ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH

 
WEITER LESEN
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
sikorski musikverlage www.sikorski.de

                  AusgabE 4. 2014

       Alice im Wunderland
der Literaturklassiker in der Neuen Musik

  Neue Komponisten im Portrait
   Yaron Gottfried und Gerald Resch
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Inhalt / Content
                                                                                     Liebe Leserinnen,
              03                                                                        liebe Leser,
    Alice im Wunderland
– der Literaturklassiker in der                                       die Stile und Kompositionstechniken unserer neuen
         Neuen Musik                                                  Autoren könnten vielfältiger kaum sein. Über den
             05/ 18                                                   israelischen Komponisten Yaron Gottfried, der geniale
      Neue Komponisten                                                Arrangements auch von Klassikern der Musikliteratur
          im Portrait                                                 macht und mit Elementen des Jazz verbindet, sowie
        Yaron Gottfried                                               den jungen österreichischen Avantgardisten Gerald
         Gerald Resch                                                 Resch berichten wir in diesem Heft.
              11
      Neue Melodramen                                                 Ein Klassiker der Kinderliteratur, „Alice im Wunder-
      „König der Nacht“                                               land“ von Lewis Carroll, spielt in unseren Katalogen
        und „Egmont“                                                  mit vielen musikalischen Adaptionen eine heraus-
             13/ 19                                                   ragende Rolle. Lesen Sie die neuesten Nachrichten
      Sofia Gubaidulina                                               auch zu einer aktuellen „Alice“-Uraufführung. Kein
    Residency in Dresden                                              Geringerer als der auch aus zahlreichen Kinover-
              14                                                      filmungen weltbekannte Burgtheater-Schauspieler
       Veranstaltungen                                                Klaus Maria Brandauer hebt in diesem Herbst zwei
     zu Alfred Schnittkes                                             Melodrame unseres Komponisten Jan Müller-Wie-
        80. Geburtstag                                                land aus der Taufe. Wir haben mit unserem Kompo-
             15/ 20                                                   nisten darüber gesprochen.
             News
              16                                                      Viele neue Informationen gibt es außerdem zu den
      Neue CDs / DVDs                                                 spektakulären Aufführungen von Sofia Gubaidulinas
             17/20                                                    Musik zum Beispiel in Dresden und den Aktivitäten
     Neuerscheinungen                                                 anlässlich des 80. Geburtstagsjubiläums von Alfred
                                                                      Schnittke.

                                                                      Lassen Sie sich im Herbst von unseren Nachrichten
                                                                      und Novitäten anregen,

                                                                      Dagmar Sikorski
                                                                      Dr. Axel Sikorski

 IMPRESSUM                     REDAKTION Helmut Peters
 Quartalsmagazin der           Artwork Joachim J. Kühmstedt, j4 -studio.com
 SIKORSKI MUSIKVERLAGE
 erscheint mind. 4x im Jahr
 kostenfrei

                               Fotonachweise Titelbild + Seite 3 Szene aus dem Film „Alice im Wunderland“ (Quelle: DVD „Alice im
                               Wunderland“) 2010 ©Disney Seite 5 + 18 Yaron Gottfried, Proba 2009 © Mat Andres Seite 6 + 7 Forbidden City
                               concert  © Jason Wing; Yaron Gottfried, CD-Cover, Pictures of an Exhibition © allmusic Seite 9 + 19 Gerald
 VERLAG                        Resch © Georg Lembergh Seite 10 Lera Auerbach © Christian Steiner Seite 11 Klaus Maria Brandauer und
 Internationale Musikverlage   Thomas Hengelbrock, König der Nacht, SHMF, 2012 © Olaf Malzahn Seite 12 Jan Müller-Wieland © Birgit
 Hans Sikorski GmbH & Co. KG   Müller-Wieland Seite 13 + 19 Sofia Gubaidulina © Viktor Suslin Seite 15 Moritz Eggert © Luise Müller, Piranha
 Johnsallee 23                 Arts, C3 Festival; Jörn Arnecke © Bernd Thissen; Illustration „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ © Agata
 20148 Hamburg                 Dorobek, Shutterstock; Johannes Harneit © Barbara Auermüller; Marco Nikodijevic © Archiv Sikorski
 T +49 40 41 41 00 - 0
 F +49 40 41 41 00 - 60        Hinweis Wo möglich haben wir die Inhaber aller Urheberrechte der Fotos/Illustrationen ausfindig gemacht.
 www.sikorski.de               Sollte dies im Einzelfall nicht ausreichend gelungen oder es zu Fehlern gekommen sein, bitten wir die Urheber,
 contact@sikorski.de           sich bei uns zu melden, damit wir berechtigten Forderungen umgehend nachkommen können.

                                                                  2
                                                      sikorski Magazin 04.2014
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Titelthema

                    Szene aus dem Film „Alice im Wunderland“ (Quelle: DVD „Alice im Wunderland“)

             Alice im Wunderland
                    – der Literaturklassiker in der Neuen Musik
Jeder kennt sie, die skurrilen Gestalten, denen Alice         Die Bandbreite der musikalischen Werke umfasst
im Wunderland begegnet: dem Märzhasen mit der                 sowohl den klassischen als auch den populären
Taschenuhr, der rätselhaften Grinsekatze, dem ver-            Bereich und unterschiedliche Gattungen von der
rückten Hutmacher, der grausamen Herzkönigin.                 abendfüllenden Oper über das Ballett bis hin zur Or-
Zahlreiche Verfilmungen und Adaptionen machten                chestersuite. Dass die Faszination dieser Traumwelt
die 1865 erschienene, heiter-skurrile Erzählung Lewis         und seiner Protagonisten seit der ersten Vertonung
Carrolls (1832-1898) vom kleinen Mädchen, das einem           von Charles Lewis 1898 bis heute ungebrochen ist,
weißen Kaninchen durch ein Erdloch in eine absurde            zeigen die zahlreichen zeitgenössischen Werke aus
Traumwelt folgt und dort zahlreiche Abenteuer be-             unseren Katalogen.
stehen muss, weltweit bekannt.
                                                                             Jens-Peter Ostendorf
Heute zählen „Alice im Wunderland“ und der Ver-                                Alice im Wunderland
such einer Fortsetzung in Gestalt von „Alice hinter           Der Hamburger Komponist Jens-Peter Ostendorf und
den Spiegeln“ zu den Klassikern der Weltliteratur.            der Theatermacher Helmut Polixa schufen mit ihrem
Zahlreiche Komponisten – darunter Herbert Bau-                Kindermusical „Alice im Wunderland“ einen fantas-
mann, Johannes Harneit und Jens-Peter Ostendorf,              tischen, 90 Minuten dauernden Extrakt des Stoffes,
haben sich von den fantasievollen, grotesken Figu-            wobei sich die kleinen Couplets, Songs und Ensem-
ren, der bizarren, sich jeglicher Logik entziehenden          bles trefflich in die Wortspielereien der Dialoge ein-
Welt, in der Unmögliches möglich scheint, und dem             fügen. „Ostendorf weiß als routinierter Komponist von
gewitzten Sprach-Nonsense der Vorlage inspirieren             Theatermusiken genau, was ankommt beim jungen,
lassen.                                                       kindlichen Publikum: eingängig sind die Melodien und

