3D-Druck Die Zukunft im Blick: Trendbericht zur Abschätzung der Umweltwirkungen - Umweltbundesamt
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Impressum Herausgeber: Umweltbundesamt Fachgebiet I 1.1: Grundsatzfragen, Nachhaltigkeits- strategien und -szenarien, Ressourcenschonung Postfach 14 06 06813 Dessau-Roßlau Tel: +49 340-2103-0 info@umweltbundesamt.de Internet: www.umweltbundesamt.de /umweltbundesamt.de /umweltbundesamt Autoren: Keppner, Benno; Kahlenborn, Walter; Richter, Stephan; Jetzke, Tobias; Lessmann, Antje; Bovenschulte, Marc Redaktion: Fachgebiet I 1.1: Grundsatzfragen, Nachhaltigkeits- strategien und -szenarien, Ressourcenschonung Sylvia Veenhoff Gestaltung: stoffers/steinicke Druck: Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier Publikationen als pdf: www.umweltbundesamt.de/publikationen Bildquellen: Siehe Bilderverzeichnis (Kapitel 7) Stand: Mai 2018 (der Trendbericht wurde inhaltlich bis Juli 2017 fertiggestellt) ISSN 2363-832X (Internet) ISSN 2363-8311 (Print)
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 5 1 Einführung 6 1.1 Hintergrund 6 1.2 Abgrenzung und Zielsetzung 7 1.3 Verwendete Methodik 8 1.4 Struktur 10 2 Trendbeschreibung 11 2.1 Entwicklung des 3D-Drucks 11 2.2 Prozesskette, Verfahren und Materialien im 3D-Druck 12 2.3 Markt 3D-Druck 16 2.4 Zentrale Akteure und Anwendungsfelder 18 3 Abschätzung der Be- und Entlastungen des 3D-Drucks 21 3.1 Direkte Umweltauswirkungen 21 3.2 Indirekte (Umwelt)auswirkungen 36 3.3 Identifizierung innovativer Charakteristiken 39 4 Fazit, Forschungsbedarf und Handlungsempfehlungen 45 4.1 Fazit: Abschätzung der Umweltauswirkungen des 3D-Drucks 45 4.2 Handlungsempfehlungen für die Umweltpolitik und Forschungsbedarf 49 5 Anhang: Assessment Verfahren 52 6 Quellenverzeichnis 54 7 Bilderverzeichnis 60 4
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Suchanfragen für die Begriffe „additive manufacturing“, „3D printing“ und „3D-Druck“ bei Google 6 Abbildung 2: Methodik zur Trendbeschreibung und -analyse 9 Abbildung 3: Global verkaufte Desktop AM Systeme (< 5.000 $) versus Industrielle AM Systeme 16 Abbildung 4: Geschätzte gesamte Wachstumsraten für ausgewählte Branchen (2014–2020) 17 Abbildung 5: Berufsprofile von 3D-Druckanwendern (N=700) in Unternehmen 18 Abbildung 6: Branchenbezogene Nutzung des 3D-Drucks aktuell oder in den kommenden 3 Jahren 19 Abbildung 7: Anwendungsbezogene Nutzung des 3D-Drucks aktuell oder in den kommenden 3 Jahren 19 Abbildung 8: Zahl der Patentanmeldungen und wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu 3D-Druck 20 Abbildung 9: Facetten des 3D-Drucks 21 Abbildung 10: Impact Assessment, Direkte Umweltauswirkungen, 3D-Druckverfahren 22 Abbildung 11: Direkte Umweltauswirkungen, Abbau, Aufbereitung, Herstellung 27 Abbildung 12: Direkte Umweltauswirkungen, Materialeigenschaften 28 Abbildung 13: Direkte Umweltauswirkungen, Nutzung und Leistungsbereitstellung 30 5
1 Einführung 1.1 Hintergrund nicht oder nur unter Einsatz von Fügetechnik (durch Kleben, Schweißen, Schrauben et cetera) möglich sind 3-D-Druck wird nicht nur die Machtverhältnisse in der (Harhoff und Schnitzer 2015; stratasys Direct Manufac- industriellen Fertigung neu definieren, sondern die Wirt- turing 2015). Neben den verfahrenstechnischen Vorteilen schaftswelt als Ganzes erschüttern (Michler 2014) macht insbesondere die große Diversität an nutzbaren Sei es ein 3D-gedrucktes bionisches Ohr … 3D-gedruckte Materialien (Kunststoffe, Metalle, Keramiken, Beton, Kuchendekoration … oder ein 3D-gedrucktes Traumhaus Gewebezellen et cetera) und deren Bandbreite an me- – der 3D-Druck revolutioniert jeden Lebensbereich (über- chanischen, physikalischen, chemischen und gegebe- setzt nach Banerjee 2016) nenfalls physiologischen Eigenschaften den 3D-Druck interessant. Aus technischer Sicht ist der 3D-Druck Wir stehen kurz vor einem Umbruch – der 3D-Druck damit in den u nterschiedlichsten Bereichen einsetzbar. wird revolutionieren, wie wir über Produktionsverfahren denken (übersetzt nach Ruth 2016) Große Hoffnungen verbinden sich auch aus Umweltsicht In der aktuellen Diskussion werden große Erwartungen mit dem 3D-Druck. So wird erwartet, dass dieses Ver- in den 3D-Druck gesetzt. So wird die Technologie als fahren zukünftig zu einer ökologisch nachhaltigeren möglicher Auslöser einer neuen industriellen Revolution Produktion beiträgt – beispielsweise durch Materialein- gesehen (Berman 2012; Gershenfeld 2012), die ebenso sparungen, Abfallvermeidung und neue Recyclingideen weitreichende Veränderungen mit sich bringen könnte (Petrovic et al. 2011; Reeves et al. 2007). Beim 3D-Druck wie die Erfindung der Dampfmaschine, der Atomener werden die Produkte Schicht für Schicht aufgebaut, gie, des Mikrochips oder des Internets (Campbell et al. wobei im Gegensatz zu subtraktiven Verfahren kaum 2011). Begründet wird dies mit den Charakteristiken Abfall durch abgefrästes Material entsteht.² Durch neue des 3D-Drucks: eine völlig neue Designfreiheit und die Konstruktionsmöglichkeiten können z. B. im Fahrzeug- Möglichkeit, Produkte schnell, einfach und individuell bereich innovative Leichtbaustrukturen umgesetzt wer- angepasst herzustellen. Innovationen könnten so er- den, so dass Autos und Flugzeuge weniger Treibstoff möglicht und Ideen schneller realisiert werden. verbrauchen (Petschow 2014). Bei Kunststoffen gibt es Überlegungen, Abfälle (beispielsweise Siedlungsabfälle Mithilfe des 3D-Drucks können sehr komplexe Geometrien oder Gewerbeabfälle) als neues Druckmaterial zu recy- und innere Strukturen hergestellt werden, die mit den celn. Außerdem können 3D-Druckgeräte flexibler auf- klassischen, subtraktiven (wie Drehen, Fräsen) und for- gestellt werden, was eine weitere Globalisierung der mativen (wie Gießen, Schmieden) Fertigungsverfahren Produktionsorte zur Folge haben könnte (vergleiche Abbildung 1: Suchanfragen für die Begriffe „additive manufacturing“, „3D printing“ und „3D-Druck“ bei Google¹ 3D printing additive manufacturing 3D-Druck 2005 2007 2009 2011 2013 Quelle: eigene Darstellung (nach Google 2010) ¹ Die Grafik stellt „keine absoluten Suchvolumenzahlen dar, da die Daten normalisiert sind und auf einer Skala von 0 bis 100 angezeigt werden“ (Google 2010). ² Abfall kann aber beispielsweise durch Stützstrukturen entstehen. 6 Einführung
