75 Jahre DSO - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
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1946–1956 Liebe Konzertbesucherinnen und -besucher, RIAS-Symphonie-Orchester liebe Freundinnen und Freunde des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, 1956–1993 Radio-Symphonie-Orchester Berlin in der Saison 2021/2022 feiern wir das 75. Jubiläum unseres Orchesters nach seiner Gründung 1946 – seit 1993 Deutsches Symphonie-Orchester Berlin mit einem Geburtstagsprogramm unter der Leitung von Chefdirigent Robin Ticciati im November und mit Schlüsselwerken der Orchestergeschichte, die wie Wegmarken die Konzerte dieser Spielzeit durchziehen. Alle Informationen hierzu finden Sie in unserem sepa- raten Saisonprogramm mit roter Titelseite. In der vorliegenden Broschüre nehmen wir Sie mit auf einen Streifzug durch die Jahrzehnte – mit Schlag lichtern auf das, was das DSO schon immer ausge- macht hat: kreative Vermittlungsformen, Begeisterung für mediale Innovationen, Flexibilität und Überlebens willen, hochkaratige Verbündete, vor allem aber groß artige Musik! Wir folgen diesen Spuren bis in die Gegenwart und Zukunft. Unser ausdrücklicher Dank gilt dabei den vier Gesell- schaftern der ROC – Deutschlandradio, Bundesrepu- blik Deutschland, Land Berlin und Rundfunk Berlin- Brandenburg –, ohne deren großzügige Zuwendungen unsere Arbeit nicht möglich wäre. Wir laden Sie ein zu einer Reise durch die Orchester- geschichte. Feiern Sie mit uns und kommen Sie ins Konzert. Wir freuen uns auf Sie! Ihr Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Innovation 16 Wegmarken 28 Neue Musik Erleben 42 Musikvermittlung 52 Berlin braucht Musik! Menschen 66 Beziehungen 90 Orchester, Akademie und Management Spirit 98 Eine Spurensuche Geschichte 108 Ein Berliner Leben Vision 124 Genie des Augenblicks 135 ROC 136 Förderkreis 138 Impressum 146 Informationsangebote 147 Besucherservice Inhalt
Innovation entstand beim DSO immer aus dem Mo- ment heraus, aus dem kreativen Umgang mit Chancen, selbst in Krisenzeiten. Aktuelle Entwicklungen wurden erkannt, zukunftsweisende Strömungen aufgegriffen und unbekanntes Terrain beschritten. In den 75 Jah- ren seiner Geschichte bewegte sich das DSO dicht am Puls der Zeit. Das folgende Kapitel erkundet innovative Wegmarken aus der Orchestergeschichte und wid- Innovation met sich zugleich dem Thema, um das sich das DSO wie kaum ein anderer Klangkörper verdient gemacht hat – der neuen Musik. Mit weit über 400 Ur- und Erst- aufführungen gehört das DSO zu den profiliertesten Fürsprechern der Avantgarde, die mit ungewöhnlichen Ideen, innovativen Spielweisen und einer immerwäh- renden Offenheit für neue künstlerische Gedanken und Ausdrucksformen der Gegenwart die Musikwelt der vergangenen Jahrzehnte geprägt hat.
Warum um alles in der Welt sollte man Leiter der RIAS-Musikabteilung, am Kulturförderung gehört hierzulande, den Unterstützung von Publikum und hier und jetzt ein Orchester gründen? 7. September 1947 im Titania-Palast auch wenn das immer wieder infrage Öffentlichkeit, das Vorhaben einer In Berlin, wo es doch an Klangkörpern an der Schloßstraße in Steglitz. Sein gestellt wird, zur ureigensten Aufgabe Fusion des DSO mit dem Kollegenor- nicht mangelt. In den Ruinen einer Programm – mit Beethovens Zweiter von Politik und Gemeinwesen. In den chester in der ROC abzuschmettern. ausgebombten Stadt, von der noch Symphonie, dem 1930 komponierten USA ist das traditionell anders. Umso Und auch die Pandemie, die ab Früh- kurz zuvor unaussprechliches Leid in Klavierkonzert für die linke Hand von erstaunlicher, dass der amerikanische jahr 2020 das Konzertleben vor Pub- die Welt getragen wurde. Und zu einer Ravel (mit der Solistin Alberte Brun) Steuerzahler mit dem RIAS in Berlin likum verunmöglicht, lehrt das DSO Zeit, die nach Kohlenmangel und Le- und der Deutschen Erstaufführung über mehrere Jahre hinweg ein ganzes neue Fähigkeiten: Statt Jahre im Vo- bensmittelknappheit als »Hungerwin- der Symphonie Nr. 1 von Richard Mo- Orchester finanziert. Als das schließ- raus zu planen, gilt nun Spontaneität ter« in die Geschichte eingehen sollte. haupt, die 1940 im amerikanischen Exil lich doch zum Politikum wird, geht es als Gebot der Stunde. Binnen Tagen Tatsächlich sind es ganz handfeste entstanden war – steht beispielhaft plötzlich ganz schnell: Um keinen Prä- entstehen Programme und Formate, Gründe, und unmittelbar politische, für den kulturellen Neuanfang und die zedenzfall zu schaffen, fordert man die so innovativ und radikal, wie man sie die dazu führen, dass sich im Winter Ausrichtung des Orchesters. Auf Basis Entlassung aller Musiker*innen – und langfristig nie konzipiert hätte, ob 1946/1947 ein paar Musiker »in einem der lebendigen Musiktradition des stürzt das Orchester in eine exis- live für das Radio, als Podcast fürs kleinen, ungeheizten Raum im dritten 19. und dem Aufbruchsgeist des frü- tenzielle Krise, die nur den Anfang Internet oder als Videoproduktion mit Stock eines Hauses in der Kleiststra- hen 20. Jahrhunderts. Mit Musik, die eines jahrzehntelangen Ringens um einer Bildsprache, die, stets das Neue ße« (Heinz Hoefs) zu ersten Proben während der Zeit des Nationalsozia finanzielle Stabilität markieren sollte. suchend, das nur abgefilmte Konzert einfinden. Schon bald nach dem Ende lismus verboten, deren Komponist- Zugleich ist sie aber auch der Beginn ganz alt aussehen lässt. Die Krise des Zweiten Weltkriegs brechen die und Interpret*innen verfemt, ins Exil einer beachtlichen Erfolgsgeschichte, als Chance – für das DSO ist das seit ideologischen Konflikte zwischen den getrieben oder ermordet wurden. Mit die im Stillen die künstlerische beglei- 75 Jahren mehr als eine Plattitüde. Alliierten