AUF ERFOLGSKURS IMMELERFELD 20 - JAHRESTHEMA Ökologische Infrastruktur - ein Lebensnetz fürdieSchweiz 04
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AUF ERFOLGSKURS IM MELERFELD 20 JAHRESTHEMA Ökologische Infrastruktur – ein Lebensnetz für die Schweiz 04 Auf Stationsbesuch in der Vogelpflege 14 Naturwaldreservate wichtig für seltene Fledermausarten 26 milan 3 | 2021
02 INHALT milan 3 | 2021 INHALT FOTO ETH Pics FOTO Petra Zajec 18–19 Wespen Auch wenn Wespen beim Essen manchmal lästig sein können – ihre ökologische Rolle als Insektenver- tilger ist enorm wichtig und mit einigen wenigen Tricks kann man Konflikte problemlos vermeiden. 12 Erfreuliche Neuigkeiten Auf dem Erlebnis- pfad des Naturzentrums Klingnauer Stausee konnten in diesem Jahr einige botanische Neuankömmlinge begrüsst werden – und die FOTO Philipp Schuppli Eisvogelbrutwand wurde «offiziell» eingeweiht! 04–08 ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ Die Gilde der an Wald mit hohem Totholzanteil gebundenen Arten. 09–13 BIRDLIFE 14–23 30–33 Regeneration an der Reuss Erfahren Sie wie im Reuss- egger Schachen im Zuge eines mehrjährigen Projekts und AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN dank der bereitwilligen Mithilfe eines Landwirts wieder eine dynamische Auenlandschaft entsteht. 24–25 HERAUSGEPICKT 26–34 38–39 PARTNER VERANSTALTUNGEN 35–36 40 KUNTERBUNT JAHRESPROGRAMM TITELFOTO MELERFELD Markus Kasper
milan 3 | 2021 PERSÖNLICH 03 «Die Eiche ist ein wahrer Lebensbaum!» Selina Gugelmann war einst Praktikantin auf der Geschäftsstelle von BirdLife Aargau. Seither ist sie weitergezogen und arbeitet mittlerweile beim Kanton Aargau in der Sektion Natur und Landschaft als Projektleiterin. Dort ist sie mit dem Schwerpunkt «Lebensraumaufwertung und Artenförderung im Siedlungs- gebiet» betraut – und zwischendurch hat sich Selina die Zeit genommen, unsere Fragen zu beantworten. Interview: Robin Hill, Praktikant BirdLife Aargau Welches ist Ihre einheimische Was ist Ihr persönlicher Naturtipp Lieblingspflanze? im Kanton Aargau? Selina Gugelmann. Alle Pflanzen sind auf ihre Weise «Wenn man die Natur wahrhaft liebt, schön. Aber spontan würde ich sagen, so findet man es überall schön», sagte dass mich Eichen besonders faszinie- einst Vincent van Gogh. Diese vorhanden und es geht vergessen, wie ren. Ihr knorriges Erscheinungsbild Einstellung teile ich mit ihm, weshalb abhängig unser Dasein von intakten durch die tief gefurchte Rinde und die ich keinen Lieblingsplatz habe. Die Ökosystemen ist. Ich wünsche mir verdrehten, teilweise bereits abge- Summe der kleinen Naturjuwelen ist deshalb, dass alle Menschen – lieber storbenen Äste in der ausladenden aus meiner Sicht das Besondere am früher als später – anderen Lebewe- Krone erinnern mich an ein altes und Aargau. sen mit Freude, Faszination und weises Wesen. Aber die Optik ist Respekt begegnen, sodass wir unsere schliesslich nicht alles – auch Wo sehen Sie am meisten Hand- Ökosysteme und damit auch uns ökologisch sind diese Bäume un- lungsbedarf für die Naturschutzar- selber schützen können. glaublich wertvoll. Die Krone kann beit und warum? eine Multikulti-Gesellschaft von über Am meisten Handlungsbedarf und Wie wünschen Sie sich bzw. Ihren 1000 Arten beherbergen, die dort auch Potential sehe ich bei der Kindern und Enkelkindern die Unterschlupf oder Nahrung finden. Begeisterung nicht naturinteressier- Aargauer Landschaft in 50 Jahren? Ein wahrer «Lebensbaum»! ter Menschen für die Schönheit und Ich wünsche mir eine Mosaikland- Wichtigkeit unserer Umwelt. Meine schaft, wobei die einzelnen Mosaik- Erfahrung hat gezeigt, dass dies teile durchgängig miteinander erreicht werden kann, indem man verbunden und für alle Tier- und Freude an anderen Lebewesen vermit- Pflanzenarten erreichbar sind. So teln kann. Mit der Freude kommt oft könnte jede Spezies selbstständig das auch das Bedürfnis etwas schützen zu finden, was sie zum Leben braucht. wollen. Ich habe bereits früh gelernt, Ich erhoffe mir in 50 Jahren wieder dass vieles im Leben nur langfristig einen Himmel voller Vögel und funktionieren kann, wenn es ein Wiesen voller Insekten. Geben und Nehmen ist. Nehmen ist aber immer einfacher wie Geben. Es FOTO PORTRÄT Achim Grether Eichenblatt. ist bei uns alles (noch) im Überfluss FOTO EICHENBLATT zVg
04 ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ milan 3 | 2021 Der Aargau – ein Waldkanton Naturnaher Wald ist wichtiger Bestandteil der Ökologischen Infrastruktur im Aargau. Im Bild: Blick von der Wasserfluh in Richtung Osten.
milan 3 | 2021 ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ 05 Ursprünglich waren satte 93 % der Aargauer Wälder Buchenwälder. 200 Jahre der Bewirt- schaftung haben die Artenzusammensetzung 80 % des Aargauer Waldes sind in aber grundlegend verändert. Die Rotbuche öffentlichem Besitz (Kanton, Gemein- ist mit einem Drittel aller Bäume jedoch nach den, Kooperationen), die anderen 20 % wie vor die häufigste Art. sind auf rund 14’000 PrivatbesitzerInnen verteilt, welche im Schnitt weniger als eine Hektare besitzen. Im Kanton Aargau wurden neben insgesamt 40 Naturwaldreservaten Altholzinseln, Spezial- und Eichenwaldreservate ausgeschieden. Von Wäldern in den dynamischen Auengebieten an Flüssen und imposanten Buchen-Hallen- Waldränder als Übergangszone wäldern an den Jura-Hängen, in welchen auf zwischen Lebensräumen haben ein die forstliche Nutzung verzichtet wird, über hohes ökologisches Potential. Im trockenlichte Föhrenwälder, welche regelmäs- Aargau gibt es Waldränder mit einer sige Pflegeeingriffe benötigen. Die verschiede- Gesamtlänge von rund 4000 km – nen Waldgesellschaften sind Lebensraum für das entspricht der Luftlinie von Aarau viele Arten mit spezifischen Ansprüchen an ihr nach St. Petersburg und zurück! Habitat. Der Aargau ist einer der waldreichsten Kantone der Schweiz. Rund 49’000 ha Zur Planung einer verbesserten Ökologischen sind mit Wald bedeckt – das entspricht Infrastruktur wurden für unterschiedliche einem Drittel der Gesamtfläche. Zum Landschaftstypen verschiedene Artengruppen, Vergleich: Der Durchschnitt liegt im sogenannte «Gilden» definiert. In der Gilde D1 Mittelland bei etwa einem Viertel. (an einen Wald mit hohem Totholzanteil ge- bundene Arten) befinden sich beispielsweise Grauspecht, Waldlaubsänger, Igel-Stachelbart Bis 2025 will der Kanton die Ziele (Pilz) und der Goldhaarige Halsbock (Käfer), des Naturschutzprogramms Wald die gefördert werden sollen. erreichen und somit zur Förderung der Ökologischen Infrastruktur im Aargauer Wald beitragen. Dazu gehört neben der Ausscheidung von Natur- Der Klimawandel stellt den Aargauer Wald vor schutzvorrangflächen auch die Auf- Herausforderungen – die Umweltbedingungen wertung von Waldrändern, der Schutz werden sich unweigerlich verändern. Weil laut besonders wertvoller Baumgruppen Modellen mit der Fichte und der Buche die zwei und somit eine bessere Vernetzung häufigsten Baumarten von trockenen Sommern verschiedener Lebensräume. betroffen sein werden, müssen wir mit mar- kanten Veränderungen des Waldbilds in der Zukunft rechnen. QUELLE Kanton Aargau, Abteilung Wald FOTO Robin Hill
