Wissensplatz Die FH Grau-bünden als Arbeitgeberin - Thema: Fachhochschule Graubünden
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2 INHALT//WISSENSPLATZ Inhaltsverzeichnis Die FH Graubünden ist eine interdisziplinäre und unternehmerische Hochschule mit persönlicher Atmosphäre. Als Hoch- schulbildungs- und F orschungsinstitution vereint sie eine Vielzahl von Berufsgruppen. Um ihre Visionen zu erfüllen, benötigt die Fachhochschule zufriedene, zielorientierte und selbständige Mitarbeitende. Sie sind ein wichtiger Teil einer vielseitigen Hochschulgemeinschaft und sollen in einem Umfeld tätig sein können, in dem sie sich entfalten können. Eine werteorientierte Hochschulkultur vorleben 3 Vom Top-Manager zum Dozenten 20 Die Fachhochschule Graubünden als attraktive Arbeitgeberin 4 Mit dem Hard- und Softwarespezialisten im Labor 22 Wir vereinen ein enorm breites Wissen – nutzen wir es! 6 Durch Vielfalt gemeinsam ans Ziel kommen 24 Das Gefühl geben, willkommen zu sein 7 Als Studienleiter einen neuen Studiengang aufbauen 26 Zwischendurch erwacht in ihm der Künstler 8 Die doppelte Bedeutung von F&E 28 Ohne ihn läuft gar nichts an der Fachhochschule 10 Vom wertvollen Austausch zwischen Studium und Praxis – Dozierende berichten 30 Der zukunftsfähigen Welt verpflichtet 12 Mit Erfahrungen aus dem Ausland den Horizont erweitern 32 Als Mutter einer erfüllenden Tätigkeit nachgehen 13 Der Weg zwischen Wünschbarem und Machbarem 34 Promovieren an der Fachhochschule: Forschen und dennoch nah an der Praxis bleiben 15 «Wissen heisst noch nicht verstehen» 36 Wo Leidenschaft auf Technik trifft 18 Impressum 39 aufmerksam «Wer aufmerksam durchs Leben geht, kann frühzeitig auf Veränderungen reagieren. Was für mich gilt, soll auch für meine Pensionskasse gelten.» Maya Scheibler Architektin, Geschäftsleiterin Pensionskasse der Technischen Verbände SIA STV BSA FSAI USIC 3000 Bern 14 T 031 380 79 60 www.ptv.ch aufmerksam · unabhängig · verantwortungsbewusst ptv_ins_FHGR_A_192x133mm_SS_de_60Jubi.indd 3 21.12.20 09:07
EDITORIAL//WISSENSPLATZ 3 Eine werteorientierte Hochschulkultur vorleben fhgr.ch/magazin/februar2021 Die Fachhochschule Graubünden verfolgt in ihrer Strategie unter anderem das Ziel, eine attraktive Arbeitgeberin zu sein. In dieser Vorbildrolle muss sie mit gesellschaftlichen E ntwicklungen und den sich wandelnden Ansprüchen der Mitarbeitenden Schritt halten. Nebst attraktiven Anstellungsbedingun- gen braucht es dafür passende Angebote für die individuellen Lebensphasen und -realitäten der Mitarbeitenden. Text: Arno Arpagaus / Bild: Yvonne Bollhalder Die gegenwärtige Arbeitswelt wird wesentlich im «War for Talents» bestehen. Dazu braucht vom digitalen Wandel und seinen technischen es auch die Vielfalt beim Personal. Von viel- Entwicklungen geprägt. Mit der damit einherge- seitig zusammengesetzten Teams profitieren henden Zunahme an Dynamik erhöht sich kon- die FH Graubünden mit ihrer Interdisziplinari- tinuierlich auch der Druck auf die FH Graubün- tät wie auch die Mitarbeitenden gleicherma- den – insbesondere auf ihre Mitarbeitenden. Auf ssen. Moderne Arbeitsformen sind unabding- dem Weg in die Arbeitswelt der Zukunft kommt bar, um überhaupt in den Fokus des Interesses der Führung eine bedeutende Rolle zu. Die Hoch- zu gelangen. Dazu zählen Arbeitszeitmodelle schulleitung ist gefordert, mutig Bedingun- für eine individuelle Lebensgestaltung, Jobsha- gen in der Hochschule zu etablieren, die Men- ring, die familienexterne Betreuung von Kindern schen dazu einlädt, ihre Talente und Fähigkeiten sowie die Vereinbarkeit von Berufs- und Privat- zugunsten von gemeinsamen Zielen einzuset- leben. Personalentwicklung ist für uns elemen- zen. Den zentralen Kern hierfür bildet – nebst tar, um die Fachkompetenzen auf allen Stufen den technischen und räumlichen Voraussetzun- hoch halten zu können. Der Bedarf an qualifi- gen sowie den gesetzlichen Rahmenbedingun- zierten Fach- und Führungskräften wird nach- gen des Kantons Graubünden als Trägerschaft – haltig gedeckt, während die Bindung an die eine Hochschulkultur auf Grundlage hoher Arbeitgeberin FH Graubünden gestärkt wird – Sinnhaftigkeit und Werteorientierung. sei dies in der Verwaltung der Hochschule, in Diese fördert bei den Mitarbeitenden der Lehre oder in der Forschung und Wissen- die Selbstwirksamkeit, die persönliche schaft. Der Lohn bildet nach wie vor ein wich- Entfaltung, die Begeisterungsfähigkeit tiges Argument im Wettbewerb um gefragte sowie das Engagement – die tragen- Fachkräfte. Deshalb ist die FH Graubünden den Säulen für physische und psychi- stets bemüht, branchengerechte und leistungs- sche Leistungsfähigkeit, Vitalität und abhängige Löhne anzubieten. Auch die Lösun- Gesundheit. gen in der beruflichen Vorsorge tragen zur Auch hier gilt das Gesetz der Markt- Attraktivität bei. wirtschaft. Angebot und Nachfrage Die Fachhochschule Graubünden wird auch müssen sich die Waage halten – nur künftig – in Zusammenarbeit mit ihrem Träger, so kann die Hochschule auf dem dem Kanton Graubünden – darauf bedacht sein, Markt erfolgreich auftreten und als attraktive Arbeitgeberin aufzutreten. Arno Arpagaus Verwaltungsdirektor, Mitglied der Hochschul- leitung T + 41 81 286 24 28 arno.arpagaus@fhgr.ch
4 FOKUS//WISSENSPLATZ Die Fachhochschule Graubünden als attraktive Arbeitgeberin fhgr.ch/magazin/februar2021 Die Attraktivität der Fachhochschule Graubünden als Arbeitgeberin lebt zu einem grossen Teil vom guten Image des Lehr- und Forschungsbetriebs. Für Mitarbeitende, jetzige oder zukünftige, sind neben einem interessanten Job weitere Aspekte wichtig, etwa die Identifikation mit den Leistungen der Fachhochschule und die Lebensqualität. Text: Thomas Maegli / Bilder: FH Graubünden Respekt und Verantwortung sollen dem Handeln der Fachhochschule zugrunde liegen.