wieder auf, manifestieren neuer Musik und Werken der jüngsten tet und den Charakter des Orchesters Der Geist, der daraus erwuchs, ist sich ganz direkt im Alltag der besetz- Vergangenheit, die oft erstmals in entscheidend prägt: eine Geschichte bis heute lebendig. ten Stadt. Als Gegenmodell zum sow- Berlin zu hören sind. Diesem Anspruch von Überlebenswillen, Unabhängigkeit jetisch kontrollierten Berliner Rund- ist das RIAS-Symphonie-Orchester, und enormer Flexibilität. Im Juli 1953 funk entsteht 1946 unter US-Ägide der das später Radio-Symphonie-Orches- nehmen die Musiker*innen das Heft zunächst über das Telefonnetz (›Draht- ter Berlin und heute Deutsches Sym selbst in die Hand, gründen eine GbR, funk‹, DIAS), bald darauf drahtlos phonie-Orchester Berlin heißt, bis generieren durch Plattenverträge verbreitete ›Rundfunk im amerikani- heute verpflichtet. regelmäßige Einnahmen. Der RIAS und schen Sektor‹ (RIAS). Der neue Sender ab 1956 auch der Sender Freies Berlin hat kein eigenes Archiv, aber Ambi- (SFB) werden als Produktionspart- tionen und Musikbedarf, und so wird ner gewonnen, der Bund und Berlin am 15. November 1946 die Gründung springen helfend bei. Man heißt nun eines eigenen Orchesters beschlos- Radio-Symphonie-Orchester Berlin sen. Rasch beginnt man zu proben, und ist eine unabhängige GmbH, doch zunächst mit kleiner Besetzung und immer wieder muss um den Erhalt hoher Personalfluktuation, doch nur gekämpft, in Bonn vorgesprochen, ein halbes Jahr später hat das RIAS- nach Verbündeten gesucht werden. Symphonie-Orchester erste Gestalt Nach der politischen Wende bringt die angenommen. Die Stellen »beim Ame- Integration dreier weiterer Ensembles rikaner« sind begehrt, auch für Musi- unter dem Dach der nunmehr Rund- kerinnen und Musiker aus dem Ostteil funk-Orchester und -Chöre (ROC) der Stadt, und das liegt nicht nur an genannten Gesellschaft 1993 zwar in- der warmen Mahlzeit, die zusätzlich stitutionelle Stabilität, birgt aber neue zum Gehalt gereicht wird. Das erste Plakat zum ersten öffentlichen Konzert des DSO Herausforderungen. 2009 gelingt es ›Das Orchester, das nicht sterben will‹, Artikel in Konzert dirigiert Walter Sieber, der am 7. September 1947 dem Orchester mit der überwältigen- der Zeitschrift ›Radio-Revue‹ vom Januar 1957 15.11.1946 1.7.1953 Kultureller Neubeginn Die Krise als Chance 16 Wegmarken Wegmarken 17
Als 1958 die ersten Stereo-Schallplat- neue Fernsehkonkurrenz zumindest Niemand hätte wohl gedacht, dass mann (1986), Leonidas Kavakos und ten auf den Markt kommen, ist das akustisch abgehängt. Erst zur Funk- dieses ungewöhnliche Konzert, das Evgeny Kissin (1987), Isabelle Faust DSO sofort dabei, unter anderem mit ausstellung 1981 zieht das ZDF nach, an einem Dienstag Anfang November und Cecilia Bartoli (1988), Daniel Hope Strawinskys ›Feuervogel‹-Suite mit und auch dieses Mal ist das DSO dabei, 1959 im gerade erst wiedereröffneten (1993), Sakari Oramo (1996), Renaud Lorin Maazel bei Decca (USA, 1958) gibt bei einer Liveübertragung aus dem Sendesaal im Haus des Rundfunks Capuçon (2000), Martin Helmchen und oder Mozarts ›Don Giovanni‹ unter Theater des Westens das erste Ste- stattfindet, so lange nachwirken Baiba Skride (2003), Johannes Moser Ferenc Fricsay bei der Deutschen reokonzert im deutschen Fernsehen. würde. Auf dem Programm gleich drei (2004), Antoine Tamestit (2005) und Grammophon (Deutschland, 1959). Christoph von Dohnányi dirigiert die Solokonzerte: das B-Dur-Cellokonzert Jakub Hrůša (2007). Mit ihnen darf das Das ist so weit nicht ungewöhnlich, Achte Symphonie von Dvořák, und im von Boccherini, das Erste Klavier- DSO auf seiner Bühne die Stars von die gesamte Musikwelt bedient sich Ersten Klavierkonzert von Liszt kann konzert von Brahms, das Erste Vio- morgen kennenlernen, mit vielen von rasch der neuen Technologie, die der man die große Martha Argerich erst- linkonzert von Paganini und danach ihnen entwickeln sich langjährige Part- Tonaufzeichnung erstmals räumliche mals gemeinsam mit dem Orchester die Symphonische Dichtung ›Der nerschaften. Mit David Robertson Dimension verleiht. Im Radio hat es erleben. Technologisch passiert danach Zauberlehrling‹ von Dukas. Auf der (1983), François Leleux (1993), Gautier der Wunderklang zunächst schwer. einiges: Die digitale Revolution bringt Bühne, neben dem DSO: Leslie Par- Capuçon (2001), dem ehemaligen Der Sender Freies Berlin (SFB), der 1982 die CD, Rauschfreiheit und eine nas (Violoncello), Anton Kuerti (Kla- DSO-Chefdirigenten Tugan Sokhiev das frisch renovierte Haus des Rund- Flut von Veröffentlichungen. Surround- vier), Uto Ughi (Violine) und Christoph (2003) und Lise de la Salle (2006) funks mit neuester Technik ausstatten Sound in den 90er- und 3D-Fernsehen Stepp – drei Solisten und ein Dirigent, sind auch in der Jubiläumssaison kann, leistet hierzulande Pionierarbeit in den 2010er-Jahren werden gehypt die keiner kennt. Doch man wird sie 2021/2022 Ehemalige der Reihe beim und strahlt ab 1958 Testsendungen und wieder fallen gelassen. Musikhören kennenlernen, denn das ist die Idee Orchester zu Gast. Und die nächsten aus. Das Verfahren wirkt heute kuri- ist für viele inzwischen ein mobiles Ver- hinter der Reihe ›RIAS stellt vor‹, die Debüts sind bereits geplant. os: SFB 1 überträgt den linken, SFB 2 gnügen, das Streamingangebot wich- hier ihre Geburtsstunde erlebt. Junge, den rechten Kanal, und wer den vollen tiger als Equipment oder High-Fidelity. spannende Künstlerpersönlichkeiten, Effekt genießen will, muss sich zwei Manche mögen das bedauern. Doch mit die gerade erste Wettbewerbe ge- Radioapparate aufstellen. Zur Eröff- seinen Onlineformaten, Konzertfilmen wonnen und mit einer eigenen Stimme nung des renovierten Sendesaals am und flexiblen