                                                          3
                                               sikorski Magazin 04.2014
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Titelthema

lustig ihre Gewänder“, so schrieb ein Kritiker anläss-                       Johannes Harneit
lich einer Aufführung im Nationaltheater Mannheim.                          „Alice im Wunderland“
                                                             Im April 2015 wird mit „Alice im Wunderland“ an
Reizvoll erscheint das 1977 am Hamburger Thalia              den Bühnen der Stadt Gera eine neue Adaption des
Theater uraufgeführte Stück insbesondere für kleine          Stoffes nach einem Text von Lis Arends und der
Bühnen, da neben den 8 Darstellern, die die 31               Musik von Johannes Harneit zu erleben sein. Auch
Rollen verkörpern, lediglich drei Instrumentalisten          in dieser „Kammeroper für Kinder und Erwachsene“
erforderlich sind. Entsprechend der fantastischen            geht es um Lebensziele und -wege, um die eigene
Wunderwelt, in der Alice ihre Abenteuer bestehen             Größe, um Macht und Ohnmacht – und immer wie-
muss, wählt Ostendorf ein ebenso fantastisches               der um die Frage der eigenen Identität: WER bist
Instrumentarium: Neben den von einem Musiker zu              DU? So trifft Alice auf Tiere und Menschen aus un-
spielenden Blasinstrumenten und einem präparier-             terschiedlichen Systemen: dem weißen Kaninchen,
ten Klavier sind im Schlagzeug ein Plastikkanister,          dem Märzhasen und der Herzogin mit ihrer Lachkatze
zwei Fahrradhupen und sogar ein „plärrender“ Luft-           (die sich einfach in Luft auflösen kann) einerseits,
ballon besetzt. Mit diesen geschickt eingesetzten In-        und der Maus, der Schlafmaus, der dominierenden
strumentaleffekten, den eingängigen Melodien und             Herzkönigin, Greif und Suppenschildkröt anderer-
der Verwendung vielfältiger Formen vom Musical-              seits. Voller Mut und Neugierde stellt sich Alice
song bis zur Opernarie gelingt es dem Komponisten,           allen Situationen, die immer bedrohlicher werden,
die grotesken und wundersamen Erlebnisse von Alice           bis es am Ende um Tod oder Freiheit geht.
treffend musikalisch zu charakterisieren.
                                                             Die Aufführung an den Bühnen Gera stellt den Kinder-
                Herbert Baumann                              chor in den Mittelpunkt und fördert durch die Zu-
               „Alice im Wunderland“                         sammenarbeit mit erwachsenen Sängern die mu-
Den Auftrag, ein Ballett zu Carrolls „Alice im Wun-          sikalischen Fähigkeiten und die Spielfreude: jedes
derland“ zu komponieren, erteilte im Jahre 1982 das          Mitglied des Kinderchores wird seine eigene Rolle
Hessische Staatstheater Wiesbaden dem bekann-                erhalten.
ten Münchner Komponisten Herbert Baumann, der
in Berlin bei Boris Blacher und Sergiu Celibidache
studiert und als musikalischer Leiter verschiedener                           25. April 2015 Gera
Theater und ab 1979 als freischaffender Komponist                           UA Johannes Harneit:
bisher über 500 Bühnenmusiken veröffentlicht hatte.                          Alice im Wunderland
Im Dezember 1984 gelangte das zweiteilige Ballett                     Oper für Kinder und Erwachsene
in Wiesbaden zur Uraufführung. Herbert Baumann                                   in zwei Akten
schuf mit diesem 90-minütigen Werk eine ganz ei-                                Nach dem Buch
gene Version des Stoffes: die Geschichte folgt nicht                „Alice ´s Adventures in Wonderland“
der Handlung des Kinderbuches, sondern verwebt                                 von Lewis Carroll
einzelne Szenen und Motive der Vorlage zu einer                         Musik von Johannes Harneit
neuen Geschichte, in die auch der Autor selbst,                             Libretto von Lis Arends
Lewis Carroll alias Charles Lutwidge Dodgson, als                      (Originaltext neu übersetzt und
handelnde Person miteinbezogen wird.                                       für die Bühne adaptiert)
                                                                           Bühnen der Stadt Gera,
So beginnt das Ballett mit einer Szene im Christ-                               Bühne am Park
church College, in dem Dodgson sich als Mathe-
matiklehrer mit den frechen Schülern herumplagt.
Er flüchtet in eine Märchenwelt, „erfindet“ seine
Titelheldin und führt sie durch das Geschehen.
Über die tatsächliche Beziehung zwischen dem
30-jährigen Mathematiker und der 11-jährigen Alice
Liddell, der er zusammen mit ihren Geschwistern
während der legendären Bootsfahrt am 4. Juli 1862
erstmals die Geschichten von Alice erzählte und
die ihn bat, diese aufzuschreiben, wurde in der For-
schung vielfach debattiert. Die Musik von Herbert
Baumann zeichnet auf der Basis einer geschickten
Instrumentation die komplexe, dramatisch-grau-
same und zugleich fremd-schöne Klangwelt nach
und verfolgt mit Hilfe fein vernetzter Leitmotive den
Weg der Titelheldin bis zu ihrer Krönung als Königin
des Wunderlandes.

                                                         4
                                             sikorski Magazin 04.2014
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Portrait

                 Neue Komponisten
                    im Portrait
                                                            Von 2002 bis 2013 war Gottfried als Musikdirektor und
                                                            Chefdirigent des Netanya-Kibbutz Orchestra tätig.
                                                            Unter seiner künstlerischen Leitung hat sich das Or-
                                                            chester zu einem der führenden Klangkörper Israels
                                                            entwickelt, das mit über 120 Konzerten pro Saison, die
                                                            sich durch unkonventionelle Programme auszeich-
                                                            nen, für volle Säle und begeisterte Kritiken sorgt.

                                                                      Werdegang und Auszeichnungen
                                                            Gottfried studierte Komposition bei Noam Sheriff
                                                            und schloss seine Studien an der Rubin-Musikaka-
                                                            demie in Jerusalem bei Maestro Mendi Rodan ab.
                                                            Im Juli 2013 wurde er als Fachleiter für Komposition
                                                            und Dirigieren an die Rimon-Schule für Jazz und
                                                            zeitgenössische Musik berufen. Er tritt regelmäßig
                                                            als Dirigent seiner Werke mit namhaften Orchestern
                                                            auf, u.a. mit dem Israel Philharmonic Orchestra, dem
                                                            Israel Symphony Orchestra Rishon LeZion, der Haifa
                                                            Symphony, der Jerusalem Symphony, dem Israel
                                                            Chamber Orchestra, der Israel Sinfonietta Beer-Sheva,
                                                            dem China Philharmonic Orchestra, der Beijing
                                                            Symphony, dem Neuen Kammerorchester Potsdam,
                                                            dem Portland Chamber Orchestra, den Thüringer
                                                            Symphonikern, dem Budapest Concert Orchestra,
                                                            der Duna Symphony, dem Kodaly Philharmonic und
            Yaron Gottfried                                 der Vancouver Symphony. Seit September 2013 ist
Die Nähe zwischen Neuer Musik und Jazz wird immer           Yaron Gottfried als musikalisocher Leiter von zwei
auffälliger und ist selbstverständlich auch Thema           neuen Konzertreihen für zeitgenössische Musik am
vieler Festivals für Neue Musik. So sind Jazzkonzer-        Kunstmuseum in Tel Aviv und an der Rimon-Schule
te bereits seit vielen Jahren fester Bestandteil etwa       für Jazz und zeitgenössische Musik engagiert.
der Donaueschinger Musiktage. Dass dabei die
Techniken und Motive des Modern Jazz und des Free           Sein einzigartiger Umgang mit Rhythmus und Klang
Jazz im Mittelpunkt stehen, ist nachvollziehbar. Eine       zeigt sich am eindrucksvollsten in seinen gattungs-
Verbindung zum Jazz hat auch der Oboist und Kom-            und stilübergreifenden Kompositionen. Sein Schaffen
ponist Manuel Munzlinger aufgebaut, der ein „Jazz           umfasst u.a. Instrumentalkonzerte, Orchesterwerke,
Concerto“ für Oboe und Streicher sowie ein soge-            Vokalwerke sowie Orchesterarrangements. Seine
nanntes „BaRock-Concerto“ für Oboe, Streicher und           Jazzbearbeitungen von Werken Peter Warlocks,
B.c. geschrieben hat.                                       Johann Sebastian Bachs und Wolfgang Amadeus
                                                            Mozarts für Jazztrio und Orchester wurden weltweit
Neu in unseren Katalogen ist nun auch der Kompo-            über 50 Mal mit zahlreichen Orchestern aufgeführt
nist, Dirigent, Pianist und Arrangeur Yaron Gottfried       und erhielten ausgezeichnete Kritiken.
(*1968), der sich die Einbindung von Jazzelementen
in eine ebenso raffinierte wie faszinierende Ton-           In den Jahren 2003-2006 war der Komponist Aus-
sprache auf der Grundlage bestehender Werke der             wahlkünstler der Israel Cultural Excellence Found-
barocken, klassischen und romantischen Literatur            ation und ist Mitglied der angesehenen MacDowell
zu eigen gemacht hat. In seiner Heimat Israel gilt          Colony in den Vereinigten Staaten. Ihm wurden erste
Yaron Gottfried als einer der bedeutendsten Musiker         Preise beim Wettbewerb des Israel Philharmonic
seiner Generation und nicht nur mit Hilfe seiner bis-       und der America-Israel Foundation für junge Diri-
lang berühmtesten Bearbeitung, einer Jazzversion            genten sowie beim Kompositionswettbewerb des
von Modest Mussorgskis „Bildern einer Ausstel-              Red Sea Festivals zuerkannt. Gottfrieds Interesse am
lung“, wird er weltweit immer bekannter.                    Jazz führte zu Auftritten mit solch namhaften Jazz-