FOKUS//WISSENSPLATZ 5 Einen Beitrag über die FH Graubünden als attrak- tive Arbeitgeberin zu schreiben, der sich von all den anderen Artikeln über interessante Firmen unterscheidet, ist gar nicht so einfach. Die Frage- stellung berührt aber genau den Kern: Was hebt uns vom Einheitsbrei und den unzähligen Hoch- glanzprospekten anderer Firmen und Organisa- tionen ab? Wie positionieren wir uns glaubhaft als Arbeitgeberin, um uns auf dem Arbeitsmarkt positiv zu differenzieren? Ein kurzer Ausflug in die Fachliteratur zeigt, wie die Attraktivität als Arbeitgeberin definiert und gemessen wird: Mittels Umfragen werden sowohl die Mitarbeitenden als auch externe Anspruchsgruppen befragt. Die Hauptfragen lauten: Empfehle ich die FH Graubünden mei- nen Freunden und Verwandten? Ziehe ich die FH Graubünden als Arbeitgeberin in Betracht? Aus diesen Ergebnissen lässt sich die Stärke ihrer Attraktivität bemessen, die Ist-Grösse bestim- men. Ungleich interessanter ist dabei noch die Frage, wie sich diese Attraktivität positiv beein- flussen lässt. Neben der Identifikation mit den Produkten und Dienstleistungen sind die Work- Life-Balance und die Arbeitsplatzsicherheit hier- Work-Life-Balance wird an der für die wichtigsten Faktoren. Die Firma Univer- FH Graubünden gross geschrieben. sum führt jedes Jahr eine weltweite Umfrage bei Hochschulstudierenden durch, um die attraktiv sten Arbeitgeberinnen zu küren. Zusätzlich wer- schulen leben vom Austausch der Mitarbeiten- WIR SIND INNOVATIV den auch die Karrierekriterien abgefragt. Bei den mit der Privatwirtschaft, und vice versa. Das Der dritte Punkt, der uns von anderen Fach- 12 000 Studierenden in der Schweiz lag das Kri- unterscheidet unsere DNA von der einer Univer- hochschulen unterscheidet, hat nur bedingt mit terium Work-Life-Balance im Jahr 2019 an obers- sität, die akademische Karrieren favorisiert und Grösse zu tun: Wir sind innovativ und schnell. ter Stelle! geradlinigere Lebensläufe ermöglicht. Es gibt kaum eine Konkurrentin, die so agil auf Diese kurze Analyse zeigt, dass die FH Graubün- die Nachfrage im Markt reagiert und neue Stu- GUT AUFGESTELLT UND den gut aufgestellt ist und auf dem Arbeitsmarkt diengänge aus dem Boden stampft wie wir. K ONKURRENZFÄHIG mithalten kann. Der Erfolg unserer Nischenstrategie gibt uns Was bedeutet das für die FH Graubünden? Work- recht. Unsere neuen, innovativen Arbeitsplätze Life-Balance können wir bieten. Mit den flexib- WIR BIETEN HOHE LEBENSQUALITÄT – gepaart mit individuellen Entscheidungs- und len Arbeitszeitmodellen und der modernen Inf- Den kommenden Generationen bieten wir attrak- Handlungsspielräumen – sind attraktiv für die rastruktur – alle Mitarbeitenden mit Computer tive Arbeitsplätze. Mit der Lebensqualität und Mitarbeitenden. Die enge Zusammenarbeit mit haben einen Laptop – besteht die Möglichkeit, der Region können wir punkten. Die Sinnhaftig- unseren Partnern aus der Industrie und dem neben der Arbeit auch Familie und Freizeit in keit und die sicheren Arbeitsplätze sind weni- Dienstleistungssektor gibt uns die Sicherheit, einer wunderschönen Region zu erleben. Die ger stark differenzierend. Unsere direkte Kon- den Finger am Puls der Zeit zu haben. Lebensqualität ist hoch. In 30 Minuten bin ich kurrenz, die anderen Fachhochschulen und Wenn ich das alles so überfliege, fühle ich eine auf der Piste, in gut einer Stunde in Zürich und die Universitäten, sind ähnlich aufgestellt und Genugtuung, in dieser intensiven Zeit mit dabei in drei Stunden in Mailand. Aufgrund der das schlafen nicht. Wie schaffen wir es, uns trotz- zu sein und als Personalleiter gemeinsam mit Leben bestimmenden Coronapandemie und des dem von den anderen Fachhochschulen (neben allen Mitarbeitenden die Fahne der Arbeitgeberin erneut virtuellen Lehrbetriebs mag die Arbeits- dem Standortfaktor) stärker abzuheben? Indem nach aussen zu tragen und Werbung für unsere belastung für viele Mitarbeitende aktuell höher wir unsere Stärken selbstbewusst ausspielen, Fachhochschule zu machen. Bei all den positi- sein als in einem normalen Jahr. Umso wichti- nicht im Selbstmitleid versinken und nicht über ven Aspekten gibt es verschiedene Bereiche, die ger sind die Möglichkeiten, sich in den Bergen all das jammern, was wir nicht sind oder noch wir weiter verbessern müssen, um es mit der zu erholen oder auszutoben. Mit dem «Arbeits- nicht haben: Fachhochschul-Campus, Löhne wie Konkurrenz auch in Zukunft aufnehmen zu kön- ort Graubünden» sind wir in dieser Krise, aber im Unterland, Google-Arbeitswelten … nen. Ich verzichte an dieser Stelle auf eine Auflis- auch sonst, gut aufgestellt. tung und belasse es bei der Aufzählung unserer Der eigentliche Zweck der FH Graubünden ist, WIR SIND PERSÖNLICH positiven Attribute: Lebensqualität, persönlich neben der Forschung, die Aus- und Weiterbil- Mit unserer Grösse von 300 Mitarbeitenden und innovativ! Ich möchte mich bei allen Mitar- dung. Der Sinn ist einfach zu vermitteln und und über 450 Lehrbeauftragten sind wir im Ver- beitenden bedanken, dass sie unsere Fachhoch- sehr positiv besetzt. Die Mitarbeitenden kön- gleich zur Konkurrenz klein. Wir kennen jedoch schule zu dem machen, was sie heute ist: Ein nen sich mit der FH Graubünden identifizie- unsere Mitarbeitenden und kümmern uns um kleiner Fels in der Brandung in dieser ausserge- ren. Unser Engagement für lebenslanges Ler- ihre persönliche Entwicklung. Wir sind kein ano- wöhnlichen Zeit. nen spricht breite Teile der Bevölkerung an. Als nymer Betrieb; wir pflegen einen respektvollen selbstständige öffentlich-rechtliche Arbeitge- Umgang miteinander, sprechen uns in der Du- berin sind wir der kantonalen Gesetzgebung Form an und kennen die Kolleginnen und Kolle- unterstellt und entsprechend sicher sind die gen der Hochschulleitung persönlich. Die Klein Dr. Thomas Maegli Arbeitsplätze. Andererseits ist ein Grossteil der sten sind meist die Frechsten: Das erlaubt es Personalleiter, Zentrale Dienste wissenschaftlichen Mitarbeitenden auf drei bis uns, als Fachhochschule Themen anzusprechen, T + 41 81 286 24 23 fünf Jahre befristet angestellt. Die Fachhoch- die sich andere nicht getrauen. thomas.maegli@fhgr.ch
6 FOKUS//WISSENSPLATZ Wir vereinen ein enorm breites Wissen – nutzen wir es! fhgr.ch/magazin/februar2021 Wie betreibt man einen Lehr- und Forschungsbetrieb während einer Pandemie? Und zwar so, dass die Qualität aufrechterhalten bleibt, Innovationen weiter vorangetrieben werden können und vor allem die Menschen gleichzeitig geschützt, aber auch gefördert und unter stützt werden? Diese Frage treibt uns seit über einem Jahr um und fordert uns heraus. Text: Jürg Kessler / Bild: Lorena Sonder Wir haben das Privileg, unseren Mitarbeitenden trotz unsicherer Zeiten einen sicheren Arbeitsort zu bieten. Umso mehr müssen wir uns unserer Verantwortung bewusst sein. Die FH Graubün den soll ein Ort sein, an dem man gerne arbei ten möchte. Ein Ort, an dem man mutig sein darf und nachhaltig die Zukunft mitgestalten kann. Der Mensch steht dabei im Zentrum. Wir tragen unseren Mitarbeitenden Sorge und bieten ihnen ein Umfeld, in dem sie sich entfalten können. Sie sollen aber auch ein Rädchen sein in unserem System, ihre Meinung einbringen und so bei der Weiterentwicklung unserer Hochschule mitwir ken. Die Mitarbeitenden sind ein wichtiger Teil unserer