06 ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ milan 3 | 2021 «Der Wald ist ein Organismus!» «Spürst du das?», fragt mich Urs Gsell während er seinen Geländewagen schwungvoll am Wegrand zum Stehen bringt. Wir alle kennen den Wald als Erholungsort. Ich spüre es. Verglichen mit der drückenden Frühsommerhitze Doch wie muss ein Wald bewirtschaftet unten beim Gemeindehaus Hirschthal, wo mich der Förster der werden, damit er seine wichtige Rolle für Gemeinden Muhen, Holziken und Hirschtal abgeholt hat, herr- eine intakte Ökologische Infrastruktur schen hier oben im Wald angenehm gemässigte Temperaturen. behält? Förster Urs Gsell nimmt uns mit «Bis zu 10 Grad kann der Temperaturunterschied zwischen dem Waldinnern und dem der Sonne ausgesetzten Umland in « seinen» Wald und erklärt uns seine betragen!», erklärt Gsell. Wir verlassen den Waldweg und stei- Arbeitsphilosophie. Text und Interview: Robin Hill gen zu Fuss über wenige Stufen hoch zum «Boolibrünneli», um welches sich die eine oder andere Geschichte rankt. Wir setzen uns an den hölzernen Picknick-Tisch, auf dem das grün leuchtende Licht-Schatten-Spiel des Kronendachs tanzt. Gut für die Seele «Es ist offensichtlich», beginnt der Förster, der seinen Beruf seit nunmehr zweiunddreissig Jahren ausübt, «dass der Wald für die Gesellschaft eine unglaublich wichtige Bedeutung hat. Wenn man Menschen nach ihren Walderfahrungen fragt, so fallen diese in den allermeisten Fällen positiv aus: Grillieren, Pilze sammeln, Flucht ins Grüne vor dem stressigen Alltag in der Stadt.» Schmun- zelnd ergänzt er: «… und nicht selten trägt man im Kopf kompli- zierte Fragen in den Wald hinein und kommt nach einiger Zeit mit den entsprechenden Antworten wieder heraus.» Ein Gefühl, das ich aus eigener Erfahrung gut kenne. Und mittlerweile wurde auch wissenschaftlich erklärt, was wir eigentlich alle bereits wis- sen: Wald tut unserer Seele gut. Die Geräuschkulisse und die Duftstoffe regen die Ausschüttung unserer körpereigenen Glückshormone an, was entspannend auf uns wirkt und unsere Probleme in einem neuen Licht erscheinen lässt. Der Wald als Ökologische Infrastruktur Wälder spielen also eine wichtige Rolle für unser Wohlbefinden. Doch welche Aufgaben hat der Wald als Teil einer funktio- nierenden Ökologischen Infrastruktur? «Das hängt nicht zuletzt von der Herangehensweise von uns Förstern und Försterinnen ab. Die kantonale Gesetzgebung gibt zwar die grobe Fahrtrichtung vor, wie wir diese dann umsetzen und unsere jeweiligen Waldgebiete bewirtschaften, ist schluss- endlich uns oder den Waldbesitzern überlassen», klärt mich Urs Gsell auf. Leider würden viele seiner Zunft den Fokus aber nach wie vor auf die Holzproduktion legen. Sie sehen den Wald dabei als eine Art Produktionsmaschine, die es möglichst effizient zu betreiben gilt. «Eine nachhaltige Holzproduktion, welche gleichzeitig einer funktionierenden Ökologischen Förster Urs Gsell und die etwa 150-jährige Buche beim «Boolibrünneli». Infrastruktur zuträglich ist, besteht meiner Auffassung nach aus
milan 3 | 2021 ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ 07 vier zentralen Bausteinen: Naturverjüngung, alte Bäume, ausrei- die Rinde. «Etwa 150 Jahre alt und 90 Zentimeter im Durch- chend Totholz und ein gesunder Waldboden», zählt Gsell seine messer ist dieses Exemplar hier. Ein solcher Baum produziert Arbeitsphilosophie an vier ausgestreckten Fingern auf. «Komm, in seinem Leben rund zwei Millionen Setzlinge. Davon schafft lass uns dazu einige Beispiele hier im Wald anschauen gehen!» es nur ein einziger, selbst wieder ein so stolzer Baum zu wer- den». Doch das Weitergeben von genetisch verankertem Ein «naturverjüngter Dauerwald» Wissen über den Standort ist nur ein Vorteil von vielen. Ge- Etwas sperrig, dieser Begriff, doch eigentlich ist das Prinzip standene Altbäume haben auch als Individuen das Know- recht einfach: «Naturverjüngung» bedeutet, dass keine Bäume How um Umweltveränderungen zu trotzen, produzieren gepflanzt werden und der Erhalt des Waldes ausschliesslich auf grosse Mengen an Sauerstoff und bieten vielen Organismen natürliche Weise geschieht. Urs Gsell erklärt: «Die Samen, wel- einen Lebensraum. Deshalb wurden im Wald von Urs Gsell che von den Altbäumen produziert und abgeworfen werden, rund 200 Bäume ausgeschieden, welche bis in die fernere tragen das über Generationen gesammelte genetische Ge- Zukunft nicht mehr angerührt werden sollen. Sie alle sind als dächtnis des Waldes in sich. Dies hat einen ganz erheblichen Biotopbäume kartiert und ihr Schutz wird auch die Aufgabe Vorteil: Der Wald, der dadurch entsteht, ist optimal an die Be- zukünftiger Förster-Generationen sein. «Das Ziel ist es, hier im dingungen am Standort angepasst und profitiert vom bestehen- Wald dereinst wieder 300-jährige Buchen stehen zu haben!» den Beziehungsnetz der anderen Bäume. Bäumchen, welche ihre gesamte Jugend in einer Baumschule verbracht haben, hat- ten immer optimale Bedingungen und mussten nie ums Über- leben kämpfen. Dies macht sie später anfällig auf Krankheiten und extreme Wetterereignisse.» In einen Wald eingepflanzt wir- «Gepflanzte Bäumchen wirken wie Fremdkörper» ken diese «Retortenbäumchen» dadurch wie Fremdkörper, die keinerlei Verbindung zum lokalen Ökosystem haben. Deshalb verzichtet der Förster seit langem komplett auf den periodi- schen Kahlschlag einzelner Flächen, die dann wieder jahrelang aufgeforstet werden müssen. Er setzt dabei auf das Konzept «Dauerwald», bei welchem dem Gebiet punktuell einzelne Bäume für die Holzgewinnung entnommen werden. «Und das ist, was du hier siehst!» Wir drehen uns um die eigene Achse und unsere Blicke fallen auf einen stufigen Rotbuchenwald, die typische ursprüngliche Vegetation des Schweizer Mittellandes. Alte und junge Bäume sind wild gemischt, einige sonnengeflu- tete Stellen zeugen von Lücken im Kronendach und knapp über dem Waldboden spriesst eine üppige Krautschicht. Gerade eine intakte Krautschicht ist unglaublich wichtig, da sie als Nah- rungsgrundlage das Wild von Feldern fernhält und der Ausbrei- tung von invasiven Neophyten vorbeugt. Alte Bäume – das Gehirn des Waldes «In einem Wald gibt es Parallelen zu unserer menschlichen Gesellschaft: Wenn die Alten fehlen würden, fehlt ein gehö- riges Stück an Wissen, Erfahrung und Weisheit», sagt Gsell, nähert sich einer kapitalen Buche und legt ihr seine Hand auf FOTOS 06, 07 Robin Hill Kronendach eines typischen Schweizer Buchenwaldes.
