ApoFokus Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper - Was sind Biosimilars? Chancen und Risiken der Biosimilar-Hersteller Interessante ...
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apoFokus apoResearch Anlageinformation Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper > Was sind Biosimilars? > Chancen und Risiken der Biosimilar-Hersteller > Interessante Marktentwicklung Ausgabe 1│2015
apoFokus apoResearch Anlageinformation Titelfoto: Thinkstock Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG (im Folgenden auch apoBank genannt), Düsseldorf, wird beaufsichtigt durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn und die Europäische Zentralbank (EZB), Sonnemannstraße 20, 60314 Frankfurt am Main. Die in diesem apoFokus enthaltenen Informationen stellen keine Anlageberatung dar. Sie zielen nicht auf das individuelle Anlageprofil des Empfängers ab, sondern enthalten allgemeine Informationen, die eine selbstständige Anlageentscheidung erleichtern sollen. Mit dem apoFokus ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf verbunden. Der apoFokus beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten. Die vorliegende Publikation gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redak- tionsschlusses wieder. Die Inhalte sind sorgfältig recherchiert. Eine Haftung/Gewähr für die Richtigkeit und Vollständig- keit kann im Einzelfall aber nicht übernommen werden. 2 Nachdruck nur mit Genehmigung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank.
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Inhalt Zusammenfassung 4 Was sind Biosimilars? 5 Komplexer Zulassungsprozess für Biosimilars 6 Auswirkungen der Patentabläufe 10 Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller 13 Mögliche Einsparpotenziale durch Biosimilars 20 Interessante Marktentwicklungen 22 Fazit 24 3
apoFokus apoResearch Anlageinformation Zusammenfassung Zusammenfassung Generika Die Generika-Industrie hat in den letzten Jahrzehnten durch die Patentabläufe von chemisch synthetisierten Molekülen einen Boom erlebt und die Gesund- heitssysteme durch kostengünstige Arzneimittel entlastet. Biosimilars 1.0 Im Jahr 2006 wurden die ersten beiden Biosimilars, ein Generikum eines bio- technologisch rekombinant hergestellten Wachstumshormons und einer Immunstimulanz für die Krebsbehandlung, in der EU zugelassen. In den Folgejahren kamen weitere Substanzen hinzu, beispielsweise Erythro- poetin, ein Wachstumsfaktor für die Entstehung von roten Blutkörperchen. Es wird z. B. bei Nierenversagen in der dann notwendigen Dialyse eingesetzt. Biosimilars 2.0 Die neue Herausforderung für die Hersteller von Medikamenten ist die Gene- ration Biosimilar 2.0. Hierbei handelt es sich um „Kopien“ von monoklonalen Antikörpern. Die Erlöse der Originalhersteller fordern die Nachahmer-Industrie heraus, da die Umsatzpotenziale enorm sind. Entwicklung und Zulassung Bei der Forschung und Entwicklung von Biosimilars sind jedoch hohe Hürden deutlich komplexer zu nehmen, da keine bioidentischen, sondern nur bioähnliche Kopien möglich sind und die Produktion in gentechnisch veränderten Organismen stattfindet. Weiterhin müssen klinische Prüfungen für die Wirksamkeit und Verträglichkeit durchgeführt werden, ähnlich dem des Originals. Für klassische Generika ist nur ein Nachweis der Bioäquivalenz gegenüber dem Original erforderlich. Die Frage der Marktdurchdringung und des Erfolges des Biosimilar-Herstellers hängt von der Preisbildung ab. Aufgrund der Entwicklungszeit von ca. acht Jahren und des Produktionsprozesses sind keine Preiserosionen wie bei den normalen Generika zu erwarten. Des Weiteren ist offen, ob der Originalanbie- ter seine Preisstruktur anpassen wird, um seine Marktanteile zu sichern. Biosimilars Remsima / Das erste Biosimilar eines monoklonalen Antikörpers (Remsima) wurde 2013 Inflectra in der EU zugelassen. Die Vermarktung startete jedoch aufgrund der Patentsi- tuation erst im Februar 2015. Die Preise in Deutschland liegen „nur“ 10 % unter denen des Originals Remicade. Ob die Vermarktung von Remsima eine „Blaupause“ für die kommenden Biosimilars darstellt, wird die Zukunft zeigen. Dieser Fokus soll eine Übersicht über die forschenden Biosimilar- Unternehmen geben und eine mögliche Marktentwicklung aufzeigen. 4
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Was sind Biosimilars? Was sind Biosimilars? Proteinsynthese in Die Nachahmung eines Biopharmazeutikums bezeichnet man als Biosimilar, Organismen also ein biotechnologisch hergestelltes Medikament. Meist handelt es sich um Proteine, die nicht chemisch synthetisiert werden können, wie es bei her- kömmlichen Generika der Fall ist. Sie werden in Organismen wie Hefen, Bak- terien oder Säugetierzellen „produziert“. Dafür wird über gentechnische Ver- fahren die für das Protein kodierende DNA in die Wirts-DNA des Organismus eingesetzt. Daraufhin wird das Protein vom Wirtsorganismus produziert und über spezielle Verfahren extrahiert. Aufreinigung Des Weiteren findet eine aufwendige Trennung der Zielproteine von den rest- lichen aktiven Substanzen und Zellbestandteilen nach der Extrahierung aus dem Organismus statt, um das biologisch aktive Zielmolekül zu erhalten. Auch muss eine schonende Aufreinigung stattfinden, da das Protein mit seiner dreidimensionalen Struktur nicht denaturieren (inaktiv) darf, um seine biologi- sche Aktivität aufrechtzuerhalten. Applikation Aufgrund der komplexen Strukturen dieser Wirkstoffe werden diese per Infu- sion oder Injektion in den menschlichen Körper eingebracht. Bei einer oralen Anwendung würden sie, im Gegensatz zu den meisten herkömmlich chemisch synthetisierten Generika, im Magen-Darm-Trakt inaktiviert werden. Bioähnlich ≠ Bioidentisch Ein wichtiger Aspekt bei der Herstellung von Biosimilars ist, dass keine identi- sche Kopie des Originalpräparates gesichert produziert werden kann. Die Ver- fahren und die produzierenden Organismen sind nicht identisch mit dem des Originalherstellers. Daher auch: biosimilar = bioähnlich. Substanzklassen Es gibt verschiedene Arzneimittel, die mittels biotechnologischer Verfahren hergestellt werden: Dazu gehören beispielsweise Impfstoffe, Hormonprodukte (z. B. Wachstumshormone, Erythropoetin), Immunmodulatoren (z. B. Beta- Interferon), Enzyme (z. B. als Ersatztherapie für Stoffwechselerkrankungen) und auch monoklonale Antikörper. Diese werden zur Behandlung verschiede- ner Krankheiten eingesetzt, beispielsweise in der Onkologie oder in der Rheumatologie. Biosimilar 2.0 Bei dieser neuen Generation von Biosimilars, also „Kopien“ von monoklonalen Antikörpern, spricht man aufgrund der Komplexität dieser Proteine und der Kostenintensität von der 2. Generation der Biogenerika: Biosimilars 2.0. 5