eispielsweise Gao et al. 2015). Jedermann kann durch b den Kauf einer 3D-Druckvorlage Waren dort herstellen, wo sie unmittelbar gebraucht werden. Dadurch kann der Warentransport reduziert und als Folge davon der Ausstoß von CO₂- Emissionen gesenkt werden. Auch potentielle Auswirkungen für die Raumentwicklung (ländliche Räume) sind denkbar, wenn zunehmend vor Ort flexibel produziert wird. Ob sich diese Erwartungen und Hoffnungen erfüllen, ist noch offen. Bisher werden in der Diskussion oft positive Effekte hervorgehoben, ohne den Trend 3D-Druck syste- matisch zu analysieren (Campbell et al. 2011; Berman 2012).³ Es fehlt eine zusammenfassende Darstellung gänzlichen neuen Lebensstil implizieren (Liebl und direkter Umweltauswirkungen, die zurzeit nur partiell Schwarz 2010). diskutiert werden. Indirekte Effekte werden bisher vor allem im Hinblick auf die gesellschaftliche oder wirt- Dieser Trendbericht leistet damit einen Beitrag zur Früh schaftliche Signifikanz aufgegriffen und noch wenig auf erkennung der zukünftigen positiven wie negativen Um- ihre Umweltrelevanz hin reflektiert. Das Innovations weltauswirkungen des 3D-Drucks. Auch bereits beob- potenzial dieser Zukunftstechnologie wird bisher mit achtbare Wirkungen werden miteinbezogen. Der Bericht einem Fokus auf technische, wirtschaftliche und gesell- zieht ein differenziertes Fazit hinsichtlich der umweltpo- schaftliche Möglichkeiten hin diskutiert, ohne die mög litischen Bedeutung der Technologie und baut auf dem lichen Umweltwirkungen umfassend mitzudenken. Der wissenschaftlichen Stand auf. Der Bericht ersetzt keine vorliegende Trendbericht trägt zum Schließen dieser Ökobilanzierung, Szenario-Analyse oder quantitative Lücken bei. Modellierung aller mit dem 3D-Druck in der Zukunft verbundenen Phänomene, gleichwohl kann er hierfür 1.2 Abgrenzung und Zielsetzung wichtige Beiträge leisten. Insgesamt betrachtet sind die zukünftigen Umweltaus- Ziel und Aufgabe des Berichts ist es, die Felder zu iden wirkungen des 3D-Drucks von vielen unterschiedlichen tifizieren, die von der Umweltpolitik künftig stärker in Faktoren abhängig, angefangen von der Art des 3D- den Blick zu nehmen sind. Ferner soll er diejenigen Be- Druckers sowie des eingesetzten Druckmaterials über reiche offenlegen, in denen größere Unklarheiten in der die Art der Nutzung für verschiedenste industrielle und Entwicklung des 3D-Drucks und den damit verknüpften private Anwendungen bis hin zur Bereitstellung von umweltpolitischen Implikationen bestehen und weitere Leistungen, die für die Nutzung des 3D-Drucks nötig Forschung notwendig ist. Der Bericht ist als eine erste sind – wie beispielsweise den Transport der Druckmate- Bestandsaufnahme hinsichtlich der bereits beobachtbaren rialien. Der Trendbericht nimmt diese unterschiedlichen und zukünftigen Umweltauswirkungen des 3D-Drucks Elemente des 3D-Drucks in den Blick und analysiert, in- zu verstehen. Er ist ein Ergebnis der strategischen Vor- wieweit hierdurch Be- oder Entlastungen für die Umwelt ausschau für die Umweltpolitik. auftreten könnten. In einem Unterkapitel des Trend berichts (Kapitel 3.3) wird außerdem auch auf die inno- Identifiziert und dargestellt werden in diesem Trendbe- vativen Charakteristiken des 3D-Drucks eingegangen richt nur die voraussichtlich relevanten Umweltauswir- und analysiert, welche zukünftigen Implikationen für kungen. Andere Effekte des 3D-Drucks beispielsweise die Umwelt (Belastungen und Entlastungen) diese mit auf die Wirtschaft oder Gesellschaft werden nur unter- sich bringen könnten. Mit innovativen Charakteristiken sucht, sofern diese auf die Umwelt rückwirken. Gering- werden diejenigen neuen Elemente eines Trends be- fügige Auswirkungen auf die Umwelt, wie beispiels zeichnet, die in sich das „Potential großer strategischer weise der Stromverbrauch bei der Produktion von CAD- Überraschung“ tragen, beispielsweise weil sie einen Software, werden nicht weiter behandelt. ³ Genau genommen ist der 3D-Druck kein Trend, sondern die verstärkte Nutzung des 3D-Drucks (in bestimmten Bereichen) ist ein Trend. Aus Vereinfachungsgründen wird im Bericht aber vom Trend 3D-Druck gesprochen. Einführung 7
Der vorliegende Bericht nimmt sowohl direkte als auch Grundlage der Einschätzung von Umweltbe- und indirekte Umweltwirkungen in den Blick: Als direkte -entlastungen des 3D-Drucks, sind drei verschiedene Umweltauswirkungen werden diejenigen Umweltbe- methodische Ansätze: und -entlastungen verstanden, die sich unmittelbar (zeitlich und räumlich) aus den Druckverfahren, Mate 1. Trendbeschreibung; rialien und dem Verhalten beteiligter Akteure ergeben 2. kriteriengeleitete Erfassung der direkten und (beispielsweise Feinstaubbelastungen durch den Druck). indirekten Umweltwirkungen (Assessment); Indirekte Umweltauswirkungen entstehen erst über wei- tere Zwischenschritte (räumlich und zeitlich), beispiels- 3. Erfassung weiterer künftig möglicher Umwelt weise wenn durch den 3D-Druck Lebensstiländerungen auswirkungen (IIC-Verfahren). angestoßen werden. Die im Folgenden beschriebenen ersten beiden Ansätze 1.3 Verwendete Methodik bauen teils auf anderen methodischen Vorarbeiten auf (beispielsweise Horizon-Scanning-Prozessen und dem Die angewandte Methodik dient dem oben genannten Assessment im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprü- Ziel, mögliche künftige Problemfelder für die Umweltpo- fung). Der dritte Ansatz, das IIC-Verfahren (siehe unten litik frühzeitig zu identifizieren und herauszuarbeiten.⁴ 3), wurde für das Vorhaben eigens entwickelt. Für die- Gleichzeitig trägt sie dem grundsätzlichen methodischen sen Trendbericht wurden diese drei Ansätze zum ersten Problem Rechnung, dass es keine gesicherte Möglichkeit Mal integriert und gemeinsam angewendet, um möglichst gibt, in die Zukunft zu blicken. Die ausgewählten ver- viele Facetten der Umweltauswirkungen des 3D-Drucks schiedenen Herangehensweisen und die damit verbun- zu erfassen. Die drei Methoden unterscheiden sich hin- denen unterschiedlichen Perspektiven ermöglichen sichtlich ihrer Zielsetzung: aber, die Bandbreite möglicher Entwicklungen zu erfas- sen und abzubilden. Die Methodik hat nicht zum Ziel, 1) Die erste Methode dient der Erfassung des Untersu- Wahrscheinlichkeiten vorherzusagen oder genaue Zu- chungsgegenstandes, um sämtliche umweltrelevante kunftsprognosen zu liefern, sondern mögliche Probleme Entwicklungen des 3-Drucks erst einmal in Form von frühzeitig zu identifizieren. Trendhypothesen zu identifizieren, zu beschreiben und zu analysieren. Im Rahmen einer Literaturanalyse wur- den mit einer qualitativen Inhaltsanalyse-Software 987 Textstellen aus 46 Quellen zum Thema 3D-Druck erfasst, klassifiziert und ausgewertet.⁵ Relevante Textstellen wurden mit Codes versehen. Die Codes geben interne und externe Faktoren des 3D-Drucks wider und sind in einem morphologischen Kasten angeordnet. Verwendet wurde ein vom Institut für Innovation und Technik (iit) entwickeltes Codeschema für Horizon Scanning-Prozesse, das 311 Codes umfasst, von denen 122 im Rahmen der Analyse des Trends 3D-Druck vergeben wurden. Mithilfe der Methode können spezifische Trendhypothesen iden- tifiziert und analysiert werden, das heißt Annahmen über mögliche Entwicklungen und Ausprägungen der Einflussfaktoren auf den 3D-Druck. ⁴ Details zur Gesamtmethodik sind in einem speziellen Methodenpapier zur Trendbeschreibung und Trendanalyse wiedergegeben, das Teil des Gesamtvorhabens ist. Auf der Basis des Methodenpapiers werden künftig weitere Trendberichte erscheinen. Ein weiterer Trendbericht (zum Thema Konsum 4.0) wird als weiterer Teil des aktuellen Gesamtvorhabens erstellt. ⁵ Als Software wurde Atlas.ti verwendet. 8 Einführung
