Forum ksv Der standort-blues: Österreich gerät ins Abseits - WirtschaftsXChange des KSV1870 treffen der top-entscheider Österreichs
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forum ksv Das Medium für Kreditschutz und Unternehmenserfolg Ausgabe 04/2019 Der Standort-Blues: Österreich gerät ins Abseits WirtschaftsXChange des KSV1870 Austrian Business Check Treffen der Top-Entscheider Österreichs zur heimischen Zahlungsmoral
Austrian Business Check
zum Wirtschaftsstandort
Österreich.
So steht es um die heimische Wirtschaft.
Das kostenlose Whitepaper des KSV1870 fasst die Wissen schaffen. Werte sichern.
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Editorial
Liebe Mitglieder,
so schnell geht’s, und schon sind wir im vierten Quartal des Apropos Konjunktur: Auch wenn im vergangenen Jahr alleine
Jahres angekommen. Wie die vergangenen neun Monate gezeigt in Wien rund 300 Vorsorgewohnungen weniger verkauft
haben, beleuchten wir den Wirtschaftsstandort Österreich in wurden als noch 2017, ist diese Art der finanziellen Absicherung
diesem Jahr aus ganz unterschiedlichen Blickw inkeln. Zum für viele nach wie vor eine interessante Möglichkeit. Worauf es
einen geht es vor allem darum, wie sich heimische Betriebe auf allerdings nicht nur bei der Anschaffung, sondern in weiterer
ihre Zukunft vorbereiten und wie sie auf bereits heute deutlich Folge auch bei der Vermietung von Wohnungen ankommt,
spürbare Marktveränderungen reagieren. Welche Maßnahmen erklärt Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Infor
haben die Unternehmen etwa in Bezug auf die Digitalisierung mation GmbH, im Interview.
bislang gesetzt? Welche Chancen bestehen, sich gegenüber
der zweifelsohne starken internationalen Konkurrenz abzu Gleichzeitig gehen wir in der aktuellen Ausgabe der Frage
heben? Wie kann es gelingen, den heimischen Standort noch nach, wie das Büro der Zukunft aussehen sollte und welche
besser zu positionieren? Und welche Möglichkeiten gibt es, globalen Megatrends unsere Zukunft prägen werden. Dieses
dem aktuell vorherrschenden Fachkräftemangel erfolgreich Mal beleuchten wir insbesondere Technologie-Trends, die
entgegenzuwirken? All das in Zeiten einer leichten Konjunktur uns definitiv erwarten werden. Doch bei aller Moderne und
abschwächung. Diese Fragen haben wir im Rahmen des dritten Innovationsfähigkeit gilt es auch, traditionelle Werte zu
WirtschaftsXChange im k.47 in Wien mit hoch rangigen bewahren: Getreu diesem Motto haben wir auch heuer wieder
Persönlichkeiten aus der Wirtschaft vor rund 100 Top-Ent unsere Mitglieder und Kunden zur heimischen Zahlungsmoral
scheidern ausführlich diskutiert. befragt. Die spannenden und äußerst positiven Ergebnisse
haben wir der Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz
Mitte September präsentiert.
Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches viertes Quartal und freue
mich, Sie auf einem unserer zahlreichen Events begrüßen zu
dürfen.
Ihr Hannes Frech
IMPRESSUM: Medieninhaber: Kreditschutzverband von 1870, 1120 Wien, Wagenseilgasse 7; www.ksv.at;
Herausgeber: Ricardo-José Vybiral; Verlagsort: Wien; Chefredaktion: Markus Hinterberger;
Redaktion: Birgit Glanz, Michaela Kohlbacher, Karin Schönhofer; Autoren dieser Ausgabe:
Markus Mittermüller, Stephan Scoppetta; Layout: Die Creation Werbung+Design;
Lektorat: Johannes Payer; Druckerei: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., Wienerstraße 80, 3580 Horn;
Foto: Petra Spiola
Auflage: 25.500 Hinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit wird darauf
verzichtet, geschlechtsspezifische Formulierungen zu verwenden.
Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form Das Österreichische Umweltzeichen
für Druckerzeugnisse, UZ 24, UW 686
angeführt sind, beziehen sie sich auf Männer und Frauen in Ferdinand Berger & Söhne GmbH.
gleicher Weise.
Unbenannt-1 1 07.07.2009 13:28:58
3
Inhalt
cover
6.Der Standort-Blues: Österreich gerät ins Abseits.
Es braucht Reformen. Doch es fehlt häufig der Mut,
die heißen Eisen endlich anzugreifen.
aktuell
10 China: Was kann Europa vom Land der Mitte lernen?
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt verblüfft regel
mäßig mit neuen Superlativen. Wie funktioniert das?
12
WirtschaftsXChange des KSV1870. Rund 100 Top-
Entscheider folgten der Einladung zu dem
Business-Event ins k47.wien.
14
Digitales SOS: Österreich verliert an Boden. In Europa
schreitet die Digitalisierung voran, während Österreich
den Anschluss verliert.
16 Österreich ist in der Bildungs-Steinzeit. Das heimische
System steht in der Kritik, Fachkräfte sind Mangelware.
Wie kann modernes Lernen heute aussehen?
16
Österreich ist
in der Bildungs-Steinzeit
18
Megatrends, die unser Leben prägen. Im ersten von
zwei Teilen dreht sich alles um technologische Trends.
12
WirtschaftsXChange
des KSV1870
20 Sicher vorsorgen mit vier Wänden. Obwohl die Preise
für Vorsorgewohnungen weiter wachsen, sind Erträge
über Sparbuchniveau nach wie vor verlockend.
22 Interview. Gerhard Wagner spricht über
den modernen Vermieterschutz von heute.
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Foto: Sunnybag
24 Tech-Tools am Puls der Zeit.
Vier Produkte mit dem gewissen Etwas.
