30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR

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30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
Landesverband Sachsen e.V.

     30
  Jahre
   NABU
Sachsen
30 Meilensteine
für die Natur
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
VORWORT 01

Inhalt
         Die Trossiner Teiche ....................... 02   Anwalt für die Natur ....................... 34       30 Jahre NABU Sachsen
                                                                                                                 30 Meilensteine für die Natur
         Hoher Forst gehört zum ................. 04       Die Lebendige Luppe ..................... 36
         UNESCO-Weltkulturerbe                                                                                   Der NABU Sachsen wird 30: Grund zur Freude für unse-        zentralistisch organisiert, um einerseits die Effektivität
                                                                                                                 ren Landesverband, aber vor allem auch für die Natur.       der Arbeit zu verbessern und andererseits ausreichend
                                                                                                                 Seit 30 Jahren setzen wir uns in Sachsen für den prakti-    Staatsnähe gewährleisten zu können. Neben der GNU
         Schwalben willkommen ................ 06          Naturschutzgerechte ..................... 39          schen Natur- und Artenschutz ein und bewirken dadurch       war in Sachsen bis 1990 vor allem auch der ehrenamt-
                                                           Beweidung                                             positive Veränderungen. Um unser Erreichtes Revue           liche Naturschutzdienst, der hier ebenfalls eine lange
                                                                                                                 passieren zu lassen, haben wir mit dieser Broschüre eine    Tradition hat, Hauptträger des Naturschutzes.
                                                                                                                 Auswahl wichtiger Projekte, Einsatzgebiete und Aktionen
                                                           Der Seußlitzer Grund ..................... 42         getroffen. Trotz oft widriger Rahmenbedingungen, zum        Im August 1990 erhielt der NABU Sachsen als erster
         Die Naturschutzinstitute .............. 08
                                                                                                                 Beispiel was Finanzierung und mangelndes Personal           sächsischer Verein die staatliche Anerkennung als Natur-
         des NABU Sachsen
                                                                                                                 angeht, blicken wir heute – in erster Linie auch dank des   schutzverband. Diese brachte auch das wichtige demo-
                                                                                                                 großen ehrenamtlichen Engagements unserer Mitglie-          kratische Recht auf Mitwirkung an Planungsverfahren,
                                                                                                                 der – auf 30 erfolgreiche Jahre in der Naturschutzarbeit    die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden
         Naturtäter? Gefällt mir! ................. 10     Die Wildvogelhilfe .......................... 44      und eine noch längere bewegte Geschichte zurück.            sind, mit sich. Von den heute rund 70 sächsischen
                                                                                                                                                                             NABU-Gruppen, den 14 NABU-Naturschutzstationen,
                                                                                                                 Die Gründungsversammlung des „Naturschutzbundes             den drei NABU-Naturschutzinstituten oder unter der
                                                                                                                 der DDR“ als Landesverband der drei Sächsischen Bezir-      Regie des Landesverbandes wurden im Laufe der letzten
         Bergwiesencamp mit der ............ 12            Allianz für Sachsens Flüsse ........... 46            ke fand am 10. März 1990 im Leipziger Naturkundemu-         30 Jahre mehrere große Naturschutzprojekte realisiert.
         NAJU im erzgebirgischen                                                                                 seum statt. Kurz darauf gründeten sich Landesverbände       Darunter befinden sich das im Jahr 2012 gestartete und
         Zechengrund                                                                                             auch in anderen „neuen“ Bundesländern. Mit Blick            gemeinsam mit weiteren Partnern verwirklichte Vorha-
                                                                                                                 auf die voraussehbare Wiedervereinigung waren sich          ben „Lebendige Luppe“ sowie das Naturschutzgroßpro-
         Presseler Heidewald- und ............ 14                                                                Naturschützer aus Ost und West bald einig, dass dem zu      jekt „Presseler Heidewald- und Moorgebiet“, das schon
                                                           Pro Planet – Für mehr .................... 48
                                                                                                                 erwartenden Ansturm von Investoren auf die ostdeut-         in den 1990er Jahren begann.
         Moorgebiet                                        Biodiversität in der
                                                                                                                 schen Naturschätze nur ein starker gesamtdeutsch
                                                           Landwirtschaft                                        agierender Naturschutzverband entgegentreten könne.         Auch in vielen weiteren Bereichen und Initiativen setzt
                                                                                                                 Und es gelang, die positiven Errungenschaften der           sich der NABU Sachsen für den Schutz der Natur und
         Dreifacher Einsatz für .................... 17    Sächsisches ................................... 50    Naturschutzarbeit in beiden deutschen Staaten zu einer      eine lebenswerte Zukunft ein – ob bei der Entwicklung
         gebäudebewohnende                                 Artenschutzprogramm                                   sinnvollen Einheit im Naturschutzbund Deutschland           und Umsetzung des Sächsischen Artenschutzprogramms
         Tierarten                                         Weißstorch                                            zu verschmelzen.                                            Weißstorch, der Initiative um den Erhalt des Grünen
                                                                                                                                                                             Bandes in Sachsen, der Pflege von Schutzgebieten mit
         Schwarzpappelprojekt ................. 20         Jahrtausendealte Moore ............... 52             Der Vorläufer des heutigen NABU wurde sogar bereits         alten Haustierrassen, mit den Bemühungen um die
         des NABU Sachsen                                  und Quellbereiche                                     1899 von Lina Hähnle als „Bund für Vogelschutz“ (BfV)       Wiederansiedlung von Schwarzpappeln, der Suche
                                                                                                                 gegründet und etablierte sich Anfang des 20. Jahrhun-       nach Quartierpaten für Fledermäuse, beim Schutz von
                                                                                                                 derts auch in Sachsen, wo zahlreiche Ortsgruppen            Schwalben-Niststätten oder bei der Mitmachaktion für
         Sächsische Naturschutztage ........ 22                                                                  entstanden, die sich nicht nur dem Vogelschutz, sondern     eine schmetterlingsgerechte Wiesenpflege.
                                                           Rückkehr der Wölfe nach ............... 54
                                                                                                                 mehr und mehr auch dem übergreifenden Naturschutz
                                                           Sachsen
                                                                                                                 widmeten, beispielsweise in Plauen, Dresden, Oschatz        Diesen Themen und vielen weiteren Ausschnitten aus
                                                                                                                 und Leipzig. Somit gibt es seit 120 Jahren einen bis in     unserer täglichen Arbeit widmet sich diese Broschüre,
                                                                                                                 unsere Zeit hinein wirkenden Grundpfeiler des NABU          die sowohl zurück als auch auf viele Projekte der Gegen-
         Quartierpaten für .......................... 24   Die Naturschutzstationen .............. 56            Sachsen. Eine der frühen Aktivitäten des BfV in Sachsen     wart blickt. Hier stellen wir vor, was den NABU Sachsen
         Fledermäuse gesucht                               des NABU Sachsen                                      ist der Erwerb einer 1,2 Hektar großen Fläche, die heute    von Anbeginn auszeichnete und bis heute ausmacht.
                                                                                                                 Teil des Flächennaturdenkmals „Birkwitzer Graben“ ist,
                                                                                                                 in einem früheren Lauf der Wesenitz bei Dresden im          Viel Freude bei der Lektüre.
         Das Grüne Band ............................ 26    Laternentanz .................................. 58    Jahr 1927.
                                                                                                                                                                             Herzlichst
                                                                                                                 Ab 1948 wurde der BfV in der sowjetischen Besatzungs-
                                                                                                                 zone wieder zugelassen. Es gab damals namhafte Natur-
         Streuobst regional ernten, ........... 28         Natura 2000 .................................... 60   schützer, die für Kontinuität in der Naturschutzarbeit
                                                                                                                 und gleichzeitig für einen Neuanfang in unserem Raum
         verarbeiten und verkaufen
                                                                                                                 sorgten. Später wurde der Vereinsnaturschutz der DDR
                                                                                                                                                                             Bernd Heinitz		                Karl-Hartmut Müller
                                                                                                                 in den „Kulturbund der DDR“ integriert und dort ab          Landesvorsitzender 		          Vertreter des NABU Sachsen
                                                                                                                 1980 in der Gesellschaft für Natur und Umwelt (GNU)         des NABU Sachsen		             im Landesnaturschutzbeirat
         Sanierung alter Teiche bei ............ 30        Aufblühendes Limbacher .............. 62
         Scheckthal                                        Teichgebiet

         Puppenstuben gesucht ................ 32          Zukunftsgärtner(n) ......................... 65
                                                           in Gnandorf
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
02 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                TROSSINER TEICHE 03

          Die
                                                   Als Ausgleichsmaßnahme für Ausbauarbei-       46 Hektar Naturparadies
                                                   ten an der ältesten deutschen Fernbahnlinie
                                                   erwarb die Deutsche Bahn AG im Jahr 1997      Heute stellt die Trossiner Teichlandschaft,

          Trossiner
                                                   bei Trossin etwa 20 Hektar Land – und über-   gelegen inmitten der Dübener Heide, ein
                                                   trug sie an den NABU Sachsen als Eigentum.    einzigartiges Naturparadies mit zahlreichen
                                                   Das Areal sollte zum Teil der Sukzession      wertvollen Lebensräumen für unzählige
                                                   überlassen oder mit heimischen Gehölzar-      Tier- und Pflanzenarten im Fauna-Flora-
                                                   ten aufgeforstet werden. In den folgenden     Habitat-Gebiet „Dommitzscher Grenzbach“