Hörangeboten hat das auf sich aufmerksam gemacht haben, 28. September 1959 gestaltet das DSO DSO neue Möglichkeiten für den Aus- sind zum Berliner Debüt geladen und das bundesweit erste stereophone tausch mit seinem Publikum gefunden. können bei freier Repertoirewahl Livekonzert; Ferenc Fricsay dirigiert Und Livemusik ist schließlich durch gleich ganz oben einsteigen – an der Mozarts Große c-Moll-Messe und Ko- nichts zu ersetzen! Seite eines hervorragenden Orches- dálys ›Psalmus Hungaricus‹. Einfacher ters, auf großer Bühne und vor noch wird es zur Funkausstellung 1963, als größerem (Radio-)Publikum. In über die FM-Stereophonie, die nur noch ei- 150 Konzerten hat die Reihe, die später nen Empfänger benötigt, die Radiozu- ›Debüt im Deutschlandradio‹ heißt kunft einläutet. Während die Industrie und heute als ›Debüt im Deutschland- in den Messehallen ihre Geräte präsen- funk Kultur‹ firmiert, eine beachtliche tiert, sendet der SFB von der anderen Leistungsschau des künstlerischen Straßenseite. Zu den Highlights gehört Nachwuchses geliefert; dazu zählen das erste Livekonzert nach dem neuen unter anderem Rudolf Buchbinder Verfahren am 30. August – wieder mit (1962), Gerd Albrecht, Jacqueline dem DSO, mit Wolfgang Sawallisch, du Pré und Daniel Barenboim (1963), der Sopranistin Grace Bumbry und Maurice André (1964), Jessye Norman Opernarien sowie Strauss’ ›Don Juan‹ (1969), Simon Rattle (1977), Thomas und Schumanns Vierter Symphonie. Zehetmair (1978), Kolja Blacher (1980), Programmheft zum ersten Stereo-Konzert im Gerd Albrecht und die Cellistin Jacqueline du Pré Bereits zwei Jahre später sendet man deutschen Fernsehen vom 13. September 1981 mit Håkan Hardenberger (1981), Franz beim ›Debüt‹-Konzert am 5. März 1963 im Haus durchgängig stereo und hat damit die Christoph von Dohnányi und Martha Argerich Welser-Möst (1984), Tabea Zimmer- des Rundfunks 28.9.1959 3.11.1959 Raumklang am Puls der Zeit Stars von morgen 18 Wegmarken Wegmarken 19
Es ist eine aufregende, farbenprächtige Moderne, sind die Innovationen und »Wir haben für das Projekt nur Kolle- Früchte. Vieles ist seitdem selbstver- und längst vergessene Welt, die sich individuellen Wege der von den Nazis ginnen und Kollegen eingeteilt, die als ständlich geworden. Ein ›Branden- hier neugierigen Ohren präsentiert. verfolgten Komponisten kaum mehr zu wagemutig bekannt waren«, erinnert burgisches Konzert‹ spielt man schon Musik von Franz Schreker ist am An- hören; in den 80er- und 90er-Jahren sich ein Musiker, der am 30. März 1986 lange nicht mehr mit Bruckner-Beset- fang des Konzerts mit Erich Leinsdorf werden sie wiederentdeckt, gemeinsam dabei war. Mit Nikolaus Harnoncourt zung. Und auch die Musikerinnen und am 24. September 1978 zu hören: Zwei mit Partnern beim Radio und der Ton- steht bei einem Mozart-Programm Musiker lernen die unterschiedlichs- lyrische Gesänge nach Walt Whitman trägerindustrie. Vor allem Gerd Albrecht erstmals ein Protagonist jener Bewe- ten Spielweisen oft bereits im Studi- und das ›Vorspiel zu einem Drama‹, die und Lothar Zagrosek, aber auch Ric- gung am Pult des DSO, die sich mit um kennen. Historisch informiert zu Konzertfassung der Ouvertüre zur Oper cardo Chailly, Vladimir Ashkenazy und historischen Besetzungen, Instrumen- spielen, ist beim DSO inzwischen auch ›Die Gezeichneten‹ von 1913. Diese Peter Ruzicka erkunden in zahlreichen ten und Stimmungen, Tempofragen, Chefsache: Robin Ticciati lässt 2018 wundersam schillernde Fin-de-Siècle- DSO-Konzerten das unbekannte Re- rhythmischen Besonderheiten und das Orchester in Händels ›Messias‹ Musik bildet den Auftakt zu einer ein- pertoire, erschaffen mit Einspielungen Klangfarben auseinandersetzt. War erstmals und seitdem immer wieder zigartigen Bewegung, an deren Spitze von Opern wie Schrekers ›Der ferne die historisch informierte Auffüh- auf Darmsaiten und mit historischen das DSO steht. Sie hat sich der Wieder- Klang‹, Walter Braunfels’ ›Die Vögel‹, rungspraxis bislang nur von Spezialen- Blechblasinstrumenten musizieren. Mit entdeckung lange vergessener Kompo- Berthold Goldschmidts ›Der gewaltige sembles gepflegt und von Spöttern als ihm wagt sich das Orchester sogar ans nisten verschrieben, die vor allem von Hahnrei‹ oder Korngolds ›Das Wunder »Müsli-Musik« geschmäht worden, so Improvisieren. Auch das ist historisch! Wien aus die Musikwelt der 1910er- der Heliane‹ Referenzaufnahmen, die hält sie nun auch bei einigen Sympho- und 1920er-Jahre im Sturm eroberten den Stücken ihren Weg zurück auf nieorchestern Einzug. Das Experiment und zur musikalischen Avantgarde ihrer die Bühnen bahnen und neben etlichen gelingt, die neuen Ideen verfangen Zeit zählten. Neben Schreker – mit Orchesterwerken in der Reihe ›Entartete beim DSO. Weil sie einen frischen Richard Strauss der damals meistge- Musik‹ des Labels Decca international Blick auf das Repertoire erlauben und spielte Opernkomponist im deutsch- für Furore sorgen. Auch die Jubiläums ein schlankes, transparentes Klang- sprachigen Raum – gehören dazu unter saison verheißt zahlreiche Begegnungen: bild produzieren, setzen sie rasch anderem Erich Wolfgang Korngold und Von Korngold, Zemlinsky und Pavel willkommene neue Akzente in den Alexander Zemlinsky, aber auch Erwin Haas erklingt Kammermusik; in der Phil- Spielplänen: Ton Koopman erkundet Schulhoff – der sich früh von Jazz und harmonie ist die Ouvertüre für kleines mit dem Orchester Musik von Bach, Dada inspirieren ließ – und der ebenfalls Orchester von Krása zu hören, ein Kon Händel, Haydn oder Rameau, Sir Roger aus Prag stammende Hans Krása. Doch zert widmet sich Filmmusik und der Norrington dirigiert Symphonien von als ihre Musik von den Nationalsozia- Rückkehr Korngolds zur Symphonie, Mozart, eröffnet mit