vielfältigen Hochschulgemeinschaft. Und auch die Studierenden sind unser Wissens kapital. Wir bilden sie nicht nur zu hochqualifi zierten Fachkräften aus, sondern vor allem auch zu verantwortungsvollen Persönlichkeiten. Coronabedingte Diplomfeier Wir wollen auch in Krisenzeiten eine attraktive hinter Plexiglasscheiben Arbeitgeberin sein – interdisziplinär und innova tiv. Vielfalt und Gleichstellung liegen uns ebenso unserer Partner und Stakeholder gerecht zu (die Abwanderung von Wissenschaftlerinnen am Herzen wie persönliche Entwicklungsmög werden. Aus den Erfahrungen dieser Zeit wol und Wissenschaftlern sowie hochqualifizierten lichkeiten und ein spannendes Umfeld. Nutzen len wir lernen. Auch der rasche Wandel des Wis Fachkräften) zu stoppen. Gleichzeitig setzen wir wir die Tatsache, dass wir an unserer Hoch sens fordert uns heraus. Wir stehen zunehmend auf regionale Verankerung, indem wir unsere schule ein enorm breites Wissen vereinen und vor der Herausforderung, junge Menschen für Netzwerke erweitern. Wir wollen uns an den rele dass bei uns Menschen zusammenarbeiten, die Stellenprofile auszubilden, die es heute noch vanten Themen orientieren. In die Hand spielt sich grossartig ergänzen. Setzen wir auf dieses gar nicht gibt. Lebenslanges Lernen gewinnt uns dabei unsere Interdisziplinarität. Diese wol wertvolle Potenzial und vernetzen wir uns hier in der Gesellschaft immer mehr an Wichtigkeit. len wir noch weiter stärken. Denn die bereichs für noch stärker – sowohl innerhalb der FH Grau Den sich rasch ändernden Anforderungen des übergreifende Zusammenarbeit ermöglicht es bünden als auch mit unseren externen Partnern Arbeitsmarktes und der Gesellschaft müssen uns, noch besser zugeschnittene Lösungen zu und Anspruchsgruppen. Arbeiten wir gemeinsam wir gerecht werden, um eine agile Hochschule finden. Und dadurch können wir die Gesellschaft an Lösungen und entwickeln wir neue Ansätze zu sein – und zu bleiben. sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des im gegenseitigen Austausch. Werte wie Respekt, Auf diesem Weg müssen wir uns auf unsere Kantons Graubünden unterstützen. Zukunftsorientierung, Reflexion und Verantwor Stärken besinnen. Unsere Nischenstrategie ist tung sollen uns dabei als Gradmesser dienen. ein Teil davon. Mit der stetigen Verbesserung Die Coronapandemie ist eine Lehrmeisterin für unserer Angebote können wir weiterwachsen Prof. Jürg Kessler die Zukunft. Sie zwingt uns, neue Lehr-, Lern- und und unser Profil schärfen. Wir motivieren Men Rektor, Vorsteher der Hochschulleitung Arbeitsformen zu finden und dabei den Ansprü schen, nach Graubünden zu ziehen, und leisten T + 41 81 286 24 25 chen unserer Mitarbeitenden, aber auch jenen einen Beitrag, um den drohenden «Brain Drain» juerg.kessler@fhgr.ch
ORGANISATIONSASSISTENTIN//WISSENSPLATZ 7 Das Gefühl geben, willkommen zu sein fhgr.ch/magazin/februar2021 An Clarita Decurtins führt kein Weg vorbei – sowohl am Tele fon als auch am Schalter im Hauptgebäude ist sie die erste Anlaufstelle an der Fachhochschule Graubünden. Sie erfüllt ihre vielseitige Tätigkeit im Frontoffice auch nach vielen Jah ren noch immer mit Begeisterung und Engagement. Text und Bild: Yvonne Herzig Gainsford Man merkt, dass Clarita Decurtins es geniesst, bei ihrer Arbeit mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun zu haben. Als wichtige Vor aussetzung erachtet sie denn auch, «dass man Menschen gernhat und sich für deren Anliegen interessiert». Die vielen Kontakte würden auch dafür sorgen, dass jeder Tag anders sei. Eine der grossen Herausforderungen im Fron toffice sieht sie darin, dass man ständig unter brochen werde. Klingle das Telefon oder stehe jemand am Schalter, habe dies natürlich Priori tät. Damit müsse man umgehen können, meint sie. Es sei nicht immer einfach, alle Arbeiten unter einen Hut zu bringen und manchmal ver schiedenste Dinge gleichzeitig zu erledigen. Normalerweise herrscht in der Administration reger Betrieb. Clarita Decurtins und ihre eben falls im Frontoffice tätigen Arbeitskolleginnen sind gefordert. Im Moment ist aber alles viel ruhiger als sonst, das Coronavirus bestimmt Clarita Decurtins fehlen die persönlichen den Arbeitsalltag. Der Unterricht findet wieder Kontakte und der Trubel des Alltags. online statt, Homeoffice ist angesagt. Darum bleiben auch viele Arbeitsplätze in der Adminis Das Coronavirus hat unser aller Leben gehö verschiedensten Anliegen von Besucherinnen tration leer. Es wird darauf geachtet, dass sich rig durcheinandergebracht. Zum Glück gibt es und Besuchern, Studierenden oder Arbeitskol nur wenige Personen im Büro befinden. Cla Konstanten, die uns durch diese turbulenten leginnen und -kollegen. Dabei hat sie eine klare rita Decurtins findet das schade, ihr fehlen das und schwierigen Zeiten begleiten. Dazu gehört Mission: «Ich versuche, den Leuten das Gefühl gewohnte Umfeld mit persönlichen Kontakten die Stimme von Clarita Decurtins an der Fach zu geben, dass sie willkommen sind und dass und der Trubel des Alltags. Darum freut sie sich hochschule Graubünden. Wählt man die Haupt ihnen bei ihren Anliegen geholfen wird. Es ist schon jetzt darauf, wenn wieder Leben einkehrt nummer der Fachhochschule, ist die Chance immer wieder erstaunlich, was Freundlichkeit in die Administration an der Pulvermühlestrasse. gross, dass sie es ist, die den Anruf entgegen ausmacht.» nimmt und Auskunft gibt oder weiterverbindet. Bis vor Kurzem war sie auch für die Adminis Ihr ist bewusst, dass diese Art des Kontakts tration des Studiengangs Information Science Yvonne Herzig Gainsford sehr wichtig ist: «Wenn man beim Telefonieren zuständig, eine Aufgabe, die sie nun abge Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für lächelt, merkt das die Person am anderen Ende geben hat. Trotzdem – die Arbeit geht nicht Multimedia Production der Leitung.» aus. Neben diversen administrativen Aufgaben T + 41 81 286 24 03 Seit mehr als 15 Jahren erfüllt die Administ betreut sie die Lernenden im kaufmännischen yvonne.herzig@fhgr.ch rationsmitarbeiterin ihre Aufgaben im Front Bereich, die jeweils die ersten paar Monate office mit ganz viel Herzblut. An ihrem Tätig ihrer Ausbildung im Frontoffice arbeiten und keitsbereich schätzt sie, dass er sehr vielfältig dort in die Institution eingeführt werden. In die Clarita Decurtins und abwechslungsreich ist. So ist sie nicht nur ser Funktion versucht sie, «den jungen Men Organisationsassistentin der erste Kontakt am Telefon. Auch am Schal schen einen sanften Einstieg in die Arbeitswelt T + 41 81 286 24 21 ter im Hauptgebäude kümmert sie sich um die zu ermöglichen». clarita.decurtins@fhgr.ch
8 LERNENDER//WISSENSPLATZ Zwischendurch erwacht in ihm der Künstler fhgr.ch/magazin/februar2021 Angefangen hat eigentlich alles mit einem Sack Streichhölzer. Die kleinen Holzteilchen hatten es Nino Wilhelm schon als Kind angetan. Er experimentierte in jeder freien Minute mit den Stäbchen, baute Schiffchen oder andere Gebilde. Die Faszination ist geblieben. Heute ist der 19-Jährige im vierten Lehrjahr als Architekturmodellbauer an der Fachhochschule Grau- bünden und kann dort zwischendurch immer wieder auch seiner Kreativität freien Lauf lassen. Text und Bilder: Luzia Schmid Eine Brücke zum Schutz der Moorlandschaft: Die aktuelle Semesterarbeit fordert den Lehrling heraus.
