Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden

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Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
Thema:
                        Die FH Grau-
                         bünden als
                        Arbeitgeberin

Nr. 25 / Februar 2021

Wissensplatz
fhgr.ch/magazin
Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
2                                                            INHALT//WISSENSPLATZ

 Inhaltsverzeichnis
 Die FH Graubünden ist eine interdisziplinäre und unternehmerische Hochschule mit persönlicher Atmosphäre. Als Hoch-
 schulbildungs- und F
                    ­ orschungsinstitution vereint sie eine Vielzahl von Berufsgruppen. Um ihre Visionen zu erfüllen,
 benötigt die Fachhochschule zufriedene, ziel­orientierte und selbständige Mitarbeitende. Sie sind ein wichtiger Teil einer
 vielseitigen Hochschulgemeinschaft und sollen in einem Umfeld tätig sein können, in dem sie sich entfalten können.

 Eine werteorientierte Hochschulkultur vorleben                           3    Vom Top-Manager zum Dozenten                                       20

 Die Fachhochschule Graubünden als attraktive Arbeitgeberin               4    Mit dem Hard- und Softwarespezialisten im Labor                    22

 Wir vereinen ein enorm breites Wissen – nutzen wir es!                   6    Durch Vielfalt gemeinsam ans Ziel kommen                           24

 Das Gefühl geben, willkommen zu sein                                     7    Als Studienleiter einen neuen Studiengang aufbauen                 26

 Zwischendurch erwacht in ihm der Künstler                                8    Die doppelte Bedeutung von F&E                                     28

 Ohne ihn läuft gar nichts an der Fachhochschule                         10    Vom wertvollen Austausch zwischen Studium und Praxis –
                                                                                Dozierende berichten                                               30
 Der zukunftsfähigen Welt verpflichtet                                   12
                                                                                Mit Erfahrungen aus dem Ausland den Horizont erweitern             32
 Als Mutter einer erfüllenden Tätigkeit nachgehen                        13
                                                                                Der Weg zwischen Wünschbarem und Machbarem                         34
 Promovieren an der Fachhochschule: Forschen und dennoch
 nah an der Praxis bleiben                                               15    «Wissen heisst noch nicht verstehen»	                              36

 Wo Leidenschaft auf Technik trifft                                      18    Impressum                                                          39

                                                                                                       aufmerksam
                                                                                             «Wer aufmerksam durchs Leben geht, kann
                                                                                              frühzeitig auf Veränderungen reagieren.
                                                                                                Was für mich gilt, soll auch für meine
                                                                                                       Pensionskasse gelten.»
                                                                                                                 Maya Scheibler
                                                                                                          Architektin, Geschäftsleiterin

                                                                                                                     Pensionskasse der
                                                                                                                     Technischen Verbände
                                                                                                                     SIA STV BSA FSAI USIC
                                                                                                                     3000 Bern 14
                                                                                                                     T 031 380 79 60
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Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
EDITORIAL//WISSENSPLATZ                                                                       3

Eine werteorientierte
Hochschulkultur vorleben
fhgr.ch/magazin/februar2021

Die Fachhochschule Graubünden verfolgt in ihrer Strategie unter anderem
das Ziel, eine attraktive Arbeitgeberin zu sein. In dieser Vorbildrolle muss ­
sie mit gesellschaftlichen E­ ntwicklungen und den sich wandelnden Ansprüchen
der Mitarbeitenden Schritt halten. Nebst attraktiven Anstellungsbedingun-
gen braucht es dafür passende Angebote für die individuellen Lebensphasen
und -realitäten der Mitarbeitenden.
Text: Arno Arpagaus / Bild: Yvonne Bollhalder

                                                Die gegenwärtige Arbeitswelt wird wesentlich         im «War for Talents» bestehen. Dazu braucht
                                                vom digitalen Wandel und seinen technischen          es auch die Vielfalt beim Personal. Von viel-
                                                Entwicklungen geprägt. Mit der damit einherge-       seitig zusammengesetzten Teams profitieren
                                                henden Zunahme an Dynamik erhöht sich kon-           die FH Graubünden mit ihrer Interdisziplinari-
                                                tinuierlich auch der Druck auf die FH Graubün-       tät wie auch die Mitarbeitenden gleicherma-
                                                den – insbesondere auf ihre Mitarbeitenden. Auf      ssen. Moderne Arbeitsformen sind unabding-
                                                dem Weg in die Arbeitswelt der Zukunft kommt         bar, um überhaupt in den Fokus des Interesses
                                                der Führung eine bedeutende Rolle zu. Die Hoch-      zu gelangen. Dazu zählen Arbeitszeitmodelle
                                                schulleitung ist gefordert, mutig Bedingun-          für eine individuelle Lebensgestaltung, Jobsha-
                                                gen in der Hochschule zu etablieren, die Men-        ring, die familienexterne Betreuung von Kindern
                                                schen dazu einlädt, ihre Talente und Fähigkeiten     sowie die Vereinbarkeit von Berufs- und Privat-
                                                zugunsten von gemeinsamen Zielen einzuset-           leben. Personalentwicklung ist für uns elemen-
                                                zen. Den zentralen Kern hierfür bildet – nebst       tar, um die Fachkompetenzen auf allen Stufen
                                                den technischen und räumlichen Voraussetzun-         hoch halten zu können. Der Bedarf an qualifi-
                                                gen sowie den gesetzlichen Rahmenbedingun-           zierten Fach- und Führungskräften wird nach-
                                                gen des Kantons Graubünden als Trägerschaft –­       haltig gedeckt, während die Bindung an die
                                                   eine Hochschulkultur auf Grundlage hoher          Arbeitgeberin FH Graubünden gestärkt wird –
                                                      Sinnhaftigkeit und Werteorientierung.
                                                      ­                                              sei dies in der Verwaltung der Hochschule, in
                                                        Diese fördert bei den Mitarbeitenden         der Lehre oder in der Forschung und Wissen-
                                                         die Selbstwirksamkeit, die persönliche      schaft. Der Lohn bildet nach wie vor ein wich-
                                                          Entfaltung, die Begeisterungsfähigkeit     tiges Argument im Wettbewerb um gefragte
                                                           sowie das Engagement – die tragen-        Fachkräfte. Deshalb ist die FH Graubünden
                                                           den Säulen für physische und psychi-      stets bemüht, branchengerechte und leistungs-
                                                            sche Leistungsfähigkeit, Vitalität und   abhängige Löhne anzubieten. Auch die Lösun-
                                                            Gesundheit.                              gen in der beruflichen Vorsorge tragen zur
                                                            Auch hier gilt das Gesetz der Markt-     Attraktivität bei.
                                                             wirtschaft. Angebot und Nachfrage       Die Fachhochschule Graubünden wird auch
                                                             müssen sich die Waage halten – nur      künftig – in Zusammenarbeit mit ihrem Träger,
                                                              so kann die Hochschule auf dem         dem Kanton Graubünden – darauf bedacht sein,
                                                               Markt erfolgreich auftreten und       als attraktive Arbeitgeberin aufzutreten.

                                                                                                     Arno Arpagaus
                                                                                                     Verwaltungsdirektor, Mitglied der Hochschul-
                                                                                                     leitung
                                                                                                     T + 41 81 286 24 28
                                                                                                     arno.arpagaus@fhgr.ch
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4                                             FOKUS//WISSENSPLATZ

Die Fachhochschule
Graubünden als
attraktive Arbeitgeberin
fhgr.ch/magazin/februar2021

Die Attraktivität der Fachhochschule Graubünden als Arbeitgeberin lebt zu
einem grossen Teil vom guten Image des Lehr- und Forschungsbetriebs.
Für Mitarbei­tende, jetzige oder zukünftige, sind neben einem interessanten
Job weitere Aspekte wichtig, etwa die Identifikation mit den Leistungen ­
der Fach­hochschule und die Lebensqualität.
Text: Thomas Maegli / Bilder: FH Graubünden

Respekt und Verantwortung sollen dem
Handeln der Fachhochschule zugrunde liegen.
Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
FOKUS//WISSENSPLATZ                                                                           5

