APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0

Die Seite wird erstellt Jana Behrens
 
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APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
APROPOS
                                      Nr. 197
Den VerkäuferInnen bleiben EUR 1,50

                                           3,E0ur0o

                                                    DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG
                                               Ihre äuferin
                                                 Verk käufer:
                                            p -
                                             o s      r
                                      Ap ro o pos-Ve
                                            pr
                                      Ihr A

                               FLEISCH
                               SORGEN              sagt
                                                          Dank
                                                                 e!

                                KINDER

OHNE
  26 AUTOR*INNEN SCHREIBEN ÜBER: HASS

                                                                                 PLASTIK
                                                                                GRENZEN
                                                                                WEITERES
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                                                                                 FREIHEIT
                                                                            WENN & ABER
                                                                                   KEKSE
                                                                                    AUTO
                                                                                  ZÖGERN
                                                                                   GIPFEL
                                                                              ZIGARETTE
                                                                                PARTNER
                                                                            MEDIKAMENTE
                                                                                     JÄNNER 2020
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
2      [INHALT]                                                                                                                                                                    [EDITORIAL]
                                                                                                                                                                                                                                               3
                                                                       Thema:   OHNE                                        SCHREIBWERKSTATT

                    6
                                                                                                                            Platz für Menschen und Themen, die sonst nur
                                                                          4     Frage des Monats                            am Rande wahrgenommen werden.
                                                                                Cartoon                                     15     Evelyne Aigner
                                                                          5     Ich nicht!                                  16     Monika Fiedler
                                                                          6     Ohne ... Auto                                      Andrea Hoschek
                         Ohne ...                                               Ohne ... Gipfel

                                    OHNE
                                                                                                                            17     Hanna S.
    In unserer Jänner-Ausgabe
                                                                          7     Ohne ... Zögern                                    Edi Binder
  haben 26 Autor*innen einen
sehr persönlichen Zugang zum                                                    Ohne ... Grenzen                            18     Sonja Stockhammer
      Thema „Ohne“ gefunden.                                              8     Ohne ... Freiheit                                  Rudi Plastinin
                                                                                Ohne ... Fleisch                            19     Georg Aigner                                         Editorial

                                                                                                                                                                                       OHNE
                                                                          9     Ohne ... Katze(n)                                  Evelyne Aigner
                                                                                Ohne ... Kinder                             20 Narcista Morelli
                                                                          10 Ohne ... Sorgen                                21     Kurt Mayer
                                                                                Ohne ... die Kekse meiner Mutter
                                                                                                                                   Luise Slamanig
                                                                          11    Ohne ... „Wenn“ und „Aber“                                                                             Liebe Leserinnen und Leser!

         14
                                                                                Ohne ... Plastik
                                                                                                                            AKTUELL                                                    Jetzt beginnt nicht nur ein neues Jahr, sondern               von der Couch aus auf www.apropos.or.at stöbern.
                                                                          12    Zwischen Zeige- und Mittelfinger                                                                       gleich ein neues Jahrzehnt. Der Jahreswechsel                 Sie finden dort nicht nur Hinweise auf die neue
                                                                                                                            22     Schriftstellerin trifft Verkäuferin
                                                                                Ohne ... Hass                                      Schriftstellerin Gerlinde Weinmüller hat            ist immer eine Zeit, in der sich gut Bilanz über              Ausgabe, sondern auch einen Überblick über
                                                                          13    Ohne ... Weiteres                                  Thi Nhin Nguyen getroffen.                          das vergangene Jahr ziehen lässt. Was und wer                 besondere Ereignisse, einen Einblick in unsere
      Miteinander                                                                                                                                                                      hat mir gutgetan und was und wer nicht? Was                   Projekte und – das wird viele Rätselfreund*innen
                                                                          14    Miteinander                                 24     Kultur-Tipps
     Beim Neustart-                                                                                                                                                                    möchte ich gerne im alten Jahr belassen, was ins              freuen – ein Apropos-Archiv, in dem Sie sich durch
                                                                                Zusammenkommen im Neustart-                        Was ist los im Jänner
Saftladen steht nicht                                                                                                                                                                  neue mitnehmen? Welche neuen Wege möchte                      vergangene Ausgaben (inkl. Rätsel und Lösungen)
                                                                                Staftladen
der Konsum, sondern                                                                                                         25     gehört & gelesen                                    ich im neuen Jahr beschreiten? Es geht viel ums               klicken können.

                                                                       OHNE
die Gemeinschaft im                                                                                                                Buch- und CD-Tipps zum                              Erkennen, Würdigen und Sich-neu-Orientieren.
              Fokus.                                                                                                               Nachhören und Nachlesen                                                                                           Und ein Leben ohne Apropos-Chor können wir
                                                                                                                            26     Kolumne: Gehört.Geschrieben!                        Wir haben daher die gesamte Apropos-                          uns seit Februar 2018 auch nicht mehr denken.
                                                                                                                                                                                       Schreiber*innen-Zunft eingeladen, sich Gedanken               Unter der engagierten Leitung von Mirjam Bauer
                                                                                                                                   Leserin des Monats
                                                                                                                                                                                       über ein „Ohne“ zu machen. Herausgekommen                     hat sich ein bunter Mitmach-Chor entwickelt, bei
                                                                                                                            27     Apropos-Rezept

                                                                                    26
                                                                                                                                                                                       sind vielfältige Ohnes: Ohne Fleisch, Zigaretten,             dem nicht nur unsere Verkäufer*innen mitsingen,
                                                                                                                                   Diesmal von Evelyne Aigner                          Sorgen, Kindern, Gipfel, Plastik, Hass, Weiteres,             sondern auch Sie, liebe Leser*innen. Mittlerweile
                                                                                                                                                                                       Katzen, Freiheit, Wenn und Aber, Mutters Kekse,               hatte er schon mehrere Auftritte – u. a. auf einer

                                                                                    Kolumne:                                VERMISCHT                                                  Auto, Loskommen, Zögern, Medikamentenin-
                                                                                                                                                                                       dustrie, Partner, Kontakte, Trafik, uns alle, oder
                                                                                                                                                                                                                                                     Pop-up-Bühne bei Jazz & The City – und ist für
                                                                                                                                                                                                                                                     Februar 2020 von der Stadt Salzburg auch beim
                                                                                    Robert Buggler                          28     Apropos-Kreuzworträtsel                             Hoffnung auf ein Ohne.                                        Monat der Vielfalt gebucht.
                                                                                    Wie kommt es dazu,                      29     Redaktion intern
                                                                                    dass sich Menschen

         22
                                                                                                                                                                                       Im vergangenen Jahr haben wir neue Projekte ins               Im Namen des gesamten Teams wünsche ich
                                                                                    nicht mehr als                          30     Kolumne: Mein erstes Mal
                                                                                                                                                                                       Leben gerufen, ohne die wir uns Apropos nicht                 Ihnen einen guten Start ins neue Jahrzehnt 2020.
                                                                                    Gemeinschaft fühlen?                           Veronika Huber
                                                                                                                                                                                       mehr vorstellen können. Seit Dezember gibt es
                                                                                    Darüber schreibt
                                                                                                                            31     Chefredaktion intern                                unseren neuen Web-Auftritt, der auch eine Mo-                 Herzlichst, Ihre
                                                                                    Robert Buggler.
   Schriftstellerin                                                                                                                Vertrieb intern                                     bilversion hat. Somit können Sie auch gemütlich

                                                                                                    27
trifft Verkäuferin                                                                                                                 Impressum
     Diesmal hat die
      Schriftstellerin                                                                                                      Grundlegende Richtung                                     Preise & Auszeichnungen
Gerlinde Weinmüller                                                                                                         Apropos ist ein parteiunabhängiges, soziales Zeitungs-    Im März 2009 erhielt Apropos den René-Marcic-Preis
                                                                                                                            projekt und hilft seit 1997 Menschen in sozialen          für herausragende journalistische Leistungen, 2011
       die Apropos-                                                                                 Apropos-Rezept          Schwierigkeiten, sich selbst zu helfen. Die Straßenzei-   den Salzburger Volkskulturpreis & 2012 die Sozialmarie
                                                                                                                                                                                                                                                                                   Michaela Gründler
Verkäuferin Thi Nhin                                                                                Die Apropos-Verkäu-     tung wird von professionellen JournalistInnen gemacht     für das Buch „Denk ich an Heimat“ sowie 2013 den                                                   Chefredakteurin
  Ngyuen interviewt.                                                                                ferin Evelyne Aigner    und von Männern und Frauen verkauft, die obdachlos,       internationalen Straßenzeitungs-Award in der Kategorie                             michaela.gruendler@apropos.or.at
                                                                                                                            wohnungslos und/oder langzeitarbeitslos sind.             „Weltbester Verkäufer-Beitrag“ für das Buch „So viele
                                                                                                    verrät ihr Rezept für   In der Rubrik „Schreibwerkstatt“ haben sie die Mög-       Wege“. 2014 gewann Apropos den Radiopreis der Stadt
                                                                                                    köstliche Topfen-       lichkeit, ihre Erfahrungen und Anliegen eigenständig      Salzburg und die „Rose für Menschenrechte“. 2015
                                                                                                    Haluschka.              zu artikulieren. Apropos erscheint monatlich. Die         erreichte das Apropos-Kundalini-Yoga das Finale des
                                                                                                                            VerkäuferInnen kaufen die Zeitung im Vorfeld um 1,50      internationalen Straßenzeitungs-Awards in der Kate-
                                                                                                                            Euro ein und verkaufen sie um 3 Euro. Apropos ist dem     gorie „Beste Straßenzeitungsprojekte“. 2016 kam das
                                                                                                                            „Internationalen Netz der Straßenzeitungen“ (INSP)        Sondermagazin „Literatur & Ich“ unter die Top-5 des
                                                                                                                            angeschlossen. Die Charta, die 1995 in London unter-      INSP-Awards in der Kategorie „Bester Durchbruch“.
                                                                                                                            zeichnet wurde, legt fest, dass die Straßenzeitungen      2019 gewann Apropos-Chorleiterin Mirjam Bauer den
                                                                                                                            alle Gewinne zur Unterstützung ihrer Verkäuferinnen       Hubert-von-Goisern-Preis – u.a. für den Apropos-Chor.
                                                                                                                            und Verkäufer verwenden.

                                     APROPOS · Nr. 197 · Jänner 2020                                                                                                                                               APROPOS · Nr. 197 · Jänner 2020
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
4      [OHNE]                                                                   [OHNE]         5

                                                                        Foto: iStock

                                                                                       Foto: iStock
                                             Was wollen Sie unter

                                                                                                      ICH NICHT!
                    Frage
                    des
                    Monats
                    Jänner                   keinen Umständen missen?

Der APROPOS-Cartoon von Arthur Zgubic©

                                                                                                                                    von Hans Steininger

                                                                                                                             Leiden Sie auch unter dem Fälleverfall? Kränkt es Sie
                                                                                                                              auch, dass jeder Ignorant jetzt „wegen dir“ sagen und
                                                                                                                              sogar schreiben darf? Und dass auf einmal die unseligen
                                                                                                                       Verschnaufbeistriche erlaubt sind, die dann anderswo wieder
                                                                                                                   eingespart werden?
                                                                                                                   Es wird so weitergehen, man wird der normativen Kraft des faktisch
                                                                                                                   Gesprochenen immer mehr Raum geben.