          Teiche
                                                   Jahren kaufte der NABU Sachsen nach und       dar. Teiche verschiedener Größe und Tiefe,
                                                   nach weitere Flächen dazu, vor allem ehe-     Erlenbruchwälder, kleine Laubmischwälder,
                                                   malige Fischteiche, und stellte schließlich   Quellgebiete, mäandrierende Bachläufe und
                                                   einen Schutzgebietsantrag für das Gebiet.     Feuchtwiesenbereiche strukturieren das
                                                   Finanzielle Unterstützung gab es von          Gelände. Die Gesamtfläche der Gewässer
                                                   privaten Spendern, dem Partnerverband         beläuft sich auf etwa elf Hektar. Waldflächen
                                                   NABU Baden-Württemberg, teilweise durch       und Wiesenbereiche sowie Gräben ergänzen
          Überlebenschance für seltene Tier- und   staatliche Förderung sowie die Deutsche       die 46 Hektar des kompletten Biotopverbunds.
                                                   Umwelthilfe, die sich über Jahre als zuver-       Viele Tierarten finden hier ein einzigar-
          Pflanzenarten im Biotopverbund           lässiger Sponsor erwies.                      tiges Rückzugs- und Fortpflanzungsgebiet
                                                                                                 sowie Nahrungshabitat vor. Biber, Fischotter
                                                                                                 oder Waldohreule fühlen sich ebenso hei-
                                                                                                 misch wie viele seltene Fischarten und
                                                                                                 Krebse. Biberburgen, Erdbaue und viele                      Das Trossiner Teichgebiet zählt bis heute
                                                                                                 Stauwerke in den Bächen sorgen für reich-                   als Lebensraum und Laichgebiet für Repti-
                                                                                                 lichen Wasserstand und schaffen so unab-                    lien wie Waldeidechse, Zauneidechse, Blind-
                                                                                                 sichtlich Lebensräume. Fledermäuse wurden                   schleiche und Ringelnatter. Bemerkenswert
                                                                                                 und werden durch kontrolliertes Anbringen                   zu Wasser ist das Vorkommen von Wild-
                                                                                                 von Kästen unterstützt und nachgewiesen –                   fischarten. In der Brutteichgruppe und im
                                                                                                 zum Beispiel erstmalig für Nordsachsen der                  Brandteich konnten bei Probefängen die
                                                                                                 Kleinabendsegler. Als wertgebende Brutvo-                   wertvollen, seltenen Fischarten Dreistach-
                                                                                                 gelarten konnten bislang unter anderem                      liger Stichling, Neunstachliger Stichling,
                                                                                                 Kranich, Rotmilan, Schwarzmilan, Rohrwei-                   Rotfeder und Bitterling entdeckt werden,
                                                                                                 he, Waldkauz, Schwarzspecht, Wasserralle,                   in den Gräben Schmerle, Bachneunauge
                                                                                                                                                             und Edelkrebs.

                                                                                                                                                             Reiche Insektenfauna und
                                                                                                                                                             Flora noch wenig erforscht
                                                                                                                                                             Insektenfauna und Pflanzenwelt sind im
                                                                                                                                                             Gebiet wenig erforscht. An einigen Stellen
                                                                                                                                                             wurde die seltene Blauflügelige Prachtli-
                                                                                                                                                             belle gesichtet. Auch der stark gefährdete
                                                                                                                                                             Käfer Eremit als Nutzer von alten Bäumen
                                                                                                                                                             mit hohem Totholzanteil und Mulm wurde
                                                                                                                                                             im Gebiet nachgewiesen. Die Waldflächen
                                                                                                                                                             bestehen aus Teilen von Erlen-Moorbirken-
                                                                                                                                                             Bruchwald mit kleinflächigem Bestand von
                                                                                                                                                             Seggen. In Randbereichen auf etwas trocke-
                                                                                                                                                             nem Boden siedelt Traubenkirschen-Erlen-
                                                                                                 Zwergtaucher, Drosselrohrsänger, Schlag-                    Eschenwald. Auf zwei kleineren Feuchtwie-
                                                                                                 schwirl, Eisvogel und Neuntöter dokumen-                    sen gedeihen dem Standort entsprechende
                                                                                                 tiert werden. In der weiteren Umgebung des                  Pflanzengesellschaften: Breitblättriges
                                                                                                 Teichgebietes brüten Schwarzstorch, Fisch-                  Knabenkraut, Sumpfdotterblume, Blutwei-
                                                                                                 adler, Seeadler, Baumfalke, Sperber und                     derich, Sumpfveilchen, Wechselblättriges
                                                                                                 Habicht. In den Teichen und Fließgewässern                  Milzkraut und vieles andere. In und an den
                                                                                                 gibt es Nachweise für Kammmolch, Teich-                     naturnahen Teichen und Gräben komplet-
                                                                                                 molch, Erdkröte, Grasfrosch und Teichfrosch.                tieren unter anderem Sumpf-Schwertlilie,
                                                                                                                                                             Teich-Schachtelhalm, Mummel, Wasserknö-
                                                                                                                                                             terich, Wasserfeder, Krebsschere und Tan-
                                                                                                 Oben: 300-jährige Eiche am Erlenbruch des Neuteiches.       nenwedel das natürliche Idyll. Die üppige
                                                                                                 Unten: Blick auf dem Brandteich. Fotos: Dieter Selter       Naturausstattung an und in den Trossiner
                                                                                                 Seite 2
                                                                                                                                                             Teichen ist ein Paradebeispiel dafür, wie gut
                                                                                                 Oben: Eine von vielen wertgebenden Brutvogelarten im        derartige Eigentumsflächen dazu geeignet
                                                                                                 Trossiner Teichgebiet: der Waldkauz. Foto: Bärbel Franzke   sind, in der Hand des NABU zu Naturpara-
                                                                                                 Unten: Erlenbruchwald an den Brutteichen.                   diesen für Tier und Pflanze entwickelt
                                                                                                 Foto: Dieter Selter                                         zu werden.
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
04 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                        HOHER FORST 05

 Hoher Forst                                               Seit dem Jahr 2000 beschäftigt sich die NABU-Ortsgruppe Kirchberger Natur- und Heimat-
                                                           freunde mit dem einzigartigen Landschaftsgebiet des Hohen Forstes, dem Erzgebirge zugehö-
                                                           rig und im Landkreis Zwickau gelegen. Hier wurde schon vor dem 13. Jahrhundert Bergbau

 gehört zum UNESCO-
                                                           betrieben, der sich bis ins 20. Jahrhundert fortsetzte und die Besiedlung der Region im Mittel-
                                                           alter prägte. Landschaftlich wird dieses Gebiet durch den typischen Erzgebirgswald mit domi-
                                                           nierenden Fichtenbeständen bestimmt. Eine vielfältige Flora und Fauna ist hier zu Hause.
                                                               Schnell entstand in den drei Fachbereichen des Vereins, Naturschutz, Bergbau und Hei-

 Weltkulturerbe
                                                           matgeschichte, die Vision, einen Natur- und Bergbaulehrpfad zu schaffen. Von 2001 bis 2002
                                                           realisierten die Kirchbergerinnen und Kirchberger die Idee: Im 84 Hektar großen Waldgebiet
                                                           des Hohen Forstes schufen sie einen Lehrpfad auf 6,2 Kilometern Länge, ausgestattet mit
                                                           Schautafeln und Sitzgruppen. Besondere Sehenswürdigkeiten dieses Bodendenkmals sind
                                                           Relikte einer Turmhügelburg und der ehemaligen Bergbausiedlung Fürstenberg sowie der
                                                           Pingenzug des alten Silbererzbergbaustollns „Martin Römer“ aus dem 13. Jahrhundert.

                           NABU-Naturschutzstation macht
                           Bergbaugeschichte erlebbar
                                                           Errichtung von Vereinsberg-                             Montanregion Erzgebirge/
                                                           werk und Naturschutzstation                             Krušnohoří ist seit Juli 2019
                                                           Im Jahr 2003 legte der NABU Kirchberg auf
                                                                                                                   Weltkulturerbe
                                                           dem vereinseigenen Grundstück Zechen-                   Diese Aufwertung des gesamten Gebietes
                                                           platz den bis dahin verschütteten und                   bewog die Kirchberger Natur- und Heimat-
                                                           zugemauerten alten Wolframit-Erkundungs-                freunde bereits 2006, den Antrag beim För-
                                                           stolln wieder frei und errichtete sein Ver-             derverein „Montanregion Erzgebirge“ der
                                                           einsbergwerk: den Engländerstolln. Gleise               Bergakademie Freiberg einzureichen, den
                                                           wurden gelegt und eine Beleuchtungsanlage               Hohen Forst in die Liste der UNESCO-Welt-
                                                           eingebaut. Höhlungen in den Stollenwän-                 erbestätten des Erzgebirges aufzunehmen.
                                                           den werden seitdem von Fledermäusen als                 Der lang gehegte Traum erfüllte sich im Juli
                                                           Winterquartier angenommen, Falter, Berg-                2019, als die UNESCO-Welterbekommission
                                                           molche und Erdkröten gelangen durch ein                 bekanntgab, dass die Montanregion Erzge-
                                                           Gittertor ungehindert in den Stollen.                   birge/Krušnohoří mit insgesamt 22 Bestand-
                                                           Überall im Hohen Forst brachte die NABU-                teilen in Sachsen und Tschechien – darunter
                                                           Gruppe Nistkästen für Kleinvögel und Eulen              der Hohe Forst – nun zum UNESCO-Weltkul-
                                                           an, die regelmäßig kontrolliert und gesäu-              turerbe gehört. Besonders bemerkenswert
                                                           bert werden.                                            ist, dass hier eine NABU-Gruppe mit ihrem
                                                               Im Jahr 2014 wurde das Vereinsgrund-                Projekt, bundesweit einmalig, den Welterbe-
                                                           stück zum Wanderrastplatz mit Schutzhüt-                titel erhalten hat.
                                                           te, Huthaus und NABU-Naturschutzstation                     Für die kommenden Jahre planen die
                                                           ausgebaut. Welche Anziehungskraft das Ge-               Kirchberger, ihren Engländerstolln zu einem
                                                           lände des Hohen Forstes inzwischen ausübt,              Besucherbergwerk umzubauen. Im Sinne
                                                           verdeutlichen die vielen Besucherinnen und              eines sanften Naturtourismus möchten sie
                                                           Besucher, die bei Veranstaltungen unter und             interessierten Gästen die Besonderheiten
                                                           über Tage die Bergbaugeschichte erleben                 des Hohen Forstes auf diese Weise noch
                                                           sowie bei geführten Wanderungen die Flora,              näherbringen.
                                                           Fauna und die Schönheiten unserer Natur
                                                           und Heimat bestaunen. Seit dem Jahr 2002
                                                           leistete der Verein rund 40.000 Stunden eh-
                                                           renamtliche Arbeit am Projekt Hoher Forst.

