Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt

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Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Auf dem Weg zu einem
Zentrum Industriekultur
in Sachsen-Anhalt
Neukonzeption und Erweiterung
des Technikmuseums Magdeburg

Machbarkeitsstudie

Iglhaut + von Grote, April 2020

im Auftrag der Landeshauptstadt Magdeburg

gefördert durch Staatskanzlei und Ministerium
für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt

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Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Inhalt

1    Vorbemerkungen                            4
2    Bezugsrahmen für ein Zentrum              8
     Industriekultur in Sachsen-Anhalt
3    Einbindung in Entwicklungskonzepte       12
     der Landeshauptstadt Magdeburg und
     des Landes Sachsen-Anhalt
4    Daten zur Geschichte und                 24
     Bedeutung des Standorts
5    Bildungsangebote und Zielgruppen         30
6    Kooperation und Vernetzung               34
7    Städtebauliches und kulturelles Umfeld   38
8    Institutionelles Profil                  50
9    Ausstellung und Sammlung                 56
10 Baudenkmal und Denkmalschutz               62
11   Raum- und Funktionsprogramm              65
12 Optionen für Umbau und Erweiterung         72
13 Entwicklungsprozess und nächste Schritte   84

     Anhang                                   88
Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Baggerdrehgestell zum
Brückenschwenkbagger
Ds 700 Nr. 200 der
„Grube Erika“, 1928.
                                     1

4
                        Vorbemerkungen
                                     5
Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Zielhorizont                                          Stadtratsbeschluss 2017

Am Standort des Magdeburger Schwermaschi-             Übernahme der Trägerschaft                         zu einem Museum der Magdeburger Industrie-             wird zur praktischen Umsetzung des erarbeiteten
nenbaus im Stadtteil Buckau soll ein innovatives                                                         kultur werden zu lassen. Dies bedeutet, dass die       Konzepts und damit für die Umgestaltung
Zentrum für Industriekultur in Sachsen-Anhalt         Im Dezember 2017 beschloss der Stadtrat der        Technikgeschichte noch deutlich stärker in             des Technikmuseums und Einrichtung einer neuen
entstehen, das Komponenten eines technik- und         Landeshauptstadt Magdeburg, das Technik-           ihren wirtschaftsgeschichtlichen und damit ver-        Dauerausstellung“ im Jahr 2020 eine neue
industriegeschichtlichen Museums, eines Schau-        museum ab Mitte 2019 in städtische Trägerschaft    bundenen soziokulturellen Kontext eingebunden          Entscheidungsvorlage erarbeitet.
fensters für Wissenschaft und Wirtschaft und          zu überführen, nachdem es zuvor durch den          wird. Hierdurch kann eine stärkere Verknüpfung
einer offenen Plattform für Bürgerbeteiligungen       Verein „Kuratorium Industriekultur in der Region   mit der Geschichte der Stadt Magdeburg im              Phase 3 (Januar 2021 bis Dezember 2024)
vereint. Hierfür wurden zwischen Herbst 2019          Magdeburg e.V.“ in überwiegend ehrenamtlicher      19. und 20. Jahrhundert erzielt werden, die den
und Frühjahr 2020 inhaltliche und strategische        Trägerschaft betrieben worden war. 1995 wurde      Besucherinnen und Besuchern zudem zahlreiche           Umsetzung des Weiterentwicklungskonzepts.
Kriterien für ein künftiges Nutzungskonzept           in der ehemaligen Produktionshalle der Maschi-     Anknüpfungspunkte zu ihrer heutigen Lebenswelt
entwickelt und Möglichkeiten der Sanierung            nenfabrik Krupp-Gruson, während der Zeit           bietet. Leitgedanke kann hierbei sein, mit allen       Phase 4 (2025)
und baulichen Erweiterung der monumentalen,           der DDR des Schwermaschinenkombinats Ernst         Sinnen erfahrbar zu machen, wie sich Magdeburg
denkmalgeschützten Gießereihalle von 1871             Thälmann - SKET, ein Museumsbetrieb ein-           im Zuge der Industrialisierung durch rauchende         Die Umsetzung der Weiterentwicklung soll 2025
erörtert. Angestrebt wird ein regional und inter-     gerichtet und seit 2006 durch das Kuratorium       Schlote, Motorisierung der Transportmittel,            angeschlossen sein, so dass das Technikmuseum
national vernetztes Haus, das den Charakter           Industriekultur betreut. Während seines            hämmernde Maschinen etc. seit der Mitte des            im Jahr 2025 neu präsentiert werden kann.
eines historischen Museums erweitert, den             25-jährigen Bestehens konnte das Haus eine         19. Jahrhunderts und erneut seit dem Ende des
ehemaligen Industriestandort mit einem weit           bedeutende Sammlung zur Industriegeschichte        20. Jahrhunderts im ‚postindustriellen Zeitalter’      Das Technikmuseum ist ein Baustein der Bewer-
ausstrahlenden Profil aufwertet und als kulturelles   Magdeburgs und seiner Umgebung aufbauen.           verändert hat. Das industrielle Erbe wird in der       bung Magdeburgs um den Titel der Europäischen
Leuchtturmprojekt Initiativen bündelt, die in         Mit 15.000 Besuchern jährlich wurde das            Bewerbung Magdeburgs für die Kulturhauptstadt          Kulturhauptstadt. Es ist Projektpartner für die
Bezug auf die Industriekultur in Sachsen-Anhalt       Museum zu einem festen Bestandteil der Kultur-     Europas 2025 eine wichtige Rolle spielen. Die          große Magdeburger Sonderausstellung „Feeling
und Mitteldeutschland bereits angestoßen              landschaft Magdeburgs und darüber hinaus.          perspektivische Weiterentwicklung des Technikmu-       East“ und soll 2025 einen Teil dieser Ausstellung
wurden.                                                                                                  seums ist daher, auch im Kontext der zu erarbei-       präsentieren.
                                                      Der Stadtratsbeschluss von 2017 beschrieb          tenden kulturellen Langzeitstrategie 2030 der
                                                      vier Phasen der weiteren Entwicklung:              Landeshauptstadt, von eminenter Bedeutung.“            Im Zuge der Phase 2 wurde die hier vorliegende
                                                                                                                                                                Konzept- und Machbarkeitsstudie in Auftrag
                                                      Phase 1 (Juni 2018 bis Mai 2019)                   Phase 2 (Juni 2019 bis Dezember 2020)                  gegeben, die sich sowohl mit den konzeptionellen
                                                                                                                                                                Rahmenbedingungen, als auch mit baulichen
                                                      Unterstützung des Kuratoriums Industriekultur      Übernahme der Trägerschaft durch die Landes-           Maßnahmen und Erweiterungsoptionen be-
                                                      beim Betrieb des Museums und Arbeit an dessen      hauptstadt. Im Beschussvorschlag des Stadtrats         schäftigt. Die Gesamtstrategie für ein „Zentrum
                                                      konzeptioneller und musealer Weiterentwicklung     heißt es dazu: „Dem Kuratorium Industriekultur         Industriekultur“ wurde in enger Zusammenarbeit
                                                      im Rahmen der Bewerbung Magdeburgs als             wird angetragen, die Funktion eines Fördervereins      zwischen dem Leiter des Museums, Dr. Hajo
                                                      Kulturhauptstadt Europas. Im Beschussvorschlag     zu übernehmen, um den Betrieb des Museums              Neumann, und der Agentur Iglhaut + von Grote
                                                      des Stadtrats heißt es dazu: „Mit einer dauer-     ideell und materiell nach Maßgabe der Möglich-         (Berlin) erstellt und von einem wissenschaftlichen
                                                      haften Bestandssicherung durch Rücküberführung     keiten zu unterstützen. (...) Unter Berücksichtigung   Beirat begleitet, dem neben Vertreter*innen der
                                                      in die städtische Trägerschaft eröffnet sich die   der in diesem Zeitraum liegenden Entscheidung          Stadt und des Landes auch Vertreter*innen be-
                                                      Möglichkeit, das Technikmuseum konzeptionell       über die Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas        deutender deutscher Technikmuseen angehörten.
6                                                                                                                                                                                                                    7
Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
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                           Bezugsrahmen für ein
                         Zentrum Industriekultur
                              in Sachsen-Anhalt
Innenansicht der Halle
des Technikmuseums
Magdeburg
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Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Bezugsrahmen für ein Zentrum
Industriekultur in Sachsen-Anhalt
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                                                                                                           Industriegeschichte auf
                                                                                                           dem Außengelände