2) Mithilfe der zweiten Methode – dem „Assessment der Als Grundlage für die Ermittlung indirekter Umweltaus- Umweltauswirkungen“ – können mögliche direkte und wirkungen diente ein neu formuliertes Assessment-Ras- indirekte Be- und Entlastungen in zentralen Bereichen ter. Die Prüfkategorien hierfür greifen auf verschiedene des 3D-Drucks ermittelt werden. Das analytische Instru- Quellen zurück: das Millenium Ecosystem Assessment ment des Assessment-Verfahrens ist die Wirkungskette. (2005), der Global Environmental Outlook 5 von UNEP Die Wirkungskette bildet die grundlegende Heuristik (UNEP 2012), zentrale Kategorien der Umweltsoziologie zur Analyse der Umweltauswirkung des 3D-Drucks. In und Sozialpsychologie (Huber 2011; Kollmuss und einer systematischen Weise werden verschiedene Kate- Agyeman 2002; Oskamp und Schultz 2005) und Kate gorien des Trends hinsichtlich seiner Umweltwirkung gorien der Politikwissenschaft zum politischen System analytisch gefasst. Grundlage hierfür sind direkte und und seinen zentralen Bereichen (Hague und Harrop indirekte Wirkkategorien. 2010). Zu den untersuchten Dimensionen zählen Demo- graphie, Gesellschaft und Kultur, Wirtschaft, Politik, Für die Einschätzung der direkten Be- und Entlastungs- Wissenschaft und Technologie sowie Raum (siehe profile wurde die vereinfachte Umweltbewertung des Anhang, Tabelle 5 für eine Übersicht der Dimensionen Umweltbundesamtes (VERUM) verwendet, die fünf und zugeordneten Kategorien). Für die mit dem 3D-Druck generelle Belastungsarten und 15 spezifische Belas- verbundenen Verfahren, Materialien und das Akteurs tungskategorien definiert. Zu diesen zählen: chemische, verhalten wurde jeweils eingeschätzt, ob es in diesen physikalische, biologische Belastungen, Ressourcen Bereichen zu Veränderungen kommt, die wiederum rele- inanspruchnahme und Störfälle / Unfälle (siehe für eine vant oder nicht relevant für Umweltbe- und -entlastungen genauere Darstellung Anhang, Tabelle 4). Für die unter- erscheinen. In die Bewertung flossen dabei die Ergeb- schiedlichen Verfahren, Materialien und Verhaltenswei- nisse der Trendbeschreibung (siehe oben), die intern im sen wurde jeweils analysiert, ob potentiell Wirkungen in Team sowie in einem Expertenworkshop⁶ erarbeiteten den 15 Kategorien zu erwarten sind. Einschätzungen sowie Forschungsliteratur mit ein. Abbildung 2: Methodik zur Trendbeschreibung und -analyse Impact Assesment Direkt Indirekt Heute Umweltbelastungen und -entlastungen Zukunft Prozesskette Innovative Charakteristiken Markt Anwender Trendbeschreibung IIC-Verfahren Quelle: eigene Darstellung ⁶ Der Expertenworkshop fand im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in Berlin am 29. September 2016 statt. Einführung 9
3) Mithilfe des IIC-Verfahrens (Identifizierung Innova 1.4 Struktur tiver Charakteristiken) wurde ermittelt, welche inno vativen Eigenschaften den 3D-Druck auszeichnen und Der Trendbericht gliedert sich in drei Teile: In Kapitel 2 welche umweltpolitischen Herausforderungen sich wird der Trend 3D-Druck umfassend beschrieben, wobei durch diese innovativen Eigenschaften ergeben. Das die Prozesskette, die Verfahren und Materialien, die IIC-Verfahren unterscheidet sich vom Assessment-Ver- Geschichte und derzeitige Marktentwicklung sowie die fahren dadurch, dass es wesentlich offener gestaltet ist. Anwendungsgebiete und Akteure dargestellt werden. In Im IIC-Verfahren werden nicht spezifische Wirkkatego Kapitel 3 werden die Ergebnisse der drei verschiedenen rien betrachtet (wie die VERUM Belastungskategorien), Methoden zur Identifizierung der umweltrelevanten sondern ausgehend von den innovativen Charakteristi- E ntwicklungen und Auswirkungen des 3D-Drucks ken wird reflektiert, welche Herausforderungen auftre- d argestellt. In Kapitel 4 schließlich wird spezifischer ten könnten. Von bereits beobachtbaren Eigenschaften Forschungs- und Handlungsbedarf identifiziert und ein des 3D-Drucks wird wesentlich stärker abstrahiert. Fazit bezüglich der Umweltauswirkungen des 3D-Drucks Der Blick ist noch weiter in eine unbekannte Zukunft und der umweltpolitischen Implikationen gezogen. gerichtet. Zur besseren Darstellung der sich aus dem 3D-Druck In der Abbildung 2 auf der Vorseite werden das Zusam- ergebenden Umweltbe- und -entlastungen werden die menspiel der drei Verfahren und die drei unterschied Ergebnisse der ersten und zweiten Methode (Teile der lichen Blickwinkel verdeutlicht. Trendbeschreibung – die Trendhypothesen – und die kriteriengeleitete Erfassung der Umweltwirkungen [ Assessment]) in Kapitel 3 gemeinsam erläutert. Grund hierfür ist auch die Zielsetzung der einzelnen Ansätze: Die beiden ersten Verfahren zielen tendenziell eher in eine (nähere) Zukunft, die noch klarer erkennbar ist. Sie versuchen aus dem derzeit bekannten über Abschätzun- gen und qualitative Prognosen ins Morgen zu blicken. Im Unterschied dazu löst sich das dritte Verfahren stärker vom Hier und Jetzt und erschließt damit noch Felder, die den anderen beiden Perspektiven nicht zugänglich sind. 10 Einführung
