Veränderung Was ging da im Dieses Mal mit

Die Seite wird erstellt Yves-Leander Schüler
 
WEITER LESEN
0

                                                       Ausgabe # 865 ­ 16.01.2017 ­ 46. Jahrgang

  Veränderung
Rück­ und Ausblick   Was ging da im   Dieses Mal mit
des Vorstands        Audimax?         POSTER!
 S. 7-11              S. 12-22         S. 25-26
1

Gendern? Warum, wieso, weshalb und wie?

Bei der Lektüre der Berta werdet ihr feststellen, dass wir es vermeiden das generische Maskulinum zu
verwenden. Dies tun wir bewusst, weil Sprache eines der bedeutendsten Mittel der Kommunikation ist und
damit einen sehr großen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und auf unser Handeln hat. Wissenschaftliche
Studien haben in zahlreichen Untersuchungen belegen können, dass Sprache Bilder in unseren Köpfen ge-
neriert und somit unsere Wahrnehmung und auch unsere Realität prägt. Die Sichtbarkeit von Frauen*
und sich nicht in das binäre Geschlechtermodell einordnenden Geschlechtsidentitäten muss gestärkt werden.
Wir verwenden also z.B. das Gender-Sternchen *, um auch Frauen anzusprechen und um zu zeigen, dass
die Kategorien männlich und weiblich lang nicht abschließend sind, sondern dass es auch Geschlechtsiden-
titäten dazwischen, darüber hinaus und jenseits von Frau und Mann gibt.
Editorial      2

                           Liebe Menschen!

E
      in neues Jahr wartet auf uns         Das Studierende hartnäckig sind be-
      mit vielen, vielen neuen Dingen      weist auch das Referat Studieren oh-
      und Veränderungen. Passend da-       ne Hürden, welches die Inklusion an
zu auch der Schwerpunkt dieser Aus-        der Uni Freiburg etwas aufs Korn
gabe.                                      nimmt, mehr dazu auf Seite 21.

Was sich letztes Jahr hochschulpolitisch   Unser Schwerpunktthema Veränderung
abgespielt hat und was in diesem Jahr      wird mit einem Plädoyer eingetleitet,
auf uns zukommt haben der Vorstand         das dazu aufruft nicht vor Wandel
in ihrem Rück- und Ausblick zu-            zurückzuschrecken, sondern sie aktiv
sammengefasst, den ihr auf den nächs-      mitzugestalten. Ein wichtiger Gedanke,
ten Seiten lesen könnt. Eines der dort     der in allen unseren Artikeln mithallt.
angesprochenen Themen sind natürlich       Sei es die Warnung vor Angstkommuni-
auch die geplanten Studiengebühren für     kation, der stete Kampf um Inklusi-
Nicht-EU-Bürger*innen und Zweitstu-        on oder Mitspracherecht, und so vie-
dierende. Diesbezüglich entstand auch      le weitere Themen, die wir hier in
die Audimax-Besetzung, über die ihr        der Studierendenzeitung ansprechen.
in dieser Ausgabe in drei Artikeln und     Wir hoffen diese Ausgabe speziell ver-
aus drei Perspektiven lesen könnt. Zum     mittelt euch, dass Veränderung nichts
Einen einen Rückblick von Zozy* aus        schlechtes ist, vor dem man Angst ha-
dem Inneren des Audimax, einen Gast-       ben sollte. Sondern etwas das passiert,
beitrag des Korrektiv Freiburgs, wel-      passieren muss und von uns positiv
cher den fast blinden Aktionismus der      beeinflusst werden kann.
Besetzung kritisiert und nicht zuletzt
einen Kommentar zur Notwendigkeit          Also, lasst uns gemeinsam verändern!
der Besetzung von Abju.
                                                             Eure
                                                       berta*-Redaktion

                                                  Leser*innenbriefe an:
                                                  referat­presse@stura.uni­freiburg.org
3       Inhalt

    HoPo                                       Schwerpunkt
    7   Rück- und Ausblick des Vorstands       27 Veränderung: Ein Plädoyer
        Der Vorstand schaut auf 2016 zu-          Veränderung ist wichtig, und da-
        rück und schreibt über Themen,            mit gut umzugehen bedeutet in den
        die 2017 auf uns zukommen.                meisten Fällen aktive Mitgestaltung.

    12 Warum seid Ihr nicht länger drin ge-    30 Terroranschläge verändern alles!
       blieben?                                   Wirklich?
       Ein Kommentar zur Audimaxbeset-            Eine Kritik an der Angstkommu-
       zung, welcher Transparenz bieten           nikation der Massenmedien und
       möchte.                                    dem darausfolgenden Verlangen
                                                  nach einem Überwachungsstaat.
    15 Die auswendigen Muster
       Das Korrektiv Freiburg kritisiert       33 Der lange Atem der Veränderung -
       die Audimaxbesetzung für dessen            Hürden im Studienalltag
       relativen blinden Aktionismus.             Neben materiellen Hürden gibt es
                                                  auch haufenweise nichtmaterielle,
    18 Warum überhaupt besetzen?                  und auch diese gilt es zu bekämp-
       Eine Betrachtung was eine Beset-           fen.
       zung politisch leisten kann und soll.
                                               36 Dagegen bis zur Demokratie
    20 Barrierefreiheit und Inklusion als         Die jetzige Unistruktur ist proble-
       "Selbstverständlichkeit"                   matisch und Demokratie an Hoch-
       Ein Essay von Andreas aus dem              schulen entsteht nur, wenn das bis-
       Referat Studieren ohne Hürden über         herige System abgeschafft wird.
       Inklusion an der Uni Freiburg.
Inhalt            4

Gesellschaft                             Kultur
39 Das Problem heißt Patriarchat           48 Widerständiger Pessimismus
   Wenn es ihnen passt, fordern Ver-
   treterInnen rechter Parteien plötz-     50 Termine
   lich Schutzrechte für Frauen ein.          Was demnächst              so     in     Freiburg
   Dabei missachten sie aber die Wür-         ansteht.
   de der Betroffenen.

43 Eilmeldung: Fake oder Fakt?
   Bei einer Medienvielfalt wie sie
                                                              IMPRESSUM
   heutzutage vorhanden ist sind Fa-
   kenews fast nicht auszufiltern, um-   berta* #867, 15. Januar 2017,        46.    Jahrgang,   52
                                         Seiten, Auflage: 800 Stück
   so wichtiger wird deswegen Me-
   dienkompetenz.                        V.i.S.d.P.: AStA Uni Freiburg
                                         Druck: Druckwerkstatt im Grün
44 Pressemitteilung des RDL              Redaktion und Layout: Zoe* Steinsberger, Rebekka
                                         Blum, Isabell Gross, Emanuel Löffler
   Berufungsverfahren Oliver Kloth
                                         Kontakt: berta c/o AStA, Belfortstr. 24, 79085
   (AfD) gegen Radio Dreyeckland         Freiburg, Telefon: 0761-2032035, Fax: 0761-2032034,
                                         referat-presse@stura.org.
                                         Die berta* ist das offizielle Presseorgan des
45 Bändern statt verändern               Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Uni
                                         Freiburg. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben
   Wer bändern möchte, soll bändern;     nicht zwingend die Meinung der Redaktion / des
   aber niemand soll bändern müssen.     AStAs wieder. Die Redaktion behält sich bei allen
                                         Manuskripten das Kürzen und den Zeitpunkt der
                                         Veröffentlichung vor.
47 Wir wissen genug                      Bildnachweise:
                                         S. 18: Florida Memory: Tanzschule, Gemeinfrei,
   .... und deswegen ist es jetzt an     https://flic.kr/p/71VHXE
                                         S. 27: Jordi Payà: Melting Clock, CC-BY-ND 2.0,
   der Zeit raus zu gehen und was        https://flic.kr/p/fKpYEn
                                         S. 49: Kim-Leng: Kate Tempest, CC-BY-ND 2.0,
   zu tun!                               https://flic.kr/p/6yCspR
                                         S.    38: Römischer Senat, Gemeinfrei. Wikipedia
                                         https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6mischer_Senat#/m
                                         edia/File:Maccari-Cicero.jpg
                                         CC-BY-ND: https://creativecommons.org/licenses/by-
                                         nd/2.0/
                                         Alle Texte CC BY-NC-SA 3.0
                                         www.stura.org
5      Mitmachen

            C a l l f o r Pa p e r s f ü r
     St u d e n t i s c h e R i n g v o r l e s u n g
        HABT IHR SCHON MAL EINE HAUSARBEIT ZU GESCHLECHT ODER SEXUALITÄT
         GESCHRIEBEN, DIE ZU SCHADE IST, NUR IN DER SCHUBLADE ZU LIEGEN?