apoFokus apoResearch Anlageinformation Komplexer Zulassungsprozess für Biosimilars Komplexer Zulassungsprozess für Biosimilars Die Komplexität der biologischen Medikamente erfordert im ersten Schritt - im Vergleich zu den herkömmlichen Generika - einen neuen Zulassungspro- zess. Eine einfache Überprüfung der Bioäquivalenz ist, in Analogie zu den chemisch synthetisierten Generika, ungenügend. In der nachfolgenden Übersicht ist der Zulassungsaufwand der Biosimilars im Vergleich zu den konventionellen Generika bzw. zu den Original-biologischen Arzneimitteln tabellarisch dargestellt: Zulassungsaufwand Entwicklung/ Konventionelle Biologische Produktion Generika Biosimilars Originalmedikamente wissenschaftl. niedrig mittel am höchsten Anforderungen Zeit 3-4 Jahre ca. 8 Jahre mehr als 10 Jahre < 5 Mio. USD ca. 200 Mio. USD > 800 Mio. USD Kosten Bioäquivalenz verkürzte normale ausreichend klin. Entwicklung klin. Entwicklung Produktionsprozess einfach, kurz komplex komplex, lange Vermarktung mittlerer Aufwand Marketing & Vertrieb geringer Aufwand hoher Aufwand Werbung/Schulungen viele, geringe einige, partielle wenige, Wettbewerber Unterschiede Unterschiede sehr differenziert Quelle: Geschäftsbericht Amgen, Präsentation Klinische Prüfungen Aufgrund dessen müssen auch die hergestellten Biosimilars klinische Prüfun- notwendig gen durchlaufen, da die Proteine eben nicht identisch, sondern nur ähnlich sind. Des Weiteren muss das Nebenwirkungsprofil aufgrund des neuen Pro- duktionsprozesses geprüft werden. Eine Vergleichbarkeit mit dem Referenz- produkt ist aufgrund der nur bioähnlichen Struktur des Proteins nicht möglich. Phase I - Studien Ausgangspunkt sind präklinische Untersuchungen und nachfolgende klinische Phase-I-Studien. Nur wenn in diesen Studien das Nebenwirkungsprofil und die Stoffverteilung im menschlichen Körper positiv beschieden werden, können Wirksamkeitsstudien folgen. 6
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Komplexer Zulassungsprozess für Biosimilars Phase II - Studien Die Phase-II-Studien können entfallen, da die benötigten Daten bereits durch das Referenzprodukt bekannt sind (Dosierung, Injektion oder Infusion, Arz- neimittelformulierung (nach Good Manufacturing Practice = GMP-Richtlinien)). Phase III - Studien Von den europäischen Zulassungsbehörden werden an die Phase-III-Studien recht unterschiedliche Anforderungen gestellt. Zudem sind diese abhängig von den Substanzklassen. Beispielsweise werden für rekombinantes Human- insulin keine Wirksamkeitsstudien vorausgesetzt. Bei anderen Wirkstoffgrup- pen wie beispielsweise für G-CSF (Granulozyten-Kolonie stimulierende Fak- tor), Wachstumshormone oder Erythropoetin werden unterschiedliche Kriterien und damit andere Studienanforderungen verlangt. Schematische Darstellung der Entwicklungszeiten für ein Biosimilar Zeitschiene 9-12 M. Biosimilar Zell- Einführung Linie/ Prozess- 12 M. entw. Prä- 9-12 M. klinik Phase 24-36 M. I Phase III 12-18 M. Zulassung 1 2 3 4 5 6 7 8 Jahr Quelle: Sandoz Zulassung in der Europäischen Die ersten Biosimilars 1.0 wurden in der Europäischen Union (EU) zugelassen, Union (EU) da die EMA (European Medicines Agency = Europäische Arzneimittel-Agentur) frühzeitig einen Zulassungsprozess für die Nachahmer von biotechnologisch hergestellten Wirkstoffen etablierte. Im Jahr 2006 wurden die ersten Produk- te, Omnitrope (Somatropin) und Zarzio (Filgrastim) von Sandoz für die Ver- marktung freigegeben.. Hierbei handelt es sich zum einen um ein rekombinan- tes menschliches Wachstumshormon, welches die gleiche Struktur wie das körpereigene Hormon besitzt, zum anderen um ein Immunstimulanz. Infliximab Der erste monoklonale Antikörper Infliximab wurde von der EMA im Septem- ber 2013 zugelassen. Da Johnson & Johnson über die Kinderform das Patent von Remicade verlängern konnte, wurde das Biosimilar 2.0 erst im Februar 2015 von Hospira (Inflectra) bzw. deren Lizenznehmern innerhalb der EU ver- marktet. 7
apoFokus apoResearch Anlageinformation Komplexer Zulassungsprozess für Biosimilars Europa Tabelle der zugelassenen Biosimilars in der Europäischen Union Aktivsubstanz Hersteller Erkrankung Zulassung Krebs filgrastim Sandoz Hämatopoetische Stammzellentherapie 02.2006 Neutropenie pituitäre Kleinwüchsigkeit somatropin Sandoz Prader-Willi-Syndrom 04.2006 Turner-Syndrom Blutarmut epoetin alfa Hexal Krebs 08.2007 chronisches Nierenversagen Blutarmut epoetin alfa Sandoz 08.2007 chronisches Nierenversagen Blutarmut autologe Blutransfusion epoetin zeta Hospira 12.2007 Krebs chronisches Nierenversagen Blutarmut autologe Blutransfusion epoetin zeta Stada Arzneimittel 12.2007 Krebs chronisches Nierenversagen Krebs filgrastim Ratiopharm Hämatopoetische Stammzellentherapie 09.2008 Neutropenie Krebs filgrastim Teva Pharmaceuticals Hämatopoetische Stammzellentherapie 09.2008 Neutropenie Krebs filgrastim CT Arzneimittel Neutropenie 09.2008 Hämatopoetische Stammzellentherapie Krebs filgrastim Hexal Hämatopoetische Stammzellentherapie 02.2009 Neutropenie Krebs filgastrim Hospira Hämatopoetische Stammzellentherapie 06.2010 Neutropenie Spondylitis ankylosans chronische Erkrankungen Psoriatische Arthritis infliximab Hospira 09.2013 Schuppenflechte Rheumatoide Arthritis chron. entzündliche Darmerkrankung follitropin alfa Teva Pharmaceuticals Anovulation 09.2013 Spondylitis ankylosans chronische Erkrankungen Psoriatische Arthritis infliximab Celltrion 09.2013 Rheumatoide Arthritis Schuppenflechte chron. entzündliche Darmerkrankung insulin glargine Eli Lilly/Boehringer Ingelheim Diabetes 09.2015 Quelle: EMA (European Medicines Agency) 8
