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Abteilung Naturförderung Bericht 2019 LANAT Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern Abteilung Naturförderung März 2020
Impressum Herausgeberin Amt für Landwirtschaft und Natur Abteilung Naturförderung info.anf@be.ch, www.be.ch/natur Redaktion & Layout Erwin Jörg ISSN 2235-2392 (Print) ISSN 2235-2716 (Internet) Druck Publikation Digital AG, Biel/Bienne www.publikation-digital.com Gedruckt auf «Everprint Premium», 100 % Recycling Titelbild: Nebst vielen anderen gefährdeten und/oder geschützten Organismen profitiert auch der Ohnsporn (Aceras anthropophorum) vom Sachplan Biodiversität. März 2020 Dieser wird auf Seite 38 näher vorgestellt. (Foto: Urs Känzig-Schoch) 2/52
Vorwort «Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.» Winston Churchill Im letzten Jahresbericht habe ich mich über die Schwierigkeiten Ausser dem aufgehobenen Beamtenstatus, den wechselnden beim Schreiben von Vorworten ausgelassen. Deshalb habe ich Direktionsnamen und den damit einhergehenden Verwaltungsre- dieses Jahr «Inspiration» in den Vorworten meiner Vorgänger ge- formen scheint im staatlichen Naturschutz der letzten 40 Jahren sucht. Im Jahresbericht von 1980 wurde ich fündig. vieles unverändert geblieben zu sein… Dort schreibt Denis Forter einleitend: Mindestens einen etwas grösseren Vorwärtsschritt konnten wir «Bereits in der Einleitung zum letzten Tätigkeitsbericht habe ich 2019 machen. Der Regierungsrat hat Ende August 2019 den festgestellt, dass die Erfolge im Naturschutz meistens weder Sachplan Biodiversität verabschiedet und in Kraft gesetzt (vgl. mess- noch sichtbar sind. Sogar der gesicherte Schutz eines S. 38 des Jahresberichts). Es braucht aber noch viele solcher bedrohten Lebensraumes verspricht nicht unbedingt den Fort- Schritte, um dem gesetzlichen Auftrag endlich gerecht zu wer- bestand aller darin vorkommenden Pflanzen und Tiere. Wissen- den. schaftliche Untersuchungen über den Erfolg von Naturschutz- arbeit sind immer noch sehr selten. Aufgrund ihrer ökologischen Ausgewählte Beispiele solcher Schritte und Schrittchen findet Ausbildung und Erfahrung wirken die Naturschutzbeamten jedoch Ihr auf den folgenden Seiten. Sie zeugen vom täglichen grossen mit bestem Wissen und Gewissen, auch wenn sie sich meistens Engagement der «Naturschutzbeamten» der Abteilung Naturför- viel eingehender mit den ihnen gestellten Aufgaben beschäftigen derung. Ihnen und auch allen anderen, die sich beruflich oder als möchten. Wir glauben fest an unseren Auftrag zugunsten der Na- Freiwillige für den Erhalt der Biodiversität und Ökosystemleistun- tur – und damit auch des Menschen, sogar wenn unsere Tätigkeit gen einsetzen, möchte ich an dieser Stelle herzlich danken. An zermürbend und mit Enttäuschungen verbunden sind: allzu oft Herausforderungen wird es auch 2020 nicht fehlen. Ein spezieller wird auch der staatliche Naturschutzbeamte als Sand im gutfunk- Dank gilt Erwin Jörg. Seit 1994 profitiert der Berner Naturschutz tionierenden Getriebe unserer Gesellschaft empfunden. von seinem Engagement und die Mitarbeitenden von seiner Hilfs- Es kommt immer wieder vor, dass auch uns «professionellen» bereitschaft. Nun geht er in Pension (nicht in den Ruhestand) und Naturschützern Sturheit oder Extremismus vorgeworfen wird. Im layoutet letztmals unseren Jahresbericht. Un grand merci, cher Verlaufe der Verhandlungen lassen sich solche Meinungen glück- Erwin! licherweise meistens korrigieren. In diesem Zusammenhang gilt es aber doch zu bedenken, dass die Natur in der Vergangenheit, Wie immer haben wir auch diesmal die wichtigsten Kennzahlen in einigen Fällen auch heute noch, mit ebenso viel Sturheit und zu den Ressourcen (Mitarbeitende, Einnahmen und Ausgaben Extremismus verschandelt oder zerstört wurde. usw.) und Aufgaben (Naturschutzgebiete, Inventarobjekte, Natur- Bei dieser auch seelisch oft belastenden Arbeit ist es für uns schutzverträge, Mitberichte usw.) zusammengestellt. Interessier- Beamte des Naturschutzinspektorates [heute: Abteilung Na- te finden diese ab Seite 42. turförderung] gut zu wissen, dass uns der Forstdirektor immer unterstützt und uns ein ausserordentliches Mass an Vertrauen Urs Känzig-Schoch entgegenbringt, auch wenn er naturgemäss oft schwierige Ziel- konflikte zwischen den verschiedenen Interessen der Forst- und Landwirtschaftsdirektion zu beurteilen hat.» 3/52
Inhaltsverzeichnis Impressum 2 Vorwort 3 Inhaltsverzeichnis 4 Schwerpunktthemen 5 «Ich bin dann mal weg» 5 Weitere Dinosaurier-Trampelpfade in Moutier entdeckt 6 Pilotprojekt «Patenschaft für neophytenfreie Flächen» der Stadt Bern 8 Jäten für die Artenvielfalt 10 Erfolgskontrolle «Hechtteiche Täuffelen» 14 Ersatz Schwemmholzzaun und Aufwertungsmassnahmen in der Flachwasserzone des NSG Gwattlischenmoos 16 Flechtentrouvaillen im Gebiet der Tourbière La Sagne bei Bellelay (Saicourt) 18 Ex situ-Erhaltung – Einige Überraschungsmomente beim Samen sammeln 19 Selhofenzopfen ein Paradies für Spinnen und Co. 20 Bestandeserhebung Libellen im Gantrisch 21 Erfolgreiches Artenförderprojekt für den Weberbock 22 Projet de conservation de Poecilium glabratum (Coleoptera, Cerambycidae) dans le Jura bernois 23 Aktionsplan Sandnistende Wildbienen 24 Das Nördliche Platterbsen-Widderchen – Förderung eines besonderen Blutströpfchens im Lütschinental 25 Fledermäuse in Brücken 26 Nutzungskontrolle von Weiden auf Inventarflächen Feuchtgebiete und Trockenstandorte 27 Profigruppe Biodiversität in der Landwirtschaft 28 «Chrampfen» für die Natur 32 Förderung artenreicher Rebbergvegetation 34 Merkblatt Kleinstrukturen 36 Sachplan Biodiversität 38 Zahlen und Fakten 42 Ressourcen 42 Personal 42 Finanzen 2019 44 Aufgaben 46 Anzahl Schutzgebiete und Schutzobjekte 46 Aufwertungs- und Pflegearbeiten 46 Vollzug von Inventaren 46 Bundesinventare mit Schutzbeschluss 46 Inventare mit Bewirtschaftungsverträgen 47 Bewirtschaftungsverträge Naturschutz 47 Pufferzonen um Flachmoore und Feuchtgebiete (PUZO) 47 Erhalt und Förderung der Arten 48 Beiträge für Biodiversitätsförderflächen und Landschaftsqualität 48 Amts- und Fachberichte 49 Fachkommission Biodiversität 50 «Wer weiss, was er übersehen darf, gewinnt an Weit- und Übersicht.» Ernst Ferstl, Lehrer und Schriftsteller 4/52
