Asset Liability Management heute - Zinsrisiken ante portas - Zenodo

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19                Asset Liability Management heute – Zinsrisiken ante portas

3.                Asset Liability Management heute –
                  Zinsrisiken ante portas
Von Prof. Dr. Karsten Döhnert &                                        ziert. Die Folge sind latente Liquiditäts- und vor allem
Prof. Dr. Martin Spillmann                                             Zinsrisiken im Bankenbuch. 5 Die Berner Kantonalbank
                                                                       beschreibt diese bündig: «Bei der BEKB resultieren die
Bankbilanzen reflektieren Ungleichgewichte                             wesentlichen Zinsrisiken (...) aus dem Hypothekarge-
«Finden Sie die Hypothek, die zu Ihrer Lebenssituation                 schäft, indem Festzinshypotheken mit Kundengeldern
passt, und fixieren Sie einen günstigen Zins langfristig,              ohne feste Zinsbindung refinanziert werden».6
einfach und mit wenigen Klicks». So sprechen Banken                    Es empfiehlt sich, diese Zinsrisiken weiterhin ernst zu
ihre Kunden im Hypothekargeschäft an. Weil die Ban-                    nehmen. Ungleichgewichte können erkannt werden und
ken untereinander in einem intensiven Wettbewerb ste-                  Bilanzrisiken können aktiv gesteuert werden. Mit einer
hen, müssen sie ihren Kunden weit entgegengehen. Auf                   gezielten Bewirtschaftung (Asset- and Liability Manage-
der anderen Bilanzseite der Bank, beim Angebot an die                  ment, abgekürzt ALM) nimmt die Bank das Heft in ihre
Sparer, besteht ebenfalls Wettbewerb und es klingt                     eigenen Hände. Ziel ist, Bilanzrisiken zu erkennen, zu
dann etwa so: «Mit höheren Zinsen und kostenloser                      messen und später auch zu steuern. Zahlreiche Instru-
Kontoführung kommen Sie Ihren Zielen näher».                           mente, Methoden, Prozesse und Institutionen unterstüt-
       Weil Bankkunden aus Produkten auswählen kön-                    zen diese Ziele.
nen, sind es letztlich die Kunden, die bestimmen, wel-                      Die meisten Banken haben dafür professionelle Pro-
che Bankprodukte in die Bankbilanzen gebucht wer-                      zesse installiert. Die Geschäftsberichte der meisten Ban-
den. Die Obwaldner Kantonalbank schreibt in ihrem                      ken geben Zeugnis davon. Drei Beispiele:
Geschäftsbericht: «Bei den Kundenausleihungen macht
sich die Situation eines stark umworbenen Marktes be-                  – St. Galler Kantonalbank: «Zinsabsicherungsmassnah-
merkbar».1 Die OKB schreibt zudem: «Die Kunden se-                       men, um gegen einen künftigen Anstieg der Markt-
hen sich mit der Situation konfrontiert, ihre liquiden                   zinsen geschützt zu sein, waren weiterhin notwendig.
Mittel möglichst auf verschiedene Banken zu verteilen,                   Auslaufende Payer-Swaps wurden im Geschäftsjahr
um Negativzinsen zu vermeiden». 2 Leider werden die-                     2017 durch die Aufnahme von Anleihen und Pfand-
se Mittel eher parkiert als investiert. Die Aargauer Kan-                briefen ersetzt, um das bestehende Absicherungs-
tonalbank beklagt dazu: «Da sich unsere Kundinnen und                    dispositiv aufrechtzuerhalten».7
Kunden bei den anhaltend tiefen Zinsen nicht länger-                   – Luzerner Kantonalbank: «Gründe für die Steigerung
fristig binden wollten, haben die Kassenobligationen                     des Zinsergebnisses sind die Ausweitung des Ge-
(...) weitgehend an Bedeutung verloren». 3 Bankbilanzen                  schäftsvolumens, rückläufige Absicherungskosten für
reflektieren die Bankgeschäfte der Bankkunden und so-                    Zinsrisiken, und Einnahmen aus Negativzinsen». 8
mit letztlich den Wirtschaftszyklus. Gerät die Wirtschaft              – Etwas allgemeiner die Graubündner Kantonalbank:
aus dem Gleichgewicht, taucht dieses irgendwann in                       «In der Steuerung der Zinsänderungsrisiken im Rah-
den Bilanzen der Banken auf. Die St. Galler Kantonal-                    men des ALM setzen wir eine definierte Anlagestra-
bank beschreibt dies so: «Die weiterhin hohe Liquidi-                    tegie für das Eigenkapital um».9
tätshaltung der Kunden und die starke Nachfrage nach
langlaufenden Fest- und Geldmarkthypotheken erhöhte                    Was verlangen die Regulatoren?
die Fristeninkongruenz zwischen Aktiv- und Passivseite                 Schon früh setzten sich die Regulatoren mit den Zins-
der Bilanz».4                                                          risiken im Bankenbuch auseinander. Im Unterschied zu
                                                                       den Kreditrisiken entschieden sie aber, die Zinsrisiken
Zinsrisiken müssen bewirtschaftet werden                               nicht direkt mit Eigenkapital zu unterlegen. Stattdessen
Langfristige Ausleihungen an Kunden werden also ge-                    formulieren sie Mindeststandards für deren Bewirt-
genwärtig von anderen Kunden auf kurze Sicht finan-                    schaftung und installierten einen detaillierten Prüf-

1
    Obwaldner Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017, S. 45
2
    Obwaldner Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017, S. 13
3
    Aargauer Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017, S. 34
4
    St. Galler Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017, S. 104
5
    Das Bankenbuch umfasst die Risiken aus der Gesamtheit der Bilanz. Es unterscheidet sich vom Handelsbuch, welches –
    sofern vorhanden – separat bewirtschaftet und limitiert wird. Dieser Artikel beschränkt sich auf die Zinsrisiken im Bankenbuch.
