Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)

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Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
alma
                                                  MIT
                                                      KON
                                                   AUF FEREN
                                                        SEIT Z-SP
                                                            E 18 ECIA
                                                                –21 L

                                                      MEDIEN X.0

Das
U1 almaAlumni-Magazin
       3 / 2017       der Universität St.Gallen            # 3 / 2018
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
«Ich bin ein NOSER.
Komm zu uns!
Wir entwickeln
digitale Lösungen
von morgen
– we know how.»

Patrick, Projektleiter/Teamleiter

Möchtest du ein NOSER werden und die Zukunft mitgestalten?
Dann bewirb dich bei uns. Ein Ort, an dem echte Wertschätzung gelebt wird. Als führendes
und etabliertes Schweizer Software-Unternehmen entwickeln unsere rund 170 Consultants und
Ingenieure erfolgreich individuelle digitale Lösungen – we know how.
Bei uns arbeitest du in einem agilen Unternehmen mit attraktiver Arbeitsplatzkultur. Es erwarten
dich herausfordernde Projekte in einem dynamischen Team. Der menschliche Umgang, Freiraum
und Eigenverantwortung sind uns wichtig. Wir bieten dir interessante Karrieremöglichkeiten sowie
ein hervorragendes Ausbildungskonzept für deine fachliche und persönliche Weiterentwicklung.
Überleg nicht lang, komm zu uns. Wir freuen uns auf dich.

                          uns au    f
                  Besuche

                 r.com / jo bs
             nose        ern! begeist
                  Jobs, die
                                                         NOSER ENGINEERING AG   WINTERTHUR I LUZERN I BERN I MÜNCHEN
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
Inhalt                                                                                                                   Editorial

                                                                                                                           Medien X.0
                                                                                                                           «Schon wieder Digitalisierung» habt ihr
                                                                                                                           euch vielleicht mit Blick auf unser Dos-
                                                                                                                           sierthema gedacht. Genau dasselbe ging
                                                       Porträt/Dossier
                                                                                                                           auch uns durch den Kopf, als wir das
                                                       04 Pascal Scherrer: bei SRF 3                                      Thema gemeinsam mit der Redak­tion
                                                          «Unternehmer im Unternehmen»                                     von «HSG Focus», der digitalen Publi­
                                                                                                                           kation der Universität St.Gallen, aus­
                                                       06 M
                                                           edien machen eine Demokratie                                   gewählt und besprochen haben. Dabei
                                                          sichtbar                                                         sind wir alle doch zunächst einmal
                                                                                                                           einfach überfordert von der Geschwin-
                                                       07 Immersive Journalism                                             digkeit, mit der Geschäftsmodelle und
  04
                                                                                                                           ganze Branchen «umgepflügt» werden:
                                                       08 U
                                                           S-Präsidenten und die Medien im                                Da kommt man mit Zählen neuer Stufen
                                                          Wandel der Zeit                                                  kaum mehr mit (und genau dafür steht
                                                                                                                           das «X» im Titel).
                                                       10 Z
                                                           ense: Komplexe Inhalte bewältigen
                                                          und kommunizieren                                                Die Medienbranche gehört dabei zu den
                                                                                                                           besonders stark betroffenen und heraus-
                                                       Uniförderung
                                                                                                                           geforderten Bereichen in der Wirtschaft:
                                                       16 HSG Learning Center                                              Medienhäuser bleiben zwar Vermittler
                                                                                                                           von Informationen. Im Zentrum stehen
  10                                                   Konferenz-Special
                                                                                                                           aber häufig nicht mehr (journalistische)
                                                       18 Interview mit Miriam Meckel                                      Inhalte, sondern Informationen über of-
                                                                                                                           fene Stellen oder verfügbare Occasions-
                                                       20 Spannende Einblicke in die «Society 4.0»                        wagen. Was da und dort zur Frage führt,
                                                                                                                           ob das noch verlegerische Tätigkeiten
                                                       Netzwerk
                                                                                                                           sind. Und zur Diskussion, ob den Verla-
                                                       22 Generalversammlung 2018                                         gen statt politisch, kulturell, sportlich
                                                                                                                           oder gar philosophisch wichtigen Nach-
                                                       24 HSG Alumni lädt Gründer zum Pitch                                richten und Debatten nun plötzlich nur
                                                                                                                           noch das Geldverdienen wichtig sei.
  16
                                                       25 Storytelling abseits der BWL
                                                                                                                           Zunächst: Verlage, die überleben wollten,
                                                       Chapters & Clubs
                                                                                                                           mussten sich schon immer neben den
                                                       27 Weiterbildungsveranstaltung der                                 Inhalten auch den Zahlen und dem Er-
                                                           EMBA HSG                                                        trag widmen. Geändert hat sich bei den
                                                                                                                           neuen, digitalen Modellen allerdings,
                                                       29 Women’s Chapter Flagship Event                                   dass der im Printbereich über Abos
                                                                                                                           finanzierte Ertrag wegbricht und auch
                                                       30 EMBA HSG für Business Engineering                               Inserate bzw. Banner diesen Ausfall
                                                           feiert 20-jähriges Bestehen                                     (noch) nicht decken können. Die Me-
  22
                                                                                                                           dienhäuser sehen sich in der klassischen
                                                       Rubriken
                                                                                                                           Rolle von Unternehmen in Marktumbrü-
                                                       32 HSG in den Medien                                                chen: Sparen oder investieren?

                                                       33 Publikationen                                                    Die Frage «Weiterhin gedruckt und
                                                                                                                           online oder nur noch online?» betrifft
Impressum                                                                                                                  im Übrigen auch HSG Alumni bzw. die
Das Alumni-Magazin der Universität St.Gallen           Beiträge: Stefano Alghisi, Dominik Benner, Claudia Franziska
                                                                                                                           «alma». Die nähere Zukunft bietet euch
(bis 1997: «St.Galler Hochschulnachrichten»)           Brühwiler, Daniela Decurtins, Bernadette Dilger, Marco Gerster,
ISSN 1422-5980, 15. Jahrgang, Nr. 3/2018 (Juni 2018)   Stephanie Grubenmann, Lukas Gschwend, Fiammetta Kym, Su-
                                                                                                                           weiterhin beides, allerdings schon bald
Auflage: 26 750 Exemplare, erscheint alle 3 Monate     sanne Paulus, Katja Tinner, Roger Tinner, Zora Luna Wilkinson.      in einem neu gestalteten Kleid.
Herausgeber: HSG Alumni                                Redaktion: alma, alea iacta ag, Rosenbergstrasse 85,
Verlagsleitung: Stefano Alghisi                        CH-9001 St.Gallen, T +41 71 244 66 00, alma@alea-iacta.ch           Roger Tinner, Chefredaktor
Chefredaktion: Roger Tinner                            Anzeigen: print-ad kretz gmbh, Tramstrasse 11, Postfach,
Projektleitung/Redaktion: alea iacta ag, St.Gallen     8708 Männedorf, T +41 44 924 20 70, info@kretzgmbh.ch
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                                                                                                                           sondern auch analog. (Illustration Florian Brunner)

                                                                                                                                                             01 alma 3 / 2018
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
Nachrichten

                                            Martin Killias tritt zurück

                                            Praxisnaher Forscher
                                            Martin Killias ist 70 geworden und              Mitglied des Bundesgerichts über reichhalti-
                                            damit von seiner ständigen Gastpro­             ge praktische Erfahrung im gesamten Bereich
                                            fessur für Strafrecht, die er seit 2013         des Straf- und Strafprozessrechts. Für Martin
                                            wahrnahm, zurückgetreten. Ein Aus-              Killias sind Strafrecht und Strafprozessrecht
                                            zug aus der Würdigung in «HSG Fo-               nicht ausschliesslich dogmatische Gebiete
HSG-Rektorat bis                            cus».                                           der Rechtswissenschaft, vielmehr versteht er

