächsischen Behörden bereits bis Ende 1990 im Grünen Band eigentumsrechtlich zu einen Monat nach der Grenzöffnung, wurde lückenlos unter Schutz gestellt. Bis 1996 sichern. So hat er sich seit 1996 um den Er- bei einem Treffen von Naturschützerinnen wurden 13 Schutzgebiete ausgewiesen und werb beziehungsweise die Übertragung der und Naturschützern aus BRD und DDR in es wurde ein detailliertes Pflegekonzept Naturschutzflächen bemüht. Im Jahr 2000 Hof die Forderung formuliert, die ehemalige umgesetzt. Dessen Kernstück ist die pflegli- hatte sich der NABU-Regionalverband bereit Grenze zu einem „Grünen Band“ als ökologi- che Nutzung durch Schafe, die ausgewählte erklärt, von der Bundesrepublik 278 Hektar sches Rückgrat Mitteleuropas zu entwickeln. Flächen beweiden und von anderen Flächen zu kaufen, obwohl Naturschutzverbände Eine erste Brutvogelkartierung bestätigte die mittels Mahd mit Heuwerbung Winterfutter bundesweit forderten, die Flächen kosten- Wertigkeit des Gebietes. Allein im Bereich erhalten. Der NABU-Regionalverband Elster- los zu übertragen. Für den Kauf wurde fast des sächsischen Teils der Grenze wurden tal hat die Entwicklung des Grünen Bandes eine Million D-Mark Fördermittel ausge- über 60 Brutpaare des Braunkehlchens Sachsen von Anbeginn intensiv begleitet. zahlt – die leider zurückgegeben werden kartiert, das heute im Vogtland kaum noch Neben Pflege- und Kartierungsarbeiten ging musste, weil es Politiker und Beamte nicht anzutreffen ist. In der Folge entwickelte es vor allem um politische Unterstützung, duldeten, dass der NABU zu einem großen sich das Grüne Band auf 1.393 Kilometern unter anderem bei der Verhinderung der Flächeneigentümer wird. In den folgenden Länge vom Dreiländereck zwischen Bayern, Autobahntrasse der A 93 durch das Grüne Jahren konnte der NABU Elstertal dennoch – Böhmen, Sachsen und der Ostsee auf einer Band, bei der Kritik an der zerstörerischen teilweise zusammen mit der NABU-Stiftung Fläche von 17.712 Hektar in den einzelnen Minennachsuche und bei der Eingliederung Nationales Naturerbe – 42 Hektar Fläche im Bundesländern unterschiedlich. Inzwischen in das System der Natura 2000-Gebiete. Beim beziehungsweise am Grünen Band erwerben. ist es zum Bestandteil des Grünen Bandes Besuch des damaligen NABU-Präsidenten Ein erstes Flurbereinigungsverfahren, in dem Europa, dem European Green Belt, gewor- Jochen Flasbarth im Jahr 1997 konnte der die Belange des Naturschutzes vorrangig den, der sich auf 12.500 Kilometern vom Eis- NABU Elstertal auch den Bundesverband für behandelt werden sollten, steht heute kurz meer bis zum Schwarzen Meer entlang des das Grüne Band Sachsen begeistern, obwohl vor dem Abschluss. Die zu Beginn des Ver- ehemaligen Eisernen Vorhangs erstreckt. bundesweit die wichtigsten Initiativen vom fahrens ins Auge gefassten Naturschutzziele BUND ausgehen. konnten allerdings nicht erreicht werden. Die Öffentlichkeitsarbeit des Regional- verbands zum Grünen Band diente der Verbreitung des Naturschutzgedankens, aber gleichzeitig auch der Gewinnung von Spendern, denn ein Teil der erworbenen Flächen musste ohne Förderung aus eigenen Mitteln des NABU Elstertal gekauft werden, weil seit 2002 zum Grunderwerb keine Förderung gewährt wird. Der Regionalver- Links: Der Kolonnenweg an der band wird sich auch künftig im Grünen ehemaligen Grenze im Jahr 1991. Foto: NABU Elstertal Band Sachsen engagieren, wobei weiterer Grunderwerb, aber vor allem konsequenter Rechts: Deutlich erkennbar: das Grüne Band in der Nähe der Schutz und Unterstützung bei der Umset- Ortschaft Sachsgrün. zung von Naturschutzprojekten im Fokus Foto: Hellmut Naderer der Arbeit stehen.
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