08 ÖKOLOGISCHE INFRASTRUKTUR – EIN LEBENSNETZ FÜR DIE SCHWEIZ milan 3 | 2021 Wertvolles Totholz Wenn ein solcher Baum dann trotzdem das Zeitliche segnet, so geht sein ökologischer Wert noch lange nicht verloren. «Früher waren Wälder oft komplett ausgeräumt. Die Menschen haben Brennholz gesammelt oder mit Nutzvieh den Wald be- weidet. Später wurden abgestorbene Stämme und Äste auch entfernt, um die Arbeit mit schweren Maschinen zu erleich- tern», erzählt Gsell. Heute wird in Revieren wie seinem vermehrt darauf geachtet, stehendes Totholz und liegendes Astmaterial zu lassen und so zusätzliche Habitate zu schaffen. Dazu wurden 10 % des Waldes als sogenannte «Totholzinseln» ausgeschieden. Hier wird keinerlei Holz mehr entnommen und auch sonst keine Arbeit mehr verrichtet, die den natürlichen Prozess der Weiterverwertung durch eine Vielzahl von Organismen ein- schränken würde. Ein gesunder Waldboden «Das eigentliche Geheimnis eines gesunden Waldes liegt aber unter der Oberfläche verborgen», so Gsell. Es sei enorm wichtig, dass die Waldböden so wenig wie möglich gestört werden, denn sie beherbergen die Lebensadern des Ökosystems. Neben dem Wurzelwerk der Bäume findet man hier die grösste Artenvielfalt des Waldes in der Form von Kleinstlebewesen und Pilzen. Sie alle tragen zur Funktion der Ökologischen Infrastruktur im Wald bei. «Schwere Maschinen schädigen den Waldboden nachhaltig» Vor allem die Mykorrhiza, das symbiotische Geflecht zwischen Pflanzenwurzeln und Pilzmyzelien, ist für die Kommunikation zwischen den Bäumen unverzichtbar und sehr empfindlich. Um Totholz bietet Lebensraum für eine Vielzahl an Moosen, Pilzen und Insekten. diese Informations-Autobahnen nicht zu stören, entnimmt Gsell das Holz nur noch von den befestigten Wegen aus, ohne dass er mit schwerer Maschinerie in den Wald hineinfährt. «Die auch eigene Wege finden, um klimatischen Veränderungen Vibrationen eines Vollernters, der immer wieder neue Schnei- gegenüber resistent zu bleiben und über Generationen fort- sen durch den Wald pflügt und den Boden aufbricht, kann die zubestehen – wenn auch vielleicht in leicht veränderter Form. Mykorrhiza für Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte schädigen. «Frisch ab der Försterschule habe ich versucht den Wald zu Unsere vorsichtige Arbeitsweise ist zwar aufwändiger, dafür formen, so wie wir es gelernt haben. Heute sehe ich mich viel- verhindern wir die Verarmung des Bodens, schützen seine mehr als Begleiter des Waldes. Und nun, kurz vor der Rente, Wasserspeicherkapazität und stellen sicher, dass das Kommu- habe ich das Gefühl, dass mir der Wald auch etwas zurückgibt. nikationsnetzwerk der Bäume erhalten bleibt». Sieh her!» Gsell zeigt auf einen am Boden liegenden Baum- «Ich störe mich etwas daran – und mit meiner Erfahrung gegen stamm auf einer kleinen Lichtung, welcher dick in Moose, ver- Ende meiner Förster-Laufbahn kann ich das nun auch ungeniert schiedene Pilze und Farne eingepackt ist. Ein Überbleibsel des sagen – dass in der Waldwirtschaft unheimlich viel mit Formeln, Sturms «Lothar». Gleich daneben thront aufrecht eine impo- Hochrechnungen, Prognosen und künstlichen Massnahmen sante Eiche mit knorriger Wuchsform und gut sichtbaren hantiert wird, welche den Wald als eigenständigen Akteur aus- Spechthöhlen. «Ist dieser Anblick nicht wunderbar?» klammern», kommentiert Gsell. Auch er als Förster sehe den Klimawandel selbstverständlich als enorme Herausforderung für die Zukunft. Doch bei einer nachhaltigen Nutzung wird der Wald FOTO Robin Hill
milan 3 | 2021 09 Bir dLi fe Aar gau VOGEL DES BEFREIT VOGEL DES JAHRES BEFREIT JAHRES 20 20 Darum braucht es Ihre Spende JAHRES VOGEL DES 20 BEFREIT S JAH RE S Inspirieren Wissen vermitteln VOGEL DE 20 BEFREIT hat sich über and der Aar- Der milan als Verbandszeitschrift Seit vielen Jahren setzt der Verb m klein en gedruckten ine, BirdLife die Jahre von eine gauer Natur- und Vogelschutzvere Kreative Sektionen in der Pandemie 14 r Nat urze itsch rift mit gut Kreative Sekt ionen er Mitglieder Newsletter zu eine Aargau, auf die Information sein demie 14 Bir dLi fe Aar gau llen Fotos in der Pan Mission en KreativemitSektion B geht weiter neuen14Ideen 17 recherchierten Artik eln, prof essi one Wissen um und der Öffentlichkeit. Gerade das in der PanB demie t weiter Missiontiongeh e Sek en n 17 nell en Plan ung gem ausert. und einer redaktio ativ en Kre mit neu ie 14 Idee dem in der Pan geht weiter vor unseren die Naturschätze, die wir alle Mission B mit neuen Ideen 17 ift zum Teil auf ehre namt- B geh t weiter Flächen, Ein- Obwohl die Zeitschr Haustüren haben, hilft, wertvolle Mission Ideen 17 JAHRESTHEMA Ökologische mit neuen ist der Aufw and für das Infrastruktur – ein Lebensnetz it eine Vielfalt licher Arbeit basiert, zelbäume oder Hecken, und dam für die Schweiz 04 n . miila MA Ökologi sche n nich t zu dec ken Heft ohne Spende JAHRESTHE etz – ein Lebensn Infrastruktur lten. an Tier- und Pflanzenarten zu erha n 04 l a für die Sch weiz logische m EMA Öko Jeder Beitrag hilft! JAHRESTH ensnetz ur – ein Leb n Infrastrukt an 04 i l Sch weiz ologische die EMA Ök m fürRE STH netz JAH Leb ens tur – ein l a ast ruk 04 i Erfahrung austauschen Infr 20.05.21 21:12 Sch weiz m für die 1 Titel-Steinkauzretter.indd 1 20.05.21 21:12 ngsprojekten Die Darstellung von Renaturieru 1 kauzretter.indd 1 Titel-Stein 21:12 20.05.21 Adressen Bir dLi fe Aar gau im milan und die Publikation von 21:12 20.05.21 1 inkauzretter.indd 1 Titel-Ste neue Pro- wichtiger Ansprechpartner stösst dd 1 einkauzretter.in 1 Titel-St den jekte an. Erfahrungsberichte aus schaffen den notw end i- Sektionen gen Austausch, denn aus den Fehlern anderer kann gelernt und Gutes muss nicht immer neu erfunden werden. Abo sichern FOTO Martin Becker 4x im Jahr für nur 30 Franken Unterschied! Ihre Unterstützung macht den Bir dLi fe Aar gau Steinkäuze. Empfangsschein / Récépissé / Ricevuta Einzahlung Giro Versement Virement Versamento Girata Einzahlung für / Versement pour / Versamento per Einzahlung für / Versement pour / Versamento per Zahlungszweck / Motif versement / Motivo versamento BirdLife Aargau BirdLife Aargau Bitte um Auswahl (ankreuzen): Natur- und Vogelschutz Natur- und Vogelschutz Milan Abo 30 Franken 5000 Aarau 5000 Aarau Milanspende CH49 0900 0000 5000 0099 3 CH49 0900 0000 5000 0099 3 Konto / Compte / Conto 50-99-3 Konto / Compte / Conto 50-99-3 Einbezahlt von / Versé par / Versato da CHF CHF ▼ ▼ ▼ ▼ • • Einbezahlt von / Versé par / Versato da 441.02 105 Die Annahmestelle L’office de dépôt L’ufficio d’accettazione
