Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben

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Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
Dorsten ERLEBEN
            #2/2021            Das Stadtmagazin der Unternehmen mit Engagement für die Region

Azubi-Special:
Ab in die Berufswelt

Freizeit: Ab auf die
Laufstrecken

Mobilität in Dorsten:
Alle im Blick!
Menschen und ihre Mobilität:
Christian Arndt ist als
Rubbish Bike Man unterwegs.
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
WIR/KÖNNEN/PFLEGE
Altenwohn- und Pflegeeinrichtung Theodor-Fliedner-Haus | Herten,
Haus Abendsonne | Recklinghausen, Matthias-Claudius-Zentrum | Oer-Erkenschwick,
Wohngemeinschaft für demenziell Erkrankte | Recklinghausen
Häusliche Pflege | Diakoniestation in Datteln, Oer-Erkenschwick, Marl, Herten

www.diakonie-kreis-re.de

J ETZT/ KO M M ST/ DU/
Wir suchen Sie als Kollege oder Kollegin: In unseren Altenwohn- und
Pflegeeinrichtungen, in der Wohngemeinschaft, in der häuslichen Pflege/Diakoniestation
und in vielen anderen Arbeitsbereichen.
Gute Bezahlung nach Tarif | Sonderzahlung | Betriebliches Gesundheitsmanagement |
und vieles andere mehr.

www.diakonie-kreis-re.de/jobs-karriere/
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
Editorial
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
                                    im Moment                                       Eins ist klar:
               scheint alles in Bewegung. Wie wir leben, arbeiten,   Unsere Mobilität ist in Bewegung. Auch im
        uns organisieren – so vieles läuft inzwischen anders als     Vest wird leidenschaftlich diskutiert über die Ver-
    lange gewohnt. Mobil und beweglich zu sein, das ist ein          kehrs- und Mobilitätswende. Martin Schmidt, der Chef
  großes Thema dieser Zeit und Schwerpunkt dieses Heftes.            der Vestischen, spricht von der „Angebotswende“, die den
                                                                     ÖPNV attraktiver machen soll (Seite 26). Und viele Städte be-
Mobilität bedeutet Bewegungsfreiheit, die Chance dabei zu sein       gleiten den Wandel, treiben ihn an oder fördern sanfte Mobilität.
und damit Lebensqualität. Das weiß niemand besser als unsere
Partner beim Diakonischen Werk, die dafür sorgen, dass Men-          Ich glaube: Es ist höchste Zeit dafür. Denn trotz individueller Be-
 schen mit Handicaps, Ältere oder Pflege­bedürftige geistig und      dürfnisse verbindet uns die Verantwortung für Klimaschutz. Hier
  physisch mobil bleiben (s. Seite 17–19).                           hat sich zu wenig bewegt im Verkehrssektor, der heute so viel
                                                                     CO2 verursacht wie vor dreißig Jahren. Deshalb ruhen große
       Denn Mobilität ist immer etwas zutiefst Individuelles.        Hoffnungen auf der emissionsfreien Elektromobilität mit
               Deshalb haben wir Menschen aus dem Vest               Batterie oder Wasserstoff. Als kommunaler
               gefragt, wie sie im Alltag von A nach B               Energieversorger sind wir doppelt gefordert:
             kommen: zu Fuß, mit dem Rad oder Bus, im                durch die Lieferung von grünem Strom und den
            klassischem Pkw oder klimaschonenden E-Auto.             Aufbau der Ladeinfrastruktur, sei es an öffent­
           Wir sind bei Kanalschiffern an Bord gegangen,             lichen Säulen oder der privaten Wallbox. Wir
            erinnern uns mit etwas Wehmut an die gute alte           engagieren uns dabei gerne in guter Partnerschaft –
              Straßenbahn im Vest, und wir haben Studie­             wie mit der Sparkasse Vest Recklinghausen, die
                 rende und Professoren der Westfälischen             gemeinsam mit uns Ladesäulen an all ihren
                     Hochschule gefragt, wie der Verkehr             Geschäftsstellen plant. Lassen Sie uns
                           der Zukunft aussieht.                       gemeinsam beweglich bleiben!

                                                                     Für die Herausgeber von VEST ERLEBEN:

                                                                     Thorsten Rattmann
                                                                     Geschäftsführer
                                                                     Hertener Stadtwerke GmbH
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
Dorsten ERLEBEN
INHALT #2/2021
Aktuelles
Endlich wieder vor Publikum		06
Das Thema
Schwerpunkt: Mobilität in der Stadt		12
Menschen und ihre Mobilität		16
Radfahren im Vest: Freud oder Leid		22
E-Mobilität: Ausbau der Infrastruktur		 24
ÖPNV: Verkehrswende durch Angebot		 26
Blick zurück: die Ära der Straßenbahn		 28
Blick nach vorn: Zukunft der Mobilität		 30
VEST ERLEBEN
Gewinnspiel: Bildersuche		37
Ballonreportage: Leichter als Luft		38
Vest erleben: Kalender 		40
Ausbildung im Vest
                                                                               Mobil im Vest
                                                                               Auto, Fahrrad, ÖPNV, zu Fuß:
Starke Paten für starke Azubis		46                                             Mobilität hat viele Facetten.
Sommer, Sonne und die Arbeit		48                                               ab Seite 12
Mein Tag als Auszubildende		50
Menschen
Ein Portal, unendlich                                                                                             Schulbildung
viele Möglichkeiten		56
                                                                                                                  Mathias Richter, Staats-
Rockiger Traum vom                                                                                                sekretär im Ministerium
bunten Paradiesvogel                                          60                                                  für Schule und Bildung
Dynamisch gegen Abfall		62                                                                                        NRW, im Interview.
                                                                                                                  Seite 52

                                           Chefredaktion:                                             Titelfoto: Markus Mucha                Ihre Herausgeber:
Impressum                                  Stefan Prott (V.i.S.d.P.), s.prott@rdn-online.de           Layout: Jens Valtwies, Karl-Hermann    Sparkasse Vest Recklinghausen; www.sparkasse-re.de
                                           Redaktion:                                                 Hildebrandt, Lars Morawe               Hertener Stadtwerke GmbH; www.hertener-stadtwerke.de
DORSTEN ERLEBEN                                                                                                                              Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen; www.
                                           Jennifer von Glahn, Jonas Alder, Jana Leygraf,             Satz + Litho: RDN Verlags GmbH,
Ausgabe 2-2021                                                                                                                               diakonie-kreis-re.de
                                           Sandrine Seth, Jörn-Jakob Surkemper, Jana Lotter           Typoliner Media GmbH, Recklinghausen
                                                                                                                                             Kooperationspartner:
Verlag:                                    Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe:           Redaktionsassistenz, Termine:          Jobcenter Kreis Recklinghausen
RDN Verlags GmbH                           Dr. Felicitas Bonk, Dinah Bronner, Dagmar Hojtzyk, André   Katie Mahlinger, Sanja Nikolovski      AGR mbH
Anton-Bauer-Weg 6 · 45657 Recklinghausen   Przybyl, Susanna Schönrock-Klenner, Dr. Ramona             RDN Verlags GmbH                       Emschergenossenschaft und Lippeverband
Tel. 02361 490491-10                       Vauseweh                                                   Tel. 02361 490491-10
Fax 02361 490491-29                        Fotos: Volker Beushausen, André Chrost, Christian Kuck,    k.mahlinger@rdn-online.de              Auflage: 20.000 Exemplare
www.rdn-online.de                          Reiner Kruse, Markus Mucha, Marco Stepniak                                                        Dorsten ERLEBEN
                                                                                                      Druck: newsmedia, 45768 Marl
info@rdn-online.de                                                                                                                           erscheint viermal jährlich

04
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
Lauf los!
                             Sommerjogging:
                             Die schönsten
                             Strecken im Vest.
                             Seite 36

Echt Dorsten
Wie Amazon, eBay und
Google in einem: Ein      Voller Leidenschaft
neues Bürgerportal geht   Der Dorstener Hans von der
bald an den Start.        Forst und sein „Rock Orchester
Seite 56                  Ruhrgebeat“.
                          Seite 58

                                      Wir
                               wünschen
                               viel Lese-
                              vergnügen!
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
90 Schiffe pro Tag
Wesel-Datteln-Kanal, Kilometer 30,5: Hier liegt als dritte von sechs Schleusen die Dorstener
Doppelschleuse als wichtiger Mobilitätsankerpunkt. 90 Schiffe pro Tag überwinden hier
den Höhenunterschied von neun Metern auf dem Kanal. Etwa 50 Minuten dauert eine Doppel-
schleusung und wird gerne von Spaziergängern oder Fahrradfahrern beobachtet. Der Kanal ist
in Dorsten ein beliebter Freizeitort, besonders im Sommer bietet er viele Möglichkeiten: ob
eine Fahrradtour, ein Spaziergang oder ein entspanntes Päuschen mit Blick aufs Wasser. Die
Dorstener Schleuse ist sogar Teil der Themenroute Industriekultur an der Lippe. JL

www.dorsten.de

06 07
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
Das bild

Foto: Markus Mucha
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
720 bunte Schirme über Dorsten
720 bunte Schirme schmücken bis in den Herbst hinein die Dorstener Innenstadt. Aufgehängt sind sie über
den Eingangsstraßen Recklinghäuser Straße, Essener Straße und Lippestraße. Auch der Marktplatz und
                                                                                                                Fotos: Stadt Dorsten, Mischa Blank,

der Kubus sind kunterbunt in Szene gesetzt. Manfred Hürland, Sprecher der Dorstener Interessengemein-
schaft Altstadt (DIA), hatte die Idee, das Kunstprojekt „Schirminstallation“ nach Dorsten zu holen. Bei der
                                                                                                                pexels.com/jodie-louise