Kulturpolitische Bezüge                                industriekulturellen Erbes, aber auch aktuelle
                                                       Herausforderungen der regionalen Wirtschaft
Das Entwicklungskonzept basiert auf mehreren           wie die Themen Bildung, Fachkräftesicherung
Annahmen und Bezügen, die in ihrer Summe               und ‚Industrie 4.0’-Ansätze.“
über die Errichtung eines regionalgeschichtlichen      Hier werden die Handlungsfelder „Bewahren und
Museums hinausweisen bzw. die Konzeption               Erforschen“, „Erleben und Vermitteln“ und
eines regionalgeschichtlichen Museums deutlich         „Gestalten und Weiterentwickeln“ aufgemacht.
erweitern. Die Entwicklungskonzepte der                Kooperation und Vernetzung erscheinen in allen
Landeshauptstadt Magdeburg (insbesondere               erwähnten Ansätzen als Grundvoraussetzung                                     Glücksfall. Der industrie- und sozialgeschichtliche   globale Einflussfaktoren, denen sich eine
Kulturstrategie 2030 und Integriertes Stadtent-        einer erfolgreichen Weiterentwicklung.                                        Strukturwandel der Maschinenfabrik in Buckau          zeitgemäße Museumsarbeit nicht verschließen
wicklungskonzept 2030 sowie die Bewerbung                                                                                            über 150 Jahre, die historischen Brüche im 19. und    kann. Das betrifft die thematische Ausrichtung
um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2025“)          150 Jahre Industriegeschichte                                                 20. Jahrhundert, und eine Wirtschaftsgeschichte,      genauso wie Vermittlungsstrategien, die
und des Landes Sachsen-Anhalt (insbesondere                                                                                          die zugleich regionale Gesellschaftsgeschichte        Teilnahme an öffentlichen Debatten genauso
Konzept „Industrie + Kultur + Geschichte erleben“      Am Standort des Technikmuseums in                                             schreibt und den globalen Handelswegen folgt,         wie umgekehrt die Öffnung von Museen für
und Landeskulturkonzept 2025 sowie Masterplan          Magdeburg-Buckau war die Unternehmens-                                        werden im Fokus der neuen Ausstellung liegen.         Beteiligungsformen des Publikums.
Tourismus Sachsen-Anhalt) werden hier aus-             entwicklung des Grusonwerks, später der Fried.
drücklich als Bezugsrahmen genannt, deren              Krupp Grusonwerk AG, und nach Gründung                                        Wandel der Aufgaben von Museen                        Neues Miteinander von Museum
Inhalte können aber nur in knappen Zusammen-           der DDR der VEB Schwermaschinenbau                                                                                                  und Publikum
fassungen wiedergegeben werden. Weitere                „Ernst Thälmann“ (ab 1969 VEB Schwermaschi-                                   Zu den getroffenen Annahmen gehört, dass
Anhaltspunkte geben z.B. die „Regionale                nenbau-Kombinat „Ernst Thälmann“, kurz SKET)                                  sich Museen neben ihren unstrittigen Kern-            Museen sind darauf angewiesen, dass sie
Innovationsstrategie Sachsen-Anhalt 2014-2020“         nicht nur Teil der regionalen Wirtschafts- und                                aufgaben – Sammeln, Bewahren, Forschen,               Identifikationsangebote schaffen, zu Treffpunkten
des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft,      Technikgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert.                                 Ausstellen, Vermitteln – heute neuen Aufgaben         werden. Der amerikanische Soziologe Ray
die Zukunftswerkstätten „Strukturwandel nach           Vielmehr agierte das Unternehmen spätestens                                   stellen müssen, die aus Entwicklungen in der          Oldenburg spricht von solchen öffentlichen
der Braunkohle: Wie wollen wir 2040 leben?“            seit der Übernahme durch die Friedrich Krupp                                  Gesellschaft resultieren und diese widerspiegeln.     Plätzen als „dritten Orten“, neben den Orten
(2019/2020) und die Handlungsempfehlungen              AG in unterschiedlichen zeitgeschichtlichen                                   Lokale Lebensverhältnisse stehen heute unter          der Arbeit und des Familienlebens. Dazu gehören
„Industriekultur in Mitteldeutschland“ der             Epochen in der Rolle eines Weltunternehmens.                                  globalen wirtschaftlichen, technischen und            beispielsweise Bibliotheken und Museen, in
Projektgruppe Industriekultur der Europäischen         Es war stets auch vielfach verflochtener Bestand-                             politischen Einflüssen. Digitalisierung und Ver-      denen sozialer Austausch und sozialer Ausgleich
Metropolregion Mitteldeutschland (2019), dort          teil politischer Systeme und globaler Handels-                                netzung sind Megatrends in zunehmend allen            im Vordergrund stehen und eine spielerische
heißt es: „Ziel der Projektgruppe ist es, die reiche   beziehungen. Im 19. Jahrhundert mehrere Tausend,                              Arbeits- und Lebensbereichen, Zugang zum              Leichtigkeit herrschen kann. Ein zeitgemäßes
gemeinsame Industriekultur Mitteldeutschlands          zum Ende der DDR etwa 30.000 Beschäftigte                                     Internet prägt das Alltagsleben mit einer hohen       Museum pflegt heute eine veränderte Strategie
stärker bewusst und nutzbar zu machen. Dazu            des Schwermaschinenbaus in Magdeburg                                          Dynamik (Anteil der Internetnutzer in Deutsch-        im Miteinander mit dem Publikum, und das
sollen länderübergreifende Themen in Sachsen,          zeigen die Bedeutung an, die dieser Industrie-                                land: ca. 90%). Öffentlichkeit bildet sich            Publikum erhält die Möglichkeit, sich ein
Sachsen-Anhalt und Thüringen identifiziert,            zweig weit über Magdeburg hinaus hatte. Dass                                  inzwischen auch im digitalen Raum des                 Museum in einem durch das Museum mode-
koordiniert und strategisch bearbeitet werden.         an einem so bedeutsamen historischen Ort durch                                Internet. Politische und religiöse Konflikte, die     rierten Partizipationsprozess „anzueignen“.
Dazu gehören die Bewahrung, wissenschaftliche          bürgerschaftliches Engagement und ehrenamt-                                   Auswirkungen des Klimawandels und nicht
Aufarbeitung und touristische Vermarktung des          lichen Einsatz ein Museum entstanden ist, ist ein                             zuletzt die wachsende soziale Ungleichheit sind
10 Bezugsrahmen                                                                                                                                                                                                                             11
Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Großexponat des
Technikmuseums
Magdeburg                             3

                           Einbindung in
                   Entwicklungskonzepte
                   der Landeshauptstadt
                     Magdeburg und des
12
                  Landes Sachsen-Anhalt13
Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Kulturstrategie der                                      Bewerbung                                             Integriertes
Landeshauptstadt                                         Kulturhauptstadt                                      Stadtentwicklungskonzept
Magdeburg                                                Europas 2025                                          2030