10 BIRDLIFE AARGAU milan 3 | 2021 Tätigkeiten und Projekte aus dem Vorstand Verbandstätigkeit Zum Tod von Esther Krummenacher Willkommen zurück: Nach einem mehrmonatigen Aus- Am 8. Mai 2021 hat Esther fall aus gesundheitlichen Gründen ist unsere Geschäfts- Krummenachers Herz auf- führerin Kathrin Hochuli seit dem 1. Juli 2021 wieder im gehört zu schlagen. Ihre fast Büro. Wir freuen uns sehr, dass es ihr schon wieder viel 40-jährige Tätigkeit in der besser geht und BirdLife Aargau hoffentlich noch lange und für die Aargauer Natur auf ihr grosses Engagement und ihre Expertise zählen hat nachhaltige Spuren hin- darf. Wir wünschen Kathrin einen guten Wiedereinstieg terlassen. in den Arbeitsalltag. Nach dem Zoologiestudium Mit Kathrins Rückkehr verlässt uns Chiara Baschung, die und drei Jahren als Projekt- während der Abwesenheit die Geschäftsstelle ad interim leiterin beim Ökobüro ANL geführt hat. Wir wünschen Chiara für ihre berufliche gründete Esther 1986 mit 34 Zukunft alles Gute und hoffen, dass sie dem Aargau Jahren ihr eigenes Unter- Esther Krummenacher. weiterhin verbunden bleibt. nehmen «Ökologische Bera- tungen» in Hausen. Sie war bis zuletzt im Natur- und Arten- Pferdetrainingsbahn Reinach: Damit die Pferdetrainings- schutz mit Schwerpunkt im Zurzibiet tätig, in Zusammenar- bahn Speck bestehen bleiben kann, ist eine Umzonung nö- beit mit Kanton, Gemeinden und diversen Kommissionen. tig. BirdLife Aargau hat sich dafür eingesetzt, dass in diesem Obwohl Esther Krummenacher als Amphibien-Spezia- Zusammenhang entsprechende ökologische Ausgleichs- listin bekannt war und ihr diese Artengruppe besonders massnahmen geleistet werden. In Zusammenarbeit mit dem am Herzen lag, war sie eine Generalistin. Ihre Stärke lag WWF, CreaNatira, dem Landwirt und nicht zuletzt unserer darin, Aufwertungsmöglichkeiten zu erkennen, diese den lokalen Sektion ist ein tolles Vorprojekt entstanden. Verschie- richtigen Leuten vorzuschlagen und sie schliesslich um- dene Strukturen wie Tümpel, Hochstamm-Obstbäume, zusetzen. Die Umsetzung im Feld und der Einbezug der Hecken, Asthaufen und wertvolle Wiesenflächen sollen die Akteure in der Natur standen dabei stets im Zentrum. bestehenden Lebensräume des Wynetals vernetzen mit Gerne packte Esther auch selbst tatkräftig mit an und den beiden Talseiten Homberg und Rinecher Berg. Dieser zeigte so Landwirtinnen, Förstern und Mitgliedern von Fall zeigt einmal mehr, dass sich die lösungsorientierte Zu- Naturschutzvereinen: Ich bin eine von euch, ich schreibe sammenarbeit mit den Landwirten, den Behörden und den nicht nur Konzepte! anderen Naturschutzorganisationen im Aargau auszahlt. Die Weigerung, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, war typisch für Esther. Hauptsache, es konnte schlussend- BirdLife-Weiterbildungen: Längerfristige Planungen sind lich etwas für die Natur getan werden. Mit ihrer pragmati- aufgrund der Corona-Situation immer noch schwierig. schen, engagierten Art gelang es Esther, viele Widerstände Für Veranstaltungen im Freien sieht es im Moment aber für Naturschutzvorhaben abzubauen. So entstand über die recht gut aus. So hat die Ausbildungskommission be- Jahre nicht nur eine Vernetzung von Lebensräumen in schlossen, kurzfristig einige ornithologische Weiterbil- Wald und Offenland, die seinesgleichen sucht, sondern dungstage anzubieten. Weitere Informationen zu den auch ein grosses Netzwerk aus verschiedensten Akteu- Daten und Inhalten sind auf unserer Webseite unter der rinnen und Akteuren. Rubrik «Veranstaltungen» zu finden (siehe auch Veran- Eine starke, herzensgute Frau mit unglaublichem Taten- staltungskalender auf der letzten Milan-Seite). Die Teil- drang, Energie und Engagement hat diese Erde verlassen. nehmerzahlen sind beschränkt. Wir werden versuchen, die Aargauer Natur auch in Zu- kunft im Sinne von Esther zu schützen. Yvonne Schwarzenbach und Steffi Burger MEHR INFORMATIONEN www.birdlife-ag.ch
milan 3 | 2021 BIRDLIFE AARGAU 11 Einladung zu den Vorständekonferenzen 2021 Findet wieder statt! Orte Letztes Jahr fielen die Vorständekonferenzen coronabe- Aargau West: dingt aus. Stattdessen wurde ein Newsletter verschickt. Donnerstag, 4. November, Dieses Jahr sind in gewohnter Manier vier Anlässe ge- plant, in der Hoffnung, dass diese durchgeführt werden ca. 20.00 Uhr, Region Aarau können. An den Vorständekonferenzen informiert Bird- Life Aargau über interessante Themen aus dem Verband. BirdLife Schweiz und der Kanton stellen ausserdem ihre Aargau Ost: aktuellen Schwerpunkte und Neuigkeiten vor. Alle Vor- Donnerstag, 11. November, standsmitglieder der Sektionen sind herzlich eingeladen, an diesen Anlässen teilzunehmen. ca. 20.00 Uhr, Region Brugg Das Detailprogramm wird kurz vor dem Anlass bekannt gegeben. Aargau Süd: Donnerstag, 18. November, Sollte das vorgeschlagene Datum in Ihrer Region nicht passen, haben Sie die Möglichkeit, an einen der drei ca. 20.00 Uhr, Region Wohlen anderen Orte auszuweichen. Wir freuen uns, möglichst viele Vorstandsmitglieder Aargau Nord: begrüssen zu dürfen. Donnerstag, 25. November, Vorstand BirdLife Aargau ca. 20.00 Uhr, Region Frick INSERATE Sturnus Gute Naturbücher sind eine Hauptsache www.haupt.ch