seinem vibrato listen als »jüdisch«, »dekadent« oder und Zemlinskys ›Seejungfrau‹ gehört freien »pure tone« aber auch neue »entartet« verboten wurde, fielen sie fast schon zu den Dauerbrennern im Blickwinkel auf Beethoven und Berlioz bald dem Vergessen anheim. Schreker Programm des DSO. oder gar auf Werke des 20. Jahrhun- starb 1934, Zemlinsky 1938 im New derts, wie er mit seinen gefeierten Yorker Exil, Krása und Schulhoff wur- Zyklen der Symphonien von Vaug- den in Konzentrationslagern ermordet. han Williams und Martinů beweist. Korngold erfand in Hollywood die Film- Barockspezialist*innen der jüngeren musik neu, konnte aber nach dem Krieg Generation kommen regelmäßig hinzu. im Konzertsaal nicht wieder Fuß fassen. Die harte Schule der neuen Musik, die Serialismus und elektronische Musik eben nicht nur das Publikum, sondern waren nun die neuste Mode, die als auch ihre Interpret*innen stets mit spätromantischer Schwulst geschmäh- Ungewohntem und Ungewöhnlichem ten Relikte der Vorkriegszeit kehrten fordert, hat das DSO von Anfang an nicht auf die Spielpläne zurück. Über durchlaufen. Sie lehrte es, offen und CD-Cover der Einspielung von Korngolds Oper Barocktrompeten bei den Aufnahmen zum Film vier Jahrzehnte lang ist die sinnliche, ›Das Wunder der Heliane‹, die 1992 in der Decca- flexibel zu sein, und genau das trägt ›Im Exil – von Göttern und Menschen‹ in der rauschhafte Zaubermusik der Wiener Reihe ›Entartete Musik‹ veröffentlicht wurde nun auch bei den alten Klangwelten Friedrichswerderschen Kirche im Herbst 2020 24.9.1978 30.3.1986 Renaissance der Vergessenen Historische Klangwelten 20 Wegmarken Wegmarken 21
Ein riesiger Kosmos an Musik steht heu- können Paul Hindemith und Arnold te jedem zur Verfügung, der sich dafür Schönberg stehen. Vor ihrer Emigra- interessiert – in Konzerten, Noten, auf tion hatten beide in Berlin wichtige Bild- und Tonträgern, Servern und Strea- Positionen als Kompositionslehrer inne, mingplattformen des weltweiten Net- Hindemith leitete außerdem die Rund- zes. Fast alles ist potenziell gegenwärtig, funkversuchsstelle an der Musikhoch- unabhängig davon, wann es entstand. schule. Das DSO spielte seine Werke, Was heißt in dieser virtuellen Omniprä- er selbst dirigierte drei Konzerte. Musik senz der Epochen eigentlich: »neu«? von Schönberg steht seit dem 7. März Das, was ich nicht kenne? Oder gibt 1948, als die Erste Kammersymphonie im es Übergreifendes, das vielleicht alle Steglitzer Titania-Palast erklang, in lo- angehen und viele ansprechen kann? Mit ckerer Kontinuität auf Programmen des Robin Ticciati sucht und gibt das DSO Orchesters. In dosierter Auswahl wurde auf die allgemeinen Fragen konkrete sie teils Repertoire, teils Ausnahme Antworten; sie sind durch die Pandemie ereignis wie die monumentalen ›Gurre- noch dringlicher geworden. Gewohnte Lieder‹ oder das Oratorienfragment Konzert-, Darstellungs-, Vermittlungs- ›Die Jakobsleiter‹; dessen Aufführungen und Kooperationsformen kommen auf durch Kent Nagano (2001 zur Eröffnung den Prüfstand, neue werden erprobt. des Jüdischen Museums) und Ingo Metz- Musik heutiger Komponist*innen nimmt macher (zum Musikfest Berlin 2015) in Ticciatis Überlegungen einen festen zählen zu den denkwürdigen Ereignissen Platz ein. Er kann auf Leistungen seiner der Orchesterhistorie. Ein markantes Vorgänger aufbauen, und er kann sich Datum in der Frühgeschichte des DSO auf ein Orchester verlassen, zu dessen war der 28. Februar 1951 mit der Deut- Das DSO und die neue Musik DNA die Vermittlung neu komponierter schen Erstaufführung des Violinkonzerts Architektur Werke und das Verlangen nach frischen von Alban Berg, dem 1935 verstorbenen ästhetischen Erfahrungen gehören. Freund und Schüler Schönbergs. Unterbrochene Traditionen Berliner Töne Für ein Ensemble, das eineinhalb Jahre Regelmäßig stellte das DSO Werke des künst- nach Shoah und Krieg gegründet wurde, von Komponisten vor, die in Berlin vor um einen kulturellen Neubeginn mitzu- allem als Hochschullehrer wirkten. tragen, war diese genetische Program- Damit wurde die Vernetzung der Kul- mierung notwendig. Als modern galt turinstitutionen in der Stadt neu belebt. damals alles, was die NS-Doktrinen Besondere Bedeutung kam dabei Boris lerischen überwand, und das war ein weites Spek- Blacher zu, dem langjährigen Hochschul- trum. Bei der Werkauswahl ergänzten direktor, und seinen Schülern, unter sich zwei Blickrichtungen: die nationale, ihnen Gottfried von Einem (über dessen nach innen gewandte, und die internatio- Oper ›Dantons Tod‹ Ferenc Fricsay zum nale, weltorientierte. Unter den Weltbür- DSO kam), Aribert Reimann, dessen Bewusst- gern neuer Musik erhielt Igor Strawinsky Zusammenarbeit mit dem DSO seit 1960 den Spitzenplatz kurz vor Bartók. Im andauert, Isang Yun, dessen Laufbahn ersten Vierteljahrhundert der DSO-Ge- in Deutschland durch eine gewaltsa- schichte wurden seine Werke in 77 Kon- me Entführung unterbrochen wurde, zerten gespielt, sechs davon waren reine und manch anderer, der heute nur noch Strawinsky-Programme; drei dirigierte wenigen bekannt ist. Frank Michael seins Ferenc Fricsay, je eines der Komponist Beyer, der seine Jugend im Exil und vor selbst, sein langjähriger Assistent Robert den Nazis versteckt zubrachte, Schüler Craft und der Schweizer Musikmäzen Ernst Peppings, war mit seinen Werken Paul Sacher. Als Beispiele für das An- ab 1958 immer wieder vertreten. Dazu knüpfen an unterbrochene Traditionen kam Werner Egk, Blachers Vorgänger Neue Musik 29