6
    Berner Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017, S. 84
7
    St. Galler Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017, S. 104
8
    Luzerner Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017 , S. 11
9
    Graubündner Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017, S. 61
20             Retail Banking-Studie Schweiz 2018                                                                              21                 Asset Liability Management heute – Zinsrisiken ante portas

prozess.10 Hintergrund ist die Tatsache, dass Zinsrisiken           für den Fall steigender Marktzinsen. Wollen Banken                                                                                                       Eigenmittelsensitivität bei +1%
                                                                                                                                Bank                                           Bilanzsumme              Eigenmittel
im Bankbuch weniger uniform und fassbar sind als                    diese begrenzen, müssen sie aktiv absichern.                                                                                                                     Zinsanstieg*;**
Kreditrisiken oder Handelsrisiken. Zudem gibt es natio-           – Nach wie vor dominiert Volumenwachstum als Stra-                                                                                                                         in % des Marktwerts
                                                                                                                                                                           Buchwert in CHF Mrd.     Buchwert in CHF Mrd.    in CHF Mio.
nale Eigenheiten, sodass sich der Charakter dieser Risi-            tegie, um der Margenerosion entgegenzuwirken. Da-                                                                                                                           der Eigenmittel

ken stark von Land zu Land unterscheidet. Im Rahmen                 mit erhöht sich die Risikoexponierung und die Ban-          Aargauische Kantonalbank                           27.0                     2.3                13***                 0.40%
                                                                                                                                Freiburger Kantonalbank                            22.0                     1.9                  -84               -3.16%
des Basler Ausschusses wurden diese Regeln überar-                  ken setzen sich vermehrten Modell- und Liquiditäts-
                                                                                                                                Banque Cantonale de Genève                         22.7                     1.5                 -104               -4.95%
beitet und letztmals 2016 neu veröffentlicht.11                     risiken aus.                                                Banque Cantonale Vaudoise                          45.4                     3.5                 -363                -7.41%
     Die FINMA folgt diesen Vorgaben. Sie emittierte              – Die Erfassung der Zinsrisiken im Bankbuch ist nicht         Berner Kantonalbank                                29.3                     2.4                 -121               -3.60%
bereits 2008 ein Rundschreiben FINMA-RS 08/6 «Zins-                 trivial. Es stehen verschiedene Messmethoden zur            Basellandschaftliche Kantonalbank                  24.2                     2.2                 -129               -4.12%
risiken Banken». Es bildet die Grundlage für die Erfas-             Verfügung, viele Daten müssen modelliert werden.            Graubündner Kantonalbank                           25.6                     2.5                 -214               -6.10%
                                                                                                                                Luzerner Kantonalbank                              35.9                     2.7                 -189               -5.00%
sung von Risikodaten, welche an die SNB geliefert wer-              Soweit ersichtlich, teilen die Banken eine vergleich-
                                                                                                                                St. Galler Kantonalbank                            32.6                     2.2                 -203               -6.60%
den und von SNB und FINMA ausgewertet werden.                       bare Auffassung von der Natur ihrer bilanziellen Zins-
                                                                                                                                Schaffhauser Kantonalbank                           7.4                     0.9                  -69               -5.50%
Aufgrund dieser Daten kommentiert die SNB regelmä-                  risiken.                                                    Schwyzer Kantonalbank                              17.6                     1.8                  -60               -2.40%
ssig die ALM Risiken der Schweizer Banken.12 Die FINMA            – Alle Banken haben funktionierende institutionelle           Thurgauer Kantonalbank                             22.3                     2.1                 -153               -5.20%
wird per 2019 ein neues Rundschreiben 2019/2 «Zins-                 Voraussetzungen geschaffen für eine aktive Bewirt-          Urner Kantonalbank                                  3.2                     0.3                   -22              -5.50%
risiken – Banken» in Kraft setzen.13 Es wird die überar-            schaftung ihrer Bilanz. In allen Banken sind verant-        Zürcher Kantonalbank                              163.8                    11.2                -800                -5.10%
                                                                                                                                Zuger Kantonalbank                                 14.6                     1.2                 -139               -8.30%
beiteten Vorgaben des Basler Ausschusses aufnehmen                  wortliche Gremien definiert (meist heissen sie ALCO
                                                                                                                                Bank Cler                                          17.5                     1.2                     -1             -0.04%
und bereits heute existierende Vorschriften, insbeson-              oder ALM-Comittee) und diese pflegen in ihren Ent-          PostFinance                                       121.0                     6.8                   -29              -0.30%