                                                           Oben: Dichter Nadelwald umgibt die Station.             Seite 4: Bergführer Peter Ritter, Vereinsmitglied des NABU
                                                           Foto: Ina Ebert                                         Kirchberg, gibt faszinierende Einblicke in die Unterwelt
                                                           Unten: Zum Tag des offenen Denkmals zeigen die Kirch-   des jahrhundertealten „Martin-Römer-Stollns“.
                                                           berger ihre mobilen Bergbauschätze.                     Foto: Ina Ebert
                                                           Foto: Heiko Goldberg
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
06 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                                                                                                 SCHWALBEN WILLKOMMEN 07

                                        Schwalben gehören zu unseren bekann-        die Akzeptanz für das Miteinander von
                                        testen gefiederten Gästen. Sobald sie       Mensch und Vogel zu stärken, startete
                                        im zeitigen Frühjahr aus ihren fernen       der NABU Sachsen 2016 das landesweite
                                        Überwinterungsquartieren eintreffen,        Projekt „Schwalben willkommen“, das
                                        erfüllt ihr heiteres Gezwitscher die        durch die Sächsische Landesstiftung
                                        Natur. Doch seit einigen Jahrzehnten        Natur und Umwelt gefördert wird.
                                        nimmt ihr Bestand stetig ab – vor allem     Besonders schwalbenfreundliche
                                        deshalb, weil es vielerorts an geeigneten   Maßnahmen von Privatpersonen oder
                                        Nistplätzen, Nestbaumaterial und aus-       Unternehmen werden dabei mit der
                                        reichend Nahrung fehlt. Um die Situati-     Plakette „Hier sind Schwalben willkom-
                                        on für die Schwalben zu verbessern und      men“ vom NABU ausgezeichnet.

                                                                                                                             Peter Sodann präsentiert stolz seine Schwalbenplakette. Foto: Eike von Watzdorf                   Mehr als 100 Mehlschwalbennester reihen sich dicht an dicht an den
                                                                                                                                                                                                                               Wänden eines Vierseitenhofes in Schönfeld. Foto: Lutz Runge

                                                                                                                             Rauchschwalben. Foto: Knut Fischer

                                                                                                                                                                                                      Aufklärungsarbeit und                           Hunderte Plaketten
                                                                                                                                                                                                      Unterstützung bei Sanie-                        zeugen von großem
                                                                                                                                                                                                      rungsmaßnahmen                                  Engagement
                                                                                                                                                                                                      Bis zum Frühjahr 2020 meldeten sich             Seit dem ersten Jahr trifft das Projekt
                                                                                                                                                                                                      mehr als 650 Schwalbenfreundinnen               auf große Resonanz. Landesweit wur-
                                                                                                                                                                                                      und Schwalbenfreunde beim NABU.                 den Plaketten verliehen, beispielsweise
               Landesweites Projekt zum Schutz von Schwalben und ihren Niststätten                                                                                                                    Viele fragen um Rat, berichten von ih-          an den Künstlerhof Röhrsdorf und den
                                                                                                                                                                                                      ren Schutzmaßnahmen wie der Anlage              Botanischen Garten Chemnitz. 2017
                                                                                                                                                                                                      von Lehmpfützen und persönlichen                organisierte der NABU Großdittmanns-
                                                                                                                                                                                                      Erlebnissen mit den Schwalben oder              dorf den Marsdorfer Schwalbentag
                                                                                                                                                                                                      bewerben sich um die Schwalben-                 und überreichte 50 Plaketten. Zu den
                                                                                                                                                                                                      plakette. Dadurch erhält der NABU               Geehrten gehören darüber hinaus
                                                                                                                                                                                                      Sachsen Kenntnis über Vorkommen,                die Dresdner Verkehrsbetriebe, denn
                                                                                                                                                                                                      Bruterfolge, Initiativen oder wo Hand-          an der Pillnitzer und Niederpoyrit-
                                                                                                                                                                                                      lungsbedarf besteht. Diese Erfahrun-            zer Fähre durften Rauchschwalben
                                                                                                                                                                                                      gen fließen in die Arbeit zum Schutz            unter den Auffahrklappen ihre Nester
                                                                                                                                                                                                      der Schwalben ein. Vielerorts sind              bauen. Auch der „Saxstall“ Pohrsdorf
                                                                                                                                                                                                      NABU-Mitglieder Ansprechpartner und             bei Tharandt, die Kindertagesstätte in
                                                                                                                                                                                                      helfen, wo es dringend erforderlich ist,        Trossin, das Gesundheitsbad Actinon in
                                                                                                                                                                                                      wie bei der Anbringung von Kunstnes-            Bad Schlema sowie immer wieder viele
                                                                                                                                                                                                      tern und Kotbrettchen. Sie beraten bei          Privatpersonen, unter ihnen Landtags-
                                                                                                                                                                                                      Sanierungsmaßnahmen und leisten                 präsident Dr. Matthias Rößler, freuten
                                                                                                                                                                                                      Aufklärungsarbeit. Denn immer wieder            sich über die Anerkennung.
                                                                                                                                                                                                      passiert es, dass wider besseren Wissens           2019 ehrte der NABU den ehemaligen
                                                                                                                                                                                                      Nester entfernt oder verschlossen               Schauspieler Peter Sodann. Die Peter-
                                                                                                                                                                                                      werden, oft aus Sorge vor Schmutz oder          Sodann-Bibliothek in Staucha beher-
                                                                                                                                                                                                      Krankheiten. Mit Informationsschrei-            bergt Rauchschwalben und ihre unge-
                                                                                                                                                                                                      ben an Mieter und Hausverwaltungen              wöhnlichen Nistplätze über den Bü-
                                                                                                                                                                                                      macht insbesondere der NABU Leipzig             cherregalen. Der NABU Lößhügelland
                                                                                                                                                                                                      auf den Bestandsschutz der Nester auf-          installierte Kotbrettchen und Kunst-
                                                                                                                                                                                                      merksam, mit künstlichen Lehmpfüt-              nester, um die Bautätigkeit zu lenken.
                                                                                                                                                                                                      zen auf Garagendächern fördert er eine          Zu den Ausgezeichneten desselben
                                                                                                                                                                                                      Mehlschwalbenkolonie in der Stadt. In           Jahres gehörten daneben der Tierpark
                                                                                                                                                                                                      seiner Wildvogelstation werden Mehl-            Chemnitz, die Landestalsperrenverwal-
                                                                                                                                                                                                      und Rauchschwalben aufgezogen und               tung sowie das Landgestüt Moritzburg.
                                                                                                                                                                                                      ausgewildert.
                                                                                                                                                                                                                                                      www.schwalben.NABU-Sachsen.de
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
08 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                                                                                              NATURSCHUTZINSTITUTE 09

                                                                                                                                      NSI leisten Wissenstransfer
                                                                                                                                      Der große Wert der Naturschutzinstitute liegt im für die gesamte
                                                                                                                                      Vereinsarbeit verfügbaren Wissen der angestellten oder ehrenamt-
                                                                                                                                      lich mitwirkenden Experten, in der Anwendung neuester For-
                                                                                                                                      schungsergebnisse oder naturschutzrechtlicher Erfordernisse auf re-
                                                                                                                                      gionale und lokale Verhältnisse und in der Umsetzung in praktische

          Die
                                                                                                                                      Naturschutzmaßnahmen. So sind die Naturschutzinstitute wichtige
                                                                                                                                      Anlaufpunkte für die ehrenamtliche NABU-Tätigkeit und gleichzeitig
                                                                                                                                      Schnittstellen zu Behörden und Forschungseinrichtungen. Durch

  Naturschutzinstitute
                                                                                                                                      öffentliche Vorträge, Publikationen und Exkursionen bieten die NSI
                                                                                                                                      Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch auf hohem Niveau und
                                                                                                                                      tragen auch dadurch eine große Verantwortung für naturschutzfach-

   des NABU Sachsen
                                                                                                                                      liche Belange im Interesse des Gemeinwohls.

                                                                                                                                                                                                            Das Projekt „Lutra lutra“ erforscht die Verbreitung der Fischotter im deutsch-tschechischen
                                                                                                                                                                                                            Grenzraum. Foto: Bärbel Franzke