LERNENDER//WISSENSPLATZ 9 «Ich habe schon immer gerne rumgebastelt Nino Wilhelm bezeichnet es deshalb als «gros und experimentiert», sagt Nino Wilhelm beim ses Glück», dass er in der Berufsberatung vom Gespräch im Atelier der FH Graubünden. Der Architekturmodellbauer erfuhr – und nach dem Standort C ist ein besonderer: Schon im Ein Schnuppern auch gleich eine Lehrstelle an der gangsbereich merkt man, dass hier Kreativität Fachhochschule Graubünden fand. «Hier habe und Handwerk angesiedelt sind. An der Wand ich von allem etwas. Ich kann zeichnen, bauen, hängen zahlreiche Karten und Fotografien von fräsen – und ab und zu habe ich sogar Zeit, sel Bauwerken, auf den Ablagen stehen Architektur ber zu experimentieren.» modelle. Nino Wilhelm hat hier seine Welt gefun Das dreiköpfige Team um Aldo Hanhart, dem den. Es sind einerseits das Filigrane, die Handar Leiter der Architekturmodellbau-Werkstatt der beit, die ihn reizen, andererseits das Holz, dessen FH Graubünden, fertigt im Auftrag von Architek Beschaffenheit und Robustheit, die ihn faszinie turbüros massstab- und naturgetreue Modelle ren. Schreiner, Zeichner, Matrose – es waren ver an und unterstützt die Studierenden bei ihren Häusermodelle erfordern schiedene Berufe, die ihn interessierten. Nach Arbeiten. Zu den Aufgaben des Lernenden oft feinste Handarbeit. ein paar Schnupperwochen – zunächst auf gehört auch das Erstellen von Konstruktions einem Frachtschiff auf dem Rhein und dann auf zeichnungen anhand von Plänen, um die Modelle die Arbeitsschritte genau dokumentieren und einem Kreuzfahrtschiff – war dem Jugendlichen exakt fertigen zu können. In den vier Lehrjahren diese fotografisch festhalten. Die Arbeit, die er damals aber klar, dass der Beruf des Matrosen lernt er zudem, aus verschiedensten Materialien dafür ausgewählt hat, ist ein Brückenbaupro nicht «seine Welt» war. Die Arbeit war ihm zu wie Holz, Kunststoff, Bunt- und Leichtmetallen, jekt. Zwischen Biberbrugg und Altmatt im Kan wenig handwerklich, zu wenig kreativ. Als Schrei Papier, Kork, Gips oder Metall den Modellen ein ton Schwyz ist seit vielen Jahren zum Schutz ner hätte er zwar mit Holz gearbeitet, «aber diese möglichst natürliches Aussehen zu verleihen. der dortigen Moorlandschaft ein Übergang Arbeit ist halt eher grob». Der Zeichner wirkt «vor geplant. Für diese Brücke hat Nino Wilhelm in allem am Computer und wenig mit den Händen». FINGERFERTIGKEIT UND PRÄZISION den letzten Monaten eine Variante gebaut. «Lei Diese Vielseitigkeit entspricht Nino Wilhelm sehr. der habe ich mich im Zeitplan völlig vertan», sagt Je nach Modell dauere es mehrere Monate bis der Lernende. Er habe fast doppelt so lange für zur Vollendung, sagt der Lernende und erklärt, die Arbeit gebraucht, als er eigentlich berechnet wie er dabei vorgeht. Ein Modell besteht aus ver habe. Deshalb hofft er, vielleicht noch ein ande schiedenen Schichten. Von unten her wird eine res Modell als Semesterarbeit fertigen und aus Platte um die andere ausgefräst. Diese Arbeit den Fehlern lernen zu können. erledigt eine Maschine, nachdem Nino Wilhelm Die Berufsschule besucht Nino Wilhelm in Zürich. die Vorgaben auf dem Computer gezeichnet In seiner Klasse sind nur sieben Schüler, insge und der Fräse den Auftrag erteilt hat. Flüsse und samt sind es über alle vier Lehrjahre verteilt in Strassen werden ausgespart, Hügel erhöht. Teil der Deutschschweiz zurzeit 26 Lernende «Archi weise müssen Hohlräume für Gebäude einge tekturmodellbauer/in EFZ». Die meisten seiner baut werden. Die Häuser bauen die Modellbauer Mitschülerinnen und Mitschüler sind bei Betrie von Hand, schleifen sie ab und kleben sie ein. ben in der Privatwirtschaft tätig. «Sie erzählen Auch Brücken, Geländer oder ein Handlauf sind manchmal von grossem Zeitdruck und unge Feinstarbeiten, die grosse Präzision erfordern. nauen Arbeiten», sagt der 19-Jährige. Er sei froh, Für die Bäumchen hängt im Lager der Werkstatt dass er an der FH Graubünden eigentlich immer eine grosse Auswahl von getrockneten Sträu die Zeit habe, sorgfältig zu arbeiten und etwas im chern von der Decke herab, die nur noch zuge Bedarfsfall noch auszubessern. Dem Ende sei schnitten werden müssen. ner Lehre blickt er deshalb auch mit gemischten Wenn Nino Wilhelm von seiner Arbeit erzählt, Gefühlen entgegen. Im Kanton Graubünden gibt erwacht zwischendurch der Künstler in ihm, es nur zwei Betriebe mit Architekturmodell-Ler etwa wenn er die Beschaffenheit der verschiede nenden. Entsprechend klein sind die Möglichkei nen Holzarten beschreibt oder über das Mischen ten für eine Arbeitsstelle in diesem Bereich. Aus von Farben sinniert. Dann rückt seine kreative Graubünden wegziehen möchte der in Chur auf Seite in den Vordergrund. Die Coronakrise ist ihm gewachsene 19-Jährige lieber nicht. «Als Schrei dabei fast ein wenig entgegengekommen. Weil ner würde mir die Feinarbeit fehlen, als Architekt ihre Arbeit von zuhause aus nicht erledigt wer das Handwerkliche.» Wohin es ihn verschlägt, den kann, sind die Modellbauer weiterhin vor Ort ist also noch völlig offen. Nino Wilhelm hofft, im in der Werkstatt anzutreffen – selbstverständlich Bereich Design oder vielleicht in der Innenarchi unter Einhaltung der Schutzmassnahmen und tektur fündig zu werden. Distanzregeln. Weil sich durch die Krise die Auf tragslage verändert hat, bleibt zwischendurch jetzt mehr Zeit für das Kreative. «Ich liebe zum fhgr.ch/architekturmodellbau Beispiel das Tüfteln mit Giessharz», sagt der Ler nende und präsentiert seine kunstwerkähnlichen Luzia Schmid Experimente. Projektleiterin Hochschulkommunikation +41 81 286 38 78 NUR ZWEI LEHRSTELLEN IM luzia.schmid@fhgr.ch K ANTON Für seine aktuelle Semesterarbeit – seine letzte vor der Lehrabschlussprüfung – muss Nino Nino Wilhelm Wilhelm für den Lehrbetrieb ein Modell bauen, Lernender Architekturmodellbau welches anschliessend verkauft werden kann. +41 81 286 37 82 Für dieses muss er einen Zeitplan erstellen, nino.wilhelm@fhgr.ch
10 HAUSWART//WISSENSPLATZ Ohne ihn läuft gar nichts an der Fachhochschule fhgr.ch/magazin/februar2021 Michael Cavegn arbeitet seit 2017 als Hauswart an der FH Graubünden. Seine Tätigkeiten sind sehr vielfältig und reichen von Büroarbeiten über Putzarbeiten bis hin zur Montage des Schneepflugs als Vorbereitung für den Winter. Was er alles erledigt, zeigt sich erst beim genauen Hin- schauen. Text und Bilder: Lorena Sonder Michael Cavegns Tag beginnt mit Büroarbeiten.