Die programmatischen Anstrengungen der                   Unter der Überschrift „Europäische und interna-       Im 2019 vorgelegten Integrierten Stadtentwick-        Stadt der Bildung und Kultur
Landeshauptstadt Magdeburg, die Kulturland-              tionale Dimensionen“ wird im Papier „Kulturstrate-    lungskonzept der Landeshauptstadt Magdeburg            »» Angebote für lebenslanges und
schaft und ihre Förderung in einer „Kulturstrategie      gie 2030“ weiter ausgeführt: „Magdeburg               (ISEK) wird ein Leitbildentwurf entwickelt,               integratives Lernen
2030“ weiterzuentwickeln, umfassen Handlungs-            sieht sich als ‚moderne Kulturstadt mit Verantwor-    der in acht Bereiche gegliedert ist und hier als       »» Moderne Kulturstadt mit
empfehlungen seitens der Kulturpolitik und               tung in und für Europa’ und die Welt“, und, als       Zusammenfassung wiedergegeben wird:                       Verantwortung in und für Europa
für die Kulturpolitik. Als Rahmenbedingungen             Zitat aus dem Bewerbungsbuch um den Titel „Kul-
für kulturpolitisches Handeln werden Megatrends          turhauptstadt Europas 2025“: Kunst und Kultur         Geschichtsträchtige,                                  Grüne Stadt
– Veränderungen in Kultur und Gesellschaft –             sind nicht nur als identitätsstiftende Standortfak-   weltoffene Stadt an der Elbe                           »» stadthistorische Bezüge bewahren,
genannt: demografischer Wandel („silver                  toren eminenter Bestandteil unserer Gesellschaft,      »» 1.200 Jahre Ottostadt                              »» Grünsystem erhalten und ausbauen
society“), gesellschaftliche Disparität (z. B. alt/      sondern sind auch grundlegende Elemente für            »» Weltoffenheit und Toleranz, Diversität             »» Auswirkungen des Klimawandels mindern
jung, arm/reich, gebildet/ungebildet, gesund/            den Zusammenhalt in Europa. Kunst- und                    und Vielfalt                                       »» Stadt am Fluss:
krank), Wandel der Gender-Rollen („gender                Kulturschaffende leisten vor Ort einen wichtigen       »» Stadt am Fluss: Zugänge und urbane Ufer               Fluss- und Bachläufe einbeziehen
shift“), Digitale Kultur („new work“), Individualisie-   Beitrag, um Magdeburg weltoffen, tolerant
rung – Globalisierung, Klimawandel – neue                und attraktiv zu gestalten. Dafür können sie auf      Nachhaltige Stadtentwicklung im                       Stadt zum vielfältigen, attraktiven Leben
Ökologie – Gesundheit, Urbanisierung (neue               eine gut aufgestellte Infrastruktur setzen und        demografischen Wandel                                  »» Familienfreundliches Umfeld schaffen
Lebens- und Denkweisen, Neudefinition des                das innovative und kreative Potential der Stadt        »» Soziale Stadt: Teilhabe, Inklusion, Integration    »» Integriertes Wohnen und urbane
öffentlichen Raums), Konnektivität (gesell-              weiter ausbauen. Die Bewahrung, Stärkung               »» Stadt für alle Lebensalter                            Wohnangebote entwickeln
schaftlicher Wandel durch Vernetzung), Mobilität         und Entwicklung von Kulturorten, die Unterstüt-        »» Kompakte Stadt der kurzen Wege:                    »» Kultur und Sport für alle
(weiter wachsender Mobilitätsbedarf und                  zung der Kulturwirtschaft und die Schaffung               Nutzungsdichteintensivieren,
Vielfalt an Mobilitätsformen), Sicherheit (Wider-        von Rahmenbedingungen, die den Ansprüchen                 Nutzungsmischung ausbauen                         Regionales Zentrum und Einheit aus
spruch zwischen dem alarmistischen Krisendiskurs         der freien Kulturszene gerecht werden, bilden          »» Effiziente Stadt: Flächenmanagement               eigenständigen Identitäten
und der Lebensrealität), Wissenskultur (neue             die konzeptionelle Basis, auf der die Kulturstrate-       und Flächenrecycling                               »» Zentrale Funktionen im Verdichtungsraum
Formen der Innovation und des gemeinsamen                gie Magdeburg 2030 aufsetzen wird. Die Be-             »» Klimagerechte und ökologische Stadt                »» Altstadt als urbanes Zentrum
Forschens). Diese Reflexion von Megatrends in            werbung Magdeburgs um den Titel 'Kulturhaupt-                                                                »» Stadtteile, Quartiere und Dörfer
Gesellschaft und Kultur enthält zahlreiche               stadt Europas 2025' wirkt als Katalysator und         Stadt der Wirtschaft                                      mit eigenständigen Identitäten
Anhaltspunkte für die Profilierung des neuen             hinterlässt ihre Spuren in einer neuen Qualität der    »» Industrie- und Logistikstandort                    »» Innerstädtische Verkehrsbeziehungen
Technikmuseums und bietet einen geeigneten               interdisziplinären Arbeit der verschiedenen Berei-     »» Einkaufsstadt und Reiseziel,                          optimieren
Hintergrund für ein innovatives Konzept. (Bezug:         che der Stadtverwaltung als auch in der engeren           Wachstumsbranche Tourismus
Landeshauptstadt Magdeburg, Kulturstrategie              Vernetzung unterschiedlicher Akteure in                »» Kreativwirtschaft                                 Auch dieses Leitbild gehört zum Bezugsrahmen
2030, Stand März 2020, S. 14f.)                          der Stadt.“ (Bezug: Landeshauptstadt Magde-                                                                 des neuen Technikmuseums und ist Grundlage
                                                         burg, Kulturstrategie 2030, Stand März 2020, S.       Stadt der Wissenschaft                                für Überlegungen zur Entwicklung der Stadtteile
                                                         21f.) In diesem Kontext geht es bei der Neukonzep-     »» Universitätsstadt und Wissenschaftsstandort       Buckau und Leipziger Straße.
                                                         tion und Erweiterung des Technikmuseums klarer-        »» Stadtentwicklung und Entwicklung der              (Bezug: Magdeburg 2030. Integriertes Stadtent-
                                                         weise um ein Haus mit internationaler Strahlkraft.        Wissenschaftsstandorte                            wicklungskonzept der Landeshauptstadt
                                                                                                                »» Nationale und internationale                      Magdeburg, Entwurf September 2019, S. 4f.)
                                                                                                                   Wahrnehmung der lokalen Wissenschaft
14 Einbindung in Entwicklungskonzepte                                                                                                                                                                              15
Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Entwicklungskonzepte                                                         Masterplan Tourismus
des Landes Sachsen-Anhalt                                                    Sachsen-Anhalt

Im Landeskulturkonzept 2025 des Kultur-            Dampfzylinder 930mm       Das Landeskulturkonzept führt zum Tourismus           Die touristischen Markensäulen sind weiterhin
ministeriums Sachsen-Anhalt ist explizit von       Druchmesser für Gewerk-   aus: „Im Rahmen der Erarbeitung des ‚Masterplan       ein wesentlicher thematischer Bestandteil des
Industriekultur die Rede: „Die Industriekultur     schaft Michel, 1924.      Tourismus Sachsen-Anhalt 2020’ wurde                  Kulturtourismus und dienen als Markierung der
ist ein lebendiges Erbe, das von vielen Menschen                             der Leitsatz ‚Wir wollen ein führendes Kulturreise-   Attraktionen. Hierzu gehören auch siebzehn
in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus mit                                     land in Deutschland werden’ formuliert. Die           Standorte der Industriekultur, die mit ihrem
eigenen persönlichen Erfahrungen verbunden                                   kulturelle Einmaligkeit macht das Land unter-         qualitätsvollen und europäischen Erbe zur Euro-
ist. Diese Sparte verfügt im Bereich der berufs-                             scheidbar von den Wettbewerbern. Für eine             pean Route of Industrial Heritage (ERIH), dem
vorbereitenden Bildung sowie im Tourismus                                    Profilierung als Kulturreiseland ist es wichtig,      touristischen Informationsnetzwerk zum industriel-
über Potentiale, die zukünftig näher bestimmt                                dass diese Botschaft und das Versprechen ge-          len Erbe in Europa, gehören.“
werden sollen.“ Im Koalitionsvertrag der Landes-                             genüber dem Gast auch mit ausreichend markt-
regierung für die Wahlperiode 2016-2021                                      orientierten Themen und Angeboten begründet           Der fortgeschriebene Masterplan Tourismus
(CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen) wird                                    und untermauert wird. Zur Untersetzung der            liegt noch nicht vor, hier dürfte angesichts der
hierfür ebenfalls ein Entwicklungskonzept in                                 Botschaft wird deshalb zukünftig auf ein Portfolio    Netzwerkkonzeption zur Industriekultur weiteres
Aussicht gestellt: „Künftig soll auch die Indus-                             aus Themen gesetzt, das aus folgenden Schwer-         Augenmerk auf diesen Bereich gerichtet werden.
triekultur, die z. B. in Technikmuseen und durch                             punkten besteht:
Architektur repräsentiert wird, verstärkt zur
Geltung gebracht werden. Die Koalitionspartner                                »» Städte & Kultur
werden das Netzwerk ‚Industriekultur’ weiterent-                              »» Luther & Reformation
wickeln.“ Ein umfangreiches Programmpapier                                    »» UNESCO Welterbe
mit dem Titel „Industrie + Kultur + Geschichte                                »» Bauhaus & Moderne
erleben“ der Staatskanzlei und des Ministeriums                               »» Straße der Romanik & Mittelalter
für Kultur ist im November 2019 vorgelegt                                     »» Parks und Gärten / Gartenträume mit dem
worden (siehe weiter unten).                                                     Gartenreich Dessau Wörlitz als Leuchtturm
                                                                              »» Himmelswege & Archäologie
                                                                              »» Kunst & Musik

16 Einbindung in Entwicklungskonzepte                                                                                                                                                 17
Auf dem Weg zu einem Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt
Museumsverband
Sachsen-Anhalt