4
6 20
Der Standort-Blues:
Sicher vorsorgen
mit vier Wänden
Österreich gerät ins Abseits
NEWS
10
China: Was kann Europa
vom Land der Mitte lernen?
26 KSV1870 Inside. News vom führenden
Gläubigerschutzverband Österreichs.
28 Austrian Business Check. Die heimische
Zahlungsmoral im Überblick.
30 Helle Köpfe. KSV1870 Experten schaffen Wissen
und sichern Werte.
Foto: Shutterstock (5)
30 Quergelesen. Neue Fachbücher, die Praxiswissen vermitteln.
31 Gläubigerschutz
Aktuelles aus Rechtsprechung und richterlicher Praxis.
32 Steuertipps
Wichtige Neuigkeiten und Änderungen im Steuerrecht
Foto: Shutterstock
speziell für Unternehmer.
33 RECHTSTIPPS
Wichtige OGH-Urteile für Unternehmen.
Foto: Anna Rauchenberger
34 Wirtschaftsbarometer
Tops & Flops in der österreichischen Wirtschaft.
5
cover Foto: Shutterstock (2)
cover
Der Standort-
Blues: Österreich
gerät ins Abseits
Der heimische Wirtschaftsstandort verliert im internationalen Vergleich
zunehmend an Attraktivität. Um das zu ändern, braucht es Reformen – doch
obwohl die notwendigen Maßnahmen bekannt sind, fehlt den Entscheidungs-
trägern der Mut, die heißen Eisen endlich anzugreifen. Text: André Exner
P
olitische Aussagen können schwer Daraus zu folgern, dass Österreich das wirt
wiegende wirtschaftliche Folgen schaftlich stärkste Land der Erde ist, eine
haben: Als Italiens Innenminister Insel der Seligen sozusagen, die selbst ohne
und Lega-Nord-Parteiboss Matteo Salvini Regierung Höchstleistungen am laufenden
im August seinen Wunsch nach vorge Band vollbringt und den Mittelpunkt auf
zogenen Neuwahlen verlautbarte, hat jeder Karte von Investoren darstellt, die
dies gereicht, um Anleger an der Börse einen sicheren Hafen für ihr Kapital suchen,
Mailand sofort in Angst und Schrecken wäre jedoch fatal. Die Wahrheit ist vielmehr
zu versetzen und die Risikoaufschläge ernüchternd: Der Wirtschaftsstandort
italienischer Staatsanleihen umgehend Österreich taucht kaum noch auf dem
durch die Decke zu schicken. Wien ist hier Radar der internationalen Investoren-Com
offenbar anders: In Österreich tätigte ein munity auf. Der Grund: Investoren hören
Minister und Parteichef Aussagen, die auf Ökonomen aus dem In- und Ausland.
zu einem beispiellosen Polit-Erdbeben Diese geben seit Jahren zu bedenken, dass
geführt haben – aber weder die Aktien es viel Reformbedarf gibt, die Entschei
kurse noch die Renditen der Anleihen dungen jedoch von oben kommen müssen.
sind auch nur ansatzweise in Bewegung Dennoch hat sich bisher keine Regierung
geraten. Das unerwartete Aus für die der jüngeren Vergangenheit getraut, die
Regierung, das politische Interregnum wirklich heißen Eisen anzugreifen.
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rangiert, zeigt die neueste „European belastenden Bürokratie, hohen staatlichen die Bevölkerung dank der positiven
Attractiveness Survey“ des globalen Wirt Ausgaben und dem zunehmenden Fach Zuwanderungsbilanz, doch gerade bei
schaftsprüfungs- und Steuerberatungs kräftemangel.“ hoch qualifizierten Arbeitskräften reicht
unternehmens EY: Während die Hälfte das nicht aus, um den „Brain Drain“
aller ausländischen Investitionen in Richtung Ausland wettzumachen. Um hier
Europa auf Großbritannien, Frankreich Wenn Österreich es nicht gegenzusteuern, bräuchte es einen Willen
und Deutschland entfällt, befindet sich schafft, genügend Fach der Politik, etwa in Form von steuerlichen
Österreich mit einem Anteil von weniger arbeitskräfte zu rekrutieren, Maßnahmen: niedrigere Lohnnebenkosten,
als 1 % am Investitionskuchen auf den
reduziert sich das eine Senkung der Grenzsteuersätze auf
hinteren Rängen. Gleichzeitig sind auch das Arbeitseinkommen sowie eine Steuer
jene Zeiten vorbei, in denen Wien das
Potenzialwachstum entlastung der Unternehmen selbst. Hier
„Tor zum Osten“ war. Während in diesem unseres Landes. ging die angekündigte Steuerreform der
Ranking drei deutsche Städte in den Regierung Kurz bereits in die richtige
Top 10 landen, schafft es die Donau Richtung – ob und wann diese umge
metropole nicht einmal unter die Top-3-Problemfelder: Bürokratie, setzt wird, steht allerdings aufgrund der
Top 30. Selbst die starke Investitionstätig Steuern, Demografie. Neuwahlen in den Sternen. Was schade
keit österreichischer Konzerne kann den Das bestätigt auch die jüngste Austrian- ist, denn jede Verzögerung kostet in den
Mangel an ausländischem Kapital nicht Business-Check-Umfrage des KSV1870: internationalen Standort-Rankings weitere
wettmachen, denn auch OMV, Voest & Co. Für vier von zehn Unternehmen stellt die Plätze – was mittelfristig auch die derzeit
tätigen ihre großen Investitionen lieber im überbordende Bürokratie die größte Hürde noch guten Wachstumsaussichten eintrübt,
Ausland als auf ihrem Heimmarkt, sagt für Investments dar. Viele der Befragten wie Martin Kocher, Leiter des Wirtschafts
Gunther Reimoser, Country Managing sehen auch in den aktuellen Steuerge forschungsinstituts IHS, warnt.
