Einsamkeit in Zeiten der Coronakrise - Warum sie besser als ihr Ruf ist - des VBE Rheinland-Pfalz
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Rheinland-pfälzische Schule 05/2020 Zeitschrift des Verbandes Bildung und Erziehung Rheinland-Pfalz 04.05.2020 / 71. Jahrgang Mehr Gerechtigkeit wa(a)gen. Damit Lehrer nicht sitzen bleiben. Einsamkeit in Zeiten der Coronakrise – Warum sie besser als ihr Ruf ist > Junger VBE: Rund um den Mutterschutz > Thomas Nast: Mit spitzer Feder gegen den Rassismus
Mitgliederservice Inhalt Editorial Leitartikel 3 Magazin 4 Rheinland-Pfalz: Aktuell 6 „Wir machen’s [uns] einfach“ In memoriam 7 Thema 8 Aus der Praxis Junger VBE 12 14 Hygieneplan Recht 17 für Schulen: Personalräte & Co. 19 zu vage, zu wenig, zu eilig Infos & Technik 21 Der hastig zusammengeschusterte Hygieneplan sieht Wir gratulieren 23 ausschließlich Schulträger, Lehrkräfte und Schulleitungen für die Umsetzung der Hygienemaßnahmen in der Verant- Infos & Technik 23 wortung. Die Heterogenität der Schulen in Rhein- Außer der Reihe 24 land-Pfalz diktierte ein hygienisches Korsett, einen kleins- ten gemeinsamen Nenner, der nur mit einem gehörigen Digitale Bildung 27 Schuss Gottvertrauen als Lösung angesehen werden Literatur für Lehrer/-innen 29 kann. Fast überall fragende Blicke, ungläubiges Kopf- schütteln. Regeln für die Pausen, Aufsicht und Wegefüh- Zum Schluss ... 30 rung muten realitätsfern an und werden Schulprakti- IMPRESSUM ker(inne)n immense Mehrbelastungen bescheren. Das Land aber spielt Uhrmacher, die Schulen werden nur ein- 4. Mai 2020, 71. Jahrgang mal aufgezogen, dann sollen sie von selbst laufen. Herausgeber: Verband Bildung und Erziehung (VBE), Landes- verband Rheinland-Pfalz, Adam-Karrillon-Str. 62, 55118 Mainz, Der Dienstherr stellt einmalig eine waschbare Alltagsmas- Telefon: 0 61 31-61 64 22, Telefax: 61 64 25, info@vbe-rp.de ke für jede/-n Schüler/-in im Präsenzunterricht, einen Redaktion: Elisa Engert ele (Chefin vom Dienst), e.engert@ Notbestand an Einwegmasken für jede Schule und 70.000 vbe-rp.de, Dr. Markus Bachen mb (Veranstaltungen/Regio- nales), m.bachen@vbe-rp.de, Frank Handstein fh (Reportage/ Liter Handdesinfektionsmittel. Das sind im Mittel ca. 47 Recht), f.handstein@vbe-rp.de, Marlies Kulpe mkl (Bildungs- Liter pro Schule. Als Corona zur Pandemie erklärt wurde, politik/Rubriken), m.kulpe@vbe-rp.de, Johannes Müller jm erhöhte sich der tägliche Bedarf an Desinfektionsmittel an (Personalräte/Recht), j.mueller@vbe-rp.de, Klaus Schmidt kfs (Reportage/Berufspolitik/Zum Schluss), k.schmidt@vbe-rp.de einer mittelgroßen Realschule plus aber auf drei Liter pro Tag – und das allein innerhalb der Toilettenanlagen. Bei Verlag: VBE Bildungs-Service GmbH, Adam-Karrillon-Str. 62, 55118 Mainz nun noch ca. 150 Schüler(inne)n im Präsenzunterricht ei- ner solchen Schule entspricht das einem Tagesverbrauch Fotos/Grafik: Fotostudio Roeder: Titel, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12, von ca. einem Liter. Mit etwas Glück könnte also der Vor- 13, 17, Harper’s Weekly: 24, 25, 26, Christoph Illigens (Illustra- tion): 28, Neckar-Verlag: 29, VBE-Archiv: Rückseite. rat an Desinfektionsmittel bis zum Ende des Schuljahres reichen, ebenso die Notration Einwegmasken für Masken- Die RpS erscheint zehnmal im Jahr. Für VBE-Mitglieder ist der Be- zugspreis durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Nichtmitglieder vergesser/-innen. bestellen beim Verlag zum Preis von 4,80 Euro vierteljährlich ein- schließlich Vermittlungsgebühren. Nur leider wird am Ende des Schuljahres absehbar nicht Redaktionsschluss: 20.05.2020 für Heft 6/7-2020 auch gleichzeitig das Ende der Pandemie gekommen sein. Da das Land keine weitere Versorgung stemmen will und Den Inhalt namentlich gezeichneter Artikel verantworten deren Verfasser. Nachdruck ist nur mit Zustimmung der Redaktion die Schulträger allein in der Pflicht sieht, werden diese und Quellenangabe zulässig. Für unverlangt eingesandte Ma- sich auf einem immer leerer werdenden Markt um alles nuskripte besteht keine Gewähr. streiten, was nicht bei drei schon verdunstet ist. Gesamtherstellung, Anzeigenverwaltung: Wilke Mediengrup- pe GmbH, Oberallener Weg 1, 59069 Hamm, E-Mail: info@ Ihre RpS-Redaktion wilke-mediengruppe.de ISSN: 1869 3717 Die nächste RpS erscheint am 8. Juni 2020. 2 Rheinland-pfälzische Schule 05/2020
Hygiene an Schulen? Leitartikel Schon lange vor Corona ein wichtiges Thema! Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) – erlassen im Jahr 2000 Ein Gebot der Stunde ist es nun, die sanitären – scheint in den Schulen auch zu jenen Gesetzen zu ge- Mängel an vielen Schulen – die auch vor Coro- hören, deren Umsetzung in den zurückliegenden Jahren na bereits unerträglich waren – endlich zu be- eher eine Nebensache war. Dabei müssten doch alle Per- heben. Der Sicherung der Schulhygiene muss sonen, die in Schulen oder Kindertagesstätten regelmä- endlich der Stellenwert eingeräumt werden, ßige Tätigkeiten ausüben und somit Kontakt zu den dort der ihr schon immer hätte zukommen müssen. Betreuten haben, sowohl vor Aufnahme ihrer Tätigkeit als Die Schulträger müssen zur Not durch das Mi- auch in der Folge mindestens im Zweijahresrhythmus nisterium in die Pflicht genommen werden, durch die Dienststellenleitung über die Einhaltung der umgehend für die erforderlichen hygienischen Vorgaben des IfSG belehrt werden. Diese Belehrung Grundbedingungen zu sorgen, damit zumin- müsste zudem protokollarisch festgehalten werden! dest unter diesem Aspekt ein größtmöglicher Gesundheitsschutz bei der Öffnung der Schu- Die zwingende Vorgabe des Infektionsschutzgesetzes der len gegeben ist. Wir sind der Auffassung, dass Erstellung eigener, individueller Hygienepläne für Schu- finanzschwachen Kommunen hierfür auch len und Kindertagesstätten, in denen innerbetriebliche durch die zuständigen Stellen die erforderli- Sabine Mages Vorgaben zur Einhaltung der Hygiene festgelegt werden, chen finanziellen Hilfen angeboten werden sol- wurde vor einigen Jahren seitens der Schulaufsicht einge- len. Auch die Gesundheitsämter sind gefor- fordert. Nach unserer Kenntnis befinden sich diese aber dert, die Schulen in diesen berechtigten Anliegen zu un- an viel zu vielen Schulen eher im dauerhaften Dornrös- terstützen. chenschlaf, als dass diese auch tatsächlich zu einer deut- lichen Verbesserung der Schulhygiene geführt hätten. Der VBE Rheinland-Pfalz hält die angekündigte Maßnah- me der Landesregierung, Schulen noch vor den schritt- Eine Unzahl von Schulen befindet sich in einem desola- weisen Schulöffnungen konkrete Hygienepläne zur Verfü- ten baulichen Zustand. Stinkende