2 Trendbeschreibung 2.1 Entwicklung des 3D-Drucks der B9Creator (siehe Bild), der 2012 auf den Markt kam (alle Bildquellen werden in Kapitel 7, Bilderverzeichnis, Die Aufmerksamkeit, die dem 3D-Druck derzeit zuteil- aufgeführt). Der britische Ingenieur Adrian Bowyer wird, lässt oftmals vergessen, dass es bereits eine drei- brachte 2005 mit der Erfindung des RepRap (replicating ßigjährige Entwicklungsgeschichte additiver Verfahren rapid prototyper), eine neue Bewegung (das „maker mo- gibt. Additive Verfahren wurden zuerst in der Automo- vement“) in Gang – der RepRap ist ein 3DDrucker, der bilindustrie ab Mitte der 1980er Jahre eingesetzt, um die meisten seiner Teile selbst reproduzieren kann und möglichst effizient Prototypen herzustellen („rapid pro- mit einer frei verfügbaren Software betrieben wird. totyping“). Innovationen in der Computer- und Laser- Einen Mehrwert für den Nutzer hat der RepRap unter technologie sowie die Kommerzialisierung von CAD anderem durch seinen Open Source Charakter: die dem (Computer Aided Design)-Software bildeten die Grund- RepRap zugrundeliegenden Designs sind frei im Inter- lage für die Entwicklung der ersten 3D-Druckverfahren. net verfügbar. In Deutschland gibt es bereits in vielen Städten FabLabs, unter anderem in Berlin, München 1986 gilt als „Geburtsjahr“ des 3D-Drucks: In diesem und Erlangen (für eine ausführliche Übersicht siehe: Jahr ließ sich der US-amerikanische Ingenieur Charles 3DDruck Magazin 2017). Zukünftig werden 3DDrucker Hull das Stereolitographie (SLA)-Verfahren patentieren auch durch Kinder eingesetzt werden. So plant Mattel und gründete die „3D Systems Corporation“, bis heute die Einführung des ThingMaker 3D-Druckers zum eines der wichtigsten 3D-Druck-Unternehmen. Ab 1988 Herbst 2017 (3DDruck Magazin 2016). Hohe Wachs- gab es den ersten 3D-Drucker (SLA-1) auf dem Markt zu tumsraten im 3D-Druck-Technologiemarkt und techno- kaufen. In den 1990er Jahren wurden weitere Verfahren logische Fortschritte, vor allem im Bereich des Bio- wie die Laser-Sintern-Methode (SLS), Fused Deposition printings⁷, der Entwicklung neuer Materialien und der Modelling (FDM), Ballistic Particle Manufacturing (BPM), Erhöhung der Genauigkeit und Druckgeschwindigkeit Laminated Object Manufacturing (LOM) und Solid Ground lassen den 3DDruck heute zu einer der einflussreichsten Curing (SGC) patentiert. Außerdem wurden neue Unter- technischen Innovationen werden, die auch weitreichen- nehmen, die den 3D-Druck etablieren wollten, gegründet. de gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringen Bis heute sehr erfolgreich sind die EOS GmbH (Deutsch- könnte. land) und die Firma Stratasys Inc. (USA), die unter an- derem industriell genutzte Drucksysteme produzieren. Technische Weiterentwicklungen erlaubten ab Anfang 2000 eine Produktion in verbesserter Qualität, so dass nicht nur Prototypen, sondern auch spezielle Werkzeuge und Gussformen (casts) und Kleinserien oder individua- lisierte Objekte hergestellt werden konnten. In der neuen Terminologie wurde von „Rapid Tooling“ (RT), „Rapid Casting“ oder „Rapid Manufacturing“ (RM) gesprochen (3dprintingindustry 2017). Heute werden die verschie- denen Anwendungen des 3D-Drucks in der Wissen- schaft und Industrie unter „Additive Manufacturing“ (AM) zusammengefasst. Im deutschen Sprachraum wird auch von Additiver Fertigung gesprochen. Für Privatanwender waren ab 2007 die ersten 3D-Drucker für unter $10.000 zu kaufen. Ein Verkaufserfolg wurden jedoch erst Geräte, die die Hälfte dessen kosteten, wie ⁷ Unter Bioprinting werden 3D-Druckverfahren verstanden, auf deren Basis einzelne Zellen oder Gewebe verdruckt werden können. Hierfür werden insbesondere die Techniken des Tissue Engineering eingesetzt. Die Technologie befindet sich in der Grundlagenforschung. Trendbeschreibung 11
2.2 Prozesskette, Verfahren und Materialien im 3D-Druck Unter dem Begriff 3D-Druck kann eine Vielzahl von Ver- fahren zusammengefasst werden, die eines gemeinsam haben: Mit ihrer Hilfe kann ein dreidimensionales, vir- tuelles Modell, das zuvor mithilfe eines Computer-Aided Design (CAD)-Systems entworfen wurde, direkt herge- stellt werden. Die Beschaffenheit des 3D-Drucks und seines Umfelds wird im Folgenden anhand seiner typi- schen Prozesskette, der gängigen Verfahren und ver wendeten Materialien beschrieben. Die 3D-Druckverfahren unterscheiden sich aufgrund ihrer technischen Prozesse und den einsetzbaren Mate- rialien stark. In der Prozesskette können grundsätzlich acht Phasen identifiziert werden, die im Rahmen der meisten 3D-Druckverfahren durchlaufen werden (Gibson 7. Das gedruckte Objekt muss abhängig vom Druck et al. 2015): verfahren verschiedene Nachbearbeitungsschritte durchlaufen, unter anderem wird überschüssiges 1. Mit Hilfe eines CAD-Systems wird ein virtuelles, drei- Druckmaterial entfernt (z. B. Pulverreste) oder das dimensionales Modell von einem Objekt konstruiert. Objekt wird mit Bindemitteln infiltriert, um die Festig- Das dreidimensionale Modell kann auch durch einen keit zu erhöhen. 3D-Scan realisiert werden. 8. Die additiv erzeugten Objekte können nun genutzt wer- 2. Die CAD-Daten werden in ein STL-Format (Surface den. Je nach Anwendung werden die Objekte gegebe- Tessellation Language) umgewandelt, das der Be- nenfalls weiter behandelt, z. B. grundiert oder lackiert. schreibung geometrischer Informationen von drei dimensionalen Datenmodellen dient. Es handelt sich Die meistgenutzten Verfahren in der additiven Fertigung um die meistgenutzte Schnittstelle für am Markt er- sind die pulverbasierten Verfahren (insbesondere die hältliche 3D-Drucker. PBF-Verfahren) und das Extrusionsverfahren (EB-Ver- fahren) (Marquardt 2014). Vermehrt kommen auch Photo- 3. Die STL-Daten werden in einen 3D-Drucker transferiert. polymerisationsverfahren (PP-Verfahren) zum Einsatz. Bei den pulverbasierten Prozessen wird eine dünne 4. Der 3D-Drucker wird eingerichtet, und die Druck Schicht Pulver (Kunststoff, Metall, Keramik et cetera) parameter werden festgelegt. Dies passiert manuell auf eine Arbeitsfläche aufgetragen und mittels Laser durch den Nutzer oder halbautomatisch (Material und eine definierte Kontur geschmolzen, die sich nach dem Parameterset). Hierzu gehören unter anderem die Erstarren verfestigt. Daraufhin wird eine neue Schicht Druckposition im Drucker, die Atmosphäre und die Pulver aufgetragen, und der Prozess wiederholt sich Temperatur des Druckraums, die Eigenschaften der (PBF-Verfahren) bis das Objekt fertig gestellt ist. Anstel- Energiequelle, die Materialeigenschaften, die Schicht- le des Aufschmelzens mittels Laser können auch duro- dicke und die Druckzeit. plastische Kunststoffe (z. B. Harze) genutzt werden, um das Pulver (z. B. Stärke) geometrisch definiert zu binden 5. Die Herstellung des Objekts durch den 3D-Drucker (das sogenannte Binder Jetting-Verfahren). Im Extru erfolgt in der Regel automatisiert. sionsverfahren hingegen werden thermoplastische Kunststoffe über eine beheizte Düse verformbar gemacht 6. Nach der Fertigstellung kann das Objekt dem 3D- und geometrisch definiert abgelegt. Beim Photopoly Drucker im Regelfall direkt entnommen werden. merisationsverfahren werden flüssige Photopolymere punkt- oder schichtweise mithilfe von UV-Licht auf einer Bauplattform vernetzt. 12 Trendbeschreibung