        WOLLT IHR ÜBEN, EURE ERGEBNISSE DER ÖFFENTLICHKEIT ZU PRÄSENTIEREN?

             DANN RAUS AUS DER SCHUBLADE UND KATEGORIEN ÜBER BORD!

     Das Gender­Referat und das Regenbogen­Referat für sexuelle und geschlechtli­
      che Vielfalt des AStA der Universität Freiburg rufen zum zweiten Mal auf, für die
     Veranstaltungsreihe „Raus aus der Schublade! Gender_Queer*Lectures“, die im
              Sommersemester 2017 stattfinden soll, Abstracts einzureichen.

       Geplant sind mehrere Abende, an denen Studierende aller Hochschulen in
    Freiburg Themen, die für die Gender Studies und Queer Studies relevant sind, sich
       also mit Geschlecht und Sexualität beschäftigen, in einem ca. 20minütigen
                                   Vortrag vorstellen.
            Willkommen sind Beiträge aus allen wissenschaftlichen Disziplinen.

        Die Vorträge können beispielsweise Ergebnisse aus Forschungsprojekten,
    Abschlussarbeiten oder Hausarbeiten sein und beispielsweise Themen wie Trans*,
    Inter*, Intersektionalität, Monogamiekritik oder strukturelle Diskriminierung behan­
    deln und auch innerfeministische oder innerdisziplinäre Kontroversen aufgreifen.
    Darüber hinaus freuen wir uns auch über Beiträge, die sich kreativ oder kritisch mit
                                den Themen auseinandersetzen.

     Die Abstracts sollen Titel, Gliederung des Vortrags, Leitfragen und eine fachliche
    Selbstpositionierung des*der Autor*in enthalten, so dass die argumentative Struktur
                    des Vortrags in 200­500 Wörtern nachzuvollziehen ist.

               Für alle Vortragenden gibt es auch ein kleines Dankeschön!

    Abstracts sind in diskriminierungsarmer und geschlechtersensibler Sprache bis zum
      28.02.2017 an referat­regenbogen@mail.stura.uni­freiburg.de einzureichen.

                                 WEITERE INFORMATIONEN UNTER:

                        www.stura.uni­freiburg.de/gremien/referate/regenbogen
                           referat­regenbogen@mail.stura.uni­freiburg.de
Mitmachen   6
7         HoPo

                   HOCHSCHULPOLITISCHER RÜCK­ UND AUSBLICK DES VORSTANDS

      Wie war das Jahr 2016
     aus hochschulpolitischer
             Sicht?
    O
           bwohl wir als Vorstand erst seit     den entsprechend zweckgebunden einge-
           Oktober im Amt sind, werden          setzt haben oder nicht. Nachdem diese
           wir versuchen, euch einen kurz-      Nachweise zunächst nicht vorgelegt wer-
    en Überblick über die hochschulpoliti-      den konnten, wurde sich von Seiten der
    schen Geschehnisse des Jahres 2016 zu       Studierenden dazu entschieden, die Mit-
    geben.                                      tel den Vorgaben entsprechend neu aus-
                                                zuschreiben. Dieser Schritt zeigte offen-
    Ein Thema, das unsere Vorgänger*innen,      sichtlich Wirkung. Nur kurze Zeit spä-
    uns und wahrscheinlich auch noch die        ter wurden die entsprechenden Nachwei-
    ein oder andere Generation nach uns         se durch das Rektorat vorgelegt und in
    beschäftigen wird, ist die neue Universi-   einem klärenden Gespräch konnten die
    tätsbibliothek. Im Lauf des Jahres 2016     Unstimmigkeiten beseitigt werden. Die
    wurden immer wieder verschiedene Pro-       Neuausschreibung der Mittel wurde dar-
    bleme von Seiten der Studierendenvertre-    aufhin von Seiten der Studierenden zu-
    tung angesprochen und konnten teilwei-      rückgezogen.
    se auch gelöst werden. Grundsätzliche
    Probleme, wie beispielsweise die große      2016 war auch ein Jahr der Wahlen.
    Zahl fehlender Arbeitsplätze während der    Neben den alljährlichen Wahlen inner-
    Prüfungsphasen sind weiterhin ungelöst.     halb der Verfassten Studierendenschaft die
    Im Großen und Ganzen ist die Entwick-       im Juni erfolgreich durchgeführt wurden,
    lung der UB im letzten Jahr aus Stu-        stand auch die Landtagswahl in Baden-
    dierendenperspektive eine positive gewe-    Württemberg an. Diese wurde aus hoch-
    sen, was aber nicht heißen soll, dass al-   schulpolitischer Perspektive kritisch beglei-
    les perfekt läuft.                          tet. Wichtige Themen waren dabei an-
                                                stehende Reformen des Landeshoschulge-
    Im Frühjahr des vergangenen Jahren kam      setzes, die Ausgestaltung der Verfassten
    es vor allem auf Grund von Problemen        Studierendenschaft und die Frage nach
    in der Kommunikation mit verschiedenen      Studiengebühren. Dass die Themen nicht
    Stellen im Rektorat zu einem Streit, bei    gänzlich falsch gesetzt waren, sollte sich
    welchem es um die studentische Verga-       vor allem beim Thema Studiengebühren
    be von Qualitätssicherungsmittel aus dem    bald zeigen.
    4. Quartal 2015 ging. Entscheidend war
    hier die Frage, ob die verschiedenen Fa-
    kultäten die ihnen zugewiesenen Gelder
    den Vereinbarungen mit den Studieren-
HoPo           8

Was war eigentlich mit…
…Studiengebühren?
Seit Beginn unserer Vorstandszeit beschäf-   aufhin fand eine ausgiebige Diskussion,
tigt uns ein Thema der Hochschulpoli-        angeregt durch die Vorstände, im Stu-
tik besonders: Die Pläne zur Wiederein-      dierendenrat statt. Das Ergebnis war die
führung von Studiengebühren. Der Ge-         Bestärkung der bisherigen Position zur
setzentwurf aus dem grünen Wissenschafts-    Exzellenzstrategie: die politische Ableh-
ministerium sieht (mit Ausnahmen) Ge-        nung von öffentlichen Finanzierung im
bühren für Internationale Studierende aus    Bildungsbereich nach Wettbewerbsprinzip.
Nicht-EU-Ländern vor. Wir stehen die-        Gefolgt von dieser Entscheidung wurde
sen Plänen sehr kritisch gegenüber. Nach-    die erste Informationsveranstaltung über-
dem sich bereits der Studierendenrat der     haupt zum Thema Exzellenz an unserer
Uni Freiburg gegen die Wiedereinführung      Universität durch die Studierendenvertre-
von Studiengebühren aussprach, beschloss     tung organisiert. Um noch mehr Studie-
auch die Vollversammlung der Studieren-      rende über das Thema zu informieren
den den Gesetzentwurf abzulehnen. Die        und den Beschluss zu stärken fand dann
bisherige politische Arbeit zu diesem The-   eine Diskussion auf der Vollversammlung
ma konzentrierte sich auf zwei Bereiche:     am 14.12.2016 mit ca. 500 Studierenden
Zum Ersten die Vernetzung mit anderen        statt. Seitdem gilt der Beschluss der Voll-
Studierendenvertretungen in Baden-Würt-      versammlung als höchstes politisches Gre-
temberg und deutschlandweit – landes-        mium der Studierendenvertretung, nach
weit wehren sich die Studierendenvertre-     dem wir die Exzellenzstrategie ablehnen,
tungen gegen die Wiedereinführung von        die Petition gegen Exzellenz als Institu-
Studiengebühren. Zum Zweiten ging es         tion unterstützen und uns nicht in den
vor allem darum eine kritische Öffent-       universitären Gremien, die ausschließlich
lichkeit zu schaffen. Zu diesem Zweck        mit der Exzellenzstrategie befasst sind,
fand unter anderem eine große Demo           beteiligen.
Ende November in der Freiburger In-
nenstadt statt. Außerdem fand eine Be-       …dem neuen Rahmenvertrag mit der VG
setzung des Audimax großes öffentliches      Wort?
Interesse. Eine Gruppe Studierende be-       Wir sahen uns kurz nach Beginn des
setzte nach der Vollversammlung am           Semesters mit der Tatsache konfrontiert,
14.12. aus Protest gegen die Wiederein-      dass die Nutzung von Texten in Onli-
führung von Studiengebühren und die          ne-Semesterapparaten wie ILIAS ab dem
wenig kritische Haltung des Rektorats        01.01.2017 sehr viel schwieriger werden
das Audimax.                                 sollte. Ab diesem Zeitpunkt sollte ein
                                             neuer Vertrag zur Nutzungsüberlassung
…der neuen Exzellenzstrategie?               von digitalen Texten zwischen Bund, Land
Im Jahr 2016 wurde das Thema Exzel-          und der der VG Wort gelten. Dieser
lenzstrategie in allen Gremien der Uni-      sah Neuregelungen im Abrechnungsver-
versität und damit auch in der Studie-       fahren vor, welche die Universitäten ka-
rendenvertretung wiedermal aktuell. Wir      pazitativ und finanziell überlastet hätten.
setzten uns mit den studentischen Ver-       Aus diesen Gründen hat ein Großteil
treter*in der verschiedenen Gremien zu-      der deutschen Universitäten beschlossen
sammen und überlegten wie ein gemein-        den neuen Vertrag nicht zu unterschrei-
sames Vorgehen aussehen könnte. Dar-         ben. Das hättte bedeutet, dass ab 2017
9         HoPo