2020 wiedergewählt                          Lukas Gschwend
                                                                                            diese Fächer wie kein anderer Strafrechtler
                                                                                            in der Schweiz als historisch gewachsene,
                                                                                            dynamische Disziplinen, die vor einem
Nach der Wiederwahl der Mitglie-            Martin Killias war 2006 bis 2013 Ordinarius     so­zialwissenschaftlichen Hintergrund zu
der des Rektorats durch den Senat           für Strafrecht, Strafprozessrecht und Krimi-    beleuchten und mit Blick auf rechtspolitische
und den Universitätsrat hat die Re-         nologie an der Universität Zürich. Zuvor hat-   Fragen fruchtbar zu machen sind. Damit
gierung des Kantons St.Gallen diese         te er von 1986 bis 2006 ein Ordinariat an der   konnte er sehr erfolgreich den Studierenden
bis ins Jahr 2020 genehmigt. Rektor         Universität Lausanne inne und war Direktor      der Universität St.Gallen das Strafrecht
Professor Dr. Thomas Bieger sowie           des dortigen Instituts für Kriminologie und     multidisziplinär als Wissenschaft im Schnitt-
die Prorektoren Professor Dr. Lukas         Strafrecht. Von 1984 bis 2008 war er neben-     bereich von Dogmatik, Sozialwissenschaft,
Gschwend und Professor Dr. Kuno             amtlicher Richter am Schweizerischen            Philosophie und Geschichte vermitteln.
Schedler stellen sich für eine weite-       Bundesgericht. Seit 1988 hat er elf Gastpro-    Seine weitreichende praktische Erfahrung
re Amtsdauer von einem Jahr zur             fessuren bzw. Fellow Lecturer-Stellungen        ermöglichte dabei stets, den Fokus seiner
Verfügung.                                  wahrgenommen (Montréal, Genua, Tucson,          Lehrveranstaltungen gleichermassen auf
                                            Amsterdam, Oxford, Leiden, Chonqing,            Reflexion wie auch auf Praxisrelevanz zu
Die Amtsdauer des derzeitigen Rektorats     Macao, Hong Kong, Surabaya, Lausanne).          legen. Damit gelang ihm in bester HSG-Tra-
der HSG mit Rektor Thomas Bieger, Pro-                                                      dition der wahrhaft akademische Brücken-
rektorin Ulrike Landfester (Aussenbezie-    Multidisziplinäres Selbstverständnis            schlag zwischen Theorie und Praxis.
hungen), Lukas Gschwend (Studium &          Als seine Schwerpunkte in Lehre und For-
Lehre) und Kuno Schedler (Forschung &       schung sind neben der Kriminologie das          Innovative internationale Forschung
Faculty) endet per 31. Januar 2019. Pro-    schweizerische Strafrecht (inkl. Recht des      Eine besondere Rolle in seiner Forschung
rektorin Professor Dr. Ulrike Landfester    Strafvollzugs) und das Strafprozessrecht        kam stets den Erfahrungen mit und der
beendet dann ihre Amtszeit.                 zu nennen. In der Schweiz profilierte er        Wahrnehmung von Kriminalität durch
                                            sich als praxisnah forschender Strafrechtler    die Bevölkerung zu. Killias war einer der Mit-
Die übrigen Mitglieder stellen sich auf-    und Rechtspolitiker, der für das nationale      begründer von International Crime Victimi-
grund der diversen Grossprojekte (Joint     und internationale Strafrecht wichtige Bei-     zation Surveys und leitete seit 1984 alle
Medical Master in St.Gallen, Studien-       träge geleistet hat. Daneben war er auch als    gesamtschweizerischen Opferbefragungen.
schwerpunkt Informatik und Manage-          Berater in verschiedene Gesetzgebungspro-       Seit seinem Wechsel an die Universität
ment, Campus-Erweiterung) für eine          jekte involviert und verfügt als langjähriges   St.Gallen beschäftigte er sich vermehrt
Amtsdauer von einem weiteren Jahr bis                                                       mit Wirtschaftskriminalität (Swiss Business
zum 31. Januar 2020 zur Verfügung.                                                          Crime Survey) und Korruption (Swiss
                                                                                            Corruption Survey). Martin Killias war (Mit-)
Wahlverfahren                                                                               Verfasser oder (Mit-)Herausgeber von 23 Bü-
Für die Vorbereitung der Wahl des Rekto-                                                    chern. Dazu kommen über 260 Buchkapitel
rates mit Beginn der Amtszeit ab dem 1.                                                     und Artikel in wissenschaftlichen Zeitschrif-
Februar 2020 hat der Senat eine Findungs-                                                   ten. In seinen St.Galler Jahren setzte sich
kommission eingesetzt, dies aufgrund                                                        Killias vermehrt auch für politische Anliegen
eines neuen vom Universitätsrat geneh-                                                      zum Schutz der Baukultur in der Schweiz ein.
migten Verfahrens. Die Wahl des neuen                                                       2015 übernahm er das Präsi­dium des Zürcher
Rektorates dürfte Anfang 2019 erfolgen.                                                     Heimatschutzes, 2017 wurde er Präsident des
                                                                                            Schweizer Heimatschutzes. Im persönlichen
Die Wahl der Prorektorin oder des Pro-                                                      Gespräch offenbarte Martin Killias dem
rektors für Aussenbeziehungen für die                                                       Schreibenden, dass er die St.Galler Jahre so-
Amtsdauer ab dem 1. Februar 2019 er-                                                        wohl mit Bezug auf die Institution der HSG,
folgt voraussichtlich bis Herbst 2018 in                                                    als auch hinsichtlich des Engagements der
Abhängigkeit des Stands des Wahlver-                                                        Studierenden als Highlight seiner akademi-
fahrens des neuen Rektorates.               Martin Killias.                    (Foto pd)   schen Karriere bewerte.

02 alma 3 / 2018
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
Nachrichten