14. MITtekonferenz im Februar wurde dem Antrag mit großer Mehrheit zugestimmt. 90 Prozent der Projekt-
kosten in Höhe von knapp 15.000 Euro werden über den Bürgerfonds gefördert, den Eigenanteil trägt die
DIA. „Die Schirminstallation ist eine tolle Attraktion für unsere neu gestaltete Innenstadt. Die Schirme sind
ein beliebtes Fotomotiv“, sagt Henning Lagemann vom Stadtteilbüro „Wir machen MITte“.

wirmachenmitte.de

08 09
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
aktuell

      Endlich wieder Kultur!
      Das neue Kulturprogramm der Stadt Dorsten ist da. Von Theater über Kabarett und Comedy bis hin zu Konzerten und Lesungen:
      Hier ist ganz sicher für jeden etwas dabei. Die knapp 60-seitige Broschüre liegt sowohl in der Stadtinfo Dorsten als auch in
      verschiedenen städtischen Einrichtungen und Geschäften aus. Die Stadt Dorsten setzt bei ihrem Kulturprogramm auf eine
      Mischung aus altbewährten Formaten und neuen Akzenten: Im Theaterbereich gibt es humorvolle und anrührende Stücke wie
      „Shakespeare in Love“ oder „Das perfekte Geheimnis“ zu sehen. Auf der Kleinkunstbühne begibt sich Sascha Korf auf die Suche
      nach dem Glück und Pe Werner auf eine ganz persönliche und musikalische Reise von „A nach Pe“. Natürlich darf das Publi-
      kum sich auch auf mitreißende Konzerte wie beim Jazzfrühshoppen mit dem Frank
      Roberscheuten Hiptett oder dem Duo Kravets-Kassung freuen. Und auch für Kinder ist
      wieder etwas dabei: Kinder erwarten mitreißende Theaterstücke wie „Die Konferenz           Stadtinfo Dorsten
                                                                                                 Recklinghäuser Straße 20
      der Tiere“ nach Erich Kästner, Märchen wie „Der Froschkönig“ und tolle Lesungen und        Telefon 02362 30 80 80
      Workshops in der Stadtbibliothek.                                                          stadtinfo@dorsten.de

Fürs Klima auf den Drahtesel
                                                                     Verzichtet aufs Auto, nehmt das Rad: Von Sonntag, 29. August
                                                                     bis Samstag, 18. September, sammelt auch Dorsten beim
                                                                     Stadtradeln fleißig Kilometer. Stadtradeln ist ein Wettbewerb,
                                                                     bei dem es darum geht, 21 Tage lang möglichst viele Alltags-
                                                                     wege klimafreundlich mit dem Fahrrad zurückzulegen. In der
                                                                     Stadtradeln-App sollen diese getrackt werden. Neben Spaß am
                                                                     Fahrradfahren ist das Ziel natürlich mehr Klimaschutz durch
                                                                     eingespartes CO2 im Stadtverkehr. Jeder kann ein Stadtra-
                                                                     deln-Team gründen bzw. einem beitreten, um am Wettbewerb
                                                                     teilzunehmen. Jetzt anmelden, möglichst viele Radkilometer
                                                                     sammeln und den ersten Schritt für ein besseres Klima tun!

                                                                    www.stadtradeln.de
                                                                    www.facebook.com/stadtradeln
Alle im Blick! Mobilität in Dorsten: Vest erleben
you4kids –
                                                                          Die Bewegungs-Challenge
                                                                          Bei „you4kids – Die Bewegungs-Challenge“
                                                                          kann jeder mitmachen und durch Bewegung
                                                                          spenden. Der Spaß an der Bewegung steht im
                                                                          Vordergrund. Mit der „you4kids Bewegungs-
                                                                          Challenge“ sollen Kinder, die gesundheitlich
                                                                          in Deutschland ums Überleben kämpfen
                                                                          unterstützt werden und Kinder, die in
                                                                          Ländern wie Afrika jede Hilfe benötigen.
                                                                          Daher werden mithilfe der Challenge
                                                                          Spendengelder für die Organisation
                                                                          „WeSeeHope“ sowie das Kinderpalliativ­
                                                                          zentrum in Datteln gesammelt.
                                                                          Jeder ist aufgefordert, mitzumachen und
                                                                          sich für den guten Zweck zu bewegen. Die
                                                                          Teilnehmenden können dabei laufen, Rad­
                                                                          fahren, Wandern, Walken, Mountainbiken –
                                                                          Hauptsache zu Fuß oder mit dem Rad. Die
                                                                          Challenge ist dabei für alle offen und jeder
                                                                          kann selbst entscheiden wie man Freunde,
                                                                          Bekannte, Nachbarn oder Arbeitskollegen
                                                                          herausfordert – per WhatsApp, Facebook,
                                                                          Instagram oder anderen Medien.

Endlich wieder Livemusik                                                  Paten von you4kids
Endlich konnten nach dem langen Lockdown die Geschäfte und                Die you4kids Challenge wird von etlichen
Restaurants wieder öffnen. Nun wird es Zeit, dass auch die Veran­         regional und überregional bekannten Paten

                                                                                                                                  Fotos: privat, pexels-tirachard-kumtanom, Copa Ca Backum
staltungen wieder anlaufen. Die Sparkasse Vest Recklinghausen             begleitet die das „Bündnis für you4kids "
und das Medienhaus Bauer unterstützen Künstler, Künstlerinnen             bilden. Die Paten nehmen nicht nur an der
und Bands mit „Sparkassen-Clubraum Sommerkonzerten“ nach der              Challenge teil, sondern unterstützen diese
langen Pause wieder aufzutreten. Sie bringen Musikschaffende              mit ihrem Engagement, um weitere Inte­
und Gastronomen vor Ort zusammen. So bietet sich den Bands                ressierte zur Teilnahme zu motivieren. Ein
wieder eine „kleine“ Plattform, auf der sie ihre Musik präsentieren       bekannter Pate von you4kids ist Dr. Michael
können, und den Gästen ein abwechslungsreicher Abend oder                 Schulte, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse
Nachmittag mit musikalischer Unterhaltung.                                Vest. Auch viele Bürgermeister aus dem Vest
                                                                          sowie bekannte Persönlichkeiten stehen als
                                                                          Paten hinter der Aktion. Die Aktion geht noch
                                                                          bis zum 30. September 2021.
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                                                             INFO     i

www.sparkasse-clubraum.de                                                                       i

                                                                                                                       INFO   i

                                                                          www.vesterleben.de/artikel/bewegungs-challenge

10 11
Aktuell

                                                                                       Grüne E-Mobilität
                                                                                       Die Sparkasse Vest hat in der Tief­
                                                                                       garage „Krim“ in Recklinghausen
                                                                                       die ersten zwei E-Ladesäulen mit
                                                                                       Ökostrom der Hertener Stadtwerke
                                                                                       installiert. „Die Sparkasse wird
                                                                                       stetig grüner“, freut sich Dr.
                                                                                       Michael Schulte, Vorstandsvor­
Update Copa-Umbau:                                                                     sitzender der Sparkasse Vest

Guter Rutsch in die
                                                                                       Recklinghausen (l.), zusammen
                                                                                       mit Dr. Peter Lucke, stellvertretender
                                                                                       Vorstandsvorsitzender der Spar­
                                                                                       kasse (r.). „Ein auffälliges Signal

nächste Bauphase
                                                                                       dafür sind die ersten zwei E-Lade­
                                                                                       säulen, die wir in unserer Park­
                                                                                       garage ‚Krim‘ am Herzogswall in
                                                                                       Recklinghausen für E-Autos und
                                                                                       Plug-in-Hybride installiert haben.“
Es tut sich viel beim Copa-Umbau: Zwei    beendet. Die Badewassertechnik wird          Die Sparkassen-Ladesäulen wurden
große Veränderungen sind von außen        bereits neu gemacht— alles im Regel­         auf der ersten Parkebene installiert
deutlich zu sehen. Der Rutschenturm       betrieb des Hallen- und Freibads sowie       und sind bei der Einfahrt in die
steht im Rohbau und die Glaselemente      der Sauna- und Wellnesswelt. „Die            Tiefgarage nicht zu übersehen.
sind eingebaut – Ende Juni wurden die     Modernisierungsarbeiten laufen wie           Der Ökostrom kommt von den
80 Meter-langen Rutschenelemente          geplant und bieten keine Einschrän­          Hertener Stadtwerken. Thorsten
angebracht. Auch die Arbeiten an          kungen für die Besucherinnen und             Rattmann, Geschäftsführer der
Ausgleichsestrich und Abdichtung          Besucher“, so Heinz Niehoff, Badleiter       Hertener Stadtwerke (m.): „Wir
sind dort abgeschlossen. Die              des Copa Ca Backum. Die Fliesen- und         freuen uns, dass ein für unsere
Aluglas-Fassade und der Giebel sind       Verschönerungsarbeiten sollen im             Region so bedeutendes Unter­
bereits der nächste Meilenstein. Auch     Herbst beendet sein, sodass im               nehmen wie die Sparkasse jetzt
im Inneren des Freizeitbades ist viel     Anschluss die Becken gefüllt werden          auf E-Mobilität und nachhaltig
passiert: Im Bereich der Babybecken       können. Seit April 2020 laufen die           produzierten Strom der Hertener
wurden die ersten Fliesen verlegt und     Arbeiten am neuen Freizeitbad der            Stadtwerke setzt.“ Mit Blick in
die Arbeiten für die Unterkon­struktion   Hertener Stadtwerke.                         die Zukunft ergänzt er: „Ich sehe
der Abhangdecke fortgesetzt. Die neuen                                                 hier großes Potenzial für weitere
Duschen, Toiletten und Umkleiden sind                                                  E-Ladesäulen.“
komplett gefliest. Der Action-Wasser­                                                                 i