Partner EY Österreich: „Die Alpenrepublik setzen eine klare Investitionshürde. Dazu
Foto: Shutterstock
bietet derzeit offenbar nicht die passenden kommt, dass Unternehmen zunehmend Um diese Abwärtsspirale zu stoppen, bedarf
Rahmenbedingungen für Investoren. Die ein demografisches Problem haben: Ihnen es weiterer Investitionen, um neue Arbeits
Attraktivität Österreichs leidet unter der gehen die Mitarbeiter aus. Zwar wächst plätze zu schaffen. „Wenn Österreich es
8
cover
nicht schafft, genügend Facharbeitskräfte nahmen gegen den Fachkräftemangel: nennt Bernhard Ehrlich, Gründer der
zu rekrutieren, reduziert sich das Potenzi Das Pflichtenheft der nächsten Regierung Arbeitsmarktinitiative „10.000 Chancen“,
alwachstum unseres Landes“, so Kocher. Er wäre damit bereits prall gefüllt. Doch auch die arbeitslose Akademiker, Frauen nach
befürchtet, dass sich auch der „Brain Drain“ im Bildungsbereich fordern Ökonomen der Karenz oder Jugendliche mit Arbeit
künftig verstärken wird. „Die Tatsache, Maßnahmen, um den Standort zu stärken gebern zusammenbringt, einen weiteren
dass Deutschland und andere europäische – und dabei ist noch gar keine Rede von Punkt: „Parallel muss Geld in die Hand
Länder vergleichbare demografische Ent der Entwicklung zum „Wissensstandort“. genommen werden, um die Umschulung
wicklungen aufweisen, führt dazu, dass So würde bereits die Einführung eines arbeitswilliger Menschen, die keinen Job
es sehr wahrscheinlich bald einen noch Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung finden, zu finanzieren. Viele gehen ins
stärkeren Wettbewerb um sehr gut der Kinder helfen, dass beide Elternteile Ausland, weil sie hier nicht die Bereit
qualifizierte Arbeitskräfte geben wird.“ Vollzeit arbeiten können – das empfiehlt schaft dazu vorfinden.“ Das stimmt, meint
auch die OECD. „Man muss es Unter Gernot Brandweiner, Geschäftsführer des
Fokus auf Bildung stärken. nehmen erleichtern, Fachkräfte aus dem Verbands Österreichischer Beton- und
Lohnnebenkosten- und Einkommen Ausland zu holen. Eine Reform der Rot- Fertigteilwerke (VÖB): „Doch wir dürfen
steuersenkung, Bürokratieabbau, Maß Weiß-Rot-Karte ist dringend notwendig“, bei aller Sorge um die Hochqualifizierten
nicht vergessen, dass es auch Handwerker
für die Umsetzung von Ideen braucht.“
Jedes neue Schulungsangebot sollte daher
auf den bestehenden Bildungsmöglich
keiten aufbauen.
Dem demografischen Wandel
anpassen.
Heimische Unternehmen stehen bei „Österreich ist ein wirtschaftlich und
Investitionen auf der Bremse politisch sicherer Standort. Wir müssen
uns aber auf die demografischen Verän
Eine ausufernde Bürokratie, ein teurer Investitionen trotz des attraktiven derungen, hin zu einer alternden Gesell
Staatsapparat, der durch im Europa- Finanzierungsumfelds zurück. Das schaft, einstellen“, sieht Christoph Gruber,
Vergleich besonders hohe Steuern wird vor allem im Zukunftsbereich Österreich-Geschäftsführer des Optik-Ein
für Unternehmen wie für Beschäf Digitalisierung deutlich: Mehr als ein zelhändlers Pearle, gerade bei der Vorberei
tigte finanziert werden muss, und ein Drittel sagt, derzeit gar keine entspre tung auf den demografischen Wandel auch
zunehmender Mangel an Fachkräften, chenden Projekte zu forcieren – und die Unternehmen selbst in der Pflicht. Die
der durch die Demografie und die feh jedes zehnte Unternehmen gibt sogar Menschen werden im Durchschnitt immer
lenden Bildungsangebote noch ver offen zu, gar keine digitale Vision zu älter, gleichzeitig steigt der Bedarf an
stärkt wird: Diese Hauptkritikpunkte haben. „Österreich kann zwar einige Brillen, was gut für das Geschäft ist. Aber
der Ökonomen am Wirtschafts digitale Leuchtturm-Projekte vor ohne gut ausgebildetes Fachpersonal kann
standort Österreich bestätigen auch weisen, trotzdem wird deutlich, dass die Nachfrage nicht bedient werden. Doch
heimische Unternehmen. Das zeigt es hierzulande keine ausgeprägte dieses muss auch besser bezahlt werden.
der jüngste Austrian Business Check digitale Kultur gibt. Wir sind somit Hier schließt sich der Kreis zu den Lohn
des KSV1870 besonders deutlich: Im noch keine digitalen Gestalter“, sagt nebenkosten, die im Europavergleich zu den
Rahmen dieser Umfrage werden zwei KSV1870 CEO Ricardo-José Vybiral. höchsten gehören. „Regulierungen haben
Mal im Jahr Unternehmen befragt, wo In einer Welt, in der zunehmend ein Übermaß angenommen, das stark in
der Schuh drückt. Das Fazit: Der Wirt Großkonzerne mit digitaler Agenda die Gestaltungsfreiheit von Unternehmen
schaftsstandort steht auf wackligen den Ton angeben und wo ein Online- eingreift“, resümiert Gruber. „Gemeinsam
Beinen. Zwar bewerten die meisten Marktplatz das wertvollste Unter mit den hohen Lohnnebenkosten ergeben
Unternehmen den Standort noch nehmen der Welt ist, ein schwerer sich finanzielle Belastungen, die für viele
als gut – aber sie halten sich mit Fehler. Unternehmer schwer zu stemmen sind und
Innovation hemmen.“ n
9
aktuell
China: Was kann
Europa vom Land
der Mitte lernen?