Leonz Eder geht in Pension
                                                                                                   Am Dies academicus
Bewegung als Konstante                                                                             ausgezeichnet
                                                                                                   Am diesjährigen Dies academicus
Ende April ist Leonz Eder, Leiter                                                                  wurden mehrere Persönlichkeiten
Unisport, nach 39-jähriger Tätigkeit                                                               für hervorragende Leistungen aus-
an der HSG pensioniert worden. Er                                                                  gezeichnet, darunter auch mehrere
darf auf eine von ihm wesentlich                                                                   Mitglieder und der Präsident von
mitgeprägte, positive Entwicklung                                                                  HSG Alumni.
des Unisports an der HSG zurück-
schauen. Und er wird sich national                                                                 Professor Gerry Georg, Ph.D., und Profes-
und international weiterhin für den                                                                sor Dr. Holger Mueller erhielten die Ehren-
Hochschulsport engagieren.                                                                         doktorwürde der Wirtschaftswissenschaf-
                                                                                                   ten und Bundesrichterin Dr. Martha Niquil-
Roger Tinner                                                                                       le-Eberle (Alumna der HSG) wurde neue
                                                                                                   Ehrensenatorin. Der Mentorpreis der Stu-
Im Unisport-Programm fürs Frühjahrs­                                                               dentenschaft ging an Dr. Urs Landolf, Prä-
semester zitierte Leonz Eder selbst das Wort                                                       sident HSG Alumni, sowie an HSG-Alum-
«Das einzig Konstante im Leben ist die                                                             nus Professor Dr. Sascha Spoun, Gastpro-
Veränderung». Mit Blick auf seine 39 Jahre an                                                      fessor für Universitätsmanagement.
der Universität St.Gallen, aber auch auf sein
Leben, möchte man den Satz gern anpassen:         Leonz Eder.            (Foto Hannes Thalmann)   Stellvertretend für die mobile Bank «N26»
«Das einzig Konstante im Leben ist die                                                             wurde schliesslich Valentin Stalf zum
Bewegung». Tatsächlich werden ihn die we-         Leonz Eder wichtig, dass der Sport unmit-        «HSG Gründer des Jahres 2018» gekürt.
nigsten als in Besprechungen sitzenden            telbar auf dem Campus sichtbar und damit         Der Preis der Werner Jackstädt-Stiftung
Verwalter in Erinnerung behalten – obwohl         «motivierend» präsent ist.                       ist mit 10 000 Schweizer Franken dotiert.
er natürlich als Leiter Unisport auch admi-
nistrative Aufgaben wahrzunehmen hatte.           Engagement über die HSG hinaus                   Erstmals wurden drei besonders innovati-
                                                  Leonz Eder war und ist mit seiner positiven      ve Forschungsprojekte mit dem HSG
Sport gehört zum Campus                           Einstellung und Ausstrahlung (es gibt kaum       Impact Award ausgezeichnet. Der Preis
Leonz Eder, der schon als Kind Turnlehrer         Bilder, auf denen er nicht lacht, lächelt oder   wurde an drei Projekte verliehen: An den
werden wollte und in der Jugendriege des          schmunzelt) glaubwürdiger Botschafter der        «Global Trade Alert» (Professor Simon
TV Oberwil-Zug seine sportliche Laufbahn          Erkenntnis, dass Sport viel zur Lebensqua-       Evenett, Ph.D.), die «Open Source Be­
begann, absolvierte das Lehrerseminar. Als        lität beiträgt. Dabei war er dem Spitzen- wie    havioral Intervention Platform Mobile-
Primarlehrer finanzierte er sich seine Turn-      dem Breitensport verpflichtet. Zudem ist er      Coach» (Dr. Tobias Kowatsch) sowie an das
und Sportlehrer-Ausbildung an der Univer-         auch ein erfahrener Netzwerker, der dank         Projekt «Futuricum – die Erfolgsgeschich-
sität Bern, von wo er – in Teilzeit sogar schon   Sport und Militär mit vielen Wirtschafts-        te der E-Mobility» (Martin Meier, Prof. Dr.
vor dem erfolgreichen Studienabschluss –          grössen per Du ist (und auch deren sport­        Moritz Loock und Angela Honegger).
1979 an die HSG kam, angestellt von Pro-          liche Stärken und Schwächen kennt). Als
fessor Rolf Albonico, dem eigentlichen            Sportredaktor hat er nebenamtlich viele          Die Preisträger erhalten jeweils eine Prämie
Pionier des Hochschulsports in St.Gallen.         Wochenenden im Radiostudio verbracht             von 5 000 Franken. Zudem wird das Projekt
39 Jahre lang wirkte er dann als Unisport-        und später in seinen Engagements für den         durch einen kurzen Filmtrailer online vor-
lehrer, 18 Jahre auch als Leiter Unisport. Al-    Schweizer Hochschulsportverband und              gestellt. Aus 33 Bewerbungen hat eine Jury
lein der statistische Vergleich zeigt, wie sehr   den internationalen Studentensportverband        aus Praktikern (Peter R.Voser,Verwaltungs-
sich der Sport an der HSG entwickelt hat:         FISU sein Hobby Medienarbeit mit dem             ratspräsident der ABB-Gruppe und Lea
1980 gab es 11 Trainingsleiter(innen), heute      Beruf verbinden können.                          von Bidder, Mitgründerin und Präsidentin
sind es über 150, pro Woche wurden damals                                                          von Ava Science Inc.) sowie Mitgliedern
46 Trainings geleitet, heute sind es fast 260.    Heute gehört er als FISU-Vizepräsident zu        der Universität St.Gallen (Jürg Roggen-
                                                  den international wichtigsten Schweizer          bauch, Stv. Leiter Kommunikation und
Besonders engagiert hat sich Leonz Eder für       Sportfunktionären. Die erstmalige Ausrich-       Prof. Dr. Kuno Schedler, Prorektor für For-
die Erneuerung und Erweiterung der Infra-         tung einer Studierenden-WM durch den             schung & Faculty) die drei Siegerteams
struktur: Ein neues Beachvolleyballfeld, ein      Unisport in St.Gallen (im Geländelauf) war       ausgewählt.
erneuerter Allwettersportplatz und die neue       denn auch die perfekte Abrundung seines
Dreifach-Sporthalle entstanden in dieser          erfolgreichen Wirkens an der HSG. Nun            Besonderes Augenmerk wurde beim
Zeit. Auch wenn für die vielen Trainings          folgt 2021 die Winteruniversiade in Luzern,      «HSG Impact Award» auf die gesellschaft-
natürlich auch Sporteinrichtungen in Stadt        die er massgeblich mitorganisiert. Wie ge-       liche Bedeutung und die praktische Um-
und Region genützt werden, war es für             sagt: Er braucht Bewegung.                       setzung der Forschung gelegt.

                                                                                                                             03 alma 3 / 2018
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
President’s Corner                          Porträt

                                            Ehemalige im Porträt

                                            Pascal Scherrer: bei
                                            SRF 3 «Unternehmer
                                            im Unternehmen»
                                            Pascal Scherrer, Programmleiter von                 zur SRF 3-Community aufzubauen. Und
                                            SRF 3, ist EMBA HSG-Absolvent und                   Scherrer zählt auf, was er damit meint: «Wir
Liebe Alumnae, liebe Alumni                 führt den Radiosender seit 2011 ins                 verfügen in der Schweiz über die grösste
                                            digitale Zeitalter. Zusammen mit 50                 Social-Radio-Plattform. Wir machen immer
Die Internationale HSG Alumni Konferenz     Mitarbeitenden hat er SRF 3 zum                     mehr Bewegtbild. Im Rahmen der Talent­
gehört zu den «Leuchttürmen» unserer        «stärksten New-Media-Radio» und                     förderung in den Bereichen Schweizer
Anlässe. Sie bietet alle zwei Jahre Gele-   zum «reichweitenstärksten Social
genheit, mit AbsolventInnen verschiede-     Media-Brand innerhalb von SRF»
ner Generationen ins Gespräch zu kom-       entwickelt.                                         «Der vielbemühte Begriff
men, zu einem aktuellen Thema Impulse
von Top-ReferentInnen zu erhalten und       Roger Tinner
                                                                                                Disruption bildet
schliesslich zwei Tage «Auszeit» an einem                                                       den Charakter der Verän-
schönen Ort zu verbringen. Das ist auch
in diesem Jahr nicht anders, mit einem
                                            Zwischen der Anfrage für ein Porträt und der
                                            Antwort – natürlich per E-Mail – lag kaum
                                                                                                derungen in der
wichtigen Unterschied gegenüber den frü-    eine Viertelstunde. Der Mann hat eine               Medien­industrie gut ab.»
heren Anlässen: Die HSG Alumni Konfe-       äusserst kurze Reaktionszeit, ist offen­
renz findet erstmals an der HSG statt.      sichtlich online häufig «auf Empfang». Mit
                                            Jahrgang 1973 gehört er zwar definitiv zu den       Musik und Comedy haben wir eine ganze
Damit wird die Konferenz mit dem The-       «Digital Immigrants», aber auch zu jenen, die       Reihe von kleinen und feinen Veranstaltun-
ma «Society 4.0» zu einem grossen           die Digitalisierung in ihrem Verantwortungs-        gen wie ‹SRF 3 Comedy Talent Stage›.
Homecoming-Anlass. Nach acht Konfe-         bereich vorantreiben: Knapp einen Drittel           Mit solchen Spin-Offs stärken wir unsere
renzen, 18 Jahre nach der Gründung die-     seiner Redaktionsstellen hat er bereits in den      Marke, erweitern den Markt und ragen –
ses «Formats» durch Björn Johansson und     Bereich «Web/Social» verlagert. Die Stich-          hoffentlich – heraus aus der Fülle von
seinem Team sowie nach Konferenzorten       worte in seinem Curriculum sind für                 Angeboten.»
wie Montreux, Luzern und Davos kehrt        die Zeit seit 2011, als er publizistischer Leiter
die HSG Alumni Konferenz dorthin zu-        von SRF 3 (damals noch DRS 3) wurde, denn           Und wie beurteilt er den Medienkonsum der
rück, wo alles begann, an unsere «Alma      auch eindeutig: «Überführung ins digitale           kommenden Generationen? «Wenn ich
Mater». Externe ReferentInnen, darunter     Zeitalter», «Multivektorielle Entwicklung           Klarheit hätte, würde ich damit gutes Geld
viele Alumni, werden die praxisbezogene     hin zum stärksten New-Media-Radio» und              verdienen», schmunzelt er. Und erklärt dann
Sicht, unsere HSG-Professoren den letz-     «Entwicklung zum reichweitenstärksten               doch: «Meines Erachtens wird ein Grund-
ten Stand der Forschung zum Thema dar-      Social-Brand innerhalb von SRF».                    konsum in traditionellen Medien wie Radio
legen. Und dann gibt es die Gelegenheit,                                                        und Print bleiben. Im digitalen Bereich wird
das Projekt HSG Learning Center und die     SRF 3 als «Medienmarke»                             das passieren, was wir nicht nur im Silicon
digitale Transformation der HSG aus der     Pascal Scherrer beurteilt den Einfluss der          Valley beobachten: The winner takes it all.
Nähe zu betrachten.                         Digitalisierung auf die Medienarbeit als            Neben den eigentlichen Produkten wird die
                                            «grosse Herausforderung mit vielen Chan-            Markenfrage immer wichtiger werden.» Mit
Ich freue mich jetzt schon darauf, vom      cen»: «Der vielbemühte Begriff Disruption           Blick auf die Medienschaffenden meint er
30. August bis zum 1. September viele       bildet den Charakter der Veränderungen in           selbstkritisch, dass sich die Branche immer
von euch an der HSG wieder zu sehen und     der Medienindustrie gut ab. Seit fast zehn          noch zu wenig radikal überlegt, «welches
gemeinsam Stunden der Inspiration,          Jahren wird alles umgepflügt. Die Erlöse            konkrete Problem wir bei einem Kunden
der Begegnung und der Freundschaft zu       wandern ab ins Netz. Und den klassischen            lösen wollen oder welches Bedürfnis er oder
erleben.                                    Medienkonsum gibt es kaum mehr», bilan-             sie unbedingt befriedigt haben will.»
                                            ziert er. SRF 3, wo er seit 2007 (zunächst als
Herzlichst, Euer                            stellvertretender publizistischer Leiter) tätig     Führung der Generation Y
                                            ist, sei nicht mehr nur ein Radiosender,            Wer Pascal Scherrers Auftritte im Web oder
                                            sondern «eine starke Medienmarke». Es               in Printmedien nachliest, der sieht, dass er
                                            sei gelungen – neben dem linearen Radio –           sich stark mit Führungsfragen beschäftigt
Urs Landolf, Präsident HSG Alumni           viele qualitativ hochwertige Bezugs­punkte          und das Stichwort von der «schonungslosen