Einen Beitrag über die FH Graubünden als attrak-
tive Arbeitgeberin zu schreiben, der sich von all
den anderen Artikeln über interessante Firmen
unterscheidet, ist gar nicht so einfach. Die Frage-
stellung berührt aber genau den Kern: Was hebt
uns vom Einheitsbrei und den unzähligen Hoch-
glanzprospekten anderer Firmen und Organisa-
tionen ab? Wie positionieren wir uns glaubhaft
als Arbeitgeberin, um uns auf dem Arbeitsmarkt
positiv zu differenzieren?
Ein kurzer Ausflug in die Fachliteratur zeigt,
wie die Attraktivität als Arbeitgeberin definiert
und gemessen wird: Mittels Umfragen werden
sowohl die Mitarbeitenden als auch externe
Anspruchsgruppen befragt. Die Hauptfragen
lauten: Empfehle ich die FH Graubünden mei-
nen Freunden und Verwandten? Ziehe ich die FH
Graubünden als Arbeitgeberin in Betracht? Aus
diesen Ergebnissen lässt sich die Stärke ihrer
Attraktivität bemessen, die Ist-Grösse bestim-
men. Ungleich interessanter ist dabei noch die
Frage, wie sich diese Attraktivität positiv beein-
flussen lässt. Neben der Identifikation mit den
Produkten und Dienstleistungen sind die Work-
Life-Balance und die Arbeitsplatzsicherheit hier-                                                                           Work-Life-Balance wird an der
für die wichtigsten Faktoren. Die Firma Univer-                                                                       FH Graubünden gross geschrieben.
sum führt jedes Jahr eine weltweite Umfrage bei
Hochschulstudierenden durch, um die attraktiv­
sten Arbeitgeberinnen zu küren. Zusätzlich wer-       schulen leben vom Austausch der Mitarbeiten-        WIR SIND INNOVATIV
den auch die Karrierekriterien abgefragt. Bei         den mit der Privatwirtschaft, und vice versa. Das   Der dritte Punkt, der uns von anderen Fach-
12 000 Studierenden in der Schweiz lag das Kri-       unterscheidet unsere DNA von der einer Univer-      hochschulen unterscheidet, hat nur bedingt mit
terium Work-Life-Balance im Jahr 2019 an obers-       sität, die akademische Karrieren favorisiert und    Grös­se zu tun: Wir sind innovativ und schnell.
ter Stelle!                                           geradlinigere Lebensläufe ermöglicht.               Es gibt kaum eine Konkurrentin, die so agil auf
                                                      Diese kurze Analyse zeigt, dass die FH Graubün-     die Nachfrage im Markt reagiert und neue Stu-
 GUT AUFGESTELLT UND                                  den gut aufgestellt ist und auf dem Arbeitsmarkt    diengänge aus dem Boden stampft wie wir.
­K ONKURRENZFÄHIG                                     mithalten kann.                                     Der Erfolg unserer Nischenstrategie gibt uns
Was bedeutet das für die FH Graubünden? Work-                                                             recht. Unsere neuen, innovativen Arbeitsplätze
Life-Balance können wir bieten. Mit den flexib-       WIR BIETEN HOHE LEBENSQUALITÄT                      – gepaart mit individuellen Entscheidungs- und
len Arbeitszeitmodellen und der modernen Inf-         Den kommenden Generationen bieten wir attrak-       Handlungsspielräumen – sind attraktiv für die
rastruktur – alle Mitarbeitenden mit Computer         tive Arbeitsplätze. Mit der Lebensqualität und      Mitarbeitenden. Die enge Zusammenarbeit mit
haben einen Laptop – besteht die Möglichkeit,         der Region können wir punkten. Die Sinnhaftig-      unseren Partnern aus der Industrie und dem
neben der Arbeit auch Familie und Freizeit in         keit und die sicheren Arbeitsplätze sind weni-      Dienstleistungssektor gibt uns die Sicherheit,
einer wunderschönen Region zu erleben. Die            ger stark differenzierend. Unsere direkte Kon-      den Finger am Puls der Zeit zu haben.
Lebensqualität ist hoch. In 30 Minuten bin ich        kurrenz, die anderen Fachhochschulen und            Wenn ich das alles so überfliege, fühle ich eine
auf der Piste, in gut einer Stunde in Zürich und      die Universitäten, sind ähnlich aufgestellt und     Genugtuung, in dieser intensiven Zeit mit dabei
in drei Stunden in Mailand. Aufgrund der das          schlafen nicht. Wie schaffen wir es, uns trotz-     zu sein und als Personalleiter gemeinsam mit
Leben bestimmenden Coronapandemie und des             dem von den anderen Fachhochschulen (neben          allen Mitarbeitenden die Fahne der Arbeitgeberin
erneut virtuellen Lehrbetriebs mag die Arbeits-       dem Standortfaktor) stärker abzuheben? Indem        nach aussen zu tragen und Werbung für unsere
belastung für viele Mitarbeitende aktuell höher       wir unsere Stärken selbstbewusst ausspielen,        Fachhochschule zu machen. Bei all den positi-
sein als in einem normalen Jahr. Umso wichti-         nicht im Selbstmitleid versinken und nicht über     ven Aspekten gibt es verschiedene Bereiche, die
ger sind die Möglichkeiten, sich in den Bergen        all das jammern, was wir nicht sind oder noch       wir weiter verbessern müssen, um es mit der
zu erholen oder auszutoben. Mit dem «Arbeits-         nicht haben: Fachhochschul-Campus, Löhne wie        Konkurrenz auch in Zukunft aufnehmen zu kön-
ort Graubünden» sind wir in dieser Krise, aber        im Unterland, Google-Arbeitswelten …                nen. Ich verzichte an dieser Stelle auf eine Auflis-
auch sonst, gut aufgestellt.                                                                              tung und belasse es bei der Aufzählung unserer
Der eigentliche Zweck der FH Graubünden ist,          WIR SIND PERSÖNLICH                                 positiven Attribute: Lebensqualität, persönlich
neben der Forschung, die Aus- und Weiterbil-          Mit unserer Grösse von 300 Mitarbeitenden           und innovativ! Ich möchte mich bei allen Mitar-
dung. Der Sinn ist einfach zu vermitteln und          und über 450 Lehrbeauftragten sind wir im Ver-      beitenden bedanken, dass sie unsere Fachhoch-
sehr positiv besetzt. Die Mitarbeitenden kön-         gleich zur Konkurrenz klein. Wir kennen jedoch      schule zu dem machen, was sie heute ist: Ein
nen sich mit der FH Graubünden identifizie-           unsere Mitarbeitenden und kümmern uns um            kleiner Fels in der Brandung in dieser ausserge-
ren. Unser Engagement für lebenslanges Ler-           ihre persönliche Entwicklung. Wir sind kein ano-    wöhnlichen Zeit.
nen spricht breite Teile der Bevölkerung an. Als      nymer Betrieb; wir pflegen einen respektvollen
selbstständige öffentlich-rechtliche Arbeitge-        Umgang miteinander, sprechen uns in der Du-
berin sind wir der kantonalen Gesetzgebung            Form an und kennen die Kolleginnen und Kolle-
unterstellt und entsprechend sicher sind die          gen der Hochschulleitung persönlich. Die Klein­     Dr. Thomas Maegli
Arbeitsplätze. Andererseits ist ein Grossteil der     sten sind meist die Frechsten: Das erlaubt es       Personalleiter, Zentrale Dienste
wissenschaftlichen Mitarbeitenden auf drei bis        uns, als Fachhochschule Themen anzusprechen,        T + 41 81 286 24 23
fünf Jahre befristet angestellt. Die Fachhoch-        die sich andere nicht getrauen.                     thomas.maegli@fhgr.ch
Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
6                                                            FOKUS//WISSENSPLATZ

Wir vereinen ein
enorm breites Wissen –
nutzen wir es!
fhgr.ch/magazin/februar2021

Wie betreibt man einen Lehr- und Forschungsbetrieb während einer Pandemie? Und zwar
so, dass die Qualität aufrechterhalten bleibt, Innovationen weiter vorangetrieben werden
können und vor allem die Menschen gleichzeitig geschützt, aber auch gefördert und unter­
stützt werden? Diese Frage treibt uns seit über einem Jahr um und fordert uns heraus.
Text: Jürg Kessler / Bild: Lorena Sonder