HAUSWART//WISSENSPLATZ 11 Michael Cavegn ist in Chur geboren und auf- gewachsen. Die Primar- und die Realschule besuchte er ebenfalls in der Bündner Haupt- stadt. Danach absolvierte er eine 3-jährige Lehre als Maler bei der Firma Maler Gollner in Chur. In den darauffolgenden Jahren ver- diente er seinen Lebensunterhalt im Sommer als Maurer in einem familiären Kleinunterneh- men in Maienfeld und im Winter als Pisten- patrouillier in Klosters (auf Madrisa), bis er schliesslich in einem Hotel in Flims im dor- tigen Unterhaltsteam auf seinen Wunschbe- ruf umsatteln konnte. Als dann eine Stelle an der FH Graubünden frei wurde, ergriff er die Chance und bewarb sich dafür. Am 1. Juni 2017 trat er seine Stelle als Hauswart an unserer Hochschule an. In seiner Freizeit gehört seine ganze Auf- Einmal pro Tag werden alle merksamkeit seiner Frau und seinen zwei Böden feucht aufgenommen. kleinen Söhnen Nando und Lauro. Als akti- ver Sportbegeisterter ist er aber auch gerne viel in Bewegung, wobei das Eishockey seine favorisierte Sportart ist. Maler in die Hände, denn es stehen auch immer wieder Malerarbeiten an. In der Werkstatt liegen allerhand Werkzeuge bereit – für allerlei Arbei- ten. Von der Malerausrüstung, um die Wände neu zu streichen, bis hin zu Säge und Akkuboh- Lüftungskontrolle Schneekettenwechsel rer, um zum Beispiel kleine Briefkästen herzustel- len oder bei Umbauarbeiten genau angepasste Holzschnitte zu machen. Neben den Arbeiten im Gebäude gibt es auch viele Arbeiten ausserhalb. Im Sommer muss der Rasen gewässert und gemäht werden und im Herbst das Laub zusammengekehrt. Wenn der erste Schnee fällt, werden die Schneeketten und der Pflug am Rapid montiert, damit der Schnee geräumt werden kann. Auch die neuen Sonnensegel beim Aussenplatz am Standort H müssen im Herbst winterfest Werkstattarbeit Sonnensegelmontage gemacht werden. Diese werden möglichst was- serdicht eingepackt. Viele dieser Arbeiten werden im Team ausge- Der Tag des Hauswarts an der FH Graubün- denen Standorten: vormittags an der Comer- führt oder abwechselnd zwischen den verschie- den beginnt im Büro. Dort werden als Erstes die cialstrasse am Standort H und nachmittags im denen Kollegen aufgeteilt. Die Services beste- E-Mails abgerufen, denn viele seiner Aufträge Hauptgebäude an der Pulvermühlestrasse. Dort hen aus sechs Mitarbeitenden, wobei Rinaldo werden über diesen Kanal kommuniziert. Dazu verrichtet er jeweils verschiedene Aufgaben, je Albertin der Leiter ist. Da sie alle unterschied- gehört zum Beispiel die Materialausleihe oder nachdem, was gerade ansteht. Einmal pro Tag liche Ausbildungen haben, ergänzen sich die die Reservierung von Räumlichkeiten für ver- werden alle Böden im Gebäude feucht von Hand Teammitglieder gut und teilen ihre Aufgaben schiedene Anlässe. Wenn es dann so weit ist, gewischt, um lose Verschmutzungen zu entfer- dementsprechend auf. hilft Michael Cavegn auch beim Auf- und Abbau nen. Alle zwei Wochen werden sie dann maschi- des Anlasses (Infrastruktur etc.) mit. Am Com- nell nass gewischt. Die Geräte werden nach dem puter verwaltet Cavegn auch die interne Auto- Gebrauch immer gleich gereinigt, damit sie für vermietung. Die FH Graubünden besitzt meh- die nächste Verwendung bereitstehen. Lorena Sonder rere Fahrzeuge, welche von den Mitarbeitenden Von Zeit zu Zeit müssen im Keller die Lüftun- Studentische Mitarbeiterin, Marketing jederzeit ausgeliehen werden können. Eine wei- gen kontrolliert werden. Die darin enthaltenen Fil- T +41 81 286 39 74 tere Aufgabe im Büro ist die Erstellung des ter fangen viel Staub auf und müssen deswegen lorena.sonder@fhgr.ch Instandhaltungsplans, einer Liste mit allen Auf- immer wieder davon befreit werden, damit alles gaben, die innerhalb der Hochschule zu erledi- einwandfrei laufen kann. Neben den Filtern müs- gen sind. Diese werden dann unter den Mitarbei- sen auch die Keilrahmen kontrolliert werden. Michael Cavegn tenden des Service-Teams aufgeteilt. Bei anfallenden Reparaturen oder Verschönerun- Hauswart, Mitarbeiter Services Die meiste Zeit ist der Hauswart jedoch im gan- gen ist auch immer erst der Hauswart gefragt. T +41 81 286 37 81 zen Gebäude unterwegs, sogar an zwei verschie- Hier spielt Michael Cavegn seine Ausbildung als michael.cavegn@fhgr.ch
12 WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ Der zukunftsfähigen Welt verpflichtet fhgr.ch/magazin/februar2021 An der Fachhochschule Graubünden habe ich in den vergan- auf diesem Weg bestmöglich voranzuschreiten, tausche ich mich auch mit Hochschulen in der genen Jahren meine berufliche Heimat gefunden. Als ich ganzen Welt aus. Dieser Austausch wird durch 2009 zum ersten Mal die damalige HTW Chur als Studentin unsere über zehnjährige Mitgliedschaft bei einer von den Vereinten Nationen getragenen Initiative betrat, tat ich das aus Lernbegierde und nicht mit der zur verantwortungsvollen Managementausbil Absicht, eine Arbeitgeberin zu finden. Zwischenzeitlich dreht dung (den Principles for Responsible Manage ment Education, kurz PRME) ermöglicht. Als sich bei mir alles darum, den Beitrag der FH Graubünden ich meine fachliche Expertise erweitern wollte, für eine zukunftsfähige Welt sicherzustellen. bekam ich umgehend Unterstützung von der FH Graubünden. Zurzeit absolviere ich nebenbei Text: Livia Somerville / Bild: Lorena Sonder einen Master of Science in Umwelt und Natürli che Ressourcen an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW. Seit fast vier Jahren steht meine Arbeit als wis arbeiterin, deren Aufgaben sich vollständig nach senschaftliche Mitarbeiterin der Fachhochschule einer Hochschulentwicklung im Gleichgewicht WERTVOLLE ERFAHRUNGEN Graubünden ganz im Zeichen einer nachhaltigen dieser drei Zielbereiche ausrichten. GESAMMELT Entwicklung. 