                                                                                                                   DA SAG ICH: OHNE MIR!

                                    APROPOS · Nr. 197 · Jänner 2020                                      APROPOS · Nr. 197 · Jänner 2020
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
OHNE
                                                      6      [OHNE]                                                                                                                                                                                                           [OHNE]       7

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         OHNE
                                                                                                                                                                                                                                               OHNE
                                                                                                                                                                                                                                 NAME Natalie Zettl

                                                                                                                                                                                                                    STECKBRIEF
                                                                                                                                                                                        Foto: Bernatzky Katharina
                                                                                                                                                                                                                                 IST mit vollem Her-
                                                                                                                                                                                                                                 zen dabei
                                                                                                                                                                                                                                 MAG inspirierende
                                                                                                                                                                                                                                 Menschen
                                                                                                                                                                                                                                 WÜNSCHT ein
                                                                                                                                                                                                                                 frohes neues Jahr
                                                                                                                                                                                                                                 voller Magie

                               NAME Wilhelm Ortmayr
                                                                                                                                                                                          EIN LEBEN
                  STECKBRIEF
Foto: Privat

                               IST freier Journalist
                               MAG Vorwärtsdenkende
                                                                                                                                                                                          OHNE ZÖGERN                                                                                                  NAME Gabor Karsay

                                                                                                                                                                                                                                                           Foto: Privat

                                                                                                                                                                                                                                                                                          STECKBRIEF
                               WÜNSCHT mehr Mut zu Fakten                                                                                                                                                                                                                                              IST Europäer
                                                                                                                                                                                                                                                                                                       MAG die besinnliche Zeit nach dem Advent

                                                                                                                                                                                        G
                                                                                                                                     NAME Matthias Huber                                                                                                                                               und dem Einlösen der Gutscheine

                                                                                       Foto: Andreas Hauch

                                                                                                                        STECKBRIEF
                                                                                                                                                                                                   anz oder gar nicht. Keine halben Sachen. Oder,                                                      WÜNSCHT sich, die Hälfte seiner Neujahrs-
                                                                                                                                     IST in Sorge um die Zukunft unserer wunder-
                                                                                                                                     baren Natur                                                   kunstvoller verpackt: „Wer auf bessere Zeiten                                                       vorsätze einzuhalten
                                                                                                                                     FINDET Gipfelsprengungen und Mönchsberg-                      wartet, verschlechtert seine Ausgangsposition

... AUTO
                                                                                                                                     garagen verrückt                                     am Start zur Zukunft.“ (Ernst Ferstl) All diese Sprich-

                                                                                                                                                                                                                                                                          ... GRENZEN
                                                                                                                                     LEBT im Jänner verpackungsfrei                       wörter besagen dasselbe: Entweder mach es ganz oder

E
                                                                                                                                     MAG die kalte, frische Luft                          lass es ganz bleiben.
       ine schöne, befreiende            hinfahre, lagen mal welche. Aber                                                                                                                 Im Laufe meines Erwachsenenlebens habe ich diese

                                                                                           ...… GIPFEL
       Vorstellung? Oder doch            die Politik setzte, wie fast alle                                                                                                                Philosophie für mich entdeckt. Denn rückblickend hat

                                                                                                                                                                                                                                                                    E
       eine Ahnung von mühsamer          Wähler, aufs Auto.                                                                                                                               sich erwiesen: Die meisten Steine habe ich mir selbst
Unfreiheit?                              Hand aufs Herz: Wir brauchen                                                                                                                     in den Weg gelegt, wenn ich mir meiner Sache nicht                                      s gab einmal eine Zeit in           das schon etwas, das einen Eindruck
Ich will ehrlich bleiben: Für mich       es doch (fast) alle. Für die ersten                                                                                                              sicher war und ewig hin und her gezaudert habe, bis                                     Europa, da war eine Grenze          hinterließ.
ist der Gedanke zwar schon 15            zehn Kilometer und für die letzten.                           Ich gehe also los. Die vom Schlaf         Der Wind legt zu. Beinahe hätte          ich endlich eine – oft von Zweifeln begleitete – Ent-                                   etwas, wovor man Angst

                                                                                                                                                        OHNE
Jahre alt, aber er entsprang eher        Für die wenigen Fahrten, wo wir                               noch steifen Gliedmaßen bewegen           er mir jetzt das Gleichgewicht ge-       scheidung getroffen habe.                                                       hatte. Als Kind habe ich öfter solche       Später, nachdem wir die Grenze zu
schnödem Geiz als dem Wunsch             Kind & Kegel und Gepäck für drei                              sich vom Kaffee befeuert langsam          raubt, den Boden unter den Füßen         Das Zweitstudium, bei dem ich haderte, ob es das Rich-                          Grenzen überquert, meist zwischen           Österreich überschritten hatten, war
nach moderner Heiligkeit. Ich            Jahre dabeihaben. Für die Reisen,                             geschmeidig. Es ist dunkel und            weggerissen. Gedanken über den           tige für mich war. Der Traumjob im Journalismus, bei                            sogenannten verbrüderten Staaten            sie für uns zu und es gab kein Zurück
war soeben vom Land in die Stadt         auf denen kein Verkehrsträger                                 der Blick streift den Boden. Die          filigranen Menschenkörper als            dem ich vor Abschicken meiner Bewerbung zweifelte,                              im Osten. Die Grenzer waren                 mehr. Die Grenze trennte alles, was
gezogen, in genau jenes Grätzl,          auch nur ein bisschen Service oder                            Augen sehen gut, wenn man die             Gegensatz zu diesen Felsen, die          ob ich gut genug dafür war. Der Abenteuerurlaub, der                            nicht so freundlich, eher unwirsch,         davor gewesen war, von allem, was
das die beste ÖV-Anbindung aller         Logistik bieten will. Wir brauchen                            Dunkelheit zulässt – der Mond             schon Jahrtausende überdauern,           schon so lange halb vergessen auf meiner Bucketlist                             misstrauisch, gelangweilt und derart        noch kommen sollte.
Salzburger Stadtteile hat. Ich hatte     es, solange Car-Car-Sharing-                                  tut das Übrige. Der Schweiß rinnt         vermischen sich mit der Angst vor        herumdümpelte, dass ich allmählich aufhörte zu glauben,                         regungslos beim Überprüfen der
das Fahrrad und die Fußgeherei           Modelle behindert statt gefördert                             mir salzig ins Gesicht, ein Spinn-        dem „bis später!“, das sich im Nach-     dass ich jemals dafür meine Koffer packen würde. Der                            Papiere, dass man sich fragte, ob in        So waren es für mich ganz un-
für mich wiederentdeckt und trotz        werden, solange Zugverbindungen                               faden bleibt dort hängen. Wie             hinein nicht bewahrheiten soll. Ich      geplante Roman, bei dem ich zwar meine Kreativität                              ihnen überhaupt etwas vor sich ging.        gewöhnliche Ereignisse, als der
heftigster Verleidungsversuche           ausgedünnt und Busse gestrichen                               beschwerlich das Leben in diesen          setze die nächsten Schritte noch mit     schon sprudeln fühlte, bei dem ich mich aber fragte,                            Die kleinste Bewegung gab Anlass zu         Stacheldraht an dieser Grenze
seitens der Busbetreiber auch den        werden und solange mancher                                    Augenblicken ist! Ich atme nicht          Bedacht, gedrängt von gesteckten         ob die Personen, von denen doch erkennbar Facetten                              Spekulationen; wenn einer plötzlich         zerschnitten wurde und keine zehn
Obus. Des Parkplatzsuchens war           Transport-„Dienstleister“ die                                 mehr. Ich keuche und schnaufe.            Zielen – von den Erwartungen,            in die Handlung eingeflossen waren, nach der Veröf-                             die Augen leicht zusammenkniff, war         Jahre später die Kontrollen nach
ich müde, ich wollte nicht Stangen       Worte Service und Komfort nicht                               Der Blick zurück – die Sonne geht         die zur Realität heute nicht passen      fentlichung noch imstande wären, unbeschwert mit                                das etwas in diesen Papieren, das           Bayern fielen. Neue Generationen
von Geld zahlen für ein Ding, das        mal schreiben kann.                                           schon auf. Wie die Menschen dort          wollen. Meine Augen sehen den            mir umzugehen. Letzten Endes lernte ich: Wenn ich                               seinen Argwohn geweckt hatte? Oder          können nur schwer nachvollziehen,
ich bisweilen nur alle zwei Wochen       Ich habe also (wie so viele) für                              unten in ihren gemütlichen Betten         Gipfel, bald wäre er erreicht. Doch      am Scheideweg auf mein Bauchgefühl hörte und mich                               waren es nur die Linsen von gestern         was es bedeutet, jederzeit über die
benützte.                                mich selbst eine Ausrede. Ich kann                            noch schlafen – sie kennen diesen         ist der Preis, den er verlangt, so       danach entschied, schnell und schmerzlos (naja, in man-                         Abend, die sich bemerkbar machten?          Grenze fahren, aber auch jederzeit
Aber ganz ehrlich: Ich konnte            nicht ohne Auto. Besser gesagt, ich                           Moment nicht. Steil geht es berg-         hoch, dass ich nicht weiß, ob ich        chen Fällen auch ziemlich schmerzvoll, aber immerhin                                                                        wieder zurückkommen zu können,
mich nie dazu durchringen. Konn-         will nicht ohne. Ich besitze lieber                           auf und das Herz schlägt mir in           ihn aufbringen kann. Aber ob der         schnell), dann war es in 99 Prozent der Fälle richtig. Wer                      Grenze bedeutete warten. Lange.             im Normalfall ohne Kontrollen. Sie
te mich nie endgültig trennen von        einen Pkw und lasse ihn meist                                 den Ohren. Ich denke, vielleicht          Mut zum Umdrehen reicht? Ich             sich entschieden hat, kann aufatmen. Durchatmen. Ist                            Über allem schwebte eine Unge-              hupen sogar die Grenzer an, weil
der individuellsten und praxis-          stehen, anstatt mich über Miet-                               sollte ich langsamer gehen. Aber          halte an, spüre das Leben so nahe        befreit. Kann sich neu erfinden, die Segel neu setzen.                          wissheit, was alles passieren könnte.       ihnen die Fahrt nach Freilassing zu
tauglichsten Form der Mobilität.         wagenfirmen und ÖV-Anbieter                                   der Gipfel! Die Zeit! Wie stolz           wie nie. Bin mir bewusst, dass es        Ich bewarb mich also auf den Traumjob (und bekam                                Wenn die Eltern, die sonst alles            lange dauert. Dass sie dann prompt
Mehr als 95 Prozent meiner Wege          zu ärgern.                                                    ich unten erzählen werde! Doch            das ist, was ich suche. Und drehe        ihn!), schrieb den Roman, fand zu mir selbst. (Nur der                          wussten und mir auch alles erklären         herausgewunken werden, ist eine
beziehungsweise drei Viertel der         Was hilfreich wäre: Ein paar Steu-                            der Wind zieht auf. Die Sonne             um. Jeder weiß: „Der Weg ist das         Abenteuerurlaub: Der muss wohl noch ein bisschen                                konnten oder hätten erklären können,        andere Sache.
zurückgelegten Kilometer bewäl-          er-Milliarden, die das Verkehrs-                              von vorhin ist verschwunden. Ich          Ziel.“ Doch ist das Umsetzen dieser      warten, da die Bucketlist immer länger wird – aber                              wenn sie nicht wieder mal zu müde
tige ich mittlerweile öffentlich         leben der Vernünftigen in diesem                              habe nur kurz nicht auf sie geachtet      Erkenntnis wahrscheinlich eine           damit kann ich leben.) Und ich bin mir sicher: Wer                              waren oder keine Zeit hatten oder
oder ohne Motor. Doch wenn das           Land erleichtern. Jener Menschen                              und weg war sie. Weg hinter dicken        der zentralen Herausforderungen          aktiv sein Dasein gestaltet hat, kann am Ende des                               man selbst ins Bett musste, obwohl
Ziel Botanik heißt, gewinnt immer        nämlich, für die es zwischen „ganz                            Wolken. Schlägt sich dort mit der         unseres Lebens und kann mit dem          Lebens zufrieden in den Spiegel schauen und sagen:                              es noch viel zu früh war, wenn also
noch die Blechkarre. Denn hinter         ohne“ und „dauernd mit“ eine gut                              Dunkelheit herum und malt Re-             Verinnerlichen eines Spruchs nicht       „Es war alles für etwas gut.“ Zögern dagegen – das ist                          selbst sie unruhig wurden, während
den sieben Bergen liegen keine           lebbare Mitte namens „immer öfter                             genbögen in Dunstschwaden von             abgetan, sondern will gelebt werden.     für gar nichts gut, außer für den Zahn der Zeit. Und                            das Auto an diesen bewaffneten
Schienen. Ironie der Verkehrsent-        ohne“ gibt.
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
8     [OHNE]                                                                                                                                                                                                                                                                [OHNE]         9
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                                                                                                                                                                                                    Foto: Privat

