Arbeitswege auf Klimakurs bringen - 2020 30 Jahre VCÖ-Schriftenreihe Mobilität mit Zukunft
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mobilität mit zukunft Arbeitswege auf Klimakurs 2020-01 bringen 2020 30 Jah VCÖ-Sc re hriftenr Mobilit eihe ät mit Z ukunft
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Mobilität mit Zukunft 1/2020 Arbeitswege auf Klimakurs bringen 3 Dank Impressum Publikationen des VCÖ dienen der fachlich VCÖ Als Autor zu zitieren: Offenlegung gemäß 1050 Wien VCÖ, Wien, Österreich § 25 Mediengesetz: fundierten Aufbereitung beziehungsweise Dis- Bräuhausgasse 7–9 Medieninhaber, Heraus- Grundlegende Richtung kussion von Themen aus dem Bereich T +43-(0)1-893 26 97 geber und Verleger: gemäß § 25 Abs. 4 des Mobilität, Transport und Verkehr. Die Art der E vcoe@vcoe.at VCÖ, 1050 Wien Mediengesetzes: Behandlung der Inhalte und die erarbeiteten www.vcoe.at ZVR-Zahl 674059554 „Mobilität mit Zukunft“ ist ein Medium zur Verbrei- Ergebnisse müssen nicht mit der Meinung der VCÖ (Hrsg.): Titelbild: tung der Ziele des unterstützenden Institutionen und Personen „Arbeitswege auf Klimakurs Manuela Tippl gemeinnützig tätigen VCÖ übereinstimmen. bringen“ (Fotos: Haberkorn, ÖBB, und dient insbesondere der VCÖ-Schriftenreihe P. Provaznik, shutterstock, Förderung ökologisch ver- „Mobilität mit Zukunft“ Stadtwerke Aschaffenburg) träglicher, sozial gerechter Gedankt sei allen, die die Herausgabe dieser 1/2020 Lektorat: Karl Regner und ökonomisch effizienter Publikation finanziell unterstützt haben. Wien 2020 Übersetzung: Sylvi Rennert Mobilität durch Beiträge ISBN 978-3-903265-00-4 Layout: VCÖ 2020 aus den Bereichen Ver- Druck: kehrspolitik, Verkehrswis- gugler GmbH, senschaft, Auf der Schön 2 Verkehrspsychologie und 3390 Melk Verkehrssicherheit. Geschäftsführung: Willi Nowak Erstellt durch Beiträge von: l Inhaltliche Mitarbeit l Inhaltliche Inputs l VCÖ-Redaktionsteam Völkl Petra Vehzely Peter Wolf-Eberl Susanne Schwendinger Markvica Schübl Michael Karin Judith Kletzan-Slamanig Daniela Rasmussen Gratzer Wegener Ulla Christian Pfaffenbichler Sandra Paul Nowak Willi Littig Tomschy Beate Rupert Fitz Loidl Höller Karner Judith Martin Christian Anna Huemer Forster Perndorfer Georg Högelsberger Tanja Heinz Felix Reiter Zientek Karl Julia Hauptmann Szeiler Susanna Danzer Zöhrer Michael Edith Lisa Schöggl Astrid Inserate: Schuster Kofler EZA Markus Valentina Reis Martin FH St. Pölten Klimavolksbegehren Wien Energie E-Control VIDA
Am 13. November 2019 wurde das E-Control Ladestellenverzeichnis offiziell von den damaligen Mini- stern Andreas Reichardt (Verkehr) und Maria Patek (Nachhaltigkeit) gemeinsam mit E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch vorgestellt. Aufgrund der Meldepflicht für Betreiber können E-Mobilisten künftig unter www.ladestellen.at anbieterneutral sämtliche Ladestellen in Österreich finden. Die CO2-Redukution im Verkehrsbereich gehört zu den Schlüsselsektoren für die Erreichung der Klimaziele. Dazu ist es wichtig, die Akzeptanz für Elektromobilität weiter zu erhöhen. Genügend Reichweite, Ladezeit und ausreichende Lademöglichkeiten sind dabei wichtige Themen. Um die gängigsten Bedenken zu entkräften, muss transparent sein, wo und wie viele öffentlich zugängliche Ladepunkte instal- liert sind. Um E-Mobilisten bestmöglich zu informieren, führt die E-Control ab sofort ein Onlineverzeichnis der öffentlich zugänglichen Ladestellen in Österreich. Unter www.ladestellen.at lassen sich für einen Standort die zehn nächst gelegenen Ladestellen abrufen. Diese werden so- wohl auf einer Karte, als auch in einer Liste angezeigt, auf der man durch Scrollen nach weiteren Ladestellen in sei- ner Umgebung suchen kann. Besonders praktisch: häufiger genutzte Abfragen lassen sich als Favoriten abspeichern und in der Folge mit nur noch einem Klick neu aufrufen. Zu finden sind auf jeden Fall die Ortsangaben der Ladestelle, die einzelnen Ladepunkte mit den verfügbaren Stecker- typen und der Ladeleistung. Zudem können von den Betreibern Infos zu den Öffnungszeiten, Verfügbarkeit von Roaming und Kontaktdaten etc. angegeben werden. Meldepflicht für alle Betreiber Betreiber von öffentlich zugänglichen Ladestellen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Ladestellen selbstständig in das Verzeichnis zu melden. Im Gegensatz zu bereits bestehenden Ladestellen-Websites wird das Ladestellenverzeichnis damit tatsächlich alle öffentlichen Ladestellen umfassen und kann somit auch den privaten Anbietern als Referenz dienen. Das Ladestellenverzeichnis ist derzeit als Betaversion online, bis möglichst alle Ladestellenbetreiber über ihre Mel- depflicht in Kenntnis gesetzt sind und ihre Stationen gemeldet haben. Zudem arbeitet die E-Control weiter an der Steigerung der Datenqualität sowie an neuen Features für noch mehr Nutzerkomfort. Rückmeldungen sowohl von Betreibern als auch von Anwendern sind daher willkommen. Hierzu steht auf www.ladestellen.at unter „Sprechen Sie mit uns“ ein Onlineformular bereit, sowie die E-Mail-Adresse support@ladestellen.at.