dere zur Offenlegung, erweitern.                                    scheiden, in der Ausführung und der Überwachung             Bank Linth                                          6.8                     0.5                   -19              -2.90%
     Ziel des vorliegenden Artikels ist eine Standortbe-            eine sinnvolle Arbeitsteilung.                              Raiffeisen Schweiz                                228.0                    15.7               -1644                -7.48%
stimmung darüber, was in der Schweiz bereits heute                                                                              Clientis Gruppe                                    14.5                     1.3                   -24               -1.33%
                                                                                                                                Valiant Gruppe                                     27.6                     2.2                     -3             -0.10%
offengelegt wird. Wir werfen im Weiteren einen Blick              Risikozahlen
                                                                                                                                Baloise Bank SoBa                                   7.5                     0.4                   -29              -4.54%
auf Neuerungen und auf zu erwartende weitere Infor-               Eine Mehrheit der Banken quantifiziert ihren Risiko-          Hypothekarbank Lenzburg                             5.0                     0.5                     -3             -0.40%
mationen ab 2019.                                                 appetit und ihre Exponierung. Das verbreitetste Risiko-       UBS ****                                          916.0                    51.3                    -6              -0.01%
                                                                  mass ist die Zinssensitivität der Eigenmittel. Das ist die    Credit Suisse ****                                796.0                    42.2                  466                 0.79%
                                                                  mutmassliche Veränderung des Marktwerts der eige-            Tabelle 1: Ausgewiesene Zinsrisiken (Quelle: Geschäftsberichte 2017, eigene Berechnungen)
3.1 Ein Blick auf die Offenlegung der                             nen Mittel im Falle eines künftigen Zinsanstiegs. Das
Banken heute                                                      zugrunde gelegte Szenario ist meistens ein Zinsanstieg       * gelb: durch die Bank rapportiert; weiss: zu Vergleichszwecken approximiert
                                                                  von plus 1 Prozent.                                          ** Annahme (wo der MW EK nicht angegeben wurde): MW EK = 140% des BW
                                                                                                                               *** Die Eigenmittelsensitivität wurde auf Basis der publizierten Grafik geschätzt
Kommentare zum Zinsengeschäft                                         Vergleiche von Risikozahlen sind mit Vorsicht zu         **** Zahlen basierend auf Konzernabschlüssen
Eine Durchsicht der Geschäftsberichte 2017 inland-                geniessen, denn diese basieren auf spezifischen, bank-
orientierter Banken mit bilanzintensiven Geschäfts-               eigenen Modellen und Annahmen. Da diese nicht ver-
modellen führt zu folgenden Erkenntnissen:                        öffentlicht werden, erfahren Leserinnen und Leser der        – Das Ausmass der ausgewiesenen Wertveränderungen                       Derivatenutzung
                                                                  Geschäftsberichte nicht alles, was für eine fundierte          variiert zwischen plus 1 und minus 8 Prozent. Die meis-               Mit ALM will die Bank ihre Bilanz aktiv gestalten, und
– Die im Bilanzgeschäft aktiven Schweizer Banken be-              Beurteilung der Risikosituation und insbesondere für           ten Banken positionieren sich bei einer Sensitivität                  Ungleichgewichte wo nötig ausgleichen. Das wichtig-
  wegen sich in einem homogenen Marktumfeld, das                  Vergleiche erforderlich wäre.14                                von wenigen negativen Prozentpunkten. Der Mittel-                     ste Mittel dazu ist zunächst ein aktives Produktma-
  charakterisiert ist durch Negativzinsen, Wettbewerb,                Trotz dieser Vorbehalte vermittelt Tabelle 1 eine          wert (geometrisches Mittel) liegt bei minus 3.6 Pro-                  nagement. In dieser Hinsicht ziemlich umfassend ist
  zunehmendes Hypothekenvolumen und schweizweit                   grobe Übersicht über 25 rapportierende Banken.                 zent. Anders ausgedrückt: Im Durchschnitt sind die                    der Ansatz der Basellandschaftlichen Kantonalbank:
  ähnliche Kundenwünsche. Viele Banken haben daher                                                                               Eigenmittel auf rund 4 Jahre angelegt.                                «Mit dem Teambank-Ansatz eng verbunden ist die in-
  eine ähnliche, von den Kundenwünschen dominierte                Was fällt auf?                                               – Relativ stark von steigenden Zinsen betroffen wä-                     telligente Nutzung der Bankbilanz. (...) Damit reduzie-
  Bilanzstruktur.                                                 – In den meisten Fällen würde der Marktwert der Eigen-         ren die Marktwerte des Eigenkapitals von BCV, GKB,                    ren wir unser Risiko und können die Bilanz gezielt zu-
– Kundentransaktionen führen tendenziell zu Aktiv-                  mittel bei einem Anstieg der Marktzinsen fallen. Das         SGKB, Zuger KB und Raiffeisen Schweiz.                                gunsten aller Beteiligten einsetzen».15
  überhängen (die Zinsbindung der Aktiven übersteigt                ist dann der Fall, wenn die Zinsbindung der Aktiven        – Ausgeglichen und gegen Zinsveränderungen immu-                             Reichen die korrekt gepreisten Transaktionen mit
  diejenige der Einlagen). Daraus resultieren Zinsrisiken           diejenige der Passiven übersteigt.                           nisiert erscheinen die Bank Cler, die Valiant Gruppe                  den Kunden nicht aus, um die Bilanz in ein Gleichge-
                                                                                                                                 und die UBS.                                                          wicht zu bringen, muss aktiv abgesichert werden. Das
                                                                                                                               – Von steigenden Zinsen profitieren würden die AKB                      meistverwendete Instrument dazu sind Zinsenswaps.