                                                                                                                                                                                                                                                       STECKBRIEF
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                                  NAME Eva Daspelgruber

                     STECKBRIEF
Foto: Privat

                                                                                                                                                                                                                                                                    MAG Katzen und Menschen, die Katzen
                                  IST ein sehr zufriedener Mensch                                                                                                                                                                                                   mögen, Hunde gehen auch!
                                  MAG positiven Stress                                                                                                                                                                                                              MACHT AUS dem Badezimmer zeitweilig
                                  WÜNSCHT allen Apropos-Leser*innen ein                                                                                                                                                                                             ihre Dunkelkammer
                                  wundervolles 2020                                                                                                                                                                                                                 FREUT SICH über ihre mechanische Waage
                                                                                                                                                                                                                                                                    und ihre drei Standard-Kuchen-Rezepte
                                                                                                                                                                                                                                                                    HAT AUFGEGEBEN immer alle irgendwie
                                                                                                                                                                                                                                                                    verstehen zu können

EINE ZEIT LANG
                                                                                                                                                NAME Michaela Gründler
                                                                                                                                                                                                                   16 MONATE OHNE KATZE(N)

                                                                                            Foto: Verena Siller-Ramsl

                                                                                                                                   STECKBRIEF
                                                                                                                                                IST leidenschaftliche Jubiläen-Begeherin
                                                                                                                                                MAG noch immer am liebsten Krautfleckerl

                                                                                                                                                                                                                   C
                                                                                                                                                WÜNSCHT sich ein entspanntes Miteinander

OHNE FREIHEIT
                                                                                                                                                auch bei gegensätzlichen Positionen                                        arla kam vor 21 Jahren zu uns. Wir                                        Wasserschüsseln sind weggeräumt, rote Kat-               neu Sich-Verabschiedens, der Wehmut und auch
                                                                                                                                                                                                                           hielten sie für einen Kater und gaben ihr                                 zenhaare längst eingesaugt. Ich ordne die Fotos:         der tiefen Dankbarkeit an diese Begleiterin mit
                                                                                                                                                                                                                           den Namen Carlos. „Ich betrüge meine                                      Carlos, die Carla wird; Carla im Garten, auf der         ihrem rot-weißen Fell. Natürlich auch 16 Monate

D
                                                                                                                                                                                                                   Katze nicht. Also ab jetzt sagen wir Carla zu ihr!“,                              Fensterbank, in und unter diversen Betten, Carla         mit weniger Zuwendung, der gegebenen und der
           er Schritt hinaus aus dem         guten Startvoraussetzungen auf die                                                                                                                                    entschied mein damals 13-jähriger Sohn nach                                       im Ohrensessel, Carla beim Kuchenraub. Wenn              von Carla erhaltenen, mit weniger Arbeit und
           Gefängnistor ist jedes Mal
           ein besonderer Moment. Ich
                                             Welt kommt. Ich hatte einfach viel
                                             Glück im Leben. Andere nicht.                                    ...… FLEISCH                                                                                         einem klärenden Gespräch mit der benachbarten
                                                                                                                                                                                                                   Biologin. Carla schien immer da gewesen zu sein,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     ich heimkomme, vermisse ich Carla besonders: Sie
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     wartete zuerst auf mich, begrüßte und begleitete
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              mit weniger Schmutz. Als ich damals „weniger
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              Schmutz“ dachte, wusste ich: Jetzt ist Schluss, jetzt

                                                                                                          I
bin frei, ich darf jetzt gehen. Ich darf                                                                                                                                                                           sie begrüßte uns am Morgen, begleitet den Sohn                                    mich ins Haus, um dasselbe Ritual wenig später           kommt mindestens eine neue Katze ins Haus! Wir
mein Handy wieder einschalten, mei-          Einer der Kursteilnehmer erzählte                                        ch liebe es, Jubiläen zu feiern.      tat. Weniger gefasst war ich auf                       zum Obus, hielt Ordnung im Haushalt, wenn                                         noch einmal für meinen Mann auszuführen. Beim            fanden drei wunderschöne, witzige, verrückte und
ne Kinder anrufen und nachsehen,             mir, dass ihm die mangelnde Freiheit                                     Sie erinnern mich an getrof-          den Gegenwind, der mir entgegen-                       alle weg waren. Sie war da, wenn wir krank oder                                   Zeitungslesen lag sie auf dem Schoß, beim Fern-          sehr unterschiedliche schwarze Kater. Dreimal
welche Nachrichten ich in meiner             Sicherheit gibt. Seiner Empfindung                                       fene Entscheidungen, die sich         wehte. Mein Kochlehrer verstand                        schlecht aufeinander zu sprechen waren, als wir                                   sehen schaute sie vorbei und nahm sich mitunter          schwarzer Kater: Ole, Nils und Mio! Carla wär
„digitalen Abwesenheit“ erhalten             nach ist die „Welt draußen“ voll                                    damals gut angefühlt haben und es          nicht, dass ich im Kochunterricht                      umzogen – zum letzten Mal! – fühlte sie sich                                      auch gern von den Mannerschnitten, Milch genoss          stolz auf mich!
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
OHNE
                                                                    10       [OHNE]                                                                                                                                                                                                        [OHNE]   11
                                              NAME Christine                                                                                                                                                                                                                                                      NAME Robin Kraska

                                                                                                                                                                                                                                                   OHNE
                                 STECKBRIEF
Foto: Bernhard Müller

                                                                                                                                                                                                                                                                                                     STECKBRIEF
                                                                                                                                                                                                                                                                            Foto: Privat
                                              IST immer wieder anders                                                                                                                                                                                                                                             KÖNNTE nicht ohne Musik
                                              MAG Stille                                                                                                                                                                                                                                                          sein
                                              WÜNSCHT allen ein frohes neues Jahr                                                                                                                                                                                                                                 SCHREIBT seit fünf Jahren
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  für Apropos
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  LEBT in Thüringen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  WÜNSCHT sich einen golde-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  nen Herbst

    EIN TAG OHNE SORGEN                                                                                                                                                                                                                                                     EIN EINKAUF
S      ie wacht auf und reibt sich die Augen. Ein                    Ängste. Sie begibt sich auf ihre Couch, auf der           schwadernden Nebel, die kichernden Kinder auf
                                                                                                                                                                                                                   NAME Magdalena Lublasser-                                OHNE PLASTIK
                                                                                                                                                                                                                                                                            A

                                                                                                                                                                                   Foto: Privat

                                                                                                                                                                                                      STECKBRIEF
       Traum hält sie noch dicht umklammert                          sich ihre Katze räkelt und streichelt sie. Prompt         dem Schulweg, das Dröhnen von Maschinen bei
                                                                                                                                                                                                                   Fazal
       und lockert nur allmählich seinen Griff.                      beginnt die Samtpfote zu schnurren. Sie krault            Straßenbauarbeiten, das Bellen eines Hundes. Der                                    IST gespannt auf das Jahr 2020                                     ls Reporter für eine                      Käse und Milch sind in Papier
Sie weiß nicht mehr genau, was sie da geträumt                       den Kopf des Tieres sanft weiter, während sie die         Geruch von nassem Teer und sich ankündigendem                                       MAG die Freiheit zwischen Situa-                                   Lokalzeitung bin ich                      beziehungsweise der klassischen
hat, aber es schwang etwas Unheilvolles mit, das                     Augen in den Garten des Hauses schweifen lässt            Schnee. Die Füße, wie sie im regenkalten Wetter                                     tion und Reaktion                                                  Selbstversuche wie diesen                 Flasche erhältlich, die Eier sowieso
sie beschäftigt, während sie aufsteht und sich ihr                   und diesen Anblick immer noch so schön findet.            etwas nass werden. Sie würde viel sehen, hören,                                     WÜNSCHT sich mehr Bewusst-                               gewohnt. Ich habe Trimm-dich-                       in der Pappschachtel. Doch am
Frühstücksmüsli mischt. Sie denkt an ihre Arbeit,                    Wie damals, als sie sich entschied, in die Wohnung        riechen, schmecken. Die Sorgen, die sich sonst                                      sein für alle                                            Pfade ausprobiert, Karussells                       Joghurtregal bietet gerade ein
OHNE
an ihre Familie und an so viele scheinbar kleine                     einzuziehen. Es ist keine besondere Wohnung, kein         immer dazwischen drängen, wären ganz weit weg.                                                                                               getestet, bin Schlittschuh gelaufen                 Hersteller nachhaltige Behältnisse
und doch wichtige Einzelheiten, die zu erledigen
sind. Sie denkt daran, dass sie sich Nähe wünscht,
                                                                     besonderer Garten, aber es ist ihre Wohnung und
                                                                     ihr Blick ins Grüne, direkt nach dem Aufstehen.
                                                                                                                               Ja, denkt sie bei sich und die Katze zwinkert ihr
                                                                                                                               wie zur Bestätigung verschwörerisch zu, so möchte   EIN LEBEN OHNE                                                                           und war zum ersten Mal Blut
                                                                                                                                                                                                                                                                            spenden. Aber selbst das sollte
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                an. Und die sind mir viel zu groß.