                                                        5
                                            sikorski Magazin 04.2014
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Portrait

                             Yaron Gottfried in der „Forbidden City Concert Hall“ in Beijing

musikern wie Eddie Daniels, Eddie Gomez, Didier                hochinteressante Orchesterepisoden nach José
Lockwood, Dave Liebman, Ira Sullivan, Randy Bre-               Saramagos Roman „Die Stadt der Blinden“, die
cker, Georgie Fame, Benny Golson und Jimmy Heath,              Orchesterkomposition „Transitions“, „Time Dimen-
um nur einige zu nennen.                                       sions“ für Sopran, gem. Chor, Orchester und Live-
                                                               Elektronik sowie das Kammermusikwerk „Out of
                Die wichtigsten Werke                          your Mind“ für Violine und Violoncello.
Mit der Uraufführung seines Werkes „Bilder einer
Ausstellung – Remake“ (after Modest Mussorgsky)                              CDs und Werkverzeichnis
für Jazz-Trio (Klavier, Schlagzeug, Kontrabass) und            Ab sofort ist ein Werkverzeichnis der Kompositionen
Orchester am 11. September 2011 in Beijing landete             und Bearbeitungen von Yaron Gottfried in unserem
Yaron Gottfried einen wahren Hit moderner Orches-              Hause verfügbar (als Download über unsere Web-
terliteratur. Dabei stellt der bekannte Klavierzyklus          site oder als Druckexemplar im Verlag abzufordern).
Mussorgskis eine Art Spielwiese für den Bearbeiter             Eine neue CD mit einer Einspielung von Gottfrieds
dar, der das Material klanglich, strukturell und rhyth-        größtem Erfolg, dem Werk „Bilder einer Ausstel-
misch aus den unterschiedlichsten Perspektiven be-             lung“ nach Mussorgski für Jazz Trio und Orchester
trachtet und dem Klassiker der Konzertpodien ganz              ist nun bei dem von „Naxos“ vertriebenen Label GPR
neue Seiten abgewinnt.                                         Records (GPR50013) herausgekommen. Yaron Gott-
                                                               fried selbst leitet hier das „Uno ensemble Beijing“
Aufregende Musik stellt ferner sein Konzert für                und spielt Klavier. Weitere Solisten sind Yorai Oron
E-Gitarre und Kammerorchester aus dem Jahr 1998,               (Bass) und Rony Holan (Schlagzeug).
die „Capriol Jazz Suite“ für Jazztrio (Klavier, Drums,
Kontrabass) und Orchester sowie das „Concerto for
Percadu“ für zwei Schlagzeuger und Orchester dar.
Im Jahr 2005 wandte sich Yaron Gottfried sogar ein-
mal dem hohen Norden zu mit „Two Norwegian Folk
Tunes“ für Folklore-Streichquintett (oder -trio) und
Orchester. Ähnliche Folklore-Adaptionen finden sich
in Gottfrieds „Two Irish Sets“ und „Two Russian
Sets“.

Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche beachtliche
Werke im Schaffen Gottfrieds, die nicht von Jazz
oder Folklore beeinflusst sind. Hierzu gehören vier

                                                           6
                                                sikorski Magazin 04.2014
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Portrait

                   Das Interview
Wir haben Yaron Gottfried zu einem Gespräch über
seine Arbeit und seine Werke getroffen und ver-
öffentlichen es hier im englischen Originalton.

When one is a conductor of one‘s own works, isn‘t
there a strong temptation to always keep correcting
things in your own works?
Yaron Gottfried: I don‘t really feel that the fact that
I conduct my works causes me to make significant
changes that I wouldn‘t do if I was not the conduc-
tor. As a conductor my compositions benefit from the
ongoing direct contact with the orchestra musicians
and I defiantly use it to my advantage. I listen to the
musicians’ output (if I find that it will improve my
work) and make small corrections and adjustments
such as bowing, articulation and or, rarely, minor or-          the first thing that I decided was that I wanted to
chestration changes, but that usually happens only              create a remake which would bring a new revolutio-
after the first rehearsal or premier.                           nary and contemporary interpretation based on this
                                                                timeless masterpiece. A version which would stand
You direct two new concert series for contemporary              on its own and show the full scope of this suite and
music in Tel Aviv. What position does the avant-garde           make it feel natural.
occupy in Israel?
Yaron Gottfried: The avant-garde scene is quite                 It is presented as a complete suite of 12 movements
small, there are very few ensembles and concert                 arranged, recomposed and orchestrated for Jazz
series that are dedicated to avant-garde compared               trio (piano, bass, and drums) and an orchestra of
to the classical scene. Music directors of orchest-             wind instruments, vibraphone, organ and string en-
ras are very careful and mostly trying to go safe and           semble. After the premier, which took place at the
satisfy the audience, they are afraid of losing their           Forbidden City Concert Hall, I had invitations from
trust. That leads to very conservative programming              orchestras so I created a symphonic version that is
in general in most orchestras in Israel and even                mostly used now.
much worse in concert halls around Israel where
they are performing only the very well known classi-            The melodies and themes of Mussorgsky’s original
cal hits.                                                       version are dressed in new colors and most of the
                                                                work is re-harmonized. New forms and sections
I do it in the two concert series I lead, one in Rimon          were created for the jazz trio to improvise on. Each
School of Music and the other in Tel Aviv Museum                movement is approached differently, while it is being
which is a perfect house for this. I titled the series          transformed into a live authentic encounter between
„Out of the Box“ which means that I can do many                 classical and jazz, between written material and im-
combinations and experiments. Each concert is diffe-            provisation, while the overall mood of each picture
rent from the other. I bring to the stage fresh ideas           as well as the naturalistic approach of Mussorgs-
of fusion between styles, disciplines, old verses new           ky is very much kept alive. A special treat for me
as well as a collaboration with authors, dance, con-            were the Promenades, in which I took the liberty of
temporary folklore music from the world as well as              developing the main motive to new areas. It is im-
avant-garde music, and a special place for the third            portant for me to emphasize that the “Jazz” in the
stream – the fusion between classical and jazz for              remake is not just about re-harmonization nor is it
different ensembles.                                            about playing nice swings or having „jazzy feelings“
                                                                on top of the themes, this approach I despise …
One of your principal works is a jazz version of                I do the opposite – I bring the classical work and the
Mussorgsky‘s „Pictures at an Exhibition“ which is               potential that it carries for development into fusion
very successful. What changes did you make in the               with the true tradition of contemporary jazz, which in
score and how did you change the harmonic frame-                many ways today is very close to contemporary new
work?                                                           music.
Yaron Gottfried: This work is part of a circle of four
works that I wrote for jazz trio and orchestra, it is the       Adaptations of classical pieces are, at any rate, a
most recent one (so far). I knew the work well from             focal point; you have even adapted the „Well-Tem-
both sides, the original piano suite and the famous             pered Clavier“ as fugues for jazz trio. According to
orchestral version by Ravel, which I have conducted             what criteria do you select the models for your ad-
many times. When I started working on my version,               aptations?