    urheberrechtlich geschützte Texte nicht      ..."lernfabriken meutern!"?
    länger online zur Verfügung gestellt wer-    "lernfabriken...meutern!" ist ein bundes-
    den können, was die Qualität von Stu-        weites Bündnis verschiedenster Akteure
    dium und Lehre negativ beeinflusst hät-      aus dem Bildungsbereich. Darunter fal-
    te. Durch den Druck den die Unis auf         len beispielsweise Schüler*innen und Leh-
    die Vertragspartner*innen ausübten, bil-     rer*inne, Azubis oder Studierende. Mitte
    dete sich noch im Dezember eine Ar-          November lud das Bündnis zu einer Pro-
    beitsgruppe. Diese hat eine vorläufige Ei-   testkonferenz an die Uni Duisburg-Essen
    nigung veröffentlicht: die Nutzung von       und auch zwei Menschen aus Freiburg
    digitalen Texten wird bis einschließlich     folgten der Einladung. Das Wochenende
    Dezember nach altem Vertrag erlaubt –        war von vielen verschiedenen Workshops
    bis dahin soll ein neuer Vertrag verhan-     und Diskussion geprägt die sich an der
    delt werden. Wir werden diesen Prozess       Frage orientierten, wie ein Bildungspro-
    weiter kritisch begleiten; erst im Dezem-    test im Jahr 2017 ausgestaltet werden
    ber hat die Vollversammlung beschlossen,     kann. Man darf gespannt bleiben, was
    dass wir uns dafür einsetzen sollen, dass    im neuen Jahr auf uns zukommen wird.
    digitale Texte weiterhin pauschal abge-
    rechnet werden und nicht einzeln. Au-        …der Erstiwoche?
    ßerdem forderte die VV, dass das Land        Die diesjährige Erstiwoche war insgesamt
    weiterhin für die Kosten aufkommt. Wir       sehr erfolgreich. Unsere Angebote wur-
    fordern, dass ein Vertrag erarbeitet wird,   den größtenteils positiv wahrgenommen
    der sowohl für Studium und Lehre als         und waren sehr gut besucht. Jazzfrüh-
    auch für die vertretenen Autor*innen Lö-     stück, Semestereröffnungsparty und Stadt-
    sungen enthält und uns nicht zurückwirft     führungen erfreuten sich wie jedes Jahr
    in Zeiten von Semesterapparaten und Ko-      großer Beliebtheit. Auch auf dem von
    pierschlangen.                               uns mitorganisiertem Markt der Möglich-
                                                 keiten im Dreisamstadion waren wir und
    …der fzs-Veranstaltung in Freiburg?          viele andere Gruppen vertreten und ha-
    Anfang Oktober fand in Freiburg die          ben hoffentlich vielen Erstis Einblicke in
    konstituierenden Sitzungen der Ausschüs-     die Hochschulpolitik bieten können.
    se des fzs (freier zusammenschluss von
    student*innenschaften) statt. Etwa 40
    Menschen aus hochschulpolitischen Struk-
    turen aus ganz Deutschland waren an
    diesem Wochenende in Freiburg um die
    inhaltliche Arbeit in den verschiedensten
    Ausschüssen gemeinsam zu starten. Wir
    Freibuger*innen haben uns derweil um
    die Verpflegung gekümmert und dafür
    viel Lob erhalten. Neben der inhaltlichen
    Arbeit kam auch die abendlich Vernet-
    zung bei diversen Kaltgetränken nicht zu
    kurz. Alles in allem war es ein schö-
    nes aber sehr anstrengendes Wochenende.
HoPo          10

        Euer AstA­Vorstand: Sina und Dominik (hinten), Leon und Maleen (vorne)

Was 2017 noch passieren soll:
Studiengebühren:
Im kommenden Jahr bleibt das Thema           Württembergs möglichst vielfältigen und
Studiengebühren leider weiterhin aktuell.    breiten Protest gibt. Am 13. Januar wird
Nach Angaben der Landesregierung soll        es eine Demonstration gegen die Studien-
der Gesetzentwurf Mitte Februar zur er-      gebühren in Stuttgart stattfinden. Damit
sten Lesung ins Parlament kommen. Un-        viele Studierende auch aus Freiburg teil-
ser Ziel bleibt nach wie vor, den Ge-        nehmen können, wird die Studierenden-
setzentwurf und jeden weiteren Gesetz-       vertretung eine Möglichkeit der gemein-
entwurf, der Studiengebühren beinhaltet      samen Anreise organisieren. Meldet euch
zu verhindern. Wir hoffen, dass es auch      also gerne bei uns!
im Jahr 2017 sowohl in Freiburg aber
auch in vielen anderen Städten Baden-
11         HoPo

     Obwohl die endgültige Entscheidung über       Baumaßnahmen (Platz der alten Synagoge /
     die Studiengebühren - taktisch sehr klug      KG II):
     – in die Zeit der vorlesungsfreien Zeit       Nachdem die Umbaumaßnahmen des Plat-
     fallen wird, möchten wir hier schon ein-      zes der alten Synagoge beendet sein wer-
     mal ankündigen, dass unserer Protest ge-      den, wird (voraussichtlich 2019) mit dem
     gen Bildungsgebühren nicht zum Zeit-          Umbau des KG II begonnen. Hierfür
     punkt der Implementierung eines Geset-        wird vorrangig das entsprechend benötig-
     zes enden wird.                               te Baumaterial im Innenhof des Zentral-
                                                   campus, also auf dem Platz der weißen
     Exzellenzstrategie:                           Rose gelagert, während die Arbeiten bzw.
     Die Exzellenzstrategie wird im neuen Jahr     der Transport der Materialien voraussetzt,
     in die entscheidende Phase gehen. Die         dass ein Kran auf dem Platz der alten
     Cluster     werden durch die Universität      Synagoge errichtet werden soll. Fraglich
     eingereicht und die erste Bewerbungspha-      ist jedoch noch ob die Stadt Freiburg
     se wird im Zeitraum April bis Septem-         dieser (Fremd)Nutzung zustimmen wird.
     ber 2017 stattfinden. Daraufhin wird sich     Da der Kran nicht im Innenhof stehen
     herausstellen, ob die Universität Freiburg    wird, ist mit einer etwas geringeren Lärm-
     in die zweite Bewerbungsphase, welche         belästigung für alle umliegenden Univer-
     eine konkrete Begehung durch Vertre-          sitätsgebäude zu rechnen. Dennoch wird
     ter*innen der Exzellenzstrategie mit sich     die Attraktivität des Zentralcampus sehr
     bringen würde, kommt oder nicht. Die          darunter leiden, da der Platz der wei-
     Finanzierung durch die Exzellenzstrategie     ßen Rose dadurch vermutlich überhaupt
     als Dauerfinanzierung und ohne weitere        nicht mehr verwendbar sein wird. Wir
     Möglichkeit des Auf- oder Abstiegs ein-       werden uns weiterhin in Gesprächen mit
     zelner Universitäten wird im Jahr 2019        dem Rektorat dafür einsetzen, die Ein-
     starten. Unabhängig davon wie weit Frei-      schränkungen für Universitätsangehörige
     burg in diesem Wettbewerb kommen wird,        möglichst gering zu halten und werden
     lehnen wir als Studierendenvertretung den     euch natürlich mit aktuellen Informatio-
     Wettbewerb um öffentliche Mittel im Bil-      nen auf dem Laufenden halten.
     dungssektor grundsätzlich ab.
                                                   Zusammenfassend bleibt uns zu sagen,
     Bundestagswahl:                               dass unser Vorstandsjahr mit vielen un-
     Auf alle Studierenden der Universität         angenehmen hochschulpolitischen Themen
     Freiburg wird, wie auch auf die gesam-        begann. Das motiviert uns aber umso
     te Gesellschaft im Jahr 2017 die Bun-         mehr weiterhin eure Interessen stark zu
     destagswahl zu kommen. Aufgrund un-           machen!
     sere Präambel in der Organisationssat-
     zung aber auch der aktuell geltenden          Wir wünschen euch ein erfolgreiches Jahr
     Beschlüsse gegen das Programm der AfD,        2017!
     ist es aus unserer Sicht besonders wich-
     tig, in den derzeitigen gesamtgesellschaft-           FÜR FRAGEN ODER ANREGUNGEN:
     lichen Prozessen, in denen stetig rassisti-
     schere, sexistischere und antidemokratische        Studierendenhaus         Unsere Sprechzeiten:
                                                           Belfortstr. 24           Im Semester:
     Diskurse geführt werden, eine klare Po-              79089 Freiburg         Mo ‐ Fr: 11 ‐ 13 Uhr
     sition für eine offene, demokratische und                                  Mo und Do: 14 ‐ 16 Uhr
     vielfältige Gesellschaft zu beziehen.            Im ersten Obergeschoss,
                                                         zweite Tür rechts       vorstand@stura.org
                                                                                   0761/203 2033
HoPo           12

