Aktuell- Nr.14 2021 - Heimatverein Burgsteinfurt
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Immer da, immer nah. Aktiv 50Plus: Das Sicherheitspaket für alle ab 50. Katharina Lindhof Hermann Lindhof Torsten Kolthoff Ihre Provinzial Geschäftsstelle Lindhof & Kolthoff OHG Wilhelmsplatz 5 48565 Steinfurt Tel. 02551/14920 Fax 02551/192090 lindhof-kolthoff@provinzial.de
Inhalt aktuell 14/ 2021 1 Inhaltsverzeichnis 2 Grußwort 3 Einladung zur Jahreshauptersammlung 2021 4 Blaudruckerei 6 Termine Januar bis Juni 2021 7 Rückblicke Vorträge 2020 8 Der Dritte Ort 9 Jahresfahrt 2021 11 Aufzeichnungen Käthe Konik 20 Schutzmasken für das UKM Marienhospital 22 Plattdüütsk Radio 25 Brunscher Garten 28 Buchvorstellung 30 Johan Halo (Hallau) 35 Vortragsreihe 2021 39 Kaufhaus in Burgsteinfurt 42 Seuchen in Steinfurt 46 Schlacht um Sedan 50 Termine Juli bis Dezember 2021 52 Datenschutzerklärung 54 Beitrittserklärung 55 Organigramm 56 Informationen und Impressum
2 aktuell 14 / 2021 Vorwort der Vorsitzenden des Heimatvereins Liebe Heimatfreunde, seit vielen Monaten ist nichts mehr wie sind die „Aufzeich- es war. Die Pandemie hat uns fest im nungen von Käthe Griff und hat bis heute und weit darü- Konik“, zusammen- ber hinaus Einfluss auf fast alle Aktivi- gestellt von Günther täten unseres Vereinslebens. Wir muss- Hilgemann, Erfah- ten auf viele geliebte Veranstaltungen rungen mit dem Plattdeutschen Radio verzichten und haben schmerzlich von Heinz Epker, ein Bericht über Johan festgestellt, was es bedeutet, einander Halo und seine Erfindung der Lichtglas- nicht mehr begegnen und sich austau- lampe sowie ein Blick auf 120 Jahre schen zu können. Waren- und Kaufhaustradition in Stein- Das Virus konnte aber die Leidenschaft furt, die mit dem Kaufhaus Vorgerd zu vieler Heimatfreunde nicht bremsen. Ende geht. Aktueller denn je ist sicher So hat die Blaudruckwerkstatt im Ap- der Bericht zu „Seuchen in der Vergan- ril gemeinsam mit dem KulturForum- genheit“, der einige Parallelen zu heuti- Steinfurt eine Aktion gestartet, bei der gen Erfahrungen aufzeigt. mit Hilfe von fast 100 Ehrenamtlichen Das neue Jahr hält erneut ein breites 1.500 Masken genäht und dem Kran- Spektrum an Heimatthemen für Sie be- kenhaus übergeben werden konnten. reit. Die verschiedenen aktiven Grup- Viele der ausgefallenen Vorträge wur- pen des Heimatvereins Burgsteinfurt den auf das kommende Jahr verscho- haben viel vorbereitet. Aus aktuellem ben. Der Frauentreff plant im neuen Anlass werden manche Termine lage- Jahr Begegnungen mit spannenden angepasst über die Presse bekanntge- Vorträgen. Eine Erlebnisfahrt in den geben. Schwarzwald steht im August 2021 auf Im Namen des Vorstandes und des Bei- dem Programm. rates bedanke ich mich bei allen, die In Kürze erscheint unter dem Titel „Aus das neue vielseitige Programm erarbei- Steinfurt in die weite Welt vom 14. bis tet haben, die in der Vergangenheit und 19. Jahrhundert“ ein neues Buch, das auch für das kommende Jahr Garanten Dr. Eckhardt Hammerström und Willi und Garantinnen für ein gelingendes Alff für den Heimatverein erarbeitet ha- Miteinander in den genannten The- ben. Die Leserinnen und Leser erwartet menbereichen sind. eine eindrucksvolle Darstellung der Auswanderergeschichte ergänzt durch Ebenso bedanke ich mich bei allen eine Auflistung Steinfurter Auswande- Sponsoren, die uns unterstützen. rer. Für viele sicher eine interessante Möglichkeit, Bezüge zu Ihren Vorfahren Bitte achten Sie auf Ihre Gesundheit! herzustellen. Lesenswert im neuen Programmheft Ihre Barbara Herrmann
Einladung zur Jahreshauptersammlung 2021 aktuell 14 / 2021 3 An alle Mitglieder des Heimatvereins Burgsteinfurt e.V. Liebe Heimatfreunde, sehr geehrte Damen und Herren, hiermit lade ich Sie zu unserer Jahreshauptversammlung recht herzlich ein. Die Versammlung findet am Freitag, den 19. März 2021, um 19:00 Uhr im Martin-Luther-Haus statt. Tagesordnung: TOP 1: Begrüßung TOP 2: Geschäftsbericht des Vorstandes TOP 3: Kassenbericht TOP 4: Bericht der Kassenprüfer TOP 5: Entlastung des Vorstandes TOP 6: Wahlen TOP 7: Verschiedenes Wie bereits in den Jahren zuvor wird auch diese Jahreshauptversammlung von einem Unterhaltungsprogramm eingerahmt. Sie dürfen sich überraschen lassen. Der Saal ist um 18:30 Uhr geöffnet, es können keine Plätze reserviert werden. In der Hoffnung auf einen gemeinsamen gemütlichen Abend verbleibe ich mit freundlichen Grüßen Ihr Heimatverein Burgsteinfurt Dr. Barbara Herrmann 1. Vorsitzende
4 aktuell 14 / 2021 Blaudruckerei Annelie Elfers und Annette Rehaag Das Jahr 2020 in der Blaudruckerei: Anders, komisch, merkwürdig… Nachdem wir, wie in jedem Jahr, in ren. Das war ein sehr interessanter und der ersten Woche die Blaudruckerei zugleich informativer Einblick in seine geschlossen hatten, wurde die Weih- Tätigkeit. nachtsdeko entfernt und alles nahm Am 13.März hatten wir die Werkstatt seinen gewohnten Lauf. Wir haben uns letztmalig unter „normalen Bedingun- getroffen, um viele Diensteinsätze zu gen“ geöffnet. Ab dem Tag wurde vieles koordinieren und das Jahr zu planen. anders: Am 2. März kam der freie Fotograf Hei- Der Heimatverein beschloss, gemein- ko Specht in die Blaudruckerei, um für sam mit dem KulturForumSteinfurt Na- das WDR-Fernseharchiv zu fotografie- se-Mund-Schutzmasken für das UKM Heiko Specht fotografierte in der Blaudruck- MHS zu nähen. Von Kolleginnen des werkstatt für das WDR-Fernseharchiv. Blaudruckteams wurden Schnitte vor- bereitet, ganz viele Stoffe und Schräg- bänder zugeschnitten und vom Kultur- ForumSteinfurt verteilt. Nach erfolgreicher Beendigung der Aktion entstand die Idee, Nase- Mund-Schutzmasken aus Blaudruck- stoffen zu fertigen und in der Blaudru- ckerei anzubieten. Nach dem „Okay“ des Ordnungsamts der Stadt Steinfurt für die Öffnung der Blaudruckerei be- gannen wir mit der Fertigung. Am 28. April haben wir die Blaudrucke- rei erstmals wieder zu den normalen Zeiten geöffnet. Bis dahin waren schon Bestellungen für fast 60 Mundschutz- masken telefonisch eingegangen. Am Samstag, den 2.Mai war der Andrang so groß, dass viele Kunden geduldig auf der Kirchstraße in einer langen Warteschlange standen. Auch an den folgenden Dienstagen und Frei- tagen standen etliche Interessenten vor
Blaudruckerei aktuell 14/ 2021 5 der Blaudruckerei an, um Mundschutz aus Blaudruckstoffen zu bekommen. Die Nachfrage hält bis heute an und mittlerweile sind ca. 600 Masken gefer- tigt worden. Natürlich fertigen wir auch weiterhin Tischdecken, Läufer, Gardinen, Tro- ckentücher, Kissen, Schürzen und vieles mehr, gerne auch nach individuellen Wünschen. Das Werkstatt-Team freut sich auf Ihren Besuch. Das Team der Blaudruckwerkstatt. Steinstr. 39 · 48565 Steinfurt-Burgsteinfurt Tel. 0 25 51.54 71 · info@nacke-steinfurt.de www.nacke-steinfurt.de Nicola von der Lippe Steinstr. 33 48565 Steinfurt www.anker-apotheke-steinfurt.de