   Forschung im Einsatz für die Natur

   Facharbeit und -kompetenz spielen für den NABU Sachsen         der Erzgewinnung im Freiberger Bergrevier entstan-
   von jeher eine wichtige Rolle. So beschloss die zweite         den sind. Das NSI Freiberg analysierte im Auftrag des
   Landesvertreterversammlung im Januar 1993, neben den           Bundesamtes für Naturschutz die Gefährdungsursa-
   bereits existierenden Fachgruppen und Landesfachaus-           chen bedrohter Tierarten, um die Schlüsselfaktoren
   schüssen dafür ein drittes Standbein ins Leben zu rufen:       des Artenrückgangs zu ermitteln sowie Handlungs-
   die NABU-Naturschutzinstitute. Sie sollten insbesondere        konsequenzen für den Erhalt der biologischen Vielfalt
   Natur- und Artenschutzprojekte entwickeln, beispiel-           in Deutschland abzuleiten, und engagiert sich in der
   haft in die Praxis umsetzen und sich der angewandten           internationalen Biodiversitätsforschung. Aktuelle
   Naturschutzforschung sowie der wissenschaftlichen              Artenschutzprojekte in Freiberg befassen sich mit der
   Arbeit widmen, um die fachliche Kompetenz des NABU             Nordfledermaus, wiesenbrütenden Vogelarten, der
   zu stärken. Und so nahmen die Naturschutzinstitute, kurz       Kartierung von Lurchen und Kriechtieren sowie dem
   NSI genannt, noch 1993 ihre Arbeit auf. Über 100 Projekte      seltenen Scheidenblütgras, für dessen Erhaltung in
   pro Jahr wurden seitdem erfolgreich bearbeitet, manche         Deutschland Sachsen die Hauptverantwortung trägt.
   als Langzeitprojekte von Beginn an, einige davon als               Die meisten Erfassungs- und Schutzprojekte aller
   Großprojekte der Naturschutzarbeit.                            NSI sind Tieren und Pflanzen der Heimat gewidmet,
                                                                  die wie Große Moosjungfer und Biber innerhalb
   Heimische Tiere und Pflanzen                                   Deutschlands in Sachsen bedeutend verbreitet sind
   im Fokus                                                       oder aber wie der Feldhamster kurz vor dem regiona-
                                                                  len Aussterben stehen. So liefern die Hamster-Erfas-
   Für das NSI Dresden ist der Weißstorch von besonderer          sungen des NSI Leipzig entscheidende Basisdaten zur
   Bedeutung: Schon seit 1994 hat es sich zum Zentrum des         Abgrenzung von Gebieten, auf denen die Förderung
   Weißstorchschutzes in Sachsen (siehe Seite 50) entwickelt.     einer „hamsterfreundlichen“ Bewirtschaftung umge-
   Im Herbst 2017 begann das grenzüberschreitende Projekt         setzt werden kann. Weiterhin betreut das NSI Leipzig
   „Lutra lutra“. Darin wird für drei Jahre die Verbreitung der   Fledermausquartiere sowie Amphibienschutzzäune
   Fischotter im deutsch-tschechischen Grenzraum sowie die        und übernimmt ökologische Baubetreuungen, um
   Qualität ihrer Lebensräume erforscht, um die sächsische        bei genehmigten Eingriffen die Schäden für Flora und
   und nordböhmische Fischotterpopulation langfristig zu          Fauna so minimal wie möglich zu halten.
   stärken und den Biotopverbund entlang von Wander-
   routen zu verbessern. Ein großer Erfolg für die Natur ist
   seit dem Jahr 2000 das Naturschutzgroßprojekt „Lausit-
   zer Seenland“, mit dem es bisher gelang, eine für diese
   Braunkohleregion typische Bergbaufolgelandschaft und
   damit die Lebensräume für an offene, sehr nährstoffarme        Oben: Die Nordfledermaus – die NSI in Freiberg und Leipzig setzen
   Biotope angepasste Tier- und Pflanzenarten zu erhalten.        sich für den Fledermausschutz ein. Foto: Reimund Francke
       Mit Bergbaufolgelandschaften befassen sich auch die        Rechts: Flachwasserzonen östlich vom Bergener See: Im Natur-
   anderen NSI, das NSI Freiberg unter anderem mit seltenen       schutzgroßprojekt „Lausitzer Seenland“ erhält das NSI Dresden
   Schwermetallfluren und Haldenvegetation, die in Folge          Bergbaufolgelandschaften als Lebensraum. Foto: Uwe Stolzenburg
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
10 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                                                                                                           NATURTÄTER 11

              Naturtäter?
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                NABU-Ehrenamtliche nutzen Facebook und Co. beim Amphibienschutz

                                                                                                                                                                                                            Naturtäter unterwegs in Dresden. Foto: Max Kürner

                                                                                                                                                                                                            Amphibienwanderung nicht so explosionsartig verlief wie in ande-
                                                                                                                                                                                                            ren Jahren. Einige Laichgewässer blieben ohne Wasser und standen
                                                                                                                                                                                                            den Tieren nicht zur Verfügung. Für den praktischen Tier- und Arten-
                                                                                                                                                                                                            schutz konnte das Projekt nichtsdestotrotz gute Erfolge verzeichnen:
                                                                                                                                                                                                            Krötenzäune fanden neue Betreuerinnen und Betreuer, Menschen
                                                                                                                                                                                                            wurden für die Krötenrettung qualifiziert, erreicht wurde auch eine
                                                                                                                                                                                                            stärkere öffentliche Wahrnehmung des Themas. Ein Ziel des Projekts
                                                                                                                                                                                                            wurde nicht verwirklicht: Im Gegensatz zur ursprünglichen Ziel-
                                                                                                                                                                                                            gruppe der 16- bis 25-Jährigen wurden vorwiegend die 25- bis
                                                                                                                                                                                                            45-Jährigen angesprochen. Auf diese Weise Menschen für die Natur-
                                                                                                                                                                                                            schutzarbeit gewonnen zu haben, ist aber ein großer Erfolg, egal

                                                                                      „Für Kröten tu’ ich alles!“                                    umfangreichen Fachkenntnisse nötig sind, widmete
                                                                                                                                                     sich die Pilotphase des Projekts Arbeitseinsätzen im
                                                                                                                                                                                                            aus welcher Altersgruppe sie kommen.

                                                                                      Mit dem Anspruch, Naturschutzthemen in die sozialen            Amphibienschutz, wobei unter dem Etikett „Natur-       Moorfroschpaar im Laichgewässer. Foto: Karsten Peterlein
                                                                                      Netzwerke zu bringen und Menschen aus der virtuellen           täter“ auch für andere praktische Naturschutzaktio-
                                                                                      Welt von Facebook und Co. an den Froschteich zu holen,         nen geworben werden könnte.
                                                                                      wurde im Februar 2014 das Pilotprojekt „Naturtäter“
                                                                                      gestartet. Unter dem Motto „Für Kröten tu’ ich alles!“ soll-
                                                                                      ten junge Leute motiviert werden, den ehrenamtlichen           Koordination über soziale
                                                                                      Naturschutz in Sachsen zu unterstützen. Dafür arbeite-
                                                                                                                                                     Netzwerke
               Tausende Amphibien werden jedes Jahr Opfer des                         ten das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und
               Straßenverkehrs, insbesondere bei der Frühjahrswan-                    Landwirtschaft, die Sächsische Landesstiftung Natur und        Die sozialen Netzwerke haben sich als modernes,
               derung zu ihren Laichgewässern. Zur Hochzeit der                       Umwelt sowie der NABU Sachsen zusammen. Über soziale           zusätzliches Kommunikationsinstrument bewährt.
               Amphibien sind darum jedes Jahr auch die Amphi-                        Netzwerke wie Facebook und Twitter, aber auch über             Wichtig für den ehrenamtlichen Naturschutz ist,
               bienretter, Krötenlotsen und Fangzaunbetreuer                          andere Medien wie Zeitungen, Fernsehen und Radio wur-          dass die Onlinewelt kein Eigenleben entwickelt,
               über Wochen beschäftigt. Wenn die Amphibien sich                       de für Amphibienschutzaktionen des NABU in Sachsen             sondern sich auf reale Amphibienaktionen vor Ort
               paaren, laichen und somit für Nachwuchs sorgen,                        geworben, insbesondere in Dresden, Leipzig und Freiberg,       konzentriert. Über die Netzwerke wurden Termine
               ist die Arbeit erfolgreich gewesen. Aber wer bemerkt                   wo sich die örtlichen NABU- oder NAJU-Gruppen intensiv         koordiniert, User konnten Brennpunkte der Amphibi-
               überhaupt diesen Arbeitseifer der Naturschützerinnen                   und kreativ am Projekt beteiligten. Im Frühjahr ging es        enwanderung melden, selbst Helferinnen und Helfer
               und Naturschützer? Und wer ist bereit, ebenfalls etwas                 vor allem darum, Amphibien sicher zum Laichgewässer            für Aktionen suchen und über ihre Aktivitäten online
               Zeit zu investieren und mitzumachen?                                   zu bringen, im Spätsommer und Herbst waren Naturtäter          berichten. Dadurch kam eine beachtliche Menge von
                                                                                      zu Gewässer- und Biotoppflege-Aktionen eingeladen. Au-         Fotos und Aktionsvideos zusammen. Allerdings war
                                                                                      ßerdem gab es zahlreiche Umweltbildungsangebote wie            das Wetter 2014 für die Amphibienfortpflanzung
                Oben: Die Gefahr lauert auf den Straßen. Foto: Jonathan Fieber/NABU   Vorträge, Exkursionen und Infostände. Weil dafür keine         ungünstig. Lange Zeit war es zu trocken, sodass die
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
12 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                                      BERGWIESENCAMP 13

   Bergwiesencamp mit der NAJU
   im erzgebirgischen
   Zechengrund
   Auf die Rechen, fertig, los!