12 BIRDLIFE AARGAU milan 3 | 2021 Tierisch gute Nachrichten Der Erlebnispfad bietet immer mehr Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. Diesen Frühling brütete sogar erstmals ein Eisvogel- paar auf dem Gelände. Text: Petra Zajec, Leiterin Naturzentrum Klingnauer Stausee Jeden Sommer verfolgt das Team des Naturzentrums genau, wie sich die Natur auf dem Erlebnispfad entwickelt. Die Beob- achtungen sind eine wichtige Grundlage, um den Erfolg der Aufwertungen und der Pflegemassnahmen zu beurteilen. Bis- her haben sich die angelegten Gewässer, Magerwiesen und Fütternde Eisvögel. Kleinstrukturen sehr gut entwickelt und jedes Jahr konnten neue Arten auf dem Gelände nachgewiesen werden. Diese positive Entwicklung setzt sich auch 2021 fort. Neue Tier- und Pflanzenarten Die Magerwiesen und Ruderalflächen blühten – wegen der nass-kalten Witterung – fast einen Monat später als im ver- gangenen Jahr. Die Blütenpracht war dennoch vielfältiger: Neben verschiedenen Klee-Arten und Margeriten blühten die- ses Jahr auffällig viele Kuckuckslichtnelken. In der Ruderalflä- che entwickelte sich ein ansehnlicher Bestand an Wilden Kar- den und diversen Königskerzen. Zudem konnten neue Arten entdeckt werden, darunter die Büschel-Nelke und die Ge- meine Ochsenzunge. Auch bei den Tieren konnten neue Arten bestimmt werden. Zur grossen Freude des Teams tauchten im späten Frühling erstmals Molche im Flachteich auf. Dabei handelte es sich nicht etwa um Büschel-Nelke. den häufigen Bergmolch, sondern um ein balzendes Teich- molch-Pärchen! Im Rahmen einer Weiterbildung im Juni wur- flüge und Balzfütterungen. Es folgten Sichtungen der Eisvö- den dann die Azurjungfern genauer unter die Lupe genommen gel beim Einfliegen in die ausgegrabene Brutröhre. Als adulte und dabei ebenfalls eine neue Art entdeckt, nämlich die Gabel- Tiere mit Fischen im Schnabel in der Brutwand verschwanden, Azurjungfer. Diese Kleinlibelle breitet sich seit einigen Jahren stand dann definitiv fest: Sie sind am Brüten! Anfang Juni stark aus und bevorzugt Gewässer in frühen Sukzessionsstadien. schliesslich folgte mit der Beobachtung von drei jungen Eis- vögeln der Beweis, dass die Brut auch erfolgreich war. Einige Erste Eisvogel-Brut Tage lang konnte aus dem Hide immer wieder die Fütterung Das unbestrittene Highlight des Frühlings war die erste erfolg- eines Jungtieres beobachtet werden. Doch bald schon blieb reiche Brut der Eisvögel. Nachdem im April 2019 dank zahl- nur das adulte Paar am Teich zurück. Eine zweite Brut ist also reichen Sponsoren eine künstliche Brutwand sowie ein Steil- nicht ausgeschlossen… ufer am grossen Teich angelegt werden konnten, wartete das Team im vergangenen Jahr vergeblich auf ein Eisvogel-Paar. Dieses Jahr begann mit guten Vorzeichen: BesucherInnen FOTO EISVOGELFÜTTERUNG Gerda Tobler und Team beobachteten im April immer wieder Verfolgungs- FOTO BÜSCHELNELKE Petra Zajec
milan 3 | 2021 BIRDLIFE SCHWEIZ 13 Planung von Jubiläumsprojekten jetzt beginnen Das Jahr 2022 und damit das 100-jäh- Belangen: naturschutzfachliche Fragen, rige Jubiläum von BirdLife Schweiz und Finanzierung und Projektabwicklung. BirdLife International kommt in grossen Sind Sie nicht sicher, ob Ihre Projektidee Schritten näher. Wir möchten dieses ge- zu den 100 Naturjuwelen passt? Haben meinsam mit den Sektionen begehen! Sie andere Fragen? Kontaktieren Sie uns Drei Bestandteile stehen im Vordergrund unter 044 457 70 25 (Nathaly Brupba- des Jubiläums: cher) oder www.birdlife.ch/jubilaeum. 1. 100 Projekte, um zusammen ein Mo- Die Arbeiten für eine äusserst attraktive saik aus Naturjuwelen zu schaffen; Wanderausstellung sind bereits ange- 2. eine moderne, attraktive Wanderaus- laufen. BirdLife-Sektionen können die stellung, um der Bevölkerung die Wanderausstellung im Sommerhalbjahr Ökologische Infrastruktur, das Lebens- 2022 kostenlos ausleihen und damit die netz für die Schweiz, näherzubringen; Bevölkerung für die Biodiversität und die 3. ein Fest für die Vorstandsmitglieder Naturschutzarbeit sensibilisieren. Die und Delegierten der Mitgliedorgani- Chancen stehen gut, dass wir dank Stif- Baumpflanzung: Ein mögliches Projekt auch für sationen am Samstag, 27. August tungsgeldern einen Flugsimulator be- Ihre Sektion? 2022, am Klingnauer Stausee. reitstellen können. Dieser wirkt als star- kes Publikumsmagnet und verhilft der Machen Sie mit und werden Sie Teil Biodiversität zu mehr Aufmerksamkeit. unserer Jubiläumsvision Berücksichtigen Sie die abwechslungs- 100 Naturschutzprojekte für ein Mosaik reiche Wanderausstellung für einen aus Schweizer Naturjuwelen. Überlegen wichtigen Anlass im 2022 und klären Sie Sie sich, ob Sie mit der Sektion ein klei- die Verfügbarkeit der Ausstellung mit neres oder grösseres Projekt durchfüh- dem BirdLife-Team ab: www.birdlife.ch/ ren können. Im Vordergrund stehen die jubilaeum. Aufwertung oder die Neuschaffung von Auch das Datum des grossen Jubilä- wertvollen Lebensräumen, denn diese umsfests soll reserviert sein: Samstag, sind für die Biodiversität von höchster 27. August 2022, am Klingnauer Stausee. Dringlichkeit. Hecken, Kleinstrukturen, Eingeladen sind alle Vorstandsmitglieder Brachen, Blumenwiesen, lichter Wald, und Delegierten der BirdLife-Sektionen. Tümpel, Weiher und so weiter: Die Band- Es stehen also wichtige Planungen und breite wertvoller Lebensräume ist riesig. viel Arbeit für das Jubiläumsjahr an. Noch mehr ökologische Juwelen wie Buntbrachen Aber auch andere Projekte sind denkbar. Packen wir es an: Gemeinsam für die und Obstgärten - das Ziel von BirdLife Schweiz. BirdLife Schweiz bietet Beratung in allen Biodiversität – lokal bis weltweit! Erfolgreiche Förderung der Uferschwalbe Den Uferschwalben fehlt in die Schweiz vom Aargauer Kiesunternehmer Ulrich Vögel Schweiz rund 25 solche Sand- der Lebensraum. Steilwände von Fluss- Müller entwickelt wurden, helfen der schüttungen in der ganzen Schweiz ufern suchen sie vergebens, und auch bedrohten Art. BirdLife Schweiz, BirdLife realisiert. Mit grossem Erfolg: Bereits Kiesgruben werden knapp. Brutwände Aargau und weitere Partner haben im 40% des Schweizer Bestands brüteten aus einer speziellen Sandmischung, die Rahmen des Artenförderungsprogramms 2020 in derartigen Wänden. FOTO BAUMPFLANZUNG Raffael Ayé/BirdLife MEHR INFORMATIONEN www.birdlife.ch TEXT Raffael Ayé, Geschäftsführer BirdLife Schweiz FOTO BUNTBRACHE Lukas Merkelbach/BirdLife
14 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN milan 3 | 2021 Zwei gestrandete Graureiher, die sich in der Vogelpflegestation prächtig erholen konnten.