Schwerpunktthemen «Ich bin dann mal weg» «Ich bin dann mal weg» ist der Titel eines Buches von Hape Kerkeling. Er beschreibt darin seine Pilgerreise nach Santiago de Compostela. Im Gegensatz zu Kerkeling, der von seiner Rei- se zurückgekehrt ist, habe ich, wenn Sie diese Zeilen lesen, die ANF bereits für immer verlassen. Ich bin jetzt im Ruhestand und geniesse die freie Gestaltung meiner Zeit. Insgesamt war ich über 25 Jahre für den kantonalen Naturschutz tätig. In dieser Zeit hat der Naturschutz verschiedene Hochs und Tiefs durchgemacht über die wir jeweils in den Jahresberichten der ANF orientieren konnten. Sie geben einem grösseren Publi- kum einen Einblick in unsere vielfältigen Tätigkeiten und Projekte, die wir im entsprechenden Jahr durchgeführt haben. Im Jahr 2010 durfte ich die Redaktion dieser Jahresberichte über- nehmen und seit nun fünf Jahren gehörte auch die Gestaltung des Layouts zu meinen Aufgaben. Ich bedanke mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinen Kol- leginnen und Kollegen für die interessanten und anschaulichen Artikel, welche exemplarisch die wertvollen Einsätze zu Gunsten der Natur beschreiben. Diese Einblicke machen den Jahresbe- richt besonders lesenswert. Und nun bin ich also glücklich pensioniert. Ich führe unseren Haushalt, pflege und aktualisiere weiterhin meine Homepage über invasive Neophyten (www.neophyt.ch) und freue mich, mitten in der Woche auf Wanderungen mit guten Freunden unsere wun- derbare Natur geniessen zu können. Ich wünsche Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser und Euch meine lieben Kolleginnen und Kollegen, beruflich und privat weiterhin alles Gute! Erwin Jörg, Pensionär «Wenn du Rentner wirst, gilt es ein internes Kommunikations-Problem zu lösen. Dein Kopf sagt dir: ‹Endlich kannst du tun, was du willst.› Jetzt musst du nur noch deinem Körper klarmachen, dass er will, was du tust.» KarlHeinz Karius, Autor und Verleger 5/52
Weitere Dinosaurier-Trampel- pfade in Moutier entdeckt Schwerfällig bewegt sich eine Gruppe mächtiger Riesensaurier durch eine feuchte Senke und hinterlässt deutliche Spuren. Es ist Erdmittelalter, später Jura. Schon seit einiger Zeit existieren Dino- saurier. Im Laufe der Zeit entwickelten sie sich zu immer grösse- ren Tieren. 2017: Im Steinbruch Côte Picard in der Gemeinde Moutier wer- den Saurierfährten mit grosser Ausdehnung entdeckt. Durch Zu- fall blieben die Trittsiegel erhalten. Im Verlauf der Jahrmillionen dauernden Alpenfaltung wurde die Fährtenplatte fast senkrecht aufgestellt und die Spuren sind jetzt im Steinbruch an der hinte- ren Wand sichtbar. Die Fährten verlaufen von rechts unten nach links oben. Die meisten der Spuren sind Hinterfussabdrücke und einige wenige stammen von Vorderfüssen. Sie haben eine ein- drückliche Länge von etwa 1.5 Meter und eine Breite von rund einem Meter. Der Erhaltungszustand ist sehr schlecht. Die Spuren sind verwit- tert und zum Teil wieder verfüllt. Der Fährtenleger ist schwer zu identifizieren. Aufgrund der Art der Trittsiegel und deren Grösse handelt es sich um pflanzenfressende Sauropoden, die allenfalls aus der Familie der Brachiosauriden wie der Giraffatitan oder der Brachiosaurus stammen. Rekonstruktion eines Giraffatitan nach einem Skelett im Museum für Naturkunde Versteinerte Saurierspuren. Man beachte zum Grössenvergleich die Person am Berlin, Deutschland. (Quelle: Dmitry Bogdanov, Wikipedia) rechten Bildrand. (Foto: Philippe Weber) 6/52
Mit dieser Fundstelle wird die Existenz von riesigen Sauropoden im Schweizer Jura bestätigt. Gemäss Gutachten von Matteo Belvedere haben die ausseror- dentlich grossen Sauropodenspuren leider kein wissenschaftli- ches, aber ein gutes Bekanntmachungspotenzial. Aufgrund ihrer Grösse und Tiefe sind sie gut zu erkennen und aus der Ferne kann man die Anordnung und Richtung der Wege sehen. Ob und wie die Gesteinsplatte erhalten wird, ist Gegenstand von weiteren Abklärungen. Yvonne Stampfli Eindrückliche Dimension der Trittsiegel. (Foto: Yvonne Stampfli) Versteinerte Saurierspuren: eine Zufallsentdeckung. (Foto: Nadine Sandau) 7/52
Pilotprojekt «Patenschaft für neophytenfreie Flächen» der Stadt Bern Eine der grössten Bedrohungen der Biodiversität sind invasive, Im Rahmen der Freiwilligenarbeit führt Stadtgrün Bern seit 2017 gebietsfremde Organismen. Deshalb hat sich die Stadt Bern 2016 das Pilotprojekt «Patenschaft für neophytenfreie Flächen». Frei- mit ihrer Neophytenstrategie das Ziel gesetzt, mit effizienten Me- willige übernehmen als Patinnen oder Paten die Verantwortung thoden die Bestände invasiver Neophyten auf dem Stadtgebiet für eine für sie geeignete Fläche. Wer eine Patenschaft eingeht, zu reduzieren. Für die konkrete Umsetzung wurde eine Stelle für entfernt während mindestens einer Vegetationsperiode regelmäs- die Koordination «Neophytenbekämpfung und Freiwilligenarbeit» sig, freiwillig und unentgeltlich alle invasiven Neophyten und ent- geschaffen. Als Kompetenzzentrum steht sie der Öffentlichkeit als sorgt sie fachgerecht. Eine Patenschaft können Einzelpersonen, Auskunftsstelle für alle Fragen zur Neophytenproblematik zur Ver- Gruppen, aber auch ganze Vereine übernehmen. Zusätzlich bie- fügung. Sie motiviert und sucht Kooperationen mit allen Grundbe- tet Stadtgrün Bern während der Vegetationsperiode zwei bis drei sitzern auf Stadtgebiet, um eine flächendeckende Eindämmung freiwillige Gruppeneinsätze pro Woche auf Abruf an. Als Wert- invasiver Neophyten zu erreichen. Sie akquiriert, betreut und ko- schätzung der Arbeit bietet die Stadt Weiterbildungsanlässe, Frei- ordiniert Freiwillige, die sich in der Stadt Bern für neophytenfreie willigentreffen und die Ausstellung einer Arbeitsbestätigung an. Flächen einsetzen wollen. Zudem organisiert sie regelmässige Die Bevölkerung wurde aktiv auf die Patenschaften aufmerksam Gruppeneinsätze für Freiwillige, führt vier Zivildienstleistende im gemacht. Z.B. mittels Plakaten, die direkt an einem besonders Einsatz gegen invasive Neophyten und koordiniert die Einsätze betroffenen Ort wie entlang von Waldwegen aufgehängt wurden. für Asylsuchende. Knöterichstandort Eymatt, 13. Mai 2016, vor der Bekämpfung: Grosser Bestand mit Staudenknöterich (Reynoutria japonica). (Foto: Rosmarie Kiener) 8/52