Toilettenanlagen oder gung zu stellen und sie mit Informationen zur Gewähr- auch Schimmelbefall sind dort keine Seltenheit. In Klas- leistung des Gesundheitsschutzes zu versorgen, für eine sensälen fehlen Waschbecken, vielerorts ist nur kaltes grundsätzlich wichtige und richtige Unterstützung. Wasser verfügbar. Seifen- und Papierhandtuchspender? Fehlanzeige! Desinfektionsmittel zur Flächen- und Hän- Dabei muss aber klar sein: dedesinfektion? Nicht verfügbar! Mundschutz und Hand- > Sollten Hygienestandards nicht eingehalten werden schuhe in Zeiten von Corona? Mangelware! können, kann auch im Einzelfall keine Präsenzbe- schulung erfolgen. Nur ein Beispiel: Die Reinigungskräfte werden seit vielen > Wenn der Lehrkräftemangel eine Präsenzbeschulung Jahren durch enge Zeitvorgaben so geknebelt, dass sie von Gruppen mit höchstens 15 Kindern (je nach der gründlichen Reinigung der Schulgebäude gar nicht so Raumgröße aufgrund des Abstandsgebots auch klei- gerecht werden können, wie sie es selbst gerne würden. nere Gruppen) an einem Standort nicht zulässt, müs- Eine Grundreinigung – ein- bis zweimal jährlich angesetzt sen alternative Möglichkeiten in Erwägung gezogen – ersetzt nicht eine kontinuierliche gründliche Feuchtrei- werden. Zusammenlegen von Gruppen – wie zuvor als nigung der Klassensäle. Nicht wenige Schulträger haben Maßnahme allerorts üblich – ist nicht mehr denkbar! Reinigungsaufgaben an externe Billiganbieter vergeben und zugleich Reinigungsaufgaben Lehrkräften und Schü- Der VBE wird die schrittweise Öffnung der Schulen sorg- lern als vermeintlichen Erziehungsauftrag übertragen. fältig beobachten und Ihnen als starker Partner bei Ihren Der VBE beklagt dies – nicht erst jetzt – als einen untrag- Fragen und Sorgen weiterhin zur Seite stehen. baren Zustand. Sabine Mages stellv. Landesvorsitzende Rheinland-pfälzische Schule 05/2020 3
Chancengleichheit und Wiedereröffnung: Schul-Debatten in Coronazeiten Magazin Eine neue Studie zeigt: Die Coronakrise bringt auch in - darunter 655 Schulleiter - befragt. Wo es nicht gut lau- Deutschland die Bildungsgerechtigkeit in Gefahr. Eine fe, müsse es nach der Wiedereröffnung der Schulen in- flächendeckende Wiedereröffnung der Bildungseinrich- tensive Kompensationsbemühungen geben, forderte tungen nach Ostern halten Experten unterdessen für un- Huber. „Sonst drohen Teile der Schülerschaft abgehängt wahrscheinlich und wenig sinnvoll. Im „Schul-Barome- zu werden.“ ter“, das am Freitag vom Institut für Bildungsmanage- ment und Bildungsökonomie der Pädagogischen Die Untersuchung ergab, dass die Kinder und Jugendli- Hochschule Zug in der Schweiz veröffentlicht wurde, chen nach der Schließung der Schulen deutlich weniger zeigt sich, dass sich die unterschiedliche Qualität von Zeit mit schulischen Belangen verbringen als unter nor- Schulen in Krisensituationen deutlicher auswirkt. „Be- malen Umständen. Nur knapp ein Drittel arbeitet dem- reits vorhandene Unterschiede vergrößern sich. Bessere nach 25 Stunden und länger pro Woche für die Schule. Schulen kommen mit der Krise besser zurecht“, sagte Ein Drittel beschäftige sich dagegen nur 15 Stunden und Instituts- und Studienleiter Stephan Huber. Neben weniger mit den Schulthemen. „Diese Gruppe macht uns Deutschland wurden auch Österreich und die Schweiz in Sorgen, insbesondere die 18 Prozent mit weniger als den Blick genommen. neun Stunden Lern- und Arbeitszeit in der Woche“, sag- te Huber. Viele Schulleiter räumten in dem Schul-Baro- Insgesamt werde die Belastung als „sehr hoch“ empfun- meter eine schlechte technische Ausstattung für den den, betonte Huber. „Allerdings gehen die einzelnen Fernunterricht über das Internet ein. Gruppen sehr unterschiedlich mit der Situation um. Die Schere geht weit auseinander.“ Im Rahmen der Studie dpa/RED wurden mehr als 7000 Menschen aus dem Schulbetrieb Welche Rolle spielen Kinder bei der Ausbreitung des Coronavirus? Erste Datenanalysen weisen darauf hin, dass Kinder we- Teilnehmern verhängt, Schulen und Kindergärten blie- niger vom Coronavirus Sars-CoV-2 betroffen sind als Er- ben aber mit Einschränkungen weitgehend geöffnet. wachsene. Forscher um Kári Stefánsson vom isländi- schen Unternehmen deCODE Genetics in Reykjavik hat- Zuvor hatten bereits andere Analysen auf eine ver- ten bei bevölkerungsbezogenen Tests rund 13 000 gleichsweise geringe Beteiligung von Kindern am Infek- Personen untersucht. Dabei waren 0,6 Prozent der Frau- tionsgeschehen hingewiesen. Unter den erfassten Co- en und 0,9 Prozent der Männer infiziert. Bei Kindern un- vid-19-Fällen hätten Kinder nur einen sehr kleinen An- ter 10 Jahren gab es keinen einzigen positiven Befund, teil, heißt es von der EU-Gesundheitsbehörde ECDC. Nur bei Menschen ab 10 Jahren waren es 0,8 Prozent, wie es rund ein Prozent der Fälle seien bei Kindern unter 10 Jah- im Fachjournal „New England Journal of Medicine“ heißt. ren erfasst, vier Prozent bei 10- bis 19-Jährigen. Kinder Island hatte gegen die Ausbreitung des Virus Maßnah- scheinen genauso wahrscheinlich infiziert zu werden men wie das Verbot von Versammlungen mit mehr als 20 wie Erwachsene, haben aber ein wesentlich geringeres Risiko als Erwachsene, Symptome zu entwickeln oder ernsthaft zu erkranken. Unsicherheiten gebe es derzeit noch bei der Beurteilung, in welchem Ausmaß infizierte Kinder mit kaum oder keinen Symptomen andere Men- schen anstecken können. Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte es in einem Vergleich von Covid-19 und Influenza im März ge- heißen, dass Kinder bei der Corona-Pandemie anders als bei der Grippe wohl keine bedeutsamen Treiber für Übertragungen seien. Erste Auswertungen hätten ge- zeigt, dass Kinder weniger betroffen sind als Erwachse- ne und nur selten deutliche Symptome entwickeln. Vor- läufige Daten ließen zudem annehmen, dass Kinder sich vor allem bei Erwachsenen anstecken. Zudem stecken sich Erwachsene demnach möglicherweise kaum bei Kindern an. dpa/RED 4 Rheinland-pfälzische Schule 05/2020