Mobilität mit Zukunft 1/2020 Arbeitswege auf Klimakurs bringen 5 Vorwort Arbeitswege sind der häufigste Wegzweck und werden in Öster- reich großteils mit dem Pkw zurückgelegt. Sie sind daher ein be- deutender Hebel, um den Verkehr auf Klimakurs zu bringen. Arbeitswege sind Routinewege, die sich meist mehrmals pro Woche wiederholen. Der Nachteil an Routinen ist, dass wir nicht viel über sie nachdenken und entsprechend schwer ist es, sie zu verändern. Es braucht daher starke Anreize und Interventionen, um die Gewohnheiten auf Arbeitswegen zu verändern. Verände- rungsbereitschaft und Anreize braucht es vonseiten der Unter- nehmen, die diese Arbeitswege » Unternehmen tragen eine soziale verursachen, bei den Beschäftig- ten, deren Lebensstile und Ein- Verantwortung für den Arbeitsweg stellungen die Verkehrsmittel- der Beschäftigten « wahl beeinflussen und vonseiten der Öffentlichen Hand, die durch Regeln klimaverträgliches Verhalten belohnen und klima- schädliches Verhalten bestrafen kann. Unternehmen tragen soziale Verantwortung für den durch Ar- beitswege verursachten Verkehr. Wer Firmenwagen zur Verfügung stellt, muss mindestens so sehr aktive Mobilität und Erreichbarkeit mit dem Öffentlichen Verkehr ermöglichen. Betriebliches Mobili- tätsmanagement in Richtung Klimaverträglichkeit brauchen alle Betriebe, für Betriebe ab 50 Beschäftigten ist es gesetzlich vorzu- schreiben. Zahlreiche Beispiele zeigen den Nutzen betrieblichen Mobilitätsmanagements, denn es sinken die Kosten für den Be- trieb, die CO2-Emissionen werden reduziert und Arbeitszufrieden- heit sowie Gesundheit der Beschäftigten nehmen zu. Der größte Hebel für mehr Klimaverträglichkeit am Arbeits- weg liegt bei der Öffentlichen Hand. Das Pendelpauschale soll nicht länger den Besserverdienenden mehr bringen als den wenig Verdienenden und es muss den Öffentlichen Verkehr wegen sei- ner Klimavorteile besserstellen als das Auto. Steuerliche Erleich- terungen für Firmenwagen darf es nur noch für emissionsfreie Fahrzeuge geben. Ganz besonders deshalb, weil zwei Drittel der Pkw-Neuzulassungen Firmenwagen sind und diese dann nach kurzer Zeit als emissionsarme Gebrauchtwagen in privater Nut- zung stehen würden. Entscheidend wird auch sein, welche Inf- rastrukturen politisch Vorrang erhalten. Denn die Infrastruktu- ren von heute definieren die Mobilität von morgen. Wird eine Milliarde Euro in die Bahn investiert statt in die Straße, ist das für die Bauwirt- schaft egal, aber Mensch, Umwelt und Gesellschaft gewinnen. Willi Nowak VCÖ-Geschäftsführung
M OB ILISIEREN WIR E - GAN Z WIE N. Wir unterstützen den Ausbau der E-Mobilität in Wien, nicht zuletzt durch die Errichtung von 1.000 neuen öffentlichen E-Ladestellen bis Ende 2020 im gesamten Stadtgebiet – ein wichtiger Beitrag für die hohe Lebensqualität in der Stadt, damit auch die nächsten Generationen in einem gesunden und umweltfreundlichen Wien leben können. Weitere Informationen finden Sie auf tanke-wienenergie.at www.wienenergie.at Wien Energie, ein Partner der EnergieAllianz Austria.
Mobilität mit Zukunft 1/2020 Arbeitswege auf Klimakurs bringen 7 Inhaltsverzeichnis Mobilität zur Arbeit hat derzeit eine schlechte Klimabilanz 9 Mobilitätsroutinen zu ändern gelingt mit starken Anreizen 14 Mobilitätsmanagement in Unternehmen zum Standard machen 18 Arbeitswege als Zeitressource und Gesundheitsfaktor nutzen 24 Regulative Maßnahmen für klimaverträgliche Arbeitswege 28 Mobilität im Kontext einer flexibilisierten Arbeitswelt 33 Literatur, Quellen, Anmerkungen 36 VCÖ-Schriftenreihe Mobilität mit Zukunft 40
Foto: Phil Dixon Mit Ihrer Unterstützung kann der VCÖ vordenken für eine Mobilität mit Zukunft! Spenden-Konto: Erste Bank, IBAN: AT11 2011 1822 5341 2200, BIC: GIBAATWWXXX Wie Sie den VCÖ unterstützen können Spenden für die VCÖ-Tätigkeit sind steuerlich absetzbar absetzba www.vcoe.at absetzbar.r.. Online spenden auf www www.vcoe.at .vcoe.at Mit Ihren Spenden machen Sie den VCÖ-Einsatz fürr nachhaltige Mobilitätt möglich. T agen Sie einmalig oder dauerhaft das VCÖ-Engagement mit. Tr „Unsere Ideen Mit Ihrer Partenschaft ab 150 Euro von heute sind fördern Sie regelmäßig Ihnen wichtige Mobilitätsthemen. Jährlich per Dauer- oder Einziehungsauftrag. die Basis der Mobilität Mit Ihrer Patronanz ab 500 Euro finanzieren Sie wichtige VCÖ-Vorhaben fürr nachhaltige Mobilität. von morgen!“ Einmalig je Projekt einen großzügigen Beitrag leisten. Mit Ihrer Zukunftspartnerschaft ab 1.500 Euro setzen Sie einen Baustein für eine Mobilität tät mit Zukunft. Den wichtigen VCÖ-Einsatz großzügig unterstützen. Ihre Spende wirkt wirk ! Spenden-Konto: 05328 Erste Bank IBAN: AT11 2011 1822 5341 2200 Spenden für die VCÖ-Tätigkeit sind steuerlich absetzbar. Online spenden auf www.vcoe.at BIC: GIBAATWWXXX
Mobilität mit Zukunft 1/2020 9 Foto: Shutterstock Mobilität zur Arbeit hat derzeit eine schlechte Klimabilanz Arbeitswege verursachen einen großen Teil des Verkehrs in Österreich. Da Arbeitswege meist auf Routinen basieren und großteils mit dem Pkw zurückgelegt werden, sind sie ein wichtiger Hebel, um die Klimabilanz der Personenmobilität zu verbessern. Klimaverträgliche Arbeitswege erzeugen Mehrwert für Beschäftigte, Unternehmen und umliegende Gemeinden. Rund 98 Millionen Personenkilometer werden in fahrenen Pkw-Kilometer entfallen auf den Ar- Arbeits- und Dienstwege Österreich jeden Werktag zurückgelegt, um in die beitsweg. Die direkten Treibhausgas-Emissionen machen an Werktagen in Österreich rund ein Arbeit und wieder nach Hause zu kommen. 70 dieser Fahrten summieren sich auf über 2,8 Mil- Drittel der zurückge- Millionen Personenkilometer davon mit dem lionen Tonnen CO2-Äquivalente.96,b Dienstliche legten Wege aus. Der Pkw-Anteil ist dabei Pkw fahrend oder mitfahrend.96 39 Prozent der und geschäftliche Pkw-Fahrten machen zwar nur deutlich höher, als im von Österreichs Bevölkerung an Werktagen ge- sechs Prozent aller Wegzwecke aus, sind aber Durchschnitt aller Wege. Arbeitsweg ist häufigster Pkw dominiert Arbeitswege in Österreich Wegzweck an Werktagen 60 % Pkw lenkend Besuch 47 % 8% Arbeitsweg 26 % 20 % Öffentlicher Verkehr Freizeit 17 % 15 % 8% Gehen 17 % Arbeitswege Dienstlich/ geschäftlich 7% Fahrrad alle Wege Quelle: bmvit 201625 Grafik: VCÖ 2020 Erledigung 6% 7% 13 % Schule/Ausbildung 9% 5% Pkw mitfahrend Einkauf Bring- und 12 % 16 % Holweg 7% 0 10 20 30 40 50 60 Verkehrsmittelwahl in Österreich