Wir haben das Privileg, unseren Mitarbeitenden
trotz unsicherer Zeiten einen sicheren Arbeitsort
zu bieten. Umso mehr müssen wir uns unserer
Verantwortung bewusst sein. Die FH Graubün­
den soll ein Ort sein, an dem man gerne arbei­
ten möchte. Ein Ort, an dem man mutig sein darf
und nachhaltig die Zukunft mitgestalten kann.
Der Mensch steht dabei im Zentrum. Wir tragen
unseren Mitarbeitenden Sorge und bieten ihnen
ein Umfeld, in dem sie sich entfalten können. Sie
sollen aber auch ein Rädchen sein in unserem
System, ihre Meinung einbringen und so bei der
Weiterentwicklung unserer Hochschule mitwir­
ken. Die Mitarbeitenden sind ein wich­tiger Teil
unserer vielfältigen Hochschulgemeinschaft.
Und auch die Studierenden sind unser Wissens­
kapital. Wir bilden sie nicht nur zu hochqualifi­
zierten Fachkräften aus, sondern vor allem auch
zu verantwortungsvollen Persönlichkeiten.                                                                                 Coronabedingte Diplomfeier
Wir wollen auch in Krisenzeiten eine attraktive                                                                               hinter Plexiglasscheiben
Arbeitgeberin sein – interdisziplinär und innova­
tiv. Vielfalt und Gleichstellung liegen uns ebenso   unserer Partner und Stakeholder gerecht zu        (die Abwanderung von Wissenschaftlerinnen
am Herzen wie persönliche Entwicklungsmög­           werden. Aus den Erfahrungen dieser Zeit wol­      und Wissenschaftlern sowie hochqualifizierten
lichkeiten und ein spannendes Umfeld. Nutzen         len wir lernen. Auch der rasche Wandel des Wis­   Fachkräften) zu stoppen. Gleichzeitig setzen wir
wir die Tatsache, dass wir an unserer Hoch­          sens fordert uns heraus. Wir stehen zunehmend     auf regionale Verankerung, indem wir unsere
schule ein enorm breites Wissen vereinen und         vor der Herausforderung, junge Menschen für       Netzwerke erweitern. Wir wollen uns an den rele­
dass bei uns Menschen zusammenarbeiten, die          Stellenprofile auszubilden, die es heute noch     vanten Themen orientieren. In die Hand spielt
sich grossartig ergänzen. Setzen wir auf dieses      gar nicht gibt. Lebenslanges Lernen gewinnt       uns dabei unsere Interdisziplinarität. Diese wol­
wertvolle Potenzial und vernetzen wir uns hier­      in der Gesellschaft immer mehr an Wichtigkeit.    len wir noch weiter stärken. Denn die bereichs­
für noch stärker – sowohl innerhalb der FH Grau­     Den sich rasch ändernden Anforderungen des        übergreifende Zusammenarbeit ermöglicht es
bünden als auch mit unseren externen Partnern        Arbeitsmarktes und der Gesellschaft müssen        uns, noch besser zugeschnittene Lösungen zu
und Anspruchsgruppen. Arbeiten wir gemeinsam         wir gerecht werden, um eine agile Hochschule      finden. Und dadurch können wir die Gesellschaft
an Lösungen und entwickeln wir neue Ansätze          zu sein – und zu bleiben.                         sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des
im gegenseitigen Austausch. Werte wie Respekt,       Auf diesem Weg müssen wir uns auf unsere          Kantons Graubünden unterstützen.
Zukunftsorientierung, Reflexion und Verantwor­       Stärken besinnen. Unsere Nischenstrategie ist
tung sollen uns dabei als Gradmesser dienen.         ein Teil davon. Mit der stetigen Verbesserung
Die Coronapandemie ist eine Lehrmeisterin für        unserer Angebote können wir weiterwachsen         Prof. Jürg Kessler
die Zukunft. Sie zwingt uns, neue Lehr-, Lern- und   und unser Profil schärfen. Wir motivieren Men­    Rektor, Vorsteher der Hochschulleitung
Arbeitsformen zu finden und dabei den Ansprü­        schen, nach Graubünden zu ziehen, und leisten     T + 41 81 286 24 25
chen unserer Mitarbeitenden, aber auch jenen         einen Beitrag, um den drohenden «Brain Drain»     juerg.kessler@fhgr.ch
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ORGANISATIONSASSISTENTIN//WISSENSPLATZ                                                                     7

Das Gefühl geben,
willkommen zu sein
fhgr.ch/magazin/februar2021

An Clarita Decurtins führt kein Weg vorbei – sowohl am Tele­
fon als auch am Schalter im Hauptgebäude ist sie die erste
Anlaufstelle an der Fachhochschule Graubünden. Sie erfüllt
ihre vielseitige Tätigkeit im Frontoffice auch nach vielen Jah­
ren noch immer mit Begeisterung und Engagement.
Text und Bild: Yvonne Herzig Gainsford

                                                                                                         Man merkt, dass Clarita Decurtins es geniesst,
                                                                                                         bei ihrer Arbeit mit den unterschiedlichsten
                                                                                                         Menschen zu tun zu haben. Als wichtige Vor­
                                                                                                         aussetzung erachtet sie denn auch, «dass man
                                                                                                         Menschen gernhat und sich für deren Anliegen
                                                                                                         interessiert». Die vielen Kontakte würden auch
                                                                                                         dafür sorgen, dass jeder Tag anders sei.
                                                                                                         Eine der grossen Herausforderungen im Fron­
                                                                                                         toffice sieht sie darin, dass man ständig unter­
                                                                                                         brochen werde. Klingle das Telefon oder stehe
                                                                                                         jemand am Schalter, habe dies natürlich Priori­
                                                                                                         tät. Damit müsse man umgehen können, meint
                                                                                                         sie. Es sei nicht immer einfach, alle Arbeiten
                                                                                                         unter einen Hut zu bringen und manchmal ver­
                                                                                                         schiedenste Dinge gleichzeitig zu erledigen.
                                                                                                         Normalerweise herrscht in der Administration
                                                                                                         reger Betrieb. Clarita Decurtins und ihre eben­
                                                                                                         falls im Frontoffice tätigen Arbeitskolleginnen
                                                                                                         sind gefordert. Im Moment ist aber alles viel
                                                                                                         ruhiger als sonst, das Coronavirus bestimmt
Clarita Decurtins fehlen die persönlichen                                                                den Arbeitsalltag. Der Unterricht findet wieder
Kontakte und der Trubel des Alltags.                                                                     online statt, Homeoffice ist angesagt. Darum
                                                                                                         bleiben auch viele Arbeitsplätze in der Adminis­
Das Coronavirus hat unser aller Leben gehö­         verschiedensten Anliegen von Besucherinnen           tration leer. Es wird darauf geachtet, dass sich
rig durcheinandergebracht. Zum Glück gibt es        und Besuchern, Studierenden oder Arbeitskol­         nur wenige Personen im Büro befinden. Cla­
Konstanten, die uns durch diese turbulenten         leginnen und -kollegen. Dabei hat sie eine klare     rita Decurtins findet das schade, ihr fehlen das
und schwierigen Zeiten begleiten. Dazu gehört       Mission: «Ich versuche, den Leuten das Gefühl        gewohnte Umfeld mit persönlichen Kontakten
die Stimme von Clarita Decurtins an der Fach­       zu geben, dass sie willkommen sind und dass          und der Trubel des Alltags. Darum freut sie sich
hochschule Graubünden. Wählt man die Haupt­         ihnen bei ihren Anliegen geholfen wird. Es ist       schon jetzt darauf, wenn wieder Leben einkehrt
nummer der Fachhochschule, ist die Chance           immer wieder erstaunlich, was Freundlichkeit         in die Administration an der Pulvermühlestrasse.
gross, dass sie es ist, die den Anruf entgegen­     ausmacht.»
nimmt und Auskunft gibt oder weiterverbindet.       Bis vor Kurzem war sie auch für die Adminis­
Ihr ist bewusst, dass diese Art des Kontakts        tration des Studiengangs Information Science         Yvonne Herzig Gainsford
sehr wichtig ist: «Wenn man beim Telefonieren       zuständig, eine Aufgabe, die sie nun abge­           Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für
lächelt, merkt das die Person am anderen Ende       geben hat. Trotzdem – die Arbeit geht nicht          Multimedia Production
der Leitung.»                                       aus. Neben diversen administrativen Aufgaben         T + 41 81 286 24 03
Seit mehr als 15 Jahren erfüllt die Administ­       betreut sie die Lernenden im kaufmännischen          yvonne.herzig@fhgr.ch
rationsmitarbeiterin ihre Aufgaben im Front­        Bereich, die jeweils die ersten paar Monate
office mit ganz viel Herzblut. An ihrem Tätig­      ihrer Ausbildung im Frontoffice arbeiten und
keitsbereich schätzt sie, dass er sehr vielfältig   dort in die Institution eingeführt werden. In die­   Clarita Decurtins
und abwechslungsreich ist. So ist sie nicht nur     ser Funktion versucht sie, «den jungen Men­          Organisationsassistentin
der erste Kontakt am Telefon. Auch am Schal­        schen einen sanften Einstieg in die Arbeitswelt      T + 41 81 286 24 21
ter im Hauptgebäude kümmert sie sich um die         zu ermöglichen».                                     clarita.decurtins@fhgr.ch
Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
8                                                     LERNENDER//WISSENSPLATZ