Die zweitgrößte Volkswirtschaft des Planeten ist ein Phänomen – und
verblüfft regelmäßig mit neuen Superlativen in fast allen Bereichen.
Der Rest der Welt sieht es mit Skepsis und Bewunderung zugleich.
Aber wie macht China das bloß? Text: Raimund Lang
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er Aufstieg Chinas begann vor Auf einer abstrakten Betrachtungsebene
rund 40 Jahren. Deng Xiaoping, lassen sich einige Verhaltensmuster iden
der Nachfolger Mao Zedongs an tifizieren, die den Aufschwung begünstigt,
der Spitze der Kommunistischen Partei vielleicht sogar ermöglicht haben. So ist
Chinas, verordnete dem Land ein Reform in China fast alles größer dimensioniert
programm. Ausgangspunkt war eine als anderswo – viel größer. Die fast
Restrukturierung der Landwirtschaft. 1,4 Milliarden Menschen sorgen für eine
An die Stelle der Volkskommunen traten gewaltige Konsumnachfrage, der mehr als
kleine landwirtschaftliche Privatbetriebe. drei Viertel des Wirtschaftswachstums zu mensteuer soll die reale Kaufkraft von
Später wurden die Reformen auf die Städte verdanken sind. Zudem dürfte die stra Menschen mit geringen oder mittleren
ausgedehnt. Auch hier entstanden in der tegische Bedeutung des Binnenkonsums Einkommen erhöhen.
Folge immer mehr Privatunternehmen.
Gleichzeitig öffnete sich China sukzessive Unangefochtener Marktführer
nach außen. Ein Umstand, an dem nicht Während etwa in Öster- bei erneuerbaren Energien.
zuletzt Österreich erfolgreich partizipiert. reich seit Jahren ein juris- Die politische Struktur Chinas mit ihrer
So ist die Volksrepublik heute der zehnt tisches Gezänke um den übermächtigen Kommunistischen Partei,
größte Abnehmer für heimische Exporte. die keine Abwahl zu befürchten braucht,
Bau der dritten Piste am
2018 stieg der Warenwert der Exporte vereinfacht nachhaltige Entscheidungen.
um 9,7 % gegenüber dem Jahr zuvor und
Flughafen Schwechat im China kann schneller als andere Länder
betrug rund vier Milliarden Euro. Gange ist, will China bis umsetzen, was der Führung nötig
2035 die Anzahl der Flug- erscheint. Während etwa in Österreich
Konsum als Wirtschaftstreiber. häfen auf 450 nahezu seit Jahren ein juristisches Gezänke um
Laut Statistiken der Weltbank ist das verdoppeln. den Bau der dritten Piste am Flughafen
Bruttoinlandsprodukt Chinas seit 1978 Schwechat im Gange ist, will China bis
um durchschnittlich 10 % pro Jahr 2035 gleich 216 neue Flughäfen bauen
gewachsen. Zwar hat sich die Wachs angesichts des Handelskonfliktes mit und die Anzahl damit auf 450 nahezu
tumskurve inzwischen abgeflacht, doch den USA künftig zunehmen. Gleichzeitig verdoppeln. Wenn die chinesische Spitze
für 2019 nannte die chinesische Regie schwächelt dieser aber – zumindest in sich für etwas entschieden hat, zieht sie
rung ein Wachstumsziel von immerhin manchen Branchen. So sank 2018 erst es rasch und konsequent durch. Davon
6 bis 6,5 %. Die Zeiten des großen Booms mals die Zahl verkaufter Automobile auf zeugt auch der Ausbau erneuerbarer
Foto: Shutterstock
scheinen jedenfalls vorbei. Doch unab etwa 23,7 Millionen Fahrzeuge. Doch Energieträger, der anderswo schwächelt.
hängig davon, wie es mit China weitergeht China steuert gegen: Eine im Mai 2019 Nirgendwo ist mehr Leistung zur Erzeu
– wie kam es dorthin, wo es heute steht? in Kraft getretene Reform der Einkom gung von Windenergie auf dem Festland
10Sparprogramme bekannt. Dies wird oft
als Indiz dafür gedeutet, dass sie einfach
lernen wollen. Das langfristige Ziel ist ein
Wissenstransfer zurück in die Heimat.
China hat längst verstanden, dass Wissen
Macht ist. Ob das als extrem hart und
selektiv geltende chinesische Bildungs
system das richtige Werkzeug dafür ist,
bleibt abzuwarten. Im Bereich der Wissen
schaft bietet sich teilweise jedenfalls schon
heute das gewohnte Bild der Volksrepublik
als „Rekordhalter“. So hat sie etwa mehr
Universitäten und publiziert mehr Fach
artikel als jedes andere Land.
Juristische Eigenheiten.