10 Mobilität mit Zukunft 1/2020 Auch Arbeitswege der Gemeinde-Auspendelnden sind großteils kürzer als 20 Kilometer 27 % 18 % 20 % 17 % 20 % arbeiten im selben 10 % 6% Bezirk 0 10 20 30 40 50 und mehr 21 % 47 % 53 % arbeiten im Arbeitsweg der Gemeinde-Auspendelnden in Kilometer arbeiten in der arbeiten außerhalb selben Quelle: Statistik Austria 2019119 Grafik: VCÖ 2020 Wohngemeinde der Wohngemeinde Bundesland 14 % arbeiten in einem anderen Bundesland/im Ausland Wohnort Arbeitsplatz Mehr als die Hälfte der aufgrund des hohen Autoanteils und der länge- Beschäftigten gibt es in kleineren Gemeinden in Beschäftigten in Öster- reich arbeitet außerhalb ren Fahrdistanzen für 14 Prozent des werktägli- der Region oft nicht ausreichend adäquate Ar- ihrer Wohngemeinde. chen Pkw-Verkehrsaufwands verantwortlich. Ar- beitsplätze. Aber fast die Hälfte beitswege und Dienstfahrten verursachen an dieser Arbeitswege sind kürzer als 20 Kilometer, Werktagen somit mehr als die Hälfte des Beschleunigung und Wohnraumkosten lediglich 20 Prozent sind Pkw-Verkehrs von Österreichs Bevölkerung.96 als Gründe für weite Arbeitswege länger als 50 Kilometer. Im Vergleich zu Ballungszentren relativ kosten- Fehlende Arbeitsplätze in Regionen günstiger Wohnraum und billige Baugründe in verursachen Verkehrsaufwand der Region haben die Anzahl der Erwerbstätigen, Im Jahr 2017 arbeiteten von den 4,2 Millionen die nicht in der Wohngemeinde arbeiten, eben- Erwerbstätigen in Österreich 53 Prozent außer- falls steigen lassen. Das in manchen Bevölke- halb ihrer Wohngemeinde und gelten somit als rungsgruppen steigende Wohlstandsniveau beför- Pendelnde.119 Die Zahl der Beschäftigten, deren dert den Umzug in den sogenannten Speckgürtel Arbeitsplatz außerhalb der Wohngemeinde liegt, rund um Großstädte zusätzlich. Umgekehrt sie- steigt, wie sich etwa am Beispiel von Niederöster- deln sich Unternehmen aus Kostengründen, aus reich zeigt. Vom Jahr 1989 bis zum Jahr 2019 hat Gründen höherer Flächenverfügbarkeit für Neu- dort die Anzahl der Beschäftigten um 61 Prozent bauten und Erweiterungen sowie aufgrund von zugenommen.a Die Zahl jener, die in einem ande- kommunalen Förderungen öfter im Umland von ren Bezirk als dem Wohnbezirk arbeiten, stieg im Großstädten an – ein Grund für häufigeres Aus- gleichen Zeitraum um 113 Prozent, die Zahl je- pendeln aus dem Zentrum ins Umland. ner, die innerhalb des Bezirks in einer anderen Auch das wissenschaftlich erforschte Phäno- Gemeinde arbeiten, nahm um 117 Prozent zu.6 men des „konstanten Reisezeitbudgets“ trägt zur Die Ursachen dafür sind vielfältig. Aufgrund Erklärung des zunehmenden Verkehrsaufwands von Veränderungen in der Wirtschaftsstruktur, bei.78 Demnach ist die täglich für Mobilität auf- etwa dem Rückgang an Arbeitsplätzen in der gewendete Zeit in etwa konstant geblieben. In Land- und Forstwirtschaft sowie dem Rückzug Österreich betrug im Jahr 1995 die täglich für öffentlicher Einrichtungen, etwa durch Schlie- Mobilität aufgewendete Zeit 85 Minuten für eine ßung lokaler Schulen, Postfilialen oder Polizeista- durchschnittlich pro Tag zurückgelegte Strecke tionen, reduziert sich die Anzahl der verfügbaren von 35 Kilometern. Im Jahr 2014 waren es 85 Arbeitsplätze in den Regionen. Auch aufgrund Minuten für 43 Kilometer.25 Die Beschleunigung des allgemein steigenden Ausbildungsniveaus der des Verkehrssystems wurde bei konstanter Stre-
Mobilität mit Zukunft 1/2020 Arbeitswege auf Klimakurs bringen 11 cke also nicht für eine Reduktion des Zeitauf- Beispiele der Mobilitätswende wands, sondern für zusätzliche Kilometer bei konstantem Zeitaufwand verwendet. Eine Be- schleunigung des Verkehrssystems kann also Foto: Energieinstut Vorarlberg auch dazu führen, dass weitere Distanzen in Kauf genommen werden.66 Arbeitswege sind häufigster Wegzweck, sind weit und großteils Pkw-Fahrten Wege zum und vom Arbeitsplatz sind an Werkta- gen in Österreich mit 26 Prozent der mit Ab- Autofahrten reduzieren stand häufigste Wegzweck, weitere fünf Prozent Das Netzwerk „Wirtschaft mobil“ wurde im Jahr 2013 gegründet und umfasst entfallen auf dienstliche oder geschäftliche Wege. derzeit 13 Unternehmen aus Vorarlberg und Liechtenstein, die sich gegensei- In der Gruppe der Erwerbstätigen liegt der An- tig bei ihren Herausforderungen im betrieblichen Mobilitätsmanagement un- teil des Wegzwecks Arbeit werktags sogar bei 44 terstützen. Täglich fahren alleine in den 13 Mitgliedsbetrieben des Netzwerks Prozent.25 Bei Männern entfallen 32 Prozent der rund 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Wohnort zum Arbeitsplatz. werktäglichen Wege auf den Arbeitsweg, bei Etwas mehr als die Hälfte davon fährt mit dem Auto und das zumeist alleine. Frauen sind es mit 21 Prozent deutlich weniger. Bis zum Jahr 2025 sollen 13 Prozent der Beschäftigten zum Umstieg auf um- Während im Durchschnitt aller Wege an Werkta- weltverträgliche Verkehrsmittel motiviert werden. Das Netzwerk wird durch gen 18 Prozent zu Fuß zurückgelegt werden, das Energieinstitut Vorarlberg begleitet, vom Land Vorarlberg und dem Bund sind es bei Arbeitswegen nur acht Prozent. Mit finanziell unterstützt. dem Fahrrad werden sowohl insgesamt, als auch bei Arbeitswegen lediglich sieben Prozent erle- digt. Umgekehrt wird am Arbeitsweg mit 20 Pro- Durchschnitt mit 32 Kilometern sehr weit – wo- Arbeits- und Dienstwege zent im Vergleich zu allgemein 17 Prozent etwas bei sich dabei aufgrund der verhältnismäßig nied- werden in Österreich großteils mit dem Pkw häufiger der Öffentliche Verkehr genutzt. Mit rigen Anzahl an Wegen weite Geschäftsreisen, et- erledigt und sind relativ Abstand am höchsten ist allerdings sowohl der wa ins Ausland, stärker niederschlagen. Der An- weit. An Werktagen ver- Unterschied, als auch generell die Nutzung des teil der Dienstwege mit mehr als 50 Kilometer ursachen sie mehr als die Hälfte des Pkw-Ver- Pkw mit 60 Prozent bei Arbeitswegen im Ver- Länge liegt mit 15 Prozent mehr als dreimal hö- kehrs von Österreichs gleich zu 47 Prozent allgemein. Interessant ist, her als bei allen Wegen.25,139 Bevölkerung. dass mit lediglich fünf Prozent der Verkehrsmit- telwahl am Arbeitsweg deutlich seltener im Pkw mitgefahren wird, als mit zwölf Prozent allge- Arbeits- und Dienstwege verursachen