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spielplatz nimmt langsam Form an:                         i

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                                                                                       vest-erleben.de/artikel/
Hier sind die Abdichtungsarbeiten         www.copacabackum.de/umbau                    zum-tanken-in-die-sparkasse
Das Thema:

Mobilität im Vest
Die Möglichkeiten mobil zu sein, sind vielfältig: Mit dem Auto zur Arbeit,
                                                                             Foto: André Chrost

mit dem Fahrrad oder ÖPNV zur Schule oder schnell mal in die Stadt – in
unserem Schwerpunkt beleuchten wir, wie das Vest unterwegs ist und
werfen einen Blick in die Zukunft und Vergangenheit.

12 13
DAS Thema

Besser gefedert
        Wenn Kirsten Thiemann morgens auf ihr Fahr-
rad steigt, hat sie zwölf Kilometer bis zu ihrer Arbeits-
stelle in Marl vor sich. Die Dorstenerin ist seit Langem
begeisterte Fahrradfahrerin – „das hält mich fit“, sagt
sie. Mit gleich zwei verschiedenen Rädern ist sie
regelmäßig in Dorsten und im Kreisgebiet unterwegs.
Für ihren Weg zur Arbeit nach Marl setzt sie sich auf
ihr Mountainbike. „Die Fahrradwege in Dorsten und
in Marl sind zum Teil sehr holprig, mit vielen Schlag-
löchern.
Oft werden die Wege auch von nicht abgesenkten
Bordsteinen unterbrochen. An meinem normalen
Treckingfahrrad reicht dafür die Federung nicht aus.
Das macht keinen Spaß.“ Doch so einfach lässt sich
Kirsten Thiemann die Freude am Fahrradfahren
nicht nehmen. „Mit meinem Mountainbike klappt
es besser.“ Dennoch wünscht sich die Dorstenerin
zukünftig besser ausgebaute Fahrradwege. Tochter
Lena macht ebenfalls gerne Radtouren und fährt mit
ihrem Fahrrad oft von ihrem Wohnort in Haltern
nach Dorsten. „Mit dieser Route bin ich sehr zufrie-
den. Auf den Feldwegen kann ich schnell viel Strecke
machen“, sagt die 26-Jährige. JL
Elektromobilität                                                                      2
        Die E-Autos von Manuela und Tobias Szech
        passen perfekt zu ihrem Fahrbedürfnis.
                Tobias und Manuela Szech haben sich getrennt. Von ihren alten Benzinern. Seit Ende Februar
        genießt Tobias Szech die tägliche Fahrt zur Arbeit nach Bochum in seinem neuen Audi e-tron 55
        quattro. „Der Wagen gleitet geradezu dahin“, schwärmt der 45-Jährige, „man hat gar nicht das
        Bedürfnis, schnell zu fahren.“ Fast zeitgleich hat seine Frau Manuela (50) ihren Smart Benziner
        durch einen Smart EQ fortwo ersetzt. „Bei drei Tagen Homeoffice in der Woche und zwei Fahrten
        ins Büro nach Recklinghausen ist der Wagen mit seinen 140 Kilometern Reichweite perfekt“,
        findet sie. „Pro 100 Kilometer fallen nicht mal fünf Euro an Stromkosten an.“ Auch der elektrisch
        angetriebene Audi ist mit sieben Euro pro 100 Kilometer deutlich günstiger als der alte Mercedes
        von Tobias Szech. Geladen werden beide Wagen meist an der heimischen Wallbox – mit 100
        Prozent Ökostrom: „Bei den Hertener Stadtwerken gab es das Komplettpaket inklusive Installation
        und Inbetriebnahme aus einer Hand.“ Anfangs sei er ganz besonders ökonomisch gefahren,
        gesteht Tobias Szech, „aber die Reichweitenangst verfliegt schnell.“ Die Klimaanlage treibe
        den Verbrauch weniger in die Höhe als die Heizung, das weiß der Autofan inzwischen. Und
        unter ungünstigen Bedingungen wie hohem Tempo auf der Autobahn schafft sein Audi noch
        locker 360 Kilometer: „So können wir problemlos unseren Wohnwagen auf Borkum erreichen.“
        Das Thema E-Automobil hat die beiden Beamten bereits vor dem Kauf ihrer Autos
        begeistert: „E-Mobilität gehört zum Mobilitäts-Mix der Zukunft!“      Dr. Ramona Vauseweh
                                                 i

                                                                        INFO i

                           Hertener Stadtwerke · Energieberater Michael Lobert
                           02366 307-266 · energiedienstleistung@herten.de
                           www.hertener-stadtwerke/elektromobilitaet

16 17
Das Thema

                                    Frei fühlen
                                    Mit öffentlichen Ver-
                                    kehrsmitteln zu fahren
                                    ermöglicht Menschen
                                    mit Behinderungen mehr
                                    Selbstständigkeit.
                                            Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) heißt
                                    für Menschen mit Behinderungen erlebte Selbstständig-
                                    keit. Hans Scheben ist in den Recklinghäuser Werkstätten
                                    beschäftigt. Täglich nutzt er den Bus, um zur Arbeit zu
                                    kommen. Der 50-Jährige lebt selbstständig und nutzt
                                    öffentliche Verkehrsmittel auch im Alltag, beispielsweise,
                                    um in die Stadt zu fahren. Als er noch bei seinen Eltern
                                    wohnte, hat er nur den Fahrdienst für Menschen mit
                                    Behinderungen genutzt. Das ist sicher eine gute und
                                    bequeme Lösung, aber Hans Scheben wusste damals
                                    wie heute, was er will: „Es ist ein gutes Gefühl, selbst-
                                    ständig zu sein“.
                                    Er ist einer von 530 Beschäftigten in den Werkstätten,
                                    die sicher und vertraut mit öffentlichen Verkehrsmitteln
                                    fahren. Die Recklinghäuser Werkstätten bieten Trainings
                                    rund um den ÖPNV an. „Hier lernen die Menschen ihre
                                    Haltestellen und Plätze beim Umsteigen kennen“, erklärt
                                    Birgit Holtz, Leiterin des Sozialbegleitenden Dienstes der
                                    Recklinghäuser Werkstätten. Ergänzend dazu konnten
                                    einige Beschäftigte die Busschule der Vestischen
                                    besuchen. Hans Scheben ist zufrieden mit dem ÖPNV,
                                    nur freitags sei es anstrengend: Um 14 Uhr haben alle
                                    Beschäftigten der Werkstatt Feierabend, trotzdem steht
                                    um diese Zeit nur ein kleiner Bus zur Verfügung. „In
                                    Coronazeiten ist es schwer genug, Abstand zu halten“,
                                    betont Scheben. Er weiß sich zu helfen und nimmt frei-
                                    willig meist den zweiten Bus, der größer ist.
                                    Nicht jeder Mensch ist körperlich so fit oder kann lesen,
                                                                                                 Fahren, wann und
                                    deshalb ist auch immer eine Rücksichtnahme und Un-
                                                                                                 wie er es mag:
                                    terstützung seitens der Busfahrer erforderlich. Dies för-
Fotos: André Chrost, Markus Mucha

                                                                                                 Für Thomas Scheben
                                    dert die Diakonie durch regelmäßige Schulungen.              ist Mobilität mit
                                    Katharina Bischoff                                           Öffentlichen ein
                                                                                                 wichtiger Teil seiner
                                                                                                 Selbstständigkeit.

                                                       i

                                                                              INFO   i

                                    Diakonie im Kirchenkreis Recklinghausen
                                    www.diakonie-kreis-re.de
Unterwegs im
Dienst der Menschen
Pünktlich, zugewandt, immer zum Scherzen aufgelegt:
Simon Reichstein macht seinen Job als mobiler Pfleger mit
Liebe. Und das selbst in der Rush Hour und bei Parknot.