                                                                                                                                                                                   „WENN“ UND „ABER“
aber gerade keine da ist. „Well I know that it’s a                   Und wie sie da so liegt, den Kopf auf die eine            ich es heute machen.
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
12      [OHNE]                                                                                                                                                               [OHNE]         13
                                                                                                                                         NAME Sandra Bernhofer

                                                                                                                            STECKBRIEF
                                                                                                     Foto: Privat
                                                                                                                                         IST freie Journalistin und

                                                            OHNE

                                                                                                                                                                                                                                                                                                OHNE
                                                                                                                                         Fotografin
                                                                                                                                         MAG Neuanfänge
                                                                                                                                         WÜNSCHT sich eine Welt,
                                                                                                                                         in der Wertschätzung
                                                                                                                                         gelebt wird

                                                                                                         ... HASS
                                                                                                       G
                                                                                                                                                                                                       NAME Helmut P. Gaisbauer

                                                                                                                                                                      Foto: Privat

                                                                                                                                                                                          STECKBRIEF
                                                                                                                                                                                                       IST prinzipiell Optimist
                                                                                                                 ut siehst du aus. Und du strahlst auch so
                                                                                                                                                                                                       MAG Aufmerksamkeit
                                                                                                                 etwas aus ... so etwas Zufriedenes“, sagt                                             WÜNSCHT allen Einsamen die Erfahrung
                                                                                                                 R. Und erst da merke ich: Der Hass ist                                                wohlwollender Zugewandtheit
                                     NAME Hans Steininger
Foto: Bernhard Müller

                        STECKBRIEF

                                     IST guter Dinge                                                     weg. Er hat mich getragen, er hat mich genährt,
                                     MAG ruhig bleiben                                                   er hat dafür gesorgt, dass ich mich nicht selbst
                                     WÜNSCHT gutes Neues                                                 aufgebe. Über Wochen, Monate. Zu lange? So
                                                                                                         lange es eben nötig war.

                                                                                                         G. hat mich betrogen und es geleugnet. Offiziell               EINE WELT OHNE WEITERES
                                                                                                                                                                      I
                                                                                                         erfahren habe ich es per Zufall im Internet. Wie

ZWISCHEN ZEIGE-
                                                                                                         der Rest der Menschheit.                                            ch möchte in keiner Welt OHNE WEITERES leben,                     lässt, weil wir nicht allein sind, weil wir im Anderen uns selbst
                                                                                                                                                                             in einer Welt, die sich in dem erschöpft, was fraglos „da“        erkennen dürfen und nicht auf uns allein gestellt sind. OH-
                                                                                                         Ich wusste nicht, dass es möglich ist, vor Hass zu                  ist, was zu „haben“ und greifbar ist. Was wäre das für eine       NE WEITERES steht dann für Gemeinschaft, Solidarität,

UND MITTELFINGER
                                                                                                         kotzen. Ist es. Ich habe ihm gewünscht, dass er                furchtbare und platte, eindimensionale Welt, die „ohne Wei-            Anteilnahme. Der GEMEINSAME Weg ist dann das Ziel.
                                                                                                         leidet, habe Tag für Tag darauf gewartet, dass das             teres“ auskäme, ohne Geheimnis, ohne dem Geistigen hinter              Ohne Weiteres.
                                                                                                         Karma zurückschlägt. Karma gibt es doch, oder?                 dem Greifbaren? Und obwohl sie sich auf das Vorhandene

E
                                                                                                         Ich habe kathartische Briefe geschrieben und in                beschränkte, auf das, was uns entgegenkommt, an das wir uns            Angesichts der Tatsache, dass wir Vieles, was unser Leben
            r war immer ein Verfechter der           breit kein Grund zur Sorge. „Rechtzeitig“           Flüsse geworfen. Der Hass ist geblieben.                       halten müssen, an dem wir uns stoßen, müssten sich dennoch             ausmacht, prägt und herausfordert, gefährdet und schließlich
            menschlichen Vernunft. Nicht, dass       musste auf jeden Fall zu Zeiten des Wohl-                                                                          viele von uns angesichts ihrer Lebensumstände in eine solche           auch begrenzt, nicht kontrollieren und produzieren können, ist
            er sie im vollen Ausmaß für sich hät-    befindens sein, also vor einer körperlich           G. war Familie, er war mein Zuhause, er war                    Welt hineingeworfen fühlen, verloren und allein. Wo hätte in           gerade dieses Miteinander ein Schatz, den es zu pflegen gilt.
    te nutzen können. Sein Traum war: Sie wird       manifesten Schädigung. Es folgten erste             mein bester Freund. Und doch war er Gift für                   einer solchen Welt die Kunst ihren Ort und ihren Sinn, die             Angesichts der Tatsache, dass wir immer wieder mit Tragödien
    siegen über alles nur Gefühlte, Gewollte,        Versuche, die kläglich scheiterten, der Wille       mich, alles, was falsch für mich ist, alles, was ich           Kreativität, das Schöpferische, die Spiritualität sowie der oder       und Katastrophen konfrontiert sind, die uns in existenzielle Kri-
    Ersehnte, einfach nur Geglaubte. Ihr Wi-         war zu schwach fürs Werk, weil nicht von der        nicht ertrage, nichts, was ich mir eigentlich von              die unerwartet auf uns zukommende und wesenhaft anrüh-                 sen bringen, brauchen wir einander, benötigen wir Miteinander
    derpart, die Gier- und Suchtzentrale des im      einer Einsicht folgenden Vernunft getragen          einem Partner wünsche. Akzeptanz, Interesse,                   rende Andere?                                                          OHNE WEITERES. Gerade in solchen Situationen, wo die
    gleichen Stockwerk wohnenden Kleinhirns,         oder gar befohlen. Aber das Thema blieb,            Wertschätzung, eine Beziehung auf Augenhöhe.                                                                                          Nachbarin oder der Nächste das Haus öffnet und fraglos erste
    musste früher oder später untergeordnet          begleitet von den Ratschlägen guter Freun-          Nichts Außergewöhnliches, einfach ganz basale                  So möchte ich aber anders verstanden wiederum doch in einer            Hilfe und selbstverständlichen Schutz gewährt, verbindet sich
    und kontrollierbar werden.                       de, vernunft- und willensstarker Vorbilder,         Eigenschaften, die jeder Mensch verinnerlicht                  Welt OHNE WEITERES leben. In einer Welt nämlich, in der                etwas und wächst über uns hinaus, durchwirkt ein Zusammen-
    Gleich nach der Kindheit, rechtzeitig zur        auch von professioneller Hilfe.                     haben sollte. Und die erfahre ich gerade bei R.,               eine bittende Frage, ein Hilferuf, ein Bedarf an Unterstützung         hang des Humanen unsere Welt, der uns OHNE WEITERES
    Pubertät, war er zum Süchtigen geworden.         Dann kam ein ziemlich spät im Leben                 obwohl wir nichts weiter sind als Freunde. Wie                 oder einem Gefallen mit der Antwort quittiert wird: „Aber              beheimatet und trägt.
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
[SCHREIBWERKSTATT]
                                              14       [MITEINANDER]                                                                                                                                                                                                 15

                                                                                                                                                                                                                                           jedoch so gehalten, dass sich auch Menschen mit kleinerem Geldbörserl
                                                                                                                                                                                                                                           Essen und Getränke leisten können. „Es geht uns dabei sehr um den
                                                                                                                                                                                                                                           Selbstwert der Menschen. Wir leben in einer Konsumgesellschaft, und
            Ein Wohnzimmer, um sich wohlzufühlen; einen
                                                                                                                                                                                                                                           wenn etwas nichts kostet, dann wird es womöglich automatisch als
            Ort, um nicht einsam zu sein; ein offenes Ohr                                                                                                                                                                                  Almosen wahrgenommen.“ Regelmäßig veranstalten die Mitarbeiter
            um über seine Probleme zu sprechen: All das                                                                            Susanne Hummel-Lirsch und                                                                               des Neustart-Saftladens verschiedene Aktionen. So geht es unter an-
            finden Menschen unterschiedlicher Lebenszu-                                                                            Peter Wieser arbeiten beim
                                                                                                                                                                                                                                           derem drei bis viermal in ein Museum und einmal im Jahr zum großen
                                                                                                                                   Neustart-Saftladen und
            sammenhänge im Neustart-Saftladen.                                                                                     setzen sich für ein harmoni-                                                                            Neustart-Saftladen-Ausflug. Dabei wird immer darauf geachtet, dass
                                                                                                                                   sches Miteinander ein.                                                                                  jede*r teilnehmen kann, so auch die Gäste im Rollstuhl. Auch Karten-

            ZUSAMMEN-
                                                                                                                                                                                                                                           spiele sowie der Billardtisch, Tischtennistisch und Kickertisch werden
                                                                                                                                                                                                                                           gerne und oft in Anspruch genommen.

                                                                                 Fotos: Christine Gnahn
            KOMMEN IM
                                                                                                                                                                                                                                           Kürzlich feierte der Neustart-Saftladen sein 40-jähriges Jubiläum.
                                                                                                                                                                                                                                           „Ich glaube dass der Neustart-Saftladen für sehr viele Menschen ein
                                                                                                                                                                                                                                           wichtiger Ort ist“, beschreibt Hummel-Lirsch, „der eine findet hier die

            NEUSTART-                                                                                                                                                                                                                      Rettung vor der Einsamkeit, der andere Unterstützung, den nächsten
                                                                                                                                                                                                                                           Schritt in seinem Leben zu gehen.“                   Rande wahrgenommen werden.                 bedroht wurde, und zwei Sozialar-

                                               APROPOS · Nr. 197 · Jänner 2020                                                                                                                                                            APROPOS · Nr. 197 · Jänner 2020
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
[SCHREIBWERKSTATT]
                                                16      [SCHREIBWERKSTATT]                                                                                                                                                           17
                                                Verkäuferin und Schreibwerkstatt-Autorin Monika Fiedler                                                          Schreibwerkstatt-Autorin Hanna S.