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Komplexer Zulassungsprozess für Biosimilars USA In den USA wurden die Grundzüge für die Zulassung eines Biosimilars spät festgelegt. Erst 2009 wurde ein Gesetz (BPCI Act) verabschiedet, welches die verkürzte Zulassung und „Austauschbarkeit“ von Biosimilars gegenüber den Referenzprodukten regelt. Der Abschnitt 351 (k) des Bundesgesetzes für die Volksgesundheit und Tierschutz (Public Health Service Act) erlaubt den Zugriff auf Daten des Referenzproduktes. Der Rückgriff bezieht sich vor allem auf wissenschaftliche Erkenntnisse über die Sicherheit und Wirksamkeit des Originalpräparates. Die Zulassung durch die FDA erfolgt nur, wenn das Biosimilar sich des gleichen Wirkmechanismus sowie der gleichen Dosierung und Konzentration des Wirkstoffes bedient. Au- ßerdem muss die Applikation dem Referenzprodukt entsprechen, und die Pro- duktionsstätten müssen den Standards der FDA-Zertifizierung genügen. Aufgrund der verspäteten Verabschiedung des Gesetzes und des Zulassungs- prozesses durch die FDA verzögerte sich die Erstzulassung eines Biosimilars im Vergleich zur EU. Erstes Biosimilar in den USA Am 6. März 2015 wurde das Biosimilar Zarxio von Sandoz, der Generikatoch- ter von Novartis, in den USA zugelassen. Der Wirkstoff ist Filgrastim aus der Gruppe der Immunstimulanzien, der vorwiegend in der Therapie von Neutropenien (verminderte Anzahl weißer Blutkörperchen (Leukozyten)) ein- gesetzt wird. Die Wirkung beruht auf der Entstehung neutrophiler Granulozyten und ihrer Freisetzung aus dem Knochenmark. Das Original Neupogen wurde von Amgen entwickelt. Im Vergleich dazu wurde Filgrastim bereits im Jahr 2006 durch die EU- Behörden zugelassen. Neben Sandoz wird es von den Firmen CT-Arzneimittel, ratiopharm und Teva Pharmaceuticals vertrieben. 9
apoFokus apoResearch Anlageinformation Auswirkungen der Patentabläufe Auswirkungen der Patentabläufe USA – der größte Gesund- Der wichtigste pharmazeutische Markt der Welt bleibt weiterhin die USA. Die heitsmarkt der Welt gesamten Gesundheitsausgaben haben einen Anteil von ca. 18 % am Bruttoin- landsprodukt (BIP). Im Vergleich dazu beträgt in Deutschland und Frankreich der prozentuale Anteil am BIP etwas über 11 %. Des Weiteren werden in den Vereinigten Staaten von Amerika die höchsten Preise für Arzneimittel erzielt. Aus diesem Grund versuchen alle global agierenden Pharmaunternehmen, auf diesem lukrativen Markt mit ihren Medikamenten präsent zu sein. Nachteilig wirken sich die Patentabläufe auf die Originalanbieter aus. Die ehemaligen Blockbuster (jährliche Umsätze > 1 Mrd. USD) werden schnellst- möglich kopiert, und die Umsätze der Originale reduzieren sich dramatisch. Gerade der Cholesterinsenker Lipitor (Atorvastatin) brillierte mit einem jährli- chen weltweiten Umsatz von fast 13 Mrd. USD bis 2011. Im Folgejahr 2012 brachen die Umsätze aufgrund des Patentablaufs ein. Im gleichen Jahr verlor auch der Bluthochdrucksenker Diovan (Valsartan) das Patent. Der globale jährliche Umsatz mit Diovan lag in der Spitze bei ca. 6 Mrd. USD. Die Erlös- einbrüche dieser beiden Medikamente sind in der Grafik für das Jahr 2012 sehr gut zu erkennen. Einfluss der Patentabläufe auf die Arzneimittelausgaben (USA) -10,7% -13,0% -14,0% -14,0% -14,5% -16,0% -19,3% -29,3% 2009 2010 2011 2012 2013 2014e 2015e 2016e Quelle: IMS, CVS Allerdings ist die Tendenz abnehmend, da ab 2014 weniger Patente auslau- fen. Erst in den Jahren 2017 und folgende dürften sich die Erlösreduktionen aufgrund der Biosimilars von monoklonalen Antikörpern wieder verstärken. Die erste Zulassung eines Biosimilars in den USA (2015) war ein Meilenstein für alle weiteren Anträge in diesem Marktsegment der biotechnologischen Medikamente. 10
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Auswirkungen der Patentabläufe Die nachfolgende Tabelle zeigt aus unserer Sicht die wichtigsten Patentabläu- fe für monoklonale Antikörper in den kommenden Jahren. Umsatzpotenziale der Entwickler Biosimilar (Phasen) Actavis/ Biogen Ablauf Umsatz 2014 Biosimilars (Stand 2014) Hersteller Medikament Sandoz Amgen Hospira Idec Mylan Pfizer Patentschutz (Mrd. USD) 2016 (USA), AbbVie Humira P III 12,5 2018 (EU) Enbrel P III 2023, 2028 4,7 Neulasta P III 2015 4,6 Amgen Epogen P III P III 2014 (USA) 2,0 Neupogen P III 2013 1,2 Pfizer Enbrel P III P III diverse Zeitpunkte 3,9 2015-2018 (USA), Rituxan P III 7,5 2013 (EU) 2019 (USA), Roche Avastin P III 7,0 2022 (EU) 2019 (USA), Herceptin P III P III P III P III 6,9 2014 (EU) Joh. & Joh. Remicade P III P III 2018 (USA) 6,9 Merck am Remicade 2015 (EU) 2,4 & Co. Markt Quelle: Moody´s Die Umsatzschätzungen für den Biosimilar-Markt variieren. Einerseits lässt sich der Zeitpunkt einer Zulassung nur schwer einschätzen. Andererseits ist es schwierig, die Höhe der Preissenkungen vorherzusagen. Auch die Anzahl der betrachteten Wirkstoffe ist unterschiedlich. In der Zeit von 2015 bis 2019 sollen 65 Mrd. USD Umsatz bei den Original- herstellern im Wettbewerb zu den dann zugelassenen Biosimilars allein in den USA stehen. Andere Prognosen sehen in einer Zeitspanne von 2015 bis 2025 die Größenordnung bei 110 Mrd. USD. Gegenstrategien der Pharma-Konzerne in den USA Die Pharma-Konzerne versuchen, durch Strategien den Umsatzrückgängen entgegenzuwirken. Die wichtigsten beeinflussbaren Komponenten im amerikanischen Gesundheitsmarkt sind zum einen die Struktur des Systems und zum anderen die jährlichen Preiserhöhungen von Arzneimitteln durch die Hersteller. Deutschland In Deutschland sind die Preise von neuen, innovativen Medikamenten nur im ersten Jahr von dem jeweiligen Hersteller frei festlegbar. Ab dem zweiten Vermarktungsjahr müssen die Verkaufspreise mit den gesetzlichen Krankenkassen verhandelt werden, meist mit einem Abschlag. 11