04 alma 3 / 2018
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
Porträt

Führung» geprägt hat. Tatsächlich gibt er sein
Wissen und «Savoir faire», das auf 20 Jahren
«Führung in einer unruhigen Branche»
beruht, seit einigen Monaten in Keynote-
Referaten, Workshops und Coachings weiter
an Unternehmen. Warum er das tut, begrün-
det Scherrer so: «Motiviert haben mich die
vielen ernüchternden Gespräche mit meinen
Freunden und Bekannten zum Thema
«Chef». Es gibt anscheinend zu viele Vorge-
setzte, die menschlich wenig taugen, füh-
rungshandwerkliche Defizite haben und
ihre Mitarbeitenden nicht zu inspirieren in
der Lage sind. Die Auswirkungen sind ver-
heerend – auch in einem BWL-Sinn.»

Gerade in Dienstleistungsunternehmen ist
gute Führung gemäss Scherrer «längst nicht
mehr ein ‹Nice-to-have›, sondern das alles
entscheidende Differenzierungsmerkmal».
Zumal sich die jüngeren, nachkommenden
Arbeitnehmenden der Generation Y nicht                         HSG-Alumnus Pascal Scherrer ist Programmleiter von SRF 3.   (Foto: Daniel Rüttimann)
mehr mit eindimensionalen «Alte Schule»-
Führungsrezepten bewegen liessen. Und,           Stratege, Ressourcen-Manager, Persona­-             möglichst hohen Wirkungsgrad «sein Ziel
so Scherrer mit Blick auf die Zukunft:           ler, Publizistikverantwortlicher, Innovator,        punktgenau kennen und seine Führungsar-
«Die neuen Arbeitnehmenden sitzen bald           Programm­entwickler, Public Affairs-Spezi-          beit auf ebendieses Ziel ausrichten muss».
am längeren Hebel. In den nächsten Jahren        alist und PR-Mann.» Und was ist das Spann-          Und er fügt augenzwinkernd an: «Ich muss
verwandelt sich der Arbeitgebermarkt in          nendste an seiner Arbeit? Da muss er nicht          gestehen, dass ich den enorm wichtigen
der Schweiz vielerorts – aufgrund der De-        lange überlegen: «Der Umgang mit starken,           Unterschied zwischen Effizienz und Effek-
mographie – zu einem Arbeitnehmermarkt.»         leidenschaftlichen, professionellen und des-        tivität erst mit meiner Ausbildung an der
                                                 halb auch anspruchsvollen Mitarbeitenden.
Eine Medien-Karriere                             Und die Mehrdimensionalität meiner Arbeit,
Im Rückblick auf seine berufliche Laufbahn       die meine Tage abwechslungsreich macht.»           «Ich fühle mich der HSG
nennt Pascal Scherrer, der neben der
Schweizer auch die französische Staatsbür-       Im Unternehmen SRF sei er stets auf Part-
                                                                                                    verbunden. Deshalb
gerschaft hat und zweisprachig aufgewach-        nersuche für gemeinsame Projekte und Vor-          engagiere ich mich im
sen ist, auch den eher verunglückten «Ein-       haben. Bei SRF finde der Kampf um Res-
stieg»: «Ich bin ein klassischer Gymnasium-      sourcen nämlich nicht vornehmlich extern
                                                                                                    Coaching-Programm für
Abbrecher, weil ich während meiner               am Markt statt, sondern intern. Scherrer da-       die Assessment-Stufe.»
Adoleszenz neben der Schule noch andere          zu: «Die Marktgesetze sind dieselben. Wer
Dinge im Kopf hatte. Oder präziser: Vor          klare Vorstellungen hat, agil ist und inspiriert
allem andere Dinge im Kopf hatte.» Über          – kurzum marktfähig – der kommt zur Fi-             HSG richtig verinnerlicht habe.» Seine
eine KV-Lehre bei den Zürichsee Medien           nanzierung von Projekten wie zum Beispiel           EMBA-Thesis wurde übrigens (was er im
und ein Volontariat bei «Radio Zürisee» hat      ‹Jeder Rappen zählt› oder der Comedy-               Gespräch verschweigt) mit dem NZZ-Preis
er sich später in den Journalismus reingear-     Show ‹UnterBüsser›.»                                für die beste Abschlussarbeit ausgezeichnet.
beitet. Weitere Stationen waren Radio 24,
SonntagsZeitung, und die Pendlerzeitung          Unterschied zwischen Effizienz und                  Mit der HSG fühlt er sich verbunden: So
«Express» von Tamedia, ehe er nach einem         Effektivität verinnerlicht                          verspürt er «jedesmal Heimat», wenn er
Kurzabstecher in die PR-Branche schon            Seine EMBA-Ausbildung an der HSG hat                nach St.Gallen kommt: «Das hat auch mit
2004 als Chef vom Dienst bei DRS 3 lande-        Pascal Scherrer, der als Hobbies Lesen, Lang-       den tollen Begegnungen zu tun, die ich auf
te. Für seine heutige Führungsaufgabe hat        laufen und Radfahren nennt, 2010 begon-             dem Rosenberg erleben durfte.» Deshalb
er sich intern beworben und sich «offenbar       nen, weil er seine «umfassende praktische           engagiert er sich auch im Coaching-
durch gute Leistungen im Vorfeld für diese       Führungserfahrung auf eine tragfähige the-          Programm für die Assessment-Stufe. Wo
Aufgabe qualifiziert».                           oretische Basis stellen» wollte. Lehre und          ihn die vielen jungen Leute beeindrucken,
                                                 Wissenstransfer in die Praxis und in die Un-        «die mit Engagement und Ernsthaftigkeit
Als Programmleiter von SRF 3 agiere er als       ternehmerwelt beurteilt er als stark. Beson-        ihre Projekte verfolgen».
«Unternehmer im Unternehmen mit viel-            ders gut konnte er die Erkenntnis im beruf-
schichtigem Portfolio», erklärt er: «Ich bin     lichen Alltag brauchen, dass man für einen          srf3.ch