Knöterichstandort in der Eymatt, Ansicht von vorne, 30. Juli 2019, nach den Be- kämpfungsmassnahmen. Der Standort wird wieder von einheimischen Sträuchern Dank dem unermüdlichen Einsatz von Patinnen und Paten hat an und Pflanzen dominiert. Zivildienstleistende haben zu Beginn alle Wurzeln und Rhizome bis zu einer Tiefe einigen Standorten der Japanische Staudenknöterich (Reynoutria von 30 cm ausgegraben. Eine Patin hat danach in einem Abstand von ca. zwei japonica) schon wesentlich abgenommen. Die Freiwilligen entfer- Wochen alle nachgewachsenen Triebe entfernt, um den Knöterich auszuhungern. nen die nachgewachsenen Triebe alle zwei Wochen, um damit Standgrün Bern hat zusätzlich einige einheimische Sträucher gesetzt, um die Fläche natürlich zu beschatten. Die vereinzelt wachsenden Triebe des Japanischen Stau- die Pflanze auszuhungern. Aber auch auf grossen Flächen, wie denknöterichs werden weiterhin regelmässig von einer Patin entfernt. beim Zentrum Paul Klee oder dem Weissenstein Park, die vom (Foto: Rosmarie Kiener) Einjährigen Berufkraut (Erigeron annuus) dominiert waren, finden Aber auch über eine Standaktion anlässlich des Wildpflanzen- heute einheimische Arten wieder ihren Platz. marktes in Bern und über die Verteilung von Flyern in allen Brief- Freiwillige im Einsatz pflegen nicht nur ihre Flächen, sie sind auch kästen zweier Quartiere. Von Familien, Paaren, Studentinnen und Multiplikatoren für die Sensibilisierung der Bevölkerung. Auch Studenten, Arbeitslosen, Pensionierten und von Kindern bis hin zu durch die positive Resonanz in den Medien konnte das öffentliche über 90-Jährigen sind alle bei den Freiwilligeneinsätzen vertreten. Interesse noch weiter geweckt werden. Im Jahr 2017 wurden 47 Patenschaften übernommen, während Es hat sich gezeigt, dass das grosse und verantwortungsvolle En- es im Jahr 2019 bereits über 150 waren. Die Anzahl aller geleiste- gagement der Patinnen und Paten für neophytenfreie Flächen der ten Arbeitsstunden betrug 2017 noch um die 1100 Stunden. Bis Schlüssel zu einer wirkungsvollen, kostengünstigen und langfris- Ende 2019 hat sich diese Zahl fast verdoppelt. Dieser Erfolg zeigt, tigen Eindämmung invasiver Neophyten ist. Stadtgrün Bern plant wie wichtig es der Bevölkerung ist, etwas für die Natur zu tun. deshalb das Projekt «Patenschaft für neophytenfreie Flächen» im Jahr 2020 weiter auszubauen. Rosmarie Kiener, Stadtgrün Bern, Koordination Neophytenbekämpfung und Freiwilligenarbeit 9/52
Jäten für die Artenvielfalt Die ANF lancierte 2017 mit Unterstützung des BAFU das Pro- Rebparzellen und Ausgleichsflächen jekt «Neophyten-Bekämpfung am nördlichen Bielerseeufer». Die In den Rebparzellen und Ausgleichsflächen sind vor allem das Pflanzenwelt besteht hier aus einem Mosaik von Rebbergen, Wäl- Einjährige und das Kanadische Berufkraut, der Verlotsche Beifuss dern, Hecken, Uferböschungen, Felshängen, Trockenwiesen und und die Kanadische Goldrute sehr stark verbreitet. Von den 222 wärmeliebenden Säumen. In diesen Lebensräumen finden sich kartierten Rebparzellen haben knapp 40 Parzellen keine oder eine zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten. Dazu zählen beispiels- minime Deckung mit invasiven Neophyten. Über 50 % der Parzel- weise Blütenpflanzen, wie die Gold-Aster (Aster linosyris), der len weisen eine leichte Deckung auf. Problematisch sind rund ein Hain-Wachtelweizen (Melampyrum nemorosum) oder der Gross- Viertel aller Parzellen, die eine starke Deckung von 5 % oder mehr blütige Breitsame (Orlaya grandiflora), Reptilien, wie die Aspisvi- aufweisen. Darunter sind zwei Parzellen flächig vom Verlotschen per (Vipera aspis) und die Schlingnatter (Coronella austriaca) oder Beifuss befallen. Insekten, wie wärmeliebende Schmetterlinge und Heuschrecken. Diese Vielfalt ist durch die zunehmende Besiedlung von invasiven Neophyten bedroht. Auch für die Rebbauern haben invasive Neo- phyten eine unmittelbare Bedeutung, denn nach Direktzahlungs- verordnung sind Rebflächen der Qualitätsstufe II mit natürlicher Artenvielfalt nicht mehr anrechenbar, wenn der Anteil invasiver Neophyten mehr als 5 % der Gesamtfläche beträgt. Die Gold-Aster (Aster linosyris) gedeiht im Rebgebiet vor allem an trockenen Fels- Mit etwas Glück kann die seltene Schlingnatter (Coronella austriaca) beobachtet hängen. (Foto: Beat Fischer) werden. (Foto: Erwin Jörg) Pilotgemeinde Ligerz Hecken und Wegränder Bei der Bekämpfung der invasiven Neophyten wurde bei unserem Bei der Kartierung der Hecken und Wegränder sticht eine Pro- Projekt die Gemeinde Ligerz als Pilotgemeinde ausgewählt. Seit blem-Pflanze klar hervor: die Armenische Brombeere. Aus ihren 2017 werden diese problematischen Arten inventarisiert und ge- Wurzelstöcken treiben bis zu 6 m lange, bogig aufsteigende jätet. Das Projekt verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und führt Schösslinge, die mit ihren Spitzen wieder in den Boden einwach- die Bekämpfung in vier Bereichen durch: Rebparzellen inklusiv sen und neue Pflanzen entwickeln. So bildet diese Brombeere in Ausgleichsflächen, Hecken und Wegränder, private Gärten und Hecken mächtige Dickichte und verdrängt die einheimische Ve- das SBB-Trassee. Als zentraler Pfeiler dient die Kommunikation getation. In Ligerz wurden über 330 Beobachtungen notiert (siehe mit allen betroffenen Personen und Institutionen. Dazu gehört der Plan auf Seite 12). Kontakt mit der Gemeindebehörde von Ligerz, den Winzerinnen und Winzern und den Gartenbesitzerinnen und Gartenbesitzer. Resultate Inventarisierung Verschiedene Merkblätter, Newsletter oder Flyer wurden dazu an Die invasiven Neophyten wurden in Ligerz in verschiedenen Le- alle beteiligten verteilt und die Fortschritte jeweils auf der Gemein- bensräumen kartiert: Rebberge, Hecken, Wegränder, Uferbe- de-Homepage vorgestellt. reich, Bahngleis und Gärten. Folgende Problempflanzen kamen vor allem vor: 10/52
Name deutsch Name wissenschaftlich Hauptvorkommen Status Götterbaum Ailanthus altissima Gärten B Verlotscher Beifuss Artemisia verlotiorum Rebberge, Wegränder, Ufer, Bahngleis B Schmetterlingsstrauch Buddleja davidii Gärten, Wegränder B Acker-Kratzdistel Cirsium arvense Rebberge, Wiesen E Kanadisches Berufkraut Conyza canadensis Rebberge, Wiesen, Bahngleis - Einjähriges Berufkraut Erigeron annuus Rebberge, Wiesen, Gärten B Riesen-Bärenklau Heracleum mantegazzianum Wiesen B, FrSV Gewöhnliche Jungfernrebe Parthenocissus inserta Wegränder, Mauern, Rebberge W Kirschlorbeer Prunus laurocerasus Gärten B Japanischer Staudenknöterich Reynoutria japonica Ufer, Bahngleis, Wiesen B, FrSV Essigbaum Rhus typhina Gärten, Wegränder, Bahngleis B, FrSV Robinie Robinia pseudoacacia Hecken, Gärten B Armenische Brombeere Rubus armeniacus Hecken, Wegränder, Brachen, Gärten B Jakobs Kreuzkraut Senecio jacobaea Rebberge, Wiesen E Kanadische Goldrute Solidago canadensis Rebberge, Wegränder, Wiesen, Gärten B, FrSV Spätblühende Goldrute Solidago gigantea Rebberge, Wegränder, Wiesen B, FrSV Vorkommen Legende Status fett: starkes Vorkommen B: Schwarze Liste (Black List) W: Beobachtungsliste (Watch List) FrSV: Freisetzungsverordnung E: Einheimische Pflanzenart (Beikraut) Private Gärten SBB-Trassee Im Herbst 2019 wurden alle privaten Gärten in Ligerz besucht und Auf dem Schotter-Trassee der SBB finden etliche invasive Neo- alle invasiven Neophyten inventarisiert. Zentraler Punkt war die phyten ideale