mehr mein.25 Dementsprechend ist der Besetzungsgrad als die Hälfte des werktäglichen Pkw-Verkehrs auf Wegen von und zur Arbeit 15 Prozent nied- Besuch riger als der durchschnittliche Besetzungsgrad.95 9% Auf Dienstwegen liegt der Anteil der Pkw mit 78 Freizeit Prozent nochmals deutlich höher.25 11% Arbeitsweg Arbeitswege sind mit 17 Kilometer je Richtung 39 % im Durchschnitt deutlich länger, als Wege an Werktagen allgemein mit 13 Kilometer.25,139 23 Prozent der Arbeitswege sind länger als 20 Kilo- Erledigung meter, bei allen Wegen sind lediglich 15 Prozent 10 % weiter als 20 Kilometer. Auf der anderen Seite Quelle: bmvit 201625 Grafik: VCÖ 2020 Einkauf sind auch viele Arbeitswege kurz. 57 Prozent der Erwerbstätigen in Österreich haben einen Ar- 8% Bring- und Holweg beitsweg von weniger als zehn Kilometer, 37 Dienstlich/geschäftlich Prozent der Arbeitswege ist kürzer als fünf Kilo- 7% Schule/Ausbildung 14 % meter.25 Neben Arbeitswegen sind vor allem 2% Anteil Pkw-Verkehrsaufwand in Kilometer auch dienstliche und geschäftliche Wege im
12 Mobilität mit Zukunft 1/2020 Betriebsgelände, weiters fehlende oder mangel- Sehr großes Bahnpendel-Potenzial hafte Infrastruktur für den Radverkehr, mangeln- in der Ostregion Stockerau de Verfügbarkeit des Öffentlichen Verkehrs, feh- 5.900 12.400 lende Information und Bewusstseinsbildung in Bezug auf Mobilität am Arbeitsweg sowie unge- Mistelbach Klosterneuburg nügende finanzielle Anreize, etwa in Form von 3.300 6.300 6.200 12.400 Gänserndorf Öffi-Jobtickets. An zahlreichen dieser Punkte 5.800 6.900 setzt betriebliches Mobilitätsmanagement an und bietet die Chance, für die jeweilige betriebliche Marchegg Situation passende Lösungen zu entwickeln. 900 2.400 St. Pölten 7.600 14.100 Betriebliches Mobilitätsmanagement Quelle: Brezina u.a. 201514 Grafik: VCÖ 2020 bringt Vorteile für alle Seiten Erfolgreiches betriebliches Mobilitätsmanage- Bruck/Leitha 8.100 25.600 ment schafft einen Mehrwert sowohl für Unter- Mödling 17.900 33.800 nehmen, als auch für Beschäftigte und umliegen- de Kommunen.93 Mehr klimaverträgliche Arbeits- von/zur Arbeit mit der Bahn im Jahr 2015 Potenzial für die Bahn wege im Öffentlichen Verkehr oder durch aktive Mobilität bedeuten für Beschäftigte Kostener- sparnis, Stressvermeidung und bessere Gesund- In der Ostregion rund Neben Pkw-Staus zu Spitzenzeiten sind eine heit durch Bewegung sowie besser nutzbare Mo- um Wien gibt es noch starke Beanspruchung der Straßeninfrastruktur bilitätszeit bei Bahn- statt Pkw-Fahrten.93 Unter- viel Potenzial für die Bahn. In den beiden sowie gestresste Beschäftigte die Folge.56 Das nehmen profitieren bei einer Reduktion von Ostkorridoren Marchegg subjektive Wohlbefinden ist umso geringer, je Pkw-Parkplätzen von niedrigeren Betriebskosten, und Bruck an der Leitha leben zum Beispiel drei- länger die Wege zum Arbeitsort sind.124,79 bei mehr aktiver Mobilität von besserer Gesund- mal mehr Erwerbstätige Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf heit und Motivation der Beschäftigten sowie bei im Einzugsbereich der wird stark vom täglichen Arbeitsweg beeinflusst entsprechender Kommunikation von einer Bahn, als diese aktuell nutzen. und etwa von Personen, die eine Stunde oder Image-Steigerung und höherer Attraktivität als länger in die Arbeit brauchen, deutlich schlechter Arbeitgeber für Fachkräfte.93 Der Mehrwert für Kampagnen motivieren eingeschätzt, als von Personen, die lediglich 15 Gemeinden und Städte liegt in einer Reduktion Verhaltensmuster zu verändern. Aufgrund des Minuten brauchen.7 des Verkehrsaufwands, Steigerung der Standort- Erfolgs wurde aus der Die Gründe für die Dominanz des Pkw sind qualität, Bündelung und Erweiterung von Kom- Kampagne „Radelt zur Arbeit“ inzwischen vielfältig. Ein zentraler Faktor ist die Organisati- petenzen sowie Image-Steigerung und höherer „Österreich radelt“. on und Verfügbarkeit von Pkw-Parkplätzen am Auslastung kommunaler Mobilitätsangebote.93 Zwei der häufigsten Anlässe zur Umsetzung von betrieblichem Mobilitätsmanagement sind die begrenzte Verfügbarkeit sowie die hohen Kosten von betrieblichen Pkw-Parkplätzen.93 Weitere häufige Anlässe sind Standortentschei- dungen und Betriebserweiterungen sowie durch hohes Verkehrsaufkommen verursachte Proble- me in der Nachbarschaft, Konkurrenz um Fach- kräfte oder Initiativen der Belegschaft. Foto: Peter-Provaznik, Die Radvokaten Arbeitswege als Hebel für Klimaverträglichkeit Arbeitswege sind nicht nur verhältnismäßig weit, sondern auch geprägt von eingeübten Routinen. Da viele Personen zu ähnlichen Zeiten ähnliche Ausgangs- und Zielpunkte haben, eignen sich Ar- beitswege besonders gut zur Bündelung und da-
Mobilität mit Zukunft 1/2020 Arbeitswege auf Klimakurs bringen 13 mit für Formen der kollektiven Verkehrsorgani- sation. Für Niederösterreich und das Burgenland Für Jüngere ist Wechsel von Wohnort oder Job wurde das Verlagerungspotenzial des Pendelver- ein wichtiger Grund für Umstieg auf die Bahn kehrs auf die Bahn berechnet.14 Rund 167.000 Personen fahren aus Niederösterreich und dem Nennung Wechsel von Wohn- oder Arbeitsort als wichtigen Grund für den Umstieg von Burgenland zur Arbeit nach Wien. Umgekehrt Pkw auf Bahn (in Prozent von Personen, die Wege von Pkw auf die Bahn verlagert haben) fahren rund 57.000 Personen aus Wien für die Arbeit ins Umland. Von diesen insgesamt 60 % 58 % 224.000 Erwerbstätigen verwenden rund 60.000 53 % Personen, also rund ein Viertel, die Bahn.14 93 50 % 48 % Prozent der arbeitsbedingt nach Wien oder aus Wien ins Umland Fahrenden wohnen maximal 40 % neun Kilometer von einer der 459 Bahnhaltestel- 31 % 30 % len in der Ostregion entfernt und damit im Ein- 25 % Quelle: INTEGRAL,VCÖ 201962 Grafik: VCÖ 2020 zugsgebiet einer Bahnverbindung. Fast zwei Drit- 20 % tel der Wohnstandorte befinden sich weniger als drei Kilometer von einem Bahnhof entfernt. Das 10 % 9% 8% Potenzial liegt damit – ungeachtet der vorhande- nen Kapazitätsengpässe während der Hauptver- 0% kehrszeiten – ungefähr doppelt so hoch wie die 14-19 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70 und älter aktuelle Nutzung der Bahn. Je nach Korridor Jahre liegt das zusätzliche Potenzial der Bahn um bis zu 216 Prozent über der aktuellen Nutzung. Bei einer durchschnittlichen Weglänge von 21 Kilo- men wirken, zeigt sich deutlich im