10
   Basel Committee on Banking Supervision (BCBS). ursprüngliche Standards von 2004. Online (15.08.2018): www.bis.org             und die Credit Suisse; diese rapportieren geringfügig                 Diese Absicherungsgeschäfte werden im Bankenbuch
11
   BCBS 368 – Standards on Interest rate risk in the banking book, published on April 21st 2016                                  positive Sensitivitäten.                                              geführt, damit sie gleich verbucht werden können wie
12
   Z.B. ausführlich im SNB Stabilitätsbericht 2017, S. 24–26.
13
   https://www.finma.ch/de/dokumentation/rundschreiben
14
   Zwei Ausnahmen sind die Hypothekarbank Lenzburg und die Valiant Gruppe. Beide nennen explizit die Durationen
   von Aktiven und Passiven; sie liegen um die 3 Jahre (Aktiven) respektive 2.5 Jahre (Passiven).                              15
                                                                                                                                    Basellandschaftlichen Kantonalbank (2018). Geschäftsbericht 2017, S. 12
22             Retail Banking-Studie Schweiz 2018                                                                            23                                     Asset Liability Management heute – Zinsrisiken ante portas

die abgesicherten Bilanzgeschäfte. (Dies im Unterschied            sich in den letzten Jahren als teuer. Denn die zu zah-      hen. Es bleibt die Feststellung, dass diejenigen Ban-                              Das Risiko wäre dann ausgeglichen, wenn die Sensi-
zu Swaps im Handelsbuch, welche zu aktuellen Markt-                lenden langfristigen Zinsen waren stets teurer als die      ken, die sich während der letzten Jahre stets gegen                                tivität das Ausmass der Zielduration erreicht hat.
werten verbucht sind). Tabelle 2 zeigt das Ausmass der             erhaltenen variablen Zinsen. Auch fielen die Markt-         steigende Zinsen abgesichert hatten, bisher dafür                                  Nur wenige Banken nennen eine solche explizit.16
Derivatenutzung ausgewählter Banken im ALM 2017.                   zinsen seit Jahren kontinuierlich tiefer, was alle be-      nicht belohnt wurden. Im Gegenteil: Sicherheit hat                               – Zahlreiche Banken simulieren auch den künftigen
                                                                   reits früher abgeschlossenen Swaps relativ gesehen          bisher stets ihre Erträge belastet.                                                Zinsertrag unter verschiedenen Zinsszenarien. Dies
Einige Feststellungen:                                             noch teurer machte. Und seit der Einführung der Ne-       – Der Vollständigkeit halber zeigt Tabelle 2 auch rap-                               ist meist der Bruttoertrag, d.h. er enthält nebst dem
– Die meisten Banken nutzen – in Ergänzung zum Pro-                gativzinsen muss sogar auf beiden Seiten der Swap-          portierte Swap-Volumen im Handelsbuch. Viele Re-                                   Ertrag auf der Zinsrisikoposition auch die Margen der
  duktmanagement – Zinsenswaps. Unter den Kanto-                   verträge bezahlt werden!                                    tailbanken haben keine solchen abgeschlossen. Es                                   Produkte. In diesem Fall ist das reine Zinsrisiko nicht
  nalbanken haben lediglich die Appenzeller und die              – Banken müssen die Marktwerte ihrer Swap-Kontrakte           sind v.a. die Banken mit einem aktiven Zinsenhandel                                von Risiken im Produktmanagement isoliert. Nur die
  Obwaldner Kantonalbank keine Swaps abgeschlossen                 offenlegen. Kein Wunder ist der Saldo aus positiven         (die Grossbanken, Raiffeisen Schweiz, die Zürcher und                              grössten Banken separieren den Beitrag des Treasury
  (weder im Bank- noch im Handelsbuch). Besonders                  und negativen Wiederbeschaffungswerten – abge-              die Basler Kantonalbank), welche hier dominieren.                                  konsequent von den Produktbeiträgen. Es wäre inte-
  aktiv sind die Kantonalbanken der Kantone Genf, Ba-              sehen von wenigen Ausnahmen – in den meisten Fäl-                                                                                              ressant, darüber mehr zu erfahren.
  sel, Luzern und Zug, sowie die Neue Aargauer Bank.               len negativ.                                              Zwischenfazit                                                                      – Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Offenlegung
– Wollen Banken Aktivüberhänge abbauen, müssen sie               – Zum Glück für viele Banken laufen zahlreiche derar-       Was ist von diesen Kommentaren, Risikoausweisen und                                  hat sich verbessert, was sehr zu begrüssen ist, denn
  Payer Swaps abschliessen. Diese generieren feste                 tige «Hinterlassenschaften» gegenwärtig aus. In die-      Derivatezahlen der Banken zu halten?                                                 immerhin gehören die Zinsrisiken im Bankenbuch
  Zinszahlungsverpflichtungen gegen den Erhalt vari-               sem Sinne sind die eingangs zitierten Aussagen der                                                                                             zu den wichtigsten Bankenrisiken. Über das Ganze
  abler Zinszahlungen. Solche Absicherungen erwiesen               St. Galler und der Luzerner Kantonalbank zu verste-       – Das Know How, die Technik und die organisatorischen                                betrachtet bleibt die Rapportierung allerdings frag-
                                                                                                                               Vorkehrungen scheinen bei allen Banken vorhanden                                   mentarisch.