18 19
Das Thema

       10.15 Uhr, die Sonne lacht –            bewältigen hat. Kompressionsstrümpfe            während er die Haustür mit dem
der junge Mann im blauen Kasack auch:          der Stufe zwei gehen alles andere als           Schlüssel und einem gewohnt kräftigen
Die Tourtasche ist gepackt, das weiße          leicht über die Hand. Auch Arme und             Ruck öffnet. „Unsere Patientinnen und
Diakonieauto steht bereit – für Simon          Beine muss Ursula B. täglich stützen,           Patienten sind meist auf pünktliche
Reichstein beginnt der Dienst. Der             um ihrer Krankheit mög-                                          Medikation angewiesen.“
30-Jährige ist Gesundheits- und                lichst ent­gegenzuwirken.       Zu sehen, wie es den „Hallo Herr D.,“ ruft Simon
Krankenpfleger im ambulanten Dienst            „Früher habe ich die                                             Reichstein laut, damit
                                                                                 Menschen besser
und damit einer von vielen Mitarbeiten-        Strümpfe allein                                                  sein Patient ihn aus dem
den der fünf Diakoniestationen im              angekriegt“, erzählt
                                                                                geht, das macht den Flur gut hört. Beide ken-
Kreis Recklinghausen. 365 Tage im Jahr         sie, „doch seit etwa zwei                Job aus.                nen sich seit zwei Jahren
versorgen sie ihre Patientinnen und            Jahren fehlt mir die                  Simon Reichstein           – unter der Woche sehen
Patienten. Erstes Ziel heute: Castroper        entsprechende Kraft.“                                            sie sich fast täglich.
Straße in Datteln, Stützstrümpfe anlegen       Trotzdem hilft sie selbst noch engagiert        In einem kleinen Glas reicht Simon
bei Ursula B. Gut gelaunt begrüßt sie          mit, dreht Oberkörper und Arme in die           Reichstein ihm sein Medikament über
uns von ihrer Couch aus – äußerlich            richtige Richtung und drückt kräftig            die Bettkante. Franz D. ist nur noch
sieht man ihr die Einschränkung kaum           gegen, wenn Simon Reichstein ihr die            eingeschränkt beweglich, darauf weist
an, jedoch ist es ein Kraftakt, den sie zu     Strümpfe anlegt.                                auch der Dialysebeutel an der Bettseite
                                                                                               sein. Ein 30-Zoll- Fernseher an der
                                               Soziale Kontakte                                Wand dient zur Unterhaltung. „Auf Ex?",
                                               Die Arbeit der Pflegerinnen und Pfleger         prostet Franz D. Simon Reichstein zu,
                                               bedeutet weit mehr, als es die reine            während dieser ihm Limonade zum
                                               Jobbezeichnung vermuten lässt. Nicht            Nachspülen einschüttet – die Lust zu
                                               umsonst sei die Nachfrage nach                  Scherzen ist immer da! Gut gelaunt und
                                               ambulanter Pflege groß, sagt Michael            konzentriert geht der Gesundheits- und
                                               Wiese, Öffentlichkeitsarbeit Diakonie.          Krankenpfleger mit seinem Patienten
                                               „Wir suchen immer neue Kolleginnen              um: „Wir sind hier Gast“, sagt er. „Das ist
                      Für Simon Reichstein     und Kollegen und freuen uns über                das Besondere der ambulanten Pflege.
                      beginnt seine            Bewerbungen.“                                   Gerade hier in den Zechensiedlungen
                      Schicht. Seit zwei       Gerade in Coronazeiten sei der Kontakt          wurde viel Arbeit in die Häuser inves-
                      Jahren arbeitet er
                                               zu den Pflege-Mitarbeitenden häufig             tiert, erklärt er weiter. „Das erzählen
                      als Gesundheits-
                      und Krankenpfleger       auch einer der wenigen sozialen                 mir die Patienten oft stolz. Es ist
                      in der ambulanten        Kontakte für die Menschen gewesen.              wichtig für sie, so lange wie möglich in
                      Pflege der Diakonie.     „Bei mir geht das ja alles noch, ich kann       den eigenen vier Wänden zu leben.“ Das
                      Der dichte Autover-
                      kehr und die schwieri-   von Glück reden, dass ich hier noch             gilt für alle Patientinnen und Patienten
                      gen Parksituationen      sitze – trotz Lippödem und starkem              in der ambulanten Pflege. Ob er seinen
                      machen seinen Alltag     Rheuma“, sagt Ursula B. „Mir fällt immer        Job liebe? „Ja",erklärt der 30-Jährige
                      so manches Mal
                      zum Abenteuer.           wieder auf, wie selbst sehr kranke              mit Überzeugung, während er das Auto
                                               Menschen positiv reden und dankbar              wieder auf die Straße lenkt – weiter zur
                                               sind für das, was sie haben“, sagt              nächsten Station. „Unsere Arbeit be-
                                               Simon Reichstein. Tatsächlich ist sein          wirkt sichtbare Verbesserungen. Wenn
                                               nächster Patient weit weniger mobil.            ich sehe, dass Menschen gut versorgt
                                               „Doch bis wir dort ankommen, heißt              sind stellt sich große Zufriedenheit ein.
                                               es zunächst Parkplatzsuche", warnt er           Das macht das Ganze eigentlich aus.“
                                               uns und lenkt das Diakonie­auto in die          Dinah Bronner
                                               Siedlung.
                                               Gerade zu Stoßzeiten seien die Straßen
                                               voll oder – wie aktuell bei Corona und
                                               Homeoffice – plötzlich alle Parkplätze
                                               belegt. „Heute haben wir mal Glück“,
                                               grinst er, als er geübt in die Lücke auf
             Foto: André Chrost

                                               dem Seitenstreifen zirkelt. Das sei nicht
                                               immer so. „Die Parksituation ist schon
                                                                                                                 i

                                                                                                                                      INFO
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                                                                                               Diakoniestation Datteln
                                               manchmal abenteuerlich“, erklärt der            02363 565020
                                               Gesundheits- und Krankenpfleger,                www.diakonie-kreis-re.de
H2 aus
                                                                          Abfall
                                                                    macht mobil
Wasserstoff-Mobilität erprobt die AGR mit acht Pkw und rund 200.000 gefahrenen H2-Kilometern. Einen der Wagen fährt Frank Aulkemeyer,
Leiter Zentrales Projektmanagement. Bis zu 550 km Reichweite und schnelle Betankung machen das Fahrzeug alltagstauglich.

        E-Fahrzeuge gelten als klima­              hausen (KSR) noch in diesem Jahr zwei              Städten ihre Abfälle ohnehin zum Abfall-
schonende Alternative zum Verbrenner.              Abfallsammelfahrzeuge mit Brennstoff-              kraftwerk nach Herten bringen. So könn-
Da, wo jedoch Fahrzeuge für Batterien zu           zellenantrieb anschaffen. Sie haben sich           ten sie dort bald auch H2 über eine ge-
groß und schwer sind, ist der Brennstoff-          zudem mit sechs weiteren Entsorgern in             plante Hochleistungstankstelle beziehen,
zellenantrieb mit Wasserstoff (H2) eine            NRW zu einer Einkaufskooperation für               die mit kurzen Aufladezeiten und unter-
Option. Auf die setzen auch im und um              H2-Fahrzeuge zusammengeschlossen,                  schiedlichen Betankungsdrücken für die
den Kreis Recklinghausen zunehmend                 der auch die Abfallentsorgungs-                    zukünftige Nachfrage ausgelegt ist.
Unternehmen der Abfall- und Kreislauf-             Gesellschaft Ruhrgebiet (AGR) angehört.            „Nach Steigerung der Fernwärme-Aus-
wirtschaft sowie kommunale Ver-                    Die AGR nimmt in der lokalen Wasser-               kopplung seit 2019 machen wir mit der
kehrsbetriebe. So will die Vestische bis           stoffmobilität eine Schlüsselrolle ein.            Produktion von Wasserstoff gemeinsam
2025 fünf emissionsfreie H2-Busse an-              Denn damit die Fahrzeuge klimaneutral              mit anderen Unternehmen weitere
schaffen. Die benachbarten Entsorgungs-            unterwegs sind, müssen sie sogenannten             Schritte zu mehr Klimaschutz“, sagt AGR-
betriebe Herne kündigten an, 15 schwere            grünen Wasserstoff tanken, der durch               Chef Joachim Ronge. „Abfallkraftwerke
                                                                                                                                                  Fotos: André Chrost, Markus Mucha

Fahrzeuge des Fuhrparks bereits bis                Elektrolyse ohne Einsatz fossiler                  bieten beste Voraussetzungen zur H2-
Ende 2022 schrittweise durch Brennstoff-           Energieträger entsteht. Der Strom dafür            Gewinnung und zur Reduzierung von
zellenfahrzeuge zu ersetzen; die ersten            kommt aus Energieeffizienzmaßnahmen                CO2-Emissionen in der Logistik: Abfall­
sieben könnten noch dieses Jahr in                 im Abfallheizkraftwerk der AGR in                  sammelfahrzeuge liefern Abfall mit
Betrieb gehen. Gefördert durch das                 Herten (Foto) und wird ab Ende 2022                biogenem Anteil, der energetisch zur
Bundesverkehrsministerium mit knapp                direkt vor Ort zur H2-Produktion genutzt.          H2-Erzeugung genutzt wird, und tanken
1,5 Millionen Euro, wollen auch die                Dies ist besonders praktisch, da viele             anschließend diesen grü-          i