2017 hat die FH Graubünden diese Den Strategieprozess vor vier Jahren hin zum als einen von drei Entwicklungsschwerpunkten ANREGUNGEN VON STUDIERENDEN Schwerpunkt Nachhaltige Entwicklung konnte in ihre Strategie aufgenommen. Sie hatte sich In dieser Funktion fördere ich Projekte in der ich aus dem Blickwinkel der Mitarbeiterin mit intensiv mit der aktuellen Nachhaltigkeitsde Lehre, in der Forschung und im schulischen verfolgen. Ich war zu dieser Zeit bereits an der batte auseinandergesetzt und sich für den Drei Betrieb. Zwischenzeitlich gibt es in allen Depar FH Graubünden tätig, nämlich im International klang der ökologischen Verantwortung, gesell tementen Mitarbeitende, die für eine lebens Office. Dieser Bereich ist Dreh- und Angelpunkt schaftlichen Solidarität und wirtschaftlichen werte Zukunft forschen und ihre Studierenden des Austauschprogramms und verantwortet die Leistungsfähigkeit entschieden. Zunehmend für diese Transformation ausbilden. Oft sind Zusammenarbeit mit 50 Hochschulen im Aus kam bei mir der Wunsch auf, diesen angestos es Studierende, die Vorschläge für die Gestal land. Die Herausforderung, sich in einer neuen senen Wandel mitzugestalten. Die Hochschul tung einer nachhaltigen Fachhochschulumge Lern- und Arbeitsumgebung einzufinden, ist leitung wählte mich kurz darauf zur ersten Mit bung an unsere Hochschule herantragen. Um eine Erfahrung, die auch ich selbst mehrmals gemacht habe. Als ich neun Jahre alt war, zog meine Familie in die vietnamesische Gross stadt Ho-Chi-Minh-City, wo ich während drei Jahren eine britische Schule besuchte. Als Tou rismusstudentin hatte ich zudem die Möglich keit, meine Studienzeit durch ein Semester an der Partnerhochschule in der lettischen Haupt stadt Riga zu bereichern. Nach dem erfolgrei chen Bachelorabschluss zog es mich wiede rum in die Weite, diesmal der Arbeitserfahrungen wegen. Ich absolvierte Praktika in Malaysia und in meiner väterlichen Heimat Australien. Vor vielen Jahren erlangte ich an der FH Grau bünden eine fundierte Ausbildung. Dank ihrer interdisziplinären Ausrichtung kann ich heute den vielseitigen Herausforderungen der Nach haltigkeit leichter begegnen. fhgr.ch/nachhaltigkeit Livia Somerville Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Nachhaltige Hochschulentwicklung Ein Team um Livia Somerville (2. v. r.) organisierte im letzten Oktober T +41 81 286 39 05 eine virtuelle PRME-Forschungskonferenz mit über 200 Teilnehmenden. livia.somerville@fhgr.ch
WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ 13 Als Mutter einer erfüllenden Tätigkeit nachgehen fhgr.ch/magazin/februar2021 Wie bringt man Familie und Beruf unter den sprichwörtlich «einen Hut»? Thuc Lan Tran, Programmleiterin des Joint Program Tourism der FH Graubünden mit der SUES (Shanghai University of Engineering Science) und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tourismus und Freizeit, beschreibt hier ihren täglichen Spagat zwischen Kindern und Beruf. Text und Bilder: Thuc Lan Tran DAS WICHTIGSTE IST … VIEL GLÜCK «Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf» hat eine ganze Menge mit Passgenauigkeit zu tun – die persönlichen Rahmenbedingungen, ver- ständnisvolle Vorgesetzte und eine Arbeitge- berin, die die Voraussetzungen dafür schafft, gehören dazu. Denn nach wie vor ist sie, die viel gelobte und viel zitierte «Vereinbarkeit», ein Pri- vileg von ziemlich wenigen … Was bedeutet sie für mich? Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht es mir, dass ich mit gutem Gewissen zur Arbeit gehen, eine sinnvolle und mich erfüllende Tätigkeit ausüben und Qua- litätszeit mit meiner Familie verbringen kann – ohne dass es in Stress ausartet, wenn mal etwas «aus der Reihe tanzt». Ich arbeite sehr gerne. Die Vielfalt meiner Tätig- keit, die zahlreichen Möglichkeiten mich einzu- bringen und die Arbeit mit den Studierenden begeistern mich. Obwohl ich als wissenschaft- liche Mitarbeiterin und Programmleiterin einer internationalen Kooperation fast Vollzeit arbeite (80 %-Pensum) und von St. Gallen nach Chur pendle, habe ich von Anfang an – schon lange vor Corona – teilweise von zuhause aus gearbei- tet. Dieses Zugeständnis von Seiten der Fach- hochschule hat mich sehr bestärkt. Am Institut für Tourismus und Freizeit bin ich für den reibungslosen Ablauf der Kooperation zwischen den beiden Universitäten verantwort- lich, betreue die chinesischen Studierenden, die bei uns ihren Bachelor absolvieren, und bin ihre erste Ansprechperson für alle akademischen Belange. In normalen Jahren fliege ich mindes- tens einmal nach China, um mit der Instituts- leitung an der SUES Zertifikate zu verleihen, Gespräche zu führen und neue Absprachen in Ein starkes Team: Als «begeisterte Mutter» von zwei Söhnen ist Thuc Lan Tran die Wege zu leiten. Darüber hinaus bin ich auch auch immer wieder froh um die Unterstützung ihres Partners. in der Lehre tätig und leite unterschiedliche, sehr
14 WISSSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ spannende Dienstleistungs- und Forschungspro- jekte, wie etwa momentan ein Gemeinschafts- projekt mit Graubünden Ferien und der Fach- hochschule Nordwestschweiz – ich kann mich kaum an einen Tag erinnern, an dem ich ungern zur Arbeit gegangen wäre. VEREINBARKEIT – EIN PRIVILEG Ich bin gleichzeitig auch begeisterte Mutter von zwei Söhnen: Der ältere geht in die erste Klasse und der jüngere besucht das zweite Kindergar- tenjahr. Kinder sind fantastisch, sie haben ver- rückte Ideen, Energien im Überfluss, zanken ständig und lachen eine Sekunde später. Klar, es ist nicht immer «Wolke sieben» und die rosarote Brille habe ich abgelegt, als der Schlafmangel chronisch wurde. Aber die Familie ist es wert und ich bin mehr als froh, dass ich die nötige Unter- stützung habe – durch meinen Mann, durch unsere Familien, die von fern anreisen, um da zu sein, wenn ich mal fort bin, und natürlich durch Besuch der Partnerhochschule in Shanghai. eine flexible Kinderbetreuung in der Kita und im Hort. Die erweiterte Familie, unsere Freunde und Nachbarn – sie sind Teil dieser Rahmenbedin- gungen, die das Ganze zum Laufen bringen. Dank meiner persönlichen Situation kann ich Familie und Beruf miteinander vereinen – aber für sehr viele berufstätige Mütter sieht es im All- gemeinen düster aus: In der Erhebung zu Familien und Generationen des Bundesamts für Statistik (2019) steht, dass –– 75 % der Frauen mit Tertiärabschluss der Mei- nung sind, die Geburt eines Kindes würde sich negativ auf ihre berufliche Karriere auswirken, und –– bei knapp sieben von zehn Paaren im Alter von 25 bis 54 Jahren mit Kindern (69 %) die Hausarbeit hauptsächlich von der Frau erle- digt wird. Es ist also noch längst nicht Normalität, dass Frauen – denn meistens sind es immer noch sie, an denen Kinderbetreuung, Haushalt und China-Expertinnen am Sino Swiss die Care-Arbeit hängen bleiben – ihrem erlern- Symposium der FH Graubünden. ten Beruf nachgehen können. Sie hadern oftmals mit dem Mental Load und dem tradierten Frau- enbild, das nach wie vor in der Gesellschaft vor- Denn eines ist sicher: Homeoffice und Home- der Pensionskassenbeiträge schwebt, müssen herrscht. Meiner Meinung nach steht am Anfang schooling vertragen sich nicht – eines davon arbeitende Mütter – denn der Vater hat nach ein Arbeitgeber bzw. eine Arbeitgeberin, der/die wird immer vernachlässigt. Ich selbst musste wie vor die Ernährerrolle inne – sich oft anhö- offen für individuelle Arbeitsformen und flexibel mich zwar nicht mit Homeschooling ausein- ren, dass Kinder (v. a. im Vorschulalter) leiden, in puncto Arbeitszeit und -ort ist. Gerade an der andersetzen, dafür