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Der 2016 im Auftrag des Museumsverbandes                Die Autorin empfiehlt unter anderem die Einset-    7000
Sachsen-Anhalt e.V. entstandene Bericht                 zung eines Koordinators oder einer Koordinatorin                6.258               6.304                6.355               6.358               6.372
„Netzwerk Industrie- und Technikmuseen (ITM)            für das ITM-Netzwerk in Sachsen-Anhalt, die        6000
für Bildung Sachsen-Anhalt“ von Cornelia                Stärkung der ITM als außerschulische Lernorte
Dümcke, Culture Concepts, bezieht sich auf das          der Bildung insbesondere im Bereich MINT-Fächer    5000
im Koalitionsvertrag der Landesregierung                (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft,        4000
2016-2021 projektierte Netzwerk. In der Bestands-       Technik), den Aufbau strategischer Partnerschaf-
aufnahme heißt es: „Von den 20 ITM, die Mitglied        ten (Unternehmen, IHK und Handwerkskammer,         3000
im Museumsverband sind, hat sich für das                Schulen und Hochschulen, Berufsbildungsein-
„Netzwerk ITM für Bildung Sachsen-Anhalt“ ein           richtungen) sowie die Ansiedlung eines „UNESCO     2000
aktiver Kern von 12 Einrichtungen konkretisiert.        CHAIR“ an einer Hochschule oder Universität
                                                                                                           1000   757                 757                  778                 779                 789
Diese Einrichtungen und ihre Akteure können in          in Sachsen-Anhalt mit dem Schwerpunkt Indust-
Perspektive den Kern des zu gründenden Netz-            riekultur- und Technikgeschichte. (S. 11)
werks bilden.“ Das Technikmuseum Magdeburg                                                                          2010                  2011                2012                2013               2014
gehört zu diesem aktiven Kern. In der Bestands-
aufnahme heißt es weiterhin: „Die Industrie- und
Technikgeschichte in Sachsen-Anhalt ist nicht                                                                           Anteil der Industrie- und Technikmuseen in Deutschland.
auf das Bauhaus zu reduzieren. Sie ist weitaus                                                                          Quelle: Culture Concepts: „Netzwerk Industrie- und Technikmuseen
älter und weist Bezüge auf, die die bis in die heuti-                                                                   für Bildung Sachsen-Anhalt“, 2016
ge Zeit reichen. Jedoch fehlt bislang eine Lobby
für die Industrie- und Technikgeschichte in
Sachsen-Anhalt. (...) Aus touristischer Perspektive
verschwindet in Sachsen-Anhalt die Wahrneh-
mung der Industrie- und Technikgeschichte
und der diesen Teil der Landesgeschichte reprä-
sentierenden Museen hinter der Bedeutung
von Luther, Reformation oder Bauhaus als Dach-
marken des Landes. Verbindungen der ITM zu
Unternehmen der Wissenschaft und Wirtschaft
in Sachsen-Anhalt existieren punktuell. Es fehlt
aber an strategischen Allianzen.“ (Bezug: Cornelia
Dümcke, Culture Concepts: „Netzwerk Industrie-
und Technikmuseen für Bildung Sachsen-Anhalt“,
Endbericht im Auftrag des Museumsverbandes
Sachsen-Anhalt e.V., S. 7)

18 Einbindung in Entwicklungskonzepte                                                                                                                                                                                    19
Industrie- und Technikmuseen
                                in Sachsen-Anhalt
 2

                       12

                                Lfd. Nr.   Name der Einrichtung                                    Orte            Einwohner
                                    1      Technikmuseum Hugo Junkrs Dessau                        Dessau Roßlau   84 Tsd.
                                    2      Freilichtmuseum Diesdorf                                Diesdorf        2,4 Tsd.
                                    3      Technisches Halloren- und Salinemuseum e.V.             Halle (Saale)   232 Tsd.
          6
                                    4      Eisenhüttenverein Carlswerk Mägdesprung e.V.            Mägdesprung     8,3 Tsd.
                                    5      Mansfeld-Museum im Humboldt Schloss                     Hettstedt       14,7 Tsd.
                                    6      Technisches Denkmal Zieglei Hundisburg                  Hundisburg      1,1 Tsd.
                                    7      Hütten- und Technikmuseum Ilsenburg                     Ilsenburg       9,5 Tsd.
                                    8      Technikmuseum Magdeburg                                 Magdeburg       231 Tsd.
                                    9      Deutsches Chemie-Museum Merseburg                       Merseburg       33,4 Tsd.
                                    10     Stadt- und Bergbaumuseum der Stadt Staßfurt             Staßfurt        27 Tsd.
                  11
                            1       11     Fahrzeugmuseum Staßfurt                                 Staßfurt        27 Tsd.
                                    12     Landesfeuerwehrmuseum Stendal                           Stendal         40 Tsd.
                                    13     Bergwerksmuseum Grube Glasebach                         Straßberg       0,8 Tsd.
 14                                 14     Hüttenmuseum Thale                                      Thale           18 Tsd.
                                    15     Börde-Museum Burg Ummendorf                             Ummendorf       1 Tsd.
      4                             16     Alte Ziegelei Westeregeln                               Westeregeln     2 Tsd.
13                                  17     Erlebnis Zentrum Bergbau Röhrigschacht                  Wettelrode      0,6 Tsd.
              5                     18     Industrie- und Filmmuseum Wolfen                        Wolfen          19 Tsd.
                                    19     Brikettfabrik Hermannschacht                            Zeitz           29,6 Tsd.
                                    20     Industriemuseum Schönebeck                              Schönebeck      32 Tsd.

                                Quelle: Culture Concepts: „Netzwerk Industrie- und Technikmuseen
                                für Bildung Sachsen-Anhalt“, 2016

                                                                                                                           21
Konzeptstudie zur                                                                                          Folgerungen aus
Förderung der Industriekultur                                                                              dem Bezugsrahmen
in Sachsen-Anhalt