                                                            7
                                                sikorski Magazin 04.2014
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Portrait

Yaron Gottfried: I think that the use of the term adap-       sonata by Gubaidulina and you will find some sur-
tation is wrong concerning my works, especially re-           prising similarities in aesthetics and language and
garding the work „The Well-Tempered Unbalanced                even some swing in the sonata. „New music“ is un-
Piano“, which is based on Bach but brings quite a             limited in style, language or esthetics, it can grow
modern approach and unique ensemble to the stage.             in any direction. The composer can create his own
Bach‘s motives (the notes of the first expositions of         world, and there is not much influence from the mu-
a chosen fugue) are used as raw materials to de-              sic industry, the business does not control or affect
velop a completely new work, which in most cases              it, so it is an authentic search for pure artistic ex-
the audience (and even the musicians) will have a             pression. The same as in jazz.
hard time linking to the original fugue. When people
hear the word ‘jazz trio’ and Bach, they think mostly         What new works are forthcoming?
of Jacques Loussier who is playing Bach in swing.             Yaron Gottfried: Last year I was fortunate to perform
But my work is as far as possible from that genre. It         my version of „Pictures at an exhibition – Remake“
is not about playing Bach in swing, it is not even an         with the amazing clarinet legend Eddie Daniels, who
arrangement or variation, it is the inspiration of            was very excited about this rendition. So one thing
Bach‘s great ideas as a trigger for a new creation.           led to another and we spoke about me writing for
                                                              him a clarinet concerto.
As for the criteria, mostly I prefer to use short mo-
tives, dances, or short movements and fragments               Another work I have in mind is an extension of my
rather than the use of long melodies as the basis             work „Time Dimensions“ to a short visual opera. In
for my versions.                                              addition I am working on an orchestral „Tango Sui-
                                                              te“ based on arrangements that I wrote for Singer
You also use electronic instruments even in the area          Yasmin Levy (released by Harmonia Mundi) and on
of chamber music. What effects does this have?                a new project for chorus and jazz trio which will be
Does one have to show special considerations for              premiered at the Abu Gosh Festival 2015.
dynamics?
Yaron Gottfried: I find the world of electronic sounds
wonderful. It‘s really full of endless possibilities of
creating sounds, manipulating audio to the extre-                          Aktuelle Aufführungen
me, adding effects and use the software as part of                       von Werken Yaron Gottfrieds
the process of composing. It is very stimulating to
imagination and brings new dimension. I had my first                           21.09.2014 Tbilissi
studio when I was 13 years old and had major in-                                 Georgische EA:
terest in programming sounds and sound design in                     „Bilder einer Ausstellung – Remake”
general. (At that time the major synthesizer was DX7                      Tbilisi Symphony Orchestra
Yamaha.) Later on I had a recording studio in Tel Aviv                     Ltg.: Vakhtang Kakhidze
with some partners.
                                                                             15.10.2014 Abu Gosch
I spent so many hours in my life experimenting with                       UA Werk für Chor und Jazztrio
styles of recordings as a sound engineer, working                           Abu Gosh Music Festival
with effects, mixing computer sounds and sequen-
cing sound modules. Today I still do my own mixing                           07.01.2015 Tel Aviv
in my studio mainly with Protools + Plugins, VST in-               „The Well-Tempered Unbalanced Piano“
struments etc. Regarding your question of dynamics                       Israel Chamber Orchestra
– the mix between live acoustic instruments and
electronics is indeed tricky, but can work beautifully                            31.01.2015 Eilat
not just in the studio but in the concert hall as well                          „Capriol Jazz Suite“
if done accurately. One must be aware of the fre-                           for Jazz Trio and orchestra
quencies that one is using and be aware that not all                         Israel Chamber Orchestra
sounds are coming from the same source in a live
performance.

Why are the genres of jazz and New Music conti-
nuing to grow closer together in present-day music?
Yaron Gottfried: Those genres have a lot in common,
both derive from the same source of inspiration and
are getting mixed up with each other more and more
as the boundaries are getting vague. Take a solo im-
provisation by for example Cecil Taylor and a piano

                                                          8
                                              sikorski Magazin 04.2014
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Portrait

                                                              baum im Garten ihrer Großeltern klettert, eines, in
                                                              dem sie ihre Mutter ins Fitness-Studio begleitet, ei-
                                                              nes, in dem sie sich über ihre kleine Schwester ärgert,
                                                              eines, in dem sie sich im Spiegel beobachtet usw.

                                                              Was sollen diese Stücke pädagogisch bewirken?
                                                              Hat jedes Stück einen Vermittlungsschwerpunkt?
                                                              Gerald Resch: Alle Stücke bewältigen – gewisser-
                                                              maßen heimlich – auch spieltechnische Herausfor-
                                                              derungen. Übergreifen von linker und rechter Hand
                                                              (Radschlagen für Anfänger), Daumenfesselübung
                                                              (Emsiger Bienenstock), rhythmische Unabhängig-
                                                              keit und Improvisation über ein Ostinato (Weißer
                                                              Tango), rascher Wechsel zwischen verschiedenen
                                                              Atmosphären und Tempi (Einmal Wurstelprater hin
                                                              und retour). Die Klavierpädagogin Elisabeth Aigner-
               Gerald Resch                                   Monarth war mir beim Zuspitzen dieser technischen
Gerald Resch, geboren 1975 in Linz, studierte 1993-           Aspekte sehr behilflich. Sie hat auch ein Vorwort
2001 Komposition in Wien, Köln und Graz unter                 sowie sehr anregende kurze Kommentare zu den 13
anderem bei Michael Jarrell, York Höller und Beat             Stücken geschrieben, die am Ende jedes Stückes ab-
Furrer, außerdem Musikwissenschaft, Philosophie               gedruckt sind und den jungen Spielern Anregungen
und Kunstgeschichte an der Universität Wien. Er un-           zur Klangvorstellung und Interpretation geben sollen.
terrichtet an der Universität für Musik und Darstellen-
de Kunst Wien sowie an der Anton Bruckner Privatuni-          Sie haben ein Singspiel zu einem sehr komplexen
versität Linz und erhielt etliche Preise und Stipendien       literarischen Sujet geschrieben: „Das Gemeinde-
wie z.B. das Österreichische Staatsstipendium für             kind“ nach dem Roman von Marie von Ebner-
Komposition 2003, den Erste-Bank-Kompositions-                Eschenbach. Was fasziniert Sie so an dem Stoff?
preis 2011 (für „Collection Serti“, verbunden mit             Gerald Resch: Das Schauspielhaus Wien, das in
einem Schwerpunkt-Portrait beim Festival Wien                 seiner Programmierung einen Schwerpunkt auf poli-
Modern), den Hamburger Tonali-Kompositionspreis               tisch relevante Themen legt, hat mir – gemeinsam mit
2012 für „Al fresco“ und erst kürzlich den oberöster-         der Autorin Anne Habermehl – den Auftrag gegeben,
reichischen Landeskulturpreis 2014.                           Ebner-Eschenbachs schöne Novelle „Das Gemein-
                                                              dekind“ zu aktualisieren und aus dem 19. Jahrhun-
Soeben ist ein musikpädagogischer Band, die soge-             dert in unsere Gegenwart zu hieven. Es geht um den
nannten „Fingerspitzentänze“ für Klavier von Gerald           elternlosen Jungen Pavel, der von seiner desolaten
Resch bei Sikorski erschienen. Am 5. März 2015 wird           Dorfgemeinschaft unverschuldet zum Außenseiter
das zur Zeit in der Entstehung befindliche Singspiel          gestempelt und schikaniert wird, sich aber letztlich
„Das Gemeindekind“ nach einer Vorlage von Marie               wider Erwarten von seinen Drangsalierern emanzi-
von Ebner-Eschenbach am Schauspielhaus Wien                   piert, Vorurteile überwindet und sich aus seinem
seine Uraufführung erleben. In der Saison 2015/16             Lebensumfeld befreit. Dass sich die Handlung durch
bringt das Radio-Symphonieorchester Wien Gerald               die letztlich unerklärliche Entschlossenheit Pavels,
Reschs neues Orchesterstück mit obligatem Schlag-             sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, zum guten
zeug „Inseln“ in Wien zur Uraufführung.                       Ausgang dreht, hat mich besonders interessiert.