                                                Nicht ganz ohne                                                                                                  Ohne Plastik
                                                Fleisch                                                                                                          Plastikgeschirr, Plastiksackerl, Plastikfla-
                                                                                                                                                                 schen, Plastikverpackungen, Plastikschuhe,
                                                                                                                                                                                                                           zum Beispiel. 3. Richtig entsorgen. Bei uns
                                                                                                                                                                                                                           ist die gelbe Tonne für den Plastikabfall.
                                                Ich ernährte mich einige Zeit ohne         Ich aß also Fleisch, Leber und                                        Plastikkleidung, Plastik in Elektrogeräten,               Aus diesen alten Plastikprodukten werden
                                                Fleisch. Ich machte viel Sport und         auch Fisch. Eine Freundin von mir                                     Plastikmöbel … überall Plastik! Plastik im                wieder neue Dinge hergestellt.
                                                wollte einfach gesünder leben. Ich         ernährt sich vegan. Das heißt, dass                                   Meer, Plastik in Fischbäuchen, Plastik in un-
OHNE

                                                glaubte, das ist der richtige Weg          sie keinerlei tierische Produkte                                      seren Lebensmittel und unserem Trinkwasser.               Ich finde, es gibt so viel unnötiges Plas-
                     MONIKA FIEDLER ist gern                                                                                       HANNA S. findet, dass es
                                                für mich. Meine Hausärztin sagte           isst. Also, sie isst nicht nur kein                                                                                             tikzeug, und das im Überfluss. Mir wurde
                     mit ihrem Hund unterwegs                                                                                      viel unnötiges Plastik gibt
                                                mir dann nach der halbjährlichen           Fleisch und keinen Fisch, sondern                                     Aber warum Plastik? Ganz einfach: Weil es                 erst vor Kurzem bewusst, was ich mit meinem
                                                Routineuntersuchung, dass ich              auch keine Milchprodukte, keine Eier                                  leicht, billig und langlebig ist. Das Prob-               gedankenlosen Plastikkonsum unserer Umwelt,
                                                Eisenmangel hätte. Ich war nicht           und keinen Honig. Einmal gab sie mir                                  lem: Plastik braucht in etwa 500 Jahre, bis es            meinen Mitmenschen, den Tieren und auch mir
                                                erfreut. Ich musste dann Eisen-            einen köstlichen Faschingskrapfen.                                    verrottet, und enthält viele Schadstoffe.                 selbst antue. Die Regale in den Geschäften
                                                tabletten nehmen. Ich holte mir            Nachdem ich ihn gegessen hatte,                                       Was ist Plastik? Synthetisch hergestellte                 sind voll Plastik. Natürlich greift man
                                                schließlich eine Broschüre, die mir        sagte sie mir, dass dieser Krapfen                                    Stoffe aus Erdöl, Kohle, Erdgas und anderen               bequemlichkeitshalber gern nach der nächst-
                                                Tipps für eine ausgewogene Ernäh-          vegan war, also ohne Eier und Milch                                   chemischen Substanzen. Meist ist der Aus-                 besten, leichten Plastikflasche. Die schwe-

                                                                                                                                  OHNE
                                                rung anzeigte. Da war dann nichts          hergestellt worden war. Er schmeckte                                  gangsstoff Rohbenzin.                                     rere Glasflasche müsste man erst suchen.
                                                mehr mit vegetarisch. Aber auch in         gleich viel bekömmlicher. Es gibt so                                                                                            Es ist ein ewiger Kreislauf: Produktion,
                                                pflanzlichen Lebensmitteln sind            viele unterschiedliche Arten, sich                                    Plastik zerfällt in Kleinstteilchen, ist also             Handel, Konsum, Müll. Beim Konsum können wir
                                                viele Mengen Eisen enthalten. Zum          zu ernähren, von vegetarisch bis                                      mit freiem Auge kaum sichtbar, ähnlich wie                mitentscheiden und auch bei der Entsorgung.
                                                Beispiel in Kürbiskernen, Amaranth,        hin zu vegan und alles dazwischen.                                    Staub. Insgesamt schwimmen an die 150 Milli-              Im Endeffekt ist aber die Politik gefragt.
                                                Leinsamen, Quinoa, Pistazien,              Die Ernährungsform, die für mich                                      onen Tonnen Plastik ins Meer. Ein Teil davon              Das Verbieten von Plastiksackerln ist ein
                                                Haferflocken oder Spinat. Leider           passt, ist eine gute Mischernährung                                   landet an Stränden und in Fischbäuchen.                   guter Anfang, leider aber nur ein minimaler
                                                half bei mir eine rein pflanzliche         mit etwas Fleisch und Fisch hin und                                   Das heißt, wenn wir Fisch essen oder Wasser               in diesem globalen Dilemma.
                                                Ernährung nicht. Ich musste wieder         wieder.
APROPOS DIE SALZBURGER STRASSENZEITUNG - 3 , 0
[SCHREIBWERKSTATT]
                                                      18      [SCHREIBWERKSTATT]                                                                                                                                                19
                                                                                                                                                               Verkäufer und Schreibwerkstatt-Autor Georg Aigner

                           Verkäuferin und Schreibwerkstatt-Autorin
                           Sonja Stockhammer
                                                                                                                                                               Loskommen
                                                                                                                                                               Als ich zehn Jahre alt war, habe ich oft                Auf jeden Fall waren wir in einem Fachge-

                           Hoffnung auf ein ohne                                                                                                               meine Geschwister beobachtet, wie sie hinter
                                                                                                                                                               einem Holzstapel heimlich rauchten, und ich
                                                                                                                                                               probierte es natürlich auch. Heute bin ich 50
                                                                                                                                                                                                                       schäft, wo es E-Zigaretten gibt, da meine
                                                                                                                                                                                                                       Frau beschlossen hat umzusteigen. Es gibt
                                                                                                                                                                                                                       auch E-Zigaretten, die hochwertig sind.
                           Ich   erhoffe mir eine gute Zeit ohne Stress.                                                                                       Jahre alt. Das heißt, ich habe jetzt 40 Jahre           Meine Frau hat sich eine gekauft und hat
                           Ich   erhoffe mir eine gute Zeit ohne Schmerzen.                                                                                    lang geraucht und nie darüber nachgedacht,              jetzt wieder 75 Prozent Luftanteil. Der
                           Ich   erhoffe mir eine gute Zeit ohne Sorgen.                                                           GEORG AIGNER freut          ob das schädlich ist oder nicht. Letztes Jahr           Tabak, den sie braucht, wird immer weniger,
                           Ich   erhoffe mir ein gutes Leben ohne Ärger.                                                           sich im Jänner auf seinen   hatte ich einen Schlaganfall und trotzdem               bis sie irgendwann gar keinen mehr braucht.
SONJA STOCKHAMMER
                           Ich   erhoffe mir ein gutes Leben ohne Geldnot.                                                         Geburtstag                  habe ich danach auch weiter geraucht. Meine             Und mir selbst tut das Weniger-Rauchen genau
kann auf vieles im Leben
gern verzichten            Ich   hoffe auf ein Leben, ohne kotzen zu müssen, wenn ich bestimmte Leute sehe.
[SCHREIBWERKSTATT]
                                                   20       [SCHREIBWERKSTATT]                                                                                                                                                      21
                          Schreibwerkstatt-Autorin Narcista Morelli                                                                                           Verkäufer und Schreibwerkstatt-Autor Kurt Mayer

                          Ein Leben ohne Zigaretten                                                                                                           Ohne uns alle

                                                                                                                                                                                                                                                              OHNE
                          Ein Leben ohne Zigaretten – unvorstellbar                   Was ist eigentlich so tückisch an Krebs?
                          – für mich. Mein Tag beginnt mit Kaffee                     Der Krebs ist ein Ableben auf Raten und                                 Was wäre die Welt voller Frieden und wenn sich alle
                          und mindestens zwei bis drei Zigaretten.                    das ist das Grausame daran. Wird man vom                                verstehen würden? Das ist es, was ich mir schon
                          Dann geht’s weiter mit Rauchen ohne Limit.                  berühmten Ziegelstein erschlagen dann geht                              seit Jahrzehnten wünsche. Aber es liegt leider
                          Was aber ist so toll am Rauchen? Es ist die                 es ruckzuck. Der Krebs hingegen drangsa-                                in vielen Staaten an der Politik. Menschen lassen
                          Gewohnheit. Der Mensch ist ein Gewohn-                      liert einen über Jahre hinweg.                                          sich einschüchtern, leiden an Hungersnot, werden
NARCISTA MORELLI          heitstrottel und hegt seine Rituale. Der                                                                                            von anderen Menschen unterdrückt. Ein Leben ohne
                                                                                                                                     KURT MAYER ist jeden
raucht auch weiterhin     Held der Glimmstengel, das war früher der                   Ich smoke, egal was die Propagandabilder                                Sorgen und Hunger und sinnlose Kriege – das wäre
                                                                                                                                     Tag dankbar
                          Marlboro-Mann. Kerle, Typen gibt’s nicht                    auf meinen Schachteln suggerieren wollen.                               alles möglich – wenn wir nur zusammenhalten würden.
    OHNE
                          mehr, bloß noch Abzocker, Fettsäcke, Trot-                  Bei unserem Leben mit den Dreckproduzenten                              Ohne ein Miteinander gäbe es keine Gespräche, keine
                          tel und Computersüchtige. So gibt es die                    Lebensmittelindustrie, Massentierhaltung,                               Beziehungen, ohne die Natur und die Tiere hätten
                          Rauchwerbung heute mit Bildern von Krebs,                   den Hormon- , Extrakte-, Unverträglich-                                 wir nichts zu essen und zu trinken. Seien wir doch
                          Schweißfüßen und Zahnfäule. Nur das ist so,                 keitsprodukten und so weiter, bei so viel                               dankbar für alles, was wir erleben dürfen, und auch
                          als wenn ein Autohändler seine Wagen prä-                   Schwachsinn ist es auch schon egal, ob man                              für das, was jeder neue Morgen und jeder neue Tag
                          sentiert zum Anschauen, aber fahren soll                    sich jetzt zu Tode frisst, am Zuckerüber-                               bringt.
[PORTRÄT-SERIE]
                                               22                                                                                                                                                                                                 [PORTRÄT-SERIE]
                                                                                                                                                                                                                                                                                23
                                                                                                                   NAME Thi Nhin Nguyen                                                     NAME Gerlinde Weinmüller                                                                               LIEBES.LÄNGLICH

                                                                                                                                                            STECKBRIEFE

                                                                                                                                                                                                                                                                               BUCHTIPP
Schriftstellerin Gerlinde Weinmüller                                                                                IST immer beschäftigt                                                   IST Autorin                                                                                            Gerlinde Weinmüller
trifft Verkäuferin Thi Nhin Nguyen                                                                                 ARBEITET als Zeitungs-                                                   ARBEITET als Lehrerin und Schrift-
                                                                                                                               verkäuferin                                                  stellerin                                                                                              Edition Tandem 2017

ZIMT UND
                                                                                                                   LEBT gerne in Salzburg                                                   LEBT in Niederalm bei Salzburg
                                                                                                                                                                                                                                                                                                   16,50 Euro
                                                                                                                  STEHT unter dem Ritzer-                                                   STEHT auf Gedichte und Geschichten
                                                                                                                   bogen in der Innenstadt