Die Verfahren des 3D-Drucks und die grundlegenden EBM-Systeme unterscheiden sich von MLS-Systemen Materialien werden im Folgenden ausführlich auf durch die Nutzung eines Elektronenstrahls anstelle eines Grundlage von Gibson et al. (2015) beschrieben.⁸ Die Lasers. Zudem wird für EBM-Systeme kein Schutzgas Tabelle 1 (siehe Seite 15) gibt einen umfassenden Über- benötigt, weil sie unter Vakuum arbeiten. Die Energie- blick über die gängigen Verfahren, die nutzbaren kosten für EBM-Systeme sind gegenüber neuen MLS- Materialien, die jeweiligen Vor- und Nachteile sowie Systemen geringer. Da das Pulverbett durch die Elektro- die aktuellen Anschaffungskosten der Druckgeräte. nenstrahlquelle schnell vorgeheizt werden kann, sind keine zusätzlichen Heizsysteme nötig. Powder bed fusion processes (PBF) Bei PBF-Verfahren werden durch eine oder mehrere Extrusion based processes (EB) thermische Quellen – dies sind in der Regel Laser- oder Bei EB-Verfahren wird zwischen physikalischen und Elektronenstrahlquellen – dünne Pulverschichten, die chemischen Verfahren unterschieden. Im Rahmen von in einem definierten Bauraum abgelegt werden, gesintert chemischen EB-Verfahren wird ein flüssiges Medium beziehungsweise verschmolzen. Die Bauteile müssen über eine Düse abgelegt, welches durch eine chemische nach dem 3D-Druck von anhaftendem Pulver befreit Reaktion in den festen Aggregatzustand wechselt. Bei werden. Vereinfacht können drei PBF-Verfahren getrennt physikalischen EB-Verfahren werden thermoplastische voneinander betrachtet werden: Polymer Laser Sintering Kunststoffe (z. B. Polylactat) als Filament⁹ über eine be- (PLS), Metal Laser Sintering (MLS) und Electron Beam heizte Düse bei ca. 200° C geschmolzen, extrudiert und Melting (EBM) (Gibson et al. 2015: 107). auf eine in der Regel beheizte Bauplattform (30 – 60° C) abgelegt. Eine chemische Nachbereitung der Bauteile PLS-Systeme arbeiten typischerweise mit Polymeren beziehungsweise das Entfernen von Pulverresten ist (z. B. Polyamid), deren Schmelztemperatur bei ca. 200° C nicht notwendig. Dieses Verfahren wird oft auch als liegt. Für den 3D-Druck wird der Bauraum in der Regel Fused Deposition Modelling (FDM) bezeichnet. mit einem Schutzgas (Stickstoff) gefüllt. Zudem wird das Pulverbett während des Prozesses leicht unter der Photopolymerization processes (PP) oder Schmelztemperatur der Polymere gehalten. Stereolithografie (SLA) Bei PP-Verfahren werden flüssige Photopolymere durch MLS-Systeme sind in der Industrie unter verschiedenen UV-Strahlung punkt- oder schichtweise auf einer Bau- Synonymen bekannt, unter anderem als Selective Laser plattform vernetzt, sodass sich das Polymer verfestigt. Powder Re-Melting (SLPR), Selective Laser Melting (SLM), Während des Prozesses ist die Bauplattform in das Laser Cusing und Direct Metal Laser Sintering (DMLS) Photopolymer eingetaucht. Als UV-Quelle dienen meist (Gibson et al. 2015). MLS-Systeme unterscheiden sich von Laser. Vereinfacht können drei PP-Verfahren vonein PLS-Systemen insbesondere durch den genutzten Laser- ander unterschieden werden: Vector scan (point wise typ und dadurch, dass das Bauteil bei MLS-Systemen approach), Mask projection (layer wise approach) und mit der Bauplattform fest verbunden ist, um Deforma Two-photon approach (high resolution point-by-point tionen des Bauteils entgegenzuwirken. Als Schutzgas approach) (Gibson et al. 2015). Unterschiede ergeben wird in der Regel Stickstoff oder Argon genutzt. sich vor allem in der Auflösung / Geschwindigkeit, diese sind für die Frage der Umweltauswirkungen aber nicht weiter relevant. ⁸ Für die Bezeichnung der Verfahren werden die englischen Fachtermini benutzt, da diese sowohl in der englisch- als auch in der deutschsprachigen Fachliteratur zur Anwendung kommen. ⁹ Als Filament wird beim physikalischen EB-Verfahren das strangförmige/fadenförmige Ausgangsmaterial (feedstock) bezeichnet, welches der Druckdüse des 3D-Druckers gleichmäßig zugeführt und erhitzt wird, um es verformbar zu machen und auf einer Plattform abzulegen. Typischerweise bestehen Filamente für den 3D-Druck aus Kunststoffen wie ABS oder PLA. Trendbeschreibung 13
Material Jetting (MJ) Sheet Lamination Process (SL) Bei MJ-Verfahren wird ein flüssiges Photopolymer über Bei SL-Prozessen werden dünne, zweidimensionale einen Druckkopf tropfenweise auf einer Bauplattform Flächen aus einem Werkstoff ausgeschnitten und Layer abgelegt und durch UV-Licht polymerisiert. Für die für Layer zusammengefügt, sodass ein dreidimensio tropfenweise Ablage haben sich insbesondere die fol- nales Objekt entsteht. Folgende Fügetechniken werden genden Technologien etabliert: Continuous Stream (CS), genutzt: Kleben, thermisches Binden, Klemmen und DOD-Methode und PolyJet. Ultraschall-Schmelzen. Das SL-Verfahren ist auch unter dem Synonym Laminated Object Manufacturing (LOM) Binder Jetting (BJ) bekannt und stellt eine Besonderheit unter den additiven Bei BJ-Prozessen wird ein Bindemittel auf ein Pulver Verfahren dar. aufgetragen, so dass dieses Schicht für Schicht infiltriert und zu einem dreidimensionalen Objekt verbunden wird. Directed Energy Deposition Processes (DED) Das Verfahren ist auch unter dem Synonym 3D Printing Bei DED-Verfahren werden mit Hilfe eines Lasers oder (3DP) bekannt.¹⁰ Die Objekte werden nach dem Druck einer Elektronenstrahlquelle simultan das Substrat so- gegebenenfalls zusätzlich mit weiteren Bindemitteln wie das Material, das auf dem Substrat abgelegt werden infiltriert oder thermisch behandelt (gesintert), um eine soll und dem Druckpunkt kontinuierlich zugeführt höhere Festigkeit zu erzeugen. Bei den anderen Druck- wird, aufgeschmolzen. Im Gegensatz zu PBF-Verfahren verfahren wird diese nachträgliche Infiltrierung bezie- wird das Material während der Ablage aufgeschmolzen. hungsweise thermische Behandlung nicht angewendet. ¹⁰ Nicht zu verwechseln mit der englischen Übersetzung des Terminus „3D-Druck“, der ebenfalls „3D printing“ lautet. 14 Trendbeschreibung