6 aktuell 14 / 2021 Veranstaltungskalender Januar - Juni 2021 Veranstaltungskalender Januar - Juni 2021 Durch die Corona-Pandemie ist die Durchführung der Veranstaltungen gefähr- det. Die genauen Termine mit den Abfahrtszeiten sowie eventuelle Voranmeldun- gen werden rechtzeitig in der Tagespresse sowie auf der Homepage des Heimatvereins www.heimatverein-burgsteinfurt.de veröffentlicht; ebenso zusätzliche Termine/Veranstal- tungen, Abendradtouren, eintägige Fahrten, Snatgänge und Wanderungen. Januar 2021 4. 1. Frauentreff: Winterwanderung, Presse beachten 18.1. Winterwanderung mit Grünkohlessen bei Familie Dudek (Sellen, Anmeldung erforderlich – Presse beachten). Februar 2021 01.2. / 14.45 Uhr Frauentreff (Niedermühle oder Martin-Luther-Haus), Presse beachten März 2021 1.3. / 14.45 Uhr Frauentreff (Niedermühle oder Martin-Luther-Haus), Lesung Jürgen Hübschen, Presse beachten 19.3. / 19Uhr Jahreshauptersammlung (Martin-Luther-Haus) April 2021 12.4. / 14.45 Uhr Frauentreff (Niedermühle oder Martin-Luther-Haus), Presse beachten Buchweizenpfannkuchenessen Der Termin wird analog zum Corona-Geschehen über die Presse bekannt gegeben. Voraussichtlicher Termin: April 2021 Vogelstimmenexkursion mit Nicole Heinrichs, Treffen 6 Uhr, Burgsteinfurt, (Parkplatz am Bagno) Voraussichtlicher Termin: April 2021 Vortrag: Von Recht und Unrecht. Das Protokollbuch des Steinfurter Richters Gerd van Scheven aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Sebastian Schröder, (Niedermühle). Der Termin wird analog zum Corona-Geschehen über die Presse bekannt gegeben. Voraussichtlicher Termin: April/Mai 2021 Mai 2021 3.5. / 14.45.Uhr Frauentreff (Niedermühle oder Martin-Luther-Haus), Presse beachten Juni 2021 7.6. / 14.45 Uhr Frauentreff (Niedermühle oder Martin-Luther-Haus), Presse beachten
Rückblick Vorträge 2020 aktuell 14/ 2021 7 Gottfried Bercks Nur ein Vortrag und ein Film Einschränkungen durch Corona Was waren wir, Anfang März 2020 noch instabiler. Auch im Westen Deutsch- frohen Mutes, als uns abrupt das Co- lands bekommen seit den späten 1920 rona-Geschehen einholte! Damit war Jahren nationalistische, völkische und nicht zu rechnen gewesen! Ein Groß- rassistische Bewegungen wachsenden teil unserer geplanten Veranstaltungen Zulauf. musste ausfallen, da die Corona-Schutz- Ausgefallen sind die Vorträge von Her- bestimmungen nicht in allen Fällen ein- mann-Josef Pape zum Thema „Burg- gehalten werden konnten. So kam es, steinfurt als Lazarettstadt“ am 3. März dass von sieben Veranstaltungen nur sowie die Vogelstimmenexkursion, die zwei durchgeführt wurden. Zum einen für den 21. März geplant war. ging es um den Film „Weimar im Wes- Der Vortrag „Recht und Unrecht, das ten", der noch in die Zeit vor Corona fiel Protokollbuch des Steinfurter Richters und im Rahmen eines Projektes vom Gerd von Scheven aus der ersten Hälfte Landschaftsverband erstellt und von Dr. des 16. Jahrhunderts”, den Sebastian Ralf Springer kommentiert wurde. Schröder auf Einladung des Kulturfo- Die Weimarer Republik war die erste rums Steinfurt und des Burgsteinfurter Demokratie Deutschlands und zugleich Heimatvereins am 21. April halten soll- voller Gegensätze. Sie war entstanden te, wurde ebenfalls verschoben. aus der Urkatastrophe des Ersten Welt- In die Große Kirche verlegt wurde der krieges und dem Zusammenbruch des Vortrag von Dr. Christof Spannhoff über Kaiserreiches. Politische und kulturelle Ursprung und Standort des Gotteshau- Aufbrüche und soziale Fortschritte gin- ses am 15. September. Der Referent gen mit sozialen Konflikten und extre- schloss dabei nicht aus, dass die Anfän- mer Gewalt einher. Eindrücklich wurde ge bereits im 9., wenn nicht gar im 8. gezeigt, dass die Demokratie mit ihren Jahrhundert vermutet werden dürfen. Errungenschaften keine Selbstver- Als Gründe nannte der Historiker, dass ständlichkeit ist. Die sogenannte Wei- die städtische Siedlung später entstand marer Koalition aus Sozialdemokraten, als die Kirche im Bereich des Friedhofs. Zentrum und Liberalen kommt in West- Der heutige Stadtbereich wurde erst im falen zu viel höheren Wahlergebnissen 13. Jahrhundert angelegt (erste Erwäh- als im übrigen Reich. Besonders die nung 1322). katholische Zentrumspartei feiert im Da der Referent erkrankt war, musste Westen ihre größten Wahlerfolge. Doch auch der Vortrag von Dr. Willi Feld zu die politische Situation wird immer „Geschichten aus der Nazizeit“ am 15. Oktober ausfallen.
8 aktuell 14 / 2021 Der Dritte Ort Quelle: Westfälische Nachrichten Dritter Ort hat gute Karten Steinfurter Konzept-Präsentation überzeugt in Dortmund Auf Antrag des Heimatvereins Burg- sondern vielmehr einen ge- steinfurt und Dampfross e.V. soll die schichtsträchtigen Ort neu beleben“, ehemalige jüdische Schule Dritter Ort so Herrmann, um bei allen künftigen in Steinfurt werden. Dazu hatten die Angeboten allein schon durch den Ort beiden Vereine in einer ersten Antrags- Geschichte lebendig werden zu lassen. phase 50.000 Euro zur Konzeptentwick- In dem gemeinsamen Tun aller Akteure lung erhalten. Ein erstes Ideenmining, entsteht so eine neue Qualität von kul- bei dem sich über 18 Organisationen tureller Arbeit, die die ländlich gepräg- und Vereine aus Steinfurt beteiligten, te Kultur des miteinander Umgehens fand im Sommer statt. Den Zwischen- neu definiert und vielen Überraschun- stand des gesamten Projektes stell- gen Platz gibt. ten nun Hans Schröder (Baudezernent Das Projekt in Steinfurt will zu neuen der Stadt Steinfurt) und Dr. Barbara Kooperationen anregen und auch junge Herrmann (Direktorin des KulturFo- Leute in den Dritten Ort einbeziehen. rumSteinfurt und Vorsitzende des Hei- Der Steinfurter Dritte Ort setzt dabei matvereins Burgsteinfurt) im Rahmen ganz bewusst auf die geschichtlichen einer Veranstaltung zur Vernetzung Wurzeln und will in dem neu zu bilden- aller vom Land NRW geförderten Drit- den Quartier rund um die Hohe Schule, te-Orte-Projekte unter Beteiligung des in das auch der Garten der Hohen Schu- Parlamentarischen Staatsekretärs Klaus le miteinbezogen wird, einen Begeg- Kaiser (Ministerium für Kultur und nungsort schaffen, der zum Verweilen, Wissenschaft NRW) vor. „Wir wollen zum Mitmachen, zum Neu-Entdecken mit der ehemaligen jüdischen Schu- und Lernen einlädt. le keine neue Gedenkstätte schaffen, Hans Schröder (Baudezernent der Stadt Steinfurt), Dr. Peter Krevert (Heimatverein Burgstein- furt/ KulturForumSteinfurt, Klaus Kaiser (Parlamentarischer Staatsekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft), Dr. Barbara Herrmann (Heimatverein/ KulturForumSteinfurt).