Bedingungen und demzufolge ist ihre Dichte hier Information direkt im Garten: welches sind Problempflanzen und auch hoch. Insbesondere der Japanische Staudenknöterich, der wie soll man sich als Gartenbesitzer/-in verhalten. Von den knapp Essigbaum, der Verlotsche Beifuss und die Kanadische Goldrute 250 Gärten wiesen 42 keine Problempflanzen auf. In rund 100 sind sehr stark verbreitet. Obwohl in einigen Jahren der Umfah- Gärten wuchsen Kanadische Goldruten und das Einjährige Be- rungstunnel geplant ist und das SBB-Trassee zurückgebaut wird, rufkraut. Zudem kommt in 53 Gärten die Armenische Brombeere hat sich die SBB bereit erklärt, noch vor den Umbauarbeiten die vor. Bei diesen Pflanzenarten wurde empfohlen, dass die Eigen- problematischen Neophyten zu bekämpfen. Diese Arbeiten wer- tümer/-innen diese selber jäten, da es sich meist um sehr kleine den nun mit Marc Hauser, Leiter Natur-Naturrisiken der SBB, ge- Populationen handelt, und diese Arbeiten am besten bei feuchten plant. Bodenverhältnissen durchführen. Weiter gedeihen Kirschlorbeer in 65 und Sommerflieder in 52 Gärten. Bei diesen gebietsfremden Kartierung Trockenstandorte TWW Sträuchern sollte auf eine Neupflanzung verzichtet und falls mög- Zusätzlich wurden im Sommer 2019 im Rahmen der Kartierung lich, die bestehenden mit der Zeit entfernt werden. Obwohl sich der Trockenstandorte im Kanton Bern acht kleinere, sehr arten- beide Arten auf der Schwarzen Liste befinden, sind sie im Handel reiche Objekte am nördlichen Bielerseeufer kartiert. Dabei befin- erhältlich. Zudem wachsen vereinzelt noch einige weitere invasi- den sich fünf Objekte in Ligerz, zwei in La Neuveville und eines in ve Neophyten in den Gärten, bei denen ein sofortiges Eingreifen Twann-Tüscherz. Diese Objekte liegen meist am Waldrand oder notwendig ist. Dabei handelt es sich um den Essigbaum, die Ro- an Hecken, wo die Gefahr des Einwachsens von der Armenischen binie, den Japanischen Staudenknöterich und den Götterbaum. Brombeere besonders gross ist. Dank dem vorliegenden Projekt Die Gefahr ist gross, dass sich diese problematischen Arten wei- lässt sich das Problem lösen. ter ausbreiten. Daher werden diese, mit dem Einverständnis der Eigentümer/-innen, in Zusammenarbeit mit dem L andschaftswerk Biel-Seeland im Winter 2019/2020 in über 40 Gärten ausgegra- ben. 11/52
Vorkommen der Armenischen Brombeere (Rubus armeniacus) in Ligerz. Ein Punkt entspricht meist mehreren Individuen. (Neophyten Feldbuch Info Flora mit Beobachtungen von Beat Fischer) Ergebnisse der Jät-Arbeiten Rebparzellen inklusiv Ausgleichsflächen Hecken und Wegränder Nach der Läset 2019 begannen die intensiven Jät-Arbeiten in den Die Bekämpfung der wintergrünen Armenischen Brombeere er- Rebparzellen. Es herrschten ideale Bedingungen: die Problem- folgt jeweils in der kalten Jahreszeit, da die Pflanze dann auch pflanzen waren sichtbar, der Boden feucht und der Zugang auf leicht zu identifizieren ist. Mit diesen Arbeiten wurde das L and- die Parzellen frei. Dabei wurden vor allem das Einjährige Beruf- schaftswerk Biel-Seeland beauftragt. Im Winter 2018/2019 be- kraut, die Kanadische Goldrute und die Acker-Kratzdistel gejä- gannen sie mit dem vollständigen Ausgraben des Wurzelwerks tet. Der stellenweise sehr stark vorkommende Verlotsche Beifuss und entfernten rund einen Drittel aller Standorte in Ligerz. Diese konnte jedoch nicht immer gejätet werden, da sich diese Pflanze Arbeiten werden in den folgenden Wintern weitergeführt. als zu robust erwies. Als Bekämpfungsequipe arbeitete während 5 Wochen ein Team vom Jät-Service Brunner Eichhof aus Aar- Ausblick berg mit jeweils 7 bis 18 Personen in den Rebparzellen. Die meist Im Herbst 2019 beschloss das BAFU, gemeinsam mit der ANF aus Rumänien stammenden Arbeiterinnen und Arbeiter leisteten das Projekt weiter zu finanzieren. Somit werden zuerst die Arbei- mit über 3250 Arbeitsstunden einen vollen Einsatz. Dabei wur- ten in Ligerz beendet, danach in der Gemeinde Twann-Tüscherz den über 17 Tonnen Pflanzenmaterial gesammelt und wegen der und anschliessend bis 2022 in den restlichen Gemeinden des Gefahr des Neuaustriebes aus Pflanzenteilen in der Kehrichtver- Bielersee-Nordufers weitergeführt. brennungsanlage in Biel entsorgt. Da die Menge dieser invasi- ven Neophyten schlicht zu gross war, konnte trotz des enormen Aufwandes nur die Hälfte aller Rebparzellen in Ligerz bearbeitet werden. 12/52
Die Bekämpfung der Armenischen Brombeere (Rubus armeniacus) erfolgt durch In den Rebparzellen ist das Team des Jät-Services Brunner Eichhof im Einsatz. das L andschaftswerk Biel-Seeland. (Foto: Beat Fischer) (Foto: Beat Fischer) Seltene und geschützte Arten wie die Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum) und der Grossblütige Breitsame (Orlaya grandiflora) profitieren von der Bekämpfung der invasiven Neophyten. (Fotos: Beat Fischer) Beat Fischer, BAB - Büro für Angewandte Biologie, Bern, Erwin Jörg und Luc Lienhard, Büro Natur & Geschichte, Biel 13/52
Erfolgskontrolle «Hechtteiche Täuffelen» Im Jahr 2015 übernahm die ANF vom Fischereiinspektorat (FI) auf Mittels einer alle 3 Jahre durchzuführenden Erfolgskontrolle soll dem Strandboden (Gemeinde Täuffelen) sechs Teiche. Diese der Frage nachgegangen werden, ob sich die Wasserführung wurden vom FI seit 1997 als Zuchtanlage für Hechte betrieben. positiv auf Artenvielfalt und Individuenzahl der untersuchten 2014 wurde der Betrieb eingestellt. Seit Anfang 2015 werden in Organismengruppen auswirkt. diesen Teichen nun andere Ziele verfolgt. Durch ein angepasstes Pflegeregime sollen nun Amphibien, Libellen, Heuschrecken so- wie Pflanzen der Feuchtgebiete gefördert werden. Die Teiche (blau) liegen östlich des Wasserkraftwerks Hagneck auf dem Strand- boden, Täuffelen. Die sechs Teiche können über eine regulierbare Zufuhr mit Was- Erhebungen Fauna und Flora ser versorgt werden. Das Vorhandensein von Wasser kann so- mit gezielt auf die zu fördernden Arten ausgerichtet werden. Libellen Beispielsweise ist der Laubfrosch für die Fortpflanzung auf eine In den beiden Untersuchungsjahren (2015, 2018) wurden jeweils durchgehende Wasserführung zwischen April und August und 23 verschiedene Libellenarten nachgewiesen. Dabei wandelte ein Trockenfallen im Winter angewiesen. Nach dem Trockenfallen sich die Artenzusammensetzung. 4 Arten konnten im Jahr 2018 werden die Teiche alljährlich ab 1. September gemäht (Streue- nicht mehr bestätigt werden und wurden durch andere ersetzt. schnitt, 20 % Rückzugsfläche alternierend). Bemerkenswert war hierbei das erstmalige Auftreten der Gemei- nen Binsenjungfer (Lestes sponsa), die im Jahr 2018 an allen 6 Teich Nummer Füllen Ablassen Teichen beobachtet werden konnte. Diese Art, welche ein Aus- trocknen ihres Fortpflanzungsgewässers in gewissem Masse to- 3, 4 1. Februar 1. Juli leriert, ist im Mittelland eher selten. 1, 2 1. März 1. August 5, 6 1. April 1. September 14/52