milan 3 | 2021 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN 15 Spannender Alltag in der Vogelpflegestation In den Aargauer Vogelpflegestationen wird täglich Unglaub- liches geleistet. Die freiwilligen Mitarbeitenden nehmen Tele- fone von besorgten Leuten ab, füttern hungrige Vögel und überwachen den Zustand ihrer Schützlinge. Neben vielen Routine-Arbeiten warten ab und zu auch Highlights auf die fleissigen Helferinnen und Helfer. Ein Bericht aus der Vogel- pflegestation Unteres Seetal. Text: Sarah Locher Wenn Brigitte Urech um acht Uhr mor- und putzen Käfige. Pro Schicht sind das Mit der Pinzette fütterten wir sie mit gens das Beratungstelefon einschaltet, zwei bis vier Personen, in der Hauptsai- zerschnittenen Mäusen und kleinen dann beginnt ihre freiwillige und zeitin- son idealerweise drei bis vier, denn: Die Fischen. Nach einer Woche zügelten tensive Arbeit für die Vogelpflegestation Vogelpflegestation (VPS) ist als Anlauf- wir sie in einem Korb in die Aussenvo- Unteres Seetal bereits. Eine Kundin stelle beliebt. Am 20. Juni wurde die liere. Viermal am Tag wurden sie ge- spricht aufs Band: Eine Amsel ist bei ihr Marke von 130 gepflegten Vögeln bereits füttert, abwechselnd einmal mit Maus am späten Abend noch in das Wohnzim- erreicht. Die HelferInnen werden durch und einmal mit Fisch. Beim Füttern merfenster geflogen. Ein Kunde schickt das Kernteam der VPS Unteres Seetal be- musste man auf der Hut sein, denn ein Bild eines Nestes mit fünf jungen treut. Neben Brigitte Urech sind das Jac- Graureiher können blitzschnell mit Haussperlingen, welches er nach einem queline Lehn und Monica Locher. dem Schnabel zustossen: Von den 19 Sturm im Garten gefunden hatte. Von Und die VPS Unteres Seetal ist nicht die Halswirbeln ist der sechste für diese Frühling bis Spätsommer klingelt das einzige Vogelpflegestation im Kanton Aargau; die Stationen in Oftringen und Die zwei jungen Graureiher, eingeliefert nach einem Sturm, wurden täglich mit Mäusen und In der Hauptsaision Möhlin tragen mit enormem Aufwand Fischen gefüttert. und Engagement zusammen mit der VPS drei bis vier Personen Unteres Seetal die grosse Arbeitslast. pro Schicht Wer solche Arbeit verrichtet, der macht das aus zwei Gründen: Einerseits, um «Vogeltelefon» durchschnittlich zehn wunderbare Begegnungen mit der Vo- Mal täglich – und das von Montag bis gelwelt zu erfahren und andererseits für Sonntag zu jeder beliebigen Tages- und das Gewissen, einen Beitrag zu deren Er- Nachtzeit. Um die jeweils für das Telefon halt leisten zu können. Verantwortlichen zu entlasten, wurden nun Telefonzeiten festgelegt, welche Die zwei Oftringer Graureiher sich mit den Öffnungszeiten der Station Susi Stocker von der VPS Oftringen er- decken. zählt gerne von einer derartigen Be- So beginnt der Tag für die freiwilligen gegnung: HelferInnen in der alten Scheune am Fu- «Am 4. Mai 2021 bekamen wir auf- sse des Schlossberges in Lenzburg eben- grund des Sturms vom Vortag drei falls um acht Uhr. Schichtweise einge- Graureiher. Einer war schwer verletzt. teilt, füttern engagierte Frauen und Män- Diesem konnten wir leider nicht mehr ner die gefiederten Patienten, helfen, aber die anderen beiden erhol- kontrollieren deren Gesundheitszustand ten sich gut und gediehen prächtig. FOTOS 14, 15 Susi Stocker
16 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN milan 3 | 2021 Fähigkeit mit einem Spezialgelenk aus- werden. So auch die neulich eingelieferte gerüstet. Ende Mai zogen die beiden in Mönchsgrasmücke. Das Vögelchen ver- einen Horst auf der Tanne hinter der brachte einige Tage alleine, bis es für stark Station. Ab sofort war bei den Helfern genug befunden wurde. Dann wurde es Treffsicherheit gefragt, die hoch gewor- fenen Mäuse und Fische wurden von Mönchsgrasmücke den Graureihern aufgefangen. Schon bald kletterten die beiden vorwitzig auf sucht Nähe zum der Tanne herum, hüpften auf den Bo- Sperling den und kehrten wieder in den Horst zurück. Seit Ende Juni werden sie nun in ein Gehege mit drei Feldsperlingen ver- nur noch abends gefüttert, durch den legt. In den ersten Minuten sah es noch 1 Tag sind sie selbständig unterwegs. nicht so gut aus: Kurz wurde die Mönchs- Bald werden sie die Pflegestation wohl grasmücke gepickt und weggedrängt. werden sie nach einigen Tagen Flug- oder übel verlassen. In diesen sieben Doch das Junge gab nicht auf – rück- training in die Freiheit entlassen. Ganz Wochen verzehrten sie an die 170 wärts rutschte es auf einen der Sperlinge auf sich allein gestellt sind sie auch dann Mäuse und 16 kg Fisch. Hoffen wir, dass zu und kuschelte sich an ihn. Und siehe nicht – Schälchen mit Pinkies, Wachs- sie in der Natur ihren Platz finden!» da: Die Kuschelattacke wurde erwidert! motten und Körnerfutter werden den Schon eine Stunde später sass die ausgeflogenen Patienten bereitgestellt, Die einsame Mönchsgrasmücke Mönchsgrasmücke zwischen den Felds- um die ersten Tage in Freiheit möglichst Ein Vogeljunges ist nicht gerne alleine. perlingen, als kannten sie sich schon ewig. angenehm zu gestalten. Nach ein paar Schon oft konnten die HelferInnen der Sobald ihre Federn ausgebildet sind Tagen werden diese Futterstellen nicht VPS Unteres Seetal beobachten, wie Pa- und sie komplett selbständig fressen, mehr angeflogen – unsere gefiederten tienten regelrecht aufblühen, sobald sie werden die vier neuen Freunde in die Freunde haben ihren Platz in der Natur mit anderen Vögeln zusammengeführt Aussenvoliere verlegt. Von dort aus wieder gefunden. 2
milan 3 | 2021 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN 17 Haben die Geschichten Ihr Interesse geweckt? Die Vogelpflegestationen sind immer froh um Unterstützung durch freiwil- lige Helferinnen und Helfer sowie Spenden für Futter und Material. Melden Sie sich doch bei der Ihnen nächstgelegenen Station! Auf den Internetseiten finden Sie ausserdem viele spannende Infos dazu, wie man sich gegenüber einem Vogel in (vermeintlicher) Not zu verhalten hat. VPS Unteres Seetal 076 502 71 30 • www.vogelpflege-unteresseetal.ch Storchenstation Möhlin 077 456 21 35 • www.moehlin-natur.ch Vogelpflegestation Oftringen Roland Zimmerli, 079 407 07 94 • Urs Meyer, 079 568 95 03 Susi Stocker, 079 289 27 76 www.nvo-oftringen.ch 3 1: Die kleine Mönchsgrasmücke fand neue Freunde in der Vogelpflegestation – über die Artgrenzen hinweg. 2: In der Aussenvoliere werden die Vögel wieder auf die Freiheit vorbereitet. 3: Vorsichtig werden die kleinen Schützlinge mit einer Pipette gefüttert. 4: Besonders Ende Sommer sind Mauer- und Alpensegler häufige Patienten der Vogelpflegestation. 5: Haussperlinge gehören zu den am häufigsten behandelten Arten der Vogelpflegestation. 6: Die zwei Graureiher kurz vor ihrer «Entlassung». 4 5 6 FOTOS 1–5 Sarah Locher FOTO 6 Susi Stocker