                                                                                                                                05 alma 3 / 2018
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
Dossier

Vincent Kaufmann, Direktor am MCM-Institut über Medien und Demokratie

«Medien machen eine
Demokratie sichtbar»
Welche Rolle spielen Medien für eine            Ist nicht zu viel Konsens und zu wenig
Demokratie? Wie wichtig ist Konsens             Fragmentierung ebenso pathologisch
in einer zunehmend fragmentierten               für eine Gesellschaft? Denken wir an
Medienöffentlichkeit? Braucht es alter-         Nordkorea, den weltweit wohl restrik-
native Geschäftsmodelle, die ohne               tivsten Staat.
Werbung auskommen? Ein Gespräch                 Konsens heisst nicht, dass es nur eine Mei-
mit Vincent Kaufmann, Direktor am               nung geben darf. Aber es gibt wie im sozi-
MCM-Institut (Lehrstuhl Medien und              alen Miteinander Grenzen der Konfliktua-
Kultur).                                        lisierung. Man darf nicht so weit gehen,
                                                dass Dialog und Kooperation unmöglich
Vincent Kaufmann, die öffentliche               werden. Konsens ist etwas, das man pflegen
Berichterstattung gilt neben der Exeku-         muss. Während wir das in der Schweiz eher
tive, der Legislative und der Judikative        gut machen, sieht das beispielsweise in den
als «vierte Gewalt» im Staat. Wie               Vereinigten Staaten zunehmend anders aus.
wichtig sind unabhängige Medien für             Dort glaubt die eine Hälfte der Bevölkerung
eine Demokratie?                                nur noch an Fox News, die andere an CNN
Medien spielen für das Funktionieren einer      oder die New York Times. Dort gibt es kei-               Prof. Dr. Vincent Kaufmann
Demokratie eine wesentliche Rolle. Sie in-      nen Konsens mehr über objektive Bericht-
formieren nicht nur oder unterhalten, son-      erstattung, Fakten oder Wahrheit. Es ist kein
dern haben eine identitätsstiftende Wir-        Zufall, dass es in den USA keine nichtkom-
kung. Sie inszenieren und kontrollieren die     merziellen Medien mit Gewicht gibt.             Produktion von Information durch Werbung
politischen Institutionen und machen eine                                                       finanziert wird. Menschen sind zunehmend
Demokratie überhaupt erst sichtbar. Auch        Heute kann jeder mit seinem Smart-              bereit, für qualitativ hochwertigen Journalis-
unsere direkte Demokratie in der Schweiz        phone praktisch überall auf der Welt in         mus zu bezahlen und Abonnements abzu-
funktioniert nur deshalb, weil die politische   Echtzeit von Ereignissen berichten und          schliessen. Die Zürcher Online-Plattform Re-
Praxis öffentlich zugänglich ist. Dies heisst   damit auch «Wahrheiten» von Massen-             publik wurde zum Beispiel durch eine sehr
jedoch nicht, dass ein Staat ohne Geheim-       medien in Frage stellen. Wie gehen Me-          erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne fi-
nisse auskommen kann. Was es braucht, ist       dien mit dieser Herausforderung um?             nanziert.Vielleicht gibt es ja eine Zukunft für
jedoch eine relative Transparenz, und es ist    Es stimmt, dass jeder mit Hilfe von digitalen   die Medien, in der sie sich völlig von Werbung
die Aufgabe der Medien, dafür zu sorgen.        Technologien Informationen produzieren          und Einschaltquoten lösen können. Ein Bei-
                                                kann. Informationen müssen jedoch verar-        spiel aus Frankreich zeigt, dass das Modell
Viele traditionelle Medien kämpfen              beitet, kritisch hinterfragt und eingeordnet    funktionieren kann. Die Online-Zeitung Me-
um ihre Existenz. Bedroht das                   werden. Hier spielen Medien nach wie vor        diapart wurde 2008 gegründet und brauchte
«Zeitungssterben» die Demokratie?               eine wichtige Rolle. Richtig bleibt, dass       35 000 Abonnenten, um schwarze Zahlen zu
Eine wichtige Funktion der klassischen Zei-     Medien keine «Gatekeeper» mehr sind.            schreiben. Die Zeitung hat mit gutem, inves-
tung war die Herstellung einer sogenannten      Sie bestimmen nicht mehr allein, über           tigativem Journalismus zwei französische Fi-
«Imagined Community», einer vorgestellten       was berichtet wird. Gleichzeitig wird ihre      nanzminister zum Rücktritt gezwungen. Fer-
Gemeinschaft. Man liest seine Zeitung zwar      «Gatewatching»-Funktion immer wichtiger,        ner wurde jüngst im März 2018 aufgrund von
alleine, weiss aber, dass tausende Personen     indem sie über kursierende Informationen        Berichten von Mediapart ein neues Verfahren
die gleiche Zeitung lesen. Dies schafft Zu-     berichten und auch Experten zu Rate ziehen.     gegen den ehemaligen Präsidenten Nicolas
gehörigkeit auf regionaler oder nationaler      Dies ist sicher eine exklusive Möglichkeit      Sarkozy geöffnet und mittlerweile hat die
Ebene. Die wachsende Anzahl an sozialen         von Medien. Es muss sich zeigen, ob sich        Plattform 120 000 Abonnenten. Ganz ohne
Medien und digitalen Plattformen sorgt da-      Wissen ohne Autorität und Expertise durch-      Werbung.
gegen für eine Fragmentierung und Priva-        setzen kann.
tisierung von Öffentlichkeit. Diese Entwick-                                                    Interview: Marco Gerster
lung muss man sicherlich kritisch betrach-      Sie klingen zuversichtlich. Wie muss
ten, auch wenn das nicht heisst, dass etwa      sich der anspruchsvolle Journalismus            * Prof. Dr. Vincent Kaufmann ist Direktor am
die Vielfalt sozialer Medien grundsätzlich      in Zukunft aufstellen?                          Institut für Medien- und Kommunikationsma-
schädlich für eine Demokratie ist. Gravie-      Ich glaube, es braucht Alternativen zu dem      nagement der Universität St.Gallen (MCM-
render ist der Verlust von Konsens.             klassischen Business-Modell, in dem die         HSG, Lehrstuhl Kultur und Medien).

06 alma 3 / 2018
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
Dossier

360˚-Videos und Virtual Reality

«Immersive Journalism»: Das Nachrich-
tenerlebnis im virtuellen Raum
Wer heute nicht mit neuen Formaten
experimentiert, muss damit rechnen,
durch die rasante Entwicklung der
Informations- und Kommunikations-
technologien abgehängt zu werden.

Stephanie Grubenmann*

«Die Schlange an der Essensausgabe ist
lang. Zahlreiche Leute sind hier in Los An-
geles auf diesen Dienst angewiesen. Ich
warte nun schon eine Weile und werde un-
ruhig. Plötzlich bricht vor mir ein Mann                 Screenshots aus den Apps von NYTimes, The Guardian und ARTE.
zusammen und liegt zuckend am Boden.
Diejenigen, die in der Schlange vor und
hinter ihm gestanden hatten, blicken auf
ihn herab. Für ihn hat die Warterei zu lan-     Attraktiv, aber kostspielig                       Gut, um Emotionen zu schüren
ge gedauert: ein Zuckertief liess ihn zusam-    Die New York Times hatte sich früh und            Die Verlage arbeiten trotzdem mit den teu-
menbrechen.»                                    deutlich zum neuen Format bekannt und             ren Formaten, weil sie zum einen momen-
                                                damit ausgiebig experimentiert. Im Rahmen         tan noch Aufmerksamkeit auf sich ziehen,
Nonny de la Peña ist die Pionierin des Im-      des Projekts The Daily 360 werden seit 2015       zum anderen aber auch, weil diese immer-
mersive Journalism. Seit der Publikation des    regelmässig Filme in der eigens dafür pub-        siven Erlebnisse extrem gut darin sind,
Stücks Hunger in Los Angeles 2012 am            lizierten App NYTVR publiziert. Andere            Emotionen zu schüren. Ausserdem müssen
Sundance Film Festival haben zahlreiche         Verlage sind dem Beispiel gefolgt. Heute          sie als wichtiger Zwischenschritt der Ent-
journalistische Organisationen und Non-         prägen die BBC, ARTE, aber auch Al Jazee-         wicklung von Medientechnologien gesehen
Profit-Organisationen non-fiktionale Ge-        ra oder Ringier (insbesondere beim BLICK)         werden, der von einer bevorstehenden, viel
schichten in 360° veröffentlicht.               mit ihrer Arbeit das Feld.                        stärkeren Integration von Medieninhalten
                                                                                                  in unsere reale Lebensumgebung zeugt.
Unter der Bezeichnung Immersive Journa-         Für diese Organisationen sind noch immer
lism verstehen wir sowohl 360°-Videos als       externe Produktionsfirmen wie IntoVR wich-        Wer mit diesen Formaten heute nicht expe-
auch Publikationen in Virtual Reality (VR).     tig, die sich auf das neue Format spezialisiert   rimentiert, muss damit rechnen, durch die
Virtual Reality besteht im Gegensatz zu         haben und für viele Redaktionen einen             rasante Entwicklung der Informations- und
360°-Videos, die mit speziellen Mehrkame-       Grossteil der Produktionen übernehmen.            Kommunikationstechnologien abgehängt
rasystemen, sogenannten Rigs, aufgezeichnet                                                       zu werden.
werden, aus computergenerierten Inhalten.       Das hat damit zu tun, dass dieses räumliche
Die beiden Formate eint, dass sie über spe-     Erzählen sehr spezifischen Regeln gehorcht        Dass diese Produktionen nicht nur bei
zielle Headsets genutzt werden und sich die     und Erzähltechniken aus klassischen Be-           den Nutzern, sondern auch innerhalb der
Nutzer in den digitalen Welten umschauen        wegtbildformaten kaum übernommen wer-             etablierten Communities, an Akzeptanz
– und in VR sogar bewegen – können. Als         den können. Nicht nur deshalb, sondern            gewinnen, zeigt zum Beispiel, dass die
immersiv bezeichnet man dabei ein virtuelles    auch weil Workflows (noch) viel arbeitsin-        IntoVR-Produktion «Was wollten Sie in
Erlebnis, das sich anfühlt, als wäre es real.   tensiver sind und in teure Hard- und Soft-        Berlin» den Deutschen Reporterpreis 2017
                                                ware investiert werden muss, ist die Pro-         gewonnen hat.
Dass 360°-Videos auch im Browser ange-          duktion in 360° – aber vor allem in VR – viel
schaut werden können und sich deshalb ei-       teurer als jede andere etablierte journalis-      * Stephanie Grubenmann ist Lehrbeauftragte für
ner viel grösseren Nutzerschaft erfreuen,       tische Erzählform.                                Wirtschaftsjournalismus an der Universität
trägt unter anderem dazu bei, dass 360°-Vi-                                                       St.Gallen.
deos heute noch viel stärker genutzt werden     Neben den Kernerzählpotentialen der
als VR. Im Browser findet die Navigation        Formate ist dies auch der Grund, weshalb
mit der Maus oder dem Finger statt bzw.         wir nicht kurzlebige News, sondern vor
können mobile Geräte einfach in die ge-         allem mittellange Hintergrundgeschichten
wünschte Richtung bewegt werden.                in 360° erleben können.