                                                                                                                                           INFO
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Kommunalen Servicebetriebe Reckling-               Sammelfahrzeuge aus den umliegenden                nen Wasserstoff.“ JJS          www.agr.de

20 21
Das Thema

Cycle
and
work
        Zur Arbeit fahren und dabei       ter zusammen. Und nicht nur die            Gesundheits­förderung, denn Radfahren
gleichzeitig etwas für seine Gesundheit   Umweltbilanz kann sich sehen lassen:       bringt Tempo ins Betriebliche Gesund-
und Fitness machen: Für Christian         Als Christian Zukunft anfing, mit dem      heitsmanagement (BGM). Mitarbeiter,
Zukunft aus dem Kreis Recklinghausen      Rad zur Arbeit zu fahren, verbesserte      die regelmäßig mit dem Rad zur Arbeit
ist das schon längst Realität. 2017 bot   sich auch seine Gesundheit – der Blut-     kommen, sind pro Jahr im Schnitt
ihm sein Arbeitgeber, dem Klinikver-      druck ging maßgeblich runter. Diese        weniger krank. Radfahren hält fit,
bund KKRN GmbH, die Möglichkeit, ein      Einschätzung teilt auch Ralf Hantel, der   macht Spaß und macht den Kopf frei.“
Dienstrad für den täglichen Arbeitsweg    als Personalleiter beim KKRN-Klinik-       Das Modell „Jobrad“ kommt bei den
zu leasen. Zusammen mit zwei anderen      verbund für die Mitarbeiter in den         Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des
Kollegen, Andreas Korber und Herbert      Krankenhäusern in Dorsten, Haltern         KKRN-Klinikverbunds gut an: Aktuell
Kempen, entschied er sich, ab sofort      am See, Marl und Herten-Westerholt         werden dort 390 Fahrräder geleast.
aufs Rad umzusteigen. In den vergan-      zuständig ist. „Mit diesem Projekt         Diese Einschätzung kann der Elektro-
genen vier Jahren kamen so pro Person     unterstützen wir unsere Mitarbeite­        techniker Christian           i

                                                                                                                        INFO
                                                                                                                           i

ungefähr 28.000 gefahrene Radkilome-      rinnen und Mitarbeiter in Sachen           Zukunft nur teilen. CA      www.kkrn.de
Radeln im Vest: Freud oder
        Wer im Kreis Recklinghausen      kein durchgängiges Radwegenetz,            die fahrradfreie Innenstadt“, sagt er.
aufs Rad steigt, sollte offen sein für   gefährliche Kreuzungssituationen –         Zudem eröffnet der ADFC bald seine
alles. Was vielleicht im ersten Moment   das sind nur ein paar der Gründe,          Geschäftsstelle in der Altstadt von
komisch klingt, ist tatsächlich das      warum der Kreis Recklinghausen im          Recklinghausen. Gemeinsam mit der
Abbild der momentanen Radfahrrealität.   Test nicht gut abgeschnitten hat. Das      Stadt und weiteren Vereinen geht es

                                                                                                                               Fotos: Markus Mucha, rustamank / stock.adobe.com, Kreis Recklinghausen
Denn das Streckennetz für Zweirad­       schreit nach massiven Verbesserungen,“     dann darum, das Thema Mobilität in die
fahrer erinnert ein bisschen an die      erklärt Frank Lumpe, 2. Vorsitzender       Bürgerschaft tragen, um Impulse zur
berühmte Schachtel Pralinen – man        des ADFC Recklinghausen. Und dafür         Verbesserung des Radverkehrs zu geben.
weiß nie, was man bekommt. Perfekt       werden sich viele Städte im Vest neu
erschlossene Strecken reihen sich an     erfinden müssen, sagt er. Denn bei der
                                                                                    Der Trend zum Zweirad
unvollständig ausgebaute Wege, frei      Verbesserung für das Fahrrad gehe          ist schon da
befahrbare Einbahnstraßen an vereiste    es nicht nur um das Ausbessern von         Denn die Beliebtheit von Fahrrädern
Radwege ohne Winterdienst. Im            Schlaglöchern oder das Aufstellen von      aller Art steigt. Auch, wenn die Infra-
aktuellen Fahrradklimatest des ADFC      Fahrradbügeln, sondern vor allem um        struktur (noch) nicht ganz perfekt ist,
gab es deswegen nur die Schulnote 4.     eine echte Mobilitätswende.                weiß Clemens Jepkens, Zweiradmecha-
Doch was bedeutet das für den Alltag     In Recklinghausen gibt es bereits          nikermeister und Inhaber der Radwelt
der vestischen Fahrradfahrer?            erste Lichtblicke, wie Frank Lumpe zu      Jepkens in Marl. „Der Trend im Vest
                                         berichten weiß. „Da sind z. B. der kürz-   geht zu deutlich mehr Zweirad-Mobilität.
Die Zeit für eine Mobilitäts-            lich begonnene Bau der Radstation am       Insbesondere E-Bikes und Pedelecs
wende ist jetzt                          Hauptbahnhof sowie die Erarbeitung         sind in den letzten Jahren zunehmend
„Schlechte oder fehlende Radwege und     eines Mobilitätsentwicklungskonzepts       beliebter geworden. Und das bei
Abstellanlagen, mangelhafte Führung      und eines Radwegenetzes zu nennen,         Kunden aller Altersklassen“, sagt er.
des Radverkehrs oft mit großen Lücken,   das Anlegen von Fahrradstraßen und         Neben den normalen Pedelecs für den

22 23
Das Thema
Links: Noch sieht es in Recklinghausen oft so aus:
der Radweg eng neben der Fahrbahn.
Mitte: In der Ried in Herten gibt es jetzt eine Fahrradstraße.
Genauso in Datteln am Südring. Recklinghausen und Marl
geben dem Rad schon auf zahlreichen Straßen Vorrang;
Dorsten plant die erste für 2022.
Unten: Land der Räder: Amsterdam und Co. sind das große
Vorbild für die Städte im Vest.

                                                                 3 Fragen
                                                                 an ...
                                                                 Radverkehrsmanager Lucca Backhaus und
                                                                 Radverkehrskoordinator Max Kumpfer

                                                                  Wie gut geeignet ist das Radverkehrsnetz im Vest aktuell für den
                                                                  Alltagsverkehr?
                                                                  Der Fokus lag in der Vergangenheit vor allem auf dem Freizeitverkehr. Das
                                                                  zeigt sich an intensiv genutzten Freizeit-Routen wie der König-Ludwig-
                                                                  Trasse, der Allee des Wandels oder der Römer-Lippe-Route. Künftig soll der
                                                                  Alltagsverkehr stärker in den Fokus rücken. Der Bedarf dafür ist groß, das
                                                                  hat unter anderem der Fahrradklimatest 2020 bestätigt. Es ist kein Geheim-
                                                                  nis, dass es Lücken im Radwegenetz und sehr unterschiedliche Standards
                                                                  gibt. Das wollen wir ändern. Vor allem das Thema Verkehrssicherheit wird
                                                                  eine wichtige Rolle spielen.

Leid?
                                                                  Welche Veränderungen werden momentan bereits umgesetzt?
                                                                  Der Kreis Recklinghausen nimmt in diesem Jahr erstmals gemeinsam mit
                                                                  allen kreisangehörigen Städten am Stadtradeln teil, vom 29. August bis
                                                                  zum 18. September. Es geht darum, die Aufmerksamkeit auf das Fahrrad
                                                                  als großartiges Verkehrsmittel zu lenken und die Bürger durch den freund-
    Alltag lägen auch sportliche Räder wie                        schaftlichen Wettbewerbsgedanken zu mehr Zeit auf zwei Rädern zu
    Trekkingräder oder Mountainbikes mit                          bewegen. Neu ist in diesem Jahr der Sonderwettbewerb „Schulradeln“:
    E-Antrieb im Trend. Durch die Pandemie                        Weiterführenden Schulen im Vest sind aufgerufen, in Teams so viele
    habe sich das zusätzlich verstärkt und                        Kilometer wie möglich zu sammeln. Die drei Schulen mit den meisten
    das gute Wetter des letzten Jahres                            Kilometern werden mit hochwertigen Fahrradreparaturstationen belohnt.
    hätte ebenfalls nicht geschadet, so der                       Das Tiefbauamt der Kreisverwaltung befasst sich gerade mit konzeptionellen
    Experte. Hinzu kommen attraktive An-                          Vorplanungen für ein neues Radverkehrskonzept an Kreisstraßen, denn die
    gebote von Arbeitgebern wie z. B. das                         Anforderungen an Radwege haben sich in den letzten Jahren deutlich
    Job-Rad, die den Trend zu mehr Zwei-                          verändert. Derzeit erarbeiten wir eigene Standards für Radwege an Kreis-
    rad-Mobilität weiter an schieben. Das                         straßen. Der Auftrag dafür kommt aus dem Vestischen Klimapakt, den
    zeigt: Das Vest ist auf einem guten Weg.                      der Kreistag beschlossen hat.
    Luft nach oben gibt's natrülich immer.
    Dr. Felicitas Bonk                                            Welche Verbesserungen sind für die Zukunft geplant?
                                                                  Vom RVR gibt es ein Konzept für ein regionales Radwegenetz. In Anlehnung
                                                                  daran erarbeiten wir derzeit ein kreisweites Netz für den Alltagsradverkehr.
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                                            INFO   i

                                                                  Wir stellen uns mit allen Städten im Kreis gemeinsam dieser Herausforderung,
    Frank Lumpe                                                   um ganz im Sinne der Radfahrenden ein sicheres und qualitativ hochwertiges
    2. Vorsitzender des ADFC Recklinghausen
                                                                  Angebot zu schaffen, das für Vielfahrerinnen ebenso attraktiv ist wie für
    0173 9913637 · 2.vorsitzender@adfc-kvre.de
    www.vestrecklinghausen.adfc.de/                               ganz junge Radfahrer. Hier zählt eine enge Zusammenarbeit aller beteiligten
    adfc-vestrecklinghausen                                       Bereiche der Kreisverwaltung und der kreisangehörigen Städte.