Auch über diese beiden neuen Werke berichtete der             4. Es ist ein düsteres, zum Teil auch belastendes
Komponist in einem persönlichen Gespräch für unser            Sujet, das von dem Kampf eines Kriminellenkindes
Sikorski Magazin:                                             um Anerkennung in der Gesellschaft handelt. Sie
                                                              wählen die Gattung „Singspiel“ dafür, eine Gattung,
                    Das Interview                             die oft und eigentlich überwiegend von Komponisten
Ein neues Projekt aus Ihrer Feder sind die „Finger-           für Komödienvertonungen gewählt wurde. Warum
spitzentänze“, 13 Tänze für Klavier, mit teilweise            haben Sie sich für das „Singspiel“ entschieden?
sehr witzigen Stücktiteln. Was hat den Impuls zu              Gerald Resch: Die große Herausforderung besteht
diesen Kinderstücken gegeben?                                 für mich darin, dass die Mitglieder des hervorragen-
Gerald Resch: Die „Fingerspitzentänze“ habe ich für           den Ensembles des Schauspielhauses Wien mein
meine Tochter Mila zu ihrem 9. Geburtstag geschrie-           Stück singen werden: Schauspieler also, die auch
ben. Sie spielt schon recht gut Klavier, und ich hatte        singen können, aber freilich nicht in einem Neue-
Lust darauf, Stücke für sie zu komponieren, die ganz          Musik-Kontext ausgebildete Spezialisten sind. Da-
unmittelbar auf ihr Leben Bezug nehmen. So gibt es            rauf muss ich musikalisch reagieren. Linien und
etwa ein Stück, das schildert, wie sie auf den Obst-          Formen finden, die nicht gespreizt wirken und vor

                                                          9
                                              sikorski Magazin 04.2014
ALICE IM WUNDERLAND NEUE KOMPONISTEN IM PORTRAIT - DER LITERA TURKLASSIKER IN DER NEUEN MUSIK YARON GOTTFRIED UND GERALD RESCH
Lera
Auerbach                                                   allem auch immer wieder ermöglichen, ins normale
                                                           Sprechen zurückzuschalten bzw. umgekehrt aus
                                                           dem Sprechen heraus in ein Singen zu überhöhen.
Wichtige Aufführungen                                      Das ganze Kontinuum zwischen reinem Sprechen
Pressestimmen zur UA der Ballettmusik
                                                           einerseits und reinem Musizieren andererseits aus-
„Tatjana“ am 29.6.2014                                     zuschöpfen, ist mir ein Anliegen. Es gibt also auch
                                                           reine Sprechtext-Passagen, sodass mir die Bezeich-
„Die Philharmoniker Hamburg mit Simon Hewett am Pult       nung „Singspiel“ adäquat erscheint.
spielten einfühlsam und ausdrucksstark, herausragend
der neue Konzertmeister Ilian Garnetz bei den mit vielen   Ein weiteres neues Werk aus Ihrer Feder ist ein
Schwierigkeiten gespickten Geigen-Soli.“                   Werk für Orchester mit obligatem Schlagzeug. Hat
(Tanznetz)
                                                           Sie dazu ein bestimmter Interpret angeregt?
„Den Höhepunkt der Handlung forciert nicht nur die         Gerald Resch: Das Radio-Symphonieorchester Wien
Choreographie, er wird insbesondere durch die virtuos-     unter der Leitung von Cornelius Meister hat im No-
sensible Komposition Lera Auerbachs großartig              vember 2013 unter dem Titel „Tanzmusik für Fortge-
vorbereitet.                                               schrittene“ im Rahmen des Festivals Wien Modern
(Bettina Weber in: Die Deutsche Bühne)                     mein kurzes, explizit tanzbares Stück „Bossa Nova
                                                           Arabica“ uraufgeführt. Das Orchester mochte mein
„Die für das Ballett komponierte Musik von
                                                           Stück sehr gern, sodass die Idee entstand, mir einen
Lera Auerbach unterstützt die Atmosphäre perfekt.“         größeren Auftrag zu geben. Bei „Bossa Nova Arabica“
(Hamburger Morgenpost, 1.7.2014)                           etablieren die drei Orchesterschlagzeuger eine
                                                           Grundierung aus sich überlagernden rhythmischen
11.10.2014 Budapest                                        Ebenen – einerseits Bossa-Nova-Material, anderer-
Ung. EA „Eterniday (Hommage à W.A. Mozart)“                seits verschiedene arabische Rhythmen –, in die
für große Trommel, Celesta und Streicher                   dann das Orchester gewissermaßen einhaken kann.
Concerto Budapest                                          Diese Idee möchte ich in meinem neuen Orches-
Ltg.: András Keller                                        terstück „Inseln“, das in der Saison 2015/2016 im
Ung. EA Sinfonie Nr. 1 „Chimera“                           Musikverein Wien zur Uraufführung kommen wird,
Concerto Budapest                                          allgemeiner verfolgen. Die Schlagzeuggruppe als
Ltg.: András Keller                                        Impulsgeber, die das Kollektiv des Orchesters an-
Ung. EA Kadenzen zum Klavierkonzert                        regt, vor sich her treibt, umlenkt, anstachelt.
d-moll KV 466 von W.A. Mozart
Lera Auerbach, Klavier                                     Die obligate Schlagzeug-Gruppe als Soloinstrument
                                                           ist nicht nur komplex in der Notation und in der
07.11.2014 Moskau                                          Rhythmik, es besteht auch aus einer Vielzahl von
RE Ballett „Tatjana”
von John Neumeier
                                                           teilweise exotischen Instrumenten. Für welche
                                                           Kombination haben Sie sich entschieden?
13.11.2014 Washington				                                  Gerald Resch: Ich habe mich im Vorfeld der Kompo-
UA Kadenzen zum Flötenkonzert D-dur                        sition zunächst mit den Schlagzeugern des RSO Wien
KV 314 von W.A. Mozart                                     getroffen, um mir ihre Instrumente – auch ihre Lieb-
Aaron Goldman, Flöte		                                     lingsinstrumente wie z.B. Steeldrums, Timbales und
National Symphony Orchestra of Washington                  Holztrommeln – zeigen zu lassen. Da meine Orches-
Ltg.: Christoph Eschenbach
                                                           terschlagzeuger hinter dem Orchester positioniert
22.11.2014 Moskau                                          sein werden, ergeben sich daraus bestimmte auf-
RE „Eterniday (Hommage à W.A. Mozart)“                     stellungstechnische Möglichkeiten. Prinzipiell be-
für große Trommel, Celesta und Streicher                   vorzuge ich klangfarbliche Vielfalt und deutliche Un-
Nationales Philharmonisches Orchester Russland             terscheidbarkeit bei größtmöglicher Ökonomie.
Ltg.: Wladimir Spiwakow

17.01.2015 Wien
ÖE Choroper „The Blind“
                                                                     Aktuelle Aufführungen
Erstaufführung in deutscher Sprache                                 von Werken Gerald Reschs
Arnold Schönberg Chor                                                      05.03.2015 Wien
                                                                 UA Gerald Resch, „Das Gemeindekind“
20.01.2015 San Francisco			                                              Schauspielhaus Wien
US-EA Klaviertrio Nr. 3
Daniel Hope, Joshua Roman, Lera Auerbach                                 Saison 2015/2016 Wien
San Francisco Performances
                                                                        UA Gerald Resch, „Inseln“
12.03.2015 Düsseldorf			                                         für Orchester mit obligatem Schlagzeug
DE „Triptychon –                                                               RSO Wien
Der Spiegel mit den drei Gesichtern“
Klaviertrio Nr. 2
Klaviertrio Weiss-Kaplan-Newman
Klaus Maria Brandauer und Thomas Hengelbrock, König der Nacht, SHMF, 2012