BLUMENSTERNE                                                                                                                                                              „Sind gut zum Deutschlernen“, sagt sie.
                                                                                                                                                                          Oft kocht sie für die Kinder. Hühnersuppe mit Glasnudeln, Zimt
                                                                                                                                                                          und Blumensternen. So nennt Tini Sternanis. Und dann singt sie.
                                                                                                                                                                                                                                                                                          Für die Autorin Gerlin-
                                                                                                                                                                                                                                                                                          de Weinmüller war die
                                                                                  Das Wichtigste für die                                                                  Tini singt gerne. Beim Kochen, beim Spielen mit den Kindern,                                                    Begegnung mit Thi Nhin
                                                                                  Apropos-Verkäuferin Thi
                                                                                  Nhin Nguyen ist ihre Familie.                                                           beim Spazierengehen, beim Zeitungsverkaufen, vor dem Einschlafen                                                Ngyuen eine ganz Besondere
                                                                                                                                                                          und nach dem Aufwachen.                                                                                         und eine, die sie emotional
                                                                                  Für sie hat sie immer hart
                                                                                                                                                                                                                                                                                          berührt hat.
                                                                                  gearbeitet – und tut dies                                                               Und plötzlich erzählt sie von früher. Von der Zeit, als sie ganz
                                                                                  noch immer.                                                                             alleine war mit ihren Kindern. Als sie genäht hat auf der alten
                                                                                                                                                                          Nähmaschine, täglich achtzehn Stunden lang, um ihre Kinder
                                                                                                                                                                          durchzubringen. Nähen, putzen, kochen, Kinder versorgen, ein-
                                                                                                                                                                          kaufen gehen, waschen, bügeln und wieder nähen. Bis spät in die
                                                                                            Salzburg gekommen. Sie hat vier Kinder und neun Enkelkinder,                  Nacht hinein.
                                                                                            drei Buben und sechs Mädchen.                                                 „Und singen“, ergänzt Tini lachend.
                                                                                            „Salzburg ist mein Zuhause“, sagt sie. „Hier möchte ich bleiben.
                                                                                            Hier möchte ich noch lange stehen. Unter meinem Bogen stehen.                 Liebeslieder mag sie besonders gerne. Thi Nhin Nguyen hat mir ihr
                                                                                            Und Zeitungen verkaufen.“                                                     Lieblingslied mitgebracht. Sie hat es ins Deutsche übersetzt und
                                                                                            Und da steht sie, tagein, tagaus, unter ihrem Bogen, und wartet               feinsäuberlich in gestochen schöner Handschrift für mich auf ein
                                                                                            auf Kunden.                                                                   weißes Blatt Papier geschrieben. Aufmerksam beginne ich zu lesen:
                                                                                            „Wenn sie kaufen, dann kann ich leben“, sagt Thi Nhin. Sie lebt
                                                                                            ausschließlich vom Zeitungsverkauf. Sie freut sich auf ihre Kun-              Ich möchte die Natur finden.
                                                                                            den. Und auf deren Geschichten. Tini hört gerne zu. Sie kann                  Ich möchte ohne Trauer leben.
                                                                                            gut zuhören. Sie hört mit allen Sinnen zu. Auch mir hört sie ganz             Ich möchte, dass das Leben mich liebt.
                                                                                            genau zu. Sie liest in meinem Gesicht. Sie fühlt meine Gedanken.              Ich möchte wie eine Salbeiblume blühen.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Andreas Hauch arbeitet seit über 25 Jahren als Fotograf mit Kunden aus Wirtschaft, Politik,
                                                                                            Sie sieht in mein Herz.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Theater und Kunst gemeinsam an guten Bildern. Im Mittelpunkt steht immer der Mensch.
                                                                                                                                                                          Liebe umsonst verschenkt.
                                                                                            Irgendwann will Tini noch einmal zurück nach Vietnam. Das                     Köstlich wie reifes Apfelblatt.
                                                                                            Grab ihrer Eltern besuchen. Und das Grab des Vaters ihrer Kinder.             Duftend wie ein Blumengarten.
                                                                                            Alleine will sie dorthin. Ohne Kinder. Ohne Enkelkinder. Ganz                 Zerbrechlich wie ein Seidenfaden.
                                                                                            alleine will sie reisen zum Rendezvous mit den Erinnerungen.                  So weich wie ein warmer Atemzug.
                                                                                            Tini zwinkert mir schelmisch zu.
                                                                                            „Ich bin Geschäftsfrau. Bin immer beschäftigt“, erzählt sie lächelnd          Liebe ist ein froher Nebel.
                                                                                            weiter. „Zuhause, auf der Straße, im Kopf. Mein Kopf ist so voll,             Liebe ist tot wie ein Meer
                                                                                            immer so voll. Und dann bekomme ich Kopfweh. Viel Kopfweh.                    Liebe ist groß für die Menschen überall.
                                                                                            Und ich bin immer traurig. Viel traurig. Aber ich darf nicht weinen.          Liebe umsonst verschenkt.
                                                                                            Muss lachen. Tränen schlucken innen drinnen. Niemals draußen
                                                                                            weinen. Drinnen traurig sein, draußen lachen.“                                „Soll ich dir vorsingen?“, fragt Tini. Ich nicke und sie singt, singt
                                                                                                                                                                          auf Vietnamesisch ihr Lieblingslied für mich. Wort für Wort und
                                                                                            Das Lachen begleitet Thi Nhin Nguyen schon seit ihren Kinder-                 Ton um Ton fallen mir zu. Wir sehen uns in die Augen, während
                von Gerlinde Weinmüller                                                     tagen in Vietnam. Aber auch das Kopfweh. Und die Angst vor                    Tini singt und singt und sich ein Band aus Zärtlichkeit und Trost

               D
                                                                                            Geistern. Deshalb lässt sie beim Schlafen das Licht an. Auch im               um unsere Körper legt.
                        a ist es wieder, dieses Lachen. Dieses große, offene Lachen.        Schlaf ist sie beschäftigt. Dann träumt sie. Von einer Reise ins
                        Es wärmt. Und es ist ansteckend.                                    Weltall und von einer glücklichen Familie.                                    Wir beide sitzen einander gegenüber. Wir wissen: Komme, was
                        Zwei Frauen sitzen einander gegenüber. Thi Nhin Nguyen              „Hast du eine glückliche Familie?“, fragt sie und nimmt meine                 wolle, wir bleiben miteinander verbunden.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Mail: fotohauch@gmx.at
                trinkt Kaffee. Ich trinke Tee. Tini, wie sie von ihren Freunden ge-         Hände in ihre Hände.
                nannt wird, trägt eine Bluse mit Blümchenmuster, eine schwarze,             „Ja“, sage ich und mir wird plötzlich bewusst, dass das nicht                 „Was wünschst du dir?“, frage ich Tini.
                lange Hose und ihr Haar auf dem Kopf zu einem Knoten zusam-                 selbstverständlich ist.                                                       „Gesund sein“, sagt sie, „damit ich für die Kinder und Enkelkinder
                mengebunden. Der kecke Haarknödel scheint ein Eigenleben zu                 „Das ist gut“, sagt Tini und drückt meine Hände. Und wieder                   da sein kann. Und irgendwann genießen. Mein Leben genießen.
                haben, denn bei jeder Kopfbewegung nickt er mir freundlich zu.              lacht sie.                                                                    Für mich leben. Irgendwann.“
                Thi Nhin mag Knödel. Knödel mit Sauerkraut. Und sie mag                     „Weißt du, ich brauche keinen Mann. Ich will auch keinen Mann.
                Salzburg. Und die Menschen aus Salzburg.                                    Ich hab ja meine Enkelkinder.“                                                Ja, das wünsche ich dir, liebe Tini, und bin dankbar für dich und                                                        Diese Serie entsteht in

                                                                                                                                                                                                                                                                                          TICKER
                                                                                            Und die sind ihr ganzer Stolz. Gerne schaut sie mit ihnen fern.               jede Begegnung mit dir, du blühende Salbeiblume, du zarter Sei-                                                          Kooperation mit dem
                1995 ist sie von Vietnam nach Deutschland und dann nach                     Kinderfilme. >>                                                               denfaden, du warmer Atemzug, du unverdientes Geschenk.
24      [AKTUELL]                                                                                                                                                                                           [AKTUELL]
                                                                                                                                                                                                                                                                            25
                                                                                                   Toihaus Salzburg
                                                                                                                                                               BÜCHER AUS DEM REGAL                                     Lampe, die wie eine Überwachungskamera über                 zu verrücken, ihr näher zu kommen, versteht man
                        ROCKHOUSE SALZBURG
                                                                                                                                                                                                                        dem Schlafsaal der Burschen hängt, starren. Dann            lesend und betrachtend, wie groß die Befreiung
© Daniel Dueckminor

                                                                                                                                                               von Christina Repolust
                        FIVA AUF NINA-TOUR                                                         DREI MAL ANTIGONE                                                                                                    folgt der gekonnte Perspektivenwechsel: Nun schaut          ist, jetzt nicht mehr „dem muffigen Geruch der
                                                                                                                                                                                 Ausgehend von einem aktuellen
                        Fiva ist wieder auf Tour. Diesmal                                           „Gemeinsamschwesterliches“ – mit dieser                                      Roman suche ich im Bücherregal         man von oben auf die winzig wirkenden Stockbet-             verschimmelten und vertrockneten Geschichte“
                        mit ihrem neuen Album „Nina“,                                               Wortneuschöpfung eröffnet Friedrich Höl-                                     – meinem häuslichen und dem in         ten, welche Macht hier oben, welche Ohnmacht                ausgesetzt zu sein. Die Befreiung ist vollzogen, die
                        das im Oktober erschienen ist. Mit                                          derlin seine „Antigone“, die er nach der Vor-                                öffentlichen Bibliotheken – nach       unten bei den Dreizehnjährigen. Man weiß, das               Zeichnungen zeigen den Befreiten nun zwischen
                        treibenden Beats und tiefgehenden                                           lage des griechischen Dramatikers Sophokles                                  Büchern, die einen thematischen        Internat lag in der Schrannengasse in Salzburg,             Bücherwänden, gesichtslosen Studierenden: Davon
                        Texten kommt „Nina“ daher. Fiva                                             Anfang des 19. Jahrhunderts ins Deutsche                                     Dialog mit ersterem haben. Ob da-      mit vierunddreißig Gleichaltrigen fristet Thomas            hat er sich befreit, wie es ihm auch gelungen ist, das
                        erzählt von kleinen Geschichten, die                   übersetzte. Zu Lebzeiten blieb das Werk unbeachtet, erst im 20.                                   bei die Romane mich finden oder        Bernhard hier inmitten von Gestank und Elend                Internat in der Schrannengasse zu überleben. Es
                        sie groß porträtiert, und fängt damit                  Jahrhundert entdeckte man die Poesie und Musikalität dieses Textes.                               ich die Romane finde, sei einfach      Nacht für Nacht das Dasein. Geigenunterricht,               ist die Lehre, die Thomas Bernhard befreite, es ist
                        neben der eigenen Gefühlslage auch                     Ausgehend von dieser Übersetzung zeigt das Toihaus Salzburg drei                                                                         Selbstmordgedanken und Fluchtphantasien stellt              der Keller „des Karl Podlaha, eines empfindsamen
                                                                                                                                                                                 einmal dahingestellt.
                        die Blickwinkel und Emotionen ih-                      unterschiedliche Interpretationen dieser wirkmächtigen Tragödie.                                                                         Lukas Kummer prägnant und gleichzeitig distan-              Wieners, der Musiker hatte werden wollen und
                        rer Außenwelt ein. Und immer geht                      Premiere ist am 16. Jänner 2020 um 19.30 Uhr.                                                                                            ziert von der Person dar. Da sind die Winzigkeit und        immer ein kleiner Krämer geblieben ist“. Man liest
                        es der Künstlerin bei ihren Liedern                       www.toihaus.at
                                                                                                                                                               AUS DEM SCHULPALAST IN                                   Ohnmacht des Protagonisten und Ich-Erzählers,               und schaut und entdeckt in der Komprimierung der
                        um Aussage und Wortgewandtheit.                           Kontakt: 0662 / 874439                                                       DEN KELLER                                               seine Gefangenschaft und sein Gefängnis auf einer           Grafic Novel Thomas Bernhard noch einmal für sich.
                        Am 21. Jänner stellt Fiva ihr neues                                                                                                    Zwischen 1975 und 1982 erschien im Residenz-             Seite erfasst. Der Bub spielt Geige vor dem Schuh-
                        Album live im Rockhouse Salzburg                                                                                                       verlag der fünfteilige Zyklus der autobiografischen      regal, die Schuhe haben die Größe seines Kopfes, das        Die Ursache. Eine Andeutung.
                        vor. Beginn ist um 20.00 Uhr.                                                        Jazzfestival Saalfelden                           Schriften Thomas Bernhards, 2009 brachte der Ver-        Schuhregal ist nicht bloßer Hintergrund, sondern            Der Keller. Eine Entziehung.
                                                                                                                                                                                                                                                                                    Thomas Bernhard. Graphic Novel. Illustrationen
                            www.rockhouse.at                                                                 DREI TAGE JAZZ                                    lag die Einzelwerke in einem Sammelband heraus.          Symbol der Abschottung der Internatszöglinge
                                                                                                                                                                                                                                                                                    von Lukas Kummer. 22 Euro
                            Kontakt: 0662 / 884914-0                                                                                                           Zur Erinnerung hier die Chronologie der Texte: Die       von Leben und Welt. In „Der Keller“ dominiert
                                                                                                             Vom 17. bis 19. Jänner 2020 findet zum            Ursache. Der Keller. Der Atem. Die Kälte. Ein Kind.      eingangs das Stadtbild Salzburgs, die barocke Stadt
                                                                                                             bereits fünften Mal das „3 Tage Jazz“-            Schülerinnen und Schüler fanden zumindest „Ein           aus der Vogelperspektive, dann die imposanten
                                                                                                             Festival in Saalfelden-Leogang statt.             Kind“ auf ihren Leselisten, Literaturkreise fanden       Gebäude und Straßenzüge, die den Ich-Erzähler