Vergleich der Arbeitswege sind Routine- wege. Lebensumbrüche, metern verursachen die Arbeitswege der Ein- Kordonerhebungen für Wien und Umgebung der wie der Wechsel des Wohn- und Auspendelnden im Raum Wien direkte Jahre 2008 und 2014. Die Inbetriebnahme der orts oder des Arbeitsplatzes, Treibhausgas-Emissionen im Umfang von rund neuen Westbahnstrecke über das Tullnerfeld im bieten großes Potenzial für eine Veränderung des 1.100 Tonnen CO2-Äquivalenten je Werktag.152,97 Jahr 2012 mit häufigeren Verbindungen und kür- Mobilitätsverhaltens. Würde das Verlagerungspotenzial auf die Bahn zerer Fahrzeit und die in etwa zeitgleiche Auswei- zu drei Vierteln ausgeschöpft, würden sich die tung der Parkraumbewirtschaftung im Westen direkten Treibhausgas-Emissionen der Arbeits- Wiens führte im Korridor St. Pölten zu einer Re- wege um rund ein Viertel reduzieren. duktion der nach Wien einpendelnden Pkw um 12 Prozent. Umgekehrt nahm im Korridor Gän- Potenzial von Arbeitswegen mit der Bahn serndorf nach dem Ausbau der Wiener Außen- durch gutes Angebot ausschöpfen ring Schnellstraße S1 die Anzahl der einpendeln- Lebensumbrüche, etwa ein Wechsel des Wohn- den Pkw um 58 Prozent zu.98,116 orts oder Berufs, sind gute Möglichkeiten, um eingeübte Mobilitätsroutinen zu verändern. Vor allem bei jüngeren Menschen ist das Potenzial Arbeitswege als Hebel der Mobilitätswende groß. So gaben mehr als die Hälfte der 14- bis • Arbeitswege sind werktags mit Abstand der häufigste Wegzweck in 29-Jährigen, die in den vorangegangenen fünf Jahren Pkw-Fahrten auf die Bahn verlagert ha- Österreich, werden großteils mit dem Pkw zurückgelegt und sind ben, bei einer repräsentativen VCÖ-Umfrage an, daher ein wichtiger Hebel für mehr Klimaverträglichkeit im Verkehr. dass der Wechsel des Wohnorts oder Jobs darauf • Arbeitswege treten zeitlich und räumlich gehäuft auf und bieten daher großen oder sehr großen Einfluss hatte. Bei über gute Voraussetzungen für kollektive Verkehrsorganisation. 40-Jährigen spielt dieser Grund hingegen nur für • Erfolgreiches betriebliches Mobilitätsmanagement bringt einen mess- weniger als ein Drittel der Befragten eine große baren Mehrwert für Beschäftigte, Unternehmen und Kommunen. oder sehr große Rolle.62 • Potenzial der Bahn für Arbeitswege besser ausschöpfen. Gute Anbin- Dass Angebotsverbesserungen im Öffentlichen dung und ein attraktives Angebot sind Voraussetzungen dafür. Verkehr und andere verkehrslenkende Maßnah-
14 Mobilität mit Zukunft 1/2020 Foto: Katja Täubert Mobilitätsroutinen zu ändern gelingt mit starken Anreizen Arbeitswege sind zu einem großen Teil Routinewege und Teil unserer alltäglichen Mobilitätsmuster. Eine Veränderung von Routinen und Gewohnheiten ist möglich, bedarf jedoch starker Anreize und Interventionen. Lebensumbrüche bieten eine gute Gelegenheit, um gezielt Veränderungen des Mobilitätsverhaltens Richtung Klimaverträglichkeit zu beeinflussen. Lebensumbrüche kön- Routinen und Gewohnheiten nehmen in unse- gegen erfordern neue und komplexe Situationen nen gezielt genutzt wer- den, um Mobilitätsrouti- rem Alltagsleben einen festen Platz ein. Sie erlau- hohe Aufmerksamkeit und Konzentration.106 nen zu beeinflussen. ben uns, effizient, aber auch bequem zu sein. Da- Routiniertes Handeln in Alltagssituationen spielt uns frei für die Bewältigung komplexer sozialer Situationen und ist somit auch aus der Alltags- Wohnortwechsel für Veränderung mobilität nicht wegzudenken.105 Die wissen- des Mobilitätsverhaltens nutzen schaftliche Forschung nimmt an, dass bis zu 95 Prozent aller Wege Routinewege sind – was vor Veränderung der Verkehrsmittelwahl in Prozentpunkten allem für Arbeitswege gilt.54,33,129 Forschende ein Jahr nach Umzug nach Tübingen im Vergleich zu altem Wohnort sind sich zudem einig, dass routinierte Verhal- ohne mit gezielter tensmuster ohne signifikante Umbrüche oder 5 Bewusstseinskampagne 5% Bewusstseinskampagne* starke Anreize kaum freiwillig verändert wer- 4 4% den.55 Weiters werden durch den Effekt der so- 3 genannten „Gewohnheitsverallgemeinerung“ 2 2% Mobilitätsroutinen für bestimmte Wegzwecke, al- 1 0% 0% 1% so etwa die routinemäßige Pkw-Nutzung am Ar- 0 Quelle: Schreier u.a. 2019110 Grafik: VCÖ 2020 -1 beitsweg, auf die Verkehrsmittelwahl für andere -2 % -2 % -2 -1 % Wegzwecke übertragen. Dies führt dazu, dass -3 * Überreichung Info-Broschüre sich Routinen weiter verfestigen.33 Fahrrad -4 Gehen zum Mobilitätsangebot bei Neu- -5 anmeldung in Tübingen sowie Arbeitswege sind Routinewege Bus und Bahn Angebot persönliche Mobilitäts- -6 Pkw mitfahrend -7 % Mobilität ist Teil unseres Alltags. An Werktagen beratung und Schnuppertickets -7 Pkw lenkend für den Öffentlichen Verkehr sind mobile Personen in Österreich durchschnitt- lich 85 Minuten unterwegs. Die dabei zurückge-
Mobilität mit Zukunft 1/2020 Arbeitswege auf Klimakurs bringen 15 Schritte und Maßnahmen für veränderte Mobilitätsroutinen Veränderungsstufen Hindernisse Beispiele für Maßnahmen Wahrnehmen Mangelnde Sichtbarkeit von Alternativen Hohe Kosten der Informationsbeschaffung Informationskampagnen Erkennen Allgemeine Vorurteile Bewusstseinsbildung Individuelle Wissenslücken Akzeptieren Individuelle Vorurteile Bewusstseinsbildung Individuelle Werte und Einstellungen Mobilitätsberatung Lebensstil-Kompatibilität Quelle: Reusswig u.a. 2004103, VCÖ 2020140 Grafik: VCÖ 2020 Ausprobieren Verfügbarkeit und Kosten von Alternativen Schaffung von Angebot und Infrastruktur Individuelle Nutzungsfähigkeiten Förderungen und Anreizsysteme Finanzielle Ressourcen Mobilitätsberatung Dauerhaft umsetzen Verfügbarkeit und Kosten von Alternativen Aufrechterhaltung von Angebot Lebensstil-Kompatibilität und Infrastruktur Individuelle Erfahrungen Förderungen und Anreizsysteme (Kosten-Nutzen-Abschätzung) legte durchschnittliche Tagesweglänge beträgt 43 heit.126 Zu den affektbetonten Faktoren zählen Um eingeübte Routinen Kilometer.25 Die besondere Bedeutung der Ar- Kontrolle, Freiheit, Erholung und Aufregung.4 zu verändern, bedarf es Maßnahmen auf unter- beits- und Ausbildungswege liegt darin, dass sie Auch die Haushaltszusammensetzung beein- schiedlichen Stufen – vom einen großen Teil unseres Zeitbudgets für Mobi- flusst Mobilitätsroutinen, insbesondere in Haus- Wahrnehmen unterschied- licher Optionen bis zur lität beanspruchen und sehr regelmäßig