                  Neue Melodramen
                            „König der Nacht“ und „Egmont“
Seit dem Jahr 2007 ist der gebürtige Hamburger                Über den Impuls zu der nun aktuellen Neufassung
Komponist Jan Müller-Wieland nun schon Professor              vom „König der Nacht“ sagt Müller-Wieland: „Tho-
für Komposition an der Münchner Musikhochschule.              mas Hengelbrock meinte, dass sich der Stoff beson-
Seine lange Zusammenarbeit mit dem Burgtheater-               ders gut für das große NDR Sinfonieorchester eigne.
Schauspieler Klaus Maria Brandauer, der auch in der           Darum habe ich mir das Stück wieder vorgenom-
berühmten Verfilmung von Klaus Manns „Mephisto“               men. Es erweiterte sich beträchtlich, denn ich spür-
und in zwei Bond-Filmen zu sehen war, trägt immer             te in mir mehr Atem, mehr Neuland. So wurden aus
neue Früchte. Brandauer war an der Erstfassung                zwei Hörnern acht Hörner. Eine Basstrompete kam
von Müller-Wielands Melodram „König der Nacht“ –              hinzu, eine Kontrabassposaune und so weiter. Das
einer Epiphanie für Sprecher, 3 Sängerinnen, Zu-              Innige erhielt mehr Weite und Tiefe. Das Aufbegeh-
spielelektronik und 32 Instrumentalisten – aus dem            ren mehr Wucht. Daher der neue Untertitel: Drama.
Jahr 2003 beteiligt. Für dieses Werk schuf der Kom-           Es geht um das Lebensdrama eines Menschen mit
ponist eine freie Textcollage nach dem Buch Hiob              Gott.“
und Zitaten aus dem Neuen Testament.
                                                                                 Das Szenische
      Lebensdrama eines Menschen mit Gott                                   in Müller-Wielands Musik
Im Auftrag des NDR Hamburg entstand nun eine                  Nur selten verzichtet Jan Müller-Wieland auf die
weitere Fassung von „König der Nacht“ als Drama               Kraft des Wortes und die latent szenische Vision.
für Sprecher, 2 Soprane, Alt, großes Orchester und            Seine Musik ist vielfach geprägt von schlagkräftiger,
Zuspielelektronik, die mit Klaus Maria Brandauer,             komplexer, gelegentlich auch jazzbeseelter Rhyth-
Gesangssolisten und dem NDR Sinfonieorchester                 mik. Mit unsentimentaler, expressiver Geste vermö-
unter Leitung seines Chefdirigenten Thomas Hen-               gen sich Lebenslust und doppelbödiger Humor wie
gelbrock am 13. November 2014 in der Hamburger                auch Phantasmagorien der Zerstörung oder Konkre-
Laeiszhalle zur Uraufführung gelangt.                         tionen des Bösen zu artikulieren. Das gilt in besonde-
                                                              rem Maße auch für sein neues Melodram „Egmonts
Für die Adaption des Buches Hiob aus dem Alten                Freiheit oder Böhmen liegt am Meer“ für Sprecher,
Testament stand, wie der Komponist berichtet, auch            Sopran, Chor, Orgel und Orchester frei nach Goethe,
Joseph Roths Roman „Hiob“ Pate, in dem Hiob, ein              Grillparzer, Bachmann, Trakl, Kraus und Roth, das
streng gläubiger Jude, familiär so viel Leid erfahren         im Auftrag der Münchner Philharmoniker entstan-
muss, dass er für eine Zeit ungläubig wird und erst           den ist und am 27. November 2014 ebenfalls unter
wieder zum Glauben zurückfindet, als er Hoffnung              Teilnahme von Klaus Maria Brandauer in München
verspürt.                                                     uraufgeführt wird.

                                                         11
                                               sikorski Magazin 04.2014
Jan Müller-Wieland

               Über das Melodram                                       Melodram-Uraufführungen
Auf die Frage, was ihn so sehr an der Gattung des                       von Jan Müller-Wieland
Melodrams fasziniere, antwortet Jan Müller-Wie-
land: „Das Melodram verkörpert und vereint gerade-                         13.11.2014 Hamburg
zu das Denken in Gegensätzen, das Widersprüchli-                          UA „König der Nacht“
che am Leben, am Dasein, die Liebe zur Klarheit des                            (Neufassung)
Wortes und simultan zum Klang und seiner Mehr-                    Drama für Sprecher, 2 Soprane, Alt,
deutigkeit.                                                     großes Orchester und Zuspielelektronik.
                                                                  Textcollage von Jan Müller-Wieland
Denn: Musik ist etwas Unselbstverständliches, und            (nach dem Buch Hiob, Nelly Sachs, Pia Tafdrup
das Wort, die freie Rede auch. Es geht dabei um Frei-            und Zitaten aus dem Neuen Testament)
heitsgefühle und Wünsche, um die Solidarität zwi-                  Klaus Maria Brandauer, Sprecher
schen Ausdrucksmöglichkeiten zweier Kern-Künste                          NDR Sinfonieorchester
des darstellenden Spiels. Schumanns ‚Manfred’, die                      Ltg.: Thomas Hengelbrock
Romantik: Sie zerbrechen meinen Schreibtisch ...“                         Auftragswerk des NDR

               Jan Müller-Wieland zu                                      27.11.2014 München
  „Egmonts Freiheit oder Böhmen liegt am Meer“                        UA „Egmonts Freiheit oder
Mit dem Egmont-Stoff hat sich Jan Müller-Wieland                        Böhmen liegt am Meer“
indirekt bereits einmal in einer großartigen Bearbei-                    Melodram für Sprecher
tung von Beethovens Egmont-Ouvertüre auseinan-                        Sopran, Chor und Orchester
dergesetzt. Auf Anregung des Geigers Daniel Hope                  Textcollage von Jan Müller-Wieland
war damals eine Fassung der Egmont-Ouvertüre für                       (nach Goethe, Grillparzer,
die gleiche Kammerbesetzung wie der von Igor Stra-                 Bachmann, Trakl, Kraus und Roth)
winskys „L’Histoire du soldat“ entstanden.                         Klaus Maria Brandauer, Sprecher
                                                                       Münchner Philharmoniker
Diese Transkription sei eine Fiktion über sein Ver-                     Ltg.: Jan Müller-Wieland
hältnis zu und sein Verständnis von Beethoven und             Auftragswerk der Münchner Philharmoniker
Strawinsky, sagte Müller-Wieland einmal über das
Werk. Den beiden gegenüber fühle er sich wie zwi-
schen zwei Stühlen sitzend.

Sein neues Melodram „Egmont Freiheit oder Böh-
men liegt am Meer“ folgt einer „gewissen Traumlo-
gik“, wie es Müller-Wieland formuliert. „Es geht aus
von Grillparzers Sicht auf Goethes Egmont und folgt
einem Zeitenflug bis ins Jahr 1914 des Karl Kraus.
Dort paukt der Volkschullehrer Zehetbauer mit sei-
ner Schulklasse das Lied ‚Ehret den Fremdenver-
kehr’ als tiefere Moral von der ‚G´schicht’ Egmonts.
Egmonts Seele aber verkehrt längst fremd in einem
Böhmen am Meer. Ich beziehe mich nicht ‚bearbei-
tend’ auf Beethoven. Wohl aber spielt er eine ferne,
morbide Rolle. Denn: Wofür lohnt es sich noch zu
sterben? Was ist Moral heute und eigentliche Frei-
heit? Was können wir uns noch erlauben?

Darum geht es. Es ist mein bislang grundsätzlichs-
tes Stück überhaupt. Darum auch abendfüllend
ohne Pause mit 110 Choristen, einem riesigen Or-
chester, einer großen, hochkomplexen Orgel, einem
wahrhaft dramatischen, wie auch lyrischen Sopran
(Claudia Barainsky) und mit DEM deutschsprachi-
gen Jahrhundertschauspieler schlechthin (Klaus
Maria Brandauer), welchem ich viele Anregungen
und vehemente Ermutigungen seit vielen Jahren
verdanke.“

                                                        12
                                            sikorski Magazin 04.2014
fokussiert