Jahresfahrt 2021 aktuell 14/ 2021 9 Hermann Lindhof Erlebnisfahrt auf 2021 verschoben Unsere fertig geplante Mehrtagesfahrt Kosten sind dem Heimatverein durch in den Schwarzwald musste im Jahr diese Verschiebungen nicht entstan- 2020 aufgrund der Corona-Pandemie den. leider ausfallen. Die Einschränkungen Wir hoffen, die Fahrt im Jahr 2021 bei der Busfahrt, beim Hotelaufenthalt durchführen zu können, werden aber und bei den Besichtigungen und Füh- verbindlich dazu erst im Frühjahr wei- rungen unter Pandemie-Bedingungen tere Informationen geben. In den hätte allen Teilnehmern keinen Spaß nächsten Monaten werden wir die und Urlaubsfeeling gebracht. Das Risiko Corona-Pandemie weiter genau beob- einer Ansteckung unter den Teilneh- achten und uns dann in Absprache mit mern war zum Zeitpunkt der Absage dem Vorstand des Heimatvereins ent- leider nicht abschließend zu beurteilen scheiden. und uns als Organisatoren zu groß. Bitte achten Sie auf sich und bleiben Alle Programmpunkte wurden für 2020 Sie gesund. Den Termin dürfen Sie aber abgesagt und auf das Jahr 2021 ver- gerne schon im Kalender markieren. schoben. Das Programm stellen wir nachfolgend für Sie noch einmal dar. Zauberhafte Momente im Schwarzwald Die Planung für die Erlebnisfahrt des Am ersten Tag führt die Route vorbei Heimatvereins im Sommer 2021 führt an der weltgrößten Kuckucksuhr, durch in den Schwarzwald. Die Vorbereitun- den mittleren Schwarzwald und durch gen für die große Fahrt vom 5. bis 8. das bekannte Glottertal zu einem Ab- August 2021 in den mittleren Schwarz- stecher und Aufenthalt in Freiburg. Un- wald durch die Familien Lindhof und terwegs sind noch weitere interessante Helker wurden schon im Jahr 2020 ab- kurze Haltepunkte mit eingeplant. geschlossen. Für die Übernachtung wurde ein Drei-Sterne-Hotel mit Wellnessabtei- lung und Schwimmbad gefunden. Von dort aus geht es dann an zwei Tagen auf große Besichtigungs- und Erkundungs- fahrt. Triberger Wasserfälle
10 aktuell 14 / 2021 Jahresfahrt 2021 Der zweite Tag beginnt mit einer Fahrt Alles kann und soll hier an dieser Stelle über die Schwarzwaldhöhenstraße in noch nicht verraten werden. Das Pro- die faszinierende Fachwerkstatt Gen- gramm wurde für vier Tage in der bis- genbach und endet mit einer Vorfüh- lang bewährten Qualität ausgearbeitet rung zur Herstellung der Schwarzwäl- und wird noch einige weitere Überra- der Kirschtorte und einer Kuchentafel schungen beinhalten. im Hotel. Begleitet wird die Gruppe wieder von Damit die Fahrt abgerundet ist, werden örtlichen und kundigen Reiseleitern. auf der Hin- und Rückfahrt ebenfalls be- Sie sind schon jetzt herzlich zu dieser sonders interessante Ziele angesteuert. Fahrt eingeladen. Bitte notieren sie sich Innenstadt Gengenbach den Termin im Kalender. Mehr wird im Frühjahr in der Ankündigung in der Ta- geszeitung stehen. Verbindliche Anmeldungen mit an- schließender Zahlung des Reisepreises für diese Fahrt können voraussicht- lich ab April/Mai 2021 persönlich im Provinzial-Büro Lindhof-Kolthoff, Wil- helmsplatz oder unter der Telefon-Nr. 02551-14920 erfolgen. Vorher sind kei- ne Anmeldungen möglich. ; Sa., 11–14 Uhr
Aufzeichnungen Käthe Konik aktuell 14/ 2021 11 Aus dem Original wortgetreu übertragen im März 2020 von: Günther Hilgemann Aufzeichnungen der Käthe Konik, Jahrgang 1899, vom 9. April 1945 Die Aufzeichnungen wurden in Süt- Münster, die sich nach 2 Stunden bot. terlin in ein schlichtes Schulheft mit Eine Strecke fuhr er, dann musste er Bleistift geschrieben. Das Heft trägt wieder ein Stück laufen und so ein paar das in Kinderschrift ausgefüllte Um- Mal. In 4 Stunden, um ½ 2 Uhr also war schlag-Fenster „Joachim Konik, 2. er dann bei uns. Nach dem Essen legte Schuljahr, Burgsteinfurt“. Darunter hat er sich etwas hin, da er die Nacht vorher die Mutter geschrieben: Nachtdienst hatte. 2 Min. von uns ent- „Aufzeichnungen von mir über den fernt liegt das Kino der Stadt Burgstein- 17. 3. 1945“ furt. Da mein Mann seit Monaten im An diesem Tag verloren wir bei dem Bunker arbeitete und des Alarm wegen Bombenangriff meinen Mann Alfons, 45 Jahre und meinen Sohn Hans Jür- gen, 14 Jahre in Burgsteinfurt. Mein Sohn Joachim, 7 Jahre alt wurde sehr schwer verletzt, wurde wieder gesund, aber der verletzte Arm blieb ca. 10 cm kürzer.“ Die Hefteintragungen, beginnend mit der Nummerierung 4: „Burgsteinfurt Rottstr. 3 Der 17. März 1945 und die folgenden Tage“ Der 17. März brachte über mich und meinen Jungen das große Leid. Mittags gegen ½ 2 Uhr kam mein Mann ganz überraschend aus Münster zu uns. Ich empfing ihn mit den Worten „ach der Pappa kommt, fein, dass wir noch et- was Essen über gelassen hatten.“ Er brachte den Kindern und mir ein paar Kleinigkeiten aus der Kantine mit und erzählte, dass er seit ½ 10 früh schon unterwegs war. Der Zug fuhr nicht, da wartete er auf eine Transportmög- Eine Textseite aus dem Schulheft, in das Käthe lichkeit auf den Steinfurterschen in Konik die dramatischen Ereignisse vom März 1945 geschrieben hat.