Die Ende 2019 durch Staatskanzlei und Minis-         Die konzeptionelle und bauliche Neuprofilierung       Empfohlen wird daher, das Profil des Museums               Workshops und (Vortrags-) Veranstaltungen;
terium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt          des Technikmuseums Magdeburg fällt, so sollte         in Richtung eines „Zentrums Industriekultur“               Kooperation mit Hochschulen
vorgelegte Studie „Industrie + Kultur + Geschichte   mit den vorangehenden Bemerkungen deutlich            weiterzuentwickeln, das den Kernaufgaben des            »» Netzwerk Industriekultur: Schaufenster für
erleben“ nimmt Empfehlungen aus dem Arbeitsbe-       werden, in eine Zeit, in der das industrielle         Sammelns, Bewahrens, Erforschens, Vermittelns              Wissenschaft, Gesundheit und Wirtschaft;
richt des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt            Erbe in Sachsen-Anhalt und dessen Reflexion           und Ausstellens neue Formate jenseits der her-             Messen und Tagungen; Kooperation mit
auf und schreibt diese fort. Neben Empfehlungen      und Vermittlung in Einrichtungen der Erin-            kömmlichen musealen Vermittlung zur Seite stellt.          anderen nationalen und internationalen
in Bezug auf das Tourismuskonzept des Landes         nerungskultur vielfach diskutiert werden.             Dazu zählen Studienangebote und Science-in-                Einrichtungen der Industriekultur
(25% der Bevölkerung sind am Thema interessiert)     Die Rahmenbedingungen für die Neukonzeption           Residence-Programme ebenso wie die Schaffung            »» Ausstellung: Dauerausstellung mit Übergän-
und auf die Einbindung von Angeboten der             und Erweiterung des Technikmuseums Magde-             von Werkstätten und anderen Räumlichkeiten                 gen zu den anderen Bereichen der Einrichtung
Industriekultur in die schulische Bildung enthält    burg begünstigen folglich eine Ausrichtung,           als Plattformen für Vereine, Wissenschaft und              und teilbarer Sonderausstellungsraum
die Studie konkrete Empfehlungen für Maßnah-         die hier mit dem Arbeitsbegriff „Zentrum Industrie-   Wirtschaft. Angestrebt wird die Ansprache
men, unter anderem                                   kultur in Sachsen-Anhalt“ umschrieben wird.           unterschiedlicher, neuer Zielgruppen, sowie eine       Alle genannten Bereiche sollen an die Dauer-
  »» die Schaffung einer Netzwerkstelle für                                                                permanente Belebung des Ortes durch ein breites        und Sonderausstellungsflächen angeschlossen
     Industriekultur (und einer Servicestelle im                                                           Mischnutzungskonzept, auch außerhalb der               sein und den Besuchern Einblicke in die dort
     mitteldeutschen Braunkohlerevier) sowie                                                               normalen Öffnungszeiten. Basierend auf Empfeh-         stattfindenden Ausstellungs-, Beteiligungs-
     einer Koordinationsstelle in der                                                                      lungen der Denkmalschutzbehörde wird ange-             und Veranstaltungsformate erlauben. In allen
     Staatskanzlei und Ministerium für Kultur,                                                             strebt, die Weitläufigkeit der historischen Gießerei   Bereichen werden Möglichkeiten der Beteiligung
  »» die denkmalpflegerische Bestandsaufnahme                                                              von 1871 zu erhalten und durch präzise bauliche        und des Mitmachens geschaffen. Es entsteht
     historischer Bauwerke,                                                                                Ergänzungen zu modernisieren.                          eine „Machfabrik“ (als Pendant zur „Denkfabrik“
  »» die Ergänzung der Vermittlungsprogramme                                                               Folgende Konzeptbausteine sind im Raumnut-             im Wissenschaftshafen). Auf diese Weise wird
     in den Industrie- und Technikmuseen                                                                   zungskonzept vorgesehen und mit Flächen                die Dauerausstellung permanent belebt und
     und aller historischen Museen,                                                                        hinterlegt, um das klassische Museumsprofil            der Mehrfachbesuch angeregt. Weitere Baust
  »» die Vorbereitung einer Landesausstellung                                                              zu erneuern:                                           eine finden sich im neuen, deutlich größeren
     zur Industriekultur mit Schwerpunktsetzung                                                                                                                   Außengelände, das neben Parkplätzen, einem
     auf den Strukturwandel durch den Ausstieg                                                              »» Arbeitswelten: Schauwerkstätten,                   Spielplatz und Raum für Großexponate auch
     aus der Braunkohle,                                                                                       Incubator-Spaces, Co-Working-Spaces                bessere Bedingungen für Konzerte, Theater
  »» die Etablierung eines Chemie-Museums                                                                      und anmietbare Ateliers als Erweiterung            und Workshops unter freiem Himmel bietet.
     (Merseburg)                                                                                               klassischer Restaurierungswerkstätten
  »» die Förderung von Forschungsschwer-                                                                    »» Bildung: Präsenzbibliothek mit Arbeitsplätzen,     Außerdem gibt es dringenden Bedarf an modern
     punkten mit Bezug zur Industriekultur, z.B.                                                               (Schüler-)Werkstätten, Räumlichkeiten              ausgestatteten Depotflächen: Als Neubau auf
     durch Auflage von Graduiertenprogrammen                                                                   für museumspädagogische Programme                  dem erweiterten Freigelände wird ein Depotge-
     und -stipendien,                                                                                          und Veranstaltungen                                bäude vorgeschlagen, das in zwei Ausbaustufen
  »» die Vernetzung mit der Wirtschaft.                                                                     »» Akademie Industriekultur: Bereitstellung           vorstellbar ist – als (Schau-)Depot für das Technik-
                                                                                                               von Arbeitsplätzen, Ausstellungsflächen,           museum/Zentrum Industriekultur und zusätzlich
                                                                                                               ggf. auch Wohnraum für Künstler*innen, Gast-       der Möglichkeit, zum Zentraldepot für die
                                                                                                               wissenschaftler*innen und Anbieter*innen von       Magdeburger Museen erweitert zu werden.
22 Einbindung in Entwicklungskonzepte                                                                                                                                                                              23
Fried. Krupp AG
Grusonwerk,
Magdeburg-Buckau,
vor 1912
                                4

                         Daten zur
                    Geschichte und
                        Bedeutung
24
                     des Standorts
                                 25
Daten zur Geschichte und
Bedeutung des Standorts

           1835 Gründung des Eisenbahn-Comités in Magdeburg. Triumphzug                         1871 Bau der Panzergießerei am Klostergraben, deren Erweiterung aufgrund der
                der Eisenbahn leitet Industrialisierung in der Region Magdeburg ein.                 Grundstücksgrenze zu dem bis heute sichtbaren charakteristischen Knick im
                                                                                                     Gebäude führt
           1838 Gründung der „Magdeburger Dampfschifffahrts-Compagnie“, später
                „Vereinigte Hamburg-Magdeburger Dampfschiffahrts-Compagnie                      1886 Umwandlung der Firma in die „Aktiengesellschaft Grusonwerk Magde-
                (1841-1883), bekannt als „Maschinenfabrik Buckau“. Zur Produktion                    burg-Buckau“
                gehörten Dampfmaschinen und ganze Dampfschiffe, hydraulische Pressen,
                Pumpen, Maschinen für die Zuckerindustrie, Lokomotiven, Werkzeug-               1893 Friedrich Alfred Krupp, Essen, übernimmt das Grusonwerk, das fortan als
                maschinen, Kessel. Seit 1848 auch Rüstungsaufträge (Kanonenboote                     Fried. Krupp AG Grusonwerk, Magdeburg-Buckau firmiert. Zu diesem Zeit-
                für die preußische Flotte). Zweitgrößte Maschinenbauanstalt in Preußen               punkt bereits ca. 3.000 Mitarbeiter
                nach Borsig in Berlin.
                                                                                                1897 Herstellung des ersten Dieselmotors, nachdem Rudolf Diesel den Bau von
     1839 – 1843 Bau des ersten Streckenabschnitts der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn                 Gasmotoren im Krupp-Grusonwerk Magdeburg studiert hatte. Die Produk-
                 von Magdeburg bis Schönebeck, Bau der Strecke Magdeburg-Halberstadt                 tion wird nach Essen verlagert und 1898 an MAN abgegeben.

           1848 Gründung der Maschinenfabrik Röhrig und König, Belieferung der                  1923 Folgen des Ersten Weltkriegs: Infolge der französischen Besetzung des Ruhr-
                Zuckerfabriken und der Kalksandsteinindustrie                                        gebietes Umfirmierung als Fried. Krupp Grusonwerk Aktiengesellschaft in
                                                                                                     Magdeburg. Produktion von Speiseöl-, Walz-, Verseil- und Zerkleinerungs-
           1855 Gründung einer Maschinenfabrik mit Eisengießerei und Schiffswerft in                 maschinen, Krane, Zementfabriken, Anlagen für den Wasserbau (Schiffshe-
                Buckau durch Hermann Gruson (1821-1895). Die Schiffswerft wird kurz                  bewerke, Klappbrücken).
                danach wieder geschlossen.
                                                                                                1939 Aufnahme der Rüstungsproduktion, ab 1940 Erweiterung des Südgeländes
           1858 Gruson optimiert den Schalenhartguss, ein besonders stabiles Gusseisen               (Panzerbau)
                mit hohem Carbid-Anteil für die industrielle Anwendung (Weichen, Eisen-
                bahnräder, Walzen) und für die Kriegstechnik.                             1940-1945 Insgesamt 38 Luftangriffe der Alliierten auf Magdeburg. Der Luftangriff auf
                                                                                                    Magdeburg vom 16. Januar 1945 ist einer der verheerendsten Luftangriffe auf
           1862 Gründung der Maschinenfabrik von Rudolf Wolf (1831-1910), Produktion                eine deutsche Stadt im Zweiten Weltkrieg. Der Angriff stellt nach der Ver-
                von transportablen Antriebsmaschinen für Landwirtschaft und Industrie               wüstung Magdeburgs durch Tilly und Pappenheim im Dreißigjährigen Krieg
                                                                                                    (1631) die zweite große Zerstörung der Stadt dar. Beim Angriff vom 16. Januar
           1863 Beginn der Herstellung von Schalenhartgussgranaten für den Beschuss                 1945 werfen 5.000 schwere Bombenflugzeuge der britischen Royal Air
                von Panzerplatten                                                                   Force (RAF) und der amerikanischen Luftstreitkräfte USAAF 12.500 Tonnen
                                                                                                    Bomben auf die Stadt. Wohnviertel, Industrieanlagen, und Kulturbauten
           1869 Umzug des prosperierenden Grusonwerks in die Marienstraße/Ecke                      werden weitgehend zerstört, die Innenstadt fast vollständig vernichtet. 5.000
                Klostergraben, heute Dodendorfer Straße                                             bis 6.000 Menschen sterben, 16.000 werden verletzt, Tausende vermisst und
                                                                                                    weit über 200.000 obdachlos.

