Ausgabe 1/2020 Patientenmagazin der Neurologischen Klinik Sorpesee und des Neurologischen Versorgungszentrums Hochsauerland - Neurologische Klinik ...
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Patientenmagazin der Neurologischen Klinik Sorpesee und des Neurologischen Versorgungszentrums Ausgabe 1/2020 Hochsauerland
er Nächst : Termin er 1 . Septemb Schulterblick 1 hr ab 11 U S K in der N Was kann moderne Neurologie in Medizin, Pflege und Therapie leisten? Programm Erfahren Sie Wissenswertes in unse 11:00 Uhr rer Vortragsreihe, lernen Sie die Klinik Begrüßung und Vorstellung der Neurologischen Klinik Sorpesee Prof. Dr. Candan Depboylu und Therapeuten aus den Bereichen kennen und besuchen Sie die Info Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Psychologie stände unserer Therapeuten. 12:00 Uhr Weitere Termine: Mittagsbuffet 16. Oktober 2020 12:45 Uhr 23. April 2021 Diagnostische Möglichkeiten der Parkinsonerkrankung 18. Juni 2021 Prof. Dr. Detlev Uhlenbrock 17. September 2021 14:00 Uhr 29. Oktober 2021 Zusammenarbeit: Rehamedizin, Physikalische Therapie, Schmerztherapie Eckhard Weinz, Facharzt für Rehamedizin und Physikalische Wir bitten um Anmeldung unter Therapie Telefon 02935 807-334 Lindenstraße 22 59846 Sundern klinik-sorpesee.de
Liebe Leserinnen, Inhalt liebe Leser, das alles bestimmende Thema in diesen Tagen ist die sogenannte 4 Neurologische Klinik Sorpesee – jahrzehntelange Erfahrung Corona-Krise. Sie wird uns auch noch eine ganze Weile länger be schäftigen, allein schon deshalb, weil unsere Patienten immer zu den Risikogruppen gehören, die besonders von den Auswirkungen einer unkalkulierbaren Pandemie betroffen sein können. 8 Wann ist es Parkinson und wann sieht es nur so aus? Wir als Parkinson-Fachklinik reagieren deshalb besonders auf merksam und wir achten bei unseren Patienten auf jede noch so 12 Im Team gegen den Schmerz kleine Veränderung des körperlichen und seelischen Befindens 14 und auf Symptome, die nicht nur unsere Fachkenntnisse vollum Wenn die Füße am fänglich fordern. Das Team unserer Klinik gibt viel mehr als reine Boden kleben medizinische Hilfe, therapeutische Behandlung oder Pflege – alle Experten stehen auch persönlich für unsere übergeordneten Ziele 16 ein und stellen unsere Patienten in den Mittelpunkt ihrer täglichen Kräftige Stimme und Arbeit. Das wird uns immer wieder auch in den zahlreich ausge große Schritte füllten Vordrucken bei der Patientenbefragung bestätigt. Wir verstehen etwas von Parkinson – und wir geben unser Fach wissen in allen Bereichen weiter. Zahlreiche Teambesprechungen zielen auf den Informationsaustausch und die Weitergabe von 20 Sprache, Stimme, Schlucken Behandlungsempfehlungen. Davon profitieren unsere Patienten, denn wenn fachliche Kompetenz auf den allseitigen Willen zur Zusammenarbeit trifft, profitieren in erster Linie Sie. 22 Musik und Rhythmus sind Therapie und Entspannung In dieser Ausgabe des Magazins mittelpunkt stellen wir die Erkrankung an Parkinson thematisch in den Vordergrund. Lernen Sie die Bereiche unseres Hauses kennen, die direkt und indirekt 24 Qualität und Kommunikation für das Patientenwohl am Behandlungs- und Therapiegeschehen für Parkinsonpatienten 26 beteiligt sind. Wertvolle Erkenntnisse durch Patientenbefragung Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Neurologischen Klinik Sorpesee sagen Ihnen ein herzliches Willkommen. Wir sind für Sie da! 28 Viele Menschen – viele Keime Ihr Steffen Uhlenbrock Geschäftsführer der Neurologischen Klinik Sorpesee 30 Emotionale Unterstützung Lesehinweis Die in diesem Magazin dargestellten medizinischen Fragestellungen und therapeutischen Verfah ren entsprechen dem jeweils aktuellen Kenntnisstand in den Fachbereichen der Neurologischen Klinik Sorpesee, orientieren sich an gültigen Leitlinien und Standards