12 aktuell 14 / 2021 Aufzeichnungen Käthe Konik kein Kino besuchte, fassten wir den Ent- schluss, um 4 Uhr alle ins Kino zu ge- hen. Bis kurz vor 4 Uhr war Alarm, dann gab es Entwarnung. Schnell ging Hans Jür- gen hin und holte die Karten. Wir trafen uns im Kino. Hans Jürgen wollte erst nicht gehen, da er im Kino aber Freun- de traf, löste er für sich auch eine Karte. Wir setzten uns ans äußere Ende der Bank, um bei Alarm schnell draußen zu sein, um schnell nach Hause laufen zu An dieser Stelle vor dem Burgsteinfurter Kino kamen am 17. März 1945 über 150 können. ¼ Stunde lief das Stück, da gab Burgsteinfurter um Leben. es Vollalarm. Wir gingen sofort raus. Ich ermahnte meinen Mann, Hans Jür- Ich hatte nicht die Kraft, dorthin zu ge- gen und Bübchen, schnell zu laufen. Ich hen, es wäre mir unmöglich gewesen, lief noch schneller vor, um die Tasche meinen Mann und meine Jungens ohne aus der Wohnung schnell in den Kel- Kopf und evtl. schrecklich verstümmelt ler zu bringen. Nach ein paar Schritten zu sehen. Da lief der Sohn Erwin von bemerkte ich, dass über uns die Flieger Apenhaus (Abbenhaus) hin und kam sehr stark brummten. Ich drehte mich mit Bübchen auf dem Arm an. Der Arm um und rief meinem Mann und den hing herunter, das Gesicht weiß und Jungens zu, schneller zu gehen, hatte voller Schmutz, die Haare verbrannt. dabei den Gedanken, die Jungens hät- Herr Flintermann, der Sohn der Haus- ten doch auch mit mir schneller laufen wirtin nahm das Kind und wir liefen können, wenigstens den Kleinen hätte zum Krankenhaus. Dort waren schon ich anfassen sollen. Aber dann dach- einige Schwerverletzte. Das Bübchen te ich wieder, der Pappa ist ja bei den schrie nur immer Schwester, Schwester Jungens. War aber schon etwas verär- helfen Sie mir schnell. Inzwischen lag gert, weil sie mir zu langsam gingen. der ganze Flur voll Schwerverletzter, die Ich lief schnell weiter, dann hörte ich es weinten und stöhnten, der ganze Flur zischen, ich lief weiter. Beim Fallen der voll und es wurden immer noch mehr ersten Bombe stand ich, war durch den gebracht, grausig. Endlich kam mein Luftdruck nicht in der Lage, mir die Oh- Junge ins Operationszimmer, ich muss- ren zuzuhalten. Bei der zweiten Bombe te davor warten. kam aber sofort zu mir legte ich mich auf einen Steinhaufen und rief, meine Angehörigen sind da, und dann suchte ich noch Schutz in wo die Bomben fielen. einem Haus, die Türe gab nicht nach, Nun lief ich nach Hause, um zu sehen, dann war ich in unserem Keller Rott- was mit Alfons und Hans Jürgen war, straße 3. Da wurde mir schwindelig, hoffte ein kleinwenig, dass wenigstens
Aufzeichnungen Käthe Konik aktuell 14 / 2021 13 einer zu Hause wäre. Aber leider. Ich Bett bringen. Vorher sagte ich nur zum bekam von Hausbewohnern Bescheid, Bübchen, du gehst doch nicht weg von sofort zu Bäcker Epping (Ecke Markt Mutti, du bleibst doch bei mir. Er war - An der Hohen Schule) zu kommen. am ganzen Körper kalt. Als er dann im Da lag Hans Jürgen schwer verletzt. Bett war, deckte ich ihn zu. Ich kam hin, da lag er in seinem Blute. Jetzt lief ich zum Rackerlein ins Laza- Oben im Rücken hatte er Bombensplit- rett, ungefähr nach einer Stunde und ter, die Lunge getroffen, er war schon da musste ich das Schwerste meines etwas verbunden. Sowie ein Auto kam, Lebens erfahren. Mein Junge, mein Al- wurde er mit anderen Schwerverletz- les war schon von mir gegangen, ohne ten ins Lazarett (Seminar) gebracht. Er Abschied, ohne einen letzten Blick, kam sofort ins Operationszimmer. Der ohne noch einmal Mutti gesagt zu ha- Oberarzt sagte nur gleich, dass es sehr ben. Ganz alleine ist er gestorben, mein schlecht stehe. Aber dass er noch den Rackerlein, der mir in den letzten Mo- Abend sterben müsste, hätte ich nie ge- naten schon so recht eine Stütze war, dacht. Da ich die Operation nicht hät- der mir jede schwere Arbeit abnahm, te mit ansehen können, sollte ich nach der mir alles besorgte. Der genau Be- einer Stunde wieder kommen. Nun lief scheid wusste, ob wir bei Alarm in den ich zum Bübchen, der lag im kath. Kran- Keller mussten oder nicht, der mir Licht kenhaus. Dort suchte ich ihn nur erst. legte. Alles was kaputt war, machte er Er lag im Badezimmer auf einer Chai- heil. Auch klappte es in der Schule gut sel(ongue). Links von ihm auf einem mit ihm, wenn auch oft Alarm war. Mit Strohsack lag ein 14 jähriges Mädchen seinen Freunden bastelte er Segelschif- in den letzten Zügen. Die Schwester fe. Zuletzt bastelte er sich selbst eines. stand dabei und betete, Soeben sie tot Halb fertig ist es geworden. So eifrig war, kam ein weiterer Schwerverletzter war er dabei, fragte mich so oft, wel- ins Zimmer. Auch der starb, dann kam cher von den 3 Anstrichen wohl der noch eine Frau, auch die starb. Da sagte Beste wäre. Dann hatte er sich zu den ich zur Schwester, ist es denn mit mei- Farben Natur und Rot entschieden. Al- nem Jungen auch soweit? Sie sagte, das les hatte er sich aus Coesfeld geholt, liegt in Gottes Hand, der Puls geht nicht Handwerkszeug, Sperrholz, kleine Nä- mehr. Ich kann nicht sagen, was ich gel, Leisten, Lack, Leinöl unter größter empfand, ich glaubte, jedes Gefühl ging Gefahr. Nichts konnte er mehr vollen- mir aus dem Körper. Bübchen stöhn- den. Mein guter so lieber Junge. te nur und fror so sehr. Ich bat jede Gebrochen verließ ich das Lazarett, Schwester um eine Decke, aber in dem der Pfarrer begleitete mich zum Kran- großen Wirrwarr kamen die Schwestern kenhaus zu Bübchen. Da saß ich nun gar nicht wieder. Bis ich eine Schwester die ganze Nacht am Bett von Bübchen, nicht mehr los ließ, sie bat, sie soll mir beschwor ihn, mich nicht zu verlas- den Jungen aus dem Sterbezimmer ins sen, für mich zu leben. Bei den großen
14 aktuell 14 / 2021 Aufzeichnungen Käthe Konik Schmerzen und trotz der großen Schwäche, mit der er zu kämpfen hatte, versprach (er) es mir immer wieder. Die Nacht war er noch klar, aber von Sonn- tag fünf ab konnte er kein Wort mehr richtig aussprechen. Wenn ich mit ihm sprach, sah er mich verständnislos an, lallte etwas oder sah zur anderen Sei- te, als wenn er nicht hören und sehen konnte. Die Finger krampften sich. Ich sah das mit Schrecken, glaubte nun, dass er auch noch den Verstand verlie- ren würde. Nur das nicht, dann hätte ich ein Kind und hätte es auch wieder nicht. Dieser Zustand dauerte bis zur Nacht, dann ging er langsam vorüber. Das Ganze war ein Schock nach dem furchtbaren Erleben. Paul Weißbrodt, Jahrgang 1933, erinnert sich Er hat alles mit vollem Bewusstsein an die Bombeneinschläge vom 17. März 1945. erlebt. Nachdem die Bomben gefallen waren, stand er auf, weil es so brannte. Seminar kam. (Joachim Konik erzählt am 10. März Bei Bübchen saß ich die erste Nacht 2020, dass er damals mit dem Vater und die 2. Nacht, außerdem den gan- und dem Bruder vom Kino wegrannte, zen Tag bei seinem Bett, bei dauern- sie aber den fallenden Bomben nicht dem Alarm mit vielen Angriffszeichen. mehr entkommen konnten. Der Vater Bübchen konnte bei seinem schwer- habe zu den Jungen nur noch „hinlegen, verletzten Zustand nicht in den Keller hinlegen“ gerufen. Die Mutter habe sich gebracht werden. So waren wir im Zim- vor ihnen hinter eine Panzersperre ge- mer und warteten auf die Angriffe, ich worfen.) dicht über Bübchen gebeugt, damit es Den schwer verletzten Arm hat er mit uns beide treffen sollte. der anderen Hand festgehalten. Sein Am Sonntag früh wusste ich von Alfons Haar war versengt. Nach seinen Anga- noch nichts. Ich ahnte, dass er tot wäre, ben hat sich auch Rackerlein trotz der darum schickte ich aus unserem Hause schweren Verletzungen erhoben und Leute hin, ob er unter den Toten, die fragte „Wo ist Mutti?“ Dann holte Büb- jetzt im Kino lagen, sei. Meine Vermu- chen der Erwin (Abbenhaus). Racker- tung war richtig. Ich war aber erst am lein hatten dann 4 Soldaten auf eine Montag in der Lage, Alfons als Toten zu Tür gelegt und brachten ihn zu einem sehen. Bei dauerndem Alarm saß ich Sanitäterraum, von wo er sodann zum meist an Bübchens Bett. Inzwischen lief