26                                                                                                                                                                             27
Ansichtskarte mit
                                                                                                     Darstellung der Fried.
                                                                                                     Krupp AG Grusonwerk,
                                                                                                     Magdeburg-Buckau,
                                                                                                     1909

           8. Mai 1945 8. Mai 1945 Ende des Zweiten Weltkriegs. Enteignung, Zwangsverwaltung,
                       Neuanfang und Wiederaufbau als Folgen des Zweiten Weltkriegs

                    1945 1945 Reparationsleistungen an die Sowjetunion: Abtransport von
                         Anlagen und Werksunterlagen

                    1946 1946 Umbenennung in Maschinenfabrik Krupp-Gruson der
                         Sowjetischen Maschinenbau AG (SMAG)

                    1954 1954 Umwandlung in den VEB Schwermaschinenbau „Ernst Thälmann“,
                         Magdeburg-Buckau

                     1961 1961 Gründung des VEB Schwermaschinenbau-Kombinats „Ernst Thälmann“
                          (SKET). Magdeburg wird zum Zentrum des Schwermaschinenbaus der DDR.

                    1989 1989 18 Betriebe mit etwa 30.000 Mitarbeitern gehören zum                                            1997 1997 Gründung von Auffanggesellschaften: SKET Maschinen- und Anlagen-
                         Kombinat SKET.                                                                                            bau GmbH, SKET Maschinenbau-EDV GmbH (heute: SKET EDV GmbH),
                                                                                                                                   SKET Ölmaschinen GmbH (heute: Cimbria SKET GmbH),
                    1990 1990 Auflösung des Kombinats SKET. Einführung der D-Mark ab 1. Juli 1990.                                 SKET Verseilmaschinenbau GmbH und SKET Walzwerktechnik GmbH
                         Der dominante Handel mit osteuropäischen Ländern bricht weg.
                         Rechtsnachfolgerin des Kombinats ist die SKET Maschinen- und Anlagenbau                              1998 1998 Privatisierung der SKET Maschinen- und Anlagenbau GmbH, kurz
                         AG. Gründung der SKET Handel GmbH und Ausgründung weiterer                                                SKET, durch die Investoren Aloys Wobben (ENERCON, Aurich) und
                         acht ehemaliger Kombinatsbetriebe unter der Regie der Treuhandanstalt.                                    Heinz Buse (Logaer Maschinenbau, Leer)
                         Dramatischer Umbruch in den folgenden Jahren
                                                                                                                              2005 2005 Anlässlich des 150-jährigen Unternehmensjubiläums im Jahr 2005
                    1993 1993 Die Treuhand verkauft die Mehrheitsrechte an Dr. Carsten Oestmann                                    findet eine Sonderausstellung im Technikmuseum Magdeburg statt.
                         und Helmut Borchert (Inhaber der Fa. SMAG, Salzgitter)
                                                                                                                              2020 2020 Mit über 11.000 Beschäftigten in rund 60 Unternehmen bildet
                    1994 1994: Die Stadt Magdeburg erwirbt von der Treuhand die ehemalige                                          heute der Maschinen- und Anlagenbau den größten Wirtschaftszweig in
                         Panzergießerei und gründet ein Schaudepot für Technikgeschichte                                           Magdeburg, gefolgt von der Informations- und Kommunikationstechno-
                         (Technikmuseum).                                                                                          logiebranche, der Logistik, der Gesundheitswirtschaft und der Kultur- und
                                                                                                                                   Kreativwirtschaft, in der 5.000 Menschen in ca. 100 Unternehmen
                    1996 1996 Die Privatisierung scheitert, am 15. Oktober 1996 wird die                                           arbeiten (Architektur, Buchmarkt, Darstellende Künste, Design, Film,
                         Gesamtvollstreckung beantragt.                                                                            Fotografie, Musik, Presse, Rundfunk, Software/Games und Werbung).

28 Daten zur Geschichte und Bedeutung des Standorts                                                                                                                                                            29
5

Westfassade des
                  Bildungsangebote
Technikmuseums
Magdeburg, 2019

30
                    und Zielgruppen
                                  31
Studienangebote                                      Schule,                                             Publikum und
regional und                                         Berufsausbildung und                                Zielgruppen
überregional                                         Handwerk

In Magdeburg und Umgebung gibt es ca.                In den Studien „Industrie + Kultur + Geschichte     Gemäß dem Berliner Institut für Museumsfor-
20.000 Studierende, davon ca. 14.000 an der          erleben“ des Landes Sachsen-Anhalt und „Netz-       schung haben 50% der knapp 800 Industrie-
Universität Magdeburg, ca. 6.000 an der              werk Industrie- und Technikmuseen für Bildung       und Technikmuseen in Deutschland weniger als
Hochschule Magdeburg-Stendal. Ein Studien-           Sachsen-Anhalt“ des Museumsverbandes                5.000 Besucher*innen pro Jahr, nur 10% dieser
gang zur Technikgeschichte oder Industriekultur      Sachsen-Anhalt wird zu Recht auf die Bedeutung      Museen kommt auf Besucherzahlen von 50.000
ist in Magdeburg und Sachsen-Anhalt nicht            von Kooperationen mit Schulen und Ausbil-           bis 500.000, einige wenige erreichen mehr als
vertreten. In Sachsen werden an der TU Berg-         dungsbetrieben hingewiesen. Im Rahmen solcher       500.000 (1,2%). Der erreichte Status von ca.
akademie Freiberg die Studiengänge Industriear-      Netzwerkaktivitäten, die in der Landeshauptstadt    15.000 Besuchern des Technikmuseums im
chäologie (Bachelor) und Industriekultur (Master)    Magdeburg und im Bundesland insgesamt ab-           Jahresdurchschnitt schließt die Besucherinnen
angeboten. Weitere Studiengänge zu Industrie-        gestimmt und koordiniert werden müssen, kann        und Besucher von Veranstaltungen mit ein
und Technikgeschichte mit unterschiedlichen          das Zentrum Industriekultur zugleich wichtige       (Vorträge, Musik, Kabarett, Feuerwehrfest etc.).
Ausrichtungen gibt es in Berlin, München,            Bildungs- und Nachwuchsarbeit leisten und           Der Eintrittspreis liegt aktuell bei 3,00 EUR
Stuttgart, Karlsruhe, Bielefeld, Braunschweig,       das Haus mit Leben füllen. Das pädagogische         (ermäßigt 1,50 EUR).
Wuppertal, Klagenfurt oder Maastricht.               Angebot des Museums muss sich in besonderer
                                                     Weise um den Nachwuchs kümmern, also Kinder         Ein künftiges zielgruppenspezifisches Besucher-
Das Desiderat von Forschung und Lehre zu             und Schüler, für die das Museum ein Ort des         marketing zielt darauf ab, Interessensgruppen
Technikgeschichte und Industriekultur in Sach-       Fragens und Begreifens und ein außerschulischer     genauer zu identifizieren, also den zuvor
sen-Anhalt kann in der neuen Einrichtung             Lernort sein soll. Im Hinblick auf den demografi-   erwähnten Bildungs- und Schulbereich zu erwei-
Zentrum Industriekultur in unterschiedlichen         schen Wandel werden aber auch für Menschen im       tern. Familiengeschichten in der ganzen Region
Formaten aufgegriffen und beantwortet werden:        Rentenalter Angebote entwickelt. Die Bildungs-      sind vielfach mit der Industriegeschichte verknüpft,
Durch Kooperationsprogramme mit existierenden        angebote sollten zudem mit den einschlägigen        nicht nur des Schwermaschinenbaus. Hier
Studiengängen (Vortragsreihen, Gastwissen-           Bildungs- und Berufsorganisationen wie dem          können sind biografische Bezüge bereits jetzt
schaftler*innen, Stipendien) und durch eigene        Landesschulamt, der Industrie- und Handelskam-      ein Besuchsmotiv. Praktische Angebote von
Initiativen (Etablierung einer Stiftungsprofessur,   mer und der Handwerkskammer abgestimmt sein.        Werkstätten und Ateliers, Möglichkeiten für
Angebot von Praxissemestern für Studierende,                                                             Technikinteressierte und Bastler jeden Alters,
wissenschaftliche Tagungen) und Professiona-                                                             Raumangebote für die Kreativwirtschaft, Semina-
lisierung der Bildungsangebote (z.B. Bibliothek                                                          re und Tagungen aus den Bereichen Wissenschaft
mit Arbeitsplätzen für Studierende). Die Summe                                                           und Wirtschaft sollen den Ort permanent beleben.
der Aktivitäten im Bereich Wissenschaft und                                                              Interessen der Stadtgesellschaft insgesamt,
Forschung soll unter dem Arbeitstitel „Akademie“                                                         von Fachbesucher*innen, Schüler*innen, Studie-
geführt werden.                                                                                          renden und Auszubildenden und nicht zuletzt von
                                                                                                         touristischen Besucherinnen und Besuchern
                                                                                                         sind mit spezifischen Angeboten anzusprechen.
                                                                                                         Angestrebt wird eine Frequenz von wenigstens
                                                                                                         50.000 Besucher*innen pro Jahr.