als Hochschuldirektor; er konnte seine Gegenwartsmusik Oper ›Dionysos‹ bei den Salzburger gegenüber. Unter Kent Nagano rückte Aktivitäten während der NS-Zeit später Die Förderung neuer Musik war im Festspielen 2010 unter Ingo Metzma- neue Musik weit in den Vordergrund. lange verdeckt halten und damit auch Bildungsauftrag der Rundfunkanstalten chers Leitung. Pierre Boulez, Vinko Er initiierte mit Deutschlandradio und international so manchen täuschen. verankert; auch darin wirkten kulturpo- Globokar, Sofia Gubaidulina, György dem Arnold Schönberg Center Wien den Die Uraufführung seiner Rameau-Suite litische Maximen der 1920er-Jahre wei- Kurtág, Helmut Lachenmann, Luigi Arnold-Schönberg-Preis, der von 2001 dirigierte Fricsay am 31. Januar 1950 in ter. Nachdem Karl Amadeus Hartmann Nono, Arvo Pärt, Krzysztof Penderecki, bis 2008 an Komponist*innen verge- einem Konzert mit ›Werken deutscher in München 1945 die ›Musica viva‹ ini- Dieter Schnebel, Alfred Schnittke, ben wurde und mit einer Residenz beim zeitgenössischer Komponisten‹ zusam- tiiert hatte, die 1948 in die Trägerschaft Iannis Xenakis – die Liste renommierter DSO verbunden war. George Benjamin, men mit von Einems Serenade op. 10, des Bayerischen Rundfunks überging, Namen lässt sich lange fortsetzen. Vom Unsuk Chin, Aribert Reimann und Jörg Blachers Erstem Klavierkonzert op. 28 richtete der 1945 von den Westalliierten DSO wurden sie meist gespielt, bevor Widmann konnte man so in der Breite und Ausschnitten aus Orffs ›Carmina eingesetzte Nordwestdeutsche Rund- sie breitere Bekanntheit erlangten. Eini- ihres Schaffens genauer kennenlernen. burana‹ – das Programm enthält die gan- funk (NWDR) 1951 im Kölner Funkhaus ge standen selbst als Dirigenten am Pult Mit Messiaens großen Werken, mit der ze Problematik einer Komponistengene- die Reihe ›Musik der Zeit‹, in Hamburg des Orchesters, so Michael Gielen, La- Pariser Uraufführung von John Adams’ ration, deren prägende Jahre in die Zeit ›Das neue Werk‹ ein. Der Sender Freies dislav Kupkovič, Bruno Maderna, Karl- ›El Niño‹ setzten Nagano und das DSO des Nationalsozialismus fielen. Berlin (SFB), 1954 aus dem NWDR her- Heinz Stockhausen und Hans Zender. Zeichen der Modernität weit über das vorgegangen, wählte für seine Initiative Berliner Musikleben hinaus. Sein Nach- Im internationalen Repertoire kon- den Titel einer Konzertreihe, die 1936 In der Ära von Riccardo Chailly und folger Ingo Metzmacher erlangte gar sein zentrierte sich das damalige RIAS- bis 1938 in Wien von Künstlern aus dem Peter Ruzicka kamen zwei wichtige Initi- Renommee als Interpret neuer Musik. In Symphonie-Orchester zunächst auf Schönbergkreis geleitet wurde: ativen hinzu: Neuentdeckungen wurden der Berliner Erstaufführung von Helmut Komponisten aus den USA, Frankreich ›Musik der Gegenwart‹ startete 1955; durch Wiederentdeckungen ergänzt. Oehrings ›Blaumeer‹ und mit ›Aufbruch und Großbritannien, den westlichen bis heute haben in dieser Reihe rund 1986 eröffnete Gerd Albrecht, als Diri- 1909‹ als Themenschwerpunkt seiner Gewährsmächten. Bedeutsam bleiben 230 Konzerte stattgefunden. Nachdem gent dem DSO lange verbunden, die zweiten Saison lagen seine herausragen- Sergiu Celibidaches Einstand mit einem die Trägerschaft für das DSO 1956 neu Reihe ›Wege zur Neuen Musik‹. Im Ge- den Bekenntnisse neuer Musik. Robin Gershwin-Programm (Oktober 1948) geregelt war, beteiligte sich das Or- spräch mit den Komponist*innen und Ticciati hat sich die unterschiedlichsten und ein Sonderkonzert, das Samuel chester regelmäßig daran, erstmals am mit Klangbeispielen führte er in ein Werk Kooperationen mit jungen Kreativen Barber mit eigenen Werken bestritt 4. Dezember 1958. Mit Werken von Bo- ein, das er abschließend ganz dirigierte. auf die Fahnen geschrieben. Er lenkte (21. Februar 1951). Französisches Reper ris Blacher, seinem Schüler Heimo Erb- Die Veranstaltungen wurden aufgezeich- das DSO in einen Dialog mit innovativen toire wurde bis in die jüngere Zeit nicht se, dem exilierten Ernst Toch und Rudolf net, fernsehgerecht aufbereitet und vom Geistern der Clubszene, machte Helen so oft und vielfältig gespielt wie im Hartung knüpfte es an die bisherige SFB ausgestrahlt. Ihre Idee wirkt bis Grime, die britische Komponistin, und ersten Jahrzehnt des DSO. Mit Benjamin Repertoirepolitik an. Avancierteres kam heute weiter in den Educationprogram- Ondřej Adámek, den Wahlberliner aus Britten, Michael Tippett, Ralph Vaughan sukzessive in die Programme; in den men, die inzwischen jedes Orchester Prag, dem hauptstädtischen Publikum Williams und William Walton wurden Hochzeiten der Avantgarde bestimmte auflegt, und in den moderierten Casual näher bekannt. führende britische Tonsetzer jener Jahre es das Bild. Johann Friedrich Hasse, der Concerts, die Ingo Metzmacher 2007 bekannt gemacht. Den europäischen treibenden Kraft beim Sender, gelang es einführte – ohne explizit pädagogischen Ticciati führt damit die Tradition des Horizont weitete Musik schwedischer, 1964, die zweite und damit die Deutsche Anspruch. Der Tendenz zu festivalar- Orchesters fort, die Offenheit für neue italienischer und spanischer Komponis- Erstaufführung von Gustav Mahlers tigen Konzeptionen in der neuen Musik künstlerische Gedanken und Ausdrucks- ten. Schostakowitsch, in den USA um- Zehnter Symphonie in der Ergänzung folgen Deutschlandradio und SFB (bald formen der Gegenwart mit dem neugieri- stritten, aber anerkannt, wurde erstmals von Deryck Cooke und Berthold rbb) seit 1999 mit dem Festival ›Ultra- gen Blick in die Vergangenheit zu verbin- im März 1961 gespielt. Denkwürdig auch Goldschmidt nach Berlin zu holen. Gold- schall Berlin‹, in das die Reihe ›Musik den und damit als Klangkörper relevant ein Konzert im Vorfeld des 20. Grün- schmidt dirigierte – fast 30 Jahre nach der Gegenwart‹ einging. zu bleiben, ohne sich kurzlebigen Moden dungsjubiläums: Lukas Foss, 1922 in seiner Emigration aus Deutschland, und zu verpflichten. Wie geht es weiter? Berlin als Lukas Fuchs