Aufzeichnungen Käthe Konik aktuell 14 / 2021 15 ich nach den Särgen, die wegen der vie- konnte. Es brannte besonders Stadtmit- len Toten, so 200, nicht zu beschaffen te. Auch unser Haus. In meinem schwa- waren. Zum Donnerstag, früh 7 Uhr war chen Zustand seit Sonnabend nachm. die Beerdigung der Wehrmacht festge- hatte ich nichts gegessen, dabei das setzt. furchtbare Leid, der viele Alarm, brach- Bübchen wurde, da das Krankenhaus te ich sofort mein bisschen Hab und in Burgsteinfurt überfüllt war, mit an- Gut nach unten. Das ganze Haus voller deren Schwerverletzten in das kath. Qualm, dann kam doch die Feuerwehr Krankenhaus nach Borghorst gebracht, und löschte die Brandherde. Nun hieß da hier der Spezialarzt Dr. Schulte aus es alles wieder raufbringen, die großen Münster stationiert war. Stücke standen noch oben und nun ka- Am Donnerstag früh, 7 Uhr war die men auch Soldaten, die halfen. Allein Wehrmacht, auch Zivilleute, auf dem stand ich in unserem Haus bis 12 Uhr Friedhof versammelt, auch eine Ab- nachts, es brannten immer wieder Häu- ordnung der Transport-Kommandan- ser neu in unserer Nähe. Als die Gefahr tur Münster, welcher Dienststelle mein vorüber war, ging ich mit einer Frau Ab- Mann seit Beginn des Krieges ange- benhaus von nebenan in den Keller und hörte. Aber die Beerdigung konnte schliefen da. nicht stattfinden, da keine Särge vor- Freitag früh lief ich wieder rum, um handen waren. Die vielen Toten lagen endlich meine beiden beerdigt zu krie- z.T. schrecklich verstümmelt auf dem gen. Nach vieler Mühe wurde die Be- Fußboden der Totenhalle des Friedho- erdigung für Freitagabend ¼ vor 7 Uhr fes. Ich ließ Mittwochabend Alfons und angesetzt. Nachm. lief ich wieder im Hans Jürgen von der Gemeindeschwes- Alarm nach Borghorst zum Bübchen. ter waschen und Hans Jürgen ein neu- Gegen ½ 6 Uhr war ich wieder in Burg- es Oberhemd anziehen, Hosen hatte steinfurt. Die Beerdigung fand dann er noch an, ließ ihm auch eine weiße feierlich um 7 Uhr statt. Der Feld-Geist- Decke überlegen und ein paar Blumen liche sprach gut. Ich hatte mir 2 Gräber in die Hand. Alfons behielt sein Militär- gekauft, um meine Toten für mich zu zeug an. haben, da eigentlich ein Massengrab Am Donnerstag nachm. ging ich nach vorgesehen war. Ich bekam keinen Borghorst zu Bübchen (1 Stunde), um Kranz, nur ein paar Blumen. Noch lagen zu sehen, wie es ihm geht. Abends um 7 viele Tote in der Leichenhalle, z.T. stark sollte die Beerdigung für Rackerlein und verstümmelt, die Leichenhalle konnte Pappa sein. 12 Soldaten zum Tragen der man vor Verwesungsgeruch nicht mehr Särge und Pastor waren bestellt. Aber betreten. auf dem Rückwege von Borghorst sah Herr Pastor Schmitz und Frau begleite- und hörte ich es, die Engländer hätten ten mich zum Friedhof, auch sie hatten Brandbomben geworfen und die gan- am 17. März ihren Sohn Paul hergeben ze Stadt brannte. Ich lief so schnell ich müssen. Ich schlief auch bei ihnen und
16 aktuell 14 / 2021 Aufzeichnungen Käthe Konik hielt mich mit ihnen zusammen im oder jammert. Da ich im Ort schlafe, Luftschutzkeller auf und aß bei ihnen bin ich meist an seinem Bett. Aber je- abends. Ich war nun froh, meine Toten den 2. Tag laufe ich nach Burgsteinfurt in der Erde zu haben, damit sie ihre nach meiner Wohnung zu sehen. Ruhe hätten. Denn Entwarnung gab Am 31. März, genau 2 Wochen nach es nun nicht mehr. Sonnabend lief ich dem Bombenangriff auf Burgsteinfurt wieder zu Bübchen raus, kam abends wurde Burgsteinfurt und auch Bor- wieder zurück. Am Sonntag packte ich ghorst kampflos übergeben. 14 Tage meine Betten und Zeug in Säcke und vorher mussten meine beiden noch brachte alles in den Keller, auch Ge- sterben. Wie gern wäre Hans Jürgen bei schirr und Töpfe. allem bei gewesen und wie gern hätte Am Montag früh ging ich im Alarm bei er geschlafen, da es nun keinen Alarm großer Tieffliegerei nach Borghorst. Der mehr gibt. Solange war unser Leben Arzt wollte mich sprechen. Es war eine verplant geblieben. Nun zuletzt suchte Röntgenaufnahme gemacht worden. uns der Tod und das große Leid. Der Ellenbogen war ganz zerschmettert, In der Nacht vom 30. zum 31.3. blieb ich die Knochensplitter überall im Arm. Der bei Bübchen, weil es mir so unheimlich Arzt wollte sehen, ob es möglich wäre war. Morgens um 10 Uhr kamen dann den Arm zu erhalten. Ab Dienstag blieb die Engländer. Ganz ruhig verlief die ich nun ganz in Borghorst, schlief bei Sache. Aber nun mussten viele Häuser Leuten, um immer bei Bübchen zu sein. geräumt werden, damit die englischen Am Mittwoch wurde Bübchen am Arm Soldaten wohnen konnten. Dasselbe operiert, die Knochensplitter entfernt galt auch in Burgsteinfurt. Darum lief und genäht. Der Arm eiterte so sehr ich jeden 2. Tag nach Burgsteinfurt, falls von dem Gift, das den Bombensplittern auch unser Haus hätte geräumt werden anhaftet. Abends immer hohes Fieber. müssen. Bis jetzt war es noch frei. Ganz ausgeblutet lag der Junge bin Morgen, Montag den 10.4. gehe ich seinem Bett. Die Schwester hat soviel wieder nach Burgsteinfurt und komme Zweifel, ob er es durchhält. Er lag nur nach ein paar Stunden zurück. Heute, immer ganz müde und matt in seinem am Sonntag den 9.4. sitze ich den gan- Bett mit Schmerzen, aß wenig. Dabei zen Tag bei Bübchen. Bübchen lag noch saß ich nun mit meinem großen Leid, mit einem Jungen aus Burgsteinfurt, hatte niemanden, alles fremde Men- Fritz Walbring, er hatte vom Splitter schen. Nur mit der großen Sehnsucht eine Beinverletzung, aber durch das nach meinem Rackerlein. Furchtbare Gift des Splitters wurde der Fuß schon Stunden sind das. schwarz. Das Bein muss bis auf ein Auch heute, nach 3 Wochen weiß ich kleines Stück abgenommen werden. noch nicht, bleibt mir Bübchen oder Die Eltern kämpften um sein Leben, nicht. Seine Hand tut ihm so weh. Er isst die Mutter war auch immer bei ihm. wohl, spricht aber wenig, schläft meist Aber gestern, nach knapp 3 Wochen,