    Radwelt jepkens                                                                                   i

                                                                                                                                       INFO    i

    Victoriastr. 65 · 45772 Marl-Hüls                             Kreis Recklinghausen, Radverkehrskoordinator Max Kupfer
    02365 42611 · www.jepkens.de                                  02361 533074 · m.kumpfer@kreis-re.de
Unterwegs mit Ökostrom
                     Neue Ladestationen, Ökostrom für nachhaltige Mobilität
                     und sachkundige Beratung dazu: Das Know-how der Hertener
                     Stadtwerke ist über die Stadtgrenzen hinaus gefragt.

                            Die Zahlen sprechen für sich: Das Kraftfahrt-Bundes-               1.000 Stromtankstellen in abgelegenen Regionen und an
                     amts verzeichnet im April 2021 erstmals mehr Neuanmeldun-                 Autobahnen fließen. In Herten wird die Ladeinfrastruktur
                     gen im Segment E-Auto und Plug-In-Hybrid als bei den Diesel-              bereits in diesem Jahr erweitert: „Zusammen mit der Stadt
                     fahrzeugen. Laut ADAC ist inzwischen jeder zehnte neu                     Herten wollen wir bis zum Ende des Jahres fünf weitere
                     zugelassene Pkw elektrisch angetrieben. Ob Reichweiten von                Ladesäulen bereitstellen“, beschreibt Michael Lobert von
                     bis zu 385 Kilo­meter mit dem Nissan Leaf, 395 Kilometer mit              den Hertener Stadtwerken die aktuellen Pläne.
                     dem Renault Zoe oder sogar mehr als 500 Kilometer mit einem
                     Tesla – aufladen muss man sie irgendwann alle. Mehr als
                                                                                               Energiespezialisten im Vest
                     41.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte für batteriegetriebe-            „Derzeit betreiben die Hertener Stadtwerke acht öffentliche
                     ne Elektroautos gibt es in der Bundesrepublik bereits. Der                E-Ladestationen mit insgesamt 17 Ladepunkten, zugänglich
                     Bundestag möchte das Ladenetz per Gesetz erweitern. Nach                  rund um die Uhr“, gibt der zertifizierte Energieberater Aus-
                     einem am 21. Mai 2021 beschlossenen Gesetz sollen bis Ende                kunft. „Unsere Ladesäule auf Ewald hat auch zwei sogenannte
                     2023 rund zwei Milliarden Euro in den Aufbau von etwa                     Schnellladepunkte mit bis zu 50 KW.“

                                                     i

                                                                                     INFO  i

                      Ob die Wallbox für die heimische Garage oder eine Ladesäule für den
                      Firmenparkplatz – in fünf Schritten zur eigenen Energietankstelle
                      1. Kontaktaufnahme mit den Hertener Stadtwerken
Foto: Markus Mucha

                      2. Ein Mitarbeiter der Hertener Stadtwerke prüft vor Ort:
                         Für welche Ladeleistungen eignen sich die Gegebenheiten?
                      3. Beratung durch die Hertener Stadtwerke über verfügbare Fördermittel
                      4. Installation & Inbetriebnahme des Ladepunktes
                      5. Bei Bedarf Abschluss Autostromvertrag für optimierten Tarif

                     24 25
Das Thema

Das Know-how der Hertener Energiespezialisten         einer Hand. Dazu 100-Prozent Ökostrom, um klimaschonend
ist auch anderswo gefragt: Die Stadt Marl wied noch   unterwegs zu sein. „Das Bundesamt für Wirtschaft und Aus-
in diesem Jahr fünf Ladestationen in ihrer Stadt      fuhrkontrolle unterstützt die Anschaffung einer eigenen Wall-
aufstellen – in Kooperation mit den Hertener Stadt-   box mit einem Festzuschuss von 900 Euro“, informiert Michael
werken: „Wir stehen der Stadt Marl bei Rückfragen     Lobert. Sparen beim Fahren kann man mit dem Autostromver-
zur Installation zur Seite und übernehmen im          trag der Hertener Stadtwerke: „Damit lässt sich zum Festpreis
Anschluss den laufenden Betrieb“, sagt Michael        an gut 8.000 Ladestationen in Deutschland laden“, so der
Lobert. Beratend tätig waren die Experten der         Experte. „Das ist günstiger als Ad-hoc-Laden.“
Hertener Stadtwerke bereits in Recklinghausen:        Gewerbekunden, die Ladesäulen auf ihrem Firmengelände
Dort hat die Sparkasse Vest in der Sparkassen-        aufstellen wollen, können Landesfördermittel aus dem Pro-
Tiefgarage Krim zwei öffentliche Ladepunkte ein-      gramm progress.nrw beantragen. Zu aktuellen Förderoptionen
richten lassen. Hier gbt es eine neue Funktion zu-    sind die Mitarbeiter der Hertener Stadtwerke stets auf dem
sätzlich zur Bezahlmöglichkeit per App oder Lade-     neuesten Stand. In Herten haben die Hertener Stadtwerke zu-
karte: „Kontaktlos mit der Kontokarte“, erklärt der   dem ein neues Pilotprojekt an den Start gebracht: Laternen-
Energieberater der Stadtwerke. Eine leicht zugäng-    masten werden genutzt, um die Ladevorrichtung anzubringen.
liche Bezahloption, die eine von der Regierung be-    „In der Um­setzung praktisch und schnell“, sagt Michael Lobert.
schlossene Verordnung ab dem 1. Juli 2023 für alle    „Strom und Parkplätze sind bereits vorhanden.“ Ein erster
neuen öffentlichen Stromtankstellen vorsieht.         Praxistest für die eigene Stadtwerke-E-Mobilitätsflotte erfolgt
Für das Laden daheim bieten die Hertener              derzeit auf dem Werksgelände und auf dem Parkplatz des
Stadtwerke ein Rundum-sorglos-Paket: Beratung,        Copa Ca Backum. Da geht manchem ein Licht auf... 
Planung, Installation und Inbetriebnahme aus          Dr. Ramona Vauseweh

                                                                                                i

                                                                                                                        INFO   i

                                                                            Hertener Stadtwerke
                                                                            Energieberater Michael Lobert
                                                                            02366 307-266
                                                                            energiedienstleistung@herten.de
                                                                            www.hertener-stadtwerke/elektromobilitaet
Verkehrswende
mit Bussen
Die Vestische will ihr Angebot deutlich ausweiten. Das sei
wichtiger als die Frage des Verkehrsmittels, der Antriebsart
oder des Tarifs, sagt die Geschäftsführung.

                                             Vestische-Geschäftsführer Martin
                                             Schmidt setzt bei der Verkehrswende
                                             weiter auch auf moderne Dieselbusse.

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                                                                                                                                                                                        Das Thema

                                                                                                                                            SB
                                                                                                                                 SB                                 SB2
                                                                                                                                      18
                                                                                                                                                                          5        24
                                                           Elektro- und Wasserstoffbusse,       das unter anderem                                                             SB
                                                                                                                                                                                              SB22

                                                                                                                                                      SB
                                                  365-Euro-Jahresticket oder komplett           schnellere Anbindungen

                                                                                                                                                       28
                                                  kostenlose Nutzung des öffentlichen           der Unistandorte

                                                                                                                                       SB
                                                                                                                                           36
                                                  Personen­nahverkehrs (ÖPNV) – es kur-         Bochum und Dortmund                                                                SB20
                                                                                                                                                             SB49

                                                                                                                                                                      SB27
                                                  sieren viele Vorschläge, um mehr Men-         mit sogenannten
                                                                                                                            SB16
                                                  schen zum Umstieg auf Bus und Bahn            X-Buslinien ermög-

                                                                                                                                           91
                                                  zu bewegen. Für Martin Schmidt, Ge-           licht. Der X 57 könnte

                                                                                                                                      SB
                                                  schäftsführer der Vestischen Straßen-         etwa Marl, Herten und
                                                                                                                                                     SB29
                                                  bahnen GmbH, steht fest: Vor allem das        Herne, der X 60