                                       BERICHT

      „Warum seid ihr nicht länger drin
              geblieben?“
     Erinnerungen und Reflexionen bezüglich der jüngsten Besetzung des Audimax

                                      Von Zozy

W         arum seid ihr nicht länger drin
          geblieben?“ Diese Frage schien
nach der Besetzung des Audimax ver-
                                            Zwischen dem Abend des 14. Dezember
                                            und dem Nachmittag des 16. Dezember
                                            besetzen mehrere Hundert Studierende das
                                            Audimax der Uni Freiburg. Rund 400
gangenen Dezember für etwas mehr als        Studierende hatten sich im Ausgang der
zwei Tage von besonderem Interesse zu       Vollversammlung der Studierendenschaft
sein. Sie wurde nicht nur mir – nicht       für die Besetzung des Audimax ausge-
selten, zumal – gestellt, auch viele        sprochen. Etwa 300 blieben bis zum En-
Freund*innen erzählen mir, dass sie ge-     de des ersten Plenums in der Nacht zum
genüber ihnen immer wieder aufkam. Von      Donnerstag. Über die Nacht blieben et-
Studierenden, welche 2009 teils dabei,      wa 150 Besetzer*innen. Tags über füllte
teils nicht dabei waren, von Dozieren-      sich das Audimax wieder und die Zahl
den und Promovierenden, selbst von Fa-      der Besetzenden pendelte sich zwischen
milie und Verwandten während der Fest-      250 und 150 ein. Mit etwa 200 Perso-
tage. „Und was habt ihr erreicht?“ war      nen zogen wir dann Freitag Mittag zur
dann zumeist die Frage, die ihr folgte.
                                                 "Was sich mit Blick auf
Ohne dem teils auch nach einer Recht-            die nackten Zahlen als
fertigung verlangenden unterschwelligen
                                                 überschaubare Gruppe
Ton Folge leisten zu wollen, möchte ich
hier aus meiner Perspektive als eine der         darstellt, waren tatsäch­
Besetzer*innen Antworten auf diese Fra-          lich weit mehr Menschen."
gen geben. Sie scheinen – da oftmals        öffentlichen Senatssitzung, um dort unse-
geäußert – einerseits in gewisser Weise     ren Protest sichtbar und hörbar zu ma-
von drängendem Charakter zu sein. An-       chen. Am Abend verlasen wir unsere
dererseits denke ich, dass sie wichtige     Kritik im Rahmen eines Konzertes der
Aspekte in einer Diskussion erfolgsver-     Orchester der Uni Bern nochmals vor
sprechender widerständiger Strategien aus   dem Publikum.
minoritären Positionen liefern können.
Denn unsere Entscheidung „nur zwei Ta-      Was sich mit Blick auf die nackten Zah-
ge“ zu besetzen, war – soviel vorweg –,     len als überschaubare Gruppe darstellt,
eine bewusst gewählte, strategische. Zu-    waren tatsächlich weit mehr Menschen.
nächst aber einige Worte zur Besetzung      So wechselten sich die Besetzer*innen ab,
selbst.                                     immer neue Studierende und teils auch
13         HoPo

     Promovierende kamen ins Audimax. Sie           regierung nicht aus dem Blick geraten.
     nahmen Teil in den Plena, in denen wir         Vielmehr erscheint mit der aktuelle Aus-
     unser weiteres Vorgehen und unsere For-        einandersetzung um die Studiengebühren
     derungen diskutierten, organisierten sich      eine weitere Front gegen der Standort-
     in Arbeitsgruppen, nahmen an Workshops         nationalismus und die Preisgabe der oh-
     zu politischen und künstlerischen Themen       nehin massiv beschnittenen sozialen Rech-
     teil oder veranstalten diese spontan selbst.   te in der bundesdeutschen „Sozialen“
     Plakate entstanden, Reden und Presse-          Marktwirtschaft.
     mitteilungen wurden geschrieben, Inter-
     views organisiert und geführt.                 Mit Blick darauf, dass das Thema Stu-
     So hinterließen wir unsere Spuren als          diengebühren für Nicht-EU-Bürger*innen
     Trending Top bei Twitter in Social Me-         und für das Zweitstudium sowohl unter
     dia, sowie in den Web- und Printaus-           der Mehrheit der Studierenden als auch
     gaben praktisch aller größeren bundes-         in der Presse vor der Besetzung kein
     weit und zahlreichen in Baden-Württem-         Thema waren, können die Proteste inso-
     berg erscheinenden Tageszeitungen. Der         fern nicht anders als Erfolg gedeutet
     SWR berichtete im Fernsehen sowie in           werden. Sie waren ein Auftakt für wei-
     seinen Radioprogrammen. Wir, sowie die         tere Proteste mit einer nun stärker po-
     mediale Öffentlichkeit, nötigten die Grü-
     ne Partei, sich öffentlich zu positionie-
     ren. Dabei gelang es uns, Brüche und
     Differenzen in der Partei sichtbar zu ma-
     chen. Lies Theresia Bauer der Presse
     mitteilen, sie halte unsere Kritik für un-
     angemessen, sprach sich die Grüne Bun-
     destagsfraktion gegen die Gebühren aus.

     Wenn bislang (noch) nicht Sprengkraft,
     so hat das Thema Studiengebühren und
     damit Bildungspolitik also zumindest wie-
     der an Sichtbarkeit gewonnen. Dies er-
     scheint dringend notwendig. So schreitet
     mit der Exzellenzintiative, sowie der zu-
     nehmenden Abhängigkeit von Drittmit-
     teln, die Vereinnahmung der doch eigent-
     lich „freien“ Lehre und Forschung von
     Vorstellungen und Imperativen kapitalisti-
     scher Verwertbarkeit stetig voran. Gleich-
     zeitig ist durch die Proteste die natio-
     nalistische, auf den Wettbewerbsvorteil
     des Standortes Deutschland beschränkte
     Ausrichtung der Grün/Schwarzen Landes-
HoPo           14

litisierten Studierendenschaft. Denn, so     begeistert werden konnten, die an einer
muss auch ich als eine der Initiator*in-     solchen zuvor vermutlich nie teilgenom-
nen der Besetzung zugeben: Die Prote-        men hatten. Wir kommen also wieder,
ste waren vor der Besetzung getragen         nur werden wir mehr sein und zumal
von einer vergleichsweise kleinen Gruppe     durch die Erfahrungen gestärkt. Zum an-
mit nur rund einer Woche Vorlauf. Dar-       deren bin ich zuversichtlich, weil ich ge-
um waren sie auch für die Zeit ange-         sehen habe, wie schnell und einfach wir
legt, die diese Gruppe sie tragen konn-      mit vergleichsweise wenig Aufwand in
te. Im Prozess der Besetzung jedoch wur-     der Vorbereitung große Resonanz erzeu-
den wir mehr und mehr, trugen den            gen konnten, wie wir es schaffen konn-
Protest auf immer mehr Schultern.            ten, uns den Raum zu nehmen und zu
                                             füllen. Es zeigt, dass es genügt, nur ei-
Insofern stimmt mich die Besetzung in        nige wenige zu sein, um – den Hash-
doppelter Weise optimistisch. Einmal, weil   tag der Besetzung aufzugreifend – die
ich gesehen habe, wie sich immer neue        Uni zum Brennen zu bringen. Denn es
Leute in die Strukturen eingebracht ha-      gibt so viele, die bereit sind, sich mit
ben und auch Studierende für eine ver-       ihrer Energie und ihrer Kreativität ein-
hältnismäßig radikale Form des Protest       zubringen, um Proteste gegen die diskri-
                                             minierende, und mit Blick auf AfD und
                                             Co, gefährliche Politik der Landesregie-
                                             rung zu tragen und sie laut und bunt
                                             zu gestalten.