Können sich westliche Länder von China
etwas abschauen? Schwer. Denn wer
besitzt schon vergleichbar große Vor
räte an US-Devisen, an Manpower oder
einen ähnlich großen Nachholbedarf
beim Konsum? Wer sonst hat schon ein
vergleichbares politisches System? Die
installiert. Seit 2008 führt China dieses schon eher. In Österreich haben bekannte Partizipation am Erfolgsmodell China
Ranking an. Aktuell mit 206 Gigawatt, wie Unternehmen wie der Luftfahrt-Zulieferer beschränkte sich bisher darauf, Handel mit
das Global Wind Energy Council (GWEC) FACC, der Wäschekonzern Wolford oder dem Land der Mitte zu betreiben oder vor
in ihrem jüngsten „Global Wind Report“ der Antriebsspezialist ATB chinesische Ort Niederlassungen zu gründen. Beides
berichtet. Zum Vergleich: Auf Rang zwei Eigentümer. Chinesen an der Spitze wird auch in Zukunft so bleiben. Und wie
liegen die USA mit einer Kapazität von westlicher Firmen sind im Allgemeinen bisher ist es dabei ratsam, die Gepflogen
135 Gigawatt. Seit 2018 hat die Volks nicht für Massenkündigungen und harte heiten der asiatischen Großmacht genau
republik auch bei den Offshore-Anlagen zu kennen – insbesondere die juristischen
die Nase vorne: Im Bereich der Photo Eigenheiten. Zwar ist das chinesische
voltaik ist China nicht nur der mit Abstand Chinesen an der Spitze Bürgerliche Gesetzbuch, soweit es das
größte Lieferant, sondern mit 176,1 Giga westlicher Firmen sind Vertragsrecht betrifft, am japanischen und
watt installierter Leistung verweist die im Allgemeinen nicht für russischen Bürgerlichen Gesetzbuch ori
Volksrepublik die USA (62,2 Gigawatt) entiert, die ihrerseits dem deutschen BGB
Massenkündigungen und
deutlich auf den zweiten Platz. nachgebildet sind, doch in einem Land, das
harte Sparprogramme erst seit rund 40 Jahren eine Privatwirt
Wissen ist Macht. bekannt. Dies wird oft als schaft kennt, sind die Rechtstraditionen
Neben der sprichwörtlichen Geduld Indiz dafür gedeutet, dass oft völlig andere als in Ländern mit langer
ist die Bereitschaft, von den Besten zu sie einfach lernen wollen. privatrechtlicher Geschichte. So beachten
lernen, eine zentrale Tugend chinesischen
Das langfristige Ziel ist ein zum Beispiel chinesische Gerichte primär
Agierens. Es wurde bereits viel darüber schriftliche Beweismittel. Der Zeugen
diskutiert, ob die Produktpiraterie, das
Wissenstransfer zurück beweis spielt hingegen kaum eine Rolle. Es
zuweilen unverschämte Kopieren west in die Heimat. China hat empfiehlt sich also, Verträge so exakt wie
licher Produkte, darunter fällt. Nach längst verstanden, dass möglich auszuformulieren. Auch bei allfäl
westlichem Rechtsverständnis zweifellos Wissen Macht ist. ligen Rechtsstreitigkeiten ist der im Vorteil,
nicht. Der Aufkauf westlicher Firmen der alles penibel dokumentiert hat. n
11WirtschaftsXChange des KSV1870:
Treffpunkt der Top-Entscheider
Im Rahmen der zweiten Auflage dieses Business-Events in Wien diskutierte am 10. September eine hochkarätige
Expertenrunde über die Zukunft des heimischen Wirtschaftsstandortes. Rund 100 Top-Entscheider folgten der
Einladung. Text: Markus Hinterberger
U
nter dem Titel „Österreich im Boost für die Zukunft: Österreich
S tandor t-B lues?“ re fer ier te als Wissensstandort.
KSV1870 CEO Ricardo-José Damit der heimische Wirtschaftsstandort
Vybiral zunächst über den Status quo der nicht an Attraktivität verliert, bedarf es
heimischen Wirtschaft, den aktuellen Digi neben wettbewerbsfähiger Rahmen
talisierungsgrad der Unternehmen und wie bedingungen auch eines Bildungssys
es um Österreichs Wirtschaft im internati tems, das den heutigen Anforderungen
onalen Vergleich steht. Im Anschluss daran der Arbeitswelt gerecht wird. Darüber
diskutierten Thomas Arnoldner, CEO A1 herrschte unter den Diskutanten im
Telekom Austria Group, Stefan Dörfler, k47.wien Einigkeit. Überhaupt sehen
CFO Erste Group Bank AG, Edeltraud die Experten in der gezielten Ausbildung
Hanappi-Egger, Rektorin der Wirtschafts von Fachkräften für Österreich eine
Die Expertenrunde auf einen Blick: Dipl.-Ing. Stefan
universität Wien, und Sabine Herlitschka, große Chance, sich nachhaltig zu positi Dörfler, CFO Erste Group Bank AG, Dipl.-Ing. Dr. Sabine
Vorstandsvorsitzende Infineon Technolo onieren. Um das zu erreichen, bedarf es Herlitschka, MBA, Vorstandsvorsitzende Infineon
gies Austria AG, über die Attraktivität des sinnvoller Investitionen unter anderem Technologies Austria AG, Univ.-Prof. Dipl.-Ing.
Dr. techn. Edeltraud Hanappi-Egger, Rektorin der
heimischen Standortes und von welchem in die Bereiche Wissenschaft und For
Wirtschaftsuniversität Wien, Mag. Thomas
Profil Österreichs Wirtschaft langfristig schung. Und eine Portion Mut, neue Arnoldner, CEO A1 Telekom Austria Group, und
besonders profitieren könnte. Wege zu beschreiten. n Mag. Ricardo-José Vybiral, MBA, KSV1870 CEO.
12aktuell
Mag. Heinz Gruber, Wolfgang Denzel AG und
Bankhaus Denzel, im Talk mit Michael Pavlik,
KSV1870 Vertriebsleiter.
Mag. Wolfgang Pfabigan, IEF-Service GmbH, Mag. Thomas Arnoldner, CEO A1 Telekom Austria
im Gespräch mit Dr. Hans-Georg Kantner, Group, und Mag. Sonja Wallner, CFO der A1 Telekom
KSV1870 Leiter Insolvenz. Austria AG.
Mag. Michael Gerbavsits, Energie Burgenland AG,
und Mag. Werner Müller, Allianz Elementar
Versicherungs-Aktiengesellschaft.
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Edeltraud Hanappi-
Dr. Stephan Gasser, FINcredible GmbH, Christian
Egger, Rektorin der Wirtschaftsuniversität Wien,
Ochs, MSC, FINcredible GmbH, Michael Pavlik,
und Univ.-Prof. Dr. rer.soc.oec. Bettina Fuhrmann,
KSV1870 Vertriebsleiter, Günther Fasching, KSV1870
Wirtschaftsuniversität Wien.