Zwischendurch erwacht
in ihm der Künstler
fhgr.ch/magazin/februar2021

Angefangen hat eigentlich alles mit einem Sack Streichhölzer. Die kleinen Holzteilchen hatten
es Nino Wilhelm schon als Kind angetan. Er experimentierte in jeder freien Minute mit den
Stäbchen, baute Schiffchen oder andere Gebilde. Die Faszination ist geblieben. Heute ist der
19-Jährige im vierten Lehrjahr als Architekturmodellbauer an der Fachhochschule Grau-
bünden und kann dort zwischendurch immer wieder auch seiner Kreativität freien Lauf lassen.
Text und Bilder: Luzia Schmid

Eine Brücke zum Schutz der Moorlandschaft:
Die aktuelle Semesterarbeit fordert den Lehrling heraus.
Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
LERNENDER//WISSENSPLATZ                                                                         9

«Ich habe schon immer gerne rumgebastelt              Nino Wilhelm bezeichnet es deshalb als «gros­
und experimentiert», sagt Nino Wilhelm beim           ses Glück», dass er in der Berufsberatung vom
Gespräch im Atelier der FH Graubünden. Der            Architekturmodellbauer erfuhr – und nach dem
Standort C ist ein besonderer: Schon im Ein­          Schnuppern auch gleich eine Lehrstelle an der
gangsbereich merkt man, dass hier Kreativität         Fachhochschule Graubünden fand. «Hier habe
und Handwerk angesiedelt sind. An der Wand            ich von allem etwas. Ich kann zeichnen, bauen,
hängen zahlreiche Karten und Fotografien von          fräsen – und ab und zu habe ich sogar Zeit, sel­
Bauwerken, auf den Ablagen stehen Architektur­        ber zu experimentieren.»
modelle. Nino Wilhelm hat hier seine Welt gefun­      Das dreiköpfige Team um Aldo Hanhart, dem
den. Es sind einerseits das Filigrane, die Handar­    Leiter der Architekturmodellbau-Werkstatt der
beit, die ihn reizen, andererseits das Holz, dessen   FH Graubünden, fertigt im Auftrag von Architek­
Beschaffenheit und Robustheit, die ihn faszinie­      turbüros massstab- und naturgetreue Modelle
ren. Schreiner, Zeichner, Matrose – es waren ver­     an und unterstützt die Studierenden bei ihren        Häusermodelle erfordern
schiedene Berufe, die ihn interessierten. Nach        Arbeiten. Zu den Aufgaben des Lernenden              oft feinste Handarbeit.
ein paar Schnupperwochen – zunächst auf               gehört auch das Erstellen von Konstruktions­
einem Frachtschiff auf dem Rhein und dann auf         zeichnungen anhand von Plänen, um die Modelle        die Arbeitsschritte genau dokumentieren und
einem Kreuzfahrtschiff – war dem Jugendlichen         exakt fertigen zu können. In den vier Lehrjahren     diese fotografisch festhalten. Die Arbeit, die er
damals aber klar, dass der Beruf des Matrosen         lernt er zudem, aus verschiedensten Materialien      dafür ausgewählt hat, ist ein Brückenbaupro­
nicht «seine Welt» war. Die Arbeit war ihm zu         wie Holz, Kunststoff, Bunt- und Leichtmetallen,      jekt. Zwischen Biberbrugg und Altmatt im Kan­
wenig handwerklich, zu wenig kreativ. Als Schrei­     Papier, Kork, Gips oder Metall den Modellen ein      ton Schwyz ist seit vielen Jahren zum Schutz
ner hätte er zwar mit Holz gearbeitet, «aber diese    möglichst natürliches Aussehen zu verleihen.         der dortigen Moorlandschaft ein Übergang
Arbeit ist halt eher grob». Der Zeichner wirkt «vor                                                        geplant. Für diese Brücke hat Nino Wilhelm in
allem am Computer und wenig mit den Händen».          FINGERFERTIGKEIT UND PRÄZISION                       den letzten Monaten eine Variante gebaut. «Lei­
                                                      Diese Vielseitigkeit entspricht Nino Wilhelm sehr.   der habe ich mich im Zeitplan völlig vertan», sagt
                                                      Je nach Modell dauere es mehrere Monate bis          der Lernende. Er habe fast doppelt so lange für
                                                      zur Vollendung, sagt der Lernende und erklärt,       die Arbeit gebraucht, als er eigentlich berechnet
                                                      wie er dabei vorgeht. Ein Modell besteht aus ver­    habe. Deshalb hofft er, vielleicht noch ein ande­
                                                      schiedenen Schichten. Von unten her wird eine        res Modell als Semesterarbeit fertigen und aus
                                                      Platte um die andere ausgefräst. Diese Arbeit        den Fehlern lernen zu können.
                                                      erledigt eine Maschine, nachdem Nino Wilhelm         Die Berufsschule besucht Nino Wilhelm in Zürich.
                                                      die Vorgaben auf dem Computer gezeichnet             In seiner Klasse sind nur sieben Schüler, insge­
                                                      und der Fräse den Auftrag erteilt hat. Flüsse und    samt sind es über alle vier Lehrjahre verteilt in
                                                      Strassen werden ausgespart, Hügel erhöht. Teil­      der Deutschschweiz zurzeit 26 Lernende «Archi­
                                                      weise müssen Hohlräume für Gebäude einge­            tekturmodellbauer/in EFZ». Die meisten seiner
                                                      baut werden. Die Häuser bauen die Modellbauer        Mitschülerinnen und Mitschüler sind bei Betrie­
                                                      von Hand, schleifen sie ab und kleben sie ein.       ben in der Privatwirtschaft tätig. «Sie erzählen
                                                      Auch Brücken, Geländer oder ein Handlauf sind        manchmal von grossem Zeitdruck und unge­
                                                      Feinstarbeiten, die grosse Präzision erfordern.      nauen Arbeiten», sagt der 19-Jährige. Er sei froh,
                                                      Für die Bäumchen hängt im Lager der Werkstatt        dass er an der FH Graubünden eigentlich immer
                                                      eine grosse Auswahl von getrockneten Sträu­          die Zeit habe, sorgfältig zu arbeiten und etwas im
                                                      chern von der Decke herab, die nur noch zuge­        Bedarfsfall noch auszubessern. Dem Ende sei­
                                                      schnitten werden müssen.                             ner Lehre blickt er deshalb auch mit gemischten
                                                      Wenn Nino Wilhelm von seiner Arbeit erzählt,         Gefühlen entgegen. Im Kanton Graubünden gibt
                                                      erwacht zwischendurch der Künstler in ihm,           es nur zwei Betriebe mit Architekturmodell-Ler­
                                                      etwa wenn er die Beschaffenheit der verschiede­      nenden. Entsprechend klein sind die Möglichkei­
                                                      nen Holzarten beschreibt oder über das Mischen       ten für eine Arbeitsstelle in diesem Bereich. Aus
                                                      von Farben sinniert. Dann rückt seine kreative       Graubünden wegziehen möchte der in Chur auf­
                                                      Seite in den Vordergrund. Die Coronakrise ist ihm    gewachsene 19-Jährige lieber nicht. «Als Schrei­
                                                      dabei fast ein wenig entgegengekommen. Weil          ner würde mir die Feinarbeit fehlen, als Architekt
                                                      ihre Arbeit von zuhause aus nicht erledigt wer­      das Handwerkliche.» Wohin es ihn verschlägt,
                                                      den kann, sind die Modellbauer weiterhin vor Ort     ist also noch völlig offen. Nino Wilhelm hofft, im
                                                      in der Werkstatt anzutreffen – selbstverständlich    Bereich Design oder vielleicht in der Innenarchi­
                                                      unter Einhaltung der Schutzmassnahmen und            tektur fündig zu werden.
                                                      Distanzregeln. Weil sich durch die Krise die Auf­
                                                      tragslage verändert hat, bleibt zwischendurch
                                                      jetzt mehr Zeit für das Kreative. «Ich liebe zum      fhgr.ch/architekturmodellbau
                                                      Beispiel das Tüfteln mit Giessharz», sagt der Ler­
                                                      nende und präsentiert seine kunstwerkähnlichen       Luzia Schmid
                                                      Experimente.                                         Projektleiterin Hochschulkommunikation
                                                                                                           +41 81 286 38 78
                                                       NUR ZWEI LEHRSTELLEN IM                             luzia.schmid@fhgr.ch
                                                      ­K ANTON
                                                      Für seine aktuelle Semesterarbeit – seine letzte
                                                      vor der Lehrabschlussprüfung – muss Nino             Nino Wilhelm
                                                      Wilhelm für den Lehrbetrieb ein Modell bauen,        Lernender Architekturmodellbau
                                                      welches anschliessend verkauft werden kann.          +41 81 286 37 82
                                                      Für dieses muss er einen Zeitplan erstellen,         nino.wilhelm@fhgr.ch
Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
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Ohne ihn läuft
gar nichts an der
Fachhochschule
fhgr.ch/magazin/februar2021