                   Sofia Gubaidulina
                                    Residency in Dresden
In der Saison 2014/15 ist Sofia Gubaidulina Capell-         torium“ in Dresden unter der Leitung von Vladimir
Compositrice der Staatskapelle Dresden. Im Zentrum          Jurowski am 28., 29. und 30. Juni 2015 zu hören sein.
des Saisonporträts stehen zwei Auftragswerke: die           Zahlreiche Aufführungen von Kammermusikwerken
Uraufführung eines vokalsinfonischen Werkes in der          Gubaidulinas im Rahmen der Kammerabende der
Dresdner Frauenkirche am 18. April 2015 unter Be-           Staatskapelle sowie ein Komponistenporträt an der
teiligung des MDR Rundfunkchors, das die Staatska-          Dresdner Musikhochschule im April 2015 runden
pelle gemeinsam mit der Stiftung Dresdner Frauen-           das reichhaltige Residency-Programm ab.
kirche in Auftrag gegeben hat, sowie die deutsche
Erstaufführung des Doppelkonzerts „Warum?“ für              Vom 19. bis 21. September 2014 war die Dresdner
Flöte (auch Bassflöte), Klarinette (auch Bassklari-         Capell-Compositrice Sofia Gubaidulina zudem Ehren-
nette) und Streichorchester am 20. April 2015 in der        gast des Int. Schostakowitsch-Festivals im säch-
Semperoper – ein Gemeinschaftsauftrag der Staats-           sischen Gohrisch. Dabei wurde ihr Kammermusik-
kapelle mit zahlreichen südeuropäischen Festivals           werk „So sei es“ für Violine, Kontrabass, Klavier und
und der Sinfonietta Amsterdam. Beide Auftragswer-           Schlagzeug uraufgeführt, eine Gedenkkomposition
ke werden von Andres Mustonen dirigiert.                    für ihren Freund, den Komponisten Viktor Suslin, der
                                                            2012 starb. Es spielten Nurit Stark, Alexander Suslin,
Gubaidulinas bedeutende Violinkonzerte „Offertori-          Cédric Pescia und Taiko Saito. Das Werk wird Ende
um“ und „In tempus praesens“, beide gespielt von            des Jahres bei BIS auf CD erscheinen. Darüber hi-
Gidon Kremer, eröffnen und beschließen die Resi-            naus standen Gubaidulinas „Hell und dunkel“ für
dency. Während bereits zu Beginn der Saison das             Orgel, die Meditation über den Bach-Choral „Vor
Anne-Sophie Mutter gewidmete 2. Violinkonzert „In           deinen Thron tret ich hiermit“ für Cembalo und
tempus praesens“ unter der Leitung des Staatska-            Streichquintett, ihr Chorwerk „Jauchzt vor Gott“ mit
pellenchefs Christian Thielemann dreimal in Dres-           dem Vocal Concert Dresden sowie die Streichor-
den und anschließend im Rahmen einer Deutsch-               chesterbearbeitung der „Reflections on B-A-C-H“,
land-Tournee Anfang September in Berlin, Frankfurt,         gespielt von der Kremerata Baltica, auf dem Pro-
Köln und Dortmund präsentiert wurde, wird „Offer-           gramm des Gohrischer Festivals.

                                                       13
                                            sikorski Magazin 04.2014
fokussiert

                  Veranstaltungen
                zu Alfred Schnittkes
                   80. Geburtstag
                                                                der Ivashkin, überhaupt der emotionalste Komponist
                                                                unter den Modernisten des ausgehenden 20. Jahr-
                                                                hunderts gewesen. Und der französische Komponist
                                                                Henri Dutilleux ergänzte: Was er an Alfred Schnitt-
                                                                kes Musik so besonders schätze, sei das intensive
                                                                Pulsieren, das seine Partituren beseele, inmitten oft
                                                                heftiger, ja bestürzender Passagen, die manchmal
                                                                wie von einer Halluzination diktiert zu sein schienen.

                                                                Anlässlich des 80. Geburtstags von Schnittke gab
                                                                es Anfang des Jahres an der renommierten Juilliard
                                                                School New York bereits ein Schnittke-Festival und
                                                                das „collegium instrumentale“ in Halle gab schon
                                                                am 13. Mai 2014 ein vorgezogenes Geburtstagskon-
                                                                zert für den Komponisten. In der St. Petersburger
                                                                Philharmonie stand der junge Cellist und TONALi-
                                                                Preisträger Alexei Stadler im Mittelpunkt eines
                                                                Schnittke-Kammermusikfestivals und spielte u.a. die
                                                                beiden Cello-Sonaten und den Epilog aus „Peer Gynt“.

                                                                Am 6. November 2014 gibt der NDR mit Chor- und
                                                                Kammermusik von Schnittke ein Gedenkkonzert in
                                                                der St.-Johannis-Kirche in Hamburg-Harvestehude.
Am 24. November 2014 gedenkt die Musikwelt des                  Zu einem dreitägigen Schnittke-Symposium unter
80. Geburtstages von Alfred Schnittke, der 1998 in              dem Motto „Schnittke in Hamburg“ laden sodann
Hamburg verstarb. „Jeder baut für sich sein kultu-              die Internationale Alfred Schnittke Akademie Ham-
relles Zentrum in der Welt auf“, sagte Schnittke                burg sowie die Hamburger Musikhochschule vom
einmal. „Das heißt nicht, dass er unbedingt in Paris            27. bis zum 29. November 2014 ein. Alfred Schnitt-
lebt, in Darmstadt oder ich weiß nicht. jetzt in Berlin,        kes Zyklus Hymnen I-IV steht schließlich auf dem
sagen wir oder noch wo. Aber doch. Ich habe die                 Programm eines Kammerkonzertes im Gewandhaus
Empfindung, dass dieses kulturelle Zentrum in ei-               Leipzig am 25. Januar 2015.
nem Treffpunkt, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt,
liegt. Nämlich, einem Treffpunkt zwischen Osten und             Die Wegbegleiter Schnittkes und Interpreten seiner
Westen, genauer gesagt zwischen Russland und                    Musik,, die Cellistin Olga Dowbusch-Lubotsky, die Pia-
Deutschland, irgendwo ist dieser Treffpunkt. Ich                nistin Irina Schnittke und der Geiger Mark Lubotsky
weiß nicht, wo das genau ist, aber das ist es dem               haben eine CD mit den Violoncello-Sonaten Nr. 1 und
Sinne nach.“                                                    2 sowie dem Klaviertrio des Komponisten herausge-
                                                                geben.
Noch heute erinnern sich viele Vertraute und Freun-
de an das bewegende Abschiedskonzert, das der                   In unserem Hause ist anlässlich des Jubiläums von
Cellist Mstislaw Rostropowitsch im Großen Saal des              Alfred Schnittke ein aktualisierter Werkkatalog mit
Tschaikowsky Konservatoriums Moskau 1998 gege-                  vielen Ergänzungen und Korrekturen erschienen, der
ben hat. Rostropowitsch spielte damals den sphä-                den gegenwärtigen Stand der Schnittke-Forschung
rischen Epilog aus Schnittkes 1986 für John Neu-                in jedem Detail widerspiegelt. Als Druckausga-
meier komponierter Ballettmusik „Peer Gynt“ in der              ben sind die beliebte und oft aufgeführte „Suite im
Fassung für Violoncello und Klavier. Stumm verließ              alten Stil“ in einer von Alfred Schnittke autorisierten
er danach das Publikum, und es herrschte minuten-               Bearbeitung für Streichorchester von Jolán Berta
lang betroffenes Schweigen im Saal des Konserva-                sowie die 2. Klaviersonate in einer neu durchge-
toriums. Vielleicht sei Alfred Schnittke, so sagte der          sehenen, überarbeiteten Edition herausgekommen
Cellist und persönliche Freund Schnittkes, Alexan-              (SIK 1749).

                                                           14
                                               sikorski Magazin 04.2014
news

                                           Heinz Walter Florin vertont                Gubaidulinas „Offertorium“
                                                 Andersen-Märchen                          beim NDR Hamburg
                                         Eine einfühlsame Vertonung eines           Im Rahmen des Festivals „Lux Aeter-
                                         der berühmtesten Märchen von Hans          na“ spielen die Geigerin Patricia Ko-
                                         Christian Andersen ist dem Kompo-          patchinskaja und das NDR Sinfonie-
                                         nisten Heinz Walter Florin mit seinem      orchester unter Leitung von Thomas
                                         Stück „Das Mädchen mit den Schwe-          Hengelbrock am 19. und 20. Februar
                                         felhölzern“ für Sprecher und Orches-       2015 in der Hamburger Laeiszhalle
                                         ter gelungen. Das neue Werk kommt          das Violinkonzert „Offertorium“ von
                                         am 13. Dezember 2014 in Köln mit der       Sofia Gubaidulina.
                                         Südwestfälischen Philharmonie unter
                                         Leitung des Komponisten zur Urauf-
                                         führung.                                           Marko Nikodijevic
                                                                                             in Schottland