                                                                                    Das über 200 Hektar große Naturschutzge-        wiesen schon seit längerem unter Schutz        abtransportiert werden. Ökologisch beson-
                                                                                    biet „Fichtelberg“ gehört zu den ältesten und   gestellt. Um diese Lebensräume aber nicht      ders wertvoll: Seit 2018 besteht eine direkte
                                                                                    wertvollsten Naturräumen Sachsens. In dem       nur zu schützen, sondern dauerhaft zu          Zusammenarbeit mit einem Bauernhof in
   Wenden des Mähgutes. Foto: Lutz Röder                                            zusammenhängenden Komplex von ver-              bewahren, sind darüber hinaus jährliche        Rittersgrün, an dessen Milchvieh das wert-
                                                                                    schiedenen Lebenraumtypen in der oberen         Pflegemaßnahmen unabdingbar. An dieser         volle Bergwiesenmähgut verfüttert wird.
                                                                                    Kammregion des Erzgebirges befindet sich        Stelle setzt das Bergwiesencamp an – mit
                                                                                    darin eingebettet der Zechengrund. Charak-      mehr als 20 jugendlichen Teilnehmenden         Ferienlagerstimmung
                                                                                    teristisch für diesen, direkt an der Grenze     und einer Dauer von zwei Wochen die größte
                                                                                    zur Tschechischen Republik liegend, ist die     Veranstaltung der Naturschutzjugend (NAJU)
                                                                                                                                                                                   in der Postskihütte
                                                                                    hohe Dichte von sehr gefährdeten Pflanzen-      Sachsen. Seit 1986 verbringen naturverbun-     Diese anstrengende Arbeit am Zechengrund
                                                                                    arten – zum Beispiel des Gewöhnlichen           dene Jugendliche im Alter zwischen zwölf       geschieht in langjähriger, erfolgreicher
                                                                                    Kreuzblümchens, der Feuerlilie oder des Gro-    und 27 Jahren jedes Jahr im Rahmen des         Zusammenarbeit mit dem Naturschutzzen-
                                                                                    ßen Klappertopfes. Zusätzlich ist dort eine     Bergwiesencamps einen Teil ihrer Sommerfe-     trum Erzgebirge, das die technische Betreu-
                                                                                    Vielzahl alpiner Pflanzenarten heimisch,        rien im Erzgebirge und erobern den Zechen-     ung, die Mahd und den Abtransport der Bio-
                                                                                    die normalerweise nur in deutlich höheren       grund für sich, um dort zur Erhaltung einer    masse übernimmt. Die Pflegearbeit auf der
                                                                                    Lagen anzutreffen sind. Sie finden hier gute    einzigartigen Naturlandschaft beizutragen.     Wiese ist aber nicht die einzige Aktivität
                                                                                    klimatische Bedingungen und nährstoffarme          Aufgrund der steilen Hanglage der Wie-      im Bergwiesencamp: Regelmäßige Exkursi-
                                                                                    Böden, welche durch eine jährliche Mahd         sen ist der Einsatz von normaler Mähtechnik    onen zu interessanten Orten im Erzgebirge,
                                                                                    erhalten werden müssen. Zu diesen beson-        nicht möglich. Stattdessen muss mit einem      wie zum Beispiel zum Pöhlberg bei Anna-
                                                                                    deren Pflanzenarten zählt das Gewöhnliche       speziellen Bergtraktor sowie handgeführten     berg oder in das Gottesgabener Hochmoor,
                                                                                    Weißzüngel oder die Alpen-Goldrute.             Balkenmähern mit Doppelmesserschneid-          sorgen zum einen für Abwechslung und
                                                                                                                                    werk gearbeitet werden. Auch nach der          Erholung, vermitteln andererseits aber auch

                                                                                    Jährliche Tradition seit 1986                   Mahd ist weitere Handarbeit erforderlich:      Artenkenntnisse und sensibilisieren für
                                                                                                                                    Die Aufgabe der jungen Teilnehmerinnen         komplexe ökologische Zusammenhänge.
                                                                                    Die erzgebirgstypischen Bergwiesen sind ein     und Teilnehmer des Bergwiesencamps             Mit ausgedehnten Spiele- und Filmabenden
                                                                                    durch Menschenhand geschaffener Lebens-         besteht darin, das Mähgut zu wenden, auf       in der gemütlichen Postskihütte und regel-
                                                                                    raum, der im Falle des Zechengrunds infolge     lange Reihen – sogenannte Schwaden – zu        mäßigen Besuchen im Schwimmbad kommt
                                                                                    der Bergbauzeit entstanden ist. Aufgrund        ziehen und, sobald es getrocknet ist, daraus   dabei richtige Ferienlagerstimmung auf.
                                                                                    ihrer speziellen Tier- und Pflanzenwelt sowie   große Heuhaufen zu bilden. Diese können        Also Heugabeln gespitzt und auf die Rechen,
   Zechengrund mit Wiesenknöterich.        Großer Klappertopf. Fotos: Ralf Mäkert   ihrer kulturellen Bedeutung sind die Berg-      dann, zum Beispiel in Form von Heuballen,      fertig, los!
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
14 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                                    PRESSELER HEIDWALD- UND MOORGEBIET 15

             Im Süden der Dübener Heide befindet          große Zadlitzbruch und der 200 Hektar    Um das Presseler Heidewald- und Moor-     auf einer Fläche von 6.700 Hektar von 1995
             sich einer ihrer schönsten Bereiche: das     große Wildenhainer Bruch stellen das     gebiet in seiner Größe und Vielfalt und   bis 2009 realisiert wurde, standen dem
             Presseler Heidewald- und Moorgebiet.         Kernstück des Gebiets dar. Hier wurden   mit all seinen Schönheiten zu erhalten,   Zweckverband umfangreiche finanzielle
             Moore, kleine Heideflächen, Wälder und       unter anderen insgesamt 168 Vogelarten   gründete sich mit maßgeblicher Un-        Mittel für Renaturierungsvorhaben zur
             von Wiesen gesäumte Bäche bilden den         nachgewiesen, von denen 114 im Gebiet    terstützung des NABU-Bundesverbands       Verfügung.
             größten zusammenhängenden Komplex            brüten. 350 Großschmetterlingsarten      1995 der Zweckverband „Presseler Hei-
             naturnaher Lebensräume in der Leipzi-        sind belegt; das Alpenlaichkraut,        dewald- und Moorgebiet“, bestehend aus
             ger Region und einen Kontrast zu den         der Edelkrebs und die relativ seltene    dem NABU Sachsen sowie den Land-
             nahe gelegenen Agrar- und Bergbau-           Zweigestreifte Quelljungfer kommen       kreisen Delitzsch und Torgau-Oschatz.
             folgelandschaften. Der 100 Hektar            hier vor.                                Für das Naturschutzgroßprojekt, das       Rechts: Libelle im Sonnentau gefangen. Fotos: Arndt Asperger

             Ein Naturschutzgroßprojekt in der Dübener Heide

             Wollgras im Morgenlicht des Zadlitzbruchs.
30 JAHRE NABU SACHSEN - 30 MEILENSTEINE FÜR DIE NATUR
16 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                           GEBÄUDEBEWOHNENDE ARTEN 17

                                                                                                           Moore wiederbeleben,
                                                                                                                                                                       Dreifacher Einsatz für
                                                                                                           Wälder umbauen
                                                                                                           Nach vielen Eingriffen in den Wasserhaushalt des Ge-         gebäudebewohnende
                                                                                                                                                                                   Tierarten
                                                                                                           biets – erfolgt im Zusammenhang mit wirtschaftlicher
                                                                                                           Nutzung durch großflächige Bodenverbesserungsmaß-
                                                                                                           nahmen – bestand eine der wichtigsten Aufgaben des
                                                                                                           Projekts darin, die hydrologischen Bedingungen wieder
                                                                                                           aufzuwerten. Der Wasserhaushalt der austrocknenden
                                                                                                           Moore wurde unter anderem durch die Renaturierung
                                                                                                           von Bachauen, welche die Moore über Gebühr ent-                          Lebensraum für Tiere in Gebäuden
                                                                                                           wässert hatten, verbessert. Eine weitere Maßnahme war
                                                                                                           der Umbau der Wälder. Dabei sind anstelle von Kiefern-                              erhalten und schaffen
                                                                                                           forsten standortgerechte Laubwälder entstanden, wovon
                                                                                                           erneut die Wasserversorgung der Moore profitierte.
                                                                                                           Der NABU Sachsen war dabei nicht nur Mitglied des
                                                                                                           Zweckverbandes: Eine Reihe wichtiger Aufgaben inner-
                                                                                                           halb des Großprojekts wurde direkt durch NABU-Mit-
                                                                                                           glieder realisiert, unter anderem Landschaftspflege,
                                                                                                           Schutzgebietsbetreuung, ökologische Begleitung von
                                                                                                           Renaturierungsmaßnahmen und Betreuung spezieller
                                                                                                           Tierarten, darunter der Kranich.
                                                                                                               Das NABU-Naturschutzinstitut in Leipzig erarbeitete
                                                                                                           die Gewässerstrukturgütekartierung für die Maßnah-
                                                                                                           men in der Mühlbachaue und eine Effizienzstudie zur
                                                                                                           Wirksamkeit der Amphibienschutzanlage am Presseler
                                                                                                           Teich. Auf deren Grundlage konnte das Laichgewässer in
                                                                                                           der Mühlbachaue optimal angelegt werden. Die zwin-
                                                                                                           gend erforderliche naturschutzfachliche Begleitung der
                                                                                                           umfangreichen Baumaßnahmen im Naturschutzgebiet
                                                                                                           übernahm ebenfalls das Naturschutzinstitut. Die ersten
                                                                                                           Erfolge der Projektarbeit zeigten sich – um ein Beispiel
                                                                                                           zu nennen – in der Avifauna. So haben gleich nach
                                                                                                           Abschluss der Maßnahme auf der Pahlbrückenwiese im
                                                                                                           Frühjahr 2009 im Uferbereich des Kleingewässers der Kie-
                                                                                                           bitz und der Flussregenpfeifer erfolgreich gebrütet. Auch
                                                                                                           der Waldwasserläufer ist während der Brutzeit häufig
                                                                                                           gesichtet worden.

                                                                                                           Zweckverband besteht fort
                                                                                                           Auch 2020 hat der Zweckverband, dem noch heute der
                                                                                                           Landkreis Nordsachsen und der NABU Sachsen ange-
                                                                                                           hören, Bestand. Als 2009 die Bundesförderung für
                                                                                                           das Großprojekt endete, führte der Zweckverband die
                                                                                                           Betreuung des Gebiets fort und möchte dies auch weiter
                                                                                                           sicherstellen. Finanziert wurde das Großprojekt vierzehn
                                                                                                           Jahre lang anteilig vom Bund, vom Land Sachsen und
                                                                                                           vom Zweckverband. Seit 2010 erfolgt die Finanzierung
                                                                                                           über die EU-Förderrichtlinie Natürliches Erbe und den
                                                                                                           Landkreis Nordsachsen.