32                                                                                                                                                              33
6

Maschinenteil aus der
                           Kooperation
                        und Vernetzung
Ausstellung im
Technikmuseum
Magdeburg, 2019
34                                   35
Kooperation und Vernetzung

Um dem Thema Industriekultur in Magdeburg            Schiffe im alten Handelshafen, die Hubbrücke
und Sachsen-Anhalt den wünschenswerten Schub         über die Elbe, der Nachbau der Schiffsmühle am
zu verleihen, sind Kooperationen und Vernetzun-      Petriförder, der Schleppdampfer „Württemberg“
gen mit anderen wissenschaftlichen Einrichtun-       und nicht zuletzt das Kulturhistorische Museum.
gen, Industrie- und Technikmuseen und anderen        In Sachsen-Anhalt sind die Industrie- und Technik-
Akteuren und Standorten der Industriegeschichte      museen (siehe S. 20/21) prädestinierte Netzwerk-
unerlässlich. Gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit       partner. Als Partner und Vorbild für ein Netz-
und gemeinsames Tourismusmarketing, koordi-          werkprojekt bietet sich auch das Berliner Zentrum
nierte Projekt- und Veranstaltungsplanung und        Industriekultur an, das ebenfalls eine Vielzahl
Synergien bei Tagungen, Publikationen, sowie         von Kooperationen unter dieser Initiative vereint
wissenschaftlichen Programmen sollen helfen, das     (https://industriekultur.berlin/de/).
große Potential der Industriekultur in Magdeburg
und Sachsen-Anhalt zu nutzen und zu stärken. Als     Das Zentrum Industriekultur in Sachsen-Anhalt ist
beispielhaft kann hier die Kooperation zwischen      in seiner Konzeption als Netzwerkknoten gedacht,
dem Technikmuseum und dem Fraunhofer-Institut        der zahlreiche Akteure und Akteurinnen verbin-
für Fabrikbetrieb und -automatisierung genannt       det, ihnen eine Plattform bietet und gemeinsame             Hafenbecken des
werden, innerhalb derer eine aufwändige 3D-Visu-     Aktivitäten koordiniert.                              Wissenschaftshafens mit
alisierung mehrerer historischer Exponate entstan-                                                        Denkfabrik und Drehkran
den ist.                                                                                                        (Quelle: Goodway,
                                                                                                          Wikimedia Commons, CC
                                                                                                                       BY-SA 4.0)
In Magdeburg gehören zu den naheliegenden Ko-
operationspartnern und Standorten der Wissen-
schaftshafen mit seinen renommierten wissen-
schaftlichen Einrichtungen (u.a. das Institut für
Automation und Kommunikation, ein An-Institut
der Otto-von-Guericke-Universität; das Entwick-
lungslabor und Testfeld für Ortung und Kommu-
nikation in Verkehr und Logistik der Universität
Magdeburg, das Max-Planck-Institut für Dynamik
komplexer Systeme, das Fraunhofer-Institut für
Fabrikbetrieb und -automatisierung mit seinem
Virtual Development and Training Centre, das
Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung der
beiden Magdeburger Hochschulen), aber auch
die Lukasklause, das Schiffshebewerk, der Verein
Magdeburger Eisenbahnfreunde, die historischen
36                                                                                                                                   37
7

                             Städtebauliches
                       und kulturelles Umfeld
Ausstellungsexponate
im Technikmuseum
Magdeburg
38                                          39
Lage und Erreichbarkeit                               Stadtteil Leipziger Straße

Der Standort der 1871 erbauten Gießereihalle des      Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept             »» Universitätsklinikum, Medico-Soziales-Zentrum
Grusonwerks liegt südlich der Altstadt im Stadtteil   Magdeburg 2025 benennt für den Stadtteil             »» Technikmuseum, Carl-Miller-Freibad,
Leipziger Straße in der Dodendorfer Straße, an-       Leipziger Straße folgende Charakteristika:              Südfriedhof
grenzend an den Stadtteil Buckau und in Nach-                                                              »» kirchliche/religiöse Einrichtung
barschaft zum Südfriedhof und zum Strubepark.         „Der Stadtteil Leipziger Straße ist benannt nach     »» Straßenbahnanschluss
Gegenüber der Halle, zum Südfriedhof hin, befin-      der geradlinig den Stadtteil durchziehen-
det sich eine Kleingartenkolonie auf den Flächen      den Hauptausfallstraße Richtung Süden. An           Als „Umstrukturierungsgebiet“ weist das Stadtent-
des ehemaligen Industriestandorts. Die Brachflä-      dieser entwickelten sich einzelne Quartiere         wicklungskonzept u.a. das Gebiet östlich des
chen nach Osten und nach Süden sind ebenfalls         mit unterschiedlichen Bebauungsstruktu-             Südfriedhofs aus, „wo umfangreiche Gebäude-
ehemalige Gewerbeflächen. Die Bahntrasse trennt       ren mit Beginn der Industrialisierung.              abrisse die Voraussetzung für eine Neuentwicklung
das Areal des Technikmuseums vom Ortskern von         Gründerzeitliche Stadtvillen im Lenné-Viertel,      mit Wohn- oder Gewerbenutzungen schaffen
Buckau und vom Elbelauf. Benachbarte Wohn-            eingelagerte Rayonhäuser aus Napoleonischer         sollten.“ Die Maßnahmenbilanz für den Stadt-
siedlungen aus den 1920-er und 1970-er Jahren         Zeit, Blockrandbebauung im Bereich Raiff-           teil seit 2000 lautet: „Bis Ende 2012 wurden im
verweisen auf Wohnbauprojekte für Betriebsmit-        eisenstraße und Plattenbauten im südlichen          Zuge des Stadtumbaus 135 Wohnungen ab-
arbeiter aus unterschiedlichen zeitgeschichtlichen    Bereich und um die Semmelweisstraße prägen          gerissen. Aufwertungsmaßnahmen konnten bis
und städtebaulichen Epochen.                          die verschiedenen Wohnquartiere, während            2012 für rund 1,7 Mio. Euro umgesetzt werden.
                                                      die Universitätsklinik, der Südfriedhof und das     Als Impulsprojekte sind hier die Sanierung eines
Die Halle an der Dodendorfer Straße ist erreich-      ehem. SKET-Gelände großflächige Sondernut-          Rayonhauses, der Neubau des Spielplatzes in der
bar vom Hauptbahnhof mit der Straßenbahn              zungen darstellen. Der Stadtteil Leipziger Straße   Helmholtzstraße oder der Fonds für Sicherungs-
Linie 3 Richtung Leipziger Chaussee, Haltestelle      besitzt kein eigentliches Stadtteilzentrum.“        und Sanierungsmaßnahmen für das Einfache
Fermersleber Weg oder vom Bahnhof Neustadt                                                                Sanierungsgebiet „Buckauer Insel“ zu nennen.“
mit der Straßenbahn Linie 9, Richtung Leipziger       Unter Infrastruktur werden folgende
Chaussee, ebenfalls Haltestelle Fermersleber Weg,     Einrichtungen und Strukturen aufgeführt:
von dort sind es 8 Minuten Fußweg zum Museum.          »» Nahversorgungsbereich
                                                       »» 1 Krippe, 9 Kitas, Hort, Grundschule,
In fußläufiger Entfernung sind der S-Bahnhof              Sekundarschule, Förderschule, 2 Berufsbilden-
Buckau (10 Minuten) und der S-Bahnhof SKET                de Schulen
Industriepark (20 Minuten) zu erreichen.               »» Leibnitz-Institut für Neurobiologie (IFN),
                                                          Zentrum für Neurowissenschaftliche Innovation
Die Bus-Linien 52 und 54 halten an der Raiffeisen-        und Technologie (Zenit),
straße und an der Dodendorfer Straße.                  »» Deutsches Zentrum für Neurodegenerative
                                                          Erkrankungen (DZNE)
Mit dem Auto erreicht man das Museum über die          »» Alten- und Service-Zentrum, 5 Alten- und
Raiffeisenstraße bis zur Kreuzung Dodendorfer             Pflegeheime, Wohnangebot für Menschen
Straße. Eine Taxifahrt vom Hauptbahnhof dauert            mit Behinderungen
etwa 15 Minuten.
40                                                                                                                                                       41
Stärken-Schwächen-Profil   Das hier zitierte Stärken-Schwächen-Profil fasst
                                                                       die stadtplanerische Perspektive zusammen.