                                             Es stimmt, wir haben Fehler gemacht,
                                             die dazu führten, dass uns das Rektorat
                                             weite Teile der politischen Arbeit wäh-
                                             rend der Besetzung blockieren konnte.
                                             Aber wir werden diese Fehler kein zwei-
                                             tes Mal machen. Viel wichtiger ist je-
                                             doch, dass wir auch sahen, dass es sich
                                             das Rektorat nicht leisten kann, seine ei-
                                             genen Studierenden von der Polizei aus
                                             ihren Gebäuden prügeln zu lassen. Das
                                             Audimax war, mehr als wir es während
                                             der Besetzung ahnten, unser Raum. Ein
                                             Raum, den wir füllten, um Aufmerksam-
                                             keit für die diskriminierende Bildungspo-
                                             litik der Landesregierung zu schaffen und
                                             Mut zu fassen für weiteren nachdrückli-
                                             chen und lautstarken Protest. Ein Raum,
                                             um im aktuellen Jahr umso vehementer
                                             einzustehen für eine solidarische Gesell-
                                             schaft und linke Politik.
15         HoPo

                                            GASTBEITRAG

     Die auswendigen Muster
                      Über Sinn und Unsinn der vergangenen Proteste gegen
                            die Wiedereinführung von Studiengebühren

                                       Von Korrektiv Freiburg

     D
              ie vergangenen Proteste gegen die     und erfüllbar. Wer den Prozess der Beset-
              von der grün-schwarzen Regierung      zung verfolgte, konnte erkennen, dass die
              geplante Wiedereinführung von Stu-    hauptverantwortlichen Personen, die sich
     diengebühren für ausländische Studierende      um die Organisation der Besetzung küm-
     sowie für Menschen, die ein Zweitstudium       merten, um inhaltliche Arbeit bemüht wa-
     absolvieren, haben große mediale Aufmerk-      ren – Aktionismus sollte um jeden Preis
     samkeit erhalten. Neben regionalen Medien      verhindert werden.
     berichteten auch Jugendmagazine wie
     „Jetzt“, „Bento“ oder gar die taz über die     Dies ist jedoch nicht ganz gelungen. Anstel-
     Besetzung des Audimax der Uni Freiburg.        le des „blinden Aktionismus“ ist ein relati-
     Damit wurde eine, wenn auch nur kurz           ver Aktionismus getreten, der zwar nicht
     währende, öffentliche Debatte zu diesem        rein um seiner selbst Willen handelt, die
     zweifelsohne wichtigen Thema angestoßen.       größeren Zusammenhänge der Thematik
     Es steht außer Frage, dass die Wiederein-      rund um die Studiengebühren jedoch außer
     führung der Studiengebühren zur Bildungs-      Acht lässt. Daran sind nicht zwangsläufig
     ungerechtigkeit beitragen wird – dennoch       die Organisator*innen der Proteste schuld
     sollte reflektiert werden, wie sinnvoll Pro-   als vielmehr das aktionswütige Kollektiv,
     teste dieser Form überhaupt sein können        das in der Eigendynamik der Proteste zu-
     und wie sie gestaltet werden müssen, um        nehmend an Wirkmacht gewann.
     erfolgreich zu sein. Denn bereits während
     der Demonstration am 26.11. und erst recht     Wer die Kritk an den Studiengebühren ernst
     während der Besetzung des Audimax wur-         nimmt, muss weit oberhalb der grün-schwar-
     den Tendenzen deutlich, in das alte aktio-     zen Realpolitik ansetzen. Denn die Wieder-
     nistische Muster der Bildungsproteste von      einführung der Bildungsentgelte ist lediglich
     2008/09 zurückzufallen.                        ein Symptom der seit Jahrzehnten voran-
                                                    schreitenden Ökonomisierung der Bildung.
     Aktionismus bezeichnet unreflektiertes oder    Diese begann auch nicht, wie oftmals be-
     zielloses Handeln, bei dem nicht die Ziele     hauptet, mit der Einführung des Bologna-
     der Handelnden, sondern lediglich die Ak-      Prozesses, sondern mit der Umwandlung
     tionen um ihrer selbst Willen im Vorder-       von Wissen in eine Ware, die sich bereits
     grund stehen. Den vergangenen Protesten        um die Wende zum 20. Jahrhundert voll-
     einen „blinden Aktionismus“ vorzuwerfen,       zog. Eine solche Kritik an den vergange-
     wie es von einigen Seiten getan wurde, wä-     nen Protesten ist keine Relativierung der
     re nicht nur plakativ, sondern auch falsch.    Konsequenzen einer Wiedereinführung von
     Denn die Forderungen, die von den Beset-       Gebühren für die Leidtragenden, sie setzt
     zer*innen bereits wenige Stunden nach der      diese vielmehr in den gesellschaftspoliti-
     Okkupation des Audimax veröffentlicht          schen, ökonomischen Rahmen, in dem die
     wurden, waren klar formuliert, zielgerichtet   Logik der Bildungsgebühren erst analysier-
HoPo            16

bar wird.                                      werden musste. Denn die Besetzung wollte
Was aber ist konkret falsch gelaufen? Er-      sich, wie mehrfach (unter anderem auch in
ste Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Pro-     der öffentlichen Senatssitzung) geäußert
teste kamen bei der Demo gegen Studien-        wurde, als „Kollektiv“ begreifen. Damit aber
gebühren am 26.11. auf. Dort skandierten       unterliegt sie der ökonomischen Logik, die
Demoteilnehmer*innen zeitweise „Die Bau-       sie bekämpfen will. Das Kollektiv duldet
er muss weg“ und „Das ist keine grüne Po-      keine unangepassten Individuen, keine kri-
litik“. Mit solchen Personifizierungen des     tische Auseinandersetzung, es ist lediglich
Übels in der Person der grünen Wissen-         auf eine blindlings handelnde Einheit aus –
schaftsministerin oder dem Versuch, die den    wem das nicht passt, der gilt entweder als
ökonomischen Sachzwängen längst unterle-       Verräter an der gemeinsamen Sache oder
genen Grünen wieder reinzuwaschen, kön-        als Spalter.
nen die Proteste dem eigentlichen Kern der
Sache nicht gerecht werden. Diese Parolen      Doch damit war nur ein Anfang gemacht.
mögen als beiläufige, vernachlässigbare Fak-   Die Sinnhaftigkeit der Proteste wurde spä-
toren erscheinen – sie weisen jedoch bereits   testens am zweiten Tag der Besetzung ad
auf den oben benannten relativen Aktionis-     absurdum geführt, als die inhaltlichen For-
mus hin.                                       derungen endgültig den Aktionen in Form
                                               von Tanzworkshops und Demotrainings
Dieser verstärkte sich im Laufe der Audi-      zum Opfer fielen. Den krönenden Abschluss
maxbesetzung. Nach den anfänglichen Be-        bildete jedoch die Stürmung der öffentli-
mühungen um eine Etablierung von Forde-        chen Senatssitzung. Während der Forderung
rungen und Gesprächen mit dem Rektorat,        nach einer studentischen Rede zum Thema
die von Seiten der Studierenden auch durch-    Studiengebühren seitens des Rektorats oh-
aus kompromissbereit geführt wurden, ver-      ne große Umschweife stattgegeben wurde,
fiel die Besetzung mit der Zeit den alten      wurde dies nicht als Kompromissbereit-
aktionistischen Mustern. Das fing damit an,    schaft im Rahmen der dem Senat gegebe-
dass an einigen Stellen er-                           nen Möglichkeiten willkommen ge-
neut über das                                                   heißen, sondern im Laufe
leidige Thema                                                      der Sitzung die eigenen
der         Be-                                                      Forderungen      nach
schlussfas-                                                           Diskussion und Ent-
sung       im                                                          scheidungsfindung
Konsens                                                                 unterlaufen.
diskutiert
17          HoPo