  Oben: Kraniche brüten im Heidewald- und Moorgebiet. Foto: Jan Noack
  Mitte: Die Sirxbachaue, ein Teilbereich des Presseler Heidewald- und Moorgebiets. Foto: Arndt Asperger
  Unten: Blüte der seltenen Moosbeere. Foto: Aldo Kermes
18 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                             GEBÄUDEBEWOHNENDE ARTEN 19

                                                                     Gebäudebewohnende Vogel- und Fledermausarten sind                           NABU und Kirchengemeinden
                                                                     Kulturfolger. Das heißt, ihre natürlichen Lebensräume                       gemeinsam für mehr Artenschutz
                                                                     sind heute weitgehend verschwunden – sie sind, wo der
                                                                     Mensch ist, nisten und schlafen in Nischen, Hohlräumen                      Auch mit der Aktion „Lebensraum Kirchturm“ setzt sich
                                                                     und Spalten von Gebäuden. Allerdings werden Altbauten                       der NABU für die Sicherung von Nistplätzen bedrohter
                                                                     vielerorts saniert oder abgerissen, sodass diese Unter-                     Arten ein. Kirchtürme sind optimale Orte, um Brutstätten
                                                                     schlupfmöglichkeiten verschwinden. Dabei könnte den                         sowie Quartiere für Turmfalken, Schleiereulen, Dohlen,
                                                                     Tieren in vielen Fällen bei Sanierungsarbeiten oder beim                    Fledermäuse und andere Arten einzurichten. Kirchen-
                                                                     Gebäudeneubau mit einfachen Mitteln geholfen werden.                        gemeinden, die sich besonders für den Artenschutz
                                                                     So kümmert sich das NABU-Naturschutzinstitut Region                         einsetzen, werden mit einer Urkunde ausgezeichnet und
                                                                     Dresden seit 1996 im Projekt „Rettung gebäudeabhän-                         erhalten eine Plakette, die sie an ihrer Kirche anbringen
                                                                     giger Tierarten“ nicht nur um den Schutz für Vögel und                      können. Ins Leben gerufen wurde die Aktion im Jahr
                                                                     Fledermäuse bei Gebäudesanierungen, -neubau und                             2007 mit dem Beratungsausschuss für das deutsche
                                                                     -abriss, einzelne Mitarbeiterinnen haben sich über die                      Glockenwesen. Damals war der Turmfalke, der wie kaum
                                                                     Jahre auch Kompetenzen zur Versorgung verletzter und                        ein anderer auf Nistmöglichkeiten in Kirchtürmen ange-
                                                                     kranker Vögel und Fledermäuse erarbeitet. Bis heute                         wiesen ist, Vogel des Jahres. In Sachsen wurden seitdem
                                                                     wurden zehntausende Nisthilfen an Gebäuden geschaffen                       über 80 Kirchen, die sich durch das Schaffen von Nisthil-
                                                                     und unzählige Tiere gerettet. Zu den Erfolgen des Projekts                  fen und Einfluglöchern für Artenschutz in ihren Häusern
                                                                     wesentlich beigetragen hat die Förderung der Karl Kaus                      einsetzen, mit der Plakette geehrt.
                                                                     Stiftung für Tier und Natur; im Jahr 2004 wurden Jan
                                                                     Schimkat und Marion Lehnert für ihre beispielgebenden
                                                                     Bemühungen um den Schutz gebäudebewohnender Tier-
                                                                     arten mit dem Emmy- und Karl-Kaus-Preis ausgezeichnet.

                                                                     Trafohäuser bieten neue
                                                                     Lebensräume
                                                                     „Gastfreundschaft im Trafohaus“ heißt eine weitere
                                                                     Initiative des NABU Sachsen, die zeigt, wie erfinderisch
                                                                     Artenschutz realisiert werden kann: Aufgrund der
                                                                     „Wohnungsnot“ für viele Tierarten hat der NABU seit den
                                                                     90er Jahren in ganz Sachsen eine beachtliche Anzahl
                                                                     ausgedienter Transformatorenhäuschen übernommen,
                                                                     darunter solche, die unter Denkmalschutz stehen. Die
                                                                     Trafohäuser verschönern nicht nur das Dorf, vielen Tier-
                                                                     arten bieten sie auch ungestörten Wohnraum. Die Aktion
                                                                     ist beispielgebend für ein vorteilhaftes Zusammenwirken
                                                                     aller Partner: Der Energiedienstleister spart Abriss- be-
                                                                     ziehungsweise Sanierungskosten und muss nur die
                                                                     elektrischen Anlagen demontieren. Der NABU ermöglicht
                           Oben links: Der NABU Sachsen zeichnete
                           die Kirche Hohendorf 2015 für ihren       eine Grundsicherung, gegebenenfalls auch die Sanierung,
                           Einsatz als Lebensraum Kirchturm aus.     des Gebäudes über Fördermittel und Eigenleistungen.
                           Foto: Olaf Becher                         Vor allem aber profitieren die neuen Bewohner, denn
                           Oben rechts: Anbringung von Mauer-        NABU-Mitglieder statten die Häuschen mit zusätzlichen
                           seglerkästen an einer Schule in der       Nisthilfen für Turmfalken, Schleiereulen, Bachstelzen,
                           Dresdner Neustadt. Foto: Marion Lehnert   Hausrotschwänze, Mehlschwalben und Höhlenbrüter wie
                           Links: Frank Heine von der NABU-Grup-     Sperlinge und Meisen aus. Sie schaffen außerdem Öffnun-
                           pe Partheland bei der Beringung einer     gen in Bodennähe für Igel und andere Kleinsäuger sowie
                           etwa zwei Wochen alten Schleiereule auf   Einschlupfmöglichkeiten für Fledermäuse. Pflanzen, die
                           dem Dachboden der Kirche in Machern.
                                                                     wie Wilder Wein oder Efeu an der Außenfassade wach-
                           Foto: Ina Ebert
                                                                     sen, bieten darüber hinaus Insekten Lebensräume.
                           Seite 17: Vom NABU übernommenes           Der NABU Torgau, die Fachgruppe Ornithologie und
                           Trafohaus mit Nistkästen und Insekten-    Naturschutz Groitzsch und der NABU Südraum Leipzig           Junge Turmfalken in der Moritzkirche Zwickau. Foto: Mario Fickel
                           hotel in Probsthain.                      sanierten rund 40 Trafohäuschen in den Regionen um
                           Foto: Monique Altmann
                                                                     Torgau und Leipzig. Oftmals bringen NABU-Gruppen,
                                                                     darunter Delitzsch und Partheland, erhebliche Beträge
                                                                     für die Sanierung auf und investieren viel Zeit in
                                                                     Reparaturen, Brutkontrollen und Beringung der
                                                                     geschlüpften Vögel.
20 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                               SCHWARZPAPPELPROJEKT 21

                                                               Die Schwarzpappel ist bedeutender Lebens-           Nur selten natürliche                           Durchbruch bleibt
                                                               raum und Nahrungsquelle für eine Vielzahl
                                                                                                                   Vermehrung                                      noch aus
                                                               von Organismen, darunter Insekten, Schmet-
                                                               terlinge, Vögel und Elbebiber. Etwa zehn            So begann der NABU Sachsen, als die Schwarz-    Leider ist bisher noch kein Durchbruch in
                     NABU-Projekt                              Prozent der sächsischen Käferarten, also 400,       pappel 2006 in Deutschland Baum des Jah-        den Bemühungen gelungen, die Schwarz-
             Schwarzpappel                                     fast 80 Großschmetterlingsarten sowie einige        res wurde, sich gemeinsam mit dem NABU          pappel und ihre natürliche Lebensgemein-
                                                               hundert Kleinschmetterlingsarten entwi-             Meißen-Dresden und dem NABU Naturbe-            schaft, die Weichholzaue, in nennenswer-
                                                               ckeln sich in beziehungsweise an Schwarz-           wahrung Dresden aktiv darum zu bemühen,         tem Umfang wieder an die Elbe und die
                                                               pappeln. Früher insbesondere in der Elbaue          dass dieser damals laut Sachsens Roter Liste    Vereinigte Mulde zu bringen, da veraltete
                                                               natürlich verbreitet, ist die Schwarzpappel         einzige vom Aussterben bedrohte Laubbaum        Hochwasserschutzkonzepte in Sachsen das
                                                               heute weitgehend verschwunden und gilt als          nicht tatsächlich bei uns ausstirbt. Durch      immer noch ausschließen. Dies schnellst-
                                                               eine bedrohte, äußerst seltene Baumart.             intensive Kontakte zum Sächsischen Staats-      möglich zu überwinden, gehört zu den
                                                               Die Ursachen für ihren Schwund liegen in            ministerium für Umwelt und Landwirtschaft       wichtigen künftigen Aufgaben – ebenso
                                                               der bereits seit Jahrhunderten anhaltenden          (SMUL) wurde erreicht, dass im Staatsbetrieb    wie die Entnahme von Hybridpappeln,
                                                               starken Nutzung der Auen durch den Men-             Sachsenforst in Graupa Schwarzpappeln           einer Kreuzung zwischen Europäischer

                                                               schen. Siedlungsbau, Landwirtschaft und             generativ und auch vegetativ vermehrt wer-      und Amerikanischer Schwarzpappel.
                                                               der Ausbau der Verkehrswege, wasserbau-             den, die „darauf warten“ an geeignete Orte         Nicht zuletzt züchtet der NABU in be-
                                                               liche wie auch Maßnahmen zur Fließgewäs-            gepflanzt zu werden. Weiterhin förderte das     scheidenem Umfang selbst Schwarzpappeln
                                                               serunterhaltung schränkten die natürliche           SMUL ein NABU-Projekt, bei dem sämtliche        in einer kleinen Baumschule in Dresden
                                                               Fluss- und Lebensraumdynamik stark ein,             in Sachsen nahe der Elbe und der Vereinig-      und pflanzt sie möglichst nahe zur Elbe auf