                                                                                                                               zu sein. Geläufige Messmethoden sind die Marktwert-
                                                                          Ausmass                         Vergleich: Swaps     sensitivität des Eigenkapitals. Das häufigste Zins-                              Die Sicht der Behörden
Derivatennutzung im ALM                  Aktiven     Eigenmittel                        Netto Marktwert
                                                                         der Nutzung                      im Handelsbuch       szenario ist plus 1 Prozent. Weitergehende Details                               Wie kommentieren die Behörden die Zinsrisiken der
Einheit                                  CHF Mrd.     CHF Mrd.
                                                                          Swaps in %
                                                                                            pos./neg.        CHF Mrd.          und Hintergründe zu den Berechnungen (z.B. Modell-                               Banken? Die SNB schreibt in ihrem jüngsten Stabilitäts-
                                                                           der Bilanz
                                                                                                                               annahmen) werden aber kaum publiziert.                                           bericht: «Interest rate risk from maturity transforma-
Aargauische Kantonalbank                   27.0            1.7               6%             negativ               0.2
                                                                                                                             – Eigenkapital gilt dabei als die Residualgrösse, welche                           tion has remained high.»17 Die SNB bemerkt, dass die
Appenzeller Kantonalbank                    3.2            0.0               0%                –                    –
Banco dello Stato del Cantone Ticino       13.5            0.5               4%             negativ                 –          wie ein Puffer das Risiko absorbiert. Es wird nicht sel-                         Zinsrisiken in den Jahren 2016 und 2017 leicht rückläu-
Freiburger Kantonalbank                    22.0            2.5              11%             negativ                 –          ber modelliert wie die anderen Passiven. Man könn-                               fig waren. Sie schreibt aber auch, dass das Ausmass
Banque Cantonale de Genève                 22.7            5.8              26%             negativ               0.0          te dies tun, z.B. mit der Festlegung einer Zielduration.                         dieser Risiken schwierig zu messen und daher ungewiss
Banque Cantonale du Jura                    3.0            0.4              13%             negativ                 –
Banque Cantonale Neuchâteloise             10.7            0.6               6%             negativ                 –
Banque Cantonale Vaudoise                  45.4            6.1              13%              postiv               1.7
Wallliser Kantonalbank                     15.6            1.3               8%             negativ                 –
Berner Kantonalbank                        29.3            3.6              12%             negativ                 –                                                35%
Basler Kantonalbank                        40.8           17.8              44%             negativ             173.6

                                                                                                                                      Eigenmittelsensitivität bei
Basellandschaftliche Kantonalbank          24.2            5.8              24%              postiv               0.1                                                30%
Graubündner Kantonalbank                   25.6            5.6              22%             negativ               0.4

                                                                                                                                           +2% Zinsanstieg
                                                                                                                                                                     25%
Glarner Kantonalbank                        5.6            0.5               9%             negativ               0.0
Luzerner Kantonalbank                      35.9           11.0              31%              postiv               0.5                                                20%
Nidwaldner Kantonalbank                     4.7            0.0               1%             negativ               0.0
Obwaldner Kantonalbank                      4.5            0.0               0%                –                    –                                                15%
St. Galler Kantonalbank                    32.6            6.2              19%              postiv               0.0
Schaffhauser Kantonalbank                   7.4            0.2               3%             negativ               0.3                                                10%

Schwyzer Kantonalbank                      17.6            3.9              22%             negativ                 –
                                                                                                                                                                      5%
Thurgauer Kantonalbank                     22.3            0.2               1%             negativ                 –                                                         06    07      08     09    10    11    12     13     14     15      16    17
Urner Kantonalbank                          3.2            0.2               7%             negativ                 –
Zürcher Kantonalbank                      163.8           17.5              11%             negativ             267.5                                                                    bankeigene Annahmen              fixe Annahmen der SNB
Zuger Kantonalbank                         14.6            5.6              38%              postiv                 –
Raiffeisen Schweiz                        228.0           35.0              15%             negativ              40.1
Clientis Gruppe                            14.5            0.3               2%             negativ                 –
                                                                                                                             Abbildung 1: Zinsrisiko unter Annahmen der Banken (dunkelblau) und denjenigen der SNB (hellblau)18,19
Valiant Gruppe                             27.6            2.4               9%             negativ                 –
Acrevis                                     4.3            0.1               2%             negativ                 –
Baloise Bank SoBa                           7.5            1.1              14%             negativ                 –        16
                                                                                                                                Die Schwyzer Kantonalbank verfährt so. SZKB. Geschäftsbericht 2017, S. 85: «Die strategische Ausrichtung des ALM orientiert sich
Hypothekarbank Lenzburg                     5.0            0.1               2%             negativ                 –           an einer Benchmark-Strategie. Durch die gleichmässige, rollierende Eigenkapital-Anlage wird der Zinserfolg langfristig optimiert
Neue Aargauer Bank                         23.0            7.9              34%             negativ               0.0           und stabilisiert.»
Credit Suisse                             796.0           46.8               6%                –             13’047.8
                                                                                                                             17
                                                                                                                                SNB Financial Stability Report 2018, Juli 2018, S. 6
                                                                                                                             18
                                                                                                                                SNB Financial Stability Report 2018, Juli 2018, S 30ff.