Aufzeichnungen Käthe Konik aktuell 14 / 2021 17 musste der arme Fritz doch sterben. Kirche, das Amtsgericht und weiter in Nach tagelangem hohen Fieber wur- der Innenstadt, aber nicht zum Markt, de er immer schwächer. Das Gift war die Kirchstraße war Grenze. Vater war im Körper weitergegangen. Das Herz als Feuerwehrführer abgesetzt, weil er machte nicht mehr mit. Nachdem er nicht in der Partei war. So konnte er mit viel ausgehalten hatte, schlief er doch Hilfe der Soldaten löschen. Haus 4 war zuletzt ruhig ein. Es war für mich und so schlimm getroffen, dass Papa es auf- das Bübchen sehr schwer, auch das mit- geben wollte. Wir fingen schon an aus- zuerleben. zuräumen. Dann war kein Druck mehr Nun sind die Feinde hier, ich selbst habe in der Leitung, so gehen wir auf die nichts Schlechtes gesehen, aber Leute andere Straßenseite, aber das ganze sprechen von Stehlen und Ruinieren. Haus war leer, alle geflohen. Das Haus Hans Jürgens Feuerwehranzug wurde daneben: 2 alte Damen waren noch da. allerdings aus meiner Wohnung ge- Kin ihr könnt wohl Wasser haben, aber nommen. Scheinbar wurden meine Sa- wir haben nur warmes und dann wird chen auch durchgesucht, vermisse aber da Feuer ja nur noch schlimmer! Als wir bis jetzt nichts weiter. Meine Mutter dachten, es sei gelöscht, rauchte es am lebte in Stettin, weiß nicht ob sie noch nächsten Morgen, eine Stabbombe hat- lebt, noch wo sie sich befindet. Bekam te sich in einen Balken gebohrt und fing schon lange keine Nachricht. Ich glau- an zu brennen. Mit viel Schaden steht be, auch die ist mir genommen worden. das Epping-Elternhaus noch. Wir müssen sterben und leiden für eine Sache, die nie die unsrige war. Auch der Feind kennt kein Erbarmen. Er hat mir alles genommen, meinen Mann, meinen so geliebten Jungen, hat mein 7-jähriges Kind zum Krüppel gemacht, außerdem unser so schwer erworbenes Hab und Gut zerstört. Diese Opfer sind zu groß.“ Ich habe gesehen, wie der Gerichtsturm (Hohe Schule) oben am Gitter abknickt und auf die Straße fällt. Ich habe laut geschrien, weil ich dachte, der fällt jetzt auf die Leute, die das ja nicht sehen konnten. Das war 8 Tage später beim Brandbombenangriff (22. März 1945). Auf unsere beiden Häuser fielen ca. 30 Der Gedenkstein auf dem evangelischen Fried- Brandbomben. Rundherum stand alles hof erinnert an die ums Leben gekommenen in Feuer, die Schulstraße, die Kleine der, Vater und Bruder von Jochen Konik
18 aktuell 14/ 2021 Aufzeichnungen Käthe Konik Elisabeth Epping erinnert sich daran: Unsere Wirtschaft war für die V2 als Krankenrevier eingerichtet. Ich sehe noch, wie Frau Kister auf einer Tür rein- getragen wird, von der Blücherstraße bis hier. Sie war so schwer verwundet, dass sie gleich weiter ins Krankenhaus kam. Ein getroffener Soldat wollte an seine Mutter eine Nachricht geben. Als ich Papier und Stift geholt hatte, war er tot. Frau Ko. (Konik) kam ganz aufge- löst herein und sagte, hier liegt mein Sohn und da liegt mein Mann, beide sind gestorben. Es war ein grausamer Nachmittag. Auch auf den Tischen wurden die Verwundeten behandelt. Abends sah die Wirtschaft aus wie ein Schlachtfeld. Mit viel Mühe, brauner Seife und Ata versuchten wir sauber zu machen. Wir waren so aufgewühlt, dass wir ums kleine Dreieck gegangen sind. Im Haus war ja auch niemand. Meine Mutter hatte die vier Kleinen im Bollerwagen zu ihrem Bruder nach Horstmar gebracht. Mein Vater war bei seiner Schwester aus Münster, die hier ihren Arm verloren hat. Später wurde in der Stadt erzählt, die Eppings Mädchen Jochen Konik, ehemaliger Pfarrer bei einem haben an einem solchen Tag nichts Bes- Burgsteinfurt-Besuch im Jahr 2005 seres zu tun als im Bagno spazieren zu gehen.
18 aktuell 14 / 2021 Kriegserinnerungen
20 aktuell 14 / 2021 Schutzmasken für das UKM Marienhospital Westfälische Nachrichten Schutzmasken für das UKM Marienhospital konnten acht Mundschutze hergestellt werden“, erzählt Rehaag. Das Schräg- band stellten die Firmen Hinsenkamp und Nikolic zur Verfügung. Auch die Firma Krass und Wissing, die Bänder herstellt, war bereit, die Aktion zu un- terstützen. Stoffe konnte Rehaag zum großen Teil aus der Blaudruckwerkstatt beisteuern. Rehaag hat fast alle Bänder eigenhändig auf die passende Länge geschnitten — Blasen an den Fingern von der Schere inklusive. 1500 Schutzmasken, die von vielen Bür- „In Zeiten des Kontaktverbotes konn- gern nicht nur aus Steinfurt, sondern ten wir die Näher ja nicht gemeinsam auch aus umliegenden Orten genäht am Kulturforum antreten lassen,“ sagt wurden, haben Vertreter des Kulturfo- Herrmann. Also gab es an zwei Tagen rums dem UKM Marienhospital über- einen genau ausgeklügelten Plan, nach geben. Die Masken werden von allen dem die Näher im Zehn-Minuten-Takt Mitarbeitenden, die nicht im Patienten- bestellt wurden. Das hat 100-prozen- kontakt arbeiten, während der Arbeit tig geklappt,“ berichtete Herrmann getragen und durch die UKM-Wäsche- der Bürgermeistern Claudia Bögel-Ho- rei täglich gereinigt. yer, die sich von dem überwältigenden 1500 Masken – das bedeutet fast drei Ergebnis der Aktion ein Bild machte. Kilometer Schrägband, die Annette Denn auch die Abgabe der Masken er- Rehaag zugeschnitten hat. Das aktive folgte nach dem gleichen logistischen Mitglied des Heimatvereins Burgstein- Plan. Besonders freute sich Herrmann furt hat das Muster für die Mundabde- darüber, dass nur zwei Wochen später ckungen gefertigt, die viele Freiwillige wirklich alle fertigen Masken zurückge- und Vereine unter der Organisation des kommen sind. Kulturforum Steinfurt für das UKM Ma- Genäht worden sind nicht nur einfache rienhospital (MHS) erstellt hatten. Textilmasken, sondern auch Masken Es wurde ein Bausatz entwickelt, in dem mit dreilagigem Stoff: außen wasser- die Stoffe, die Bänder, Pfeifenputzer für abweisend, innen wasseraufnehmend die Stabilität und auch die Nähanlei- und dazwischen ein steriles Tuch. Diese tung enthalten waren, den sie Nähern deutlich hochwertigeren Masken, die mitgeben wollten. „Aus einem Bausatz ebenfalls als Bausatz angeboten wer-
Schutzmasken für das UKM Marienhospital aktuell 14 / 2021 21 den, stellt die Firma Krass und Wissing an der Außen- und einem feuchtigkeits- her und vertreibt sie bundesweit. „Zwei aufnehmenden Stoff an der Innenseite. Kartons zum Herstellen dieser Masken Außerdem sind alle Masken innen mit haben wir gekauft, einen mit Unter- Pfeifenputzern vernäht, damit sie sich stützung des Business Network Inter- eng an die Nase anschmiegen. national, Chapter Bagno und einen mit Die Initialzündung fürs Maskennähen Unterstützung des stellvertretenden im großen Stil kam von der Direktorin Bürgermeisters und Textilunterneh- des Kulturforum Steinfurt, Dr. Barbara mers Hans-Günther Hahn. Herrmann. „Wir haben uns überlegt: MHS-Geschäftsführer Dirk Schmedding Was können wir dem Krankenhaus Gu- war bei der Übergabe der 1500 Masken tes tun, haben mit der Geschäftsfüh- nicht nur überwältigt vom Engagement rung Kontakt aufgenommen und dann der Freiwilligen, sondern auch begeis- am 1. April einen Aufruf an Nähwillige tert von der Qualität der Masken, die er gestartet.“ Als dann 120 Rückmeldun- gleich einem prüfenden Blick unterzog: gen kamen, seien die Organisatoren „Diese Masken sind wirklich etwas ganz völlig überrascht gewesen. Besonderes und sehr hochwertig. Herz- Dr. Markus Eichler, Chefarzt der Inter- lichen Dank allen, die dazu beigetra- disziplinären Notfallmedizin am UKM gen haben.“ Die Masken bestehen aus MHS, war bei der Übergabe ganz be- hochwertigem, doppellagigem geistert vom Engagement, das für ihn Baumwollstoff. Ein kleinerer Teil sogar auch Symbolcharakter hat: „Das zeigt aus einem antibakteriellen Innentuch, die Verbundenheit der Menschen mit einem feuchtigkeitsabweisenden Stoff diesem Haus. Das ist ganz großartig.“