Libellen: Artenzahl pro Teich und Untersuchungsjahr Fadenmolch, Gelbbauchunke und Laubfrosch insgesamt fünf Teich Nr. 1 2 3 4 5 6 Amphibienarten nachgewiesen werden. Von Fadenmolch und Wasserfrosch-Komplex wurden auch Larven nachgewiesen. Artenzahl 2015 13 16 14 11 12 13 Artenzahl 2018 11 12 17 16 14 17 Flora Im Jahr 2017 wurde eine Feuchtgebiets-Objektkontrolle durch- Heuschrecken geführt und die Teiche wurden ganzflächig in das Inventar der 2015 konnten 13 Arten nachgewiesen werden. Im Jahr 2018 kam Feuchtgebiete des Kantons Bern aufgenommen. Zudem konn- durch das Auftreten der Sumpfschrecke (Stethophyma grossum) te der Schweizer Alant (Inula helvetica) im Gebiet nachgewiesen eine zusätzliche Art hinzu. Die auffälligste Veränderung war je- werden. Im Jahr 2019 wurde nochmals gezielt nach gefährdeten, doch die Ansiedlung einer sehr grossen Population der Grossen potenziell bedrohten und geschützten Arten gesucht und in den Schiefkopfschrecke (Ruspolia nitidula). Im Jahr 2015 konnte an ei- Teichen Nr. 1–4 eine grosse Population des seltenen Schild-Eh- nem einzigen Teich lediglich 1 Männchen beobachtet werden. Im renpreises (Veronica scutellata) entdeckt. Jahr 2018 wurden dann in allen Flächen viele Larven beobachtet. Fazit und Ausblick Heuschrecken: Artenzahl pro Teich und Untersuchungsjahr Die Untersuchungen zeigen, dass sich das Gebiet hinsichtlich Teich Nr. 1 2 3 4 5 6 Artenvielfalt und Vorkommen prioritärer Arten positiv entwickelt. Korrelationen von nachgewiesenen Artenzahlen und angewende- Artenzahl 2015 11 9 10 8 8 9 tem Regime pro Teichgruppe lassen sich daraus aber noch nicht Artenzahl 2018 8 10 11 7 9 9 ableiten. Die Datenreihe mit zwei Erhebungsjahren ist dafür noch zu klein und die Unterschiede der Artenzahlen pro Teichgruppe Amphibien zu gering. Die nächste Erhebung ist für das Jahr 2021 geplant. Im Jahr 2015 wurde in keinem Teich Laich oder Larven gefunden. Im Teich Nr. 2 konnte lediglich ein Fadenmolchweibchen und in Die Erhebungen im Auftrag der ANF führten durch: den Teichen Nr. 3 und 6 Wasserfrösche nachgewiesen werden. Silvia Zumbach (Amphibien), L aurent Juillerat (Libellen, Heuschre- Im Jahr 2018 konnten mit Erdkröte, Wasserfrosch-Komplex, cken), Christoph K äsermann und Luc Lienhard (Flora) Dominique Hindermann Die Kleine Pechlibelle (Ischnura pumilio), hier ein Männchen, konnte nur an zwei Teichen angetroffen werden. (Foto: Laurent Juillerat) 15/52
Ersatz Schwemmholzzaun und Aufwertungsmassnahmen in der Flachwasserzone des NSG Gwattlischenmoos Das Naturschutzgebiet «Gwattlischenmoos», ein Flachmoor von Damit das Wasserschilf vor Schwemmholz geschützt werden nationaler Bedeutung, liegt am nordwestlichen Ende des Thuner- konnte, wurde bereits 1995/96 ein Schwemmholzzaun erstellt. 20 sees. Das Gebiet weist eine Fläche von ca. 18 ha auf. Nebst der Jahre nach dessen Erstellung waren die Holzpfähle morsch und «Weissenau» bei Interlaken ist das «Gwattlischenmoos» die einzi- das Drahtgitter im Übergangsbereich zum Wasser mehrheitlich ge grosse Schilf- und Riedfläche am Thunersee. Das Gebiet ver- verrostet. Nachdem der Entscheid zum Ersatz des Schwemm- fügte ursprünglich in dessen Flachwasserzone über ausgedehnte holzzaunes getroffen wurde, startete die ANF im Jahr 2013 via Wasserschilfbestände (Schilf kann bis in Wassertiefen von 80 cm Vorstudie mit den ersten Abklärungen. Auftragnehmer waren hineinwachsen). Aufgrund des Kanderdurchstichs (1714) und die die Kissling + Zbinden AG sowie Christoph Iseli, L andschaftswerk damit einhergehende Schwemmholzbelastung wurden diese Be- Biel-Seeland. Um die schwierigen Arbeiten durchführen zu können, musste mit «gröberem Geschütz» aufgefahren werden. Im Vordergrund sieht man wie ein Stahlpfahl ein- Damit bestehende Schilfbestände künftig auch vor Wellenschlag gerammt wird, im Hintergrund ist der Seilbagger erkennbar, welcher für den Bau geschützt werden können, wurde der Bau eines Wellenbrechers des Wellenbrechers eingesetzt wurde. Beide Bagger standen übrigens auf schwim- und einer Holzpalisade in die Planung mit einbezogen. Der Wel- menden Pontons. (Foto: Thomas Leu) lenbrecher sollte sich bei tiefem Wasserstand auch als Rastplatz stände drastisch reduziert. Die fehlende Stabilisierung des See- für Wat- und Wasservögel eignen. Zusätzlich waren auch Schilf- grundes durch das dichte Geflecht der Schilfrhizome bewirkte initialpflanzungen zur Förderung der Wasserschilf-Bestände vor- eine allmähliche Erosion des Seeufers durch Wellenschlag. Der gesehen. zunehmende Schiffsverkehr beschleunigte diesen Prozess noch In einer vierjährigen Planungsphase konnten mit den betroffenen zusätzlich. kantonalen Amts- und Fachstellen, den Gemeinden Thun und Spiez, dem Bonstettengut Gwatt, der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Thun, Pro Natura Region Thun sowie lokalen Orni- 16/52
thologen, die baulichen Massnahmen Schritt für Schritt definiert vertraut. Der Abbruch des alten Zaunes sowie das Rammen der werden. Dabei wurde unter anderem intensiv über die Linienfüh- bis zu 13 m langen Stahlpfähle des neuen Zaunes verliefen oh- rung des neuen Zaunes, dessen Materialisierung und Sichtbarkeit ne Zwischenfall. Der 20 x 140 m grosse Wellenbrecher zwischen sowie über Dimension und Lage des Wellenbrechers diskutiert. Zaun und Uferlinie, wurde mit Kiesmaterial aus dem Kanderdelta Nach Abschluss der Detailplanung ging man von Umsetzungs- erstellt. Seine Dammkrone befindet sich auf der Höhe des mitt- kosten in der Höhe von 1.46 Mio. aus. Der Uferschutzverband Thu- leren Sommerwasserstandes und tritt daher nur bei tiefem Was- ner- und Brienzersee war bereit, als lokal verankerter Verein die serstand optisch in Erscheinung. Die Montage der horizontalen Bauherrschaft dieses Projektes zu übernehmen und die ANF bei Tragseile an den Stahlpfählen sowie die Befestigung des Drahtge- der Akquirierung von Drittmitteln zu unterstützen. flechtes gab viel zu diskutieren, da auf keine Erfahrungswerte zu- Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens im Juni 2017, wurde rückgegriffen werden konnte. Oberste Ziele waren die Langlebig- realisiert, dass während der Planungsphase der Archäologische keit und ein geringer Unterhaltsaufwand des rund 540 m langen Dienst des Kantons Bern vergessen ging. Da der Projektperimeter Zaunes. Zwischenfälle wie ein Motorenschaden am Seilbagger, in einem Gebiet mit hohem