Tabelle 2: Derivatenutzung von Banken im ALM                                                                                 19
                                                                                                                                Im Unterschied zur Abbildung 1 simuliert die SNB den Verlust bei einem Zinsanstieg von 2% sowie auf Basis des Tier-1-Kapitals.
24              Retail Banking-Studie Schweiz 2018                                                                                   25                 Asset Liability Management heute – Zinsrisiken ante portas

sei. Schon seit Jahren kritisiert sie, dass bankeigene              3.2 Neue Vorschriften am Horizont                                Eine Erleichterung bietet die FINMA z.B. zum dritten                          Überarbeitete Meldepflicht an die Behörden
Annahmen das Risiko unterschätzen könnten. Die SNB                                                                                   Punkt obiger Auflistung an: Sie verlangt nicht, dass die                      Die Banken müssen – wie bereits heute – ihre Zins-
scheint diesen Annahmen zu misstrauen und rechnet                   Internationale und Schweizer Standards                           Risikotoleranz für die Barwert- und Ertragsperspek-                           risikopositionen im Bankbuch der Finma einreichen.
daher zwei Mal nach: In Abbildung 1 vergleicht sie die              Der Basler Ausschuss definiert zahlreiche Grundsätze             tive, sondern «mindestens für die Barwertperspektive»                         Das auszufüllende Formular gleicht dem Beispiel der
Risikoausweise basierend auf den Annahmen der Ban-                  zum ALM. Abbildung 2 fasst deren wichtigste zusam-               formuliert wird. Auch sieht sie für mittelgrosse Banken                       Tabelle 3, ist allerdings gegenüber heute wesentlich
ken (dunkelblau) mit dem Risiko, das auf konservati-                men.                                                             eine De-Minimis-Regel vor: Banken der Aufsichtska-                            umfangreicher und komplexer.
veren, fixen Annahmen der SNB basiert (hellblau). Die                                                                                tegorie 3 mit kleinem Zinsengeschäft und geringen
Aussage ist deutlich: In den Jahren 2013 bis 2015 hat-                                                                               Zinsrisiken können alle Vereinfachungen anwenden, die                         In dieser Tabelle müssen – pro Währung – die Zinsbin-
ten Banken nur deswegen konstante Risiken rappor-                     Grundsätze zur Bewirtschaftung von Zinsrisiken                 bereits für Institute der Kategorien 4 und 5 gelten24 .                       dungen aller Aktiven und Passiven des Bankenbuches
tiert, weil sie gleichzeitig ihre Annahmen (zu ihrem Vor-             – Banken müssen ALM Zinsrisiken identifizieren,                                                                                              rapportiert werden. Die Produkte sind nach Kategorien
teil) veränderten.                                                      messen, überwachen und kontrollieren.                        Am wichtigsten ist aber, dass sich die FINMA entschied,                       I bis V gegliedert.
      Die FINMA prüft die einzelnen Banken. Sie identi-               – Das Oberleitungsorgan der Bank ist verantwort-               nicht den Standardansatz des Basler Ausschusses ein-
fiziert Ausreisserbanken und setzt sich mit diesen direkt               lich für ein angemessenes Rahmenkonzept.                     zuführen. Stattdessen stützt sie auf zwei bewährte                            – Kategorie I: Positionen mit fester Zinsbindung (z.B.
auseinander. 2018 wurden zwei Fälle von Ausreissern                   – Die Risikotoleranz muss aus Barwert- und Ertrags-            Pfeiler ab:                                                                     Festhypothek)
bekannt: Die Banque Cantonale Vaudoise und die Post-                    perspektive formuliert, und je mit Limiten begrenzt                                                                                        – Kategorie II: Positionen mit einer unbestimmten Zins-
Finance. Die BCV wurde angehalten, wegen ihrer Zins-                    werden.                                                      1. Eine erweiterte Meldepflicht an die Behörden                                 bindung (z.B. Sichtgeld)
risikoposition ein zusätzliches Prozent mehr Eigenmit-                – Die Zinsrisiken müssen aufgrund vorgegebener                 2. Eine ausführlichere Offenlegung an die Öffentlichkeit                      – Kategorie III: Positionen ohne Zinsbindung (z.B. Bank-
tel zu halten. 20 Ähnliches geschah bei der PostFinance.                Zinsszenarien ermittelt werden.                                                                                                              gebäude)
Sie wurde zudem aufgefordert, ihre Zinsrisiken anders                 – Modellannahmen müssen fundiert sein und jähr-                Was bedeutet dies ab dem nächsten Jahr                                        – Kategorie IV: Eigenmittel
zu messen. Die FINMA verlangte 2016 von der Post-                       lich überprüft werden.                                       für die Banken?                                                               – Kategorie V: nichtlineare Derivate.
Finance, die Zinsbindung ihrer Sichtgelder kurzfristiger              – Messsysteme und Modellannahmen müssen in-
zu modellieren und wurde 2018 in dieser Haltung vom                     tern unabhängig validiert werden.