Information GmbH, René Jonke, KSV1870 Regional-
leiter Süd.
Robert Hebenstreit, easyleasing GmbH, und Michael
Dojacek, Innocube, mit Gerhard Wagner, Geschäfts-
führer KSV1870 Information GmbH.
Mag. Hannes Frech, KSV1870 CFO, Mag. Dr. Reinhold
Süßenbacher, Umdasch AG, Mag. Dr. Harald Hauke,
AUSTRIA GLAS RECYCLING GmbH, Ing. Mag. Wolfgang Das Thema Financial Education ist dem KSV1870
Wahlmüller, „Österreichisches Siedlungswerk“ ein großes Anliegen. Dazu holte Mag. Ricardo-José
Gemeinnützige Wohnungsaktiengesellschaft, Vybiral, MBA, den Gründer der Initiative Teach For
KR Manfred List, FM Holding GmbH, Mag. Peter Austria, Dr. Walter Emberger, auf die Bühne.
Modelhart, KSV1870 Verbandsvorstand.
Auch die ACREDIA Versicherung AG war dabei: Gudrun
Meierschitz, MA, mit Mag. Marina Kaiser-Machan.
Foto: Anna Rauchenberger (Alle Fotos)
Daniela Philipp, Training.Coaching.Consulting, im Mag. Dr. Reinhold Süßenbacher, Umdasch AG,
Bild mit Mag. Ricardo-José Vybiral, MBA, KSV1870 Mag. Thomas Neusiedler, Helvetia Versicherungen Mag. Dr. Roland Wernik, MBA, Salzburg Wohnbau
CEO, und KR Dkfm. Elisabeth Gürtler-Mauthner, AG, und Mag. Philipp Scheuba, BLS Rechtsanwälte GmbH und KSV1870 Präsident, Dr. Walter Emberger,
Hotel Sacher, Eduard Sacher GmbH. Boller Langhammer Schubert GmbH. Teach For Austria gemeinnützige GmbH.
13aktuell
Digitales SOS:
Österreich verliert
an Boden
Die Digitalisierung in Europa schreitet voran. Der EU-Vergleich zeigt
allerdings, dass Österreich den Anschluss an die Spitze zu
verlieren droht. Text: Raimund Lang
E
in generationsübergreifendes Sinkende Absolventenzahlen.
Großprojekt wie die digitale Trans Wo hat Österreich Aufholbedarf? Etwa
formation benötigt Instrumente bei den IKT-Fachkräften (Informations-
zur Erfolgsmessung. Auf europäischer und Kommunikations-Fachkräfte) – hier
Ebene ist der Index für die digitale zeigt sich ein zunehmender Mangel.
Wirtschaft und Gesellschaft (Digital Zwar liegt die Beschäftigung von
Economy and Society Index, DESI) eine IKT-Fachkräften mit 4,4 % klar über dem
der maßgeblichen Informationsquellen. EU-Durchschnitt von 3,7 %. Dass hier
Der DESI wird alljährlich von der Euro aber künftig Probleme zu erwarten sind,
päischen Kommission veröffentlicht und ist offensichtlich: So fiel die Zahl der IKT-
betrachtet fünf Bereiche: Konnektivität, Absolventen innerhalb von zwei Jahren
Humankapital, Nutzung von Internet um 9 %. Bei den digitalen Kompetenzen
services durch die Bürgerinnen und
Bürger, Integration von Digitaltechnik
in der Wirtschaft sowie öffentliche Der Abstand Österreichs
digitale Services. Daraus errechnet sich zu den führenden
für jedes EU-Mitgliedsland ein nume Nationen ist gegenüber
rischer Gesamtwert und in der Folge 2018 größer geworden.
eine Platzierung. Österreich liegt im
aktuellen DESI (2019) auf Position 13,
direkt hinter Deutschland. Das bedeutet in der Gesamtbevölkerung liegt Öster
gegenüber 2018 eine Verschlechterung reich immerhin im oberen Drittel: 67 %
um einen Platz. Der absolute Wert des verfügen über „mindestens grundlegende
Index hat sich zwar geringfügig um 3,8 % digitale Kompetenzen“, 36 % über „mehr
erhöht, andere Länder konnten im Ver als grundlegende digitale Kompetenzen“.
gleich allerdings deutlich stärker zulegen. In der EU verfügen 17 % der Menschen
Tatsächlich ist der Abstand Österreichs über gar keine digitalen Kompetenzen.
zu den führenden Nationen Finnland, Am tristesten ist die Lage in Bulgarien
Schweden, Niederlande und Dänemark und Rumänien, am besten in Dänemark
größer geworden. Die Alpenrepublik und Luxemburg. In Österreich haben
gehört aktuell zur Gruppe der „Länder 10 % der Bevölkerung noch nie das Internet
Foto: Shutterstock
mit mittleren Ergebnissen“ – ebenso wie genutzt – das ist eine Verbesserung um
Malta, Spanien, Deutschland, Litauen, drei Prozentpunkte gegenüber 2017, aller
Frankreich, Tschechien und Portugal. dings keine gegenüber 2018.