Tabelle 1: Materialien, Vor- und Nachteile sowie Anschaffungskosten von 3D-Druckverfahren Häufig eingesetzte Materialien sind fett gedruckt. Anschaf- Verfahren Materialien Vorteile Nachteile fungskosten Powder Bed PLS: Thermoplasten uns Elastomere; Präzision Hohe Anschaffungskosten > 100.000 € F usion Polyamid oder Nylon (PA); Polystyrol- Verarbeitungs Oberflächenqualität Processes basierte Materialien (PS); Polyether qualität (PBF) etherketon (PEEK); Biologisch abbaubare Geschwindigkeit Materialien wie Polycaprolacton (PCL), Große Material Beschränkte Objektgröße Polylactide (PLA), Poly-L-Lactid (PLLA); auswahl Benötigt eine besondere Verbundmaterialien wie PCL + kerami- Infrastruktur (Schutzgas, sche Partikel (z. B. Hydroxyapatit HA) Starkstrom, Material MLS: Edelstahl und Werkzeugstahl; Titan zuführung) und Legierungen; Nickellegierungen; Alu- miniumlegierungen; Kobalt-Chrome- Legierungen; Silber und Gold; Keramiken EBM: Leitende Metalle Extrusion Thermoplasten; Polylactide (PLA); Acryl- Geringe Anschaf- Geschwindigkeit < 10.000 € B ased nitril-Butadien-Styrol (ABS) und ABS- fungskosten Präzision Processes Blends; Polyamid oder Nylon (PA), Einsatz vieler (EB) Polycarbonate (PC) und PC-Blends; Annehmbare Verarbei- Kunststoffe tungsqualität Acry-Styrol-Acrylnitril (ASA); Polyphenyl- möglich sulfone (PPSF / PPSU); Verbundmateria Objekte können sich nach lien wie PLA mit Naturfasern- oder Für Bürogebrauch dem Druck aufwölben H olzanteil geeignet (Wrapping Effekt) Photopoly Photopolymere (z. B. Acryl-, Epoxid- Bau großer Geschwindigkeit > 50.000 € merization oder Vinylesterharze) Objekte möglich Hohe Anschaffungskosten (für indus P rocesses (PP) Präzision im Einzelfall trielle An- oder Stereo wender) lithografie Verarbeitungs qualität < 10.000 € (SLA) (für Laien anwender) Material Photopolymere; Polyesterbasierte Präzision Geschwindigkeit > 30.000 € Jetting unststoffe K Verarbeitungs Beschränkte Material qualität auswahl Für Bürogebrauch Beschränkte Objektgröße geeignet Binder Stärke + wasserbasierte Bindemittel; Geschwindigkeit Beschränkte Material > 10.000 € Jetting (BJ) PMMA + wachsbasiertes Bindemittel; Anschaffungs auswahl Metalle (Edelstahl, Bronze, Inconel) + kosten Präzision Bronze oder Kunststoffe; Sand + Kunststoffe; Keramik + Kunststoffe Mehrfarbige Verarbeitungsqualität oder Metalle Objekte möglich Festigkeit (Bruch empfindliche Objekte) Sheet Papier; Metalle; Kunststoffe; Keramiken Mehrfarbige Oberflächenqualität > 10.000 € L amination O bjekte möglich Verarbeitungsqualität Processes (SL) (Papier) Nachbearbeitung Directed Ener- Metalle; Kunststoffe; Keramiken Reparatur von siehe PBF siehe PBF gy Deposition B auteilen möglich Processes siehe PBF (DED) Quelle: Gibson et al. 2015, Hagl 2015 und Expertengespräche auf der Inside 3D printing conference 2015 Trendbeschreibung 15
2.3 Markt 3D-Druck Der weltweite Umsatz von 3D-Druck-Produkten – hierzu gehören 3D-Drucker, Material, Zubehör, Software und Dienstleistungen, die zur Herstellung von im 3D-Druck gefertigten Produkten eingesetzt werden – ist zwischen 2003 und 2013 von 529 Millionen auf 3,07 Milliarden US-Dollar gestiegen (Harhoff und Schnitzer 2015). Die Ergebnisse verschiedener Studien (Krämer 2014a; Krämer 2014b; Krämer 2015; Condemarin 2015) erlauben Aus- sagen zu Entwicklungen auf dem 3D-Druck-Markt. Grund sätzlich unterliegen Marktentwicklungsstudien größerer Unsicherheit aufgrund der verwendeten Methodik (bei- spielsweise Trendextrapolationen). Alle hier zitierten Stu dien gehen jedoch von einem Wachstum des 3D-Produkt- Abbildung 3 verdeutlicht den bisher beobachtbaren An- Marktes aus und widersprechen sich zumindest nicht. stieg der verkauften 3D-Drucker. Für 2016 wurde ein Wachstum der Anzahl der verkauften Geräte weltweit Für das gesamte Marktvolumen (also inklusive Geräte, auf rund 500.000 angenommen, was einer Verdoppe- Material und Dienstleistungen sowie Zubehör) wurde lung der 2015 verkauften Geräteanzahl entspräche. Bis ausgehend vom Jahr 2013 für die folgenden fünf Jahre 2019 sollen dann ca. 5,6 Mio. Geräte weltweit im Einsatz ein durchschnittliches jährliches Wachstum von sein (Krämer 2015). Wie Abbildung 3 gleichzeitig zeigt, 45,7 Prozent geschätzt, womit im Jahr 2018 ein Wert handelt es bei den derzeit eingesetzten Systemen zum von ca. 16 Mrd. US-Dollar erreicht werden würde weit überwiegenden Teil um Desktop Systeme. Desktop- (Krämer 2014b).¹¹ Von den für 2018 geschätzten Systeme sind als Systeme definiert, die weniger als 16 Mrd. US-Dollar entfallen ca. 5,4 Mrd. US-Dollar 5.000 Dollar kosten, und werden vor allem in kleinen auf Geräte und etwa 10,8 Mrd. US-Dollar auf Dienst Unternehmen (z. B. im Design- und Architekturbereich, leistungen und Materialien (Krämer 2014b). Einer ande- sowie bei Dienstleistern), der Forschung und der Bildung ren Studie zufolge soll bis 2020 das Marktvolumen auf eingesetzt. Die industriellen Systeme machen nur einen etwa 17,2 Mrd. US-Dollar wachsen (Condemarin 2015). kleineren Anteil aus. Abbildung 3: Global verkaufte Desktop AM Systeme (< 5.000 $) versus Industrielle AM Systeme 160.000 Industrielle Drucker Desktop Drucker 139.584 140.000 Anzahl verkaufter 3D-Drucker 120.000 100.000 80.000 72.503 60.000 40.000 35.508 24.265 20.000 9.832 12.850 6.171 5.978 6.516 7.781 0 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Wohlers (2015) ¹¹ Die Autoren gehen hier von einem etwas anderen Ausgangswert als die eingangs genannten Zahlen aus: Sie schätzen das gesamte Marktvolumen für 2013 auf 2,5 Milliarden US$. 16 Trendbeschreibung
Interessant ist bei der Betrachtung von Abbildung 3 auch, Mit Blick auf die industrielle Anwendung ist der Vergleich dass der Anstieg der Anzahl der industriellen Drucker zu Industrie-Spritzgießmaschinen am interessantesten, deutlich geringer ausgeprägt ist als der Anstieg für da dieses Produktionsverfahren dem 3D-Druck in Teilen Desktop Systeme. Von einer wirklich rapiden Zunahme ähnelt (beispielsweise durch die eingesetzten Druck des 3D-Drucks kann man nur im Bereich der Desktop materialien – Kunststoffe). Die Zahl der weltweit ver- Systeme reden. Die Wachstumsraten im Industriebe- kauften Industrie-Spritzgießmaschinen wird für 2016 reich sind hoch, aber nicht gänzlich außergewöhnlich. beispielsweise auf mehr als 100.000 Einheiten geschätzt Zu beachten ist dabei allerdings, dass die Wachstums (Reportlinker 2017), weit mehr also als die Anzahl der raten des 3D-Drucks in einzelnen Branchen recht unter- industriellen 3D-Drucker. Gleichzeitig kann man nicht schiedlich ausfallen werden, wie die folgende Abbil- feststellen, dass der Spritzguss vom 3D-Druck verdrängt dung 4 verdeutlicht. So wird geschätzt, dass der Einsatz würde. Die Wachstumsraten des Kunststoff-Spritzgusses in der Energiewirtschaft beispielsweise um insgesamt alleine werden für 2015 bis 2020 auf ca. 5 Prozent ge- 30 – 35 Prozent im Zeitraum 2014 bis 2020 zunimmt (in schätzt (Magenta 2016). der Energiewirtschaft wird der 3D-Druck eingesetzt, um z. B. Bauteile und Leiter herzustellen). Noch deutlicher wird die Position des 3D-Drucks im Rahmen der industriellen Fertigungsverfahren im Ver- Die bisher genannten Zahlen für den 3D-Druck sollten gleich zum weltweiten Markt für den Maschinenbau. für die richtige Einordnung im Vergleich zu anderen 2014 betrug allein der Weltmaschinenhandel ca. 942 ähnlichen Märkten gesehen werden. Gemessen etwa am Milliarden Euro (VDMA 2016). Dies