und dienen der Information. Untersuchungen und Behandlungen müssen jedoch individuell geplant werden. Verbindliche Diagnosen und Therapieempfehlungen können nur von Haus- und Fachärzten gegeben werden. Wir bitten unsere Leserinnen und Leser, sich bei gesundheitlichen Beschwerden und Problemen direkt an den Hausarzt zu wenden, der anschließend alle weiteren Schritte einleiten kann. Im Notfall stehen Ihnen die Ambulanzen der Kliniken in Ihrer Nähe natürlich rund um die Uhr zur Verfügung. Impressum Herausgeber Neurologische Klinik Sorpesee, Lindenstraße 22, 59846 Sundern sowie Thomas Meier-Vehring & tmv-kommunikation Redaktion Sandra Gabriel, Thomas Meier-Vehring (V.i.S.d.P.), Telefon 02307 242920, Mobil 0171 3196250 Gestaltung Christopher Badde Diese Magazin wurde mit Energie aus 100 Prozent Fotos Thomas Meier-Vehring, Christopher Badde, istockphoto.com/FangXiaNuo Wasserkraft und ohne schädlichen Industriealkohol istockphoto.com/Jacob Wackerhausen, istockphoto.com/alvarez hergestellt. Unsere Druckerei erfüllt alle Anforderungen der DIN EN ISO 9001 und DIN EN ISO 14001 sowie Die Zeitschrift »mittelpunkt« und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheber die Vorgaben des ECO-Management and Audit Scheme rechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne (EMAS) der Europäischen Union. Einwilligung der Herausgeber strafbar.
Enorme Entwicklung in den letzten Jahren Neurologische Klinik Sorpesee – jahrzehnte- lange Erfahrung Die Neurologische Klinik Sorpesee ist eine im Jahr 1965 gegründete neurologische Akutklinik. Sie versorgt Patienten, die wegen einer medika- mentösen Einstellung bei einer degenerativen Erkrankung wie Morbus Parkinson verschiedene neurologische Untersuchungen (z. B. im Schlafla- bor) und ausgiebige unterschiedliche Therapien wie Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Sport- und Musiktherapie benötigen. iele chronisch erkrankte Patienten kom- Die Anerkennung als Parkinson-Fachklinik wur- V men immer wieder gerne in die Neuro- de im Frühjahr 2020 auf den Weg gebracht und logische Klinik Sorpesee und schätzen wird im Sommer abgeschlossen sein. Die NKS hier besonders die jahrzehntelange erfüllte alle Kriterien, die der Anforderungska- Erfahrung im Umgang mit und in der talog der Deutschen Parkinson Vereinigung e. V. Behandlung von neurodegenerativen Erkrankun- abgefragt hat. Allein schon die weit mehr als gen. Tradition und Moderne sind in dieser Klinik 500 Parkinson Behandlungsfälle des Jahres 2019 für den Patienten da. Zur familiären Atmosphäre geben einen eindeutigen Beleg für die Expertise trägt maßgeblich das fast einhundert Köpfe zäh- des gesamten NKS-Teams. Im Detail erfüllt die lende Team der Klinik bei. Der Patient im Mittel- Klinik von der baulichen Gestaltung, der diagnos- punkt – in der Neurologischen Klinik Sorpesee ist tischen Ausstattung, des Patientenmanagement- das mehr als nur ein oberflächliches Bekenntnis, Prozesses, des therapeutischen Angebotes, der sondern gelebter Alltag auf Stationen und in den personellen Besetzung sowie in den Bereichen Therapieeinheiten. Öffentlichkeitsarbeit und Qualitätsmanagement alle Kriterien und Anforderungen, die an eine moderne Parkinson-Fachklinik gestellt werden können. Sowohl kurze diagnostische Aufenthal- te als auch mehrwöchige Komplex- behandlungen, werden in der Klinik angeboten. Die Länge des Aufenthal- tes und die Intensität der Behandlung werden individuell und patientenspe- zifisch am Aufnahmetag des Patienten festgelegt. Je nach Entwicklung des Patienten sind Abweichungen im Sinne von Verkürzungen oder Verlän- gerungen möglich. 4mittelpunkt