geboren, 1933 über 20 Jahre, ehe seine eigenen Werke Innovation als Chefsache Neuen Ideen sind keine Grenzen gesetzt. in die USA emigriert, dirigierte eigene hier wieder Beachtung fanden. Neue(re) Musik und Neubewertungen Wir brauchen sie heute, in und hoffent- Werke, Schönberg, Xenakis, Haydn und des tradierten Repertoires waren immer lich bald nach einer Krisenzeit dringender die Deutsche Erstaufführung von Schos- Zusammen mit den Abonnements- und auch Chefsache, bei Fricsay, bei Maazel, denn je. Krisenzeit ist auch Gründungs- takowitschs Zweitem Violoncellokon- Sonderkonzerten bildete ›Musik der bei Chailly und bei ihren Nachfolgern. zeit – für eine neue Architektur unseres zert mit dem Widmungsträger Mstislaw Gegenwart‹ ein duales System, in dem Vladimir Ashkenazy, der zur (Post-) künstlerischen Bewusstseins. Rostropowitsch – eine Demonstration das DSO viele Ur- und Erstaufführungen Avantgarde eher Distanz hielt, stell- gegen den Kalten Krieg. Entscheidende leistete. Von Wolfgang Rihm wurden te in der Reihe ›Open Windows‹ je ein HABAKUK TRABER Akzente aber setzte schon Ferenc wiederholt neue Werke vorgestellt, ein Solokonzert aus dem 20. Jahrhundert Fricsay mit Werken Béla Bartóks. Höhepunkt war die Uraufführung seiner einem klassisch-romantischen Werk 30 Neue Musik Neue Musik 31
Mit weit über 400 Ur- und Erstaufführungen von 274 Komponist*innen in 75 Jahren spielten Musik der Gegenwart und mitunter auch historische Neuentdeckungen eine prägende Rolle im Repertoire des DSO. i rdj be em ki ch A T ec dr ki tia Lu W Hennin He sch B Ka ia ór i Gerhard Wimberger Friedrich Goldmann nk ci l Hir ül sk g Brau ec n G Ba hae an el en a oń M lszk in s din Mic aj H en o Friedrich Metzler tA gs le r ot ol Sofia Gubaidulina ö H C her er au y K de eff ik re K ha ru tsc n P ne el scu H M rz l t Reinhard Flender er et Pin ie ill S S ri an le Matan Porat lia en os ie k m W s V icu er y ie r r hia M R ed ry Ro ne im te s Ju ce esp nN l gf tt en M ré M to lf or D Gu ut Ma en a Aaro P al Lie rt dz f ri Thomas Kessler ün č Ște aka ic e nth nd é na n Cop i W ber H tz tz Fo H Wa ło S land ha h W of e ach x sc rS çai A A ma rS ti im O Ha lte t a t hu er vo W ol imi orá He g chu el r nn ran ni r Je ach enb h ay ar s an ito zt ed ns ran n ed ller n F ntal D a B i nts eti n rV h t O m B ei fg a ra ng o Ju Ch e e illa ch W ldm er Ric ys sw J A s J ff ill Stefan Heucke t d ol un -Lo an ns- ni car lia na em w sO K i g W al i b in er do k i Rob fl os rz n á m an Ha cque ř p d in- ch Ma K vo L e em A el rt M gt lipi ín D Sta rg n Fe g y nd Win K Pe vo ld gy Cerha ilh o ing dm m shi Ja ero ora er ton rd S Ja a er er tit n wa aha W on frie An ng Osp on r ů e e d so Jö orto er ub ak n E tl ö T d Zi fg Isa ar s ūj i is n ad .H ald ti y ga aus d Robert HP Platz Y A ild in tw env llig on rtz i l G A M Vin h hed ma š Ern ic ir ti l- Rax erza Wolf Kl in oss E s Sc M b ks lat au edr st T B Ēri ko rd M ar s on o rha a W rt ol Sc ch Glo Fri n s o ic Ge is k-R ar ija fgan ndr bi H nn N r t Lo r Fo ng B kasower Igo N r bo ja ssa rtu ime ar no l uev Mch kr Ale r V auma a G Wol c ka s a H oc hun in H nG e T S le lb r au Vr Erw He iu Ka g St Lu oan er t A isa it al h A u Lar s on d i anng Y D sef T c K alt s an i en J dri ax B ter tr i ld ig ai vn mW x rS s nt effe no P ja le ub A llia Jo ei 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Mne ria na P rl oC f dr Wo rl Boris Blacher e N y a ont ih ii s n zny y sM e illi es W el e es a ne aif Be o uo o r B t t an Kn All n är PY Iv érar ri r M s G oh nde e U P ne R ia Chr hn J a xa G Gil es d G o Ale n rv r iW nP Fra Erhard Grosskopf en istf Hel Alexandre Tansman Roland Pfrengle ein l A ber Tom R Fr d Sc rnh ett Hanna Kulenty g Jo Jo e B Vo hns ri m an hmi e u ard ers Leif Segerstam lke se nz ri le on e r r a y z Da z dt Kro so Steffen Schleiermacher net vid Olga Neuwirth l Sc Li i Re ze ui Tadeusz Baird Ki h inh l Q sen Pel c n Sylvano Bussotti Luig rc sz ard c e i Dall Ha Karl Heinz Wahren r s l hn hub Ma nz Tie hae l Paul Jebanasam k Sc apic er c cola Michael Gielen t hw i n i arz e c a -Sc H i l er M s s e y Sixten Eckerberg n ou e ert hill r t R f M Ladislav Kupkovič ing Albe to a ysz ss er ns- Be Alb M Krz st Clá T os J w an Tim Souster Iain Hamilton udi Jür ō ru T oha Franz Schreker ford im v n a Be u Ch an gl t le ia zag r g Jo oS ni Ha ro rg d ber as arl la Be au 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Das Erleben von Musik ist etwas Existenzielles. Dass sich dabei durch Wissen und Verstehen ganz neue Ho- rizonte öffnen, ist Daseinsgrundlage und Erkenntnis dessen, was wir heute als »Musikvermittlung« ken- nen. Das Wort vereint in sich verschiedene, mal mehr, mal weniger modische Begriffe, von »Konzertpäda- gogik« über »Education« und »Outreach« bis »Au- dience Development«. Musikvermittlung beschreibt eine Vielzahl von Aktivitäten, die heute fest zum Angebot eines Symphonieorchesters gehören. Ihre Adressat*innen und Spielfelder sind mannigfaltig, sie Erleben richtet sich an Kinder und Erwachsene, an Unerfah- rene und »alte Hasen«, sie kann als Vortrag auftreten oder als Gesprächskonzert, als Probenbesuch, als Ein- ladung zum Zuhören, zum Teilhaben, zum Mitmachen oder selbst Musizieren. Barrieren einreißen, Neugier- de wecken und Wissen vermitteln, kurz: Menschen für Musik zu begeistern und in ihrem Namen zusammen zubringen, gehörte von Anfang an zu den Anliegen des DSO und ist in den unterschiedlichsten Formaten immer Teil seiner 75-jährigen Geschichte gewesen. In diesem Kapitel stellen wir sie vor. Was Musik mit uns Menschen macht, und warum das Erleben von Musik so wichtig ist, untersucht im Anschluss der Text ›Berlin braucht Musik!‹ aus physiologischer und anth- ropologischer Perspektive.