     Der Aktionismus der Demonstrierenden            Die während der öffentlichen Senatssit-
     zeigte sich am deutlichsten in deren eigener    zung seitens eines Senatsmitglieds geäu-
     Widersprüchlichkeit. Während der Rektor         ßerte Kritik hatte überwiegend Hand und
     im Laufe seiner Rede mehrfach unsachlich        Fuß. Die Frage, was ein solcher Aktio-
     und in reinster Pöbelmanier unterbrochen        nismus erreichen soll, ist berechtigt. Nicht
     wurde, war die erste Forderung der Red-         der Senat der Uni Freiburg, sondern die
                                                     Landesregierung ist verantwortlich für die
        "Wie Schiewer diese Vorgänge                 Wiedereinführung der Gebühren, und
        kritisieren, die                             selbst diese folgt damit allein dem Dik-
        Studiengebühren aber                         tat der Ökonomie in Form der Schwar-
                                                     zen Null. Leider wurde jedoch auch ver-
        gutheißen kann, bleibt                       säumt, den Senat darauf hinzuweisen, dass
        schleierhaft, stellen doch                   ihre Stimme in Stuttgart besser gehört
        beide Vorgänge Symptome                      wird als die einiger Studierender – dem
                                                     Senat jedoch von vornherein zu unterstel-
        der Ökonomisierung von                       len, sich nicht solidarisch zu zeigen, war
        Bildung dar."                                eine unverfrorene Dreistigkeit. Die Kritik
                                                     an dem Vorgehen darf also nicht parti-
     nerin, sie in ihrer Rede doch bitte nicht zu    kular, sie muss universell sein. Dazu aber
     unterbrechen.                                   müssen die ökonomischen Prozesse, die
     Besagte Rede befasste sich nur am Rande         zur Verschlechterung von Bildung und
     mit den Forderungen der Proteste, im Zen-       Forschung beitragen analysiert und an
     trum stand vielmehr der Bericht über die        den richtigen Stellen kritisiert werden. Es
     vergangenen Tage, die als „Kollektiv“ er-       geht dabei um eine grundlegende, diffe-
     lebt und mit tollen „Workshops“ gestaltet       renzierte Kritik der Bildungsökonomie, die
     wurden. Auch das gebänderte Essen durfte        auf die Verkürzung von Kritik unter den
     dabei natürlich nicht unerwähnt bleiben.        nichtssagenden Slogan der „neoliberalen
     Die Protestierenden hätten gut daran getan,     Politik“ verzichtet und stattdessen die Zu-
     beim Jahresbericht des Rektors besser zu-       stände reflektiert. Nur dadurch, dass die
     zuhören. Dieser entlarvte in seiner Rede        Zusammenhänge von Ökonomie und Bil-
     nämlich selbst die Vorgänge der Bildungs-       dung, von Universität und Individuum re-
     ökonomie und die Widersprüchlichkeit der        flektiert werden, kann das Umschlagen
     Einstellungen des Rektorats.                    von reflektierter Kritik in relativen oder
     Wie es sich für einen Jahresbericht gehört      blinden Aktionismus verhindert werden.
     hob Schiewer die Erfolge der Universität
     hervor – und wies zeitgleich darauf hin,
     dass die Finanzierung von Forschung und           WEITERLESEN:
     Lehre durch Projektgelder und Drittmittel
     ein schwieriges Unterfangen ist, das zu pre-       Reader des AStA der Uni Münster zur "Ökonomisierung
                                                      der Bildung" http://www.asta.ms/images/Publikatio‐
     kären Arbeitsverhältnissen führen kann und       nen/Reader/AStA_MS._Okonomisierung_der_Bil‐
     gute Bildung und Forschung auf wackelige         dung_3._Auflage_.pdf
     Beine stellt. Wie Schiewer diese Vorgänge
                                                        Tagungsband "Wozu Bildungsökonomie?" vom Deut‐
     kritisieren, die Studiengebühren aber guthei-    schen Lehrerverband: http://lehrerverband.de/DL_Ta‐
     ßen kann, bleibt schleierhaft, stellen doch      gungsdokumentation_2011_Bildungsoekonomie.pdf
     beide Vorgänge Symptome der Ökonomi-
                                                        "Post‐Bildung. Vom Unort der Wissenschaft" von An‐
     sierung von Bildung dar.                         dreas Dörpinghaus zur gegenwärtigen ökonomischen
                                                      Lage      des     Hochschulbetriebs:   http://bildung‐
                                                      wissen.eu/wp‐content/uploads/2015/10/doerpinghaus‐
HoPo           18

                                    KOMMENTAR

          Warum überhaupt
             besetzen?
                                    Abju Schal

W
          as bringt eine Besetzung wie     Eine Besetzung ist immer nur ein Pro-
          die des Audimax? Sie schafft     testmittel. Sie kann nicht mehr als das
          zum Beispiel einen Ort, an dem   sein, denn sie ist kein Argument an sich.
sich verschiedene Gruppen und Einzel-      Sie wird als Mittel eingesetzt, um Druck
personen zusammenfinden können und         aufzubauen. Und sie ist erfolgreich, wenn
über einen kurzen Zeitraum intensiv ar-    die Kosten, die sie verursacht, an der
beiten, austauschen und vernetzen kön-     entscheidenden Stelle subjektiv oder ob-
nen. Sie setzt ein Zeichen nach innen      jektiv größer ausfallen als das, wogegen
und nach außen, wie viele Menschen be-     protestiert wird. Im Fall der Audimax-
reit sind, sich dem Thema zu widmen        besetzung war das die Einführung von
und dabei private Kosten in Kauf zu        Studiengebühren. Was in den Räumen
nehmen. Und sie verursacht natürlich       passiert, während sie besetzt sind, ist in
Kosten für die Adressat*innen – in die-    dieser Hinsicht unwichtig, solange die
sem Fall für die Universität.              Forderungen stehen. Man kann die Zeit
                                           natürlich zur kritischen Reflexion nutzen.
                                           Muss man aber nicht. Und nach meh-
19         HoPo

     reren Tagen (anspruchsvoller) Ökonomie-       Zwängen nicht befreien, indem sie sich
     kritik geht auch bei den letzten aufge-       derer bewusst wird. Noch viel weniger
     Pepten der Strom aus. Das gleiche gilt        können das die ohnehin machtlosen Stu-
     für stundenlange Konsensfindung. Da ist       dierenden, wenn sie sich nicht als Kol-
     ein Tanzworkshop doch manchmal ganz           lektiv so positionieren, dass ihre Forde-
     nett und trägt zur Reproduktion des           rungen Rechnung tragen. Wer „die Zu-
     Streikpotentials bei. Wichtig ist nur, dass   stände“ umwerfen möchte, die einer Öko-
     so viele da sind, dass sie keine*r ver-       nomisierung der Universität zugrunde lie-
     treiben kann. Es muss teuer werden. Fi-       gen, wird damit weder im Unisenat noch
     nanziell, ideell und oder sozial, das ist     im Landtag argumentativ Erfolg haben,
     das Wichtige.                                 sondern muss sich Strategien überlegen,
     Die Reflexion der großen Zusammenhän-         die außerhalb der Universität ansetzen.
     ge kann in so einem Rahmen meistens           Wer aber konkrete Forderungen durchset-
     nicht ausreichend stattfinden, denn die       zen möchte, wie die Nichteinführung von
     Anwesenden haben ganz verschiedene            Studiengebühren, muss sich das eigene Po-
     Kompetenzen. Sie muss vorher und im           tential zunutze machen, das bei Studie-
     Nachhinein geschehen. Dessen muss sich        renden eben die schiere Masse ist, so un-
     auch „das Kollektiv“ bewusst sein, das        schön und aktionistisch die auch zuwei-
     vielleicht wirklich gut daran beraten wä-     len sein mag. Eine gangbare Alternative
     re, seine Kollektivität auf die Aktion zu     könnten Basisgewerkschaften darstellen, die
     beschränken. So kann der Minimalkon-          es vermögen, dem Protest der Studieren-
     sens, den Raum zu verteidigen, ein Kol-       den eine solidere Form zu geben. Aber
     lektiv ermöglichen, dass inneren Wider-       auch sie würden den Druck, den Kollek-
     spruch zulässt und ihm Raum zum Aus-          tive auf einzelne zuweilen Ausüben, nicht
     tausch bietet. Man muss sich nicht in         aufheben können. Dafür könnten sie was
     allem einig sein. Aber solche, die ihr        reißen.
     schwer erarbeitetes Wissen über die großen
     Zusammenhänge durch Kuschelgruppen
     und Tanzworkshops bedroht fühlen, soll-
     ten sich auch vergegenwärtigen, dass sich
     der Kapitalismus durch Masterarbeiten
     und Dissertationen nicht wegreflektieren
     lässt.
     Einzelne Verantwortliche anzuschreien und
     zu erwarten, dass sie einknicken wie jun-
     ge Eltern am Süßigkeitenregal, ist Unsinn,
     solange man keinen Hebel hat. Das gilt
     für gute wie für schlechte Argumente.
     Einzelne für Strukturprobleme zu Sünden-
     böcken zu machen führt zu nichts. Zu
     erwarten, dass das bessere Argument sich
     aufgrund seiner bahnbrechenden Analyse
     durchsetzt ist aber – über Optimierungs-
     vorschläge hinaus – ebenso illusorisch. Die
     Universität wird sich von wirtschaftlichen
HoPo           20