                  Schwarz-
                                                               auf die dieser stattliche Baum für seine            ten Mulde noch vorhandenen Schwarzpap-          NABU-eigene oder in Projekten mit Dritten
                                                               natürliche Vermehrung angewiesen ist.               peln erfasst wurden. Dabei wurde entdeckt,      auf andere Flächen. Unter geeigneten
                                                                                                                   dass es zwar an beiden Flüssen noch etliche     Bedingungen blühen und fruchten die
                                                                                                                   vitale Schwarzpappeln beiderlei Geschlechts     zweihäusigen Schwarzpappeln im Alter

                  pappelprojekt
                                                                                                                   gibt, es aber nur äußerst selten zu einer na-   von etwa zehn Jahren – wenn es die unteren
                                                               Links: Karl-­Hartmut Müller mit Schwarzpappel-­     türlichen Vermehrung des Baumes kommt.          Naturschutz- und Wasserbehörden, die Lan-
                                                               Ballenpflanzen aus der NABU-­Baumschule, die        In den wenigen Fällen, in denen doch junge      destalsperrenverwaltung und das Wasser- und
                                                               freiwillige Helfer in die Elbaue pflanzen werden.   Pappelbäumchen aufkommen, haben diese           Schifffahrtsamt nur zuließen. Hier sieht der

                  des NABU Sachsen
                                                               Foto: Robert Michalk                                kaum eine Chance groß zu werden, weil es        NABU den Freistaat in der Pflicht, für die be-
                                                               Rechts: Schwarzpappeln an der Elbe in Dresden-­     Behörden nicht dulden oder sie von Wei-         drohten Schwarzpappeln und ihre förderliche
                                                               Blasewitz mit zwei typischen Merkmalen:             detieren gefressen werden. 2013 führte der      Entwicklung die entsprechenden Rahmen-
                                                               charakteristische Struktur der Borke und Bildung
                                                                                                                   NABU in Riesa eine Schwarzpappeltagung          bedingungen zu schaffen.
                                                               von Brettwurzeln. Foto: Ina Ebert
                                                                                                                   durch, bei der Experten aus ganz Deutsch-
                                                               Seite 20: Schwarzpappel als isoliert stehender      land ihre Erfahrungen zum Schutz und zur
                                    Das Aussterben aufhalten   Einzelbaum. Foto: Jörg Lorenz                       Förderung der Schwarzpappel austauschten.       www.schwarzpappel-sachsen.de
22 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                                                                                                         NATURSCHUTZTAGE 23

                               Sächsische                                                                                                        Ehrenamt und Artenvielfalt in der
                                                                                                                                                 Agrarlandschaft im Fokus

                               Naturschutztage
                                                                                                                                                 Beim 5. Sächsischen Naturschutztag am 26. Ok-
                                                                                                                                                 tober 2013 drehte sich im Neuen Rathaus Leipzig
                                                                                                                                                 alles rund ums „Ehrenamt – Zukunftschance für
                                                                                                                                                 den Naturschutz“. Die Vorträge des Tages sowie
                                                                                                                                                 die Gespräche dazwischen demonstrierten, dass es
                                                                                                                                                 durchaus unterschiedliche Meinungen zum Mit-
                                Tradition seit 1995, neues Leben durch den NABU seit 2011                                                        einander von behördlichem und ehrenamtlichem
                                                                                                                                                 Naturschutz gibt. Einig waren sich jedoch alle: Ohne
                                                                                                                                                 ehrenamtlichen Einsatz funktioniert auch im Natur-
             Naturschutztage haben in Deutschland eine lange Tradition. Sie    So widmete sich der 4. Sächsische Naturschutztag im Block-        schutz nicht viel und Verbesserungen sind hier, auch
             dienen dem Ideen- und Erfahrungsaustausch sowie dem gegen-        haus Dresden am 15. Oktober 2011 dem „Naturschutz im              aufgrund mangelnder Anerkennung gesellschaftli-
             seitigen Ansporn aller im Naturschutz Tätigen. Als landesweites   Umbruch“. Schirmherr war – wie für alle folgenden Natur-          chen Engagements, notwendig.
             Forum ermöglichen sie es, sich über Fächergrenzen hinweg kri-     schutztage – Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler, der mit           Der 6. Sächsische Naturschutztag, der am 19. März
             tisch, konstruktiv und lösungsorientiert mit der Naturschutzar-   dem NABU-Landesvorsitzenden Bernd Heinitz übereinstimmte,         2016 stattfand, stand unter dem Motto „Biologische
             beit auseinanderzusetzen. Sieben Naturschutztage gab es in        dass Natur- und Artenschutz trotz der ökologischen Neuausrich-    Vielfalt in Sachsen – Artenvielfalt in die Agrarland-
             Sachsen zwischen 1995 und 2018. Die ersten drei von 1995 bis      tung der Gesellschaft leider nicht im gleichen Maße erfolgreich   schaft!“ Mehr als 160 Teilnehmende kamen in die
             1999 wurden ausgerichtet vom Freistaat und der Sächsischen        gewesen sind. Bei der Veranstaltung zeigte sich, dass die Sicht   Freiberger Nikolaikirche, wo mit Vorträgen und
             Landesstiftung Natur und Umwelt. Nach langer Pause und            der Naturschutzverbände oft nicht mit der der Politik überein-    Diskussionen die dramatische Situation, aber auch
             aufgrund sich stetig verschlechternder Rahmenbedingungen          stimmt: Der politische Wille zum progressiven Naturschutz ist     Ansätze für mehr Biotop- und Artenschutz präsen-
             für den Naturschutz entschied sich der NABU Sachsen im Jahr       kaum ausgeprägt, Diskussions- und Handlungsbedarf bestehen.       tiert wurden. Die Referierenden veranschaulich-
             2011, der Reihe neues Leben einzuhauchen.                                                                                           ten, dass die Landwirtschaft nicht nur eine große
                                                                                                                                                 Mitschuld am Artensterben hat, sondern auch eine
                                                                                                                                                 große Verantwortung trägt, die Biodiversität zu
                                                                                                                                                 bewahren. Deshalb gehe es nicht darum, Landwirten
                                                                                                                                                 die Schuld zu geben, sondern sie als Partner für den
                                                                                                                                                 Naturschutz zu gewinnen.

                                                                                                                                                                                                                                           Reihe wird fortgesetzt
                                                                                                                                                                                                                                           Am 24. März 2018 trafen sich rund 140 Teilnehmerinnen
                                                                                                                                                                                                                                           und Teilnehmer im Tagungshotel Kloster Nimbschen in
                                                                                                                                                                                                                                           Grimma zum 7. Sächsischen Naturschutztag. Im Fokus
                                                                                                                                                                                                                                           standen Sachsens Wälder und Gewässer. Auch sie sind
                                                                                                                                                                                                                                           betroffen von Klimawandel und Umweltveränderungen,
                                                                                                                                                                                                                                           damit verbunden ist ein drastischer Verlust der Arten-
                                                                                                                                                                                                                                           vielfalt. Erkannt wurde das schon lange, und es gibt auch
                                                                                                                                                                                                                                           konkrete Pläne, etwas dagegen zu unternehmen. Aber
                                                                                                                                                                                                                                           reichen die Pläne und wie weit sind sie überhaupt schon
                                                                                                                                                                                                                                           umgesetzt? Über solche Fragen sowie dringend nötige
                                                                                                                                                                                                                                           Maßnahmen zum Schutz der Wälder und Gewässer wurde
                                                                                                                                                                                                                                           lebhaft diskutiert.
                                                                                                                                                                                                                                               Auch künftig wird der NABU Sachsen die Reihe fort-
                                                                                                                                                                                                                                           setzen, denn in der sächsischen Naturschutzarbeit gibt
                                                                                                                                                                                                 Links: Joachim Schruth vom NABU
                                                                                                                                                                                                                                           es noch viele Themen, die Diskussionen und den konti-
                                                                                                                                                                                                 Sachsen bei seinem Vortrag zum
                                                                                                                                                                                                                                           nuierlichen Dialog zwischen Naturschutz, Politik und
                                                                                                                                                                                                 7. Sächsischen Naturschutztag.
                                                                                                                                                                                                 Foto: Robert Michalk                      Wissenschaft erfordern – von Belangen des Arten-
                                                                                                                                                                                                 Oben: 4. Sächsischer Naturschutztag –
                                                                                                                                                                                                                                           schutzes über den Umgang mit dem Klimawandel
                                                                                                                                                                                                 Dr. Matthias Rößler und Bernd Heinitz.    bis hin zur Umweltbildung.
                                                                                                                                                                                                 Foto: Uwe Schroeder
                                                                                                                                                                                                 Mitte: 6. Sächsischer Naturschutztag in   www.saechsischer-naturschutztag.de
                                                                                                                                                                                                 der Freiberger Nikolaikirche.
                                                                                                                                                                                                 Foto: Ina Ebert
24 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                                                                                                             QUARTIERPATEN 25