Seit 2016 gehört die Klinik zum Medizinischen sammenarbeit zwischen dem Schmerzmediziner, Versorgungszentrum Prof. Dr. Uhlenbrock und den Fachärzten für Physikalische und Rehabilita- Partner. Zum Unternehmen gehören neben tive Medizin und dem Therapeutenteam statt. diversen radiologischen Praxen im gesamten Täglich findet mittags eine interdisziplinäre östlichen Ruhrgebiet auch weitere Standorte im Besprechung statt, in der die Neuaufnahmen Münsterland und in Lippstadt. Aufgrund der des Tages vorgestellt und der geplante stationäre Kooperationsmöglichkeiten zwischen den ein- Verlauf besprochen werden. An dieser Bespre- zelnen Standorten sind alle radiologischen und chung nehmen alle Ärzte und stellvertretend ein nuklearmedizinischen Untersuchungen auch für Therapeut der jeweiligen Profession teil. Einmal die Patienten der Neurologischen Klinik Sorpesee wöchentlich findet dieser Austausch in der Kom- sehr zeitnah möglich und werden innerhalb und plexbehandlungsbesprechung in noch größerer außerhalb des stationären Aufenthaltes für die Runde statt. Hier treffen sich alle am Patienten Patienten organisiert. arbeitenden Professionen (Ärzte, Pflege, Thera- pie, Sozialdienst), um ein gemeinsames Bild des Die Klinik verfügt über 54 Betten, die auf fünf Patienten zu erhalten und die medizinische und Stationen aufgeteilt sind. Eine dieser Stationen therapeutische Behandlung zu optimieren und ist die im Jahr 2019 eröffnete Komfortstation. Sie aufeinander abstimmen zu können. verfügt über sehr geräumige Einzel- und Doppel- zimmer in modernster Ausstattung. Für jede Sta- Die Therapeuten sind im 2013 neu erbauten The- tion ist eine Bereichspflegekraft zuständig, damit rapiezentrum tätig, in dem sich die unterschied- die Patienten jederzeit einen Ansprechpartner lichsten, modernen therapeutischen Geräte und haben, der mit dem eigenen Fall vertraut ist. Medien befinden, an und mit denen zahlreiche Um das bestmögliche Behandlungsziel für den Therapiemöglichkeiten angeboten werden kön- Patienten erreichen zu können, ist das gesamte nen. Wenn es gewünscht oder erforderlich ist, Personal in den neurologischen Störungsbildern werden die Patienten durch die Mitarbeiter des besonders geschult und weitergebildet. Darü- Transferdienstes zu ihren Therapien begleitet. ber hinaus bietet die Klinik eine multimodale Um einen stationären Aufenthalt in der neurolo- Schmerztherapie an, bei der jegliche Arten chro- gischen Akutklinik antreten zu können, ist eine nischer Schmerzen behandelt werden. Sehr häu- Überweisung des Hausarztes, des Neurologen fig handelt es sich hierbei um Rückenschmerzen, oder eines anderen Facharztes notwendig. nicht selten verursacht durch Haltungsprobleme, Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne jeder wie sie auch bei Parkinsonerkrankten auftreten. Zeit unter der Telefonnummer 02935 807-0 zur Diese Behandlung findet in der Regel in enger Zu- Verfügung. Ausgabe 1/2020 5
Das Therapiekonzept der Neurologischen Klinik Sorpesee Der erste Kontakt zur Klinik erfolgt in der Zur Unterstützung der medikamentösen Regel telefonisch, durch die Mitarbeiter des Einstellung durch den Arzt bekommt jeder Patientenmanagements. Die stationäre Auf- Patient ein Bewegungsprotokoll ausgehän- nahme sollte zwischen 8:00 und 10:00 Uhr digt, um seine Mobilität stündlich erfassen zu stattfinden, um einen reibungslosen Ablauf können. Dies erleichtert eine Optimierung der zu gewährleisten. Medikation und ermöglicht dem Patienten, aktiv an einer Verbesserung seiner Beweglich- Nach der administrativen Datenerhebung fol- keit mitzuwirken. gen die Aufnahmen durch die Pflegefachkräf- te, den behandelnden Arzt und die verschie- Zur Unterstützung und zur Vorbereitung auf denen Therapiebereiche (Physiotherapie, den Alltag zu Hause findet zweimal wöchent- Ergotherapie, Logopädie und Psychologie bei lich eine Beratung durch eine Mitarbeiterin Bedarf). des Entlassungsmanagements für Patienten und Angehörige statt. Hier wird unter ande- Während dieser Aufnahmen