                                         ESSAY

    Barrierefreiheit und
       Inklusion als
  „Selbstverständlichkeit“
 Von – vermeintlich selbstverständlichen – Veränderungen in den Köpfen und Strukturen

                                    Andreas Hanka

M
          an muss nicht allzu weit zurück-   zu ändern; aber es kann der Klägerin
          schauen, um zu sehen, dass das,    nicht verwehrt werden, wenn sie es je-
          was unter „Behinderung“ verstan-   denfalls während des Urlaubs nicht se-
den wird, einem kontinuierlichen Wandel      hen will.“ Dass gerade einmal 14 Jahre
unterliegt. Wurden Menschen mit Behin-       später Artikel 3 Abs. 3 des Grundge-
derung im Dritten Reich noch kaltblü-        setzes um den Satz „Niemand darf we-
tig ermordet, folgte darauf in der BRD       gen seiner Behinderung benachteiligt wer-
Ausgrenzung und Exklusion. Wer behin-        den.“ ergänzt wurde, könnte man auf
derungsbedingt nicht arbeiten konnte, wur-   einen steten, selbstverständlichen Wandel
de als lebensuntüchtig angesehen; Betrof-    der Gesellschaft zurückführen, schließlich
fene wurden – vermeintlich zu ihrem ei-      wird eine für uns alle – hoffentlich –
genen Besten – in speziellen Einrichtun-     inzwischen selbstverständliche Tatsache
gen versorgt und möglichst vom Rest          wiedergegeben. Doch geht dies vielmehr
der Bevölkerung fern gehalten.               auf die Hartnäckigkeit und das stete En-
                                             gagement vieler Personen zurück, die sich
Ein eindrückliches Beispiel für den Um-      für diesen gesellschaftlichen Wandel ein-
gang mit Behinderung bis in die 1980er       gesetzt haben.
Jahre stellt ein Urteil des Frankfurter
Landesgerichtes dar. Der Klägerin wur-           "Behinderung wird nun nicht
den 50% des Reisepreises einer Pauschal-         mehr vom medizinischen Defi­
reise zugesprochen, da – neben weiteren
                                                 zit her verstanden, sondern
Mängeln – „eine Gruppe von Schwerbe-
hinderten bei empfindsamen Menschen ei-          anhand gesellschaftlichter
ne Beeinträchtigung des Urlaubsgenuss            Strukturen festgemacht."
darstellen kann.“ Weiter wurde in der
Urteilsbegründung ausgeführt: „So wün-       Seit 2006, als die Behindertenrechtskon-
schenswert die Integration von Schwer-       vention von der Generalversammlung der
behinderten in das normale tägliche Le-      Vereinten Nationen verabschiedet und im
ben ist, kann sie durch einen Reisever-      März 2009 auch durch die Bundesrepu-
anstalter sicher nicht erzwungen werden.     blik Deutschland ratifiziert und damit
Daß es Leid auf der Welt gibt, ist nicht     rechtlich verbindlich wurde, ist es wie-
21         HoPo

     der zu einem Paradigmenwechsel gekom-        aber zur unmittelbaren Gefahr und für
     men, der unter dem Begriff Inklusion         Menschen im Rollstuhl kann es zu ei-
     zusammengefasst wird. Anstatt Menschen       nem unüberwindbaren Hindernis werden,
     mit Behinderung als Außenstehende zu         das große Umwege mit sich bringt.
     sehen, die in die Gesellschaft integriert    Nun ist es sicherlich eine der Eigen-
     werden müssen, wird davon ausgegangen,       schaften der Studierendenvertretung, recht
     dass Menschen mit Behinderung von Be-        ungeduldig zu sein und Änderungsprozes-
     ginn an Teil der Gesellschaft sind.          se schnell vorantreiben zu wollen. Ent-
     Behinderung wird nun nicht mehr vom          sprechend setzt sich das SoH-Referat der
     medizinischen Defizit her verstanden, son-   Studierendenvertretung für den Abbau
     dern anhand gesellschaftlicher Strukturen    von Barrieren ein – und alle Interessier-
     festgemacht. Entsprechend ist dafür Sor-     ten sind herzlich eingeladen, sich daran
     ge zu tragen, dass die Teilhabe an der       zu beteiligen. Dass dies dringend not-
     Gesellschaft nicht aufgrund von ausschlie-   wendig ist, zeigt eine Episode aus dem
     ßenden Strukturen und/oder Mechanismen       Arbeitskreis unter Vorsitz des Kanzlers
     unterbunden wird. Um eines der gängig-       der Universität, der sich mit der bauli-
     sten Beispiele zu benennen: Die Behin-       chen Barrierefreiheit der Uni beschäftigt.
     derung liegt nicht darin, dass jemand        Auf Anfrage der Studierendenvertretung,
     einen Rollstuhl benötigt, sondern darin,     wie viele Aufzüge derzeit über eine
     dass aufgrund von Stufen und mangels         Sprachansage verfügen (diese ist für blin-
     Rampe, Aufzug oder Treppenlift keine         de Nutzer*innen wichtig zur Orientierung;
     entsprechenden Vorkehrungen getroffen        eine Funktion, die übrigens auch in der
     worden sind, um das Erreichen von best.      neuen UB erst nach entsprechendem
     Räumen zu ermöglichen.                       Nachdruck installiert wurde), wurde dar-
                                                  über informiert, dass von den 85 Auf-
     Bezieht man dieses Konzept von Behin-        zuganlagen der Universität nur rund 35
     derung nun auf die Universität Freiburg,     über die notwendige Technik verfügen –
     so stößt man sicherlich schnell auf Gren-    und diese wiederum nur bei neun Auf-
     zen, da eine fast 560 Jahre alte Insti-      zügen aktiviert sei; am darauffolgenden
     tution, deren Gebäudestruktur aus ver-       Tag kamen noch drei Aufzüge im KG
     schiedensten Jahrzehnten und sogar Jahr-     I hinzu, insg. handelt es sich also um
     hunderten stammt, nicht von heute auf        12 Aufzüge mit aktivierter Sprachansage
     morgen barrierefrei gemacht werden kann.     (Stand: 30.11.2016).
     Doch benötigt wird konsequente Weiter-
     entwicklung bei Um- und Neubaumaß-              "Wieso bei einer 'Selbstver­
     nahmen und ein Konzept und Zeitplan             ständlichkeit' dennoch nur bei
     zur Umsetzung des notwendigen, flankie-
     rend angereichert um eine Sensibilisierung      einem Drittel der bererits tech­
     aller Mitglieder der Universität. Seien es      nisch dazu fähigen Aufzügen
     Mitarbeiter*innen in Prüfungsämtern, Leh-       die Ansage aktiviert ist, stimmt
     rende oder auch Studierende. Denn so-
     lange – und auch hier muss die neue             nachdenklich."
     UB einmal mehr als Beispiel herhalten        Es ist bedauerlich, dass bisher nicht auf
     – Fahrräder außerhalb oder Tragekörbe        den Vorschlag eingegangen wurde, trans-
     innerhalb des Gebäudes einfach überall       parent zu machen, bis wann die Sprachan-
     abgestellt werden, mag das für die mei-      sagen in den verschiedenen, technisch da-
     sten vielleicht nur ein Ärgernis sein, für   zu fähigen Aufzügen aktiviert werden.
     Menschen mit Seheinschränkung wird es        Gravierender aber ist die Ablehnung des
HoPo           22