apoFokus apoResearch Anlageinformation Auswirkungen der Patentabläufe Das deutsche System beruht auf der Lieferung des Medikamentes an den Großhandel, der wiederum die Apotheken beliefert. Die Abgabespannen für die Arzneimittel sind dabei gesetzlich festgeschrieben. USA In den USA ist das System anders aufgebaut. Die so genannten Pharmacy Benefit Manager (PBM) sind Zwischenhändler, die mit den Herstellern Rabatte verhandeln und diese an Apotheken oder Krankenversicherungen teilweise oder ganz (abzgl. einer Dienstleistungspauschale) weitergeben. Diese PBM´s sind freiberuflich tätig oder bei den Krankenversicherern angestellt. Diese zusätzliche Ebene in der Arzneimittelliefer-kette ermöglicht den Herstellern, Verhandlungen über den Arzneimittelpreis mit unterschiedlichen Parteien zu führen und so höhere Preise durchzusetzen. Jährliche Preiserhöhungen Ein Vorteil dieser Struktur für die Pharmaunternehmen ist diese Ineffizienz sind in den USA Standard des pharmazeutischen Marktes. Zwei Gründe spielen eine Rolle: 1. Es handeln zu viele Akteure im Markt, die zwar im Wettbewerb stehen, aber auch ihre eigene Rendite optimieren wollen (interne und externe PBM´s). 2. Der Ablauf vieler Patente im breiten Markt (beispielsweise Choleste- rinsenker, Asthmamedikamente) sorgt für einen Preisverfall des Original- Medikaments. Im Umkehrschluss erhöhen die Konzerne jedes Jahr die Prei- se für ihre (noch) patentgeschützten Arzneimittel und Markenprodukte. Aufgrund der vielen Patentabläufe fallen die Preiserhöhungen von ca. 11 % (CAGR 10,86 % / 5 Jahre) im Gesamtbudget für patentgeschützte Medika- mente nicht übermäßig ins Gewicht. Durchschnittliche jährliche Preiserhöhungen im Vergleich zum Vorjahr 13,3% 12,3% 11,9% 8,9% 7,9% Quelle: IMS, 2010 2011 2012 2013 2014* Bloomberg, Bernstein Dadurch kann ein Teil der Umsatzverluste von ausgelaufenen Patenten in den USA aufgefangen werden. 12
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller Dies ist deswegen so wichtig, da die Abhängigkeit mancher Medikamenten- hersteller vom amerikanischen Markt immens ist. Erlösanteile von über 30 % bis fast 80 % zeigen die Abhängigkeit vom US-Markt. Aufgrund der hohen Margen wird für die USA-lastigen Unternehmen der Beitrag für das operative Ergebnis auf fast 70 % geschätzt. Jährliche Umsätze ausgewählter Unternehmen nur in den USA USA Erlöse essentiell für die Spezialisierte Pharma ∅ : 58 % Groß-Pharma ∅: 40 % Unternehmen 79 % 71 % 69 % 62 % 57 % 56 % 56 % 51 % 47 % 41 % 39 % 38 % 37 % 33 % 33 % 32 % 19 % Allergan Novartis Lilly Actavis Roche Merck Mylan Teva Novo AZN Pfizer Sanofi Shire BMS GSK MerckKGaA Hospira Quelle: Geschäftsberichte Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller Umsatzpotenziale Die im Zeitraum von 20115 bis 2019 geschätzten 65 Mrd. USD der Originale spiegelt sich das Potenzial für die Biosimilar-Hersteller wider. Auch bei einer angenommenen Preisreduktion von durchschnittlich 35 % zum Originalpreis scheint sich der Aufwand für die Unternehmen zu lohnen. Preise Aber nicht nur Chancen für neu zu realisierende Umsätze der Akteure sind gegeben, es existieren auch Unsicherheiten. Derzeit ist nicht zu kalkulieren, wie schnell und wie stark der Originalhersteller seine Preise senken wird. Soll- te das Referenzprodukt preisgleich vertrieben werden, hätte das Biosimilar nur geringe Chancen, Marktanteile zu gewinnen bzw. sich zu etablieren. In diesem Szenario besteht das Risiko, dass der Biosimilar-Hersteller seine F&E- Kosten nicht erwirtschaften und mögliche Gewinne nicht realisieren kann. 13
apoFokus apoResearch Anlageinformation Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller Marktschutz für Biosimilars Ob es einen Marktschutz für Biosimilar-Hersteller von den staatlichen Behör- den geben wird, ist noch unklar. Hintergrund ist, dass die Originalhersteller kurz vor Ablauf des Patentes den Krankenkassen einen höheren Rabatt ge- währen und sich dadurch weiterhin Exklusivität für ein oder zwei Jahre si- chern. Moratorium in Deutschland In Deutschland wird diskutiert, ob es ein zweijähriges Moratorium bei der Ein- führung eines Bio-Generikums gibt. Die vorgenannte Praxis der Originalher- steller soll so verhindert werden, um den Biosimilars die Möglichkeit zu ge- ben, entsprechende Marktanteile zu erreichen. Re-Importe Aufgrund der weltweiten Preisunterschiede für Medikamente stellt sich auch die Frage der Re-Importe, das heißt die Nutzung der günstigeren Preise aus dem Ausland für ein identisches Präparat. Eine Importquote für die klassi- schen Generika existiert bereits in Deutschland. Wettbewerb Die Intensität des Wettbewerbs ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. Je mehr Zulassungen für ein einzelnes Biosimilar erteilt werden, desto mehr Anbieter kämpfen um Marktanteile. Dies kann zu weiteren Preissenkungen führen. Was zum Nutzen der Krankenversicherer und Patienten wäre, birgt ebenfalls das Risiko, dass einige Unternehmen ihre Forschung & Entwicklungskosten nicht mehr verdienen können. Nebenwirkungsprofil Natürlich stehen Sicherheit und Effektivität im Vordergrund bei einem Biosimilar. Die Zulassungsstudien sind aber nicht so breit angelegt, dass jede Nebenwirkung erfasst werden kann. Bei einer breiteren Anwendung kommen auch seltenere Nebenwirkungen zum Vorschein, die dokumentiert und aus- gewertet werden müssen. Jedoch besteht auch die Möglichkeit, dass ein Biosimilar geringere Nebenwirkungen hervorruft als das Originalpräparat. Weiterhin wird das Wirkungsprofil mit dem des Originalprodukts verglichen. Entspricht die Dosierung bei der geprüften Indikation der des Originals oder zeigt ein Biosimilar sogar eine überlegenere Wirksamkeit gegenüber dem Re- ferenzprodukt? Dies könnte eine große Chance für den Biosimilar-Hersteller darstellen, beispielsweise Marktanteile ohne Preisabschlag zu gewinnen. Erst nach einer breiten Anwendung von Biosimilars können diese Fragen be- antwortet werden und eine konkretere Prognose über die Marktentwicklungen und die Umsätze getätigt werden. 14