                                                                                                                              07 alma 3 / 2018
Alma - MEDIEN X.0 - Alexandria (UniSG)
Dossier

Von Hofberichterstattern zu schwarzen Listen

US-Präsidenten und die Medien
im Wandel der Zeit

       John F. Kennedy, 1960, an einem Wahlkampagnen-Auftritt.                                                          (FDR Presidential Library)

«Wir können nichts mehr glauben, was                hen über den Geburtstag seiner Frau freuen     wichtiges Sprachrohr für Amerikas revolu-
wir in einer Zeitung lesen. Die Wahr-               konnte. Gerade weil man heute kaum jeman-      tionäre Kräfte, baute der Präsidentschafts-
heit selbst wird verdächtig, wenn sie               den wie Thomas Jefferson, den dritten Präsi-   kandidat später auf sein eigenes Blatt, den
in diese vergiftete Maschine gerät.»                denten der USA und Hauptverfasser der Un-      National Intelligencer (1800-1870), das ihm
                                                    abhängigkeitserklärung, hinter diesen Zeilen   Kontrolle über Botschaft und Ton erlaubte:
Claudia Franziska Brühwiler                         vermuten würde, belegen sie eindrücklich,      «Unsere Regierungen beruhen auf der Mei-
                                                    dass das Verhältnis zwischen Medien und        nung des Volkes; unser oberstes Ziel muss
Wären die Worte etwas markiger gewählt und          US-Präsidenten nicht immer leicht war. Von     es demnach sein, diese auf richtige Grund-
mit allerlei interessanten Satzzeichen verse-       Zweckehen, Hasslieben, Komplizenschaft         lagen zu stellen.» Die politische Gegenseite
hen, verfielen wir leicht darauf, hinter diesen     und offenem Krieg – das Beziehungsreper-       war derselben Ansicht, erachtete jedoch
den jetzigen Bewohner des Weissen Hauses            toire wird ausgeschöpft.                       andere Grundlagen als die richtigen. Präsi-
zu vermuten. Doch der zitierte Medienkriti-                                                        diale Einflussnahme auf die Presse war im
ker regierte einiges früher, bevor Minister per     Thomas Jefferson beispielsweise pflegte        19. Jahrhundert eher Norm denn Ausnahme,
digitalem Gezwitscher entlassen werden und          ein besonders volatiles Verhältnis zum ge-     doch zusehends reklamierten Zeitungen ih-
sich der «first citizen», der oberste Bürger des    druckten Wort, zumal wenn er nicht direkten    re Unabhängigkeit und setzten sich ab von
Landes, im konservativen Frühstücksfernse-          Zugriff darauf hatte. Waren Zeitungen ein      Parteiblättern.

08 alma 3 / 2018
Dossier

Das Spiel auf der medialen Klaviatur                  Für Roosevelts Nachfolger wurde der Tanz        Nachrichtensender oder in der Echokammer
perfektionieren                                       mit den Medien nochmals schwieriger, da         Internet immer wieder zu durchleben, wie
Mit dem Typus des investigativen Journalis-           zusehends mehr Kanäle bedient werden            dies mit der Jahrtausendwende zum Alltag
ten verkomplizierte sich das Verhältnis zwi-          mussten und mit der Verbreitung des Fernse-     geworden ist. Das präsidiale Spiel mit den
schen Exekutive und der vierten Gewalt zu-            hens eine Unmittelbarkeit erzeugt wurde, die    Medien ist vom zeitweise vertrauten Pas de
sehends. So zeigte sich ein Theodore Roo-             immer weniger Schwächen erlaubten. Konn-        deux zum Dauerzehnkampf ausgeartet, in
sevelt zwar als versierter Politdarsteller, der       te Dwight Eisenhower während Pressekon-         dem nicht nur Präsidenten zur Fairness zu
sich zu inszenieren und zu vermarkten                 ferenzen zulassen, dass ihm Mitarbeitende       ermahnen sind. Wie im 19. Jahrhundert der
wusste. Gleichzeitig ärgerte er sich ebenso           helfend Informationen und Korrekturen ein-      Amerika-Reisende Alexis de Tocqueville be-
über jene «muckraker», die im politischen             flüsterten, bedurfte die Inszenierung eines     merkte: «Ein Volk, das seine Freiheit wahren
Morast nach der nächsten Schlagzeile gru-             John F. Kennedys einer neuen Auftrittskom-      möchte, hat das Recht auf die Unabhängig-
ben. Wer als Präsident reüssieren und den             petenz. Selbst der charismatische Kennedy       keit der Presse zu beharren, darauf zu beste-
erleichterten Zugang zu den Wählern (und              tat sich jedoch phasenweise schwer mit der      hen, dass diese Unbhängigkeit ein Hauptbe-
bald auch den Wählerinnen) nutzen wollte,             Presse, besonders als diese ihr Argusauge auf   standteil der Freiheit ist.»
so die Einsicht unter Präsidentschaftsanwär-          die Pleite in der Schweinebucht richtete und
tern zu Beginn des 20. Jahrhunderts, kam              auch vertrauliche Dokumente publik machte.      * Claudia Franziska Brühwiler ist Privatdozentin
nicht umhin, das Spiel auf der medialen Kla-          Mit derlei und – selbst verschuldet – Schlim-   für Amerikanistik an der Universität St.Gallen.
viatur zu perfektionieren – und damit auch            merem plagte sich später Richard Nixon, der
jenes mit den Journalisten. Franklin Delano           sich von den Medien verfolgt, missverstanden
Roosevelt beherrschte beides wie kein zwei-           und fertiggemacht fühlte, was ihn so weit
ter: Einerseits erreichte er die amerikanische        brachte, eine schwarze Liste ihm unliebsamer
Bevölkerung über seine «Kamingespräche»               Journalisten anzulegen und auf seine vorgeb-
am Radio, durch die eine bis anhin unbe-              lichen Peiniger verbal einzudreschen. Die
kannte Nähe zum Präsidenten entstand; an-             Quittung kam stets prompt.
dererseits traf er Reporter im informellen
Rahmen, platzierte Nachrichten, die er ge-            Vom Pas de deux zum Dauerzehnkampf
druckt sehen wollte – ohne Hinweis auf de-            Immerhin blieb es Nixon erspart, seine
ren präsidiale Quelle.                                Schmach in der Dauerschleife der modernen

                                                                                Das gesamte Dossier
                                                                                jetzt im HSG Focus

                                                              2/2018            Das gesamte Dossier zum Thema
                                                                                jetzt im HSG Focus, dem digitalen
                                                                                Magazin der Universität St.Gallen.
                                                                                Download als App für Tablets und
                                                                                Smartphones. Lesen Sie HSG Focus
                                                                                online: www.magazin.hsgfocus.ch
                           nächste Ausgabe