sowie halten mit Kindern unter 18 Jahren. Flexibilität Etablierung der Umsetzung. routiniert zurückgelegt werden. brauchen Personen mit Betreuungspflichten, da Mobilitätsbezogene Entscheidungen können sich durch das Holen, Bringen, Begleiten und Be- von situationsspezifischen Faktoren, wie etwa suchen von Pflegebedürftigen oder Kindern und Distanz, Kosten, Zeit und verfügbarem Mobili- Jugendlichen am Arbeitsweg komplexere Wege- tätsangebot und persönlichen Faktoren, wie bei- ketten ergeben.91 „Elterntaxis“ werden gerade in spielsweise Präferenzen, verfügbares Budget und schlecht erschlossenen Gebieten häufig als Alter- individuelle Fähigkeiten beeinflusst werden.152 native zum Öffentlichen Verkehr, Gehen und Die Motive für die Verkehrsmittelwahl auf Ar- Radfahren wahrgenommen. Oft genannte Grün- beitswegen sind vielfältig. Gewohnheiten verstel- de für die Pkw-Nutzung sind dabei Bequemlich- len dabei oft den Blick für Neues.1 Der Faktor keit oder wahrgenommene Sicherheitsaspekte.149 Komfort spielt bei Arbeitswegen eine wichtige Rolle als positiver, verstärkender Aspekt.32,108,107 Kinder übernehmen Routinen der Eltern In einer Untersuchung in Großbritannien wur- Der Hol- und Bringverkehr mit dem Pkw führt den Kosten als instrumenteller und Stress als af- nicht nur dazu, dass Eltern seltener auf andere fektbetonter Faktor als maßgebliche negative Verkehrsmittel umsteigen, sondern beeinflusst Einflussgrößen am Arbeitsweg genannt.4 Weitere letztlich auch das Mobilitätsverhalten der Kinder. relevante instrumentelle Faktoren sind Flexibili- Untersuchungen zeigen, dass die Verkehrssoziali- tät, Vorhersehbarkeit, Umgebung und Gesund- sation von früher Kindheit an Auswirkungen auf
16 Arbeitswege auf Klimakurs bringen Mobilität mit Zukunft 1/2020 Aufbrechen von Mobilitätsroutinen funktioniert Beispiele der Mobilitätswende Die psychologische Verhaltensforschung sieht zwei Dimensionen, die ein Aufbrechen von Rou- tinen und damit eine Verhaltensänderung ermög- lichen: Einerseits die Befähigung und andererseits die Motivation.100 Befähigung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Mobilitätsangebot vor- handen, bekannt und mit möglichst wenig finan- Foto: Fotolia ziellem, zeitlichem und kognitivem Aufwand zu nutzen ist. Dagegen spiegelt die Motivation vor- handenes Interesse wider, das durch spezielle Anreize sowohl positiv, als auch negativ beein- flusst werden kann. Hier spielen Barrieren in Belohnung nachhaltiger Mobilität Form von Vorurteilen, Abneigungen und Ängs- ten genauso wie Verunsicherung eine Rolle. Un- Im Jänner 2020 nutzten österreichweit bereits über 40 Unternehmen und Ge- gewissheit hinsichtlich der verfügbaren Mobili- meinden das Punkte-System „EcoPoints“ für die Belohnung von nachhaltiger tätsalternativen führt daher zu einem Festhalten Mobilität der Beschäftigten. Das System erlaubt Unternehmen die Vergabe an gewohnten Mustern.48 Das ist auch ein von sogenannten EcoPoints je nach Nutzung verschiedener Verkehrsmittel. Grund, warum Pkw-Fahrende selbst dann nicht Über eine App oder ein Zutrittssystem geben Beschäftigte an, mit welchem von ihren Gewohnheiten abweichen, wenn sie Verkehrsmittel der Arbeitsweg erfolgt. Die erhaltenen EcoPoints können ge- unzufrieden sind und regelmäßig im Stau stehen. gen definierte Vergünstigungen und Produkte eingetauscht werden. Auch für Wissensvermittlung, etwa in der Form von Be- die Unternehmen rechnet sich dieses System: Das Unternehmen Haberkorn wusstseinsbildung, spielt bei der Verhaltensände- konnte damit die Zahl der Pkw-Parkplätze um 20 verringern. Zudem führt die rung eine Rolle, wenngleich ihr Effekt nicht Verlagerung von Pkw-Fahrten auf das Fahrrad zu einer verbesserten Gesund- überschätzt werden sollte.47 Ein jüngerer Ansatz heit der Beschäftigten und damit langfristig zu weniger Krankenstandtagen. mit Potenzial Mobilitätsverhalten durch spezi- fisch gesetzte Anreize zu verändern, ist Gamifi- cation. Dabei werden Spiele als Motivationsquelle das spätere Mobilitäts- und Verkehrsverhalten genutzt, um resultierende Verhaltensveränderun- hat.149 Positive Erfahrungen von Kindern und gen in weiterer Folge auch für spielfremde Auf- Jugendlichen als Pkw-Insassen führen neben an- gaben zu nutzen.109 Beim Projekt „Beat the deren Faktoren dazu, dass diese als Erwachsene Street“ wurde etwa das Gehen im Alltag durch eher den Pkw nutzen.28 Andererseits können po- einen spielerischen Wettbewerb gefördert, bei sitive Erfahrungen mit Gehen und Radfahren in dem im Herbst 2017 in Wien-Simmering mit di- der Kindheit und in den Jugendjahren dazu füh- gitalen Chip-Karten Punkte an sogenannten ren, später mehr aktiv mobil zu sein.114 „Beat Boxen“ im öffentlichen Raum gesammelt Ein weiterer Faktor für die Mobilität auf Ar- werden konnten. Über 6.000 Personen, darunter beitswegen ist die Verfügbarkeit unterschiedlicher vor allem Schulklassen und Jugendliche, nahmen Verkehrsmittel. Ein günstig verfügbarer Firmen- teil und legten insgesamt rund 80.000 Kilometer wagen kann die Verkehrsmittelwahl und die An- zu Fuß zurück.138 Auch die seit dem Jahr 2011 zahl der Wege massiv beeinflussen. Studien zei- jährlich durchgeführte Kampagne „Österreich ra- gen, dass die gefahrenen Kilometer pro Jahr bei delt”, an der sich im Jahr 2019 mehr als 1.100 Personen mit Firmenwagen signifikant über je- Betriebe beteiligten, schlägt in dieselbe Ker- nen mit privatem Kfz liegen.114 Auch die Ver- be.71,156 Kampagnen mit Wettbewerbscharakter kehrsmittelwahl im Alltag und in der Freizeit können durch den starken Anreiz und die Förde- wird davon in Richtung mehr Pkw-Nutzung be- rung des Gemeinschaftsgefühls bestehende einflusst, wie Daten der Mobilitätserhebung Vor- Strukturen durchbrechen und langfristige Verhal- arlberg zeigen.59 Ein Firmenwagen verleitet au- tensänderungen begünstigen.99 Darüber hinaus ßerdem dazu, seltener den Öffentlichen Verkehr, empfiehlt sich eine Kombination aus sogenann- Gehen oder Radfahren zu nutzen.113 ten harten Maßnahmen, wie Angebot und Quali-