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller Originalanbieter werden zu Biosimilar-Produzenten Viele Unternehmen aus der Pharmaindustrie haben sich in den letzten Jahren auf die Forschung und Entwicklung von Biosimilars eingelassen, um zusätzli- che Umsätze/Gewinne zu erwirtschaften. Allerdings entsteht bereits in der Entwicklungsphase ein harter Wettbewerb, wer der Erste sein wird. Die nachfolgende Übersicht spiegelt die aktuelle Forschung wider Aranesp (darbepoetin alfa) Neulasta (pegfilmgrastim) Herceptin (trastuzumab) Lantus (insulin glargine) Avastin (bevacizumab) Remicade (infliximab) Humira (adalimumab) Synagis (palivizumab) Eprex (epoetin alfa) Enbrel (etanercept) Erbitux (cetuximab) Rituxan (rituximab) Umsatz- ziel in Mrd. USD Sandoz (Novatis) 21,8 Amgen/Actavis 23,6 Hospira/Pfizer 32,9 Celltrion 29,1 Mylan/Biocon 25,5 Boehringer Ingelheim 16,2 Biogen Idec 15,8 Merck 15,1 Baxter 14,4 Momenta 9,5 Dr Reddy/Merck KGaA 8,4 Teva 7,4 Lupin 7,0 Wockhardt 3,2 Eli Lilly 3,2 Dong-A 0,7 Quelle: Unternehmensberichte, Bloomberg Sollten die Forschungsprojekte erfolgreich sein, stellt sich ebenfalls die Frage, welches Erlöspotenzial aus den zugelassenen Biosimilars möglich ist. Aufgrund dessen, dass Humira das größte Umsatzpotenzial für die Biosimilars darstellt, haben sich auch die meisten Firmen auf diesen monoklonalen Anti- körper konzentriert. Stellvertretend für alle Biosimilars sollen anhand von Humira die mögliche Preiserosion des Originalherstellers und die Aussichten der Adalimumab-Potenziale dargestellt werden. 15
apoFokus apoResearch Anlageinformation Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller Humira (Adalimumab) Die Bedingungen sind für jeden Biosimilar-Wirkstoff gleich: regulatorische Anforderungen und gesetzliche Auflagen müssen erfüllt werden, und die Ver- marktungsperspektiven unterliegen dem Wettbewerb. Humira Humira ist ein monoklonaler Antikörper, der gegen den Tumor-Nekrose- Faktor-α (TNF-Blocker) eingesetzt wird. Die Indikationsgebiete umfassen die rheumatoide Arthritis, Psoriasis-Arthritis, Spondylitis ankylosans sowie die Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Patentabläufe EU und USA Das Patent für den monoklonalen Antikörper läuft in den USA im Jahr 2016 und in der EU im Jahr 2018 aus. Für das Jahr 2017 gehen die Konsensus- Schätzungen für den Wirkstoff, den die amerikanische Pharmafirma AbbVie vertreibt, von einem weltweiten Umsatz in der Größenordnung von ca. 16 Mrd. USD aus, ca. 9 Mrd. USD in den USA und außerhalb der USA ca. 7 Mrd. USD. Umsatzverluste des Originals Ab 2018 wird erwartet, dass durch die Einführung von Biosimilars der globale Umsatz des Originalproduktes in den folgenden fünf Jahren um etwa 60 % zu- rückgeht, d. h. Humira wird in 2022 noch ca. 6 Mrd. USD erlösen. Umsatzrückgänge von Humira (ab 2015 geschätzt) in Mrd. USD 20 15 10 5 0 2012 2013 2014 2015e 2016e 2017e 2018e 2019 2020e 2021e 2022e Quelle: Bloomberg (Konsensusschätzungen) Die Grundlage für diesen doch starken Einbruch in den Erlösen liegt in der Vielzahl der Unternehmen, die an einem Biosimilar für Adalimumab arbeiten. In der Summe sind es 13 Pharmafirmen, die in unterschiedlichen Entwick- lungsphasen für Humira sind. Am wahrscheinlichsten ist, dass Amgen und Sandoz als erste eine Zulassung erhalten und das Produkt vermarkten. 16
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller Übersichtstabelle Humira-Biosimilars Biosimilar Sponsor Erkrankung Ph III Status Erwartete Zulassung Schuppenflechte Phase III komplett, 1. Hj. 2015 Amgen 2. Hj. 2015 RA* Phase III fortlaufend, Q2 2015 Ende 2015/ Sandoz Schuppenflechte Phase III fortlaufend, Q3 2015 Anfang 2016 Samsung/Biogen Idex RA* Phase III fortlaufend, Q3 2015 1. Hj. 2016 Boehringer Ingelheim RA* Phase III fortlaufend, 2. Hj. 2016 2017 Phase I komplett Jan. 2014, Pfizer RA* Beginn RoW Phase III Okt. 2014. 2017 Pläne US-Entwickler unklar Fujifilm Kyowa RA* Phase III fortlaufend, 2. Hj. 2016 2017 Kirin Biologics Schuppenflechte Coherus Biosciences Phase III Startversuch, 2. Hj. 2015 2017 RA* Eprius Biopharma nicht bekannt Physiochem. Charakterisierung 2018 Beginn klinische Versuche in Momenta/Baxter nicht bekannt 2018 Q1 2015 BioXpress Therap/ nicht bekannt angekündigt Nov. 2013 nicht bekannt AET BioTech Celltrion nicht bekannt Entwicklungspläne unklar nicht bekannt Oncobiologics nicht bekannt Phase I nicht bekannt *Rheumatoide Arthritis Quelle: ClinicalTrials.gov (USA) Aufgrund der geringen Variabilität des Moleküls zeigen die bisher veröffent- lichten Daten der obigen Biosimilars eine gute Bioäquivalenz zum Referenz- produkt. Gleiches gilt auch für die Produktion des monoklonalen Antikörpers. Eine große Herausforderung ist jedoch die Immunogenität, also das Auslösen einer nicht gewollten Immunreaktion, von Humira. Die Ursache liegt in der Bildung von körpereigenen Antikörpern während der Therapie gegen den zu- geführten monoklonalen Antikörper Adalimumab. Dadurch sinkt der Therapie- erfolg bei den betroffenen Patienten. USA Es existieren derzeit einige Spekulationen bzgl. der zukünftigen Preisbildung bei den Humira-Biosimilars und des Verhaltens der „First-Mover“ Amgen und Sandoz im amerikanischen Markt. Ein Grund für günstige Preise dürfte das schnelle Erreichen von Marktanteilen sein, bevor weitere Biosimilars von Adalimumab die Zulassung erhalten. Preisreduktion um 50 % Da auch AbbVie mit den Krankenversicherern Rabatte aushandelt bzw. vor Patentablauf noch aushandeln wird, gehen viele davon aus, dass die beiden Konzerne möglicherweise mit einem Preisabschlag von 50 % gegenüber dem Original bei den Versicherern antreten werden, um signifikante Marktanteile 17