14aktuell
Gute Werte im E-Government. Trotzdem fehlt zur Spitze ein gehöriges Das wird besonders am Grad der soge
In den Bereichen Konnektivität, Inter Stück: Schweden, Estland, Finnland nannten „digitalen Intensität“ deutlich.
netnutzung und Integration der Digi und Dänemark weisen jeweils mehr als Darunter versteht der DESI die Anzahl
taltechnik hinkt Österreich hinterher. 90 % auf. Zudem zeigt sich, dass andere der eingesetzten digitalen Techniken je
Besonders auffällig ist die Diskrepanz Länder schnellere Fortschritte machen Unternehmen. Knapp 42 % der öster
bei ultraschnellen (>100 Mbit/s) Breit als Österreich. Während Österreich im reichischen KMU weisen eine niedrige
bandanschlüssen: Nur 7 % aller österrei Bereich der öffentlichen digitalen Services digitale Intensität auf – sie nutzen
chischen Haushalte nutzen einen solchen von 2018 auf 2019 nur um 3,3 Prozent maximal drei digitale Techniken. Bei
– das bedeutet Rang 25 (EU-Durchschnitt: punkte zulegte, konnte Portugal gleich großen Unternehmen trifft das nur auf
20 %). Und das, obwohl die Abdeckung 18 Prozentpunkte gutmachen.
mit 58 % nur geringfügig unter dem
EU-Durchschnitt von 60 % liegt. Das KMU nutzen kaum Digitaltechnologien. In Summe bietet Öster-
könnte damit zu tun haben, dass Fest In der Kategorie Integration der Digital reich ein durchwach-
netzdienste zunehmend durch Mobil technik fiel Österreich gegenüber dem senes Bild, was den
funkdienste ersetzt werden. Dazu passt Vorjahr um vier Ränge auf Platz 19 zurück. Fortschritt der Digitali-
auch die Beobachtung, dass die 4G-Netz Zwar nutzen 40 % der Unternehmen den
abdeckung (98 %) vergleichsweise hoch elektronischen Informationsaustausch
sierung betrifft.
ist. Pluspunkte gibt es für die günstigen (EU-Schnitt: 34 %), klaren Nachholbe
Preise von Festnetz- und Mobilfunk darf gibt es aber bei der Nutzung von 7,3 % zu. Vor allem Firmen in Ländern wie
diensten: Beim Breitbandpreisindex Big Data und Cloud-Diensten. Auch Finnland und Dänemark werden als „hoch
rangiert Österreich an guter vierter Stelle einen häufig genannten Mangel bestä digitalisiert“ eingestuft – in Bulgarien
in Europa und damit um einen Platz tigt der DESI: Nur 13 % (EU: 17 %) und Rumänien trifft das auf weniger
besser als im Vorjahr. der heimischen KMU verkaufen ihre als ein Zehntel zu. Auch in Spanien,
Produkte und Dienstleistungen online. Ungarn und Italien u. v. m. hat mehr als
Vergleichsweise gut ist Österreich beim Folge daraus: Der dadurch erwirtschaf die Hälfte der Betriebe noch kaum in
E-Government: Fast alle der am häu tete Umsatz fällt in Österreich mit 7 % Digitalisierung investiert.
figsten genutzten öffentlichen Dienst äußerst gering aus.
leistungen sind mittlerweile online Fazit.
verfügbar. Die Anzahl der Nutzer stieg Große Unternehmen legen zu. In Summe bietet Österreich ein durch
gegenüber 2018 um vier Prozent Wesentlich besser ausgeprägt ist die wachsenes Bild, was den Fortschritt
punkte auf 68 % (EU-Schnitt: 64 %). Digitalisierung bei großen Unternehmen. der Digitalisierung betrifft. Zwar liegt
die Alpenrepublik in den Bereichen
Humankapital und öffentliche, digitale
Digital economy and society index (desi) 2019
Dienste über dem EU-Durchschnitt, das
70 Wachstum ist allerdings wenig rasant.
Eine unterdurchschnittliche Performance
60
zeigt sich in den Bereichen Konnekti
50 vität, Internetnutzung und Integration
der Digitaltechnik. Technologien wie
40
E-Invoicing, Cloud-Dienste und Online-
30 Vertrieb werden laut den DESI-Autoren
von heimischen Unternehmen bei weitem
20
nicht in vollem Umfang genutzt. Ihre
10 ernüchternde Diagnose: „Der Abstand zu
den leistungsstärksten Ländern hat sich
20. K gal
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28. B nien
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wie etwa der Digitization Index. n
15„Österreich ist in der Wirtschaftsstandort in der Krise?
Steuert der Wirtschaftsstandort Öster
reich hier sehenden Auges in eine Krise,
Bildungs-Steinzeit“ die vom Bildungssystem verursacht
wird? Und an welchen Hebeln muss man
ansetzen, um das Niveau von Bildung
Das heimische Bildungssystem steht in der Kritik. Fachkräfte werden und Ausbildung den Erfordernissen von
immer mehr zur Mangelware. Projekte wie „Schule im Aufbruch“ zeigen, heute und morgen anzupassen? Wie die
wie modernes Lernen aussehen kann. Text: Markus Mittermüller Schule von morgen aussehen könnte,
darüber haben sich die ehemalige Schul
leiterin Margret Rasfeld, der Neurobiologe
D
er gesamte Lehrplan und die Gerald Hüther und der Rechtswissen
Schulwelt sind völlig überholt. Die Der gesamte Lehrplan und schaftler Stephan Breidenbach Gedanken
Schule ist ein Paralleluniversum, die Schulwelt sind völlig gemacht. Zusammen haben sie 2012 die
das mit der Wirklichkeit nichts mehr zu überholt. Die Schule ist Initiative „Schule im Aufbruch“ gegründet,
tun hat.“ Ernüchternder als das Resümee der weltweit schon mehr als 100 Schulen
von Gundi Wentner, Partnerin bei Deloitte
ein Paralleluniversum, das angehören. Diese Schulen sind überzeugt:
Österreich, kann eine Analyse des der mit der Wirklichkeit nichts Die Herausforderungen von morgen kann
zeitigen Schulsystems wohl kaum aus mehr zu tun hat. man nicht mit dem Unterricht wie vor
fallen. Die Unternehmensberaterin fasst 100 Jahren meistern.
im „Deloitte Radar“ jährlich die Ergeb
nisse internationaler Standortstudien den auch das Beratungsunternehmen Lehrer wird zum Coach.
zusammen und ergänzt sie um eigene Ein EY teilt, das den Fachkräftemangel im Was machen sie anders? Den Schülern
schätzungen. In Europa schafft es der hei österreichischen Mittelstand untersucht werden etwa neue Formate angeboten:
Foto: Shutterstock (2)
mische Wirtschaftsstandort nur auf Platz hat. Die alarmierenden Zahlen: 83 % der Im Lernbüro fungiert der Lehrer als Coach
elf. Dringender Handlungsbedarf wird Mittelstandsunternehmen finden keine und nicht als Wissensvermittler. Er stellt
vor allem bei der Verfügbarkeit qualifi geeigneten Fachkräfte, und 40 % beklagen die Materialien zur Verfügung, ist Lern
zierter Arbeitskräfte gesehen. Ein Befund, daraus resultierend Umsatzeinbußen. prozessbegleiter und setzt den Rahmen.