Dafür sorgen, dass das Leben weitergeht Magazin Rubrik Er habe keine Berührungsängste, sagt Thomas Löbl – Sie habe keine Angst, sei aber verunsichert bei dem Ge- fügt aber gleich hinzu, dass er kaum Kontakt zu seinen danken, was passiere, wenn sie selbst infiziert werde, Fahrgästen hat. Also alles wie immer für den Stadtbahn- sagt die 44-Jährige. „Es ist ein komisches, ein mulmiges fahrer? Nein, keineswegs, mitten in der Coronavi- Gefühl.“ Zwar sei es wichtig, die Notbetreuung aufrecht- rus-Pandemie hat sich etwas geändert: Die Menschen zuerhalten, aber Gedanken mache sie sich schon: „Oder bedanken sich dafür, dass sie zur Arbeit oder zum Ein- müssen wir in den sauren Apfel beißen und es zum Woh- kaufen gefahren werden. „Das ist schon was wert“, sagt le der Gesellschaft hinnehmen?“, fragt sie mit Blick auf der 58-Jährige. Und es macht ihn stolz: „Man kriegt nun eine Infektion. die Anerkennung, die man die ganzen Jahre nicht be- kommen hat, weil für die Leute alles normal war.“ Löbl, der seit über 34 Jahren bei den Hannoverschen Ver- kehrsbetrieben Üstra arbeitet, gehört zu denen, die trotz Corona-Stillstands dafür sorgen, dass das Leben weitergeht. So wie Ärztinnen und Ärzte, Kranken- schwestern, Pfleger, Kassierer im Supermarkt, Erziehe- rinnen oder Apotheker steht er in vorderster Front derer, die sich gegen das Virus und seine Folgen stemmen. Eine 47 Jahre alte Krankenschwester sagt, nie in 25 Jah- ren Berufsleben sei ihr so eine Wertschätzung entge- gengebracht worden wie derzeit: „Das tut gut.“ Pfleger fordern aber auch statt Beifall vor allem bessere Bezah- lung. Die Verkehrsbetriebe hätten in der Corona-Krise 90 Pro- zent der Fahrgäste eingebüßt, sagt Johannes Gregor, Be- reichsleiter Stadtbahn. Dass Kollegen sich beim Fahrer- wechsel durch eine Traube wartender Menschen wühlen müssten – das gebe es nicht mehr. Es sei leichter, Ab- stand zu halten. Genau das gilt für eine 44-Jährige aus Laatzen bei Han- nover nicht. Sie ist Erzieherin, im Moment zwar freige- stellt, aber nach Ostern in der Notfallbetreuung im Ein- Stadtbahnfahrer Löbl kann – naturgemäß – nicht ins satz. Kontakt zu vermeiden und Abstand zu halten sei im Homeoffice ausweichen – so setzt er zumindest auf Ab- Kindergarten unmöglich, die Erzieher nähmen die Klei- stand. Immerhin fürchtet er nicht um seinen Arbeits- nen beispielsweise in den Arm, um sie zu trösten. Oder platz. Tatsächlich sei nach der Corona-Krise eine perso- Erzieherinnen im Schutzanzug – das sei nicht vorstell- nelle Durststrecke zu erwarten, erklärt Gregor. Denn: bar, die Kinder würden es nicht verstehen. Ohnehin sei Derzeit sei es schwierig, richtig auszubilden und Mitar- keine Schutzkleidung da, auch keine Atemschutzmas- beiter einzustellen. Löbl wiederum fragt sich, ob es nach ken. So stelle sie sich die Frage: „Was wird zum Schutz der Krise bei dem neuen Umgang und mehr Wertschät- der Erzieher getan?“ zung bleiben wird. Aber das „bleibt abzuwarten“. dpa/RED Sind Ihre Mitgliedsdaten noch aktuell? Haben Sie eine Beförderung bekommen? Haben Sie auf eine Teilzeitstelle gewechselt? Sind Sie momentan in Elternzeit – oder in Pension gegangen? Dann denken Sie bitte daran, uns diese Veränderungen mitzuteilen. Denn alle Mitglieder des VBE Rheinland-Pfalz, deren Beschäftigungsumfang bei 75 Prozent oder weniger liegt, profitieren von vergünstigten Mitgliedsbeiträgen. Umgekehrt sind alle, die auf eine volle Stelle oder in eine höhere Besoldungsgruppe gewechselt haben, verpflichtet, den entsprechenden Beitrag zu zahlen. Das ist wichtig, denn: Nur bei korrekter Beitragszahlung haben Sie auch Anspruch auf die Leistungen des VBE Rheinland-Pfalz – allen voran den Versicherungsschutz! Bitte melden Sie Veränderungen Ihres Status oder Ihrer Adresse der Geschäftsstelle des VBE Rheinland-Pfalz per Post (Postfach 4207, 55032 Mainz), E-Mail (verwaltung@vbe-rp.de) oder Telefon (06131 - 61 64 22). Rheinland-pfälzische Schule 05/2020 5
Gemeinsam online Zeit verbringen Aktuell Wer gerade nicht aus dem Haus darf, kann auch online Zeit Auch dazu gibt es im Internet Unterstützung, etwa bei Au- mit Freunde/Freundinnen und Pat(inn)en verbringen. Zum diyoukids. Beispiel über eine Videokonferenz. So kann man am Com- puter die Welt gemeinsam entdecken, kreativ werden und Fotos Spaß haben. Hier ein paar Ideen, was sich so alles unter- Habt ihr ein Handy? Dann habt ihr bestimmt schon Fotos nehmen lässt: damit gemacht und sie anderen geschickt. Macht doch jetzt mal Fotos davon, was ihr die ganze Zeit zu Hause so treibt Lesen, Erzählen, Spielen ohne Unterricht. Oder malt ein Bild zu dem Thema, fotogra- Was macht ihr, wenn ihr euch richtig trefft, aber nicht raus- fiert es und schickt es euch. Wenn ihr Lust habt, können wollt – etwa weil das Wetter schlecht ist? Vielleicht einfach andere sich eure Bilder auch anschauen. Ihr könnt sie im was erzählen oder spielen. Das geht online per Telefon oder Internet veröffentlichen, zum Beispiel beim Knipsclub. Videokonferenz genauso, etwa mit Brett- oder Kartenspie- len wie Uno. Für Ältere gibt es Online-Spiele, die man zu- Filme und Videos sammen spielen kann, zum Beispiel Keep Cool mobil. Als Nächstes könnt ihr euren Bildern das Laufen beibrin- gen. Wie? Einfach indem ihr einen Trickfilm damit macht. Wenn euch gerade nichts einfällt: Lest euch was vor! Hat Das ist einfacher als gedacht. Schaut mal hier bei TricKINO jemand gerade ein Lieblingsbuch? Dann lest es einfach ge- oder Kindersache. Da könnt ihr auch aus einem selbst ge- meinsam weiter und erzählt vorher, was schon passiert ist. schriebenen Theaterstück einen Film machen – ganz ohne Gründet mit anderen zusammen einen Buchclub. Da sucht Schauspieler/-innen. man sich gemeinsam ein Buch aus, liest es für sich oder gleich zusammen und redet darüber. Was fandest du am Ganz einfach drehen lässt sich ein Film direkt mit dem Han- spannendsten? Wer ist deine Lieblingsperson im Buch und dy. Manchmal möchte man einzelne Teile des Films neu zu- warum? Was für Fragen fallen euch noch ein? Zeigt auf Ins- sammenstellen. Das könnt ihr auch bei TricKINO oder Kin- tagram und Facebook, was ihr lest bei der #zuhauselesen- dersache machen. Für Ältere gibt es hier noch ein paar challenge. Tipps zum Videomachen. Keine Idee für ein Video? Dann erzählt doch auch hier davon, was ihr in der Zu-Hau- Schreiben se-Schulzeit allein und mit anderen so macht. Erzählen, Schreibt ihr gerne? Dann schreibt euch doch, was euch so Vorlesen, Buchclub, Schreiben, Geschichten, Theaterstück, durch den Kopf geht oder was ihr gerade mit eurer Zeit an- Hörspiel, Fotos: Ihr habt bestimmt schon was auf die Beine fangt. Das geht am einfachsten per E-Mail am Computer – gestellt – sei es am Telefon, im Video-Chat oder per E-Mail. oder ganz altmodisch mit der Post. Besonders aufregend ist es, wenn die Antwort ein paar Tage später im Briefkas- Soziale Netzwerke und Website ten liegt. Wenn ihr mit dem Ergebnis zufrieden seid, könnt ihr es in sozialen Netzwerken posten oder ihr baut euch mit Primolo Ihr könnt euch auch zusammen Geschichten ausdenken eine eigene Website. Vielleicht begeistert ihr so andere aus und sie dann aufschreiben zu einem kleinen Buch. Oder ihr eurer Schule und macht zusammen einen Videoclub auf. denkt euch ein eigenes Theaterstück aus. Für Ältere gibt es Der besteht dann vielleicht auch über die Zeit der Schul- dazu tolle Hilfen, wie diese hier. Wenn ihr eine Idee für ein schließung hinaus. Theaterstück habt, könnt ihr daraus ein Hörspiel machen. Stiftung Bildung/RED Münchner Lehrerin übernimmt Miete für ihren lokalen Buchladen In München hat eine Gymnasiallehrerin die Monatsmiete terview. Ihre eigene Spende brachte sie auf die Idee, an- einer Buchhandlung aus ihrer Nachbarschaft übernom- dere Münchner/-innen ebenfalls dazu zu motivieren, men, um den Laden während der Krise zu unterstützen. Läden in ihrer Nachbarschaft zu unterstützen: Sie launch- „Ich habe mir gesagt: Ich wäre jetzt halt in den Osterferi- te die Website www.helfer-in-der-krise.de, um Läden und en in Urlaub gefahren, ich hätte da auch Geld ausgege- potenzielle Spender/-innen zu vernetzen. ben“, sagte die Lehrerin der Süddeutschen Zeitung im In- enorm-magazin/RED 6 Rheinland-pfälzische Schule 05/2020