archäologischen Potenzial liegt, muss- das Einsinken eines Baggers in den See sowie diverse Liefereng- ten umgehend Tauchsondierungen in Auftrag gegeben werden. pässe wegen zu später Materialbestellungen für den Zaun führten Die Tauchequipe des Archäologischen Dienstes wurde mit ihren zu einem verzögerten Bauabschluss. Trotzdem konnte der Bau Kernbohrungen auch tatsächlich fündig. Im Bereich der Gwatt- am 19. Februar 2020 mit allgemeiner Zufriedenheit und einer ge- grabenmündung stiess die Equipe auf archäologische Schichten wissen Erleichterung abgenommen werden. einer prähistorischen Siedlung. Die Holzpalisade zum Schutz des Das Projekt wurde durch folgende Institutionen finanziell unter- Schilfes vor Wellen, die an diesem Standort geplant war, konn- stützt: BAFU, Renaturierungsfonds und Ökofonds Energie Thun. te somit nicht bewilligt werden. Stattdessen einigte man sich auf Dem Uferschutzverband Thuner- und Brienzersee dankt die ANF eine Alternative mit einer Reihe aus Wurzelstöcken. für dessen grosse Unterstützung mit der Übernahme der Bau- Nach der Submission und der Auftragsvergabe startete die Firma herrschaft und die erbrachten Eigenleistungen. Marti SA am 12. August 2019 mit einem Monat Verzögerung die Umsetzung. Die Firma Kissling + Zbinden wurde mit der Bauleitung Thomas Leu Der Schilfschutzzaun anlässlich der Bauabnahme im Februar 2020. Im Hintergrund (rechte Bildhälfte) ist ein Teil des Wellenbrechers zu erkennen. Aufgrund der ausser- ordentlichen Seeabsenkung steht der Zaun teilweise im Trockenen. Der Seespiegel auf dem Foto liegt 1 m unterhalb des mittleren Sommerwasserstandes. (Foto: Thomas Leu) 17/52
Flechtentrouvaillen im Gebiet der Tourbière La Sagne bei Bellelay (Saicourt) Gross und mächtig steht der Bergahorn auf einer der Tourbière Diese Arten lassen sich im Feld häufig nicht eindeutig bestimmen, «La Sagne» angrenzenden Pferdeweide bei Bellelay. Sein dicker weil sie gleiche äussere Merkmale entwickeln. Im Labor wurden Stammumfang von 270 cm lässt vermuten, dass er sicherlich deshalb für die Bestimmung wichtige chemische Inhaltsstoffe der schon das ganze letzte Jahrhundert und wahrscheinlich auch gesammelten Belege analysiert. Bei 15 Belegen wurde ausser- schon im 19. Jahrhundert an eben dieser Stelle seine Äste in den dem mit genetischen Methoden (Barcoding) die Artbestimmung Himmel reckte. Ein Blick auf historische Luftbilder der Swisstopo überprüft. bestätigen die Vermutung: Schon 1946 zeigte sich an gleicher Die Grösse der Population der Läppchen-Astflechte in Bellelay Stelle eine grosse Krone eines Laubbaumes. Auf eben diesem lässt sich nur schwer abschätzen, weil es auch mit einer Leiter Bergahorn wurde 1993 die stark gefährdete und daher national kaum möglich war, die Flechten in der Baumkrone zu erreichen. prioritär schützenswerte Läppchen-Astflechte (Ramalina paniz- Glücklicherweise hatte es in den Tagen vor unserer Untersuchung zei) nachgewiesen. stark gewindet oder gestürmt. Auf den am Boden liegenden Äs- ten fanden wir mehrere grosse Sträuchlein der Läppchen-Ast- flechte. Die Population auf diesem Baum scheint gesund und gut entwickelt zu sein. Auf den wenigen Bergahornbäumen in der Umgebung des bekannten Flechten-Trägerbaumes fanden wir weder auf den uns zugänglichen Ästen noch auf den am Boden liegenden Ästen weitere Läppchen-Astflechten. Ob die Popula- tion der Läppchen-Astflechte mehr als nur einen Baum besiedelt, lässt sich nicht schlüssig beantworten. Im Rahmen der Feldarbeiten wurden im Gebiet noch weitere stark gefährdete Flechten entdeckt. Das angrenzende Hochmoor «La Sagne» beherbergt die beiden national prioritär schützenswer- ten Zaun-Moosflechten (Cetraria sepincola) und die Nordische Braunschüsselflechten (Parmelia sepincola), zwei typische Be- wohner auf feinen Zweigen von licht stehenden Birken in Hoch- und Übergangsmooren. Während die Zaun-Moosflechte auf meh- Trägerbaum der Läppchen-Astflechte auf der Pferdeweide bei La Sagne. reren Birken im Hochmoor als auch an den Rändern des Moores (Foto: Silvia Stofer) wächst, konnte die Nordische Braunschüsselflechte nur am nörd- Ausser in Bellelay sind lichen Rand des Schutzgebietes beobachtet werden. Durch das in der Schweiz nur noch Vorkommen im Schutzgebiet ist ihr Lebensraum grundsätzlich Vorkommen der Läpp- gesichert. Bei Erhaltungsarbeiten im Moor sollten die Birken um chen-Astflechte aus den Fundort der Nordischen Braunschüsselflechten möglichst Veytaux, vom Brien- geschont werden. zersee sowie aus dem Für das Überleben der Population der Läppchen-Astflechte in «La Muotatal bekannt. Alle Sagne» ist der Erhalt und Schutz des bekannten Trägerbaumes besiedeln ausnahmslos von zentraler Bedeutung. Die Pferdeweide sollte weiterhin exten- Bergahorne. siv bewirtschaftet werden: Das Ausbringen von Hofdünger sorg- fältig und bodennah vornehmen, damit möglichst wenig Nähr- Aktuelle Verbreitung der Läppchen-Astflechte in der Schweiz. (www.swisslichens.ch) stoffe über die Luft in den Kronenbereich der Bäume getragen werden. Die Bergahorne in der näheren Umgebung sollten erhal- Wie steht es heute, beinahe 30 Jahre später um die Population auf ten und Nachwuchsbäume angepflanzt werden. Diese Massnah- dem Baum in Bellelay? Die gute Nachricht vorweg: auch heute men sind nötig, um den Lebensraum der Läppchenflechte auch noch beherbergt die Krone Läppchen-Astflechten. Auf den dicht für weitere Jahrhunderte sicherzustellen. mit Blatt- und Strauchflechten bewachsenen Ästen und Zweigen wachsen noch weitere Arten der Gruppe der Astflechten, die Silvia Stofer ebenso wie die Läppchen-Astflechte für gewöhnlich Fruchtkörper SwissLichens – Nationales Daten- und Informationszentrum der ausbilden. So konnte auch die als verletzlich klassierte Buschige Schweizer Flechten Astflechte (Ramalina fastigiata), die potenziell bedrohte Eschen- Eidg. Forschungsanstalt WSL, Birmensdorf flechte (Ramalina fraxinea) und die Rinnige Astflechte (Ramalina calicaris, Schutzstatus unbekannt, da bisher noch nicht evaluiert) nachgewiesen werden. 18/52