22aktuell 14 / 2021 Plattdüütsk Radio Heinz Epker Tain Jaore platdüütsk Radio is nu Geschichte Blaus wainige Lüde häbt dän lütken de Tied iämsau Unnerhollung böt. Ao- Trop van Platdüütskfrönde daomaols wer de Radioanstalt häw de Hemaot- totruut, dat se Platdüütsk in’t Radio an- frönde auk guëd beraoden un teknisk tog kregen. Dän Wunsk, Platdüütsk in’t to ne guëde Toonkwalitäät vöholpen. Radio to brängen, de bestaon in dän Fakberiek Platdüütske Spraokpliäge van dän Kreishhemaotbund Stemmert aal lange. Et was de aal jaorelang van küert wuorden, aower et is niks daovan wuorden. För üöwer tain Jaore nu häw een Tröpken van guëd tain Fraulüde un Manslüde üm Dr. Kahls Klaus dat Anlig- gen in ne Hand nuomen un wat daovan maakt. Äs iärste bruukden se aower ne Uut- bellung för dän Büörgerfunk. Dat süüt dat ‚Rundfunkgesetz‘ sau vüör. Düssen Völööw häbt de Platdüütskfrönde in enen Läergang, de sik üöwer fiew Wi- Ansägger u. Schnittmester Dr. Kahls Klaus ärkenennen häntrok, bi de Volkshaug- Üöwer dat Fatsuun van dat Program sau schole in Stemmert kriëgen. De Kosten äs de Kenmussik wassen sik de intüsken för dän Läergang häw dän Kreishema- vettain Laienspriäkers un -schriwers otbund üöwernuomen, iämensau för auk eens. Bestemte Programbaustene een pässig guëd Upnaomegrai un Mik- dain dat Rüstwiärk för jerre Sennung rofoon. Nu, tain Jaore läter, wiët wi, dat bellen. Aower kinen Bidrag is mäer äs dat Geld guëd anlägt wäst is. eenmaol bragt wuorden, wul aower Nu lag de Büörgerfunksennung niks de Mussikstükskes. Daoto häöerden mäer in’n Wäg. Dän Naomen för de Präötkes tüsken Lüde, wao auk Kinner Sennung ston auk aal fast. „Knabbel- metmocken un üöwer kristlicke Fiern, kümpken“, duchte üör, dat ludde guëd. Glaiwen, Kiärke, Säggewisen, Liäwens- Blaus dän Senner, „Radio RST“, mos üör wieshaiten, Sitten un Brüke, Bidriäge nao ne Sennetied inrümen. De was met to de Jaortiden, Wiärgebodte un Natu- dän iärsten Sundagaomd in’n Maond, urwieshaiten, äs auk Plaseerlickes, wat tüsken acht un niëgen Uur, nich jüst Iärnstes un nao viëles mäer küerden. bestguëd, wieldat de Flimmerkiste to Van Schriwers un Spriäkers kammen
Plattdüütsk Radio aktuell 14 / 2021 23 pässige Riemsels un Vötälsels to. wiältwied häöert wäern. Auk nu un in De Unnerhollung met Sang un Klang Tokuft sint dao alle Sennungen ümmer wüör miärsttieds van Sängers un Mus- maondags un fridags nao un nao anto- sekanten uut ussen Berid vüördruogen. lustern. Daoto häöerden de Gruppe „Strauh- Mood häw dat Amateurradiotröpken spier,“ „De Lünige“, „De Kinner van de düör Luow un Haugachtung van viële Harkenbiärgschool Hüörstel“, „De Pott- Tohäöeres kriëgen. Aower nu häw sik bäckers“, „pattu“, un „De Klasen Wich- de Trop sägt, tain Jaore is ne lange Tied ter“, üm blaus ennige to benäömen. un nao 120 Sennungen et is guëd wäst, Üm ene knappe Stunne Radio to ma- wi küënt met een haug Höft inhollen. ken, häbt de Schriwers un Spriäkers viël Daoto kümp, dat alle Metmakers jä auk Tied upbrängen most. Dän Upwand to tain Jaore öller wuorden sint un sik in bedriwen was blaus müëglik, wieldat de Tied blaus een Mensk funnen häw, üör de platdüütske Spraok an’t Hiärt bi Knabbelkümpken ni mettomaken. lag un se viël Plaseer an de Sake had- Nen grauten Völüs was, dat tüskenin den. Besunners Dr. Kahls Klaus hadde driägende Pöste met Diekels Lene uut ne masse Arbaid, wieldat he jerre Sen- Ollenbiärge un Schürmanns Herbert nung bearbaidt häw, üm ne müëgliks uut Nienkiärken, düör Afstiäwen wäg- guëde Toonkwalitäät aftoliëwern. He bruoken sint. Aower alle uut dän Trop dai auk in alle 120 Sennungen ansäggen sint sik eens, usse Moderspraok, dat un düör‘t Program föern. Platdüütsk, widershän to pliägen, üm et Et häw dän auk nich lange duert, dao antog to hollen. Un et is jä sau, dat sägt häw sik dat Webradio „Regentrude“ för wi un daobi bliewt wi: „Dat olle Plat is dat „Knabbelkümpken“ intressert. Van altied ni.“ nu af an kon de Sennung in‘t Internet De Spriäkers un Schriwers vant Knabbelkümpken: Staoend v. l. Schürmanns Herbert +; Feistmanns Rainer; Bockholts Margret; Pentzeks Margret; Bernings Christa; Epkers Heinz; Volkerts Christoph; Upsings Anni; Beers Barbara; u. Dr. Kahls Klaus; knaiend v. l. Scheimanns Megan u. Burickes Lara (de Schölerinnen sint nao 50 Sennungen van de Wichter Dahlmanns Marie u Markenforts Lena (nich met up‘t Beld) aflöst wuoden; sittend, Diekels Lene +. (Iämensau nich met up’t Beld, Beuings Christa; se dai af 2018 metmaken.)
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Brunscher Garten aktuell 14 / 2021 25 Günther Hilgemann Ein Gartentor schreibt Geschichte Man kennt es, es steht ja schon im- mer da. Unauffällig, in keinem guten Zustand und ohne eine Beziehung zu den umliegenden Bauten: Das steiner- ne Gartentor zwischen der Aabrücke und der Seniorenresidenz Aa-Blick. Das freistehende Tor mit wuchtigen Sand- steinpfeilern und einem Torbalken, auf dem zwei mächtige Steinkugeln ruhen, hat in der Bau- und Stadtgeschichte Burgsteinfurts eine bedeutende Rolle gespielt. Die beiden verschlungenen Buchstaben „BB“ im Torbalken sind Kein gepflegter Gesamteindruck rund um das der Schlüssel für den geschichtlichen freistehende Gartentor. Hintergrund. Bernhard Bruns ließ das Muckefuck ist eine typisch lautmalende Tor 1816 als Eingang zu seinem hier Vereinfachung der französischen Spra- liegenden Besitz errichten. Zuvor hat- che. Aus „Mocca faux“ (französisch für te er 1806 gleich hinter der Brücke am falscher Kaffee) wurde im Volksmund Wassertor eine Parzelle aus dem ehe- Muckefuck. Falscher Kaffee ließ sich aus maligen Besitz des Johanniterordens Zichorienwurzeln herstellen. Die Wur- gekauft. zeln der mit der Gemeinen Wegwarte Bruns war ein umtriebiger Unterneh- verwandten Zichorienpflanze wurden mer, der mit Salz und Tabak handelte geröstet und gemahlen. Unverkennbar sowie Transportaufträge übernahm. war der stark an Bohnenkaffee erin- Auf seinem neuen Grundstück wollte nernde Geschmack. Die Zichorie hatte Bruns eine Fabrikationsstätte errich- noch eine weitere, dem echten Bohnen ten. Er hatte eine Marktlücke erkannt. -kaffee ähnliche Wirkung: Durch den Der damals schon beliebte und teure Röstvorgang entstanden auch hier Bohnenkaffee fehlte wegen der Kon- aufputschend und anregend wirkende tinentalsperre Napoleons auf den Substanzen. Bruns hatte einen wirt- Burgsteinfurter Frühstückstischen. schaftlichen Volltreffer gelandet. 1828 Ein guter Ersatz für das beliebte heiße erzielte er mit der Muckefuck-Herstel- Getränk aus den importierten Kaffee- lung schon einen Umsatz von 1500 Ta- bohnen war der Muckefuck. Das Wort lern.