Ferenc Fricsay, der legendäre erste Chefdirigent des DSO, erkannte schon früh das große Potenzial der medialen Verbreitung von Musik. Über das Radio und den Schallplattenmarkt erlangten er und sein Orchester Weltgeltung, und auch die Möglichkeiten des noch jun- Repertoire entdecken gen Fernsehens wusste er zu nutzen. Für eine Sendereihe des SFB ließ er Die ›Werkstatt‹-Reihe sich und das DSO 1961 bei der Proben- arbeit begleiten und gewährte dem Publikum dabei großartige Einblicke in den Arbeitsprozess eines Orchesters und das Entstehen einer Interpretation. Sie zeigt Fricsay im Zusammenspiel mit einem bestens disponierten DSO als präzisen Orchesterlehrer und bild- haften Kommunikator musikalischer Ideen und Vorstellungen. Man sieht einen Dirigenten, der Musik lebt und Chefdirigent Ferenc Fricsay bei den Aufnahmen liebt, der erklärt, singt, gestikuliert und zum Fernsehkonzert mit Kodálys ›Háry János‹- dabei sein Orchester – »Bitte, seid’s Suite im November 1961 so lieb« – immer wieder animiert und mitnimmt. Mit Fricsay erfährt man, wie das Abstrakte der Partitur in einem Seltene Einblicke in den Maschinen- lebendigen Kommunikationsprozess raum des Orchesterklangs, aber auch klingend-konkrete Gestalt gewinnt. reizvolle musikhistorische Entdeckun- Das war Bildungsfernsehen erster gen ermöglichten zahlreiche Werk- Güte, ohne Dünkel und Scheuklappen, stattkonzerte, die in Zusammenarbeit und das bundesweit zur besten Sende- mit dem RIAS in den 70er- und 80er- zeit. Leider wurden nur zwei Folgen mit Jahren stattfanden. Sie verbanden Kodálys ›Háry János‹-Suite und Dukas’ ›Zur Erinnerung an das Wiedertreffen alter die öffentliche Probe mit einer an- ›Der Zauberlehrling‹ im November 1961 Freunde‹ – Eintrag Yehudi Menuhins 1956 in die schließenden Aufführung, wurden von Autogrammbücher, die der Cellist Heinrich Köhler aufgezeichnet. Fricsay, schon damals von 1953 bis 2011 für das DSO führte Dirigenten moderiert, bisweilen auch schwer krank, zog sich im Dezember durch Diskussionsveranstaltungen vom Konzertleben zurück und starb, ergänzt. Der Dirigent und Musikwis- mit nur 48 Jahren, im Februar 1963. senschaftler Peter Gülke präsentierte dort 1979 unter anderem drei Sympho- niefragmente von Franz Schubert erst- mals in Berlin, 1986 die Uraufführung einer Ergänzung des Finalfragments von Bruckners Neunter Symphonie durch Nicola Samale und Giuseppe Mazzucca. Eine öffentliche Probe von Bartóks Divertimento für Streichor- chester leitete der große Geiger Yehudi Menuhin, der dem Orchester seit 1949 als Solist eng verbunden war. 1978 Bildung ohne Scheuklappen stand er mit dem Werk bei einem Kon- zert zum 15. Todestag Ferenc Fricsays ›Das Fricsay-Fernsehkonzert‹ erstmals als Dirigent am Pult des DSO. 42 Musikvermittlung Musikvermittlung 43
Dass Wissen und Verstehen dem Kunstgenuss durchaus förderlich sind, beweist auch der große Erfolg der Kon- zerteinführungen mit Habakuk Traber, die für viele untrennbar zum DSO-Er- lebnis gehören. 1995 entstand erstmals Komponisten hautnah in Berlin die Idee, Einführungsvorträge nicht nur zu besonderen Anlässen an- ›Wege zur Neuen Musik‹ zubieten, sondern sie zum ganz natürli- chen Bestandteil des Konzertabends in der Philharmonie zu machen. Mittler- weile sind die Einführungen, die jeweils Auf Musik der Gegenwart lag der um 19.10 Uhr im Südfoyer der Philhar- Fokus der Fernsehreihe ›Wege zur monie das bevorstehende Konzert Neuen Musik‹, die der Dirigent Gerd auf anregende Weise vorbereiten, zu Albrecht, einer der Pioniere der Edu einer eigenen Institution geworden: cation-Bewegung und über 30 Jahre In 30 Minuten verschafft Habakuk lang dem Orchester eng verbunden, Traber, Musikwissenschaftler und gemeinsam mit dem DSO und dem SFB Autor, mit enzyklopädischem Wissen entwickelte. In 15 Konzerten zwischen ebenso ausgestattet wie mit Talent zu 1986 und 1995 empfing er mit Aribert ansprechender Vermittlung, Einblicke Reimann, Krzysztof Penderecki, Hans in Form und Gehalt der gespielten Werner Henze, Siegfried Matthus, Werke; er präsentiert Wissenswertes György Ligeti, Mauricio Kagel, Michael und Interessantes über ihre Entstehung Tippett, Alfred Schnittke, Sofia und Rezeption und gibt Hörbeispiele Gubaidulina, Isang Yun, Josef Tal, Helmut am Klavier oder anhand von Tonträgern. Lachenmann, Wolfgang Rihm, Cristóbal Zu Ur- und Erstaufführungen empfängt Halffter und Rolf Liebermann ein wah- er bisweilen auch Komponist*innen res »Who’s who« der zeitgenössischen oder Dirigent*innen zum anregenden Musik auf seiner Bühne. Der Fokus und erhellenden Gespräch. lag dabei jeweils auf einem einzigen Werk, das im Gespräch mit seinen Schöpfer*innen ergründet und mithilfe klingender Analyse ausgewählter Habakuk Traber beim Einführungsgespräch während des Festivals ›Brahms-Perspektiven‹ Orchesterpassagen erklärt wurde. im Februar 2019 Einige dieser historischen Dokumente mit faszinierenden Einblicken in die Welt des Gegenwartsklangs sind inzwischen auch als DVD-Box unter dem Titel ›Open Your Ears‹ bei Arthaus Musik erschienen. Gerd Albrecht bei einem Konzert der Reihe ›Wege zur Neuen Musik‹ Wissen und Kunstgenuss Konzerteinführungen 44 Musikvermittlung Musikvermittlung 45
Mit dem ›Schlauen Füchslein‹ fing es an: Gemeinsam mit dem DSO erschuf Kent Nagano eine Film(kurz)fassung von Janáčeks Märchenoper, die 2003 erstmals in Berlin vorgestellt wurde. Um den kleinen Konzertbesucher*innen ab sechs Jahren ein altersgemäßes DSO- Programm zu bieten, wurde im Februar und Mai 2005 mit den Dirigenten Paavo Järvi und George Benjamin eine Kinder- Musik begreifen konzertreihe begründet. Die ergänzende Das DSO macht Schule Erfindung des ›Open House‹ lud schon damals die jungen Gäste ein, vorher alle Instrumente auszuprobieren, die nach- her im Orchester zu hören sind; gemein- Junge Musikfreund*innen und sol- Mit dem Kammermusikprojekt hat sich sames Singen, Schminken und Basteln che, die es werden wollen, können das das Angebot seit 2015 weiter diver- gehörten ebenfalls bereits zum Auftakt- DSO auch abseits der Kinderkonzerte sifiziert. Musikerinnen und Musiker programm. Im Herbst 2005 wurde der kennenlernen. Los ging’s 1999 mit dem des DSO betreuen dabei Kammer- rbb