apoFokus apoResearch Anlageinformation Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller zu erreichen. Ebenfalls wird davon ausgegangen, das AbbVie erst bei einem Marktanteil von unter 30 % die Preise ebenfalls senken wird. Preisspekulation Des Weiteren wird spekuliert, ob Amgen und Sandoz untereinander nur einen Wettbewerb bzgl. der Preisgestaltung in den USA anstreben, d. h. sie würden mit einer ähnlichen Rabattstruktur gegenüber dem Referenzprodukt antreten. Entscheidend wird auch sein, ob die neuerkrankten Patienten erst auf das Original eingestellt werden und/oder nur die Langzeittherapie durch Biosimilars substituiert wird. Auch wenn viele Unsicherheiten im Falle von Adalimumab existieren, scheinen die Investoren zu antizipieren, dass Humira signifikante Marktanteile verlieren wird, sobald die Biogenerika verkauft werden. EU Das Patent von Humira innerhalb der EU endet im Jahr 2018. Einerseits er- laubt die EMA eine Substitution von etablierten Biosimilars aus anderen Län- dern, andererseits ist das Nebenwirkungsprofil und die Hypersensitivität von Humira ein wichtiger Aspekt, diese Biosimilars eng zu beobachten. Die EMA hat jedoch gute Erfahrungen mit den Biosimilars von Filgrastim in den letzten acht Jahren gemacht, und der Druck der Krankenkassen ist hoch, die Gesundheitsausgaben zu senken. Damit dürfte einer schnellen Einführung von Adalimumab eher Vorschub geleistet werden. Remicade (Infliximab) Erstes Biosimilar eines Interessant dürfte die Vermarktung des Biosimilars Remsima / Inflectra von monoklonalen Antikörpers Hospira / Celltrion in den großen EU-Märkten sein. Die EMA erteilte bereits 2013 die Zulassung für das Biosimilar, allerdings konnte Johnson & Johnson durch eine Kinderform die Zulassung für Remicade in der EU noch einmal bis Februar 2015 verlängern. Die publizierten Ergebnisse der Vergleichsstudien des Biosimilars mit dem Original zeigen sowohl vergleichbare Wirkungsprofile als auch ähnliche Ne- benwirkungen. Somit erweist sich das Biosimilar als geeignete Alternative für die Behandlung von neuerkrankten Patienten. Inwieweit auch eine Substituti- on des Originals der eingestellten Langzeitpatienten durchgeführt wird, steht noch aus. Aktuell liegen die Preise in Deutschland von Remsima in den unterschiedli- chen Darreichungsformen um ca. 10 % unter dem Originalpreis von Remicade, „mit Luft nach unten“ laut des Managements von Hospira. Ob diese Preisre- duktion ausreichen wird, um signifikante Marktanteile zu gewinnen und in- 18
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Chancen und Risiken für die Biosimilar-Hersteller wieweit der Originalanbieter nachzieht, ist eine offene Frage. Eine substanziel- le Preissenkung vom Remicade-Hersteller wird aus unserer Sicht erst bei ei- nem massiven Verlust von Marktanteilen stattfinden. „Blaupause“ Letztlich stellt sich natürlich die Frage, ob die Einführung dieses monoklona- len Antikörper-Biosimilars eine „Blaupause“ für die kommenden Biogenerika darstellt. Im Vordergrund werden die Preise und die Durchdringung des Mark- tes von Remsima / Inflectra sein. Vermarktung von Remsima in Hospira konnte die ersten Erfahrungen bereits in Norwegen (über Lizenzneh- Norwegen mer Orion Pharma) und anderen kleineren EU-Staaten, in denen das Remica- de-Patent bereits abgelaufen war, sammeln. In Norwegen wurde über ein Tendergeschäft ein Preisnachlass von 69 % gegenüber Remicade gewährt. Bemerkenswert, da der Abschlag in der Vergangenheit für Biosimilars nur bei 15 % bis 30 % lag. Strategie Aus unserer Sicht will Hospira mit dieser Strategie aber Remsima erst einmal im Markt platzieren, um den anderen EU-Ländern zu zeigen, dass ihr Biosimilar gut wirksam und verträglich ist. Dies ist wichtig, da die westlichen Industrienationen (USA, Japan, Kanada, EU–Top 5) ca. 90 % des gesamten Remicade Marktes repräsentieren. Gewinnung von Marktanteilen Des Weiteren bewirkt der hohe Preisnachlass höchstwahrscheinlich eine ver- stärkte Erstlinientherapie, d. h. neuerkrankte Patienten werden sofort auf das Biosimilar eingestellt. Die Marktanteile des Originals würden dadurch schnel- ler sinken. Sollte diese Strategie nicht vorteilhaft sein, könnten aufgrund dessen andere zukünftige Anbieter von Biosimilars versuchen, die möglichen Fehler der „First-Mover“ zu verhindern. Umgekehrt würden bei einem Erfolg die Wettbe- werber eine ähnliche Strategie einschlagen. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch der Aspekt der Volumenaus- weitung, da durch günstigere Preise auch mehr Patienten in den Genuss von biotechnologisch hergestellten monoklonalen Antikörpern kommen werden. Auch die demografische Entwicklung spricht für eine Marktausweitung der Biosimilars in der Zukunft. 19