sind unsere Kinder noch zu wenn ihre Mütter ausser Haus tätig sind. Wie Hochschule können solche Voraussetzungen klein. Doch bereits, als sie «nur» zuhause spiel- man sein Familienleben lebt und gestaltet, dazu geschaffen werden, wie etwa die Infrastruktur ten, war konzentriertes Arbeiten nur bedingt haben viele eine dezidierte Meinung. Schluss- fürs Homeoffice – was uns in Zeiten wie die- möglich. Bei uns sah es damals ganz ähnlich aus endlich bedeutet die Vereinbarkeit von Familie sen sehr zugute kommt. Corona ist ein Augen- wie auf den unzähligen Fotos, die in den sozialen und Beruf … nun ja, auf jeden Fall für jede Ein- öffner in vielfacher Hinsicht. Lange Präsenzzei- Medien kursierten: Ein mit Spielzeug übersätes zelne und für jede Familie etwas anderes. ten scheinen doch nicht ausschlaggebend für Zimmer, in welchem eine Mutter oder ein Vater Ich freue mich, dass die Vereinbarkeit von Fami- Leistung und Output zu sein. vor dem Bügeltisch sass, um an einer Videokon- lie und Beruf für mich kein leeres Versprechen ferenz teilzunehmen. Die Herausforderung: sich ist – aber die Entscheidung «für oder gegen den HOMEOFFICE UND HOME- anzupassen, neu zu orientieren und einen Frei- Beruf» bzw. «für oder gegen die Familie» muss SCHOOLING VERTRAGEN SICH NICHT raum zu suchen. In meinem Fall bestand die kre- jedermann bzw. «jedefrau» für sich selbst treffen. Die Coronapandemie ist nach wie vor ein ein- ative Lösung darin, meine Arbeitszeiten in die schlagendes Ereignis mit bis heute nicht fass- frühen Morgen- oder späten Abendstunden zu baren Auswirkungen. Für die, die das Privileg verlegen und mich mit meinem Mann bei der Kin- Thuc Lan Tran haben, zuhause im Homeoffice arbeiten zu kön- derbetreuung und -bespassung abzuwechseln. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für nen, kam während des Lockdowns, als die Schu- Man kann und muss es nicht allen recht machen: Tourismus und Freizeit len schliessen mussten, noch Homeschooling Während über den zuhause bleibenden Müt- T +41 81 286 38 33 dazu. Die Karten wurden neu gemischt … tern und Vätern das Damoklesschwert fehlen- thuclan.tran@fhgr.ch
WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ 15 Promovieren an der Fachhochschule: Forschen und dennoch nah an der Praxis bleiben fhgr.ch/magazin/februar2021 Ann-Katrin Kienle und Gizem Yilmaz verfolgen beide eine Promotion in ihren Fachrichtungen und studieren dafür an der FH Graubünden. Nebenbei arbeiten sie in verschiedenen For- schungsprojekten der Hochschule mit. Über ihre Beweggründe, die administrativen Hürden, ihre persönlichen Hochs und Tiefs sowie die besondere Stellung von Fachhochschulen in der Schweizer Hochschullandschaft bezüglich Promotionsrecht sprachen die beiden jun- gen Forscherinnen mit Marc Herter. Text: Ann-Katrin Kienle, Gizem Yilmaz, Marc Herter / Bilder: FH Graubünden Interview per Videokonferenz: Die Coronapandemie hat den Autoren und die jungen Forscherinnen für ihr Gespräch an den Bildschirm gezwungen.
16 WISSSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ Aus dem Leben junger Forscherinnen: Das Zwischenmenschliche und der persönliche Austausch fehlen den beiden Frauen aktuell sehr. Ann-Katrin und Gizem, ihr verfolgt beide eine phischen Fakultät der Universität Zürich als Ann-Katrin, wie hast du dir deine Hochschule Promotion in euren Fachrichtungen und stu- Co-Betreuerinnen und -Betreuer tätig sein. Das für die Promotion ausgesucht? diert bzw. forscht hierfür an der FH Graubün- wird Kooperationsvorhaben weiter vereinfa- Ann-Katrin: Für mich war das nie eine Frage, den. Gegenwärtig haben Schweizer Fachhoch- chen. ob Fachhochschule oder Universität. Ich wollte schulen aber kein Promotionsrecht. Wie sieht im Bereich Wirtschaftswissenschaften und am eure Situation da aus? Gizem, du stehst noch ganz am Anfang deines liebsten in der Verhaltensforschung promovie- Ann-Katrin: Seit der Bologna-Reform sind wir Weges in Richtung Promotion und hast trotz ren. Die FH Graubünden hatte eine Stelle ausge- bei der Bildung hochschulweit gleichgestellt. dieser Hürde die Fachhochschule der Universi- schrieben, die genau dem entsprach. Mir haben Das Promotions- und Habilitationsrecht obliegt tät vorgezogen. Weshalb hast du dich für die- sowohl das Thema als auch die Methodik sofort jedoch in der Regel weiterhin den Universitäten. sen Weg entschieden? gefallen. Ausserdem konnten wir für mein Pro- Um an einer Fachhochschule promovieren zu Gizem: Ich musste mich damals zwischen einem jekt die Universität St. Gallen gewinnen, an der können, muss man folglich eine Kooperation Job in der freien Wirtschaft und einer akademi- ich nun Doktoratsstudentin bin. mit einer Universität eingehen. In der Stellen- schen Laufbahn entscheiden – ich habe mich beschreibung, die ausschlaggebend für meine für die FH Graubünden entschieden. Am Institut Ihr arbeitet in zwei sehr unterschiedlichen Bewerbung war, hat die FH Graubünden sogar für Multimedia Production habe ich die Möglich- Fachgebieten und wohl auch mit unterschied- schon angemerkt, dass sie dies unterstützen keit, mein Kommunikations- und Marketingwis- lichen Methoden. Wie muss ich mir euren All- würde. sen mit multimedialen Fähigkeiten zu kombinie- tag an der FHGR vorstellen? Ann-Katrin, machst ren. Ich kann mich fachlich vertiefen und mich du jeden Tag Experimente? Gizem: Auch mir wurde bereits im Vorfeld kom- mit meiner Doktorarbeit spezialisieren. Die FH Ann-Katrin: Gerne würde ich mehr Experimente muniziert, dass ich in diesem Prozess unter- bietet mir Themen aus der beruflichen Praxis an, machen. Diese sind allerdings nur ein klei- stützt würde. Doch da ist viel Bewegung drin. die gesellschaftlich hoch relevant sind. Zudem ner Teil meiner Arbeit. Die Experimente die- Neuerdings können zum Beispiel auch FH-Pro- hat die anwendungsbezogene Forschung hier nen dazu, meine Fragestellungen und Thesen fessorinnen und -Professoren an der Philoso- einen höheren Stellenwert. unter kontrollierten Bedingungen zu analysie-