Mobilität mit Zukunft 1/2020 Arbeitswege auf Klimakurs bringen 17 tät von Infrastrukturen, Gebote oder Verbote und weichen Maßnahmen, wie Kampagnen, Be- Maßnahmen für veränderte Mobilität wusstseinsbildung oder soziales Marketing, um am Arbeitsweg zeigen Wirkung bessere Ergebnisse beim Aufbrechen von Routi- nen zu erzielen.35,80 Dabei ist zu beachten, dass Kontrollgruppe 74 % 21 % die gesetzten Maßnahmen „maßgeschneidert“ (keine 2% sind und sich an den spezifischen Anforderun- Maßnahmen) 3% gen von Personengruppen orientieren.75 10 % Maßnahmen 64 % Öffentlicher 16 % Lebensumbrüche für Veränderung nutzen Verkehr Pkw 10 % Quelle: Loidl 201977 Grafik: VCÖ 2020 Neben veränderten Angeboten sind Lebensum- Öffentlicher 10 % Verkehr brüche besonders günstige Gelegenheiten, um Maßnahmen 37 % Fahrrad Mobilitätsroutinen zu hinterfragen, zu verändern Radfahren 51 % Gehen und neue Routinen einzuüben. Solche Lebens- 2% umbrüche sind vor allem Jobwechsel, Wechsel Anteil am Arbeitsweg zurückgelegte Kilometer des Wohnorts oder allgemeine Veränderungen ein Jahr nach gesetzten Maßnahmen der Lebenssituation, wie Geburt eines Kindes, neue Lebensgemeinschaften oder Todesfälle.51 Beispielsweise werden in München solche Um- E-Fahrräder oder eine Kombination aus Faltrad, Arbeitswege sind meist bruchphasen strategisch genutzt, um die Nut- Bus und Bahn. Von den 30 Testpersonen für Routinewege. Trotzdem können gezielt gesetzte zung klimaverträglicher Verkehrsmittel zu unter- E-Fahrräder nahmen 18 Personen die Kaufopti- Anreize und Interventio- stützen. Mit dem „Münchner Kindl Ticket“ kön- on im Anschluss an die Testphase in Anspruch.10 nen zu Verhaltensverän- derungen führen. nen öffentliche Verkehrsmittel von Erziehungs- Durch das Pilotprojekt wurden auch andere Be- berechtigten bis zu zwölf Monate nach der Ge- wohnerinnen und Bewohner der Satellitenstadt burt des Kindes einen Monat lang vergünstigt Beder-Malling dazu motiviert, verstärkt E-Fahr- getestet werden.81 Jährlich werden circa 43.000 räder für Arbeitswege zu nutzen.38 sogenannte „Neubürgerhaushalte” in München In der Testaktion „e-Radl – Frischluft tanken“ mit Informationen zu Mobilitätsangeboten, Frei- des Klima- und Energiefonds im Burgenland zeit und Kultur versorgt. 53 Schnuppertickets für konnten Pendelnde ein Elektro-Fahrrad für zwei den Öffentlichen Verkehr, telefonische Mobili- Wochen kostenlos testen. Die durchschnittliche tätsberatung und die Vermittlung von Abonne- Arbeitsweglänge der Teilnehmenden lag bei 16 ments, etwa für Carsharing, ergänzen das Ange- Kilometern. Ein Viertel der Teilnehmenden hat bot.89 Eine Evaluierung aus dem Jahr 2008 zeigt während des Tests mehr als zehn Arbeitswege eine 7,5-prozentige Steigerung der Nutzung des mit dem Elektro-Fahrrad zurückgelegt und nutz- Öffentlichen Verkehrs bei den Adressatinnen te es somit fast täglich. Ebenso wurde das Elekt- und Adressaten im Vergleich zu Personen, bei ro-Fahrrad von den Teilnehmenden im Zusam- denen keine Maßnahmen gesetzt wurden.89 Er- menhang mit Freizeitaktivitäten und bei Einkäu- folg zeigte auch ein Projekt in Salzburg, bei dem fen insbesondere bei mittleren Entfernungsberei- durch gezielte Anreize die Nutzung des Öffentli- chen genutzt.38 chen Verkehrs und des Fahrrads am Arbeitsweg nach einem Jahr Projektlaufzeit im Vergleich zu einer Kontrollgruppe deutlich erhöht werden Veränderung von Mobilitätsroutinen konnte.77 In der dänischen Stadt Aarhus wurden im Zeit- am Arbeitsweg nützen raum 2014 bis 2017 insgesamt 22 Projekte getes- • Mobilitätsroutinen bestimmen unsere Alltagswege, können jedoch tet, um unterschiedliche Zielgruppen zu einem durch starke Anreize nachhaltig verändert werden. Umstieg auf den Öffentlichen Verkehr, Radfah- • Durch „Gewohnheitsverallgemeinerung“ wirken Routinen am Arbeits- ren und Gehen zu motivieren. Für Arbeitswege weg auch auf die Verkehrsmittelwahl bei anderen Wegen. wurden Personen unterschiedliche Optionen als • Die Mobilität von Eltern beeinflusst die Verkehrsmittelwahl von Ersatz für den Pkw angeboten – darunter Kindern und Jugendlichen nachhaltig. • Lebensumbrüche, wie Wechsel des Wohnorts oder Jobs, bieten einen guten Ansatzpunkt, um Mobilitätsroutinen gezielt zu verändern.
18 Mobilität mit Zukunft 1/2020 Foto: Theresa Sumalowitsch Mobilitätsmanagement in Unternehmen zum Standard machen Betriebliches Mobilitätsmanagement bietet vielfältige Ansatzpunkte, Arbeits- und Dienstwege in Richtung Klimaverträglichkeit zu beeinflussen. Davon profitieren nicht nur Unternehmen, sondern auch Beschäftigte und umliegende Gemeinden. Zudem muss das Rad nicht neu erfunden werden – viele erfolgreiche Beispiele dienen als Vorbild bei der Umsetzung. Betriebliches Mobilitätsmanagement bietet viel- Standortes sowie das Image des Unternehmens fältige Maßnahmen in unterschiedlichen Hand- verbessern und dadurch die Attraktivität als Ar- lungsfeldern, um auf Unternehmensseite Verant- beitgeber steigern.25 Darüber hinaus ist die För- Steht ein Firmenwagen wortung für den Arbeitsweg der Beschäftigten zu derung aktiver Mobilität am Arbeitsweg eine In- zur Verfügung, wird er auch häufig genutzt – übernehmen. Gut umgesetzt bringt dies auch für vestition in das betriebliche Gesundheitsmanage- und beeinflusst damit Unternehmen Vorteile. Durch effektives Mobili- ment. Beschäftigte, die regelmäßig mit dem Fahr- nicht nur das berufliche, sondern auch das priva- tätsmanagement lassen sich etwa Infrastruktur- rad zur Arbeit kommen, sind im Durchschnitt te Mobilitätsverhalten. ausgaben einsparen, die Erreichbarkeit des fitter, gesünder und seltener im Krankenstand.145 Mobilitätsmanagement als Kostenfaktor Verfügbarkeit von Firmenwagen Mobilität ist für viele Unternehmen direkt und indirekt ein relevanter Kostenfaktor. Das Kon- beeinflusst auch Alltagsmobilität stark zept des betrieblichen Mobilitätsmanagements Öffentlicher 10 % sieht vor, durch an den konkreten betrieblichen Verkehr 5% Kontext angepasste Maßnahmen alle betriebli- 11 % chen Verkehre effizienter und nachhaltiger zu ge- Fahrrad 8% stalten. Dies umfasst in der Regel die Bereiche 17 % kein Firmenwagen verfügbar Arbeitswege, Dienstreisen, Logistik, Fuhrpark so- Gehen 15 % wie Mobilität von Kundinnen und Kunden. Kon- Quelle: Herry 202059 Grafik: VCÖ 2020 Firmenwagen verfügbar 9% krete Maßnahmen sind etwa Bewusstseinsbil- Pkw mitfahrend 10 % dung, Parkraummanagement, an Fahrpläne des 53% Öffentlichen Verkehrs angepasste Arbeitszeiten, Pkw lenkend 62 % Dienstreisen mit der Bahn statt im Flugzeug oder Substitution durch Videokonferenzen sowie An- Verkehrsmittelwahl Erwerbstätige in Vorarlberg (alle Wege) reizsysteme für aktive Mobilität.