Bundesverwaltungsgericht bestätigt. 21                                – Es braucht ein internes Reporting über die Risiko-
                                                                        position, die Auslastung der Limiten und über we-                                                                                 > 1 bis 30    > 1 bis 3               > 4 bis 5
                                                                                                                                      Kategorie            Aktiven (CHF)         Gesamt       bis 1 Tag                             …     …                  …     > 20 Jahre
                                                                                                                                                                                                            Tage        Monate                   Jahre
Was lehren diese Interventionen?                                        sentliche Modellannahmen.
                                                                                                                                      I            Bankdebitoren auf Zeit          100                        50           50
– Alle Modelle haben Grenzen.                                         – Es braucht zudem eine externe Offenlegung, ge-                             Festhypotheken                 1000                                    200       200   200     200        200
– Die Behörden haben das Recht, sich einzumischen,                      mäss Vorgaben des nationalen Regulators (in der                            Finanzanlagen                   100					                                                       100
  insbesondere bei systemrelevanten Banken.                             Schweiz das FINMA-Rundschreiben 2016/1 «Offen-                             Zinsenswaps                     100                        40           60
– Letztlich wäre es wünschenswert, wenn sich auch die                   legung Banken»).                                                           …
                                                                                                                                      II           Bankdebitoren auf Sicht         100           10           20           30        40
  Sparer und die Eigentümer (Kantone, Aktionäre) ein                  – Die Bank muss fähig sein, die ausgewiesenen Zins-
                                                                                                                                                   variable Hypotheken
  genaueres Bild vom Zinsänderungsrisiko ihrer Bank                     risiken zu tragen. Sie muss dafür über ausreichend                         …
  machen könnten. Mehr Offenheit auch für das Publi-                    Risikokapital verfügen.                                       III          Finanzanlagen                   100          100
  kum wäre zu begrüssen.                                                                                                                           Beteiligungen                   100          100
                                                                    Abbildung 2: Standards für die Bewirtschaftung von ALM                         Goodwill                        100                        20           30                                 50
                                                                    Zinsrisiken22                                                                  …
Die Transparenz dürfte sich in den nächsten Jahren
                                                                                                                                                                                                          > 1 bis 30    > 1 bis 3               > 4 bis 5
weiter verbessern. Denn die FINMA fordert von den                                                                                     Kategorie           Passiven (CHF)         Gesamt       bis 1 Tag
                                                                                                                                                                                                            Tage        Monate
                                                                                                                                                                                                                                    …     …
                                                                                                                                                                                                                                                 Jahre
                                                                                                                                                                                                                                                             …     > 20 Jahre
Banken bald neue Meldepflichten und eine erhöhte                                                                                      I            Bankdebitoren auf Zeit         100                         50           50
Offenlegung ein.                                                    Die FINMA emittierte bereits 2008 ein Rundschreiben                            Kreditoren auf Zeit            100
                                                                    FINMA-RS 08/6 «Zinsrisiken Banken».                                            Kassenobligationen
                                                                        Per 2019 tritt ein überarbeitetes Rundschreiben                            Pfandbriefanleihe
                                                                                                                                                   Zinsenswaps                    100                                                               50        50
                                                                    2019/2 «Zinsrisiken – Banken» in Kraft. 23 Dieses folgt
                                                                                                                                                   …
                                                                    den Vorgaben des Basler Ausschusses, beschränkt sich
                                                                                                                                      II           Privatkonti auf Sicht         1000                       200           200       200   200     200
                                                                    aber auf weniger Seiten. Es ist – nach intensiver Anhö-                        Kundeneinlagen (Spargeld)      200                                     100       100
                                                                    rung der Branche – in zahlreichen Punkten relativ prag-                        …
                                                                    matisch.                                                          IV           Eigenmittel, Dotationskapital 200                          40           60                                100
                                                                                                                                      V            nicht lineare Derivate

20
   BCV (2018). Offenlegungsbericht 2017, S. 6 (Adequation du capital) : «Dans le contexte actuel de taux bas et compte tenu de       Tabelle 3: Formular zur Meldung von Zinsrisiken (schematisch)
   l’exposition au risque de taux de la BCV telle que calculée par la FINMA, la FINMA a préconisé une exigence pour la BCV de 13%.
   Cette mesure, liée à la situation des taux extrêmement bas, est temporaire.»
21
   Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. März 2018, S. 2ff.                                                                   24
                                                                                                                                          Pragmatisch ist das Rundschreiben auch in folgenden Punkten: Es darf mit unterschiedlichen Methoden diskontiert werden.
22
   Basierend auf «Standards – Interest rate risk in the banking book», April 2018, BIS                                                    Die Bonitätseffekte sind relativ eng definiert (nur Werteffekte auf Anleihen), die Kapitaldefinition dafür eher grosszügig (inklusive
23
   https://www.finma.ch/de/dokumentation/rundschreiben                                                                                    gewisse nachrangige Anleihen).
26             Retail Banking-Studie Schweiz 2018                                                                         27            Asset Liability Management heute – Zinsrisiken ante portas

Die Zeitbänder, in denen die Zinsfälligkeiten aufge-          gen wird Detaillierungsgrad haben. Die Granularität         Die Autoren
führt werden, hängen in den Kategorien II bis V stark         der Daten ist sehr hoch. Komplexe und (zu) viele Infor-
von den von den Banken bestimmten Replikationspa-             mationen werden an die Behörden geliefert werden
rametern ab.                                                  müssen.