Kulturelle Bildung ohne Eintritt Aktuell Städel Museum Sommers Weltliteratur to go Wem Kunstmuseen fehlen, der kann sich zum Beispiel im Im YouTube-Kanal Sommers Weltliteratur to go stellt Micha- virtuellen Raum des Städel Museums in Frankfurt am Main el Sommer in der Regel einmal wöchentlich ein Werk der umsehen. Das Angebot umfasst E-Learning-Angebote zu Weltliteratur in 10 Minuten mithilfe seines Playmobilensem- Kunstgeschichte, Spiele-Apps für Kinder ab 8 Jahren sowie bles vor. 2018 erhielt er dafür den Grimme Online Award eine umfangreiche digitale Kunstsammlung. Kinder können 2018. sich mit der App Imagoras auf eine Reise in die Welt der Bil- Stiftung Bildung/RED der begeben. Google Arts & Culture Auf Google Arts & Culture finden sich Onlineausstellungen von mehr als 1.200 Museen und Galerien. Das Ganze funkti- oniert im Prinzip wie Google Street View. Suchen kann man gezielt nach bestimmten Museen, Ländern oder man scrollt sich durch sämtliche Möglichkeiten. Goethe-Institut startet internationale Kultur-Plattform Das Goethe-Institut hat eine Online-Plattform für interna- tionale Kulturangebote aufgesetzt. Über die Seite kul- „In Zeiten sozialer Distanz ist die Digitalisierung im Mo- turama.goethe.de sollen sich Kulturschaffende mit ihren ment der einzige Weg, um Kulturangebote auf virtuelle Online-Veranstaltungen über Grenzen hinweg Sichtbar- Weise an die Menschen zu bringen.“ Experimentelle und keit und Reichweite verschaffen können, wie das Go- klassische Formate seien auf der Plattform gleicherma- ethe-Institut am Donnerstag in Berlin mitteilte. Damit sol- ßen erwünscht, sagte Ebert. Die Kulturangebote könnten len die Events ein internationales Publikum erreichen kostenlos hochgeladen werden. und Spenden für die Künstler möglich gemacht werden. „Weltweit stehen Künstlerinnen und Künstler sowie Kul- Das Goethe-Institut dient mit 157 Instituten als kulturel- turinstitutionen vor existenziellen Herausforderungen“, les Aushängeschild Deutschlands im Ausland. Derzeit sagte der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes sitzt die Kultureinrichtung in 98 Ländern. In Deutschland Ebert, unter Hinweis auf abgesagte Konzerte, geschlos- unterhält das Goethe-Institut zwölf Einrichtungen. sene Museen und wegbrechende Einnahmen. enorm-magazin/RED In memoriam Anita Kunz Maria Frisch Armin Loeb Meinhard Gerigk Herbert Brucherseifen Lehrerin a. D. Lehrerin a. D. Rektor a. D. Lehrer a. D. Rektor a. D. Konrad-Adenauer-Str. 134 Im Kalkofen 17 Joppenholzstr. 27 Von-Droste-Hülshoff-Str. 7 Lion-Feuchtwanger-Str. 44 67663 Kaiserslautern 55268 Nieder-Ohm 67473 Lindenberg 53572 Unkel 55129 Mainz geb. 31.07.1947 geb. 17.01.1936 geb. 11.10.1930 geb. 01.02.1933 geb. 08.10.1949 † 17.03.2020 † 15.03.2020 † 12.03.2020 † 12.03.2020 † 37.03.2019 Wir werden unseren verstorbenen Mitgliedern ein ehrendes Andenken bewahren. Rheinland-pfälzische Schule 05/2020 7 Einsamkeit in Zeiten der Coronakrise – besser ist als Warum sie ihr Ruf – und wie wir ihre verborgenen Vorzüge entdecken können 8
Thema Die Corona-Epidemie lässt uns auf Abstand zueinander seine eigene Einsamkeit in seinem Bibliotheksturm als gehen. Ja, sie zwingt uns, zu Hause zu bleiben. In der Inspirationsquelle zu nutzen wusste – meinte ganz ohne Wohnung, im Homeoffice, in der Quarantäne. Wir sind Zweifel, von der Einsamkeit führe ein direkter Weg zu in- isoliert von den anderen, das Virus macht uns einsam. nerer Ruhe und Zufriedenheit. Ein schwer nachvollzieh- Traurige Zeiten. Aber gibt es nicht auch Seiten der Ein- barer Schluss – zumal in der heutigen Zeit, in der doch samkeit, von denen wir profitieren können? eher intensive Dauerverbundenheit für maximales Le- bensglück gehalten wird. Montaigne sah das ganz anders Einsamkeit sei gesundheitsschädlich. So ähnlich wie und schwärmte regelrecht von ihren Vorzügen: „Unsere Rauchen oder Fettleibigkeit. Das war – kurz gefasst – das Seele vermag ihre Bahn um die eigene Mitte zu ziehen; Ergebnis der Studie „Social Relationships and Mortality sie kann sich selbst Gesellschaft leisten. Sie hat genug Risk“, die 2010 in der Zeitschrift „Public Library of Sci- anzugreifen und zu verteidigen, genug von sich zu geben ence“ veröffentlicht wurde. Einsamkeit ist nicht gut für und von sich zu empfangen“, schreibt er in seinen „Es- den Menschen. Das war schon vorher klar – und gerade sais“. Selbstgenügsamkeit ist für ihn Ziel allen Strebens in den Tagen des Coronavirus ist wieder viel davon die und – so sie denn erreicht wird – das höchste Menschen- Rede. Oft liest man auch, man dürfe Alleinsein und Ein- glück. Ein anderer scharfer Denker, Arthur Schopenhauer, Einsamkeit in Zeiten der Coronakrise samkeit nicht verwechseln. Gelegentliches Alleinsein sei war auf seine Art ein Freund der Einsamkeit. Allerdings durchaus gut für den Menschen, Einsamkeit dagegen aus anderem Grund. Er verlagerte den Schwerpunkt vom schlecht, ausschließlich eine Quelle menschlichen Leids. Sich-Selbst-Genügen, auf die Möglichkeit des Ich-selbst- Ist das so? Wer genauer beobachtet, erkennt bald: Auch sein-Könnens – und landet bei der großen inneren Frei- die so oft geschmähte Einsamkeit hat viele Schichten heit, die nur die Einsamkeit spendet: „Ganz er selbst und auch schöne Seiten, die sie uns jedoch nicht sofort seyn darf Jeder nur, solange er allein ist“, schreibt er, offenbart. Gerade jetzt lohnt es sich, sie neu zu entde- „wer also nicht die Einsamkeit liebt, der liebt auch nicht cken. die Freiheit: denn nur wann man allein ist, ist man frei: Zwang ist der unzertrennliche Gefährte jeder Gesell- Ein ambivalentes Gefühl schaft.