16aktuell
Die Schüler gestalten den Unterricht wei von der Industriellenvere inigung. Die relevantesten Inhalte herausfiltern. Analog
testgehend selbst. Wenn die Schüler in Expertin sieht die Lösung in einem dazu könnten die Jugendlichen zu einem
der Früh in die Schule kommen, wählen „Grundbildungsnachweis“, den Jugendliche Thema selbst Bilder, Fact Sheets und Videos
sie selbst, welches Fach sie heute besuchen mit 14 Jahren erhalten sollten. Dazu sei es produzieren und sich so den Content
möchten und auch zu welchem Zeitpunkt notwendig, das gesamte Bildungssystem selbst erarbeiten. „Österreich ist hier noch
sie die Prüfungen schreiben. Einmal pro für 4- bis 14-Jährige neu aufzustellen – in der Steinzeit“, kritisiert Duftner. Und
Woche gibt es einen Projekttag, bei dem zum Beispiel mit zwei verpflichtenden wie sieht es international aus?
die Schüler in zwei bis drei Projekten pro Kindergartenjahren. „Wir müssen Wert
Jahr eigenen Forscherfragen nachgehen. auf die persönliche und charakterliche Aufwertung der Pädagogen.
Die Resultate sollen dann möglichst in Bildung legen und die Inhalte des Unter Finnland, regelmäßiger Sieger bei den
unterschiedlichen kreativen Formaten richts neu definieren. Das heißt: weg von den PISA-Tests, wird oft als Vorbild in Bezug
gezeigt werden. Daneben gibt es Werk Routineaufgaben, hin zu persönlichen, kom auf sein Bildungswesen genannt. Hier steht
stätten. Dort lernen die Schüler Infor plexen Aufgaben. Denn das unterscheidet das soziale Miteinander im Vordergrund,
matik, kreatives Schreiben, Fotografie uns von Maschinen“, so Dworschak. individuelle Fähigkeiten werden gefördert,
oder Qigong. Sie arbeiten mit Holz oder und die Schüler sollen voneinander lernen.
pflanzen im Garten Gemüse an. Lernen wird sexy. Alle Schüler werden bis zur 9. Klasse
„Lernen muss am Smartphone passieren, zusammen unterrichtet, und der Lehrer
„Verantwortung“ als Schulfach. sexy und einfach wie WhatsApp sein.“ beruf genießt in Finnland – im Gegen
Damit die Schüler für die Welt von morgen Schon vor elf Jahren war Dieter Duftner, satz zu Österreich – hohes Ansehen, ver
gewappnet sind, heißen die beiden wich Gründer und Geschäftsführer des Institute gleichbar mit dem von Ärzten und Juristen.
tigsten Fächer „Verantwortung“ und „Her of Microtraining, vom Megatrend mobiles „Auch Singapur und Kanada sind Vorbilder,
ausforderung“. Beim Schulfach „Verant Lernen überzeugt. „Unser Leben spielt sich was die Stellung des pädagogischen Berufs
wortung“ suchen sich alle eine Aufgabe im in unserer Hosentasche ab. Daher ist es betrifft“, weiß Dworschak. Dass eine
Gemeinwesen: Sie gehen in Kindergärten, notwendig, das Smartphone auch in den Reform des Bildungssystems besser heute
engagieren sich ökologisch oder kreieren Unterricht zu integrieren“, fordert der als morgen passieren muss, darüber sind
ein Theaterstück mit Kindern. Ab der Bildungs- und Digitalisierungsexperte. sich alle Experten einig. Dazu Wentner:
8. Klasse verlassen die Schüler für das Fach Diese neue Form des Lernens ändert „Wir brauchen jedes Talent und jedes
„Herausforderung“ drei Wochen die Schule nicht nur die Rolle der Lehrer, sondern Kind und müssen unsere Kinder mit den
und meistern eine Herausforderung auch jene der Schüler. „Die Lehrer werden geeigneten Grundkompetenzen befähigen,
– dabei müssen sie mit 150 Euro aus zu Coaches, die den Content validieren, immer wieder Neues zu lernen.“ n
kommen. Die Schüler lernen den Umgang und sind nicht
mit Unsicherheit, Risikobereitschaft, Kon mehr diejenigen,
flikte in Gruppen zu lösen, zu scheitern die das Wissen
und zu entscheiden. „Das ist ein echtes für sich gepachtet
Vorzeigeprojekt“, sagt Wentner. Woran haben. Und die
es in Österreich hakt, liegt für sie auf der Schüler werden
Hand: „Durch die frühe Trennung der zu Co-Autoren,
Kinder nach der Volksschule erfolgt eine die ihren Content
soziale Auslese. Die Neuen Mittelschulen selbst erstellen“,
sind völlig überfordert.“ Die Konsequenz so Duftner. Wie
davon ist, dass viele Jugendliche einen zu das in der Praxis
niedrigen Bildungsabschluss haben und aussehen könnte?
für eine weitere Berufsausbildung kaum Duftner erin
geeignet sind. nert hier an das
Schreiben von
Weg von der Routine. Schwindelzet
Einen massiven Aufholbedarf bei der Ele teln, bei dem die
mentarbildung ortet auch Tina Dworschak Schüler selbst die
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