                                                                        In Bezug auf den Campus der Universitätsklinik
                                                                       und das ehemalige SKET-Gelände wird unter
                                                                       „strategische Vorhaben“ resümiert: „Die Entwick-
                                                                       lung des Universitätsstandorts und die Reakti-
                                                                       vierung des ehemaligen SKET-Areals sind von
                                                                       gesamtstädtischer Bedeutung.“ Der Campus „wird
                                                                       mit dem wachsenden Bedarf von Gesundheitsfür-
                                                                       sorge und medizinischer Forschung bauräumlich
                                                                       weiter verdichtet und gegebenenfalls erweitert“,
                                                                       das „ausgedehnte ehemalige SKET-Areal wird
                                                                       für neue Nutzungen aufbereitet, zum überwiegen-
                                                                       den Teil für gewerbliche Nutzung.“ (Bezug:
                                                                       Integriertes Stadtentwicklungskonzept Magdeburg
                                                                       2025, Teil B, Leipziger Straße.)

                                                                       Somit befindet sich das Technikmuseum an
                                                                       der Dodendorfer Straße in einem stadtplanerisch
                                                                       äußerst dynamischen Umfeld und kann selbst
                                                                       zum Katalysator städtebaulicher Entwicklungen
                                                                       werden.

                                                                       Die folgenden Karten zeigen die stadträumlichen
                                                                       Bezüge des Technikmuseums bzw. künftigen Zent-
                                                                       rums Industriekultur.

42 Städtebauliches und kulturelles Umfeld                                                                                 43
Universitäts- und
                                  Hochschulstandorte

                                   1   Hochschule Magdeburg Stendal
                                   2   Otto-von-Guericke Universität
                                   3   Hamburger Fern-Hochschule
                                   4   AKAD Prüfungszentrum
                                   5   Institut für Verhaltenstherapie
                                   6   Die Multiversität
                                   7   Universitätsklinikum

     Technikmuseum /
     Zentrum Industriekultur in
     Sachsen-Anhalt

44                                                                       45
Wissenschaftshafen
                                  und Museen

                                   1   Wissenschaftshafen
                                   2   Elbpegel Magdeburg
                                   3   Kunstmuseum Magdeburg Kloster
                                   4   Kulturhistorisches Museum Magdeburg
                                   5   Kiek in de Köken
                                   6   Schiffsmuseum Württemberg
                                   7   Magdeburg Zentrum für
                                       Telemann-Pflege und -Forschung
                                   8   Technikmuseum Magdeburg
                                   9   Circusmuseum
                                   10 Street Art Gallery

     Technikmuseum /
     Zentrum Industriekultur in
     Sachsen-Anhalt

46                                                                           47
Infrastruktur,                                                                                            Einkaufsmöglichkeiten
soziale Einrichtungen                                                                                     und Restaurants

     Kinder- und Jugendhaus       Schulen                                                                   Einkaufsmöglichkeiten
     Alten- und Pflegeheim/       Spielplatz                                                                Restaurants
     Alten- und Service-Zentrum
                                  Krankenhaus
     Kindergarten

                                                Rot hinterlegte Fläche:      Rot hinterlegte Fläche:
                                                Technikmuseum /              Technikmuseum /
                                                Zentrum Industriekultur in   Zentrum Industriekultur in
                                                Sachsen-Anhalt               Sachsen-Anhalt

48                                                                                                                                  49
Krupp-Grusonwerk
Panzerbau 1939-1945
                                           8

50
                      Institutionelles Profil
                                            51
Institutionelles
Profil

Aus dem bisher Gesagten lassen sich Folgerungen          Netzwerk Industriekultur                                                  beantwortet werden. Forscher*innen, Stipen-          Werkstätten und „Machfabrik“
für das institutionelle Profil der Einrichtung ziehen,                                                                             diat*innen und Studierende erhalten Arbeitsplätze
die sich sowohl auf museologische Kernaufgaben,          Der Aufbau eines Netzwerks von Museen und wis-                            in der Bibliothek, für das Fellow-Programm werden    Das bereits seit Jahren verfolgte Konzept einer
als auch auf erweiterte Aufgaben eines Zentrums          senschaftlichen Einrichtungen gehört zu den stra-                         Büros bzw. Ateliers eingerichtet. Geeignete Aus-     Besucherwerkstatt und die Schülerwerkstatt sollen
Industriekultur beziehen.                                tegischen Aufgaben des Zentrums Industriekultur.                          stellungsräume ermöglichen Studioausstellungen       ausgebaut werden. In einem Zentrum Industriekul-
                                                         Die Vernetzung bezieht sich auf Ausstellungs- und                         der wissenschaftlichen Gäste, außerdem werden        tur sollte modernes Equipment zum Lernen und
Kernaufgaben des Museums                                 Veranstaltungskonzepte, Bildungsprogramme,                                Wohnräume in diesem Kontext in das Raum- und         zur Anmietung bereitstehen. Das Ausprobieren
                                                         disziplinen- und branchenübergreifende Aktivi-                            Funktionsprogramm aufgenommen. Auch das              und Selbermachen steht im Vordergrund einer
Der Deutsche Museumsbund formuliert unter                täten, die auch der Wirtschaft und Forschung ein                          wissenschaftliche Programm einer „Akademie“          „Machfabrik“, die auch von Vereinen, Berufsschu-
„Museumsaufgaben“: Die öffentliche Wahr-                 Schaufenster bieten. Die Anschlussfähigkeit an                            sollte in Kooperation mit anderen Einrichtungen      len oder Handwerker*innen genutzt wird.
nehmung des Museums wird insbesondere durch              andere Entwicklungskonzepte der Landeshaupt-                              umgesetzt und der Output jeweils attraktiv für das
seine publikumswirksamen Ausstellungen und               stand und des Landes Sachsen-Anhalt sollte                                allgemeine Publikum aufbereitet werden.
Veranstaltungen bestimmt. Dies sind jedoch nicht         programmatisch verfolgt werden, sie gehört zum                                       (Schau-)Werkstatt
die alleinigen Kennzeichen der professionellen           Wesenskern der Einrichtung. So kann das Zent-
Museumsarbeit. Ein erheblicher Teil der originären       rum Industriekultur notwendiger und plausibler
Aufgaben der Museen bleibt der Öffentlichkeit            Bestandteil der Bewerbung um den Titel „Kultur-
in der Regel verborgen: das Sammeln, Bewahren            hauptstadt Europas 2025“ sein, der Kulturstrate-
und Forschen. Die Ergebnisse der Arbeit in diesen        gie 2030 der Landeshauptstadt, der Strategie für
Bereichen sind jedoch die Grundlage für das Aus-         ein Netzwerk der Industrie- und Technikmuseen
stellen und Vermitteln – und damit für das öffentli-     des Landes sowie der Innovations- und Tourismus-       Werkstatt in der
che Erleben der Museumssammlungen.“                      strategie.                                             „Machfabrik“
(www.museumsbund.de/museumsaufgaben/)
Zur Ausstellungs- und Sammlungskonzeption wird           Als Netzwerkknoten soll das neu aufgestellte
in Kapitel 9 eine Zusammenfassung gegeben.               Zentrum Anlaufstelle für alle Akteure sein, die sich
                                                         in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus mit indus-
Erweiterung der Aufgaben und                             triellem Erbe und Industriekultur beschäftigen. Es
Angebote: „Museum plus“                                  kann und soll Service-Einrichtung für die Idee eines
                                                         Netzwerks von Industrie- und Technikmuseen in
Funktionen, Formate und Veranstaltungen werden           Sachsen-Anhalt sein.
im Rahmen der Neukonzeption auch außerhalb
der „klassischen musealen Vermittlung“ gesehen.          Akademie Industriekultur und Bibliothek
Diese Konzeptansätze fließen in das weiter hinten
dargestellte Raum- und Funktionsprogramm ein.            Mit Studienangeboten, Vortragsreihen, Stipen-
Einige Beispiele mögen das verdeutlichen.                dien- und Graduiertenprogrammen und Scien-
                                                         tist-in-Residence-Fellows soll das Desiderat der
                                                         Forschung zur Industriekultur in Sachsen-Anhalt
52                                                                                                                                                                                                                                     53
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