18 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN milan 3 | 2021 Gelb-schwarze Nachbarinnen Haben Sie gewusst, dass Wespen äusserst wichtig für unser Ökosystem sind? Sie verhindern beispielsweise, dass Bremsen, Schmeissfliegen oder Mücken Überhand nehmen. So kann ein Hornissenvolk pro Tag 500 Gramm Insekten verzehren, was nach zwei Tagen dem Volumen eines 35 Liter Kehrichtsacks entspricht. Und Wes- pen sind auch die einzigen Tiere, welche die Larven des bei Gärtnern unbeliebten Buchsbaumzünslers jagen. Text: Thomas Hänsch, wespenschutz.ch Eine Deutsche Wespe auf Nahrungssuche. In Mitteleuropa kommen circa 800 Wespenarten vor, welche grossen Nester mit 6000 bis 10'000 Tieren bei uns zahlen- überwiegend solitär (alleine) leben. Nur neun davon sind so- mässig am häufigsten vor. ziale Faltenwespen. Sie bauen ein Nest und können in vier Untergruppen eingeteilt werden. Da die Nester dieser sozialen Langkopfwespen Wespen nicht selten an menschennahen Orten wie in Dach- Ein häufig vorkommender Vertreter der Langkopfwespen ist stühlen oder Storenkästen angelegt werden, geht von diesen die Sächsische Wespe. Sie baut ihre bis fussballgrossen, Tieren das grössere Konfliktpotential aus. Deswegen wollen grauen Nester freihängend in Dachstöcken, Scheunen oder wir Ihnen diese vier Untergruppen nun etwas genauer vor- auch mal unter einer Veranda. Ein Langkopfwespen-Volk stellen. beheimaten selten mehr als 600 Bewohnerinnen. Um ihre Larven zu ernähren, jagen sie lebendes Futter wie Mücken, Kurzkopfwespen Bremsen oder Fliegen - einfach alles was sie überwältigen Die Gemeine wie auch die Deutsche Wespe sind Vertreter können. Langkopfwespen sind äusserst selten in der Nähe der Kurzkopfwespen. Sie bauen ihre versteckten Nester an der Menschen anzutreffen und wenn doch, dann sind sie ruhigen, dunklen Plätzen wie im Estrich, unter Ziegeln, hin- sehr nützlich, da sie uns Insekten vom Leib halten, die uns ter Fassaden oder in alten Mäusebauten - in diesem letzten im Alltag auf die Pelle rücken. Fall spricht der Volksmund von «Erdwespen». Für die Lar- venaufzucht werden Proteine in Form von Aas gebraucht. Feldwespen Die Kurzkopfwespen werden von uns oft als lästig empfun- Die Feldwespe ist jedes Jahr die erste Vertreterin der Wes- den, weil sie häufig in der Nähe des Menschen nach Fleisch- pen, die aus dem Winterschlaf erwacht. Sie lässt sich durch resten suchen. Sie kommen durch ihre im Herbst doch sehr die im Fluge herunterhängenden, langen Beine sowie den
milan 3 | 2021 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN 19 hohen Schwarzanteil in ihrer Färbung sehr gut bestimmen. Tipps und Tricks Die Nester sind in der Regel nur etwa handtellergross und Von den gelb-schwarzen Untermieterinnen geht für uns Men- beherbergen um die 30 Tiere. Feldwespen bauen ihre Wa- schen kaum eine Gefahr aus. Trotzdem möchten die meisten ben ohne schützende Hülle, wie dies andere Wespen tun. Betroffenen sie so schnell wie möglich loswerden. Hartnäckig Sie sind äusserst friedlich und stechfaul, ihr Stachel vermag halten sich spektakuläre Vorurteile und fast jeder kann mit menschliche Haut zudem kaum zu durchdringen. haarsträubenden Erlebnissen aufwarten, um die Angriffslust dieser Insekten zu dokumentieren. Meist zu Unrecht sind Weiterführende Infos und Hilfe bei Problemen finden Sie unter www.wespenschutz.ch. Offenes Nest von Feldwespen. Diese Unterfamilie ist durch einen hohen Schwarzanteil und die langen Beine leicht zu bestimmen. Hornissen Wespen in unserer Gesellschaft deshalb eher negativ behaftet. Die Hornisse ist die grösste europäische Wespenart. Sie Unsere Erfahrung ist jedoch, dass nach einem klärenden Ge- baut Ihre Nester am liebsten in hohlen Bäumen. Wenn spräch mit ExpertInnen die Nester in den meisten Fällen an diese nicht zur Verfügung stehen, kann ein Volk, bestehend Ort und Stelle gelassen werden können. Sofern man sich an aus maximal 600 Individuen, auch mal an einem anderen, folgende Tipps und Tricks hält, stehen geselligen Sommer- ruhigen und geschützten Ort das Nest bauen. Die Nester abenden trotz der Wespen nichts im Wege: sind ockerfarben und unten immer offen. Dies ermöglicht • Keine weiten, flatternden und bunten Kleider tragen • Keine stark parfümierte Pflegeprodukte oder Haarsprays Hornissen sind besser als ihr benützen • Nicht nach herumfliegenden Tieren schlagen Image • Keine raschen oder hektischen Bewegungen machen • Speisen und Getränke abdecken dem Betrachter einen guten Blick auf die Waben. Hornis- • Beim Trinken aus Dosen Trinkhalm verwenden sen jagen wie die Langkopfwespen lebendes Futter und da- • Wenn möglich eine Distanz von 2–4 Meter zu den Nestern bei vor allem verschiedene Wirbellose. Da stehen auch mal einhalten Spinnen, Bienen oder andere Wespen auf dem Speiseplan. • Flugbahn zum Nest freihalten und nicht dauerhaft verstellen Es ist aber keineswegs so, dass Hornissen den Imkern ganze Bienenvölker dezimieren könnten. Es werden immer nur einzelne Tiere auf Blüten, an Trinkstellen oder auch direkt in der Luft erbeutet. FOTOS 18, 19 wespenschutz.ch
20 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN milan 3 | 2021 Projekt «Biodiversität im Melerfeld» auf Kurs Im auf 10 Jahre ausgelegten Vorhaben des Natur- und Vogel- schutzes Möhlin zeichnen sich erste Erfolge ab. Über 20 Bauernbetriebe sind motiviert, weitergehende Massnahmen zum kantonalen Programm LABIOLA (Landwirtschaft, Bio- diversität, Landschaft) umzusetzen. Die Strukturvielfalt wird durch das vermehrte Anlegen von Brachen, Säumen und Kleinstrukturen deutlich erhöht. Einige innovative Elemente kommen gut an. Erste Daten aus den Erfolgskontrollen sind vielversprechend, aber noch nicht repräsentativ. Text: Markus Kasper, NV Möhlin Blick von Bünte ins Melerfeld
milan 3 | 2021 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN 21 Das im Milan 4/2019 erstmals vorge- Entscheidend für das Gelingen eines Projektfortschritte. stellte Projekt «BiM» möchte im fast 10 solchen Projektes sind die guten Lokal- Quadratkilometer grossen Ackerbau- kenntnisse eines örtlichen Natur- und Über 20 LandwirtInnen im Boot gebiet zwischen Möhlin, Zeiningen und Vogelschutzvereins. Dies sowohl bezüg- Das während Jahren aufgebaute Ver- Wallbach (Fricktal) den auch schweiz- lich guter Beziehungen zu den Bauern, trauen zu unseren LandwirtInnen half weit festgestellten Artenschwund im wie auch punkto örtlicher Kenntnisse zu uns, die Bäuerinnen und Bauern von Kulturland stoppen. Dabei werden mit den topografischen und faunistischen unserem Vorhaben zu überzeugen. Es Unterstützung der Bauern spezifische Gegebenheiten. So können auf verhält- fanden intensive Gespräche auf den Stand 2020 Ziel BiM Zielerreichung Strukturanteil 4% 2% 200% = Brachen, Säume und Hecken in Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Brachen 1450 Aren 2000 Aren 73% Bunt-, Rotationsbrachen und Säume Strukturreiche Dauerweide 13 Stück - - Mit dornigen Buschgruppen, Asthaufen Kleinstrukturen 328 Stück 100 Stück 328% Nach Richtlinie LABIOLA Einheimische Ackerbegleitflora 300 Aren 300 Aren 100% Besonders spezielle Arten auf Lössboden Getreide mit weiter Saat 3415 Aren 1000 Aren 342% Fläche kann jährlich schwanken Feldscheunen mit Qualität 8 Stück 10 Stück 80% Aus Holz, Nisthilfen, Busch/Baum daneben Artenförderungsmassnahmen für fünf nismässig kleinen Fruchtfolgeflächen Höfen statt. Einige wenige Absagen lokaltypische bedrohte oder bereits gezielt qualitativ hochwertige Biodiver- mussten erwartungsgemäss hinge- ausgestorbene Zielartengruppen um- sitätsförderflächen und Vernetzungs- nommen werden, aber der Grossteil gesetzt: Feldlerche, Steinkauz, Kreuz- strukturen errichtet werden. In der Folge der Landbesitzer und Pächter konnten kröte, Wildbienen und Acker-Flora auf sollen nun einige Fakten nach dreijähri- von den Vorteilen überzeugt werden. Lössboden. Dieser Arten-Mix soll den ger Projektdauer erläutert werden: Hilfreich war dabei die gute Zusam- Facettenreichtum der lokalen Biodiver- menarbeit mit der Firma Agrofutura sität repräsentieren. Aus einer Palette Finanzierung bezüglich der Koordination und fachli- von acht Massnahmen zugunsten dieser Nachdem der Regierungsrat das Projekt chen Unterstützung zum Programm und weiterer gefährdeter Arten, kön- gutgeheissen und via Swisslos Aargau LABIOLA des Kantons. nen die Landwirte drei auswählen, um mit einem grossen Beitrag unterstützt mit von der Partie zu sein und um von hatte, konnten bald weitere sechs nam- Strukturvielfalt erhöht geleisteten Zusatzbeiträgen zu profi- hafte Sponsoren gewonnen werden, Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass tieren. Neben diesen finanziellen sodass dem Projekt nun Mittel in der bereits nach drei Jahren mehrere Beiträgen bietet BiM aber auch Bera- Grössenordnung einer halben Million BiM-Ziele bezüglich der Anzahl ge- tung, Ausbildung, Erfolgskontrollen, zur Verfügung stehen. Entscheidend für wünschter Biodiversitätsförderflä- Kommunikation und tatkräftige Mit- die Überzeugung der Geldgeber ist eine chen erfreulicherweise erreicht oder hilfe an. solide, fundierte Dokumentation der sogar übertroffen worden sind.