                  Panorama | Menschen | Forschung | Studium | Alumni
                                                                                                         www.hsgfocus.ch

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Start-up

Kommunikation und Verständnis vereinfacht

Zense: Komplexe Inhalte
bewältigen und kommunizieren
Mit einem gewissen «Irrsinn», der            International Affairs und den Master in Stra-    zum Concept Artist an der renom­mierten FZD
Ordnung in das «Chaos» eines Unter-          tegie und International Management (SIM)         School of Design in Singapur ausbilden lassen.
nehmens bringt, starteten die drei           erfolgreich abgeschlossen. Für die HSG ent-      Bei ihm war vor allem der Gedanke, einmal
Gründer Andri Hinnen, Christof Gäh-          schieden habe er sich aus dem Bauch heraus.      das Familienunternehmen zu führen, aus-
wiler und Yves Erne mit Zense. Und es        «Vermutlich hat die Angst, dass sonst nichts     schlaggebend für seine Wahl, an der HSG zu
funktioniert – mit ihren Kampagnen           aus mir wird, aber schon eine Rolle gespielt»,   studieren. Auch wenn er sich letztlich doch für
und Beratungsprojekten helfen sie            sagt er. Anfangs war Hinnen nicht sehr glück-    etwas ganz Eigenes entschieden hat. Ihm ge-
Organisationen, komplexe Inhalte wie         lich an der HSG, denn die riesigen BWL-          fiel der Master in St.Gallen ebenfalls viel bes-
Strategien, Change-Projekte oder wis-        Veranstaltungen, das – aus seiner Sicht –        ser – vor allem die praxisbezogenen Kontext-
senschaftliche Studien an die Frau und       «endlose Bulletpoint-Auswendig-Gelerne»          kurse seien grossartig gewesen. «Zum Glück
den Mann zu bringen.                         und der Studenten-Mix haben ihn damals           ist die HSG mehr als nur eine Erinnerung für
                                             «in eine Krise gestürzt». Als er mit Yves Erne   uns, da wir ja immer wieder Projekte für die
Katja Tinner                                 zusammenzog, änderte sich jedoch alles zum       Uni machen und Andri auch noch als Dozent
                                             Guten – «im Master wurde es dann richtig         tätig ist», sind die beiden sich einig.
Trockene und komplexe Inhalte für Kunden     cool», schwärmt Hinnen. Seine Begeisterung
und Mitarbeitende zu «übersetzen», ist für   für Kreativität, Kultur und insbesondere         Christof Gähwiler, Chefgestalter bei Zense,
die meisten Unternehmen eine grosse Her-     Filme liessen sich im SIM mit der internati-     studierte nicht an der HSG. Er entschied sich
ausforderung. Die Zense GmbH schafft mit     onalen Gruppe gut kombinieren.                   für eine Kunsthochschule, empfindet jedoch
ihren Filmen, Illustrationen, Spielen und                                                     die Atmosphäre auf dem Rosenberg als «sehr
Workshops Abhilfe und vereinfacht damit      Auch Yves Erne, der sich um die Zense-           interessant»: «Da weht ein Wind der Weis-
Kommunikation und Verständnis.               Geschäftsführung kümmert, hat Betriebs­          heit». Als er das erste Mal durch die altehr-
                                             wirtschaft mit Vertiefung Marketing an der       würdigen Betonhallen der HSG schritt, hät-
«Wind der Weisheit»                          Universität St.Gallen studiert und sich später   ten seine «Weisheitszahnnarben richtig ge-
Andri Hinnen, zuständig für die Weiterent-                                                    pocht», erzählt er schmunzelnd.
wicklung von Zense, hat den Bachelor in

                                                                                                                   Die Zense-«Maschine»

10 alma 3 / 2018
Start-up

Die Welt neu sehen
Der Drang zur Selbstständigkeit war bei allen
dreien bereits früh vorhanden. Am meisten
gereizt habe sie der Freiheitsgrad, den eine
eigene Firma ermöglicht, das sei «unbezahl-
bar». Das Denken in Modellen, Frames und
Metaphern, das an der Uni gelernt wurde, sei
dafür sehr wertvoll – «die HSG hat uns sehr
gut geschult», so Erne. «Die Welt immer wie-
der neu zu sehen und mit einem ständig
wachsenden Brillenkasten neu zu denken ist
enorm wichtig.» Hinnen stimmt dem zu:
«Dass wir an der HSG gelernt haben richtig
aufzutreten und die intellektuelle Neugier nie
aufzugeben, kam uns zugute.»

Komplex einfach – einfach komplex
Andri Hinnen, der nach seinem Studium und
der Fertigstellung des Kinodokumentarfilms              Die drei Zense-Gründer Andri Hinnen (oben, zweiter von rechts), Christof Gähwiler
«Unter Wasser Atmen» für kurze Zeit für ei-             (oben, dritter von rechts) und Yves Erne (unten, erster von links) mit ihrem Team.
ne Reality-TV-Firma tätig war, ging es «total
auf die Nerven, dass alles immer auf den
sogenannten DAZ (der dümmste anzuneh-             die Produktion diverser Medien. Beispiels-          uns geleakt, was eine Riesenstory im Blick ge-
mende Zuschauer) zugeschnitten werden             weise hat Zense für die Zürcher Kantonal-           nerierte», blicken sie zurück. «Im Nachhinein
musste». Und so war die Idee geboren, eine        bank kürzlich eine erfolgreiche Strategie-          war es zwar disruptiv, aber auch positiv, da
Firma zu gründen, die komplexe Inhalte so         Quiz-App entwickelt. Zum anderen bietet             selten eine Strategie emotionaler und breitflä-
kommuniziert, dass noch etwas von der             Zense Lehr- und Erklärungsfilme für Inhalte         chiger diskutiert wurde. Und genau das ist ja
Komplexität übrig bleibt. Einer der ersten        aller Art an. Nebst Workshops, Events, Info-        das Ziel.» Eine der sehr positiven Erfahrungen
Aufträge war eine grosse Strategie-Kampa-         grafiken und Games bewegen sie sich auch            sei das Sachbuch «Reframe it» gewesen,
gne für die Neue Aargauer Bank. Aus einem         vermehrt im kulturellen Bereich, «letztes Jahr      das von Andri Hinnen und seinem Bruder
trockenen Powerpoint-Deck wurde eine              haben wir eine Drehbuchförderung für einen          geschrieben, von Zense gestaltet und durch-
«feuchtfröhliche Insellandschaft» gemalt,         Spielfilm bekommen, da geht es jetzt an die         gehend positiv besprochen wurde.*
inklusive Filmen und Events. Ein weiterer         Vorproduktion», freut sich Gähwiler.
früher Auftrag sei der Animationsfilm für                                                             Mit dem Ausbau der Beratungsleistungen,
die HSG gewesen, aus dem dann die «Little         «Reframe it»                                        der Vertiefung als Animationsstudio und der
Green Bags» wurden. «Wir freuen uns bis           Das Schwierigste am Unternehmertum sei              Entwicklung einer interaktiven, sozialen
heute über die erfolgreiche Videoserie, die       bis heute das Organisieren des Teams. «Fra-         E-Learningplattform bewegt sich die Zense
über zwei Millionen Hits auf Youtube hat»,        gen wie: Sind alle glücklich mit ihrer Arbeit?      GmbH in kleinen Schritten vorwärts, ohne
strahlen die drei Gründer.                        Gibt es Engpässe? Sprechen wir über die             das Hier und Jetzt und die Aufträge aus den
                                                  richtigen und wichtigen Dinge? werden uns           Augen zu lassen. Nicht zu wissen, was sie
Zutaten, die gefehlt haben                        wohl immer beschäftigen», sagt Erne. Besser         übernächsten Monat machen, sei zwar das
Ihrer Grundidee sind sie treu geblieben: «Sinn,   als erwartet lief und läuft bei Zense die Ak-       Spannendste und Schlimmste zugleich, das
Sinnlichkeit und die nötige Portion Irrsinn in    quise. «Wir machen ziemlich wenig Marke-            «Gründersein» gefällt den drei aber trotz-
einem Unternehmen zu wecken». Dies seien          ting und dennoch kommen die Leute meis-             dem: «Es mag wie ein Klischee klingen, aber
wichtige Zutaten, um mit dem Chaos und der        tens auf uns zu», sagen Hinnen und Gäh-             es ist halt schon toll, das Büro so einzurichten,
Komplexität in und um Organisationen um-          wiler. «Und sie kommen auch meistens                wie wir es cool finden, oder mittags Micro
zugehen. «Es sind Zutaten, deren Kultivierung     wieder zurück, was uns sehr freut.» Mit ihren       Machines auf dem Nintendo zu spielen.»,
uns – auch der HSG – immer gefehlt haben»,        12 Mitarbeitenden und einem jährlichen Um-          grinsen sie.
sagt Erne. «Konkret helfen wir vor allem Mit-     satz von 1 bis 2 Millionen ist Zense kein klas-
arbeitenden Inhalte neu und anders zu sehen       sisches Start-up, das «das Hockeystick-             zense.ch
und mit Geschichten, Metaphern und Bildern        Wachstum» anstrebt. «Wir sind eine Profes-
anders zu gestalten.»                             sional Services-Firma, die aber schon zum           * Das Buch «Reframe it» findest du auf unserer
                                                  Ziel hat zu wachsen. Mit zusätzlichem Auf-          Bücherseite, auf Seite 33.
Momentan hat Zense zwei Blockbuster-              tragsvolumen natürlich», sagen die drei.
Produkte/Services. Zum einen ist dies die
mediale, kampagnenhafte Begleitung von            Mit den Medien haben sie sowohl gute wie            Dieses und weitere interessante Start-ups
Strategie- oder Change-Prozessen – dies be-       auch schlechte Erfahrungen gemacht. «Einmal         findest du unter: hsgalumni.ch/startup.
inhaltet die Ausgestaltung der Inhalte und        hat ein SWISS-Pilot einen Strategie-Film von