werden gemein- rem der Umgang mit Medikamenten geschult, sam mit dem Patienten und nach Wunsch eine eventuell benötigte Hilfsmittelversor- auch mit den Angehörigen Therapieziele gung besprochen oder auch durch prakti- festgelegt und ein individueller Terminplan sche Übungen und Anleitungen unterstützt. erstellt. Sollte es gewünscht sein, ist auch jederzeit ein Gespräch mit dem Sozialdienst möglich. Nach der ärztlichen Befundaufnahme wird Hier können Sie sich beraten lassen, wenn die voraussichtliche Dauer des Aufenthal- es beispielsweise um den Antrag auf eine tes festgelegt. Diese liegt im Ermessen des Schwerbehinderung, einen Pflegegrad oder behandelnden Arztes, kann sich aber im ähnliches geht. Verlaufe der stationären Behandlung auch noch ändern. Über das Entlassungsdatum wird der Patient einige Tage zuvor informiert und bei Bedarf Da die Parkinsonbehandlung immer eine auch gerne durch die zuständige Pflegefach- Kombination aus medikamentöser Ein- kraft und das Patientenmanagement unter- stellung und therapeutischer Behandlung stützt. ist, findet neben den täglichen Visiten eine wöchentliche, interdisziplinäre Teambespre- chung statt. Hier tauschen sich die Mitarbei- ter der unterschiedlichen Therapiebereiche mit den Kollegen aus dem pflegerischen und ärztlichen Bereich zum aktuellen Zustand des Patienten aus und legen Ziele für die nächste Woche fest. 6mittelpunkt
Der Neurologischen Klinik Sorpesee stehen als Fachkrankenhaus mit einer Gesamtbettenzahl von 54 Betten insgesamt 97 Mitarbeiter zur Verfügung. • 2 Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie • 6 Fachärzte für Neurologie • 1 Facharzt für Anästhesie und Schmerzmedizin • 2 Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin (in Kooperation) • Fachärzte für Neuroradiologie und Nuklearmedizin (in Kooperation) • 2 Assistenzärzte • 35 Mitarbeiter im Pflege- und Funktionsdienst (dreijährig und einjährig examiniert) • 1 Hygienefachkraft • 3 Mitarbeiter für interne und externe Patienten begleitung Die Neurologische Klinik Sorpesee bietet • 16 Therapiemitarbeiter eine Kombination aus folgenden Therapie- • 1 Mitarbeiter im Sozialdienst und Behandlungsbereichen an: • 18 Mitarbeiter im Hauswirtschaftsbereich • Physiotherapie / Physikalische Therapie • 10 Mitarbeiter im Verwaltungsbereich • Ergotherapie • 2 Mitarbeiter Haustechnik • Logopädie (bei Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen) • Psychologische Beratung / Neuropsychologie • Sporttherapie • Arbeitsplatztraining • Musiktherapie / Tanztherapie • Aktivierende Pflege • Wundversorgung • Sturz- und Schmerzmanagement • Pflege- und Kontinenzberatung Ausgabe 1/2020 7
An diesen Symptomen erkennt man die tückische Nervenerkrankung Wann ist es Parkinson und wann sieht es nur so aus? Gut 60 bis 70 Prozent der Syndrome sind tatsäch- lich auf eine Erkrankung an Morbus Parkinson zurückzuführen. Hier hat man es dann mit dem idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) zu tun. IPS wird gekennzeichnet durch den »Untergang von Nervenzellen« und Mediziner sprechen von einer neurodegenerativen Systemerkrankung, bei der die Nervenzellen in der sogenannten Schwar- zen Substanz des Mittelhirns zugrunde gehen. rfahrene Mediziner und Therapeuten Durch verschiedene Begleitsymptome ist das IPS E können schon mit ein wenig Beobach- zu beobachten. tung und ersten Diagnoseschritten erkennen, ob ein Patient tatsächlich an Die Patienten leiden vermehrt unter Verstopfung. Parkinson erkrankt ist oder ob die Symp- Heute weiß man, dass es eine direkte Verbin- tome nur so ähnlich aussehen, aber eine andere dung zwischen dem Magen-Darm-Trakt und den Grunderkrankung vorliegt. Für den interessierten Hirnstammbereichen gibt und kann den Einfluss Laien ist das im Prinzip auch möglich. Man muss von bestimmten Eiweißablagerungen (Levi-Kör- nur