“ Wenn man über die Einsamkeit spricht, meint man an- ders als beim „neutralen“ Alleinsein zunächst einmal ei- Eine neue Wahrnehmung nen Gefühlszustand, der in uns aufsteigt, wenn wir ganz In der Einsamkeit gewinnen wir etwas, was wir heute ver- auf uns gestellt sind. Für viele ist dieser Zustand nicht loren haben. Im Modus der zeitgemäßen Dauerverbun- besonders freudvoll, aber es steht nicht unbedingt fest, denheit arbeitet unser Gehirn oft auf einem sehr hohen ob dieser Zustand als quälend empfunden wird oder gar Reizverarbeitungsniveau, was dazu führt, dass wir viele als ein produktives Innehalten und Sich-Rückbesinnen Eindrücke verpassen. In der Einsamkeit senkt sich die auf sich selbst. In der Einsamkeit ist beides angelegt: Reizschwelle notgedrungen. Was man überhörte, hört eine Angst vor der Leere des Raums, der da vor einem man nun, was man nicht fühlte, fühlt man, woran man liegt, und zugleich eine große Freiheit, zu tun und zu las- achtlos vorüberging, daran bleibt man nun hängen. Ein- sen, was man will – in ihr gibt es Trauer und Euphorie samkeit schärft unsere Sinne, sie steigert unsere Emp- gleichermaßen. Sie kann uns verunsichern oder bedroh- lich erscheinen, uns aber genauso freimütig stimmen. Diese Extreme können ganz einseitig gefühlt werden. Oft ist Einsamkeit aber auch wie Weinen und Lachen zu- gleich: ein sehr gemischtes Gefühl. Und noch eine andere gängige Unterscheidung trifft nicht zu, wenn wir über die Einsamkeit nachdenken: Die Menschheit teilt sich nicht in zwei Gruppen, in Isolierte und Verbundene. Denn genau besehen ist jeder irgendwo einsam. Einsamkeit ist eine Conditio humana, könnte man sagen, etwas, was alle irgendwann erleben und füh- len – und nicht nur die Bemitleidenswerten und Verlasse- nen dieser Welt. Hermann Hesse hat das in einem Ge- dicht so ausgedrückt: „Seltsam im Nebel zu wandern. Le- ben ist Einsamsein. Kein Mensch kennt den andern. Jeder ist allein.“ Freiheit und Selbstgenügsamkeit Aber diese Einsamkeit, die uns oft schwermütig und „mutterseelenallein“ stimmt, kann auch etwas Wohltuen- des bereithalten. Das sollten wir in diesen Tagen des „So- cial Distancing“ nicht vergessen. Michel de Montaigne – dieser eigenwillige Philosoph des 16. Jahrhunderts, der Rheinland-pfälzische Schule 05/2020 9
fänglichkeit für die Welt und ihre Schönheit, die unmittel- kann also durchaus guttun. Man spürt sich selbst mehr, bar um uns ist. Man könnte sagen, sie bringt die Welt und wenn man andere nicht mehr um sich spürt. Das kann das Ich näher zusammen – und sei es nur auf einem Spa- auch unangenehm sein, aber am Ende doch meist mit ei- ziergang, zu dem in diesen Tagen so viele allein aufbre- nem kathartischen Effekt. chen – und bei dem sie sich mit und ohne Handy irgend- wie einsam fühlen. Einsamkeit ist das Gefühl außer sich Dieses Zu-sich-Kommen fernab einer Welt, die einen fort- selbst kaum etwas zu spüren, was dazu führt, dass die während zum Außer-sich-Sein drängt, ist eine alte Selbst- verbliebenen wenigen Außenreize in unserer direkten erfahrung. Es war auch schon im Mittelalter ein großes Umwelt, also etwa jene der Landschaft, durch die wir Thema, in der Mystik, etwa in Meister Eckharts Schriften. wandern, oder des Wetters bald viel genauer und inten- Einsamkeit ist für ihn die Bedingung, den Weg zu Gott zu siver wahrgenommen werden. Wir gewinnen einen Blick finden. Aber sein „Unum est necessarium“ ist noch viel für „die nächste Nähe“, wie es der US-amerikanische mehr, es ist so etwas wie die Bedingung einer ganzen Le- Schriftsteller Henry D. Thoreau in seinem berühmten bensphilosophie. Er sieht in der Einsamkeit der Men- Buch „Walden oder Leben in den Wäldern“ (1854) be- schen nicht Verzweiflung, sondern verändert die Perspek- schrieben hat. Und er muss es wissen! Schließlich hatte tive und fragt: „Was ist aber diese Dunkelheit, wie heißt er sich für ein Selbstexperiment über zwei Jahre in die sie oder wie ist ihr Name?“, und gibt die Antwort: „Ihr Einsamkeit einer Holzhütte in den Wäldern von Massa- Name ist lediglich: Möglichkeit des Empfangens.“ Erst in chusetts zurückgezogen und seine Tage mutterseelenal- tiefer Einsamkeit, so Eckhart, öffnet sich etwas in uns, lein mit Jagen, Kochen, Essen, Wandern, Tagebuchschrei- lässt uns empfangsbereit werden für große Eindrücke ben und Schlafen zugebracht. und Empfindungen, bei ihm freilich: für Gott selbst, den er in der „unio mystica“, der Vereinigung mit dem Göttli- Das ist die Paradoxie der Einsamkeit: In ihr sind zwar alle chen, zu erfahren glaubte. Verbindungen zu unseresgleichen durchtrennt, aber nur, um sich am Ende in einer viel größeren Dimension neu zu Wiedererkenntnis des eigenen Weges verbinden – nicht mit den Menschen, sondern mit der Na- Erfahrungen der Einsamkeit lassen uns all das abtragen, tur, philosophisch ausgedrückt: mit dem Ganzen. Tho- was sich über unseren „Eigensinn“ gelegt hat. Dadurch reau beschrieb dieses Erlebnis. Ihn überkam mit der Zeit erkennen wir bald wieder, wer wir sind – und daraus fol- „das Gefühl einer so süßen, wohltuenden Geselligkeit in gend, wie wir leben wollen. Einsamkeit führt uns zurück der Natur … im Rauschen des Regens, in jedem Laut und zu unseren ursprünglichen Lebensmotiven, wenn wir sie Blick um mein Haus herum“, ein Gefühl, das er mit einer schon vergessen haben. Sie holt uns das zurück, was uns „unendlichen, unerklärlichen Freundschaft“ verglich, wichtig ist im Leben, lässt uns das Wesentliche erkennen „die ihn plötzlich gleich einer Atmosphäre umfing“. und konkretisiert unsere Wünsche und Lebensziele neu. In der Einsamkeit entwerfen wir neue Perspektiven, ge- Erholung durch Funkstille – erhöhte ben unserer Hoffnung neue Nahrung und finden eine Selbstwahrnehmung neue Wertschätzung des Lebens selbst. Einsamkeit ist Es mag überraschen, aber Abgeschiedenheit, der Rück- eine kluge Lebenslehrerin. Die Erfahrungen, die sie in uns zug in die immer auch etwas ungemütliche Einsamkeit auslöst, können uns tatsächlich die Augen öffnen. In ih- 10 Rheinland-pfälzische Schule 05/2020