26 aktuell 14 / 2021 Brunscher Garten Als Bernhard Bruns nach dem Tode sei- gesorgt. Die Unterzeichner der Pro- nes Vaters Dirck Bruns (1834) die Fabri- testschrift waren Gartennachbarn von kation in den hinter seinem Elternhaus Bruns, darunter die angesehenen Bür- an der Wasserstraße gelegenen Garten ger Fatken, Fries, Esselbrügge, Veltrup, verlegte, stand das alte Fabrikgebäude Korthus und auch der evangelische Pas- nun leer. Bruns dachte aber nicht dar- tor Fincke. Terberger sah keinen Grund an, das Gebäude verfallen zu lassen. zum Einschreiten. Schließlich war der Er wollte es vermieten. Als Wohnhaus. als Mieter vorgesehene Bürger Wienker Ein Sturm der Entrüstung brach los. ein redlicher, unbescholtener Mann. Wörtlich heißt es in einer Beschwerde: Bruns argumentierte weiter: In der Ko- Das ist „wider allens Herkommen, in lonie Ludwigsdorf (heute Kohlstrunck) außerhalb der Stadtmauern liegenden wohnten ja auch Bürger außerhalb der Gartenhäusern Mietsleute unterzu- Stadtmauern. bringen“. Das würde ein Schlupfwinkel Terberger sicherte sich ab und legte die und Asyl für Verbotenes, man befürch- Beschwerde und die Stellungnahme te Angriffe auf die Gartenfrüchte und von Bruns dem Landrat Coermann zur Gefährdungen der Gärten. Entscheidung vor. Die Besorgnisse der Gartenbesitzer seien wohl nicht ganz unbegründet. Der jetzige Mietsmann möge zwar ein redlicher Mensch sein, wer wisse aber, was der folgende für ein Subjekt sein würde. Bruns habe sich schon wiederholt in der Beurteilung der für seine Fabrikation angestellten Leute geirrt und dadurch nicht selten großen Schaden erlitten. Allerdings, so räumte er ein, seien ihm keine gesetzli- chen Bestimmungen bekannt, wonach dem Bruns sein Vorhaben untersagt werden könne, wenngleich die Errich- In einem Kupferstich des Burgsteinfurter tung von Wohnhäusern außerhalb der Künstlers Esselbrügge von 1830 ist das damals angelegte Fabrikgebäude mit dem daneben Stadt bisher nicht üblich und außer der liegenden Eingangstor am unteren linken Anlage der Kolonie Ludwigsdorf auch Bildrand gut zu erkennen. nicht vorgekommen sei. Er habe in Pro- Der Argwohn schien nicht unbegrün- tokollen und Archivalien gesucht, aber det. Einige Jahre zuvor hatten die Über- nichts darüber gefunden. fälle und Beutezüge der Bande um den Landrat Coermann bestätigte Terber- Räuberhauptmann Feldlaum in unserer gers Ansicht, dass es kein Gesetz und Gegend für Aufsehen und Misstrauen keinen hinlänglichen Grund gebe, den
Brunscher Garten aktuell 14 / 2021 27 Bruns an seinem Vorhaben zu hindern. Die Pflicht zur Beachtung der baupo- lizeilichen Vorschriften sei natürlich selbstverständlich. Da das Haus ja be- reits stand, wurde dem Bruns lediglich die Auflage erteilt, die Änderung der Feuerungsanlagen von einem qualifi- zierten Meister ausführen zu lassen; alles andere könne von Flickarbeitern getätigt werden. Bruns hatte den Bann gebrochen und wurde damit zum Wegbereiter einer Auf einer kolorierten Postgarte kann man das neuen Zeit. So kam Burgsteinfurt 1835 1905 abgerissene Fabrikgebäude von Bruns erkennen. zu seinem ersten Wohngebäude außer- halb der Stadtmauern. 1905 wurde das zu seinem ersten Wohngebäude außer- Haus wegen Baufälligkeit abgerissen. halb der Stadtmauern. 1905 wurde das Haus wegen Baufälligkeit abgerissen. Nur das Gartentor hat die Zeiten über- dauert. Es dauerte dann bis 1851, bevor das zweite Wohnhaus außerhalb der Stadt- mauern errichtet wurde, das Haus Steinstraße - Ecke Kalkwall. Eine Arbeitsgruppe im Burgsteinfur- ter Heimatverein hat sich mit der Ge- staltung des Umfeldes des Brunsschen Gartentores befasst. Dabei standen die Besichtigung der Situation am Gartentor mit stadtgeschichtliche Bedeutung sowie Vorstandsmitgliedern des Heimatvereins die Gestaltung des Umfeldes im Mittel- punkt. Tag- u. Nachttankstelle Waschanlagen Heizöl Diesel Autogas Schmierstoffe Reparaturen Verkauf Holzpellets Grüner Markt Zubehör Fahrradverleih W. Schnieder GmbH & Co. KG W. Schnieder GmbH & Co. KG Sonnenschein 65, 48565 Steinfurt Goldstraße 1, 48565 Steinfurt Telefon 0 25 51/31 51 Telefon 0 25 51/9 96 90 62 www.landfuxx-schnieder.de www.fahrrad-steinfurt.de
28 aktuell 14 / 2021 Buchvorstellung Buchvorstellung Dr. Eckhardt Hammerström und Willi Alff „Aus Steinfurt in die weite Welt – Aus- fenen Leibeigenen, im 16. und 17. Jahr- wanderung aus Steinfurt vom 14. bis hundert werden Steinfurter Theologen 19. Jahrhundert“, so lautet der Titel und Juristen Berater von Königen und eines neuen Buches, das Dr. Eckhardt Kurfürsten sind weitere Kapitel über- Hammerström und Willi Alff vom Hei- schrieben. Die Zunahme der Mobilität matverein Burgsteinfurt erarbeitet im 18. Jahrhundert und der Höhepunkt haben. Das erste Kapitel beschäftigt der Auswanderungswelle im 19. Jahr- sich u.a. mit Hermann Krose, einem er- hundert sind weitere Themen, ebenso folgreichen Burgsteinfurter Kaufmann die Umgehung des preußischen Mili- im London des 14. Jahrhunderts, der tärdienstes durch Auswanderung sowie der Armenstiftung seiner Heimatstadt Anekdoten, Regeln. Ziele der Auswan- Burgsteinfurt 60 englische Nobel-Mün- derer waren nicht nur die USA, sondern zen schenkte. Nobel ist der Name einer auch die Niederlande, Brasilien und im Jahr 1344 erstmals geprägten mittel- andere Länder. Die Zahlen der ermit- alterlichen englischen Goldmünze, die telten Ostindienfahrer aus Steinfurt: sich bis Ende des 14. Jahrhunderts als Borghorst ca. 25 und Burgsteinfurt ca. Leitmünze im Nord- und Ostseehandel 80. Vermutlich höher, da die Erfassung durchsetzte. äußerst schwierig war. Im 15. Jahrhundert trifft der Edle Ludolf In einzelnen Jahrhunderten wird the- von Steinfurt in Venedig einen entlau- matisiert, welche Entwicklungen die Zeit in Steinfurt und damit auch die Auswanderungen prägten. Der Schwer- punkt des Buches wird auf die Entwick- lung im 19. Jahrhundert gelegt. Der Leser soll einen anschaulichen und viel- seitigen Eindruck darüber erhalten, was die Steinfurter rund um das Thema Aus- und Binnenwanderung bewegte. Ergänzt wird das Buch um eine Auf- listung der Steinfurter Auswanderer. Dadurch können Leser eventuell Be- Diese Transportkiste stand lange Zeit auf dem züge zu ihren Vorfahren herstellen. Dachboden von Hermann Lünnemann in Burg- steinfurt. Die Jahreszahl 1719 befindet sich auf Quellen sind die Auswandererlisten dem Deckel der Kiste. Sie wurde von Angehö- mit den Bauerschaften Hollich, Sellen rigen der Vereinigten Ostindischen Kompanie und Veltrup, die Schiffslisten mit den (VOC), zum Beispiel bei der Rückkehr aus den Namen der Burgsteinfurter Auswande- niederländischen Kolonien in Ostasien verwen- det, häufig gefüllt mit teuren Gewürzen.
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