                                               Fledermäuse leben nahezu lautlos       Jeder kann mitmachen
                                               unter uns und sind als Vertilger von
                                               schädlichen Insekten von großer        Denn schon seit längerem gibt es Regionen, in denen es
                                               ökologischer Bedeutung. Sie tragen     keine lokalen Fledermausbetreuerinnen und -betreuer
                                               zur biologischen Vielfalt bei und      mehr gibt oder den wenigen aktiven die Zeit fehlt, den
                                               bereichern das Artenvorkommen          Nachwuchs in ihrem Bereich anzulernen. Daher die
                                               der heimischen Natur. Die Tiere be-    Idee: Ob Fledermausquartier am eigenen Haus, in der be-
                                               siedeln verschiedenste Lebensräume     nachbarten Kirche oder Schule – jeder kann mitmachen
                                               und beziehen dabei Quartiere im        und Quartierpate werden. Angehende Paten erhalten
                                               Gebälk von Dachböden, an Haus-         durch Fledermausspezialisten einen Einstieg in Fleder-
                                               fassaden, in Felsenkellern sowie       mausschutz und -zählung. Durch Weiterbildungen und
                                               Baumhöhlen. Alle Fledermäuse und       Schulungen sind die Patinnen und Paten schließlich in
                                               deren Quartiere sind in Deutsch-       der Lage, selbstständig Quartierkontrollen durchzufüh-
                                               land nach Bundesnaturschutzgesetz      ren und Daten zu Fledermausvorkommen zu sammeln.
                                               besonders und streng geschützt –       Auf diese Weise werden regionale Fledermausbetreuer
                                               die Fledermausbehausungen zu           entlastet und Naturfreundinnen und -freunde finden
                                               erhalten, ist dabei von zentraler      einen Einstieg in die verborgene Welt der nacht-
                                               Bedeutung für den Arterhalt.           aktiven Säugetiere.
                                               Da die Tiere sehr ortstreu sind, su-
                                               chen sie ihre Herberge Jahr für Jahr
                                               aufs Neue auf, oft über Jahrzehnte     Durch Schulungen Wissen
                                               hinweg. Von den 22 in Sachsen          weitergeben
                                               vorkommenden Fledermausarten
                                               nutzen über die Hälfte Gebäude als     Seit Projektstart im Januar 2018 haben sich mehr als
                                               Unterschlupf für die Reproduktion,     60 Paten mit über 100 Fledermausquartieren auf der
                                               den Winterschlaf oder als allgemei-    Internetplattform Fledermausschutz Sachsen ange-
                                               nes Zwischenquartier – allen voran     meldet, um Quartiere zu pflegen und ihre Zähldaten
                                               die Kleine Hufeisennase, das Große     einzugeben. Die Teilnehmenden kommen aus allen
                                               Mausohr und das Graue Langohr.         sächsischen Landkreisen und betreuen eine Vielfalt
                                               Um den Arterhalt in Zeiten zahlrei-    von Fledermausquartieren, die sich unter anderem in
                                               cher Abbruch- und Sanierungsmaß-       Kirchen, Eiskellern, Plattenbauten oder in ihren eigenen
                                               nahmen von Gebäuden zu sichern,        Wohnhäusern befinden. Während das erste Projekt-
                                               hat der NABU Sachsen im Jahr 2018      jahr vor allem der Gewinnung von Quartierpaten galt,
                                               das Projekt „Quartierpaten für Fle-    lag der Schwerpunkt 2019 auf der Durchführung von
                                               dermäuse gesucht“, das durch das       Schulungen, um das mannigfaltige Wissen über unsere
                                               Sächsische Staatsministerium für       heimlichen Untermieter weiterzugeben. Zwischen Mai
                                               Umwelt und Landwirtschaft geför-       und Oktober lud der NABU Sachsen fünfmal zur Wei-
                                               dert wird, ins Leben gerufen.          terbildung ein. Daran nahmen jeweils etwa 20 Personen
                                                                                      teil – darunter bestehende und potenziell interessierte       Christian Pirl, Schulleiter der Pro Montessori-Schule Torgau, und Bianka Schubert, Projektleiterin der
                                                                                      Quartierpaten sowie Vertreterinnen und Vertreter des          Fledermaus-Quartierpatenschaft. Die Schule wurde 2018 Quartierpate und lud zum Fledermausfest ein.
                                                                                      ehrenamtlichen Naturschutzdienstes, der Landratsämter         Foto: Torgauer Zeitung, Gabi Zahn

         Quartierpaten
                                                                                      und der Landschaftspflegeverbände. Ursprünglich
                                                                                      für zwei Jahre bewilligt, wurde die Förderung für das
                                                                                      Projekt zunächst bis Oktober 2020 verlängert. Im dritten
                                                                                      Jahr soll wieder geschult werden. Zudem gilt es, den
                                                                                      Landkreis Görlitz zu unterstützen, wo sich viele interes-

         für Fledermäuse
                                                                                      sierte Ehrenamtliche gefunden haben. Daneben wird die
                                                                                      Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle Fleder-
                                                                                      mausschutz im Landkreis Mittelsachsen intensiviert, um
                                                                                      sich gemeinschaftlich dem Quartierschutz für Nordfle-

         gesucht
                                                                                      dermaus und Kleine Hufeisennase zu widmen.

                                                                                      www.fledermausschutz-sachsen.de

          NABU Sachsen stärkt ehrenamtlichen
          Fledermausschutz
                                                                                      Rechts: Großes Fangnetz beim Fledermausabend im August 2019
                                                                                      in Großhennersdorf. Foto: Hannes Rönsch

                                                                                      Seite 24: Kleine Hufeisennase mit ihrem Nachwuchs.
                                                                                      Foto: Joachim Frömert
26 30 JAHRE NABU SACHSEN                                                                                                                  GRÜNES BAND 27

  Das
  Grüne
  Band                                                                                              Nutzung und Pflege des Grünen Bandes durch einen
   NABU Elstertal sichert Flächen für Naturschutz                                                   Schäfereibetrieb – Michael Ulsamer mit seiner Herde.
                                                                                                    Foto: Hellmut Naderer
   im ökologischen Rückgrat Europas

   Spätestens seit Heinz Sielmanns Film „Tiere     Pflegearbeiten und politische                    Flächenerwerb zur Sicherung
   im Schatten der Grenze“ im Jahr 1988 war
                                                   Unterstützung                                    von Naturschutzzielen
   bekannt, dass sich an der innerdeutschen
   Grenze ein Refugium für viele in der Kultur-    Der etwa 600 Hektar große sächsische             Der NABU Elstertal beschäftigt sich
   landschaft gefährdete Tiere und Pflanzen        Anteil des Grünen Bandes wurde von den           insbesondere damit, die Naturschutzziele
   entwickelt hatte. Am 9. Dezember 1989,          sächsischen Behörden bereits bis Ende 1990       im Grünen Band eigentumsrechtlich zu
   einen Monat nach der Grenzöffnung, wurde        lückenlos unter Schutz gestellt. Bis 1996        sichern. So hat er sich seit 1996 um den Er-
   bei einem Treffen von Naturschützerinnen        wurden 13 Schutzgebiete ausgewiesen und          werb beziehungsweise die Übertragung der
   und Naturschützern aus BRD und DDR in           es wurde ein detailliertes Pflegekonzept         Naturschutzflächen bemüht. Im Jahr 2000
   Hof die Forderung formuliert, die ehemalige     umgesetzt. Dessen Kernstück ist die pflegli-     hatte sich der NABU-Regionalverband bereit
   Grenze zu einem „Grünen Band“ als ökologi-      che Nutzung durch Schafe, die ausgewählte        erklärt, von der Bundesrepublik 278 Hektar
   sches Rückgrat Mitteleuropas zu entwickeln.     Flächen beweiden und von anderen Flächen         zu kaufen, obwohl Naturschutzverbände
   Eine erste Brutvogelkartierung bestätigte die   mittels Mahd mit Heuwerbung Winterfutter         bundesweit forderten, die Flächen kosten-
   Wertigkeit des Gebietes. Allein im Bereich      erhalten. Der NABU-Regionalverband Elster-       los zu übertragen. Für den Kauf wurde fast
   des sächsischen Teils der Grenze wurden         tal hat die Entwicklung des Grünen Bandes        eine Million D-Mark Fördermittel ausge-
   über 60 Brutpaare des Braunkehlchens            Sachsen von Anbeginn intensiv begleitet.         zahlt – die leider zurückgegeben werden
   kartiert, das heute im Vogtland kaum noch       Neben Pflege- und Kartierungsarbeiten ging       musste, weil es Politiker und Beamte nicht
   anzutreffen ist. In der Folge entwickelte       es vor allem um politische Unterstützung,        duldeten, dass der NABU zu einem großen
   sich das Grüne Band auf 1.393 Kilometern        unter anderem bei der Verhinderung der           Flächeneigentümer wird. In den folgenden
   Länge vom Dreiländereck zwischen Bayern,        Autobahntrasse der A 93 durch das Grüne          Jahren konnte der NABU Elstertal dennoch –
   Böhmen, Sachsen und der Ostsee auf einer        Band, bei der Kritik an der zerstörerischen      teilweise zusammen mit der NABU-Stiftung
   Fläche von 17.712 Hektar in den einzelnen       Minennachsuche und bei der Eingliederung         Nationales Naturerbe – 42 Hektar Fläche im
   Bundesländern unterschiedlich. Inzwischen       in das System der Natura 2000-Gebiete. Beim      beziehungsweise am Grünen Band erwerben.
   ist es zum Bestandteil des Grünen Bandes        Besuch des damaligen NABU-Präsidenten            Ein erstes Flurbereinigungsverfahren, in dem
   Europa, dem European Green Belt, gewor-         Jochen Flasbarth im Jahr 1997 konnte der         die Belange des Naturschutzes vorrangig
   den, der sich auf 12.500 Kilometern vom Eis-    NABU Elstertal auch den Bundesverband für        behandelt werden sollten, steht heute kurz
   meer bis zum Schwarzen Meer entlang des         das Grüne Band Sachsen begeistern, obwohl        vor dem Abschluss. Die zu Beginn des Ver-
   ehemaligen Eisernen Vorhangs erstreckt.         bundesweit die wichtigsten Initiativen vom       fahrens ins Auge gefassten Naturschutzziele
                                                   BUND ausgehen.                                   konnten allerdings nicht erreicht werden.
                                                                                                        Die Öffentlichkeitsarbeit des Regional-
                                                                                                    verbands zum Grünen Band diente der
                                                                                                    Verbreitung des Naturschutzgedankens,
                                                                                                    aber gleichzeitig auch der Gewinnung von
                                                                                                    Spendern, denn ein Teil der erworbenen
                                                                                                    Flächen musste ohne Förderung aus eigenen
                                                                                                    Mitteln des NABU Elstertal gekauft werden,
                                                                                                    weil seit 2002 zum Grunderwerb keine
                                                                                                    Förderung gewährt wird. Der Regionalver-
                                                                  Links: Der Kolonnenweg an der
                                                                                                    band wird sich auch künftig im Grünen
                                                                  ehemaligen Grenze im Jahr 1991.
                                                                  Foto: NABU Elstertal              Band Sachsen engagieren, wobei weiterer
                                                                                                    Grunderwerb, aber vor allem konsequenter
                                                                  Rechts: Deutlich erkennbar:
                                                                  das Grüne Band in der Nähe der    Schutz und Unterstützung bei der Umset-
                                                                  Ortschaft Sachsgrün.              zung von Naturschutzprojekten im Fokus
                                                                  Foto: Hellmut Naderer             der Arbeit stehen.
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