Michael Cavegn arbeitet seit 2017 als Hauswart an der
FH Graubünden. Seine Tätigkeiten sind sehr vielfältig und
reichen von Büroarbeiten über Putzarbeiten bis hin zur
Montage des Schneepflugs als Vorbereitung für den Winter.
Was er alles erledigt, zeigt sich erst beim genauen Hin-
schauen.
Text und Bilder: Lorena Sonder

Michael Cavegns Tag beginnt mit Büroarbeiten.
HAUSWART//WISSENSPLATZ                                                                         11

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                                                                                                          gewachsen. Die Primar- und die Realschule
                                                                                                          besuchte er ebenfalls in der Bündner Haupt-
                                                                                                          stadt. Danach absolvierte er eine 3-jährige
                                                                                                          Lehre als Maler bei der Firma Maler Gollner
                                                                                                          in Chur. In den darauffolgenden Jahren ver-
                                                                                                          diente er seinen Lebensunterhalt im Sommer
                                                                                                          als Maurer in einem familiären Kleinunterneh-
                                                                                                          men in Maienfeld und im Winter als Pisten-
                                                                                                          patrouillier in Klosters (auf Madrisa), bis er
                                                                                                          schliesslich in einem Hotel in Flims im dor-
                                                                                                          tigen Unterhaltsteam auf seinen Wunschbe-
                                                                                                          ruf umsatteln konnte. Als dann eine Stelle an
                                                                                                          der FH Graubünden frei wurde, ergriff er die
                                                                                                          Chance und bewarb sich dafür. Am 1. Juni
                                                                                                          2017 trat er seine Stelle als Hauswart an
                                                                                                          unserer Hochschule an.
                                                                                                          In seiner Freizeit gehört seine ganze Auf-
Einmal pro Tag werden alle                                                                                merksamkeit seiner Frau und seinen zwei
Böden feucht aufgenommen.                                                                                 kleinen Söhnen Nando und Lauro. Als akti-
                                                                                                          ver Sportbegeisterter ist er aber auch gerne
                                                                                                          viel in Bewegung, wobei das Eishockey seine
                                                                                                          favorisierte Sportart ist.

                                                                                                         Maler in die Hände, denn es stehen auch immer
                                                                                                         wieder Malerarbeiten an. In der Werkstatt liegen
                                                                                                         allerhand Werkzeuge bereit – für allerlei Arbei-
                                                                                                         ten. Von der Malerausrüstung, um die Wände
                                                                                                         neu zu streichen, bis hin zu Säge und Akkuboh-
Lüftungskontrolle                                  Schneekettenwechsel                                   rer, um zum Beispiel kleine Briefkästen herzustel-
                                                                                                         len oder bei Umbauarbeiten genau angepasste
                                                                                                         Holzschnitte zu machen.
                                                                                                         Neben den Arbeiten im Gebäude gibt es auch
                                                                                                         viele Arbeiten ausserhalb. Im Sommer muss der
                                                                                                         Rasen gewässert und gemäht werden und im
                                                                                                         Herbst das Laub zusammengekehrt. Wenn der
                                                                                                         erste Schnee fällt, werden die Schneeketten und
                                                                                                         der Pflug am Rapid montiert, damit der Schnee
                                                                                                         geräumt werden kann.
                                                                                                         Auch die neuen Sonnensegel beim Aussenplatz
                                                                                                         am Standort H müssen im Herbst winterfest
Werkstattarbeit                                    Sonnensegelmontage                                    gemacht werden. Diese werden möglichst was-
                                                                                                         serdicht eingepackt.
                                                                                                         Viele dieser Arbeiten werden im Team ausge-
Der Tag des Hauswarts an der FH Graubün-           denen Standorten: vormittags an der Comer-            führt oder abwechselnd zwischen den verschie-
den beginnt im Büro. Dort werden als Erstes die    cialstrasse am Standort H und nachmittags im          denen Kollegen aufgeteilt. Die Services beste-
E-Mails abgerufen, denn viele seiner Aufträge      Hauptgebäude an der Pulvermühlestrasse. Dort          hen aus sechs Mitarbeitenden, wobei Rinaldo
werden über diesen Kanal kommuniziert. Dazu        verrichtet er jeweils verschiedene Aufgaben, je       Albertin der Leiter ist. Da sie alle unterschied-
gehört zum Beispiel die Materialausleihe oder      nachdem, was gerade ansteht. Einmal pro Tag           liche Ausbildungen haben, ergänzen sich die
die Reservierung von Räumlichkeiten für ver-       werden alle Böden im Gebäude feucht von Hand          Teammitglieder gut und teilen ihre Aufgaben
schiedene Anlässe. Wenn es dann so weit ist,       gewischt, um lose Verschmutzungen zu entfer-          dementsprechend auf.
hilft Michael Cavegn auch beim Auf- und Abbau      nen. Alle zwei Wochen werden sie dann maschi-
des Anlasses (Infrastruktur etc.) mit. Am Com-     nell nass gewischt. Die Geräte werden nach dem
puter verwaltet Cavegn auch die interne Auto-      Gebrauch immer gleich gereinigt, damit sie für
vermietung. Die FH Graubünden besitzt meh-         die nächste Verwendung bereitstehen.                  Lorena Sonder
rere Fahrzeuge, welche von den Mitarbeitenden      Von Zeit zu Zeit müssen im Keller die Lüftun-         Studentische Mitarbeiterin, Marketing
jederzeit ausgeliehen werden können. Eine wei-     gen kontrolliert werden. Die darin enthaltenen Fil-   T +41 81 286 39 74
tere Aufgabe im Büro ist die Erstellung des        ter fangen viel Staub auf und müssen deswegen         lorena.sonder@fhgr.ch
Instandhaltungsplans, einer Liste mit allen Auf-   immer wieder davon befreit werden, damit alles
gaben, die innerhalb der Hochschule zu erledi-     einwandfrei laufen kann. Neben den Filtern müs-
gen sind. Diese werden dann unter den Mitarbei-    sen auch die Keilrahmen kontrolliert werden.          Michael Cavegn
tenden des Service-Teams aufgeteilt.               Bei anfallenden Reparaturen oder Verschönerun-        Hauswart, Mitarbeiter Services
Die meiste Zeit ist der Hauswart jedoch im gan-    gen ist auch immer erst der Hauswart gefragt.         T +41 81 286 37 81
zen Gebäude unterwegs, sogar an zwei verschie-     Hier spielt Michael Cavegn seine Ausbildung als       michael.cavegn@fhgr.ch
12                                             WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ

Der zukunftsfähigen
Welt verpflichtet
fhgr.ch/magazin/februar2021

An der Fachhochschule Graubünden habe ich in den vergan-                                                  auf diesem Weg bestmöglich voranzuschreiten,
                                                                                                          tausche ich mich auch mit Hochschulen in der
genen Jahren meine berufliche Heimat gefunden. Als ich                                                    ganzen Welt aus. Dieser Austausch wird durch
2009 zum ersten Mal die damalige HTW Chur als Studentin                                                   unsere über zehnjährige Mitgliedschaft bei einer
                                                                                                          von den Vereinten Nationen getragenen Initiative
betrat, tat ich das aus Lernbegierde und nicht mit der                                                    zur verantwortungsvollen Managementausbil­
Absicht, eine Arbeitgeberin zu finden. Zwischenzeitlich dreht                                             dung (den Principles for Responsible Manage­
                                                                                                          ment Education, kurz PRME) ermöglicht. Als
sich bei mir alles darum, den Beitrag der FH Graubünden                                                   ich meine fachliche Expertise erweitern wollte,
für eine zukunftsfähige Welt sicherzustellen.                                                             bekam ich umgehend Unterstützung von der FH
                                                                                                          Graubünden. Zurzeit absolviere ich nebenbei
Text: Livia Somerville / Bild: Lorena Sonder                                                              einen Master of Science in Umwelt und Natürli­
                                                                                                          che Ressourcen an der Zürcher Hochschule für
                                                                                                          Angewandte Wissenschaften ZHAW.
Seit fast vier Jahren steht meine Arbeit als wis­     arbeiterin, deren Aufgaben sich vollständig nach
senschaftliche Mitarbeiterin der Fachhochschule       einer Hochschulentwicklung im Gleichgewicht         WERTVOLLE ERFAHRUNGEN
Graubünden ganz im Zeichen einer nachhaltigen         dieser drei Zielbereiche ausrichten.                GESAMMELT
Entwicklung. 2017 hat die FH Graubünden diese                                                             Den Strategieprozess vor vier Jahren hin zum
als einen von drei Entwicklungsschwerpunkten          ANREGUNGEN VON STUDIERENDEN                         Schwerpunkt Nachhaltige Entwicklung konnte
in ihre Strategie aufgenommen. Sie hatte sich         In dieser Funktion fördere ich Projekte in der      ich aus dem Blickwinkel der Mitarbeiterin mit­
intensiv mit der aktuellen Nachhaltigkeitsde­         Lehre, in der Forschung und im schulischen          verfolgen. Ich war zu dieser Zeit bereits an der
batte auseinandergesetzt und sich für den Drei­       Betrieb. Zwischenzeitlich gibt es in allen Depar­   FH Graubünden tätig, nämlich im International
klang der ökologischen Verantwortung, gesell­         tementen Mitarbeitende, die für eine lebens­        Office. Dieser Bereich ist Dreh- und Angelpunkt
schaftlichen Solidarität und wirtschaftlichen         werte Zukunft forschen und ihre Studierenden        des Austauschprogramms und verantwortet die
Leistungsfähigkeit entschieden. Zunehmend             für diese Transformation ausbilden. Oft sind        Zusammenarbeit mit 50 Hochschulen im Aus­
kam bei mir der Wunsch auf, diesen angestos­          es Studierende, die Vorschläge für die Gestal­      land. Die Herausforderung, sich in einer neuen
senen Wandel mitzugestalten. Die Hochschul­           tung einer nachhaltigen Fachhochschulumge­          Lern- und Arbeitsumgebung einzufinden, ist
leitung wählte mich kurz darauf zur ersten Mit­       bung an unsere Hochschule herantragen. Um           eine Erfahrung, die auch ich selbst mehrmals
                                                                                                          gemacht habe. Als ich neun Jahre alt war, zog
                                                                                                          meine Familie in die vietnamesische Gross­
                                                                                                          stadt Ho-Chi-Minh-City, wo ich während drei
                                                                                                          Jahren eine britische Schule besuchte. Als Tou­
                                                                                                          rismusstudentin hatte ich zudem die Möglich­
                                                                                                          keit, meine Studienzeit durch ein Semester an
                                                                                                          der Partnerhochschule in der lettischen Haupt­
                                                                                                          stadt Riga zu bereichern. Nach dem erfolgrei­
                                                                                                          chen Bachelorabschluss zog es mich wiede­
                                                                                                          rum in die Weite, diesmal der Arbeitserfahrungen
                                                                                                          wegen. Ich absolvierte Praktika in Malaysia und
                                                                                                          in meiner väterlichen Heimat Australien.
                                                                                                          Vor vielen Jahren erlangte ich an der FH Grau­
                                                                                                          bünden eine fundierte Ausbildung. Dank ihrer
                                                                                                          interdisziplinären Ausrichtung kann ich heute
                                                                                                          den vielseitigen Herausforderungen der Nach­
                                                                                                          haltigkeit leichter begegnen.

                                                                                                           fhgr.ch/nachhaltigkeit

                                                                                                          Livia Somerville
                                                                                                          Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Nachhaltige
                                                                                                          Hochschulentwicklung
Ein Team um Livia Somerville (2. v. r.) organisierte im letzten Oktober                                   T +41 81 286 39 05
eine virtuelle PRME-Forschungskonferenz mit über 200 Teilnehmenden.                                       livia.somerville@fhgr.ch
WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ                                             13

Als Mutter einer
erfüllenden Tätigkeit
nachgehen
fhgr.ch/magazin/februar2021

Wie bringt man Familie und Beruf unter den sprichwörtlich «einen Hut»? Thuc Lan Tran,
Programmleiterin des Joint Program Tourism der FH Graubünden mit der SUES (Shanghai
University of Engineering Science) und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für
Tourismus und Freizeit, beschreibt hier ihren täglichen Spagat zwischen Kindern und Beruf.
Text und Bilder: Thuc Lan Tran

                                                                               DAS WICHTIGSTE IST … VIEL GLÜCK
                                                                               «Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf» hat
                                                                               eine ganze Menge mit Passgenauigkeit zu tun
                                                                               – die persönlichen Rahmenbedingungen, ver-
                                                                               ständnisvolle Vorgesetzte und eine Arbeitge-
                                                                               berin, die die Voraussetzungen dafür schafft,
                                                                               gehören dazu. Denn nach wie vor ist sie, die viel
                                                                               gelobte und viel zitierte «Vereinbarkeit», ein Pri-
                                                                               vileg von ziemlich wenigen …
                                                                               Was bedeutet sie für mich? Die Vereinbarkeit von
                                                                               Beruf und Familie ermöglicht es mir, dass ich mit
                                                                               gutem Gewissen zur Arbeit gehen, eine sinnvolle
                                                                               und mich erfüllende Tätigkeit ausüben und Qua-
                                                                               litätszeit mit meiner Familie verbringen kann –
                                                                               ohne dass es in Stress ausartet, wenn mal etwas
                                                                               «aus der Reihe tanzt».
                                                                               Ich arbeite sehr gerne. Die Vielfalt meiner Tätig-
                                                                               keit, die zahlreichen Möglichkeiten mich einzu-
                                                                               bringen und die Arbeit mit den Studierenden
                                                                               begeistern mich. Obwohl ich als wissenschaft-
                                                                               liche Mitarbeiterin und Programmleiterin einer
                                                                               internationalen Kooperation fast Vollzeit arbeite
                                                                               (80 %-Pensum) und von St. Gallen nach Chur
                                                                               pendle, habe ich von Anfang an – schon lange
                                                                               vor Corona – teilweise von zuhause aus gearbei-
                                                                               tet. Dieses Zugeständnis von Seiten der Fach-
                                                                               hochschule hat mich sehr bestärkt.
                                                                               Am Institut für Tourismus und Freizeit bin ich
                                                                               für den reibungslosen Ablauf der Kooperation
                                                                               zwischen den beiden Universitäten verantwort-
                                                                               lich, betreue die chinesischen Studierenden, die
                                                                               bei uns ihren Bachelor absolvieren, und bin ihre
                                                                               erste Ansprechperson für alle akademischen
                                                                               Belange. In normalen Jahren fliege ich mindes-
                                                                               tens einmal nach China, um mit der Instituts-
                                                                               leitung an der SUES Zertifikate zu verleihen,
                                                                               Gespräche zu führen und neue Absprachen in
Ein starkes Team: Als «begeisterte Mutter» von zwei Söhnen ist Thuc Lan Tran   die Wege zu leiten. Darüber hinaus bin ich auch
auch immer wieder froh um die Unterstützung ihres Partners.                    in der Lehre tätig und leite unterschiedliche, sehr
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spannende Dienstleistungs- und Forschungspro-
jekte, wie etwa momentan ein Gemeinschafts-
projekt mit Graubünden Ferien und der Fach-
hochschule Nordwestschweiz – ich kann mich
kaum an einen Tag erinnern, an dem ich ungern
zur Arbeit gegangen wäre.