                                                                                                                              91
                                                                                                                            SB
                                                  Angebot muss stimmen – heißt:                 Datteln, Castrop-Rauxel                               Das aktuelle Schnellbusnetz
                                                  schnell und kom­fortabel von A nach B         und Bochum und der X 79                               der Vestischen – bald könnten
                                                  gelangen. „Kein Mensch lässt sein Auto        Castrop-Rauxel, die Uni Dortmund                      neue „X-Buslinien“ hinzukom-
                                                                                                                                                      men. Infos über den QR-Code.
                                                  stehen, nur weil wir Batterie- oder Was-      und Witten verbinden. Als erste könnte
                                                  serstoff- statt Dieselbusse einsetzen.“       nach Ansicht der Vestischen-Geschäfts­
                                                  Ohnehin sei der Diesel deutlich besser        führung die Schnellbuslinie X 13 von
                                                  als sein Ruf – erst recht, weil zuneh-        Datteln über Waltrop zum Technologie-                 geschaffen, die zu Stoßzeiten im Fünf-
                                                  mend Euro-VI-Busse zum Einsatz kom-           park und zur Universität Dortmund                     minutentakt auf großenteils eigenen
                                                  men, die mit synthetischen Kraftstof-         kommen. „Wir sprechen hier von einem                  Busspuren verkehren und an Ampeln
                                                  fen sogar klimaneutral fahren können          Zeithorizont von rund einem Jahr“, sagt               Vorrang vor dem Individualverkehr
                                                  und mehr Feinstaub aus der Luft                Vestische-Prokurist Holger Becker und                haben. Binnen fünf Jahren verbuchte
                                                  filtern, als sie selbst erzeugen.                     weist damit zugleich auf einen                die Stadt so Fahrgastzuwächse von
                                                                                                           deutlichen Vorteil von Bus-                rund 60 Prozent.
                                                  Schnellere                                                  verbindungen gegenüber
                                                  Schnellbusse                                                 dem Schienenverkehr hin,
                                                                                                                                                      Umdenken bei der Politik
                                                  So setzt das lokale Ver-                                     wo neue Linien einen                   Hierzulande erscheinen selbst die
                                                  kehrsunternehmen vor                                         Vorlauf von zehn oder                  angepeilten 30 Prozent ambitioniert.
                                                  allem auf den Ausbau                                         mehr Jahren be­nötigen.                „Letztlich ist alles eine Frage des
                                                  und die Beschleunigung                                       Allerdings stoßen einige               Geldes“, so Schmidt. Immerhin gab es
                                                  seiner Schnellbusslinien                                   Buslinien auch an Grenzen                in den letzten Jahren mehr Zugeständ-
                                                  (SB) sowie die Erhöhung                                       – wie der SB 20 von                   nisse auch finanzieller Art von der
                                                  von Taktfrequenzen. Die                                       Recklinghausen nach                   Lokalpolitik. So beschloss der Kreis mit
                                                  ersten Schritte sind
                                                                                 Kaum jemand lässt              Herne, der bereits im                 dem Vestischen Klimapakt zusätzliche
                                                  eingeleitet: Der SB 25        für einen E-Bus sein Zehnminutentakt                                  Mittel von jährlich 500.000 Euro für eine
                                                  von Dorsten über Marl              Auto stehen.               verkehrt und auf der                  Ausweitung des Angebots. Mit weiteren
                                                  nach Recklinghausen                 Martin Schmidt            dichtbesiedelten, hoch-               100.000 Euro bezuschusst er die Tickets
                                                  fährt seit Jahresbeginn                                       ausgelasteten Strecke                 für Auszubildende. Deutlich mehr Geld
                                                  im 15- statt im 30-Minuten-Takt. Mit          kaum Beschleunigungspotenzial hat.                    soll dann ab 2022 fließen: Der Auf-
                                                  dem SB 49 war zuvor bereits eine neue         Hier sei eine neue Zugverbindung von                  sichtsrat der Vestischen, in dem der
                                                  Verbindung von Recklinghausen über            Recklinghausen nach Bochum sinnvoll,                  Kreis Recklinghausen sowie die Städte
                                                  Herten nach GE-Resse und -Buer und            räumt Prokurist Holger Becker ein, zu-                Bottrop und Gelsenkirchen als Gesell-
                                                  mit dem S 91 von Datteln ins Münster-         mal diese schneller kommen könnte,                    schafter sitzen, hat im Sommer 2020
                                                  land entstanden. Takterhöhungen und           weil Gleise bereits liegen und keine                  jährlich 7,2 Millionen Euro zusätzlich
                                                  Beschleunigungen sind zunächst für            neuen Bahnhöfe benötigt werden.                       zugesichert. Damit sollen die Busse der
Fotos: André Chrost Illustration: Jens Valtwies

                                                  den SB 49 sowie den SB24 von Reck-                                                                  Vestischen weitere 2,6 Millionen Kilo-
                                                  linghausen nach Dortmund-Mengede
                                                                                                Musterbeispiel Metz                                   meter jährlich zurücklegen; derzeit sind
                                                  geplant. Dazu hat die Vestische Mach-         Wie ein attraktives Nahverkehrssystem                 es knapp 20 Millionen – eine Steige-
                                                  barkeitsstudien in Auftrag gegeben, die       innerhalb weniger Jahre nur auf der                   rung von gut 13 Prozent. Außerdem soll
                                                  durch eigene Busspuren und verbesserte        Grundlage von Busverbindungen funk-                   das Geld für die Anschaffung von 120
                                                  Ampelschaltungen eine Zeitersparnis           tionieren kann, zeigt die französische                neuen Bussen mit Euro-VI-Norm und
                                                  von bis zu 25 Prozent vorhersagen.            Metropolregion Metz, die der Aufsichts-               fünf Wasserstoffbussen bis 2025
                                                                                                rat der Vestischen 2019 besuchte.                     verwendet werden. Denn auch bei der
                                                  Neue „X-Busse“                                Dort wurden neue Busverbindungen                      sogenannten Antriebswende will die
                                                  Last but not least hat der der VRR ein        mithilfe von großen Doppelgelenk­                     Vestische mit­mischen.              i

                                                                                                                                                                                           INFO      i

                                                  regionales Schnellbusnetz entwickelt,         bussen, den sogenannten METTIS,                       Jörn-Jakob Surkemper       www.vestische.de
Knotenpunkt: Am
                                 Hauptbahnhof
                                 Recklinghausen
                                 trafen sich bis zum
                                 Ende des Straßen-
                                 bahnbetriebs die
                                 Linien. 1981 konnte
                                 sich die Fahrgäste
                                 noch zwischen einer
                                 Fahrt nach Herne
                                 oder nach Herten
                                 entscheiden.

Auf Schienen
durchs Vest
Bis vor vier Jahrzehnten waren
nicht nur Omnibusse im Kreis
Recklinghausen unterwegs,
sondern auch Straßenbahnen.
Ein historischer Rückblick.

28 29
Das Thema

                        Zum letzten Mal fährt am 30. Mai 1981 eine Straßenbahn durch die Hertener Fußgängerzone. Im          Die Linie 210 der Vestischen im Jahr 1980 auf
                        Schuhgeschäft hatte man schon nicht mehr damit gerechnet: Die Ware musste beiseite geräumt werden.   dem Weg von Gelsenkirchen-Buer nach Resse.

                               Wer am Unternehmenssitz der                 ein altes Feldkreuz… Einen Kilometer              meinte man, der Bus reiche aus. Bald
                        Vestischen an der Westerholter Straße              lang Grün: Felder, Wiesen, Felder, dann           danach setzte eine Renaissance der
                        in Herten vorbeifährt, sieht ganz viele            wieder wirres Rohrwerk, staubgraue                Straßenbahn ein, die als bequemeres,
                        Omnibusse – und eine alte Straßenbahn.             Straße, die dunkelbraune Siedlung aus             höherwertiges Angebot wahrgenom-
                        Der vor 90 Jahren gebaute Wagen erin-              dem Jahr 1880; er ist zu Hause.“                  men wird, die leistungsfähiger ist und
                        nert daran, dass die Vestische Straßen-                                                              Elektromobilität von der ersten Stunde
                        bahnen GmbH ihrem Namen einst
                                                                           Sinkende Fahrgastzahlen                           an: Wiederbelebt wurde sie etwa in Groß-
                        wirklich gerecht wurde. Denn bis vor               Solche Fahrten durch eine zersiedelte             britannien oder in Amerika. In Frank-
                        vier Jahrzehnten waren nicht nur                   Landschaft waren überall im Kohlerevier           reich waren neue Schienenstrecken
                        Omnibusse dieses Unternehmens im                   möglich, doch auch und gerade im Vest             sogar zugleich ein Anlass, Stadtzentren
                        Kreis Recklinghausen und in den                    Recklinghausen. Vielleicht war der                zu revitalisieren. Auch Oberhausen
                        benachbarten Städten unterwegs.                    berühmte Autor mit der Linie 10 unter-            kehrte 1996 zur Straßenbahn zurück,
                        Die 1901 gegründete Vestische betrieb              wegs von Recklinghausen nach                      in Bochum wurde erst 2020 eine neue
                        vielmehr einmal eines der größten                  Gladbeck, mit der „24“ zwischen Marl              Verbindung eröffnet. In Gelsenkirchen-
                        Straßenbahnnetze Deutschlands mit                  und Buer oder mit der „7“, die nach ihrer         Buer treffen die Busse der Vestischen
                        nahezu 200 Kilometern Länge. Bis in                Fahrt auf verwinkelten Straßen durch              bis heute auf eines der größten Straßen-
Fotos: Manfred Köhler