                                                                                                                                      11 alma 3 / 2018
Wissen & Karriere

Rückblick Karriere-Event «Mein Ziel: Chief Strategy Officer»

Mit Kopf und Herz dabei
Wie werde ich Chief Strategy Officer?                                                             Strategieentwickler sollte man nicht nur von
Dies war die abendbestimmende Frage                                                               YouTube-Videos wissen, woher die Milch
des zwölften «Mein Ziel»-Events von                                                               kommt. Man sollte die Kuh auch einmal sel-
HSG Alumni. Direkt im Herzen des                                                                  ber melken.»
«Finanzplatz Schweiz» – am Parade-
platz in Zürich – diskutierten erfolg-                                        Jürgen Rogg,        Mit Empathie, Herzlichkeit und
                                                                              Partner & Mana-
reiche Chefstrategen mit 140 Alumni                                                               Freude zum Erfolg
                                                                              ging Director
über den CSO der Zukunft.                                                     der BCG, führte
                                                                                                  Zum Abschluss liess Rogg die Referenten
                                                                              als Moderator       nochmals die wichtigsten Eigenschaften,
Fiammetta Kym                                                                 durch das Event.    über die ein CSO verfügen sollte, zusammen-
                                                                                                  fassen. Die Referenten erschufen dabei ein
Auf die Frage, welche Assoziation die Begrif-   klärte, dass Neugierde und Mut den CSO der        Bild eines einerseits vom Hunger auf Erfolg
fe Hunde, Sterne, Fragezeichen und Kühe         Zukunft auszeichnen sollte. Jedoch betonte        getriebenen Chefstrategen, der es aber
hervorrufen würden, ging ein Gemurmel           Messerer, dass dies stets auch mit Beschei-       gleichzeitig versteht, die Menschen in seinem
durch die Reihen der anwesenden Alumni.         denheit und Bodenständigkeit gepaart sein         Unternehmen mit Mut, viel Empathie und
Die altbekannte Matrix der Boston Consul-       sollte. Nebst der geistigen Schärfe sei beson-    Herzlichkeit zu motivieren. Wichtiger als die
ting Group war allen ein Begriff. Der Gast-     ders die Fähigkeit Dialoge herzustellen von       Persönlichkeitsstärke sei – waren sich die Re-
geber und Moderator des Abends Jürgen           zentraler Bedeutung. Fischer ergänzte aus-        ferenten einig – die Freude und Neugierde
Rogg (Partner und Managing Director von         serdem: «Für Chefstrategen sind Querden-          an neuen und vielfältigen Themen. Fazit des
BCG) sprach in seinem Inputreferat über den     ken, Kreativität und Unabhängigkeit ent-          Abends war somit: Ein Chief Strategy Officer
digitalisierungsgetriebenen Wandel der Welt     scheidende Erfolgsfaktoren.» Mellenberger         zeichnet sich als Diplomat und Brückenbau-
sowie über die damit einhergehenden Her-        betonte, dass besonders Agilität und die          er aus und muss stets mit dem Kopf und dem
ausforderungen in der Strategieentwicklung.     Fähigkeit in verschiedenen Disziplinen zu         Herzen dabei sein.
Ausserdem motivierte er die Zuhörer damit,      denken, zum Erfolg verhelfen würden.
dass die Position CSO jedem offen stehe und
es nicht den einen richtigen Weg gebe.          «Man sollte die Kuh auch
                                                einmal selber melken»
«Querdenken»                                    Die erste Frage eines Gastes, ob ein Strate-
Im Anschluss sprachen die Referenten über       giemanager auch stets ein Kulturmanager sei,
ihre persönlichen Erfahrungen und die Er-       konnte von den Referenten bejaht werden.
folgsfaktoren auf dem Weg zum CSO. Cor-         «Einen Plan zu haben, ist schön und gut. Aber
nelia Mellenberger (Leiterin Unternehmens-      besonders wichtig ist es, die Menschen zu
entwicklung Konzern bei der SBB) betonte        motivieren. Dies bedarf einer Vision und
dabei, dass in ihrer Karriere unter anderem     Emotionen», erklärte Tschopp. Die verschie-       Engagiere dich als MentorIn
das Kennenlernen vieler verschiedener Un-       denen Ebenen nicht nur horizontal, sondern        Stehst du gerne jungen Talenten mit Rat und
ternehmen und Bereiche entscheidend ge-         auch vertikal zu verbinden, sei in der heuti-     Tat, Erfahrung und Wissen zur Seite? Schätzt
wesen seien. Das Sammeln unterschiedlichs-      gen Zeit essentiell, bekräftigte auch Messerer.   du den Gedankenaustausch mit engagierten
ter Erfahrungen sei auch bei ihm, so Peter      «Die Strategie ist Teil der Kultur. Sie muss      Studierenden? Melde dich jetzt an für
Fischer (bis Ende 2017 Head of Strategy von     lebendig und für die Menschen fühlbar sein.       die 17. Durchführung des Mentoring-
EFG International), ein essentieller Baustein   Daher muss ein Strategy Officer auch die Zu-      Programms der Universität St.Gallen und
auf dem Karriereweg gewesen.                    sammenhänge sehen und Brücken bauen               HSG Alumni und begleite als MentorIn eine
                                                können», so Fischer.                              Studentin bzw. einen Studenten individuell
Auf die Frage, was einen guten CSO in Zu-                                                         während zwei Jahren.
kunft ausmachen werde, hielt Martin Tschopp     Eine weitere Frage aus dem Publikum betraf
(Head Corporate Development bei der Hel-        das Generalistentum und inwiefern Genera-         Weitere Informationen sowie den Link zur
vetia Gruppe) fest: «Ein CSO sollte die Aspi-   listen in der Welt der Strategieentwickler ge-    Anmeldung findest du unter:
ration haben, etwas zu verändern. Er sollte     fragt seien. Die Referenten waren sich einig,     www.mentoring.unisg.ch.
motiviert, neugierig und von Herausforde-       dass breite Erfahrungen in unterschiedlichen
rungen getrieben sein. Einem CSO sollte es      Disziplinen im Bereich der Strategie enorme       Anmeldeschluss ist der 9. September 2018.
Spass machen, die «Comfort Zone» zu ver-        Vorteile mit sich bringen. Tschopp: «Es ist       Bei Fragen steht dir das Mentoring-Team
lassen – auch wenn dies kalt, windig und un-    wichtig, dass man als Strategy Officer bereit     unter 071 224 75 30 und
angenehm ist.» Auch Dr. Markus Messerer         ist, im Wind zu stehen. Man muss sich auch        mentoring@unisg.ch gerne zur Verfügung.
(Head of Corporate Strategy, Swisscom) er-      einmal die Hände schmutzig machen. Als

12 alma 3 / 2018
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