22 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN milan 3 | 2021 Buntbrache-Team im Einsatz. Feldscheunen aus Holz sind ein typisches Landschaftselement des Melerfeldes. Dank Beiträgen kann ihre Umgebung ökologisch aufgewertet werden.
milan 3 | 2021 AKTUELLES / AUS DEN SEKTIONEN 23 Hat auch Ihre Sektion eine Idee, wie die Ökologische Infrastruk- tur in der Gemeinde verbessert werden könnte? Bis 2023 veranstaltet BirdLife Aargau jährlich einen Wettbewerb, in dem es CHF 4'000 zu gewinnen gibt. Informationen finden Sie unter: www.birdlife-ag.ch/aktuell/milan/ Jahresthema/Ökologische-Infra- struktur/Wettbewerb-Ökologi- sche-Infrastruktur Wirkungskontrollen Als vorerst wichtigste Erfolgskontrolle kommt das bereits seit 1999 praktizierte Avimonitoring der typischen Kulturland- Vogelarten zum Zug. Sieben Teams kar- tieren auf drei Umgängen im Frühling Ausser Brachen sind auch Erbsen- oder Linsenfelder (Bild) für die Feldlerche geeignete Kulturen zum ausgewählte Vogelarten im gesamten ungestörten Brüten, da sie relativ spät geerntet werden. Projekt-Perimeter. Zwei Winterkartierun- gen sollen die Wichtigkeit von Brachen Innovationen • Beiträge für Feldscheunen aus Holz, und Säumen ausserhalb der Brutzeit do- • Im Jahr 2020 kam erstmals ein Brache ein typisches Landschaftselement des kumentieren. Neu erstellte georeferen- Team den Landwirtschaftsbetrieben Melerfeldes. Die Beiträge dienen der zierte Karten ermöglichen uns die Aus- zu Hilfe: In 5 Einsätze mit insgesamt Instandhaltung, der ökologischen Auf- scheidung der Brutvogelreviere mittels 52 Personen und 117 Stunden Arbeit wertung und Umgebungsgestatung. dem Kartierungsprogramm «Terrimap» wurden Brachen von unerwünschten • Mit fachlicher Unterstützung von Agro- der Vogelwarte Sempach. Pflanzen befreit. futura und BirdLife werden Testver- Anlass zu Hoffnung geben im Frühling • Speziell hergestellte mobile Greif- suche mit neuen Brache-Mischungen 2021 vermehrte Reviere der Feldlerche, des vogelstangen aus dunklem Stahlrohr im Melerfeld vorgenommen. Neben Neuntöters und der Dorngrasmücke. Er- finden bei den LandwirtInnen reissend der optischen Attraktivität soll auch freulich sind auch die Bruten von Schwarz- Absatz. Im Winter stehen sie in den das Nahrungsangebot für Wildtiere kehlchen, Gartenrotschwanz und Feld- Brachen, im Frühling auf Wiesland. im Winter verbessert werden. schwirl. Repräsentative Daten werden wir aber erst in ein paar Jahren zeigen können. INSTERAT Wie geht es weiter? 2021 konnten bereits weitere BiM-Ver- träge abgeschlossen werden. Speziell für die Kreuzkröte sind wir an der Bereit- stellung eines Reservates mit grossen ab- lassbaren Teichen. Ein Heckenschneide- kurs ist für diesen Herbst vorgesehen. Ausführliche Informationen und Jahresberichte 2018-2020 unter www.moehlin-natur.ch FOTOS 20–23 Markus Kasper
24 HERAUSGEPICKT milan 3 | 2021 Panikmacher unter den Wasservögeln Ein durchziehender Fischadler im Frühling und Spätsommer zählt für Vogelbeobachter zu den Glücksmomenten. Unter den Wasser- vögeln löst sein Erscheinen meist Panik aus. Als Brutvogel in der Schweiz vor über 100 Jahren ausgestorben, steht er heute kurz vor seiner Rückkehr. Text: bhe Vogelbeobachtung am Klingnauer Stausee an einem schönen Als Brutvogel sind Fischadler in der Schweiz schon vor Spätsommertag. Plötzlich kommt Bewegung in die Menge über 100 Jahren ausgestorben resp. wurden durch Ab- der Wasservögel; die eben noch ruhig dümpelnden Enten schüsse ausgerottet. Wilderer, Eiersammler und das Um- fliegen in wilder Panik auf und davon. Verursacher des Auf- weltgift DDT setzten dem Fischadler in ganz Europa zu. Die ruhrs ist ein Fischadler, der majestätisch und ruhig über den Bestände gingen dramatisch zurück und erreichten in den Stausee dahin zieht und dann langsam Richtung Wasserfläche 1970er-Jahren einen Tiefststand. Seither nehmen die Zahlen hinunter gleitet. Mittelmeermöwen und Krähen verfolgen den Eindringling, attackieren ihn und versuchen ihn zu ver- Wiederansiedlung in der Region treiben. Nur langsam kehrt wieder Ruhe ein unter den Was- servögeln. Eigentlich müsste keiner von ihnen den Fischad- Murtensee auf gutem Weg ler fürchten, denn dieser ist – wie es sein Name verrät – fast ausschliesslich an Fischen interessiert. Seine Jagdtechnik ist durch Schutzbemühungen in verschiedenen Ländern Euro- voll und ganz auf diese Hauptbeute fokussiert. Nur ausnahms- pas wieder zu. Es ist eine Frage der Zeit, bis der Fischadler auch weise «vergreift» er sich an verletzten oder geschwächten in der Schweiz wieder brütet. Vögeln sowie kleinen Säugetieren, Fröschen oder Krebsen. Der Westschweizer Vogelschutzverband «Nos Oiseaux» hat sich für die Wiederansiedlung an einem speziellen Ort Auf Umwegen ins Winterquartier entschieden. Auf dem für die Öffentlichkeit gesperrten Eine besondere Fischadler-Beobachtung im September Landwirtschaftsareal der Strafanstalt Bellechasse in der Re- 2020 bleibt in Erinnerung: Der Vogel flog so tief, dass seine gion Murtensee hat die Organisation seit 2015 jährlich 12 Beringung auf der Fotoaufnahme abgelesen werden junge Fischadler aus Schottland, Deutschland und Norwegen konnte. Im Protokoll der Beringungszentrale finden sich ausgesiedelt. Gleichzeitig wurden Nistplattformen in einem zum Fischadler «Black BT12» folgende Hinweise: Als Jung- grösseren Umkreis der drei Jurarandseen installiert. Nach- vogel beringt im Juni 2020 auf der Ostseeinsel Hiddensee dem 2018 bis 2020 mehrere der beringten Jungadler wieder (Deutschland), am 18. August 2020 in Rheinsulz AG wieder- zurückgekehrt sind, steigt die Hoffnung auf eine erfolgreiche entdeckt. Tatsächlich wurde der Vogel aus einem Fischteich Rückkehr des Fischadlers als Brutvogel in der Schweiz. Die im Fischergut in Rheinsulz gerettet und in die Greifvogel- Aussiedlung von Jungvögeln wird nicht unterstützt von station in Berg am Irchel gebracht. Der junge Fischadler war BirdLife Schweiz und der Vogelwarte, welche beim Fischadler unverletzt, jedoch erschöpft und ausgehungert. Nachdem auf eine natürliche Wiederansiedlung setzen – auch wenn er dort aufgepäppelt und am 1. September in den Thurauen diese etwas länger dauern sollte. freigelassen wurde, setzte er seine Reise ins Winterquartier fort und wurde am Klingnauer Stausee nochmals beobach- tet und fotografiert. FOTOS 25 Beni Herzog
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