Neue Kinder- und Jugendstücke
        von Moritz Eggert
     in Hamburg und Berlin
Der aus Heidelberg stammende und
den Hamburgern bereits durch seine
Kinderoper „Dr. Popels fiese Falle“gut
bekannte Komponist Moritz Eggert ist
am 7. November 2014 mit einer Urauf-
führung beim Festival „KinderKinder“
in Hamburg zu Gast. An diesem Tag
wird sein neues Stück „In Teufels
Küche“ für Violoncello, Klarinette und                                              Der junge serbische Komponist Marko
Perkussion auf Kampnagel Hamburg                                                    Nikodijevic (*1980), Träger des GEMA-
aus der Taufe gehoben.                                                              Autorenpreises und bereits einer der
                                                                                    gefragtesten Nachwuchskomponisten
Am 16. November 2014 dann kommt                                                     unserer Zeit, steht auch in den näch-
es an der Freien Jugendmusikschule                Johannes Harneit:                 sten Monaten wieder häufig auf den in-
Berlin zur Uraufführung von Eggerts      Abends am Fluss / Hochwasser               ternationalen Konzertprogrammen. So
neuem Werk „Ankunft des Straßen-                Zwei Koffer im Keller               präsentierte das Spokane Symphony
königs“.                                 Das Opernprojekt „Hochwasser –             Orchestra am 11. Oktober 2014 die US-
                                         Zwei Koffer im Keller“ von Johannes        Erstaufführung seines „GHB / tanzag-
                                         Harneit entstand im Jahr 2011 im Auf-      gregat“, das Philharmonia Orchestra
                                         trag der Oper Leipzig, kam dort aber       London am 6. November 2014 die bri-
                                         nicht zur Uraufführung. Am Theater         tische Erstaufführung von „gesualdo
                                         Heidelberg wird das Werk nun am 6.         dub / raum mit gelöschter figur“ und
                                         Februar 2015 unter der Leitung des         das Ensemble Intercontemporain am
                                         Komponisten aus der Taufe gehoben.         5. und 6. Dezember 2014 in Paris ein
                                         Bemerkenswert ist an diesem Stück,         großes Nikodijevic-Porträt mit einer
                                         dessen Libretto Gero Troike verfasste,     Uraufführung („k-hole / schwarzer
                                         dass es sich aus einer großen Oper         horizont“) und zwei französischen
                                         und einer Kammeroper zusammen-             Erstaufführungen. Matthias Pintscher
                                         setzt, die in vielerlei Hinsicht mitein-   dirigiert sodann am 28. Februar 2015
                                         ander verflochten sind.                    in Glasgow die schottische Erstauf-
                                                                                    führung von Nikodijevics bisher er-
           „Gegen-Sätze“                                                            folgreichstem Orchesterwerk „cvetić,
        von Jörn Arnecke                                                            kućica / la lugubre gondola“ (nach
„Gegen-Sätze“ für Oboe und Streich-                                                 einem Klavierstück von Franz Liszt).
orchester hat der Komponist Jörn                                                    Schließlich wird die Klarinettistin Sa-
Arnecke sein neues Werk betitelt, das                                               bine Meyer zusammen mit dem Kam-
am 5. November 2014 in Heilbronn von                                                merorchester Basel am 22. März 2015
der Oboistin Céline Moinet und dem                                                  beim Festival „Heidelberger Frühling“
Württembergischen Kammerorches-                                                     ein „Rondo“ für Klarinette, Orchester
ter unter Leitung von Ruben Gazarian                                                und Live-Elektronik von Marko Nikodi-
zur Uraufführung gelangt.                                                           jevic uraufführen.

                                                            15
                                                  sikorski Magazin 04.2014
Neue CDs

    Weinbergs Kammer- und                    Gubaidulinas Kammermusik                         „Time ... and again“
          Orchestermusik                                mit Gitarre                             von Kantscheli
Eine willkommene Gegenüberstellung         Die Kammermusikwerke dieses Al-           Das Kammermusikwerk „Time ... and
von Weinbergs Kammer- und Orches-          bums enthalten Werke von 1960 bis         again“ für Violine und Klavier ge-
termusik bietet die neue Doppel-CD         2008. Der Schwerpunkt dieser CD liegt     hört mit zu den größten Erfolgen des
von ECM. Auf der zweiten CD ist die        jedoch auf Gubaidulinas Ensemble-         georgischen, 1935 geborenen Kom-
Sinfonie Nr. 10 op. 98 für Streichor-      werken mit 1-3 Gitarren. Sieht man        ponisten Gija Kantscheli. Die nun bei
chester in einer unglaublich mitreißen-    von der frühen Serenade für Gitarre       Brilliant classics erschienene Neu-
den Einspielung der Kremerata Baltica      solo ab, die bereits 1960 in Moskau für   aufnahme des fast halbstündigen
enthalten. In dieser Sinfonie, die Wein-   eine Gitarrenanthologie geschrieben       Werkes von dem Geiger Andrea
berg dem Dirigenten und berühmten          wurde, sind Gubaidulinas Gitarren-        Cortesi und dem Pianisten Marco
Schostakowitsch-Bearbeiter Rudolf          werke erst innerhalb der letzten sie-     Venturi mit ihrem subtilen Wechsel-
Barschai widmete, setzt sich der           ben Jahre entstanden. Die Klangwelt       spiel zwischen langen Klängen, quasi
Komponist mit alten Formen wie dem         von „Repentance“ für Violoncello, drei    improvisierten Ausbrüchen und im-
Concerto grosso (Satz 1), einer Pasto-     Gitarren und Kontrabass ist ebenso        mer wieder einbrechender Stille lässt
rale (Satz 2), einer Canzona (Satz 3 und   ungewöhnlich wie einzigartig. Die aku-    die hohe Emotionalität von Kantsche-
einer Burlesque (Satz 4) auseinander.      stischen Gitarren werden mal mit ei-      lis Musik noch eindringlicher werden.
Dennoch ist Weinbergs Tonsprache           nem Plektrum gespielt, mal verlangt       In „Time ... and again“ habe er auch
hier mit ihren dodekaphonischen An-        Gubaidulina das charakteristische         Material aus seinen Werken „Trauer-
leihen und aleatorischen Elementen         Gleiten der Bottleneck-Gitarre oder       farbenes Land“ oder „Valse Boston“
vergleichsweise avanciert.                 baut improvisatorische Partien ein.       verwendet, sagte der Komponist.
                                           Das auf dieser CD ersteingespielte        Entstanden war das Werk 1996 einst
   Mieczyslaw Weinberg:                    Werk „Sotto voce“ für Viola, Kontra-      für einen von Gidon Kremer und Oleg
      Sonate Nr. 3 op. 126                 bass und zwei Gitarren ist auf Bestre-    Maisenberg in Angriff genommenen
       für Violine solo,                   ben des Kontrabassisten Alexander         Schubert-Zyklus. Kantscheli fügte der
     Sinfonie Nr. 10 op. 98                Suslin entstanden, der mit Sofia          Partitur die Bibelworte „Was ich
    für Streichorchester                   Gubaidulina eng befreundet ist und        schreibe, ist wahr. Gott weiß, dass
      und andere Werke                     ihre Werke für Kontrabass, aber auch      ich nicht lüge“ hinzu.
    Gidon Kremer (Violine)                 die Werke, die ursprünglich für Vio-
     Daniil Grishin (Viola)                loncello komponiert waren, auf dem                 Gija Kantscheli
   Giedre Dirvanauskaité                   Kontrabass spielt. Die Interpreten auf           „Time ... and again“
         (Violoncello)                     dieser CD sind Dozenten und Studen-            für Violine und Klavier
Danielis Rubinas (Kontrabass)              ten der Münchner Musikhochschule.             Andrea Cortesi (Violine),
      Kremerata Baltica                                                                  Marco Venturi (Klavier)
   ECM New Series 481 0669                       Sofia Gubaidulina                       Brilliant classics 94814
                                                   „Repentance“
                                           für Violoncello, drei Gitarren
                                                  und Kontrabass
                                             Serenade für Gitarre solo
                                                 Sonate für Klavier
                                               „Sotto voce“ für Viola
                                           Kontrabass und zwei Gitarren
                                                     BIS-CD-2056

                                                             16
                                                   sikorski Magazin 04.2014
Sie können auch lesen