apoFokus apoResearch Anlageinformation Mögliche Einsparpotenziale durch Biosimilars Mögliche Einsparpotenziale durch Biosimilars Krankenkassen Innovative Medikamente für die Behandlung von Erkrankungen, die wirksamer und verträglicher als die gängigen Therapieansätze sind, erhöhen die Lebens- qualität der betroffenen Patienten. Mit der Einführung der biotechnologisch hergestellten Antikörper profitierten viele chronische Kranke von neuen The- rapieansätzen, auch wenn die Medikamente teuer sind. Mit dem Ablauf der Patente für die monoklonalen Antikörper bzw. der Einfüh- rung von Biosimilars werden durch die Preisreduktionen die Krankenkassen bzw. Leistungserbringer ein signifikantes Einsparpotenzial erzielen. Über die kommenden 10 Jahre wird spekuliert, dass über 100 Mrd. USD auf- grund von Biosimilars eingespart werden. Allein für das Jahr 2025 wird das Einsparpotenzial auf 18 Mrd. USD geschätzt. Diese Zahlen sind beeindru- ckend, jedoch wird es durch Volumenausweitung und mehr Behandlungsfälle auch zu Umsatzsteigerungen kommen. In der nachfolgenden Grafik sind die Umsätze der 10 führenden Originale der monoklonalen Antikörper bis 2025 geschätzt. Ohne Einführung von Biosimilars würde der Umsatz der Originale auf ca. 100 Mrd. USD ansteigen. Durch die Vermarktung der Biosimilars und Preisnachlässe auch der Original- anbieter wird sich das Einsparpotenzial weiter erhöhen. Aufgrund zunehmender Zulassungen von beispielsweise Humira-Biosimilars intensiviert sich auch der Wettbewerb der Biogenerika-Hersteller. Dadurch dürften sich die Preise weiterhin ermäßigen und in 10 Jahren (2025 e) könnte sich ein Einsparpotenzial von ca. 50 % für die Kassen (bzw. Leistungserbrin- ger) ergeben. Die nachfolgende Grafik zeigt mögliche Einsparpotenziale für die Krankenkassen Positive Kostenentwicklungen 100 für die Leistungserbringer (westliche Industrienationen) 50 % Einsparungen Mrd. USD 50 20 % Biosimilar 30 % Markenprodukte 0 Quelle: Bloomberg, 2012 2025 e apobank 20
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Mögliche Einsparpotenziale durch Biosimilars Steigende Ausgaben in den USA durch innovative Therapien Jedoch werden die Einsparungen für die Kostenträger durch die Biosimilars nur die zukünftigen Ausgabensteigerungen verlangsamen, nicht reduzieren. Grund hierfür ist einerseits die Demografie, andererseits aber auch die kom- menden Medikamenten-Innovationen der Pharmaindustrie. Innovationen bleiben teuer Die forschenden Pharmaunternehmen haben aufgrund ihrer gefüllten F&E- Pipelines und innovativer Trendwirkstoffe wie beispielsweise in der Immunon- kologie keine wirklichen Umsatzeinbrüche zu befürchten. Nach einer Progno- se von IMS Health sollen in den USA die potenziellen Ausgaben für Medika- mente von 329 Mrd. USD (2013) auf 530 Mrd. USD in 2020 steigen. Dies entspricht einem Gesamtanstieg von über 60 % oder einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 7 % pro Jahr. Entwicklung der potenziellen Medikamentenausgaben (USA) Ausgabentrend für Medikamente in den USA 60 530 10 6 20 5 5 15 10 15 10 5 -50 -10 20 10 10 30 10 20 7 % CAGR 329 Neue Krebsmedikamente Hinteraugenerkrankungen Medikamentenausgaben 2013 Neue Diabetesmedikamente Medikamentenausgaben 2020 Atemwegserkrankungen Seltene Erkrankungen PD1/PDL1 Autoimmunerkrankungen Hämophilie PCSK9 Alzheimer/Parkinson Generika Zystische Fibrose Migräne Opioide 2,5% Basiswachstum Herzinsuffizienz Anti-Koagulantien Biosimilars Hepatitis C Quelle: IMS Health, Bernstein Aufgrund von auslaufenden Patenten werden in den Segmenten Generika und Biosimilars Einsparungen in der Größenordnung von 60 Mrd. USD kalkuliert. Vor allem Innovationen werden die Ausgaben nach oben treiben. Im Segment Onkologie werden mit 50 Mrd. USD die höchsten Zuwächse erwartet (PD1/PDL1; Neue Krebsmedikamente). 21
apoFokus apoResearch Anlageinformation Interessante Marktentwicklungen Innovationen bleiben gefragt Die Grafik illustriert anschaulich die Notwendigkeit von Innovationen. Neue Therapieansätze in bekannten Indikationen oder die erstmalige medikamentö- se Behandlung von seltenen Erkrankungen sind einige Zukunftsfelder der Pharmaforschung. Die orale Behandlung von Hepatitis C mit Heilungserfolgen von über 90 % wird die bisherige Kombinationsbehandlung mit Interferonen und Ribavirin mittelfristig ablösen. Interessante Marktentwicklungen Originalhersteller als Spannende Entwicklungen haben die Biosimilar-Welle ebenfalls erreicht. Nicht Biosimilar-Entwickler nur die etablierten Generikahersteller forschen und entwickeln Biogenerika, sondern auch die Originalhersteller mit ihrem biotechnologischen Know-how beteiligen sich an der Marktentwicklung Biosimilars 2.0. Die globalen Milliardenumsätze der frei werdenden monoklonalen Antikörper (bspw. Humira) oder auch Insulin (Lantus) versprechen lukrative Zusatzgewin- ne und können die Umsatzverluste der eigenen Originale teilweise kompen- sieren. „Bio-betters“ / Life cycle Eine weitere Strategie ist die Weiterentwicklung eines biotechnologischen Management Originals mit einer besseren Wirksamkeit oder Verträglichkeit. Dies sichert Marktanteile des Vorläufermedikaments bzw. wirkt der Marktdurchdringung des Biosimilars für die Indikation(en) entgegen. Die Entwicklung von Nachah- merprodukten des Erythropoetins ist ein Beispiel dafür. Epogen Nach Patentablauf von Epogen (Amgen) entwickelten sehr viele pharmazeuti- sche Unternehmen ein Biosimilar, also eine „Kopie“ von Erythropoetin α. Das Biosimilar der ersten Generation (Biosimilar 1.0) ist jedoch im Vergleich zu monoklonalen Antikörpern keine große Herausforderung gewesen, entspre- chend viel Biosimilars wurden zugelassen. Nachfolgeprodukt Aranesp Die Abwehrstrategie von Amgen lag jedoch in der Markteinführung eines län- ger wirksamen Erythropoetin, nämlich Darbepoetin α (Aranesp). Die Serum- halbwertszeit dieses Derivates von Erythropoetin lag um den Faktor 3 höher als die des Originals Epogen. Nachfolgeprodukt Micera Auch Roche reagierte nach dem Patentablauf von NeoRecormon (Erythro- poetin β) und entwickelte ebenfalls einen Nachfolger. Mit der Vermarktung von Micera, einem durch PEGylierung jetzt langwirkendem Erythropoetin β, sicherten sich die Schweizer ebenfalls Marktanteile. 22
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Interessante Marktentwicklungen Eine gleichartige Vorgehensweise wurde von Roche für Filgrastim entwickelt. Auch hier erreichte die Substanz durch PEGylierung eine höhere Halbwerts- zeit, also eine längere Verweildauer im Blutkreislaufsystem und aufgrund des- sen eine längere Wirksamkeit. Marktanteile teilweise Diese drei Originalvarianten bewirkten bis heute, dass die EPO-Biosimilars nur gesichert einen Weltmarktanteil von 15 % am EPO-Markt und 27 % am G-CSF-Markt er- reichten. Die Beispiele zeigen, wie pharmazeutische Unternehmen durch Deri- vate den Lebenszyklus von entwickelten Wirkstoffen verlängern können. 23