macht deutlich, dass Handel mit Papierdruckern, Kopierern und Multifunk der 3D-Druck noch einen Nischenmarkt darstellt. tionsgeräten sind die Zahlen für Desktop 3D-Drucker noch eher gering: 2014 wurden dort beispielsweise ca. Die skizzierte Situation (ausgehend von einer niedrigen 105 Millionen Einheiten verkauft, das heißt ca. 750 Mal Ausgangsposition mit sehr starkem Wachstum in so viele Einheiten wie im Jahr 2014 verkaufte 3D-Druck bestimmten Bereichen) spiegelt sich auch bei den Desktopgeräten (Mitani und Lam 2015). eingesetzten Materialien wider. Prognosen für das Abbildung 4: Geschätzte gesamte Wachstumsraten für ausgewählte Branchen (2014 – 2020) Energiewirtschaft 35 % 30 % Schmuckdesign 30 % 25 % Medizintechnik, Prothetik, 25 % Dentaltechnik, medizinische Hilfsmittel 20 % Andere 25 % 20 % Maschinenbau 20 % maximal (inklusive Baugewerbe) 15 % minimal Luft- und Raumfahrtindustrie 20 % (inklusive Rüstungsindustrie) 15 % Automobilindustrie 20 % 15 % Quelle: Condemarin (2015) Trendbeschreibung 17
Marktvolumen von thermoplastischem Kunststoff, dem Produkte, die im 3D-Druckverfahren hergestellt werden, bisher populärsten Druckmaterial, liegen bei einer Mil lassen sich in ihrer Mehrheit den folgenden Branchen liarde US-Dollar im Jahr 2025, wobei der Preis pro kg zuordnen (nach Marquardt 2014): sinken wird. Zusammengenommen wird bis 2025 für ▸▸ Automobilindustrie die sieben zurzeit meist verwendeten Materialien ein Marktvolumen von rund 8 Mrd. US-Dollar geschätzt ▸▸ Architektur, Möbelindustrie, Design und Kunst (Gordon und Harrop 2015). Diese Materialien sind: Pho- ▸▸ Elektrotechnik- und Elektronikindustrie topolymere, Thermoplaste, Thermoplastpulver, Metall- pulver, Metalle, Gips, Sand und Bindemittel. In Zukunft ▸▸ Film- und Unterhaltungsindustrie werden noch stärker Silikon, Biomaterial, Kohlefaser, ▸▸ Luft- und Raumfahrtindustrie Regolith, Keramik, Graphene und elektrisch leitende Metalle hinzukommen. Ferner werden vor allem Ver- ▸▸ Medizintechnik, Prothetik, Dentaltechnik, bundwerkstoffe in Zukunft an Bedeutung gewinnen medizinische Hilfsmittel (Gordon und Harrop 2015). Im Vergleich zum Marktvo- ▸▸ Nahrungsmittelindustrie lumen für Kunststoffe, die für das Spritzgießverfahren eingesetzt werden, relativieren sich auch diese Zahlen ▸▸ Rüstungsindustrie wiederum. Bis 2022 wird hier von knapp 300 Milliarden ▸▸ Sportgeräteindustrie US-Dollar ausgegangen (Newswire 2016). ▸▸ Spielwaren- und Game-Industrie 2.4 Zentrale Akteure und Anwendungsfelder ▸▸ Textil- und Bekleidungsindustrie Die Anwendungsbereiche des 3D-Drucks können im Im Rahmen einer Online-Befragung der SMS Research Wesentlichen in industrielle, private und experimentelle Advisors, an der sich 700 Anwender aus dem Bereich Anwendungen unterteilt werden. Während der Reife- des 3D-Drucks in Nordamerika beteiligten (stratasys grad der Technologie für die industrielle Fertigung in Direct Manufacturing 2015), wurden die zentralen vielen Anwendungsbereichen bereits weit fortgeschrit- Berufsprofile, Branchen und Anwendungsfelder für ten ist, befindet sich die Konsumentenfertigung und die Wirtschaft dargestellt. Der Großteil der Umfrage das Bioprinting noch in einem frühen technologischen teilnehmer waren Ingenieure, wobei 60 Prozent aller Stadium (Harhoff und Schnitzer 2015). Teilnehmer in Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von weniger als 50 Mio. US-Dollar beschäftigt Industrielle Anwendungen umfassen momentan noch waren (siehe Abbildung 5). vor allem Kleinserien, Ersatzteile und den Bau von Pro- totypen, aber auch die Einbindung des 3D-Drucks in die Abbildung 5: Produktion von Großserien wird bereits diskutiert. Da die Prozessketten von Großserien jedoch eine hohe Kom- Berufsprofile von 3D-Druckanwendern plexität aufweisen und auf herkömmliche Produktions- (N=700) in Unternehmen verfahren hin optimiert sind, ist eine Integration des 3D-Drucks in solche Prozessketten wahrscheinlich mit Ingenieur 47 % hohen Investitionskosten verbunden. Zudem würde eine solche Integration die Umgestaltung etablierter und er- Designer 15 % probter Prozessketten erfordern. Führungskraft 14 % Andere 13 % Projektmanager 9% Quelle: angepasst nach stratasys Direct Manufacturing 2015 18 Trendbeschreibung
Als zentrale Branchen wurden die Konsumgüterindus Der 3D-Druck wird es zukünftig erlauben, auf indivi trie, die medizintechnische Industrie, die Luft- und duelle Konsum- und Produktbedürfnisse besser einzu- Raumfahrtindustrie, die Automobilindustrie und die gehen, wie z. B. im Bereich der Medizintechnik. Hier Energiewirtschaft benannt (siehe Abbildung 6). wird ein großes Potenzial, z. B. für passgenaue Implan- tate und Prothesen gesehen. Einige Produkte, wie etwa Abbildung 6: Hörgeräte und Zahnersatz, werden bereits heute größ- Branchenbezogene Nutzung des 3D-Drucks tenteils im 3D-Druck hergestellt (Harhoff und Schnitzer aktuell oder in den kommenden 3 Jahren 2015). Solche personalisierten Produkte, bei denen auf die individuelle Passfähigkeit und den Komfort beson- ders eingegangen werden kann, können eine Antwort Konsumgüterindustrie 26 % auf die eingeschränkte Einsatzfähigkeit standardisierter Massenprodukte darstellen. Medizinische Industrie 15 % Zudem werden 3D-Drucker zunehmend für private Nut- Luft- und zer erschwinglich. Insbesondere Drucker, die auf Basis 11 % Raumfahrtindustrie von Fused Deposition Modelling (FDM) arbeiten, werden bereits für unter € 1.000 angeboten. Dies versetzt die Automobilindustrie 8% privaten Nutzer in die Lage, Produkte selber zu entwer- fen, herzustellen und gegebenenfalls zu vertreiben. Energiewirtschaft 6% Quelle: angepasst nach stratasys Direct Manufacturing 2015 Die wichtigsten Anwendungsfelder waren Konzeption und Design, Functional prototyping, Fertigungstechnik, Materialien und Prozesse, Beschaffungsstrategien und Logistik (siehe Abbildung 7). Abbildung 7: Anwendungsbezogene Nutzung des 3D-Drucks aktuell oder in den kommenden 3 Jahren Bisher nutzen insbesondere Privatpersonen den 3D- Konzept und Design 77 % Druck, die dem sogenannten „Maker Movement“ zuge- ordnet werden können. Das Maker Movement ist eine Functional prototyping 68 % Subkultur, die dem Selbermachen (Do-It-Yourself) verbunden ist. In dieser Gruppe agieren vor allem früh- Fertigungstechnik 40 % zeitige Technologieanwender, die digitale Werkzeuge und Software nutzen, um Produkte zu entwerfen oder Materialien und Prozesse 37 % Prototypen herzustellen. Sie arbeiten vorwiegend in (Online-)Communities zusammen und teilen ihre Ergeb- Beschaffungsstrategien nisse und Entwürfe im Sinne einer Open Source-Kultur 29 % und Logistik (Harhoff und Schnitzer 2015). Die Größe des deutschen und internationalen „Maker Movements“ lässt sich ak- Management 25 % tuell nicht beziffern, doch angesichts der Tatsache, dass selbst in Städten, die nicht als Metropolen gelten dürf- Andere 4% ten, inzwischen sogenannte „FabLabs“ (Fabrikations labore) und ähnliche Einrichtungen zum gemeinsamen Quelle: angepasst nach stratasys Direct Manufacturing 2015 Selbermachen mittels 3D-Druck und ähnlicher Geräte existieren, ist gegenwärtig von einer zwar immer noch nischenhaften, aber wachsenden Bewegung auszugehen. Trendbeschreibung 19