Thema nen gibt es Momente großer Einsicht und Erkenntnis. In Umgang mit ihr. Aber am Ende ist jede Einsamkeitserfah- tiefer Einsamkeit werden uns Lebenszusammenhänge rung eine Schulung, die uns stärken kann und uns etwas klar, in denen wir gefangen sind. Einsamkeit schafft Ab- zu geben vermag. Indem uns Einsamkeit lehrt, uns selbst stand, lässt uns unsere unerledigten Probleme erkennen genug zu sein, lösen wir uns aus all dem, an dem wir und führt uns zu Lösungen. sonst festhalten. Trotzdem ist Einsamkeit heute fast durchweg negativ be- Die Buddhisten kennen den Begriff der „Anhaftung“, eine setzt. Allzeit vernetzt scheint ein Leben zu sein, das man für den menschlichen Geist schädliche Form des Ha- gelungen nennt, Allnet Flat mit maximaler Datenge- ben-Wollens. Nicht mehr an etwas haften ist im Buddhis- schwindigkeit, Hauptsache, verbunden rund um die Uhr. mus der Königsweg der Lebensführung. In der Einsamkeit Allerdings regt sich in dem ganzen Kommunikationshype lernen wir, nicht mehr so sehr an Menschen, Dingen oder unserer Tage längst auch Unbehagen. Denn die anfängli- auch an Gedanken und Wünschen zu haften, an die wir che Euphorie, die immer mehr Kommunikationsmöglich- uns sonst so gerne klammern. Wir sind verlassen von allen keiten auslösten, verkehrt sich allmählich in einen Ver- und allem, aber immer in einem befreienden Sinn. So ver- druss: an der wachsenden Beanspruchung durch eine standen kann Verlassenheit Gelassenheit in uns fördern. größer werdende Zahl anderer Menschen, die uns immer Einsamkeit in Zeiten der Coronakrise öfter und eindringlicher zusetzen, ohne dass es noch Der Autor Ulrich Grober hat einmal in einem Essay ge- Fluchträume gäbe, in denen man unbehelligt wäre. Es ist schrieben, wie man diese Gelassenheit in der Einsamkeit der gleiche Verdruss, der längst eine tiefe, wenn auch oft findet. Er nennt das schöne Beispiel des portugiesischen noch unbewusste Sehnsucht ausgelöst hat, all den tau- Schriftstellers Gonçalo M. Tavares. Der, so schreibt send anderen aus dem engmaschigen Netz, in das wir Grober, suche allabendlich einen „Miradouro“, einen heute heillos verstrickt sind, zu entkommen. Aussichtspunkt in seinem Lissabonner Stadtviertel, auf, um das Schauspiel des Sonnenuntergangs zu erleben. In Und jetzt? In der Coronakrise? Jetzt wird uns von Politi- aller Einsamkeit: „Einfach dasitzen, nach oben schauen, kern jene Distanz zwangsverordnet, nach der wir uns mit sich und der Welt ins Reine kommen. Schon nach ei- manchmal so sehr gesehnt haben. Jetzt müssen wir keine nigen Wochen werde man ein anderer Mensch: geduldi- „Escape-Literatur“ mehr lesen, keine Erfahrungsberichte ger, toleranter und gelassener. So als schwebe man ein mehr über Rückzüge und „Hide-aways“ aller Art – oder paar Zentimeter über dem Boden.“ darüber, wie schwer es ist, ein Jahr lang offline zu sein. Jetzt sind wir ganz unverhofft mittendrin im „Experiment Einsamkeit, das ist das Fazit, kann eine Oase in der Wüs- Einsamkeit“. te der Nonstop-Verbundenheit sein. Wie es sich anfühlt, nur mit uns selbst auszukommen, das wissen wir oft gar Die Kunst, es mit sich selbst auszuhalten nicht mehr. Jetzt lernen wir es wieder. Tag für Tag. Es dürf- Wer es schon einmal durchgemacht hat, weiß es: Um von te uns leichter fallen, wenn wir uns klarmachen, dass die- den Vorzügen der Einsamkeit zu profitieren, braucht es se Zeit nicht ewig währt, sondern irgendwann vorbei sein Gewöhnung an diese seltene Lebenslage, Übung im wird. Martin Hecht Rheinland-pfälzische Schule 05/2020 11
Lehrer sein Corona Aus der Praxis in Zeiten von Wie gestaltet sich Unterricht, wie gestaltet man das pri- benstellungen zu den Schüler/-innen zu bringen, andere vate sowie das berufliche Leben, wenn alles plötzlich haben Apps wie Schoolfox oder Anton oder Lernplattfor- ganz anders ist? Der Alltag im Ausnahmezustand aus der men wie Google Classroom verwendet und wieder andere Perspektive eines Lehrers, Vaters, Sohnes zweier Risiko- versuchten sich im Liveunterricht via MS Teams oder Goo- patienten und Gewerkschaftlers. gle Meet. In vielen Fällen aber waren es auch Hybridlösun- gen, die sich aus Lernseiten im Internet, dem eigenen Lehr- Es gab zuvor keine Blaupausen für eine solche Ausnahme- werk, Apps und anderen Instrumenten zusammensetzten. situation. Nie hätte ich mir vor einem Jahr träumen lassen, während eines Zustands der Semi-Quarantäne nur zum Ich selbst nutzte nur zu Anfang einmal meine dienstliche Einkaufen und Gassigehen vor die Tür zu kommen, meine E-Mail, um dann über Google Classroom zu arbeiten. Nach Schüler/-innen wie in Australien nur über das Internet un- einer etwas dystopisch anmutenden Dienstbesprechung, terrichten zu können, keine Noten geben zu dürfen, meine bei der viele Tische aus dem Lehrerzimmer herausgeräumt eigenen Kinder zu Hause beim Lernen zu unterstützen, wie worden waren, um den anwesenden Kolleg/-innen einen das sonst ihre Lehrer/-innen in der Schule tun, und meinen genau abgemessenen Abstand von 1,5 Metern voneinan- Eltern zu ihrem eigenen Schutz das Zusammentreffen mit der zu gewähren, und einige, die Risikogruppen angehö- ihren Enkelinnen versagen zu müssen. Auch Sitzungen des ren, nur per Video zugeschaltet waren, hatte mein Schullei- Hauptpersonalrats können nur per Videoschalte stattfin- ter allen Lehrkräften, die mit Classroom arbeiten wollten, den. Zu riskant wäre es, sich im Bildungsministerium zu einen Crashkurs darin verpasst. Das Einrichten der virtuel- treffen, um dort wie gewohnt zu tagen. len Kurse klappte gut, doch das Einladen der Schüler/-in- nen in die Kurse gestaltete sich anfangs schwierig. In meh- reren Fällen musste ich Eltern oder Schüler/-innen am Te- lefon unterstützen. Dabei stieß auch ich ab und zu an meine Grenzen und musste mir meinerseits Rat und Hilfe bei meinem Schulleiter einholen. Dann aber konnte ich Kursaufgaben erstellen, Vokabel- quizze durchführen und ein Auge darauf haben, wer seine/ ihre Aufgaben digital abgab und wer nicht. Als wenig hilfreich empfanden meine Kolleg/-innen und ich dann die Weisung des Ministeriums, keine Noten für die abgegebenen Arbeiten zu erteilen und auch nicht auf die Abgabe der Aufgaben insistieren zu dürfen. Kaum war die- se Weisung gegeben, beobachtete ich in meinen Gruppen einen Abfall der Leistungsbereitschaft. Aufgaben wurden nun oft nur noch halbherzig erledigt, Abgabetermine häu- fig nicht mehr eingehalten. Natürlich wurden uns so auch die Möglichkeiten genommen, gute Leistungen positiv in die Gesamtnoten einfließen zu lassen. Vater und Hauslehrer Neben meinen eigenen Schüler/-innen musste ich natür- lich auch meine Kinder schulisch betreuen – in allen Fä- Unterricht während der Coronakrise chern und unter Einsatz meines Druckers, der an manchen Viele Kolleg/-innen haben vor den Osterferien drei Wochen Tagen nachgerade heiß lief. Zu meinem Verdruss musste lang den Unterricht unter diesen außergewöhnlichen Be- ich feststellen, dass einige Kolleg(inn)en anscheinend das dingungen weitergeführt, haben ihren Schüler/-innen, Prinzip „Viel hilft viel“ bei dem Erteilen von Aufgaben an- statt sie in der Schule persönlich zu unterrichten, Aufga- wendeten. Die Relation zwischen Maß und Ziel war nicht ben zukommen lassen und sie – soweit das möglich war – immer gegeben, zumindest drängte sich dieser Eindruck aus der Ferne betreut und unterstützt. Hierzu gibt es eine stark auf. Die Kinder saßen teilweise von morgens bis in Vielzahl an Lösungen. Manche Lehrkräfte nutzten ihren die Abendstunden an ihren Aufgaben, was vor allem an- dienstlichen oder privaten E-Mail-Account, um ihre Aufga- fangs für viel Unruhe und manchmal schiere Verzweiflung 12 Rheinland-pfälzische Schule 05/2020