                                                                    Die Banken dürfen nach wie vor ihre Risikopara-
Anhand dieser Tabellen können die Zinsrisiken wie             meter individuell festlegen. Sie müssen sie aber be-
folgt berechnet werden:                                       gründen können und auch zu einem gewissen Grad
                                                              offenlegen. Der Modellpluralismus vermeidet zudem
i) Als Veränderung des Nettobarwertes unter den Sze-          die Gefahr, dass sich alle Banken am gleichen Stan-                              Prof. Dr. Karsten Döhnert                                 Prof. Dr. Martin Spillmann
    narien der Zinsveränderung                                dardmodell orientieren – welches vielleicht falsch ist.     Prof. Dr. Karsten Döhnert (1972) ist Dozent und Pro-     Prof. Dr. Martin Spillmann (1961) ist Dozent und Pro-
ii) Als Netto-Erfolg Zinsengeschäft unter den Szena-          Die effektiven Risikopositionen können dennoch ver-         jektleiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug    jektleiter für Banking & Treasury am Institut für Finanz-
    rien der Zinsveränderung                                  glichen werden, weil den Behörden sehr detaillierte         (IFZ) der Hochschule Luzern. Er studierte an der Uni-    dienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern. Er
                                                              Daten auch zu den Modellen rapportiert werden. Die          versität Basel Volks- und Betriebswirtschaftslehre und   studierte und promoviere an der Universität Zürich.
SNB und FINMA benützen diese Informationen für                Marktdisziplin greift so, zumindest indirekt via Behör-     promovierte dort 2007. Karsten Döhnert ist Bankrat       Während Jahren bewirtschaftete er als Deputy Group
gesamtwirtschaftliche Analysen und Berichte, z.B. den         den.                                                        der Urner Kantonalbank.                                  Treasurer die Finanzressourcen der UBS. Heute unter-
jährlichen Stabilitätsbericht. Gleichzeitig können sie              Die FINMA definiert quantitative und qualitative                                                               richtet er regelmässig in verschiedenen Bildungsinsti-
damit Banken mit besonders auffälligen Positionen             Kriterien, anhand welcher sie Ausreisserbanken iden-                                                                 tutionen, und leitet das Audit Committee der Raiffeisen-
(Ausreisser) identifizieren.                                  tifiziert. Ein quantitatives Kriterium ist zum Beispiel,                                                             bank Zug.
                                                              dass ein Zinsanstieg von +1.5% den Barwert der Eigen-
Erweiterte Offenlegung                                        mittel um nicht mehr als 15% des Kernkapitals beein-
Das FINMA-Rundschreiben 2016/1 «Offenlegung Ban-              trächtigt. Andere Kriterien bleiben weniger transpa-
ken» definiert zahlreiche Informationen, welche Ban-          rent und nachvollziehbar.
ken öffentlich machen müssen. Diese Liste wird nun                  Insgesamt wird das neue Rundschreiben die Auf-
ergänzt um neue Informationen zu den Zinsrisiken im           sicht und Überwachung stärken. Die FINMA hat sich die
Bankenbuch. Banken müssen neu zahlreiche qualita-             Möglichkeit geschaffen, Ausreisser zu identifizieren, zu
tive und quantitative Angaben explizit rapportieren:          beurteilen, und weitgehende Massnahmen zu verlan-
                                                              gen. Damit kann sie gezielt in den Markt eingreifen.
i) Wie die Bank das Zins-Risiko der Bankbilanz definiert      Auch die SNB erweitert ihre Möglichkeiten. Sie verbrei-
ii) Wie die Bank ihr strategisches ALM organisiert (Limi-     tert ihre Datenbasis nicht nur für ihre Stabilitätsbe-
     ten, Stresstests, Validierung, Absicherungsstrategien,   richte, sondern auch für ihre Geldpolitik, für allfällige
     ALCO, …)                                                 makroprudentielle Massnahmen, und schliesslich auch
iii) Ihre Zinsszenarien für die Ertragssimulation             für vorbehaltene Notfallpläne. Die Vision eines schweiz-
iv) Die wesentlichen Modellierungs- und Parameter-            weiten ALM scheint möglich.
     annahmen                                                       Nicht zuletzt stärkt das Rundschreiben auch die
                                                              ALM Funktionen der Banken. Dass sich die Regulatoren
                                                              vermehrt für Treasury Funktionen der Banken interes-
3.3 Fazit                                                     sieren, ist letztlich ein Gewinn. Unbefriedigend sind al-
                                                              lerdings die sehr hohe Granularität der Datenlieferun-
Der von der FINMA beschrittene Weg der «erweiterten           gen an die Regulatoren.
Meldepflicht und Offenlegung» scheint ordnungspoli-                 Letztlich ist auch die künftig erhöhte Transparenz
tisch sinnvoll und für den Schweizer Markt passend. Es        gegenüber Eigentümern, Investoren und der Öffentlich-
ist verhältnismässig, dass die Banken nicht gezwun-           keit ist zu begrüssen. Sie könnte den Blick auf die Be-
gen werden, ein globales Standardmodell zu verwen-            wertung der Banken als «zinssensitive Titel» schärfen,
den, welches Produkte am Schweizer Markt nicht pas-           aber auch die Wahrnehmung verwandter Risiken am
send abbilden würde. Tendenziell negative Auswirkun-          Immobilienmarkt oder in der Refinanzierung.
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