Vorschlags, mit Aufklebern über die Funk-    zu fähigen Aufzüge die Ansage aktiviert
tion der Sprachansagen (die wohl auch        ist, stimmt nachdenklich. Der Geist einer
schon zu Beschwerden geführt haben und       „herausragenden Spitzenuniversität“ sollte
anschließend abgestellt wurden) oder auch    ein anderer sein. Es bedarf also weiter-
über deren technisch bedingtes Fehlen zu     hin engagierter Menschen, die sich für
informieren. Diese Ablehnung lässt tief      das Thema einsetzen. Und es bleibt auch
blicken, könnten so doch mit geringem        nicht bei baulicher Barrierefreiheit, denn
Aufwand gleich mehrere Fliegen mit ei-       auch Verwaltungsvorgaben und -struktu-
ner Klappe geschlagen werden: das The-       ren können Barrieren darstellen, z.B. die
ma Behinderung würde sichtbar gemacht,       restriktive Struktur innerhalb der Bache-
es würde sensibilisiert und bei fehlender    lor- und Master-Studiengänge für Men-
Sprachansage würde gezeigt werden, dass      schen mit psychischer Beeinträchtigung.
ein Bewusstsein der Universität für das      Wer Interesse hat, sich in diesem Feld
Fehlen herrscht und dieses möglichst zeit-   zu engagieren, kann sich gerne beim SoH-
nah behoben werden soll. Der Kanzler         Referat melden.
begründete die Ablehnung abschließend
mit der Äußerung, es handele sich bei                www.stura.org/gremien/referate/soh
diesen Sprachansagen um eine Selbst-                             referat-soh@stura.org
verständlichkeit, weshalb für
solche Maßnahmen keine
Notwendigkeit bestünde.
Wieso bei einer „Selbst-
verständlichkeit“ den-
noch nur bei einem
Drittel der bereits
technisch da-
23

     V
     E
     R
     Ä
     N
     D
     E
     R
     U
     N
     G
Schwerpunkt        24

D
         er Wechsel in das neue Jahr,
         weltpolitische Geschehnisse mit de-
         nen man nicht gerechnet hätte,
neue Vorsätze und vieles mehr; Verän-
derung ist eine Sache die uns durch-
gehend begleitet. Dass wir keine Angst
davor haben müssen, dass Wandel oft-
mals dringend notwendig ist, aber auch
wie lange es manchmal dauern kann bis
Reformen eintreten, behandeln die fol-
genden Seiten.
Jakob Böhm hat ein Plädoyer formu-
liert, in welchem er reflektiert, was Ver-
änderung ausmacht und, dass die einzi-
ge Art und Weise produktiv mit ihr
umzugehen, oftmals das Mitgestalten von
eben jener ist. Über die weit verbreite-
te Terror-Angst hat Rebbe* Blum ge-
schrieben. In ihrem Essay macht sie deut-
lich, dass genau diese Angstkommunika-
tion durch die Medien verbreitet wird
und Medien sich all zu oft in den
Dienst der Terrorist*innen stellen. Dass
die eigentliche Situation sich nicht geän-
dert hat, sonder unser Sicherheitsgefühl,
und dass hier der Aufschrei nach einem
Überwachungsstaat falsch ist wird in ih-
rem Artikel deutlich. Beate Massel, die
Beauftragte für Studierende mit Behinde-
rung oder chronischer Erkankung schreibt
in ihrem Artikel über das Vorhanden-
sein von materiellen sowie nichtmateriel-
len Barrieren im Studienalltag, und über
die Langwierigkeit, die angestrebte inklu-
sive Hochschule wirklich in die Tat um-
zusetzten. Man ist schon weit gekom-
men, doch je sensibilisierter die Gesell-
schaft für dieses Thema wird, desto of-
fensichtlicher werden Barrieren und des-
to deutlicher wird der Aufschrei nach
Veränderung des Unisystems.
Auch Matthias fordert Veränderung, denn
die jetzigen Unistrukturen sind problema-
tisch und undemokratisch, laut ihm ist
schlussendlich Demokratie nur dann an
Hochschulen möglich, wenn das bisherige
System umgeworfen wird.
­ keine Anzeige ­

* Dauerhafter Sonderpreis für Universitäten und zugehörige Institutionen des Landes Baden­Württemberg.
 Nackenkissen Relax nicht enthalten. Regulärer Handelspreis Peros & Relax: 5.078,­ €
Ruhesessel

         Grand
         Peros

             Aussergewöhnlicher
            Komfort zum Preis der
        Studiengebühren von nur
zwei ausländischen Studierenden.

             3.000,­ €*
27      Schwerpunkt

     V
              eränderungen passieren manchmal           Veränderung ist weder gut noch schlecht,
              auf einen Schlag, und manchmal            in ihr ist beides angelegt - und eine gan-
              kommen sie schleichend. Manch-            ze Menge dazwischen. Veränderung birgt
     mal kann man sie vorhersehen, und                  genau deshalb ein Risiko, denn die Re-
     manchmal steht man vollkommen uner-                sultate sind meist nicht abzuschätzen. Aber
     wartet vor einem Resultat. Veränderun-             Veränderung ist genauso gut eine Mög-
     gen können erfreuen, besorgen, verängsti-          lichkeit, eine Chance und vor allem im-
     gen, wütend oder glücklich machen. Ver-            mer eine Perspektive. Man sollte sowie-
     änderung bedeutet aber immer eines: einen          so viel eher auf Veränderung setzen, als
     Bruch. Der Ist-Zustand, und hat er noch            auf das Gleichbleiben der Zustände. Und
     so lange gewährt, verabschiedet sich mal           das kommt so:
     mit einem fundamentalen Knall, mal
     klammheimlich in die Vergangenheit und             Veränderung hat drei Grundprinzipien, die
     die Gegenwart ist erfüllt mit etwas Neu-           gegeben sein müssen, ohne die sie nicht
     em. Dieses Neue wird dann auch erst                vonstatten gehen kann: Raum, Zeit und
     einmal so wahrgenommen. Ungewohnt und              Energie. Diese drei Prinzipien finden sich
     unbekannt hat es sich gewollt oder ver-            dann auch konsequent überall im Uni-
     teufelt in unser Leben gedrängt – und              versum wieder (bis auf wenige hier ver-
     ist jetzt da. Es erscheint falsch und fremd        nachlässigbare und streitbare Ausnahmen).
     und fällt dadurch auf. Der neue Wäsche-            Zeit und Raum bedingen sich sogar not-
     korb genauso wie die Narbe an der Hand,                                   wendigerweise gegen-
     der neue Mensch im Freundeskreis ge-                                                      sei-
     nauso wie eine Millionen neuer Menschen
     im Land. Und der Fokus liegt auf dem
     Bruch, er wird deshalb meistens als viel
     größer wahrgenommen, als er eigentlich
     ist. Und deshalb erzeugt er auch heftige
     Reaktionen in und von uns. Wir wissen
     nämlich oft nicht, was als nächstes pas-
     siert. So ist das
     mit Veränderun-                             ESSAY
     gen, sie bringen
     Ungewissheiten
     und Unsicherhei-       Veränderung:
                             Ein Plädoyer
     ten mit sich. Doch
     mit der Zeit lernt
     man es kennen,
     das Neue, die Veränderung ist unvermeidlich. Statt vor Angst
     Neue, den Neuen,         am falschen Alten festzuhalten, sollten wir
     gewöhnt sich, er-           versuchen, sie positiv zu beeinflussen.
     kennt und urteilt
     ein zweites Mal.                      Von Jakob Böhm
     Meistens       sieht                                                       tig, während beide
     man dann, dass al-                                                         die Energie bedin-
     les dann gar nicht so schlecht ist, wie            gen. Ohne Zeit kein Raum, ohne Raum
     man im ersten Augenblick befürchtet hat.           keine Zeit. Und ohne Raumzeit keine
     Manchmal aber eben schon.                          Energie. Der Spruch „Früher war alles
                                                        besser“ ergibt keinen Sinn ohne die uni-
Sie können auch lesen