sorgte. Es fiel mir nicht immer leicht, dabei selbst ruhig zu notwendiger klinischer Reservekapazitäten, Gewährleis- Aus der Praxis bleiben. Ich war ständig gefordert und fühlte mit anderen tung der regulären Patientenversorgung, Einhaltung der Eltern, die mir Ähnliches berichteten. Demzufolge reduzier- Distanz- und Hygieneregeln, Tragen eines Mundschutzes in te ich die Aufgabenfülle pro Unterrichtsstunde auf zwei der Öffentlichkeit etc.), gibt es keine spezifischen Voraus- Drittel des normal zu veranschlagenden Unterrichtsstoffs setzungen für die Öffnung von Schulen. und ließ es dabei bewenden. Epidemiologische Abwägungen treten dabei völlig hinter Sohn und Caretaker sozialen und sozioökonomischen Fragestellungen zurück, Mein Vater ist 81 Jahre alt, hat letztes Jahr eine Darm- der gesundheitliche Schutz der Kinder und der Lehrkräfte krebs-OP hinter sich bringen müssen und musste sich wird nicht ausreichend bedacht. Wen wundert es da, dass Ende Februar dieses Jahres wegen eines Hydrozephalus bei genauerem Hinsehen kein einziges Mitglied dieser Ar- noch einmal operieren lassen. Er ist sehr eingeschränkt beitsgruppe einen medizinisch-humanepidemiologischen mobil und dankbar dafür, dass ich nun die Einkäufe bis auf Hintergrund hat. Drei Tage lang sinken die Zahlen der Weiteres für meine Eltern übernehme. Meine Mutter ist ge- Neuinfektionen, schon will man die erkämpften Fortschrit- rade 80 geworden, hat eine Historie von Lungenerkrankun- te durch eine verfrühte Rückkehr zum Normalzustand wie- gen und ist vergesslicher als mein Vater. Sie hat die Ten- der aufs Spiel setzen. Das ist so, als erklärte ein Chirurg denz, selbst einkaufen gehen zu wollen, und ich muss ihr seinen eben frisch zusammengeflickten Patienten für ge- ungefähr einmal pro Woche aufs Neue erklären, dass das heilt und voll arbeitsfähig. momentan keine gute Idee wäre. Ich helfe meinen Eltern mit allerhand Papierkram, darunter so Banales wie die Bei- hilfe, aber auch Neues, wie das Stellen eines Pflegean- trags. Dass die beiden nicht, wie ursprünglich geplant, an Ostern zu uns kommen konnten, war für alle Beteiligten schwer – zumal man ja nie weiß, wie lange man die eigenen Eltern/ Großeltern noch hat. Gewerkschaftler und HPR-Vertreter Die Arbeit des HPR und die enge Zusammenarbeit solcher Gremien mit dem Bildungsministerium ist in einer solchen Krise wichtiger denn je. War man zunächst im Bildungsmi- nisterium der Meinung, die Lehrkräfte könnten ruhig täg- lich zur Schule kommen, obwohl der Unterricht ausgesetzt war, besann man sich in Mainz und Trier sehr schnell eines sinnvolleren Kurses und schützte mit der Homeoffice-An- ordnung auch die Gesundheit jener Lehrkräfte, die keine Vorerkrankungen hatten. Die Gremien tagen auch in den Ferien, denn Corona schläft nicht und ich bin dankbar, dort einen wichtigen Beitrag leisten zu dürfen. Es bleibt aus heutiger Sicht zu hoffen, dass die KMK und unser Bildungsministerium in Verantwortung für die Schü- Ausblick ler/-innen und Lehrkräfte sowie deren (erweiterte) Famili- Wie wird es nun weitergehen? Im Ministerium spielt man en handeln werden. Ein Halbjahr eingeschränkter alterna- verschiedene Szenarien durch. Wie RP online berichtete, tiver Beschulung wird sicherlich nicht die Erwerbsbiografi- denkt man sowohl an eine (teilweise) Öffnung der Schulen en heutiger Schüler/-innen aufs Spiel setzen und den nach den Osterferien als auch an eine fortgesetzte Schlie- teilweisen Lockdown noch etwas länger durchzuhalten ßung bis zum 4. Mai. Aus den Nachrichten hört man auf wird auch nicht die Wirtschaft irreversibel schädigen. Hin- Bundesebene Verschiedenes. Erst hieß es, man könne ge- gegen durchaus irreversibel ist eine zu befürchtende hohe staffelt an den Start gehen und die Klassen 9 bis 13 be- Opferzahl in vulnerablen Bevölkerungsgruppen – jenen mit schulen, da die älteren Schüler/-innen tendenziell vernünf- Vorerkrankungen und alten Menschen. Und da wird es für tiger seien und die Abstandsregeln einhalten würden. Wer mich auch persönlich, denn zu diesen Gruppen zählen Schüler/-innen dieser Altersgruppen unterrichtet, mag da auch meine Eltern, die ich in mancherlei Hinsicht unterstüt- eine abweichende Meinung haben. zen muss und für die ich momentan einkaufen gehe. Kann ich das alles bei einer verfrühten Schulöffnung noch tun Und während die schrittweise Normalisierung des öffentli- oder muss ich befürchten, meine Eltern einem hohen Infek- chen Lebens an strikte Bedingungen geknüpft wird (Stabi- tionsrisiko auszusetzen? lisierung der Neuinfektionen auf niedrigem Niveau, Aufbau fh Rheinland-pfälzische Schule 05/2020 13
e i l 1 Junger VBE T Bestens informiert: Rund um den Mutterschutz Bald Mutter zu werden, bedeutet für viele Frauen das aufsicht). Andere Personen, also auch der ÖPR, dürfen größte Glück. Doch mit dem anfänglichen Freudentaumel vonseiten der Schulleitung nicht über die Schwanger- schwirren werdenden Müttern schon nach kürzester Zeit schaft informiert werden. Tausende Fragen durch den Kopf: Wann kommt denn der kleine Schreihals? Muss ich mich nun besonders scho- Aber Achtung: Als angestellte Lehrerin in einem befriste- nen? Habe ich Röteln-Schutz? Wann muss ich meinen Ar- ten Arbeitsvertrag besteht in einer Bewerbungssituation beitgeber informieren? Fragen über Fragen, deren Antwor- (bspw. bei Vertragsverlängerungen) keine Mitteilungs- ten wir (noch) nicht kennen. pflicht. Leider kann im Fall der Bekanntgabe nicht sicher- gestellt werden, dass sich die Schwangerschaft nachteilig Vieles kann uns natürlich unsere Frauenärztin erklären. auf die Vertragsverlängerung auswirken könnte. Dennoch Aber was ist mit den beruflichen Fragen? „Schnell mal ist es ratsam, sich mit dem ÖPR oder BPR in Verbindung Google fragen!