mit ins Boot geholt und das Angebot Modellprojekt ›Schüler im Konzert‹, musikensembles aller Altersgruppen weiter ausgebaut. Am Format dieser seit 2005 gehören auch Probenbesu- an mehreren Berliner Schulen, bieten Kulturradio-, später rbbKultur-Kinder- che fest zum Education-Angebot des Unterstützung bei der Einstudierung konzerte hat sich bis heute nichts geän- Orchesters. Hier können Kinder und von Werken, spieltechnische Hilfestel- dert: Am Pult stehen vielversprechende Jugendliche die Musiker-, Solist- und lung, und sie ermöglichen einen inten- Nachwuchskräfte, aber immer wieder Dirigent*innen aus nächster Nähe siven Austausch über und durch die auch »alte Hasen« sowie die Chefdi- beobachten, meist auch neben ihrem Musik – mit dem Ziel, die Jugendlichen rigenten des DSO, und der Moderator Lieblingsinstrument Platz nehmen, und für diese wunderbare Kommunikati- Christian Schruff führt das junge Publi- sie erfahren dabei aus erster Hand, wie onsform zu begeistern und zu selbst- kum durch die Sonntagsmatineen. Das ein Werk einstudiert wird und Musik ständigem Erkunden anzuregen. Mehr Programm der mittlerweile fast 90 Kon- entsteht. Das Angebot ist kostenfrei als ein Dutzend Orchestermitglieder zerte umfasst ein breites Spektrum, das und wird eifrig genutzt: Beinahe jede engagieren sich mittlerweile für das Moderator Christian Schruff beim Schlussapplaus von Rameaus ›Les Indes galantes‹ bis zu Woche sind Schulklassen beim DSO zu Projekt und begleiten ihre Ensembles eines rbbKultur-Kinderkonzerts im Großen Sende- Jörg Widmanns ›Babylon‹-Suite reicht. Gast. Oft gehen Orchestermitglieder im Idealfall über mehrere Jahre hinweg. saal im Haus des Rundfunks Ergänzt wird es durch Mitmachaktionen, schon im Vorfeld in die Schule, bieten Die Ergebnisse der Zusammenarbeit die Beteiligung von Musikschulen oder eine Einführung in die Arbeitsweise werden einmal jährlich öffentlich in Schulklassen, die in Workshops Choreo- eines Orchesters und haben zur Vor einem Kammerkonzert präsentiert. grafien oder eigene Werke vorbereitet bereitung musikalische Aktivitäten → dso-berlin.de/kammermusikprojekt haben, aber auch durch Gastauftritte, im Gepäck. Am Probenort gibt es dann unter anderem des Berliner Wildtier- eine kurze Einführung und nach der beauftragten oder eines Schauspielers Probe eine Abschlussrunde. Zudem im Piratenkostüm. Die Highlights sind sind Schulklassen auch immer in den später in der rbb-Sendung ›Klassik Konzerten des DSO willkommen – nach für Kinder‹ ein weiteres Mal zu hören. Voranmeldung und zu einem überaus → dso-berlin.de/kinderkonzerte günstigen Preis. Auf Anfrage bietet das DSO Schulklassen und Musikschulen zudem maßgeschneiderte Workshops und Schulprojekte rund um ausge- wählte Konzerte an, die in Verbindung mit einem aktuell gespielten Orches- Ansprache auf Augenhöhe terwerk stehen und interdisziplinär ausgerichtet sind. Die rbbKultur-Kinderkonzerte → dso-berlin.de/musikvermittlung 46 Musikvermittlung Musikvermittlung 47
Mit dem ›Symphonic Mob‹ ist die interaktive DSO-Familie seit 2014 weiter gewachsen. Er versteht sich als niedrigschwelliges Mitspielformat, bei dem das gemeinsame Musizieren von Laien und Profis im Mittelpunkt steht. Nach der ersten Ausgabe beim Tag der offenen Tür im Auswärtigen Amt Die kleine Schwester musste sogleich mit der Mall of Berlin ein größerer Spielort gefunden werden, Das Abonnentenorchester an dem sich seither in jedem Herbst bis zu 1.300 Mitwirkende versammeln. Der ›Mob‹ des DSO ist hochattraktiv, und zwar nicht nur für Fans aus Berlin, »Es ist ein wirkliches Highlight, dass denn hier kann man unter der Leitung jeder Chefdirigent des DSO schon mit von Kent Nagano oder Robin Ticciati, uns geprobt hat«, erzählt Heinz Rad- an der Seite eines Geigenvirtuosen zischewski. Das zeigt für ihn die Wert- wie Christian Tetzlaff oder zusammen schätzung, die das große Orchester mit dem großartigen Rundfunkchor der »kleinen Schwester« entgegen- Berlin musizieren. Unter dem Motto bringt. Die Schwester – das ist das »Ihr spielt die Musik!« sind dabei alle Abonnentenorchester, das der ehemali- eingeladen, die ein Instrument be- ge stellvertretende Solo-Trompeter des herrschen oder gerne singen. Für die DSO 2003 ins Leben gerufen hat. Hier optimale Vorbereitung werden die spielen zumeist Hobbymusikerinnen 1.300 Mitwirkende unter der Leitung von Robin Originalnoten, aber auch vereinfachte und -musiker, die sich dem DSO eng Ticciati beim ›Symphonic Mob‹ am 23. September Stimmen zum Download angeboten, es 2017 auf der Piazza der Mall of Berlin verbunden fühlen. Unter Radzischews- gibt Playalong-Files zum Mitspielen, kis Leitung erarbeitet das Orchester, und gemeinsame Satzproben, die DSO- das sich unter anderem aus Ärztinnen Mitglieder im Vorfeld anbieten, sorgen und Lehrern, Rundfunkmitarbeiterin- für den Feinschliff. Der Berliner ›Sym- nen oder Studierenden, aber auch dem phonic Mob‹ hat inzwischen zahlreiche einen oder anderen ehemaligen DSO- Geschwister erhalten: In Kooperation Mitglied zusammensetzt, mehrere mit dem DSO und gefördert durch die Programme im Jahr: Zu Weihnachten Tugan Sokhiev probt 2013 mit dem Abonnenten Kulturstiftung des Bundes wurde das in der Jesus-Christus-Kirche, im März orchester des DSO im Großen Sendesaal im Haus Konzept deutschlandweit bislang von des Rundfunks im Haus des Rundfunks, im Sommer am Orchestern aus 13 Städten umgesetzt, alten Flugplatz Gatow und im Herbst weitere kommen regelmäßig hinzu, 2021 im Konzerthaus am Gendarmen- und selbst in den Niederlanden gibt markt. Geprobt wird montagabends im es inzwischen einen Ableger. Probensaal des DSO, und die »große → symphonic-mob.de Schwester« steht dem Abonnenten orchester hilfreich zur Seite: DSO- Mitglieder betreuen regelmäßig Satz- proben und treten als Solist*innen in Instrumentalkonzerten auf. »Die Ange- bote«, so Heinz Radzischewski, »gehen mir in den nächsten 20 Jahren nicht aus.« Interessent*innen sind übrigens jederzeit willkommen, insbesondere Streicher werden immer gesucht. Ihr spielt die Musik! → dso-berlin.de/aboorchester Der ›Symphonic Mob‹ 48 Musikvermittlung Musikvermittlung 49
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