                      KULTURTIPPS
                                                                                                             Neben den Konzerten im Kunsthaus                  mit diesen Werken ihren Einstieg ins Gesamtwerk          zu einem Richtungswechsel inspirieren. Ja, er will
                                                                                                             Nexus Saalfelden und dem Bergbau- und             des Autors. Aber da ging und geht noch mehr! 2018        nicht mehr mit dem Sohn des Regierungsrates
                                                                                                             Gotikmuseum in Leogang gibt es auch               erschien im Residenz Verlag „Die Ursache“ als            gehen, sondern mit dem Schlossergesellen aus
                                                                                                             ein kostenloses Konzert auf der Stöck-            Grafic Novel, ein Jahr später „Der Keller“. Der 1988     dem Nachbarhaus, er will hin in „die Hohe Schule
                                                              von Verena Siller-Ramsl                        lalm am Asitz.                                    in Innsbruck geborene Zeichner Lukas Kummer              der Verrückten und der für verrückt Erklärten in
                                                         Hotline: 0699 / 17071914                            Neun Konzerte gibt es zu hören, mit ei-           hat beide Texte visualisiert, sie in Szenen übersetzt,   der Scherzhauserfeldsiedlung, in dem absoluten
                                                           www.kunsthunger-sbg.at
                                                                                                             nerseits großen Namen der europäischen            sie dabei „verdichtet“, und das mit klarem Strich        Schreckensviertel der Stadt, an der Quelle fast
                                                                                                             Jazzszene wie auch mit jungen österrei-           und ebensolcher Aussage. Drei „Einstellungen“            aller Salzburger Gerichtsprozesse“. Beeindruckend
                                                                                                             chischen Jazzformationen. Eröffnet wird           lang lässt Kummer die Leserinnen und Leser auf           setzt Lukas Kummer die Schultasche ins Bild: In
                                                                                                             das Festival am Freitag vom dem österrei-         die dürftige Deckenbeleuchtung, diese mickrige           neun gleichbleibenden „Einstellungen“, ohne sie
Traklhaus
                                                                                                             chischen Trompeter Lorenz Raab.
VON ISTANBUL NACH MANTUA                                                                                         www.jazzsaalfelden.com

                                                                                                                                                                                            GEHÖRT & GELESEN
                           Im Jänner werden gleich zwei          15. und 16. sowie deren Kunst-                 Karten: 06582 / 70660
© Matthias Herrmann

                           Ausstellungen im Traklhaus            sammlung in den Mittelpunkt
                                                                                                              © Johannes Radlwimmer

                           gezeigt. Bei „Istanbul, Istanbul“     rückt. Zu sehen sind beide
                           spürt der Künstler Maurizio           Ausstellungen noch bis zum 25.
                           Cirillo mit einer Fotoserie den       Jänner 2020.
                           Veränderungen der rasch wach-            www.traklhaus.at                                                                                                       gelesen von Ulrike Matzer                                                                 gelesen von Ursula Schliesselberger
                           senden Metropole nach. Über              Kontakt: 0662 / 8042 2149
                           700 Fotografien zeigen vor al-                                                                                                                                WISSEN ÜBER DIE WELT                                                                      WIDERSTÄNDIGE ORDENSSCHWESTER
                           lem die Randbezirke der Stadt.                                                                                                                               Längst lassen sich die heutigen Probleme nicht                                    Dieses Buch schildert eindrucksvoll das Leben der
                           Die zweite Ausstellung „Man-                                                                                                                                 mehr durch einzelne Länder entwirren. Zu komplex                                  1883 geborenen Anna Bertha von Königsegg, die als
                           tua Mantua“ zeigt Fotografien                                                                                                                                sind sie, da mit weltweiten Dynamiken verquickt.                                  Visitatorin im Mutterhaus der Barmherzigen Schwes-
                           von Matthias Herrmann, der                                                                                                                                   Über die Erzeugung von Tomatenmark etwa lässt                                     tern in Salzburg tätig war. Sie war eine mutige Person
                           die Herrscher von Mantua im                                                                                                                                  sich der globale Kapitalismus erklären. Dieses am                                 voller Tatendrang, die sich schützend vor die geistig
                                                                                                                                                                                        weitesten verbreitete Industrieprodukt wird von                                   Behinderten in der Anstalt Schernberg stellte, als die-
                                                                    Haus der Natur                                                                                                      wenigen Großkonzernen vertrieben. Handelsströme                                   se von den Nationalsozialisten abgeholt wurden. Ihr
© Egri

                                                                    WUNDER DER UNTERWELT                                                                       wie diese, Aspekte der Klimakrise oder ungelöster Konflikte finden sich               mutiges Handeln hat einige Pfleglinge vor der sicheren Euthanasie gerettet.
                                                                                                                                                               auf je ein, zwei Doppelseiten dargelegt – profund recherchiert, verständlich          Die Ordensfrau wurde zwei Mal von der Gestapo verhaftet und schließlich
                                                                    Am 23. Jänner 2020 findet ein Vortrag              Csaba Egri hat weltweit die schönsten   geschildert, mit Infografiken unterlegt. In großen Linien sind jene Themen            auf das Gut ihres Bruders verbannt. Nach Kriegsende widmete sie sich
                                                                    über die schönsten Höhlen der Welt                 Höhlen besucht und seine Eindrücke      skizziert, die die gesamte Welt bewegen. Flucht und Migration werden aus              gleich wieder dem Wiederaufbau des Kongregationshauses in Salzburg,
                                                                    statt. In unserer Erde verbergen sich              in wunderschönen 3D-Bildern fest-       unterschiedlicher Sicht analysiert, Zahlen und Fakten verschiedener Erdteile          wo sie mit 66 Jahren an Krebs verstarb. Den Autoren ist es gelungen den
                                                                    unzählige geheimnisvolle Höhlen. Ei-               gehalten. Zu sehen ab 18.00 Uhr im      miteinander verglichen – mit teils erstaunlichen Ergebnissen. Die einzelnen           bemerkenswerten Weg dieser Frau mit vielen Originalzitaten aus Briefen,
                                                                    nige sind als Schauhöhlen für die Öf-              Vortragssaal vom Haus der Natur. Der    Artikel verhalten sich dabei wie kommunizierende Gefäße. Dieses Beispiel              Dokumenten und Fotografien zu belegen. Ein wichtiges Buch zum Thema
                                                                    fentlichkeit zugänglich, die schönsten             Eintritt ist frei, Spenden sind will-   für exzellenten Wissenschaftsjournalismus hilft entschieden, den Blick und            Kirche und Euthanasie.
                                                                    Höhlen aber sind oft nur schwer oder               kommen.                                 das Denken zu weiten.                                                                 Grüße aus dem Grand-Hotel Polizei. Eine Ordensschwester leistet Wider-
                                                                    unter großen Gefahren zu erreichen.                   www.hausdernatur.at                  Atlas der Globalisierung. Welt in Bewegung. Le Monde diplomatique 2019. 18 Euro       stand. Kurt und Elisabeth Leininger. Edition Tandem 2019. 18,50 Euro
                                                                                                                          Kontakt: 0662 / 842653–0
                                             APROPOS · Nr. 197 · Jänner 2020                                                                                                                                                                     APROPOS · Nr. 197 · Jänner 2020
26       [AKTUELL]                                                                                                                                                                                                [AKTUELL]
                                                                                                                                                                                                                                                                                           27
                                                                                                                                                                                                         Apropos-Rezept
                                                                                                                                                                             NAME Karin Nocker

                                                                                                                            LESERIN DES MONATS

                                                                                                                                                              Foto: Privat
                                                                                         Foto: Salzburger Armutskonferenz

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Sympbolfofo: iStock
                                                                                                                                                                                                         TOPFEN-
Gehört.Geschrieben!                                                                                                                                                          IST auf einem guten Weg

ALLES
                                                                                                                                                                             FREUT SICH über Mitgefühl
                                                                                                                                                                             für alle Lebewesen

                                                                                                                                                                                                         HALUSCHKA
                                                                                                                                                                             ÄRGERT SICH über mangeln-
                                                                                                                                                                             de Zivilcourage

GUTE                                                                                                                                                                                                     Seine eigene Leibspeise zu kochen ist etwas

DER
                                                                                                                                                                                                         Schönes – wenn es schon beim Zubereiten nach
                                                                                                                              Es freut mich sehr, dass eine Zeitung, die gegründet wurde, um             dem Lieblingsessen duftet und man es schließ-
                                                                                                                              Menschen in sozialen Schwierigkeiten zu helfen, wieder in ein

FAMILIE!
                                                                                                                                                                                                         lich dampfend auf Tellern serviert, offenbart sich
                                                                                                                              geregeltes Leben zurückzufinden, so erfolgreich ist. Nur wer seine
                                                                                                                                                                                                         die reine Lebenslust. Großen Spaß am Kochen
                                                                                                                              Grundbedürfnisse erfüllt weiß, kann sich auch anderen Bereichen
                                                                                                                              öffnen, und dabei sich selbst näherkommen. Dass die Schreib-
                                                                                                                                                                                                         haben auch viele unserer Verkäuferinnen und
Kommentar von Robert Buggler                                                                                                  werkstatt, aber auch der Besuch von Kulturveranstaltungen mit              Verkäufer. In dieser Serie verraten sie nicht nur