Die Politik spielt als Akteur im Bereich 3D-Druck vor al- Um die Forschungsaktivitäten zum 3D-Druck einzu- lem als Fördermittelgeber eine Rolle.¹² In Deutschland schätzen, wurden die wissenschaftliche Forschung an findet die Förderung des 3D-Drucks insbesondere im Hochschulen und die Forschungs- und Entwicklungs Kontext spezifischer Anwendungsbereiche statt. Der tätigkeiten außeruniversitärer wissenschaftlicher Ein- 3D-Druck wird im Rahmen der institutionellen Förde- richtungen und Unternehmen betrachtet. Um zu einer rung sowie der Projektförderung des Bundes unter- Einschätzung zu gelangen, wurden die Anzahl der Pub- stützt, in erster Linie durch das Bundesministerium für likationen zu 3D-Druck in Fachmagazinen und der an- Bildung und Forschung (BMBF). Die Ziele der beiden gemeldeten PCT-Patentfamilien ausgewählt. Weltweit a ktuellen Fördermaßnahmen des BMBF, nämlich hat sich die Anzahl der jährlich publizierten Fachartikel (i) „Additiv-Generative Fertigung – Die 3D-Revolution mit einem Schwerpunkt im Bereich 3D-Druck wie auch zur Produktherstellung im Digitalzeitalter“ (Laufzeit: die Anzahl der jährlich angemeldeten PCT-Patentfami 2013 – 2020; Gesamtbudget: € 45 Mio.) und (ii) lien von 2000 bis 2012 mehr als verdreifacht (siehe „ Additive Fert igung-Individualisierte Produkte, Abbildung 8). komplexe M assenprodukte, innovative Materialien“ (ProMat_3D) (Bekanntmachung aus dem Jahr 2015), Zum 3D-Druck publizierten zwischen 2000 und 2014 sind: vor allem Wissenschaftler/innen aus den USA, China und Deutschland (Harhoff und Schnitzer 2015). Drei ▸▸ die Entwicklung des 3D-Drucks zu einer Schlüssel- technische Hochschulen in Deutschland zählen zu den technologie, Top 30 der bedeutendsten Forschungseinrichtungen im ▸▸ der Aufbau nachhaltiger Netzwerkstrukturen, Bereich 3D-Druck: die Technische Universität München, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen und die ▸▸ die messbare Steigerung der Exportnachfrage, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen ▸▸ die Positionierung Deutschlands als Leitanbieter (Harhoff und Schnitzer 2015). Auf Grundlage der analy- und sierten Forschungsprojekte und angesichts der aktuellen förderpolitischen Zielsetzungen in Deutschland kann ▸▸ das Vorantreiben der Produktions- und Material davon ausgegangen werden, dass der Schwerpunkt forschung. der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem 3D-Druck stark ingenieurswissenschaftlich geprägt ist. Die Zusammenhänge zwischen Forschungs- und Inno- vationspolitik sowie deren Wirkungen sind oftmals nur Abbildung 8: zeitlich verzögert wahrnehmbar. Um die langfristigen Zahl der Patentanmeldungen und wissen- Implikationen aktueller Fördermaßnahmen darzustel- schaftlichen Veröffentlichungen zu 3D-Druck len, wurden drei wichtige Datenbanken (UBA, DFG so- wie die Förderkataloge des BMBF, BMUB, BMWi, BMEL Patentanmeldungen 1.506 1.471 und BMVI) zum Thema 3D-Druck ausgewertet. Unter Publikationen den 30 geförderten Projekten (abgeschlossen oder noch laufend) im Bereich 3D-Druck sind die Ingenieurwissen- 1.148 schaften besonders stark vertreten. Es zeigt sich jedoch, dass auch die Sozial-, Umwelt- und Wirtschaftswissen- schaften eine wichtige Rolle spielen. Die Themen Nach- 818 haltigkeit und Ressourceneffizienz sind zwar weit we niger stark vertreten als beispielsweise Materialien und Werkstoffe, werden jedoch im Bereich der Inge 477 431 nieurswissenschaften bereits bearbeitet (Richter und Wischmann 2016). 2000 2006 2012 Quelle: Harhoff und Schnitzer 2015 ¹² Die 3D-Druckförderung in Deutschland geschieht auch über EU-Mittel (beispielhaft genannt sei hier das EU-geförderte Projekt „Performance“, an dem auch deutsche Unter nehmen und Universitäten beteiligt waren). Eine Auswertung aller europäischen Projekte mit 3D-Bezug konnte im Rahmen dieses Trendberichts nicht geleistet werden. 20 Trendbeschreibung
3 Abschätzung der Be- und Entlastungen des 3D-Drucks „Schon ihrer Natur nach sind 3D-Drucker eine nachhal 3.1 Direkte Umweltauswirkungen tige Technologie, bezahlbare Produkte können mithilfe von 3D-Systems Drucker folglich effizient hergestellt wer- Produktionsverfahren wirken direkt auf die Umwelt ein. den – Schicht um Schicht, während nur die notwendigen Energie wird aufgewendet, Werkstoffe und damit Roh- Materialien für jedes Teil genutzt werden, mit geringstem stoffe werden eingesetzt und Schadstoffe freigesetzt. Materialverlust und energieeffizientem Prozess.“ (über- Gleiches gilt für den 3D-Druck: Umweltbelastungen setzt nach 3D Systems 2015) entstehen, wie in Kapitel 2 dargestellt, unter anderem durch die Art des Druckverfahrens, die eingesetzten Eine weitverbreitete Auffassung ist, dass der 3D-Druck Materialien sowie die Art der Nutzung des 3D-Drucks. Ressourcen schont, Energie spart und Produktion und Alle drei Bereiche werden nachfolgend eingehender Konsum nachhaltiger gestaltet (siehe beispielsweise u ntersucht. Campbell et al. 2011; Chen et al. 2015; Mani et al. 2014). Diese Sichtweise wird im Folgenden einer kritischen 3.1.1 Druckverfahren und systematischen Überprüfung unterzogen. Unter- „Man muss 3D-Drucker genau betrachten, einen Schritt sucht werden die direkten und indirekten Effekte auf zurücktreten und begreifen, dass sie kleine Fabriken in die Umwelt sowie Umweltimplikationen aus dem Inno- einer Box sind“ (übersetzt nach University of California, vationspotenzial des 3D-Drucks. Dargestellt werden Riverside 2015) nur die relevanten Ergebnisse der drei Methoden (siehe Kapitel 1 für eine genauere Beschreibung der Methodik). Die verschiedenen 3D-Druckverfahren wirken sich nur Insgesamt entsteht so ein umfassendes Bild der Umwelt auf bestimmte Umwelt-Wirkkategorien in nennenswer- auswirkungen des 3D-Drucks. tem Maße aus. Wie das Assessment-Verfahren ergab, Abbildung 9: Facetten des 3D-Drucks Direkte Indirekte Umweltauswirkung des Umweltauswirkung Umweltauswirkung Innovationspotenzials Quelle: siehe Bilderverzeichnis, Kapitel 7 Abschätzung der Be- und Entlastungen des 3D-Drucks 21
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