WISSENSCHAFTLICHE MITARBEITENDE//WISSENSPLATZ 17 ren. Nach einer Literaturrecherche überlege ich, schiedlichen Ausrichtungen, Vorgaben und Rol- wie man ein bestimmtes Verhalten hervorrufen len. Ein gutes Selbst- und Zeitmanagement sind ANN-KATRIN KIENLE und testen kann, erstelle Fragebögen oder pro- das A und O. Es ist wichtig, in Bezug auf Dead- Ann-Katrin Kienle ist wissenschaftliche Mit- grammiere Experimente, die dann online aus- lines, Meetings/Kurse und Planungen klar zu arbeiterin am Zentrum für wirtschaftspoliti- gefüllt oder im Labor durchgeführt werden. Im kommunizieren. Auch deshalb halten es einige sche Forschung an der FHGR und gleichzei- Anschluss werden die daraus resultierenden meiner Mitdoktorierenden für ziemlich ambitio- tig Doktoratsstudentin an der Universität St. Daten statistisch ausgewertet. Das Ganze wird niert, ein Doktorat in nur drei Jahren zu absolvie- Gallen. Sie promoviert zum Thema «Redistri- in einem wissenschaftlichen Artikel zusammen- ren, wie es mit meiner gegenwärtigen Anstellung bution under Constraints». Ihr Thema ist an gefasst und hoffentlich publiziert. angestrebt wird. das Projekt Gerechtigkeit, Anreize und hete- rogene Bedarfe der FHGR geknüpft. Gizem: Auch mein Arbeitsalltag ist sehr vielsei- Gizem: Organisiert und strukturiert zu arbeiten tig. Mit jedem Projekt vertiefe ich mich in ein ist sehr wichtig, damit man den Überblick nicht neues Thema. Mal unterstütze ich die Studien- verliert, insbesondere im Hinblick auf die Pro- leitung in Sachen Lehre, mal führe ich Interviews motion. Als Uni-Absolventinnen gelten für Ann- GIZEM YILMAZ für ein Forschungsprojekt durch oder nehme an Katrin und mich andere Bedingungen. Aber ich Gizem Yilmaz ist wissenschaftliche Mitar- Konferenzen teil. Oder ich stehe als Hauptdar- sehe auch für uns viele Vorteile, mit Unterstüt- beiterin am Institut für Multimedia Produc- stellerin vor der Kamera, sitze für eine Tonauf- zung der Fachhochschule zu promovieren. Man tion. Sie befindet sich in der Planungsphase nahme im Studio oder organisiere eine Projekt- wird intern von Arbeitskolleginnen und -kollegen ihrer Doktorarbeit, mit der sie sich im Bereich woche. Das Schöne an meiner Arbeit ist, dass mit jahrelanger Erfahrung unterstützt, nicht nur Jugend und soziale Medien spezialisieren man die Möglichkeit hat, mit sehr interessanten fachlich, sondern auch mit Tipps zum ganzen möchte. Im Institut befasst sie sich mit den Partnern zusammenzuarbeiten, und somit sein Prozess. Trotz Unterstützung braucht es aller- Forschungsfeldern multimediale Systeme eigenes Netzwerk erweitern kann. dings sehr viel Eigeninitiative. zur Inhaltsvisualisierung und innovative Sto- rytellingformate. Ann-Katrin: Netzwerke sind unglaublich wichtig Nun leben wir zurzeit auch in einer speziellen – sowohl als Jungforscherin als auch als Dokto- globalen Situation und führen dieses Gespräch randin. Gerade weil wir für die Universitäten als online. Stichwort «Coronakrise»: Inwiefern seid externe Doktoratsstudierende zählen, kann man ihr und euer Projekt davon betroffen? PROMOVIEREN AN EINER FACH- schnell den Anschluss zu den Universitätskolle- Ann-Katrin: Mit der heutigen Technik sind HOCHSCHULE ginnen und -kollegen verlieren. Der Austausch Absprachen mit den Betreuenden oder den Co- Gegenwärtig geniessen die Fachhochschu- mit diesen ist aber enorm wichtig. Die externen Autorinnen und -Autoren digital kein Problem. len in der Schweiz kein Promotionsrecht. Beziehungen helfen uns, nah bei der Praxis zu Einige Experimente lassen sich coronabedingt Dieses ist den Universitäten vorbehalten, bleiben und auch wirtschaftlich relevante Fra- allerdings nicht so einfach realisieren. Das legt die neben Bachelor- und Masterangebo- gestellungen zu bearbeiten. dann schon Projekte und Ideen zeitweise auf Eis. ten auch Promotionsprojekte ausschreiben Leider ist noch kein unmittelbares Ende dieser und unterstützen. Eine Promotion an einer Gizem, du hast zu Beginn erwähnt, dass du Krise absehbar und das wirft auch den gesam- Schweizer Fachhochschule ist heute somit dich für eine akademische Laufbahn entschie- ten Plan durcheinander. erst über eine Kooperation mit einer Univer- den hast, statt einer Tätigkeit in der freien Wirt- sität in der Schweiz oder im Ausland mög- schaft nachzugehen. Hattest du bei dieser Ent- Gizem: Mit dem Wechsel auf digital fehlen lich, welche dann die Arbeit abnehmen und scheidung auch Bedenken? momentan auch das Zwischenmenschliche, der den Titel verleihen darf. Ob und wann auch Gizem: Ja, die hatte ich. Die Tätigkeit als wissen- Austausch, die kurzen Absprachen in den Kaf- Fachhochschulen in der Schweiz Angebote schaftliche Mitarbeiterin in der Forschung hat feepausen, die Unterhaltungen. Das alles versu- auf der dritten Ausbildungsstufe (Doktorat) nicht direkt mit meinem Beruf im Bereich Unter- chen wir, so gut es geht, digital aufrechtzuerhal- anbieten dürfen, ist aktuell Gegenstand poli- nehmenskommunikation oder Digital Marketing ten, kommt dabei aber nicht an den Austausch tischer Diskussionen. zu tun. Deswegen hatte ich Angst, dass ich spä- vor Ort heran. ter nicht mehr à jour bin oder als Forscherin mit geringer Praxiserfahrung betrachtet werde. Da Ihr befindet euch in sehr unterschiedlichen ich mich am Institut für Multimedia Production Stadien eures Vorhabens. Ann-Katrin, was für jedoch mit angewandten Zukunftstechnologien Tipps hast du nach diesen zwei Jahren als Dok- beschäftige und bei Projekten, die meine Inter- torandin, die du Gizem und unserer Leserschaft Ann-Katrin Kienle essensbereiche betreffen, immer miteinbezogen mitgeben kannst? Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Zentrum für werde, kann mir die Tätigkeit in der Forschung Ann-Katrin: Brenne für dein Thema! Man sitzt wirtschaftspolitische Forschung sogar neue Türen öffnen. mehrere Jahre an derselben Fragestellung, da T +41 81 286 37 53 ist es wichtig, dass man seine Arbeit und die ann-katrin.kienle@fhgr.ch Wie erging es dir, Ann-Katrin? Du bist bereits Thematik spannend findet. Gutes Zeitmanage- mitten in deinem Promotionsprojekt und hast ment und Netzwerke sind gerade für externe auf dem Weg dorthin sicherlich auch einige Promovierende sehr hilfreich. Und zu guter Gizem Yilmaz Hürden überwinden müssen. Letzt: Traue dich, wenn du das wirklich möch- Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Ann-Katrin: Zunächst hatte ich auch meine test. Die Option eines Doktorats an einer Fach- Multimedia Production Bedenken. Zwischen Master und Doktorat arbei- hochschule empfehle ich allen, die forschen und T +41 81 286 38 83 tete ich einige Jahre ausserhalb der Uni. Dort gleichzeitig nah an der Praxis bleiben wollen. So gizem.yilmaz@fhgr.ch lernte ich Leute mit Doktortitel kennen, die mir muss man sich auch noch nicht zwischen einer zeigten, dass sich Forschung und Praxis nicht Laufbahn in der Wissenschaft oder Wirtschaft widersprechen müssen. Das kann sogar ein entscheiden – im Gegenteil, man ist nahe an Marc Herter grosser Vorteil sein. Für mich als externe Dok- beiden Bereichen. Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Zentrum für torandin fallen der Arbeitsplatz und das Dokto- wirtschaftspolitische Forschung ratsstudium allerdings nicht zusammen: Man T +41 81 286 37 94 untersteht zwei Hochschulen mit teilweise unter- marc.herter@fhgr.ch
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