J
                                                                                                                              den VerkäuferInnen sich im Apropos wiederfinden, zeigt, dass               ihr liebstes Gericht, sondern auch das Rezept
       a, ja, ich weiß schon, alles Gute   alle unsere Rollen spielen, rein in den                                            konsequente und verlässliche Hilfe zur Selbsthilfe nachhaltig              dafür. Dabei erhalten wir die freundliche Unter-
       la Familia. Die kennst du zwar      Alltag, wo man so sein kann, wie man                                               wirksam ist. Apropos lese ich gerne, weil ich daran glaube, dass           stützung vom Schmankerl-Team.
       nicht, aber ich richte es aus.      ist. Nicht Angebettelter, sondern Mit-                                             sich im Mitteilen über den Ausdruck der Sprache eine Verbindung
Oder auch nicht. Und nein, ich gebe        arbeiter einer Notschlafstelle. Nicht                                              herstellen lässt. Etwas, dass mich den Anderen, seine Welt und             zusammengestellt von Christine Gnahn
jetzt nichts.“ Wer hat sie nicht schon     Bettlerin, sondern Elena. Nach der                                                 seine Realität besser begreifen lehrt. Ich mag es auch sehr, über
erlebt, diese gewisse Gereiztheit,         Abenddusche mit dem Smartphone                                                     den direkten Kontakt etwas über die Sorgen und Nöte „meiner“
                                                                                                                                                                                                         Diesmal verrät Ihnen Evelyne Aigner das
dieses Nicht-schon-Wieder, dieses          am Bett Nachrichten checken, mit                                                   Verkäuferin oder „meines“ Verkäufers zu erfahren. Ihre Ehrlichkeit
„Nicht-Jetzt“, dieses vorsichtshalber      dem Mann telefonieren, der woanders                                                hat mich schon oft entwaffnet. „Es geht mir nicht gut“, kommt              Rezept für Topfen-Haluschka.
in Gedanken schon mal dahinge-             schläft. Freundlich, fordernd, sich                                                spontan über ihre Lippen und lädt zu einem Gespräch ein.
28       [RÄTSEL]                                                                                                                                                                                                                                                     [VERMISCHT]
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             29

UM DIE ECKE GEDACHT
                                                                                                                                                                                                                                 Redaktion intern

                                                                                                                                                                                                                                                                                                            Foto: Bernhard Müller
                                                                                                                                                                                                                                 WINTERPAUSE
                                                                                                                                                                                                     NAME Klaudia Gründl de                                                                                                                                                               ‫نحن هنا‬

                                                                                                                                                                                        STECKBRIEF
                                                                                                                                                       Foto: Privat
                                                                                                                                                                                                     Keijzer                     2019 ist vergangen und 2020 noch
                                                                                                                                                                                                     ARBEITET seit bald 25       nagelneu. Wie immer um diese Zeit                                                                          107,5 & 97,3 mhz
                                                                                                                                                                                                     Jahren mit denselben Re-    geht es ruhiger zu in den Räumlich-                                                                        im kabel 98,6 mhz
                                                                                                                                                                                                     gisseuren und genießt das   keiten von Apropos. Zwar läuft die                                                                         //radiofabrik.at//
                                                                                                                                                                                                     FREUT SICH auf eine
                                                                                                                                                                                                     erholsame Zeit nach der     redaktionelle Arbeit stetig weiter, verena.siller-ramsl@apropos.or.at
                                                                                                                                                                                                     besinnlichen Zeit           – der Februar ist schon wieder beim Tel.: 0662 / 870795-23
                                                                                                                                                                                                     ÄRGERT SICH über            Fertigwerden – doch die Verkäu-
                                                                                                                                                                                                     Dampfplauderer              ferströme bleiben in diesem Monat
                                                                                                                                                                                                                                 weitgehend aus. Der Jänner ist die Zeit, wo viele rumänische
                                                                                                                                                                                                                                 Verkäufer*innen zu Hause sind. Einerseits um Weihnachten
                                                                                                                                                                                                                                 zu feiern mit ihren Lieben, andererseits um der kältesten Zeit
                                                                                                                                                                                                                                 in Salzburg aus dem Weg zu gehen. Für diese paar Wochen
                                                                                                                                                                      Dezember-Rätsel-Lösung                                     zu Hause haben die meisten jetzt viele Wochen durchgehend
                                                                                                                                                                                                                                 verkauft. Gerade können sie ein bisschen verschnaufen, kochen,
                                                                                                                                                                      Waagrecht
                                                                                                                                                                      1 Nobelherbergen (aus: HELENE BORG BERN) 12 Emu
                                                                                                                                                                                                                                 feiern, Häuser und Autos reparieren, ausschlafen und neue Kräfte
                                                                                                                                                                      13 Eremit 14 Bewunderung 16 Tal 17 Ele (Quer-ELE-n)        sammeln. Also, wenn Sie Ihre Stammverkäufer gerade nicht
                                                                                                                                                                      19 Nonne 21 Stellung 23 Deneb (Stern im Sternbild          antreffen, keine Sorge, sie kommen wieder.
30      [DAS ERSTE MAL]                                                                                                                                                                                                          [VERMISCHT]
                                                                                                                                                                                                                                                                                                       31
                                                                                                             NAME Veronika Huber                                   Chefredaktion intern                                                                                                                  DIE NÄCHSTE AUSGABE

                                                                                                                                                                                                                                                Foto: Verena Siller-Ramsl
                                                                                                STECKBRIEF
                                                                                 Foto: Privat
                                                                                                             IST 24 Jahre alt
                                                                                                             ARBEITET als Psychologin
                                                                                                                                                                                                                                                                                                     ERSCHEINT AM 03. FEBRUAR 2020
                                                                                                                                                                   IMAGE-KAMPAGNE

                                                                                                                                                                                                                                                                                                              STILL
                                                                                                             FINDET Menschen spannend
                                                                                                             FREUT SICH gerne mit und über
                                                                                                             viele Kleinigkeiten                                   FÜR APROPOS
                                                                                                             ÄRGERT SICH bei Ungerechtigkeit                       Wir sind jetzt 22 Jahre alt. In den
                                                                                                             und Intoleranz
                                                                                                                                                                   vergangenen zwei Jahrzehnten haben
KOLUMNE

                                                                                                                                                                   wir uns als Straßenzeitung entwickelt,
                                                                                                                                                                   uns einen Namen gemacht, zahlrei- michaela.gruendler@apropos.or.at
                                                                                                                                                                   che Auszeichnungen gewonnen und Tel.: 0662 / 870795-22

          MEIN
                                                                                                                                                                   vielen hunderten Menschen in Not
                                               von Veronika Huber                                                                                                  geholfen, sich selbst zu helfen. Wir
                                                                                                                                                                   sind also als Sozial- und Medieneinrichtung mittlerweile ein fixer Anker

                                               T
                                                                                                                                                                   inmitten der Salzburger Gesellschaft. Dennoch kennen uns zahlreiche

          ERSTES
                                                         rotz langen Grübelns und Entwerfens                 können. Klar hat man nicht die Zeit und Muße,         Menschen (noch immer) nicht. Sei es, weil sie die Verkäufer*innen auf
                                                         von Fragmenten wollte mir keine Idee                jede Kleinigkeit ganz bewusst zu erleben, aber        den Straßen nicht wahrnehmen, sei es, weil sie eine Scheu haben, auf
                                                         für diesen Text so wirklich gefallen und            ich hätte rückblickend schon gern ein paar mehr       einen Verkäufer zuzugehen, sei es, weil sie glauben, dass eine Straßen-

          MAL
                                               je länger ich mich mit dem Thema an sich ausein-              Erinnerungen.                                         zeitung inhaltlich auf das Leid der Welt gerichtet ist und möglicherweise
                                               andersetzte, desto mehr fiel mir auf, dass ich mich                                                                 runterzieht. Gemeinsam mit unserer Grafikdesignerin Annette Rollny,
                                               an viele erste Male gar nicht erinnern kann. Seien            Deswegen habe ich diese Woche versucht, gezielt       den Studierenden der Werbedesign-Akademie am WIFI Salzburg sowie
                                               es welche, die ich mir hätte merken wollen wie                erste Male zu genießen und das hoffentlich nicht      der Werbeagentur „die fliegenden fische“ haben wir das ausklingende
           In der Kolumne „Mein erstes Mal“    mein erster Rettungsdienst, meine erste Nacht in              zum letzten Mal. Durch dieses bewusste Erleben        Jahr genutzt, zu tüfteln, wie wir im Frühling 2020 mit inspirierenden
           laden wir verschiedene Autorinnen   der ersten eigenen Wohnung oder mein allererster              von objektiv vielleicht wenig wichtigen Momen-        Plakaten und Aktionen auf uns aufmerksam machen können. Wir freuen
           und Autoren dazu ein, über ein      Schultag oder auch welche, die etwas alltäglicher             ten, hoffe ich mich noch lange daran erinnern zu      uns schon sehr darauf, mit vielen tollen Ideen auf den sozialen Mehrwert
           besonderes erstes Mal in ihrem      sind, wie das erste Mal alleine einkaufen gehen,              können, wie ich zum ersten Mal vor sechs Uhr          und den Lesegenuss von Apropos hinzuweisen – und somit auch jene, die
           Leben zu erzählen.                  das erste Ausgehen oder ein erster Arbeitstag                 am Bahnhof war, zum ersten Mal Bruschetta ge-         die Salzburger Straßenzeitung noch nicht kennen, zu motivieren, uns zu
                                               im Ferialjob. Da wären so viele erste Male, die               macht habe oder zum ersten Mal mit dem ersten         kaufen und zu lesen. Einen großen Dank an dieser Stelle allen kreativen
                                               im Moment sicher aufregend, unglaublich und                   eigenen Auto gefahren bin. Es war zwar durchaus       Köpfen, die daran mitgewirkt haben und weiter mitwirken.
MEINE
              KLIMAZIELE AG
                                    %
                               100 erer
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                              sau om!
                                Str

            Konsequent zum guten Klima: Mit Energie, die auf erneuerbare Quellen wie
           Wasserkraft und Sonne setzt. Egal, ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder in der
          Freizeit, in Stadt oder Land: Unser Strom stammt zu 100 % aus erneuerbaren
         Energiequellen und lässt die Zukunft leuchten. salzburg-ag.at

WIR SINGEN
VIELE LÄNDER,
VIELE STIMMEN,
EIN CHOR!
SINGEN SIE MIT!
Mit Ihrem Zeitungskauf erheben
Sie Ihre Stimme für ein sozia-
les menschliches Miteinander.
Jetzt laden unsere Sänger und
Sängerinnen Sie ein, in den Chor
einzustimmen!

Wann: Ab 9. Jänner jeden Don-
nerstag von 15.30 Uhr bis 17 Uhr
Wo: Haus Elisabeth, Plainstraße
42a, 5020 Salzburg

Chorleiterin Mirjam und das

                                                   Preis
Apropos-Team freuen sich auf Sie!
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