“, denken sich da bestimmt viele. Doch es zu setzen. Denn neben der Vertragsverlängerung, die erst ist gar nicht so einfach, sich durch den Dschungel an Arti- einmal finanzielle Sicherheit bedeutet, spielt auch der keln zu kämpfen und die Informationen herauszufiltern, Schutz vor Gefahren im Berufsalltag nun eine besondere die man braucht. Und oft stellt man fest, dass vieles, was Rolle. man findet, irgendwie nicht so wirklich auf die eigene, momentane Situation passt. Genau aus diesem Grund Vor welchen Gefahren muss ich mich möchten wir die wichtigsten Fragen rund um das Thema schützen? Mutterschutz und Elternzeit beantworten. Leider können wir hier nicht auf jedes Detail eingehen. Daher soll es in Sobald die Schulleitung von der Schwangerschaft weiß, diesem Beitrag sowie in der folgenden RpS-Ausgabe dar- ist diese verpflichtet, die Gefährdung zu beurteilen, der um gehen, einen kurzen Überblick zu geben, welche Din- Mutter und Kind am Arbeitsplatz ausgesetzt sind. Diese ge ihr in der ersten Zeit unbedingt beachten solltet. Fra- sogenannte Gefährdungsbeurteilung erfolgt über das In- gen darüber hinaus beantworten wir gerne im Rahmen stitut für Lehrergesundheit (IfL). Innerhalb eines Werkta- der Rechtsberatung – ein Anruf in der Landesgeschäfts- ges nach Bekanntgabe der Schwangerschaft muss diese, stelle oder eine E-Mail genügt: recht@vbe-rp.de. möglichst zusammen mit der werdenden Mutter, erstellt werden. Hierzu wird online ein Fragebogen ausgefüllt, der Wann muss ich meinen Arbeitgeber infor- dann an das IfL geschickt wird. Schon nach kurzer Zeit mieren? wird von dort ein Empfehlungsschreiben zu notwendigen Schutzmaßnahmen über die ADD an die Schule gesandt. Es ist nicht mehr nur ein Gefühl, sondern auch der Frauen- Diese Schutzmaßnahmen werden gründlich mit der Schul- arzt konnte die Schwangerschaft bestätigen. Dann sollte leitung besprochen. Besonders zu beachten ist hier der nun auch der Arbeitgeber, also die Schulleitung, über die- Immunstatus. Sollten hier noch keine Untersuchungser- se informiert werden. Denn ab dem Tag der Bekanntgabe gebnisse vorliegen, müssen diese zeitnah nachgereicht gelten für eine werdende Mutter und ihr Ungeborenes werden. Gerade am Arbeitsplatz Schule sind die Gefahren Schutzvorschriften, die auch angewandt werden können. von Mumps, Masern, Röteln, Ringelröteln, Windpocken Sofern der Frauenarzt bereits einen Mutterpass erstellt und Toxoplasmose nicht zu unterschätzen. Oberste Priori- hat, in dem auch der voraussichtliche Tag der Entbindung tät hat nun der Schutz des Kindes. Es liegt also auch im eingetragen wurde, ist es sinnvoll, diesen zum Gespräch eigenen Interesse, sich so schnell wie möglich darauf tes- mitzubringen. Andernfalls muss nachträglich ein Nach- ten zu lassen. Nicht selten wurde der Immunstatus auch weis erbracht werden, wann der voraussichtliche Entbin- schon im Zuge der Ernennung zur Beamtin auf Widerruf dungstermin ist. Die Schulleitung informiert anschließend durch das Gesundheitsamt festgestellt. Es lohnt sich also, den Arbeitgeber bzw. die Aufsichtsbehörde (ADD, Schul- noch einmal in den Unterlagen nachzuschauen. 14 Rheinland-pfälzische Schule 05/2020
Junger VBE Grundsätzlich muss die Schule sicherstellen, dass die es sei denn, sie erklärt sich ausdrücklich bereit, weiterhin werdende Mutter ihre Arbeit kurz unterbrechen kann, ihren Dienst anzutreten. Natürlich kann diese Erklärung wenn dies nötig ist. Während der Pausen und der Arbeits- jederzeit widerrufen werden. Auch acht Wochen nach der unterbrechungen sollte die Möglichkeit bestehen, sich Entbindung darf eine Frau nicht beschäftigt werden. Han- hinzulegen, hinzusetzen und sich auszuruhen. Ebenfalls delt es sich um eine Früh- oder Mehrlingsgeburt, sind es ist zu beachten, dass einige Tätigkeiten ab sofort absolut sogar 12 Wochen. Wenn vor Ablauf der acht Wochen bei tabu sind. So darf die Schwangere keinen Gefahr- und dem Kind eine Behinderung ärztlich festgestellt wird, ver- Biostoffen ausgesetzt werden, die zu einer Fruchtschädi- längert sich die Schutzfrist ebenfalls auf 12 Wochen. gung führen könnten. Auch auf Erschütterungen, Vibrati- Wenn das Kind vor dem errechneten Entbindungstermin onen, Lärm, zu starke Hitze oder Kälte sowie Nässe muss das Licht der Welt erblickt, verlängert sich die Schutzfrist geachtet werden. Aufsichten auf dem Pausenhof zwi- automatisch, sodass der Termin, ab dem die Mutter wie- schen herumfliegenden Bällen oder beispielsweise eine der arbeiten darf, weiterhin derselbe bleibt, so als sei das Wanderung bei brütender Hitze gehören erst einmal der Kind am errechneten Termin zur Welt gekommen. Dies Vergangenheit an. gilt jedoch nicht, wenn das Kind eine Behinderung hat. In diesem Fall muss die Verlängerung der Schutzfrist nach Kann es passieren, dass ich während der der Geburt beantragt werden. Lässt sich das Kleine aber Schwangerschaft gar nicht mehr arbeiten Zeit und kommt einige Tage später zur Welt, so gilt zur darf? Berechnung der Schutzfrist der tatsächliche Entbin- dungstag. Kurz und knapp: Ja! Zum einen kann es zu einem ärztli- chen Beschäftigungsverbot kommen, bspw. wenn die Ge- Darf ich wichtige Untersuchungen in der fahr einer Frühgeburt zu hoch ist. Bei jedem Frauenarzt- Schwangerschaft nur in die unterrichts- besuch schaut der Gynäkologe / die Gynäkologin also freie Zeit legen? genau, ob der weitere Einsatz in der Schule eine Gefahr Facebook “f ” Logo CMYK / .eps Facebook “f ” Logo für das Kind und/oder die Mutter darstellt. So wird jedes Grundsätzlich ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die Mal neu entschieden, ob eine teilweise oder sogar voll- Schwangere für die Zeit freizustellen, in der wichtige Un- ständige Freistellung vom Unterricht notwendig ist. tersuchungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft er- forderlich sind. Sollte der behandelnde Arzt in den Nach- Zum anderen kann auch durch die ADD ein Beschäfti- mittagsstunden also einmal keinen freien Termin anbie- gungsverbot ausgesprochen werden. Auch dieses Verbot ten können, so darf der Vormittagstermin ebenfalls @jungervberlp kann entweder dauerhaft oder befristet sein. Meist er- wahrgenommen werden. folgt eine solche Maßnahme auf Empfehlung des Insti- tuts für Lehrergesundheit. Aber auch die Schulleitung Es bleiben noch Fragen unbeantwortet? muss mögliche Gefahrensituationen innerhalb der Schule bewerten und kann dann die werdende Mutter umge- Auch wenn wir nun einige Fragen beantworten konnten, hend nach Hause schicken. Akut ist die Situation zum so bleibt natürlich noch vieles ungeklärt. Daher soll es in Beispiel dann, wenn Infektionskrankheiten in der Schule der nächsten Ausgabe vor allem um Mehrarbeit in der @junger_vbe_rlp auftreten, die Mutter und Kind gefährden könnten bzw. Schwangerschaft, Teilzeit in Elternzeit sowie finanzielle für die kein Impfschutz besteht oder bekannt ist. Unterstützungen gehen. Bis dahin wünschen wir euch und eurem kleinen Wunder in dieser besonderen Zeit viel Ebenfalls zu beachten sind die sogenannten Schutzfris- Kraft und Gesundheit! ten. So darf eine Schwangere sechs Wochen vor dem er- rechneten Entbindungstermin nicht beschäftigt werden, Theresa Braun Rheinland-pfälzische Schule 05/2020 15
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