Ex situ-Erhaltung – Einige Überraschungsmomente beim Samen sammeln Die ANF hat 2019 beschlossen, von etwa 20 gefährdeten Arten an Populationsgrösse/Samenmenge: Das zarte Knotige Mast- Wildstandorten Samen für die Ex situ-Vermehrung zu sammeln. kraut bildet nur wenige Samen aus und die Population ist klein. So Dies kann trotz bekannten Populationen überraschend schwierig konnten, wie vermutet, erst wenige Samen gesammelt werden, sein. ohne das Vorkommen zu schwächen. Beim Behaarten Mauer- pfeffer hingegen gab es 2019 aus unbekanntem Grund kaum Frass/Beweidung: Lanzettblättriger Froschlöffel und Gift Hah- Früchte. nenfuss wurden 2019 bei der Kartierung an der Saanemündung entdeckt. Damals waren die Samen noch nicht ganz reif und ein Samengesundheit: Der Siebenstern, ein seltenes Eiszeitrelikt paar Wochen später waren sie wegen der inzwischen begonne- im Urbachtal, bildet nur wenige Samen. Trotz vermeintlich güns- nen Beweidung (Pflegemassnahme) nicht mehr auffindbar. Im tigem Zeitpunkt war die Fruchtreife fast vorbei und es konnten Übrigen frassen die Weidetiere entspannt im hinteren Teil des Ge- kaum noch und eher verpilzte Samen gesammelt werden. ländes. Mit dieser Ruhe war es schlagartig vorbei, als die neu- Diese Beispiele zeigen, dass auch bei bekannten Vorkommen gierigen Kälbchen auf die Botanikerin aufmerksam wurden und und an sich günstigen Sammelzeitpunkten nicht gewährleistet ist, Mutterkühe und Stier um den Schutz ihres Nachwuchses besorgt dass ausreichend keimfähige Samen gefunden werden können. waren... Beim Echten Pfeilkraut im Fanel sahen vermutlich Gänse Oft sind für den Sammelerfolg zwei oder gar mehr Begehungen die Blüten oder Früchte als Delikatesse an. notwendig. Bei anderen Arten war das Besammeln zum Glück problemlos und deren Vermehrung kann schon dieses Jahr in An- Samenreife: Die Samen des im Meienried häufigen Sommer- griff genommen werden. glöckchens waren spät reif und die Samenreife erfolgte langsa- mer als erwartet, so dass drei Begehungen notwendig waren. Christoph Käsermann, Bernische floristische Beratungsstelle und Beim Zarten Wollgras hingegen waren zwar viele der wolligen Sandra Reinhard, Botanikerin Fruchtanhängsel gut entwickelt, es scheinen aber nur wenige Sa- men gebildet worden zu sein. Massenvorkommen des Sommerglöckchens im Meienried. Trotzdem keine Garantie für keimfähige Samen. (Foto: Christoph Käsermann) 19/52
Selhofenzopfen ein Paradies für Spinnen und Co. Der Lebensraum Aue wird durch die Dynamik des Wassers be- Eine Überraschung war der Fund der Schneefliegenart Chionea stimmt. Aus dieser Dynamik geht eine an den sich stets verän- belgica (Becker, 1912). Der letzte Nachweis dieser auffälligen dernden Wasserpegel angepasste Fauna und Flora hervor, wel- ungeflügelten winteraktiven Dipteren (Zweiflügler) für den Kan- che heute durch Flussbegradigungen und andere Massnahmen ton Bern liegt über 80 Jahre zurück, auch sonst sind nur wenige vielerorts bedroht ist. Ein Gegenbeispiel dafür ist das 2015 re- Fundorte aus der Schweiz bekannt. naturierte Gebiet «Selhofenzopfen» in Kehrsatz. Die faszinierende Vielfalt an Habitaten wurde Ausgangspunkt einer Masterarbeit über die Diversität von Spinnen und Weberknechten im «Selho- fenzopfen». Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, ob und wie sich die Diversität zwischen den einzelnen Habitaten unterschei- det. Zu diesem Zweck wurde ein Monitoring mit 45 Barberfallen (im Boden versenkte Joghurtbecher mit 4 % Formalin zur Konser- vierung der Tiere) durchgeführt. Die Fallen blieben ein Jahr (Dez. 2018–Nov. 2019) stehen und wurden monatlich geleert. Nach- dem der Falleninhalt sortiert wurde, gilt es nun, die Spinnen und Weberknechte auf Artniveau zu bestimmen. Bisher wurden nur die gefangenen Spinnen der Wintermonate bestimmt. Anhand der grossen Anzahl an bisher gefundenen winteraktiven Spinnenar- ten, kann davon ausgegangen werden, dass die Spinnendiversi- tät im Gebiet gross ist. Die Hauptaktivitätszeit vieler Spinnenarten liegt zwischen Mai und Juli. Viele der bisher gefundenen Arten zeigen eine Präferenz für feuchte Habitate. Schneefliege der Gattung Chionea. Multifokus-Foto aufgenommen durch Stereo- mikroskop mit Laica Kamera. (Foto: Sarah Rohr) Die Endauswertung wird zeigen, welche interessanten Funde noch gemacht werden und ob die Spinnendiversität ein guter Bio- indikator für die verschiedenen Habitate eines Auwaldes darstellt. Typischer Fallenstandort im Selhofenzopfen. In Bildmitte Fallenstandort mit vier- eckigem Plexiglasdach, daneben Markierung mit Besucherhinweis; Februar 2019. Sarah Rohr und Prof. Dr. Christian Kropf, (Foto: Sarah Rohr) Institut für Ökologie und Evolution, Universität Bern Nebst den Spinnen wurden auch andere Arthropoden gefangen. Interessante Resultate wurden bei den Laufkäfern erzielt. Sie wurden von Herrn Dr. W. Marggi (Laufkäferspezialist) bestimmt. Nebst der hohen Artanzahl, wovon einige sogar auf der Roten Liste stehen, ist deutlich zu erkennen, dass ca. 80 % der Arten feuchte Habitate, v. a. Auen, bevorzugen. 20/52
Bestandeserhebung Libellen im Gantrisch Vier Jahre nach umfangreichen Hochmoor-Regenerationsmass- nahmen in den zwei Hochmooren «Schalenberg» und «Wissen- bach-West» im Gurnigel, wurden im Sommer 2019 im Auftrag der ANF die Libellenbestände erhoben. Der Schlüssel zur Libellenvielfalt Im Rahmen der Regeneration der Hochmoore wurden Aufstau- ungen vorgenommen und zahlreiche kleine Moortümpel gesto- chen. Dadurch entstanden in beiden Gebieten unterschiedliche Gewässertypen, insbesondere aber auch wieder grössere offene Wasserflächen. Links: kleiner, zugewachsener Moortümpel vs. rechts: grosser offener Moortümpel. (Fotos: Daniela Schmocker) Die Resultate zeigen, dass an grossen und offenen Gewässern doppelt so viele Arten als an kleinen oder zugewachsenen Ge- wässern anzutreffen sind. Offene Wasserflächen sind für viele Li- bellenarten essenziell. Eine Ausnahme ist die in beiden Gebieten vorkommende Arktische Smaragdlibelle, welche auf kleine und zugewachsene Tümpel spezialisiert ist, in welchen sie ihre Eier ablegt. Das heute vorzufindende Mosaik an unterschiedlichsten Gewässern ist somit der Schlüssel zur Libellenvielfalt in den bei- den Hochmoorgebieten. Seltene Hochmoor-Perlen erstmals nachgewiesen Der Erstnachweis eines einzelnen Weibchens der seltenen Hoch- moor-Mosaikjungfer (Aeshna subarctica elisabethae) im Natur- schutzgebiet «Schalenberg» kann als Höhepunkt der Erhebung bezeichnet werden. Die Art ist unscheinbar und leicht mit ihrer Schwesterart der Torf-Mosaikjungfer (Aeshna juncea) zu ver- wechseln, welche im Untersuchungsgebiet zahlreich vorkommt. Insgesamt sind mit dieser Erhebung 9 Erstnachweise gelungen, was verdeutlicht, dass sich die Massnahmen gelohnt haben. Arktische Smaragdlibelle, Kleine Moosjungfer, Torf- und Hochmoor-Mosaik- jungfer (Bilder von oben nach unten und von links nach rechts). Bereits die Namen weisen darauf hin, dass diese vier Libellenarten typische Hoch- moorarten sind. Sie sind hoch spezialisiert und äusserst selten. (Fotos Smaragdlibelle und Mosaikjungfern: Claudia Baumberger, Foto Moosjungfer: Daniela Schmocker) Daniela Schmocker, Impuls AG, Thun 21/52