Mobilität mit Zukunft 1/2020 Arbeitswege auf Klimakurs bringen 19 Beispiele der Mobilitätswende Praxiserfahrungen und erprobte Maßnahmen zur Nachahmung sind vorhanden Foto: Infineon Technologies Austria AG Im Projekt „Pemo“, einem dreijährigen, grenz- überschreitenden Projekt im Bodenseeraum, wurden Strategien und Maßnahmen für klimaver- trägliche Mobilität am Arbeitsweg entwickelt und erprobt.30 Die Bandbreite der untersuchten Maß- nahmen reichte von der Einführung flexibler Ar- beitsformen, über Parkraummanagement, Schnupper-Tickets für den Öffentlichen Verkehr, Umfassendes Mobilitätskonzept die Förderung von Fahrgemeinschaften, besseren „Green Way“ heißt das betriebliche Mobilitätsmanagement von Infineon in Fahrrad-Abstellanlagen und Dienstleistungen Villach. Im Jahr 2016 kamen 76 Prozent der Beschäftigten mit dem eigenen rund um das Fahrrad, bis hin zu Bewusstseinsbil- Pkw zur Arbeit. Anfang 2020 waren es rund zehn Prozent weniger. Seit Pro- dung und individueller Mobilitätsberatung für jektbeginn wurden mehr Fahrrad-Abstellanlagen und eine Service-Station Beschäftigte. errichtet sowie der Ankauf von E-Fahrrädern unterstützt. Bei gutem Wetter ra- Als konkretes Ergebnis wurde dabei unter an- deln rund 800 Beschäftigte zur Arbeit. Die Busanbindung des Standorts wurde derem die sogenannte „PendlerInnen-Box“ ent- auf einen 15-Minuten-Takt zur Innenstadt und dem Bahnhof verdichtet. Für wickelt – ein Werkzeugkoffer mit 28 praxiser- weitere Verbesserungen finden laufend Gespräche mit Stakeholdern statt. Be- probten Maßnahmen, welche bereits in zahlrei- schäftigte erhalten kostenlos ein Jobticket, wovon im Jahr 2019 am Standort chen Betrieben der Region erfolgreich umgesetzt Villach über 200 Beschäftigte Gebrauch machten (österreichweit rund 500). werden.39 Als Hauptnutzen auf der Unterneh- Für Fahrgemeinschaften gibt es 100 eigens gekennzeichnete Parkplätze. Die mensseite wird ein geringerer Parkplatzdruck, Möglichkeit Fahrgemeinschaften zu finden, wird durch eine App unterstützt. weniger Staukosten und reduzierte Konflikte mit Anrainerinnen und Anrainern sowie der Stand- ortgemeinde, eine höhere Zufriedenheit der Be- Zeit- und Kostenersparnisse, Steigerung der Ge- schäftigten und höhere Identifikation mit dem sundheit und des Gemeinschaftsgefühls sowie Unternehmen genannt. Im Falle der Förderung höhere Wertschätzung der bereits klimaverträg- aktiver Mobilität wurde zudem eine Steigerung lich mobilen Kolleginnen und Kollegen genannt. der Gesundheit von Beschäftigten festgestellt. In Österreich wird die Umsetzung von betrieb- Vonseiten der Beschäftigten werden vor allem lichen Mobilitätsmaßnahmen seit dem Jahr 2007 Im Bereich betriebliches Betriebliches Mobilitätsmanagement bringt vielfältige Vorteile Mobilitätsmanagement gibt es vielfältige Maß- nahmen zur Förderung Betriebe Beschäftigte Gesellschaft klimaverträglicher Mobilität. Wird dieses Entspannung der Pkw-Stellplatzsituation und Kostenreduktion für Weniger Versiegelung und Ziel erreicht, profitieren Reduktion von Konflikten mit anrainenden Arbeitswege Flächenverbrauch nicht nur Unternehmen, Wohngebieten sondern auch Beschäf- Bessere Gesundheit durch Weniger Kosten für Bau und Unterhalt tigte sowie Umwelt und Kostenreduktion und Flächenersparnis durch mehr Bewegung von (neuen) Straßen Gesellschaft. weniger Pkw-Parkplätze Niedrigeres Unfallrisiko am Weniger Staus speziell in den Spitzen- Quelle: Stiewe 2012123, VCÖ 2019140 Grafik: VCÖ 2020 Kostenreduktion durch Umstellung des Arbeitsweg stunden Fuhrparks (z.B. Jobräder, E-Fahrzeuge) Arbeitsweg als Erholungs- Weniger Verkehrslärm und weniger Rückgang von Krankenstandstagen statt Stressfaktor lokale Schadstoffemissionen Umsetzung von Zielvorgaben in Umweltaudit- Möglichkeit betriebliche Weniger externe Gesundheitkosten Systemen (z.B. ISO 14.001, EMAS) Mobilitätsunterstützungen auch privat zu nutzen Mehr Kostenbeiträge zum Öffentlichen Höhere Attraktivität als Arbeitgeber und höhere (z.B. Jobrad) Verkehr (z.B. aus Jobtickets) Bindung der Beschäftigten Reduktion von Treibhausgas-Emissionen
20 Arbeitswege auf Klimakurs bringen Mobilität mit Zukunft 1/2020 Österreich, in diesem Rahmen Mobilitätsmaß- Beispiele der Mobilitätswende nahmen umgesetzt.70 Jobrad und Jobticket statt Firmenwagen Eine effektive Maßnahme zur Förderung aktiver Mobilität am Arbeitsweg ist die Bereitstellung Foto: Z-GIS von Jobrädern. Konkret sieht das österreichische „Jobrad-Modell“ vor, dass Unternehmen für inte- ressierte Beschäftigte Fahrräder anschaffen oder Foto: Kanizaj leasen und entweder kostenlos oder gegen ein vom Netto-Gehalt abgezogenes Nutzungsentgelt für dienstliche und private Fahrten zur Verfü- gung stellen. Am Ende der Laufzeit können die Öffi-Ticket statt Pkw-Parkplatz buchhalterisch abgeschriebenen Fahrräder für ei- nen symbolischen Euro von den Beschäftigten Beim Unternehmen Knapp in Hart bei Graz nehmen 370 Beschäftigte keinen übernommen werden.72 Die Kosten im Vergleich Parkplatz in Anspruch. Der Arbeitgeber fördert die Nutzung des Öffentlichen zu einem privaten Fahrradkauf können für Be- Verkehrs, Radfahren und die Bildung von Fahrgemeinschaften. Wer ohne schäftigte in Abhängigkeit der betrieblichen Un- Auto zur Arbeit kommt, erhält für die dadurch eingesparten Kosten kostenlos terstützung deutlich niedriger ausfallen.143,128 eine Öffi-Jahreskarte. 426 Jahres- und Halbjahresverbundkarten wurden von Auch bei privater Nutzung der Jobräder entsteht Oktober 2018 bis Jänner 2020 ausgegeben. Für Beschäftigte mit ungünstiger für Beschäftigte kein Sachbezug. Auch Betriebe Anbindung an den Öffentlichen Verkehr werden 15 E-Autos für Fahrgemein- sparen, da die Anschaffungskosten steuerlich voll schaften zur Verfügung gestellt. E-Autos können am Firmenparkplatz bei einer abgesetzt werden können. Durch eine Gesetzes- der 28 E-Tankstellen mit Solarstrom geladen werden. Die Gesamtinvestition novelle kann seit Jänner 2020 auch der Vorsteu- für das Mobilitätsprogramm beträgt 1,4 Millionen Euro. erabzug geltend gemacht werden. Seit dem Jahr 2017 gibt es in Österreich mit velocitee ein Un- ternehmen, das Jobräder inklusive Service und Die Verfügbarkeit eines Park- im Rahmen des Programms „klimaaktiv mobil“ Wartung anbietet. In die Praxis umgesetzt hat das platzes am Betriebsstandort vonseiten des Bundes gefördert. Bis zum Jahr Angebot im Jahr 2019 etwa ein Unternehmen in ist einer der wichtigsten Faktoren für die Verkehrsmit- 2018 haben bereits über 9.200 Unternehmen, da- Niederösterreich, das seinen 600 Beschäftigten telwahl am Arbeitsweg. runter ein Drittel der 500 größten Betriebe in 130 Jobräder zur Verfügung gestellt hat.90,128 Bereits seit dem Jahr 2013 gibt es in Österreich für Unternehmen die Möglichkeit, Beschäftigten Parkplatzverfügbarkeit entscheidet steuer- und sozialversicherungsfrei sogenannte Jobtickets für den Öffentlichen Verkehr auf der über Verkehrsmittelwahl am Arbeitsweg Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsplatz an- 77 % zubieten.73 In Vorarlberg wird das Angebot etwa 8% von zahlreichen Betrieben des Netzwerks „Wirt- Pkw-Parkplatz am Arbeitsstandort verfügbar P 5% schaftMobil“ genutzt. 5% 5% Klimaverträgliche Dienstreisen fördern In Bezug auf betriebliches Mobilitätsmanage- 31 % Pkw lenkend ment besteht auch bei Dienstreisen großes Po- nicht verfügbar 44 % Öffentlicher Verkehr tenzial.144,133 Im Jahr 2018 wurden in Österreich Quelle: bmvit 201625 Grafik: VCÖ 2020 9% Fahrrad 46 Prozent der Geschäftsreisen mit dem Auto 11 % P Gehen Pkw mitfahrend und 23 Prozent mit dem Flugzeug erledigt – der 5% Großteil davon innerhalb Österreichs und nach 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Deutschland, Italien oder in die Schweiz.122 Die nachhaltigste Strategie für klimaverträgliche Verkehrsmittelwahl für Arbeitswege Dienstreisen ist, sie zu vermeiden. Die BKS-
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