apoFokus apoResearch Anlageinformation Fazit Fazit Hohe Hürden Auch wenn die Hürden nicht einfach zu nehmen sind und die Risiken nicht unterschätzt werden dürfen, spricht die Zukunft klar für die Etablierung von Biosimilars, nicht nur aus Renditegesichtspunkten der pharmazeutischen Her- steller, sondern auch aus den Perspektiven der Gesundheitssysteme und der Patienten. Chancen sind gut Die Chancen für die Biosimilar-Hersteller sind aufgrund des etablierten Mark- tes und der hohen Preise für die Originalprodukte der monoklonalen Antikör- per groß, zusätzliche Gewinne zum etablierten Geschäft zu realisieren. Neu an der Situation ist, dass nicht nur Generikahersteller an der Biosimilar 2.0 Generation forschen und entwickeln, sondern auch die Originalhersteller mit ihrem biotechnologischen Know-how sich an diesem Trend beteiligen. Kapitalintensität Der finanzielle Aufwand für die Entwicklung eines Biosimilars ist deutlich hö- her als bei den chemisch synthetisierbaren Generika. Sandoz bezifferte die Kosten auf ca. 75 Mio. bis 250 Mio. USD und eine Zeitschiene von 7 bis 8 Jahren. Im Vergleich: Die alten Generika kosteten ca. 2 bis 3 Mio. USD und benötigten ca. 2 bis 3 Jahre bis zur Zulassung. Risikomanagement Das Know-how der Generikaspezialisten lag bisher nicht im biotechnologi- schen Segment der monoklonalen Antikörper, weder in der Entwicklung noch in der Produktion. Das Managen von Organismen zur Herstellung von komple- xen biologisch aktiven Molekülen ist Neuland für diese Unternehmen. Regularien Selbiges gilt für die regulatorischen Anforderungen. Bisher mussten keine klinischen Prüfungen durchgeführt werden. Auch der Zulassungsprozess, das Aufsetzen und Auswerten von klinischen Prüfungen, muss erst einmal etab- liert oder extern an eine Contract Research Organisation (CRO) vergeben werden. Marktrisiko Nach erfolgreicher Zulassung muss das „neue“ Produkt auch von den Ärzten und Patienten akzeptiert werden. Ob das Biosimilar ein vergleichbares Profil in Wirkung und Nebenwirkung besitzt, wird sich erst dann zeigen. Preisbildung Zwar wird das Biosimilar preisgünstiger als das Original angeboten, aber kei- ner kann heute mit Bestimmtheit sagen, ob der Originalanbieter diese Preis- senkungen nicht ebenfalls durchführt. Damit würde der Vorteil des Biosimilars wegfallen und die Gewinne des Entwicklers schmälern oder sogar unmöglich machen. 24
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper Fazit Produktrisiko Ein kontinuierlicher Produktionsprozess muss etabliert werden und von den Zulassungsbehörden zertifiziert sein. Dadurch soll eine gleichbleibende Quali- tät des Arzneimittels gewährleistet werden. Fehlschläge sind möglich Inwieweit sich diese kapitalintensiven Investitionen für die Neueinsteiger am Biosimilar 2.0 Markt rechnen werden, ist derzeit schwer zu kalkulieren. Die großen Konzerne dürften Fehlschläge leichter kompensieren können als die kleinen Generikaunternehmen. Kooperationen Der Schlüssel für die kleinen und mittleren Entwickler auf diesem Zukunfts- markt heißt Kooperationen. Zwar entfällt bei einer Zulassung das Alleinver- marktungsrecht, jedoch werden das Entwicklungs- und Marktrisiko bzw. die Gesamtkosten gesenkt. Intensiver Wettbewerb Da viele Unternehmen parallel an den gleichen Biosimilar-Wirkstoffen arbei- vorprogrammiert ten, wird auch der zukünftige Wettbewerb zwischen den Biosimilars eine ent- scheidende Rolle spielen. Wir sehen die Einführung der Biosimilar 2.0 Generation sehr positiv, für die Gesundheitssysteme und die Patienten. Auch für einige Pharmahersteller wird sich die Entwicklung bezahlt machen, aber leider nicht für alle. Wer zum Schluss als Gewinner vom „Platz“ gehen wird, ist heute noch nicht entschie- den. Ein spannender Markt etabliert sich erst. Um an der Entwicklung einer neuen Generika-Generation, den Biosimilars 2.0, als Anleger partizipieren zu können, sollte in spezialisierte Aktienfonds oder Zertifikate, die dieses Marktsegment abbilden, investiert werden. Studie abgeschlossen Verfasser: Dr. Uwe Färber Finanzanalyst (CEFA) am 30.05.2015 25
apoFokus apoResearch Anlageinformation apoFokus – zuletzt erschienen Dezember 2014 Ausblick 2015 – Ohne Risiko keine Rendite > Notenbanken auf entgegengesetzten Wegen > US-Konjunktur ist der europäischen weit voraus > Kein Ende der Niedrigzinsphase in Sicht November 2014 3D-Drucker – Modelle für jeden Lebensbereich > Die Entwicklung des 3D-Drucks > Einsatzmöglichkeiten im Gesundheitsbereich > Zukunftsvisionen September 2014 Immun-Onkologie: Evolution oder Revolution? > Krebserkrankungen – eine Übersicht > Immun-Onkologie: Chronifizierung der Krebserkrankung > Vielversprechende Zukunftsperspektiven Februar 2014 In-Vitro-Diagnostik – Die Zukunft hat begonnen > Ein unerlässlicher Bestandteil der Gesundheitspflege > Die Evolution des Gentests > Wachstumstreiber und Risiken für die Diagnostik Dezember 2013 Ausblick 2014 – Der langwierige Aufstieg geht weiter > Globale Konjunkturerholung verfestigt sich > Zinstief bedingt Neupositionierung > Notenbanken bleiben wachsam September 2013 Hörgeräte – Klaviatur der Klänge > Hörgeräte = Wachstumsmarkt > Therapeutische Optionen > Oligopol – wenige Hersteller dominieren den Markt > Mögliches Zukunftsszenario Unsere bisher erschienenen Ausgaben können Sie im Internet unter http://www.apobank.de/apofokus abrufen. 26
Biosimilars 2.0 - Monoklonale Antikörper 27
Deutsche Apotheker- und Ärztebank Zentrale apoResearch Richard-Oskar-Mattern-Straße 6 40547 Düsseldorf Telefon: +49 211 5998 0 Internet: https://www.apobank.de V.i.S.d.P.: Dr. Hanno Kühn Layout und Produktion: AM Publikationsmanagement Druck: SD Service-Druck GmbH & Co. KG Bussardweg 5 41468 Neuss 28
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