Erfolgreiches Artenförderprojekt für den Weberbock Seit Jahren besteht eine Zusammenarbeit zwischen der ANF und Weberbocks zu melden. Aus ähnlichen Projekten ist bekannt, dem Entomologischen Verein Bern (EVB): Experten stehen mit dass Falschmeldungen häufig sind, daher sollte jede Meldung Rat und Tat zur Seite, helfen bei Bestimmungen, schlagen För- durch eine Fotografie des Käfers dokumentiert sein. Das «Citizen dermassnahmen vor. Seit dem letzten Jahr unterstützt die ANF Science» Projekt war ein grosser Erfolg: 18 Meldungen trafen ein, Projekte für Insekten von Mitgliedern des EVB, deren Ziel die kon- 15 davon dokumentiert durch ein Bild! Die Falschmeldungen sind krete Förderung von gefährdeten Arten im Kanton Bern darstellt. an einer Hand abzuzählen. Der Verlauf des Projekts konnte auf einem eigens erstellten Instagram-Account verfolgt werden. Porträt eines Weberbocks (Lamia textor) im «Ämmeschache». (Foto: Michael Gilgen) 2017 wurde er zum ersten Mal seit 30 Jahren im Kanton Bern Der Weberbock ist an der Emme somit häufiger als durch die bis- nachgewiesen: Der Weberbock, Lamia textor. Der Fund ist an herigen Meldungen anzunehmen war. Die im Jahr 2019 erfolgten der Emme, im Bereich des «Ämmeschache», in der Gemeinde Renaturierungen haben einen Lebensraum geschaffen, der die Utzenstorf erfolgt. Der stattliche Bockkäfer ist ein Bewohner Population langfristig sichern sollte. Weitere Massnahmen zur von Flussauen und entwickelt sich in den Wurzeln und unteren Förderung des schönen Käfers sind die Förderung von Weiden Stammbereichen von Weichhölzern, vorwiegend der Weide. Der sowie die Entfernung von Auenwald fremden Arten wie z.B. Fich- Weberbock war früher in der ganzen Schweiz häufig. Durch den ten sowie invasiven Neophyten, die ja speziell an Flussauen bes- Verlust der Lebensräume haben die Bestände jedoch stark ab- tens gedeihen. genommen, so dass der Käfer auf der Roten Liste als «stark ge- fährdet» (EN) gelistet ist. Der Käfer ist wenig mobil, hält sich gerne Weitere Informationen: an der Sonne, am Boden oder an den Brutbäumen auf. www.insekten-evb.ch, www.instagram.com/weberbock Das daraufhin von der ANF unterstützte Artenförderprojekt an der Michael Gilgen, Entomologischer Verein Bern Emme sah folgendermassen aus: Mit Hilfe von Hinweisschildern wurde die Bevölkerung dazu aufgerufen, Beobachtungen des 22/52
Projet de conservation de Poecilium glabratum (Coleoptera, Cerambycidae) dans le Jura bernois Introduction Le longicorne Poecilium glabratum a été trouvé par Sébastien Ger- ber à Corcelles (BE) en février 2006, dans la réserve forestière de Raimeux (Fig. 1). Il s’agissait d’un heureux ha- sard, puisque quelques co- léoptères ont émergé d’une rondelle découpée dans un vieux genévrier l’automne précédent, dans l’idée de cal- culer l’âge de l’arbuste. L’ana- lyse de la littérature et des collections muséales révéle- ront par la suite qu’il s’agis- sait de la première donnée documentée de cette espèce Figure 2 : Indices de présence de Poecilium glabratum sur des branches mourantes de Genévrier commun (Juniperus communis) : a) trous de sortie et b) galeries pour la Suisse (Juillerat et al. larvaires sous l’écorce, la barre blanche mesure 1 cm. 2014)! (Photos : Laurent Juillerat et Sébastien Gerber) Suite à cette trouvaille, nous avons recherché l’espèce de Projet cantonal de conservation manière ciblées dans l’en- A la demande du SPN, nous avons établi un projet de conservation semble du Jura suisse et dé- de l’espèce dans la zone agricole. Dès 2019, nous avons entamé couvert une dizaine de popu- la visite de l’ensemble des pâturages potentiels de la zone d’oc- Figure 1 : Imago de Poecilium glabratum. lations dans le Jura bernois. currence de l’espèce, soit la région située entre les communes de (Photo : Laurent Juillerat) Deux populations ont égale- Péry, Monible, La Scheulte et Court. Le projet vise à cartographier ment été détectées dans les les belles populations de Juniperus communis et à rechercher cantons voisins, à Mervelier (JU) et Welschenrohr (SO). Ailleurs des indices de présence (trous de sortie et galeries larvaires) de en Suisse, cette espèce est uniquement connue du Valais central, Poecilium glabratum. Sur la base des résultats des campagnes entre Loèche et Viège (Juillerat et al. 2014). L’espèce figure sur de terrain, les exploitants des pâturages seront contactés dans la liste rouge avec le statut « en danger d’extinction » (statut EN, le but de signer un contrat visant le maintien d’une population Monnerat et al. 2016). Elle est de plus considérée comme une suffisante de genévriers. priorité nationale de niveau 2 (OFEV 2019). Les premiers résultats sont encourageants, puisque des indices Biologie de présence ont été trouvés dans les pâturages sur le Raimeux La larve se nourrit sous l’écorce du Genévrier commun (Juniperus et le Graitery en automne 2019. Les prospections se poursuivront communis). Elle colonise les branches mourantes, notamment dès le mois de mars, début de la période d’activité des adultes. celles attaquées par les scolites du genre Phloeosinus. Pour sa survie, ce petit coléoptère a besoin de populations suffisamment Laurent Juillerat et Sébastien Gerber importantes de sa plante hôte, afin de disposer de branches mou- rantes en permanence. L’adulte, très discret, hiverne dans une Bibliographie loge creusée dans le bois et émerge aux premières chaleurs prin- Juillerat L. , Gerber S. & Gilgen M. 2014. Premières preuves de présence de Poe- cilium glabratum (Charpentier, 1825) en Suisse (Coleoptera, Cerambyci- tanières. dae). Mitt. Schweiz. Ent. Ges. 87 : 327-336. Dans le Jura bernois, les principaux réservoirs de population Monnerat C., Barbalat S., L achat T., G onseth Y. 2016: Liste rouge des Coléoptères Buprestidés, Cérambycidés, Cétoniidés et Lucanidés. Espèces mena- se trouvent dans les cluses et les falaises, notamment dans les cées en Suisse. Office fédéral de l’environnement, Berne; Info Fauna boisements clairs de Pin sylvestre (Pinus sylvestris). Plusieurs – CSCF, Neuchâtel; Institut fédéral de recherches WSL, Birmensdorf. L’environnement pratique n° 1622 : 118 p. populations se développent également dans les pâturages boi- OFEV 2019 : Liste des espèces et des milieux prioritaires au niveau national. Es- sés thermophiles bien structurés, avec de belles populations de pèces et milieux prioritaires pour la conservation en Suisse. Office fédéral de l’environnement, Berne. L’environnement pratique n° 1709 : 98 p. genévriers. Depuis leur découverte, certaines populations ont été mises à mal par la coupe systématique des buissons ou par l’abandon de la pâture. 23/52
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