VEREINBARKEIT – EIN PRIVILEG
Ich bin gleichzeitig auch begeisterte Mutter von
zwei Söhnen: Der ältere geht in die erste Klasse
und der jüngere besucht das zweite Kindergar-
tenjahr. Kinder sind fantastisch, sie haben ver-
rückte Ideen, Energien im Überfluss, zanken
ständig und lachen eine Sekunde später. Klar, es
ist nicht immer «Wolke sieben» und die rosarote
Brille habe ich abgelegt, als der Schlafmangel
chronisch wurde. Aber die Familie ist es wert und
ich bin mehr als froh, dass ich die nötige Unter-
stützung habe – durch meinen Mann, durch
unsere Familien, die von fern anreisen, um da zu
sein, wenn ich mal fort bin, und natürlich durch                                                            Besuch der Partnerhochschule in Shanghai.
eine flexible Kinderbetreuung in der Kita und im
Hort. Die erweiterte Familie, unsere Freunde und
Nachbarn – sie sind Teil dieser Rahmenbedin-
gungen, die das Ganze zum Laufen bringen.
Dank meiner persönlichen Situation kann ich
Familie und Beruf miteinander vereinen – aber
für sehr viele berufstätige Mütter sieht es im All-
gemeinen düster aus:
In der Erhebung zu Familien und Generationen
des Bundesamts für Statistik (2019) steht, dass
–– 75 % der Frauen mit Tertiärabschluss der Mei-
   nung sind, die Geburt eines Kindes würde sich
   negativ auf ihre berufliche Karriere auswirken,
   und
–– bei knapp sieben von zehn Paaren im Alter
   von 25 bis 54 Jahren mit Kindern (69 %) die
   Hausarbeit hauptsächlich von der Frau erle-
   digt wird.
Es ist also noch längst nicht Normalität, dass
Frauen – denn meistens sind es immer noch
sie, an denen Kinderbetreuung, Haushalt und                                                                            China-Expertinnen am Sino Swiss
die Care-Arbeit hängen bleiben – ihrem erlern-                                                                          Symposium der FH Graubünden.
ten Beruf nachgehen können. Sie hadern oftmals
mit dem Mental Load und dem tradierten Frau-
enbild, das nach wie vor in der Gesellschaft vor-     Denn eines ist sicher: Homeoffice und Home-         der Pensionskassenbeiträge schwebt, müssen
herrscht. Meiner Meinung nach steht am Anfang         schooling vertragen sich nicht – eines davon        arbeitende Mütter – denn der Vater hat nach
ein Arbeitgeber bzw. eine Arbeitgeberin, der/die      wird immer vernachlässigt. Ich selbst musste        wie vor die Ernährerrolle inne – sich oft anhö-
offen für individuelle Arbeitsformen und flexibel     mich zwar nicht mit Homeschooling ausein-           ren, dass Kinder (v. a. im Vorschulalter) leiden,
in puncto Arbeitszeit und -ort ist. Gerade an der     andersetzen, dafür sind unsere Kinder noch zu       wenn ihre Mütter ausser Haus tätig sind. Wie
Hochschule können solche Voraussetzungen              klein. Doch bereits, als sie «nur» zuhause spiel-   man sein Familienleben lebt und gestaltet, dazu
geschaffen werden, wie etwa die Infrastruktur         ten, war konzentriertes Arbeiten nur bedingt        haben viele eine dezidierte Meinung. Schluss-
fürs Homeoffice – was uns in Zeiten wie die-          möglich. Bei uns sah es damals ganz ähnlich aus     endlich bedeutet die Vereinbarkeit von Familie
sen sehr zugute kommt. Corona ist ein Augen-          wie auf den unzähligen Fotos, die in den sozialen   und Beruf … nun ja, auf jeden Fall für jede Ein-
öffner in vielfacher Hinsicht. Lange Präsenzzei-      Medien kursierten: Ein mit Spielzeug übersätes      zelne und für jede Familie etwas anderes.
ten scheinen doch nicht ausschlaggebend für           Zimmer, in welchem eine Mutter oder ein Vater       Ich freue mich, dass die Vereinbarkeit von Fami-
Leistung und Output zu sein.                          vor dem Bügeltisch sass, um an einer Videokon-      lie und Beruf für mich kein leeres Versprechen
                                                      ferenz teilzunehmen. Die Herausforderung: sich      ist – aber die Entscheidung «für oder gegen den
HOMEOFFICE UND HOME-                                  anzupassen, neu zu orientieren und einen Frei-      Beruf» bzw. «für oder gegen die Familie» muss
SCHOOLING VERTRAGEN SICH NICHT                        raum zu suchen. In meinem Fall bestand die kre-     jedermann bzw. «jedefrau» für sich selbst treffen.
Die Coronapandemie ist nach wie vor ein ein-          ative Lösung darin, meine Arbeitszeiten in die
schlagendes Ereignis mit bis heute nicht fass-        frühen Morgen- oder späten Abendstunden zu
baren Auswirkungen. Für die, die das Privileg         verlegen und mich mit meinem Mann bei der Kin-      Thuc Lan Tran
haben, zuhause im Homeoffice arbeiten zu kön-         derbetreuung und -bespassung abzuwechseln.          Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für
nen, kam während des Lockdowns, als die Schu-         Man kann und muss es nicht allen recht machen:      ­Tourismus und Freizeit
len schliessen mussten, noch Homeschooling            Während über den zuhause bleibenden Müt-             T +41 81 286 38 33
dazu. Die Karten wurden neu gemischt …                tern und Vätern das Damoklesschwert fehlen-          thuclan.tran@fhgr.ch
WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ   15

Promovieren an der
Fachhochschule:
Forschen und dennoch
nah an der Praxis bleiben
fhgr.ch/magazin/februar2021

Ann-Katrin Kienle und Gizem Yilmaz verfolgen beide eine Promotion in ihren Fachrichtungen
und studieren dafür an der FH Graubünden. Nebenbei arbeiten sie in verschiedenen For-
schungsprojekten der Hochschule mit. Über ihre Beweggründe, die administrativen Hürden,
ihre persönlichen Hochs und Tiefs sowie die besondere Stellung von Fachhochschulen
in der Schweizer Hochschullandschaft bezüglich Promotionsrecht sprachen die beiden jun-
gen Forscherinnen mit Marc Herter.
Text: Ann-Katrin Kienle, Gizem Yilmaz, Marc Herter / Bilder: FH Graubünden

Interview per Videokonferenz: Die Coronapandemie hat den Autoren
und die jungen Forscherinnen für ihr Gespräch an den Bildschirm gezwungen.
16                                    WISSSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ

Aus dem Leben junger Forscherinnen: Das Zwischenmenschliche
und der persönliche Austausch fehlen den beiden Frauen aktuell sehr.

Ann-Katrin und Gizem, ihr verfolgt beide eine      phischen Fakultät der Universität Zürich als       Ann-Katrin, wie hast du dir deine Hochschule
Promotion in euren Fachrichtungen und stu-         Co-Betreuerinnen und -Betreuer tätig sein. Das     für die Promotion ausgesucht?
diert bzw. forscht hierfür an der FH Graubün-      wird Kooperationsvorhaben weiter vereinfa-         Ann-Katrin: Für mich war das nie eine Frage,
den. Gegenwärtig haben Schweizer Fachhoch-         chen.                                              ob Fachhochschule oder Universität. Ich wollte
schulen aber kein Promotionsrecht. Wie sieht                                                          im Bereich Wirtschaftswissenschaften und am
eure Situation da aus?                             Gizem, du stehst noch ganz am Anfang deines        liebsten in der Verhaltensforschung promovie-
Ann-Katrin: Seit der Bologna-Reform sind wir       Weges in Richtung Promotion und hast trotz         ren. Die FH Graubünden hatte eine Stelle ausge-
bei der Bildung hochschulweit gleichgestellt.      dieser Hürde die Fachhochschule der Universi-      schrieben, die genau dem entsprach. Mir haben
Das Promotions- und Habilitationsrecht obliegt     tät vorgezogen. Weshalb hast du dich für die-      sowohl das Thema als auch die Methodik sofort
jedoch in der Regel weiterhin den Universitäten.   sen Weg entschieden?                               gefallen. Ausserdem konnten wir für mein Pro-
Um an einer Fachhochschule promovieren zu          Gizem: Ich musste mich damals zwischen einem       jekt die Universität St. Gallen gewinnen, an der
können, muss man folglich eine Kooperation         Job in der freien Wirtschaft und einer akademi-    ich nun Doktoratsstudentin bin.
mit einer Universität eingehen. In der Stellen-    schen Laufbahn entscheiden – ich habe mich
beschreibung, die ausschlaggebend für meine        für die FH Graubünden entschieden. Am Institut     Ihr arbeitet in zwei sehr unterschiedlichen
Bewerbung war, hat die FH Graubünden sogar         für Multimedia Production habe ich die Möglich-    Fachgebieten und wohl auch mit unterschied-
schon angemerkt, dass sie dies unterstützen        keit, mein Kommunikations- und Marketingwis-       lichen Methoden. Wie muss ich mir euren All-
würde.                                             sen mit multimedialen Fähigkeiten zu kombinie-     tag an der FHGR vorstellen? Ann-Katrin, machst
                                                   ren. Ich kann mich fachlich vertiefen und mich     du jeden Tag Experimente?
Gizem: Auch mir wurde bereits im Vorfeld kom-      mit meiner Doktorarbeit spezialisieren. Die FH     Ann-Katrin: Gerne würde ich mehr Experimente
muniziert, dass ich in diesem Prozess unter-       bietet mir Themen aus der beruflichen Praxis an,   machen. Diese sind allerdings nur ein klei-
stützt würde. Doch da ist viel Bewegung drin.      die gesellschaftlich hoch relevant sind. Zudem     ner Teil meiner Arbeit. Die Experimente die-
Neuerdings können zum Beispiel auch FH-Pro-        hat die anwendungsbezogene Forschung hier          nen dazu, meine Fragestellungen und Thesen
fessorinnen und -Professoren an der Philoso-       einen höheren Stellenwert.                         unter kontrollierten Bedingungen zu analysie-
WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ                                                                      17