                        die fünfziger Jahre des vergangenen                die Zechensiedlungen in Herten-                   bahnnetze der Welt, auf dem man noch
                        Jahrhunderts konnten die Fahrgäste                 Scherlebeck an einer Haltestelle mit              immer über Essen und Düsseldorf bis
                        mit der Elektrischen von Oberhausen                dem hübschen Namen Nonnenbusch-                   Krefeld reisen kann. Neuerdings will
                        bis Brambauer, von Dorsten bis Herne               weg endete? Doch genau in jenem Jahr,             Gelsenkirchen prüfen, ob Straßenbah-
                        und von Marl bis Wanne-Eickel fahren.              als Bölls Essay über die Stadtlandschaft          nen wieder in den Norden der Stadt
                        Straßenbahnen waren für Generationen               zwischen Lippe und Ruhr erschien,                 fahren sollen – dort, wo bis 1977 die
                        das Verkehrsmittel schlechthin im                  begann die Bergbaukrise. Die Fahr­                Linie 11 der Vestischen unterwegs war.
                         Ruhrgebiet, wo eine Zeche nach der                gastzahlen sanken, auch weil sich die             In Essen überlegt man, eine Linie bis
                            anderen entstand, wo aus Dörfern               Bürger erst ein Moped, dann ein Auto              Bottrop zu bauen. Ja schon, einstweilen
                              binnen einer Generation Städte               gönnten, der Omnibus schien als                   ist das Vest ohne Schienenanschluss,
                                wurden. Selbst Heinrich Böll               günstige Alternative zur Straßenbahn              aber es wäre ganz leicht, an die große
                                  fuhr mit: „Der junge Mann in             zu reichen, und so legte die Vestische            Zeit der Straßenbahn wieder anzuknüp-
                                    der Straßenbahn sieht                  ab 1957 nach und nach alle Schienen-              fen. Der Wagen für die Eröffnungsfahrt
                                       endlich Grün“, schrieb er           strecken still und demontierte sie.               steht schon bereit – direkt vor dem
                                         1958 in einem Essay               Die letzten Straßenbahnen im Vest                 Unternehmenssitz der Vestischen in
                                           über das Ruhrgebiet:            verschwanden 1982, sie waren noch                 Herten.               Dr. Manfred Köhler
                                             „Weiden, unter                zwischen Recklinghausen und Herne
                                               alten Bäumen                unterwegs. Eine vorschnelle Entschei-
                                                                                                                                                  i

                                                                                                                                                                         INFO  i

                                                                                                                             Dr. Manfred Köhler stammt aus Gladbeck. Der
                                                  versteckt ein            dung im Rückblick, aus einem Zeitgeist            Historiker und Straßenbahnfan ist stellvertretender
                                                    Bauernhof,             geboren; auch in vielen anderen Orten             Redaktionsleiter der FAZ im Rhein-Main-Gebiet.
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Zuku ter Ha
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Multimodal, automatisiert und auf Abruf wird die Mobilität
der Zukunft sein. Das sagen Studierende und Profs der W-HS.

      „Wenn ich ein Auto benötige,          im neuen Masterstudiengang Mobilität       Dingen, wie z. B. E-Mails bearbeiten,
steht das pünktlich, wenn ich das Haus      und Logistik an der Westfälischen          befassen kann“, so Prof. Dr. Keuchel. „Die
verlasse, vor der Tür und fährt mich an     Hochschule (W-HS) in Recklinghausen.       Systeme erkennen, dass sich das Fahr-
mein Ziel.“ So stellt sich Mario Fandrich   Auch für seine Professoren Dr. Karl-       zeug auf der Autobahn befindet und alle
einen Teil der zukünftigen Mobilität vor.   Heinz Schweig und Dr. Stephan Keuchel      Fahrzeuge in der Nähe weniger als 60
Der 30-Jährige beschäftigt sich seit        sind „Mobilität on demand“ und auto­       km/h fahren. Das Fahrzeug bietet dem
einigen Jahren intensiv mit dem             nomes Fahren Zukunftstrends. „Bereits      Fahrer in dieser Situation die Übernahme
Thema, hat einen Bachelor in Betriebs-      heute ist es technisch möglich, dass ein   der Fahraufgabe an und kann sogar
wirtschaftslehre, Schwerpunkt Logistik,     Staupilot die Fahraufgabe übernimmt,       eigenständig eine Rettungsgasse bilden.“
und studiert nun im zweiten Semester        damit sich der Fahrer mit anderen          Diese Entwicklung werde sich durch­

30 31
Das Thema

                                                                                                                                      nostiziert der Wirtschaftswissenschaftler.
                                                                                                                                      Sowohl im Personen- als auch im
                                                                                                                                      Güterverkehr werde es entsprechend
                                                                                                                                      mehr kombinierte Verkehrsformen mit
                                                                                                                                      unterschiedlichen Verkehrsmitteln
                                                                                                                                      geben – zunehmend elektrisch ange-
                                                                                                                                      trieben, glaubt auch Johanna Böckmann,
                                                                                                                                      die sich ebenfalls im zweiten Semester
                                                                                                                                      des Masterstudiengangs befindet.

                                                                                                                                      Es gibt nur eine Richtung
                                                                                                                                      Prof. Dr. Keuchel prognostiziert, dass das
                                                                                                                                      Verkehrsaufkommen durch diese Trends
                                                                                                                                      nach Corona wieder steigen wird. „Die
                                                                                                                                      Entwicklung kennt nur eine Richtung:
                                                                                                                                      Sowohl Personen- als auch Güterverkehr
                                                                                                                                      haben über Jahrzehnte immer mehr
                                                                                                                                      zugenommen – auf der Schiene und auf
                                                                                                                                      der Straße.“ Und wenn künftig Fahrzeiten
                                                                                                                                      besser nutzbar seien, ließen sich auch
                                                                                                                                      Staus und längere Strecken eher in Kauf
                                                                                                                                      nehmen. Steigende Immobilienpreise
                                                                                                                                      gäben zugleich den Impuls, weiter von
                                                                                                                                      seinen Arbeitsorten wegzuziehen.
                                                                                                                                      Nico Schepers, der im 2. Semester des
                                                                                                                                      Bachelor-Studiengangs Mobilität und
                                                                                                                                      Logistik studiert, wünscht sich deswegen
                                                                                                                                      eine Verlagerung in öffentliche Verkehrs-
                                                                                                                                      mittel und auf die Schiene: „Man wird
                                                                                                                                      schon sehr zum Autofahren gedrängt.“
                                                                                                                                      Öffentliche Verkehrsmittel müssten aber
                                                                                                                                      attraktiver werden, finden auch seine
                                                                                                                                      Mitstudierenden Johanna Böckmann
                                                                                                                                      und Mavice-Kelly Nankeng-Tchinda, die
                                                                                                                                      von Gladbeck bzw. Bochum nur recht
                                                                                                                                      umständlich nach Recklinghausen zur
                                                                                                                                      Hochschule kommen.
                                                                                                                                      Für dünn besiedelte Gebiete, wie es sie
                                                                                                                                      auch im Kreis Recklinghausen gibt,
                                                                                                                                      könnten On-demand-Angebote eine
                                                                                                                                      Lösung sein, die ebenfalls durch die
                                                                                                                                      Digitalisierung umsetzbar werden. Prof.
                                                                                                                                      Dr. Karl-Heinz Schweig betreute dazu
                                                                                                                                      erst kürzlich eine Abschlussarbeit.
Foto: André Chrost, Illustration: Jens Valtwies

                                                  setzen bis hin zum vollautomatisierten     informationen über Verspätungen und      Student Mario Fandrich hält das eigene
                                                  Fahren, zumindest auf der Autobahn.        damit sinnvolle Verbindungen zu uns.“    Auto für ein Auslaufmodell. Zumindest
                                                  Die Digitalisierung wirke sich auf fast    Eine deutlich flexiblere Nutzung der     werde Carsharing an Bedeutung gewin-
                                                  alle Bereiche von Mobilität und Logistik   Verkehrssysteme sei die Folge.           nen, stimmt auch Prof. Dr. Keuchel zu, der
                                                  aus, so der Verkehrsexperte: „Mit          Das betreffe auch die Abrechnung zum     bereits 2004 mit dem Kollegen Schweig
                                                  Navigationssystemen erhalten wir           Beispiel über Smartcards oder Handy:     zum Thema forschte und es auch selbst
                                                  Informationen über mögliche Routen         „In naher Zukunft werden wir uns mit     nutzt: Ein eigenes Auto habe er noch nie
                                                  und Verkehrsmittel. Über Fahrgast­         dem Smartphone in die Buchungs­          besessen.           Jörn-Jakob Surkemper
                                                  informationssysteme gelangen nicht         systeme einloggen und die gesamte                           i

                                                                                                                                                                               INFO   i

                                                  nur Fahrplan-, sondern auch Echtzeit­      Abrechnung findet online statt“, prog-   www.w-hs.de/mobilitaet-und-logistik-re
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