ren. Nach einer Literaturrecherche überlege ich,      schiedlichen Ausrichtungen, Vorgaben und Rol-
wie man ein bestimmtes Verhalten hervorrufen          len. Ein gutes Selbst- und Zeitmanagement sind         ANN-KATRIN KIENLE
und testen kann, erstelle Fragebögen oder pro-        das A und O. Es ist wichtig, in Bezug auf Dead-        Ann-Katrin Kienle ist wissenschaftliche Mit-
grammiere Experimente, die dann online aus-           lines, Meetings/Kurse und Planungen klar zu            arbeiterin am Zentrum für wirtschaftspoliti-
gefüllt oder im Labor durchgeführt werden. Im         kommunizieren. Auch deshalb halten es einige           sche Forschung an der FHGR und gleichzei-
Anschluss werden die daraus resultierenden            meiner Mitdoktorierenden für ziemlich ambitio-         tig Doktoratsstudentin an der Universität St.
Daten statistisch ausgewertet. Das Ganze wird         niert, ein Doktorat in nur drei Jahren zu absolvie-    Gallen. Sie promoviert zum Thema «Redistri-
in einem wissenschaftlichen Artikel zusammen-         ren, wie es mit meiner gegenwärtigen Anstellung        bution under Constraints». Ihr Thema ist an
gefasst und hoffentlich publiziert.                   angestrebt wird.                                       das Projekt Gerechtigkeit, Anreize und hete-
                                                                                                             rogene Bedarfe der FHGR geknüpft.
Gizem: Auch mein Arbeitsalltag ist sehr vielsei-      Gizem: Organisiert und strukturiert zu arbeiten
tig. Mit jedem Projekt vertiefe ich mich in ein       ist sehr wichtig, damit man den Überblick nicht
neues Thema. Mal unterstütze ich die Studien-         verliert, insbesondere im Hinblick auf die Pro-
leitung in Sachen Lehre, mal führe ich Interviews     motion. Als Uni-Absolventinnen gelten für Ann-         GIZEM YILMAZ
für ein Forschungsprojekt durch oder nehme an         Katrin und mich andere Bedingungen. Aber ich           Gizem Yilmaz ist wissenschaftliche Mitar-
Konferenzen teil. Oder ich stehe als Hauptdar-        sehe auch für uns viele Vorteile, mit Unterstüt-       beiterin am Institut für Multimedia Produc-
stellerin vor der Kamera, sitze für eine Tonauf-      zung der Fachhochschule zu promovieren. Man            tion. Sie befindet sich in der Planungsphase
nahme im Studio oder organisiere eine Projekt-        wird intern von Arbeitskolleginnen und -kollegen       ihrer Doktorarbeit, mit der sie sich im Bereich
woche. Das Schöne an meiner Arbeit ist, dass          mit jahrelanger Erfahrung unterstützt, nicht nur       Jugend und soziale Medien spezialisieren
man die Möglichkeit hat, mit sehr interessanten       fachlich, sondern auch mit Tipps zum ganzen            möchte. Im Institut befasst sie sich mit den
Partnern zusammenzuarbeiten, und somit sein           Prozess. Trotz Unterstützung braucht es aller-         Forschungsfeldern multimediale Systeme
eigenes Netzwerk erweitern kann.                      dings sehr viel Eigeninitiative.                       zur Inhaltsvisualisierung und innovative Sto-
                                                                                                             rytellingformate.
Ann-Katrin: Netzwerke sind unglaublich wichtig        Nun leben wir zurzeit auch in einer speziellen
– sowohl als Jungforscherin als auch als Dokto-       globalen Situation und führen dieses Gespräch
randin. Gerade weil wir für die Universitäten als     online. Stichwort «Coronakrise»: Inwiefern seid
externe Doktoratsstudierende zählen, kann man         ihr und euer Projekt davon betroffen?                  PROMOVIEREN AN EINER FACH-
schnell den Anschluss zu den Universitätskolle-       Ann-Katrin: Mit der heutigen Technik sind              HOCHSCHULE
ginnen und -kollegen verlieren. Der Austausch         Absprachen mit den Betreuenden oder den Co-            Gegenwärtig geniessen die Fachhochschu-
mit diesen ist aber enorm wichtig. Die externen       Autorinnen und -Autoren digital kein Problem.          len in der Schweiz kein Promotionsrecht.
Beziehungen helfen uns, nah bei der Praxis zu         Einige Experimente lassen sich coronabedingt           Dieses ist den Universitäten vorbehalten,
bleiben und auch wirtschaftlich relevante Fra-        allerdings nicht so einfach realisieren. Das legt      die neben Bachelor- und Masterangebo-
gestellungen zu bearbeiten.                           dann schon Projekte und Ideen zeitweise auf Eis.       ten auch Promotionsprojekte ausschreiben
                                                      Leider ist noch kein unmittelbares Ende dieser         und unterstützen. Eine Promotion an einer
Gizem, du hast zu Beginn erwähnt, dass du             Krise absehbar und das wirft auch den gesam-           Schweizer Fachhochschule ist heute somit
dich für eine akademische Laufbahn entschie-          ten Plan durcheinander.                                erst über eine Kooperation mit einer Univer-
den hast, statt einer Tätigkeit in der freien Wirt-                                                          sität in der Schweiz oder im Ausland mög-
schaft nachzugehen. Hattest du bei dieser Ent-        Gizem: Mit dem Wechsel auf digital fehlen              lich, welche dann die Arbeit abnehmen und
scheidung auch Bedenken?                              momentan auch das Zwischenmenschliche, der             den Titel verleihen darf. Ob und wann auch
Gizem: Ja, die hatte ich. Die Tätigkeit als wissen-   Austausch, die kurzen Absprachen in den Kaf-           Fachhochschulen in der Schweiz Angebote
schaftliche Mitarbeiterin in der Forschung hat        feepausen, die Unterhaltungen. Das alles versu-        auf der dritten Ausbildungsstufe (Doktorat)
nicht direkt mit meinem Beruf im Bereich Unter-       chen wir, so gut es geht, digital aufrechtzuerhal-     anbieten dürfen, ist aktuell Gegenstand poli-
nehmenskommunikation oder Digital Marketing           ten, kommt dabei aber nicht an den Austausch           tischer Diskussionen.
zu tun. Deswegen hatte ich Angst, dass ich spä-       vor Ort heran.
ter nicht mehr à jour bin oder als Forscherin mit
geringer Praxiserfahrung betrachtet werde. Da         Ihr befindet euch in sehr unterschiedlichen
ich mich am Institut für Multimedia Production        Stadien eures Vorhabens. Ann-Katrin, was für
jedoch mit angewandten Zukunftstechnologien           Tipps hast du nach diesen zwei Jahren als Dok-
beschäftige und bei Projekten, die meine Inter-       torandin, die du Gizem und unserer Leserschaft        Ann-Katrin Kienle
essensbereiche betreffen, immer miteinbezogen         mitgeben kannst?                                      Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Zentrum für
werde, kann mir die Tätigkeit in der Forschung        Ann-Katrin: Brenne für dein Thema! Man sitzt          wirtschaftspolitische Forschung
sogar neue Türen öffnen.                              mehrere Jahre an derselben Fragestellung, da          T +41 81 286 37 53
                                                      ist es wichtig, dass man seine Arbeit und die         ann-katrin.kienle@fhgr.ch
Wie erging es dir, Ann-Katrin? Du bist bereits        Thematik spannend findet. Gutes Zeitmanage-
mitten in deinem Promotionsprojekt und hast           ment und Netzwerke sind gerade für externe
auf dem Weg dorthin sicherlich auch einige            Promovierende sehr hilfreich. Und zu guter            Gizem Yilmaz
Hürden überwinden müssen.                             Letzt: Traue dich, wenn du das wirklich möch-         Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für
Ann-Katrin: Zunächst hatte ich auch meine             test. Die Option eines Doktorats an einer Fach-       Multimedia Production
Bedenken. Zwischen Master und Doktorat arbei-         hochschule empfehle ich allen, die forschen und       T +41 81 286 38 83
tete ich einige Jahre ausserhalb der Uni. Dort        gleichzeitig nah an der Praxis bleiben wollen. So     gizem.yilmaz@fhgr.ch
lernte ich Leute mit Doktortitel kennen, die mir      muss man sich auch noch nicht zwischen einer
zeigten, dass sich Forschung und Praxis nicht         Laufbahn in der Wissenschaft oder Wirtschaft
widersprechen müssen. Das kann sogar ein              entscheiden – im Gegenteil, man ist nahe an           Marc Herter
grosser Vorteil sein. Für mich als externe Dok-       beiden Bereichen.                                     Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Zentrum für
torandin fallen der Arbeitsplatz und das Dokto-                                                             wirtschaftspolitische Forschung
ratsstudium allerdings nicht zusammen: Man                                                                  T +41 81 286 37 94
untersteht zwei Hochschulen mit teilweise unter-                                                            marc.herter@fhgr.ch
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