wissen, worauf zu achten ist. Wenn Angehö- per) belegen. Diese sind zum Beispiel auch für rige mit diesem Wissen aufmerksam beobachtet Riechstörungen, unter denen Patienten mit IPS werden, kann vielleicht so manche Parkinson- im Frühstadium der Erkrankung häufig leiden, Symptomatik schon viel früher erkannt und den verantwortlich. Dazu kommen Schlafstörun- Betroffenen geholfen werden. Letztlich wird gen, die vor allem in der wichtigen Traumphase allerdings nur ein Neurologe sicher klären kön- des Schlafes auftreten. Die Patienten träumen nen, ob schon Therapieschritte notwendig sind. lebhaft, schlafen nicht nur unruhig, sondern Chefarzt Prof. Dr. Candan Depboylu, Ärztlicher schreien und schlagen unkontrolliert um sich. Direktor der Neurologischen Klinik Sorpesee, hat Einige fallen sogar aus dem Bett oder verletzen uns erklärt, wie die verschiedenen Parkinson- ihren Bettnachbarn. Die Krankheit ist also schon Erkrankungen aufgeteilt werden. früh an den nicht-motorischen Störungen zu vermuten. Man unterscheidet die »echte« (idiopathische) Parkinson’sche Krankheit, im medizinischen Schlafstörungen sind gut im Schlaflabor zu Jargon auch Morbus Parkinson genannt, von der erkennen. Kommen dann noch Riechstörungen, Gruppe der symptomatischen und atypischen häufige Verstopfung, gelegentliche Depressionen, Parkinson-Syndrome. Zu diesen Parkinson-Syn- Tagesmüdigkeit, unkontrollierter Speichelfluss dromen gehören motorische und nicht-motori- und vermehrter nächtlicher Harndrang dazu, sche Störungsbilder, die sowohl in der einen, der können das erste Anzeichen für nachfolgende »echten« Gruppe, wie auch in der anderen, der Bewegungsstörungen und in der Kombination symptomatischen beziehungsweise atypischen und Gesamtbetrachtung dann sichere Anzeichen Patientengruppe vorkommen. für einen IPS sein. 8mittelpunkt
Substantia Nigra Neuron Zur Sicherung der Diagnose Morbus Parkinson wird die Substantia nigra im Hirnstamm bereich mittels Ultraschall untersucht. Zeigen sich dort auffällige Flecken, sind das Zeichen für eine typische, idiopathische Parkinsonsche Krankheit. Der Neurologe wird immer zuerst die möglicher- Die Entwicklung des IPS lässt sich grob in fünf weise nicht so beachteten nicht-motorischen Stadien einteilen: Störungen erfragen. Sind motorische Störungen 1. erste nicht-motorische Symptome und bei den schon vorhanden und sind diese zuerst einseitig Bewegungsstörungen strenge Einseitigkeit. aufgetreten, könnte diese ernstzunehmende Hin- Das erste Stadium dauert im Schnitt gut fünf weise auf ein IPS liefern. Die einseitig auftreten- Jahre. den motorischen Störungen können sehr leicht 2. Motorische Störungen betreffen zusätzlich erkannt werden: Wenn zum Beispiel beim Gehen auch die andere Körperseite nur ein Arm des Patienten mitschwingt oder ein 3. Einschränkungen der Stand- und Haltereflexe deutlicher Unterschied zwischen einem Haltezit- im vierten bis achten Jahr der Erkrankung. tern und einem Aktionszittern besteht. 4. Die Patienten sind zunehmend auch auf frem- de Hilfe angewiesen. Zu den motorischen Syndromen gehören Rigor 5. Dauerhafte Bettlägerigkeit. (Erhöhung der Muskelspannung / Ruhespan- nung), Akinese (Verlangsamung der Bewegungen) Ein Nachweis des IPS lässt sich mit einem soge- und Tremor (Zittern). Für eine sichere Diagnose nannten L-Dopa-Test führen. Dopamin ist ein des IPS ist die Feststellung von mindestens zwei Botenstoff, der die Nachrichtenübertragung der dieser Störungsbilder notwendig. Das wird vom Nervenzellen ermöglicht. Fehlt dieser Botenstoff, Neurologen durch Beobachtung und differenzier- kommt es zu den geschilderten motorischen te Untersuchungen festgestellt. Der Arzt forscht Störungen. Verschwinden nach einer L-Dopa-Me- jetzt aber in der Krankengeschichte des Patienten dikation gut 50 bis 60 Prozent der Symptome, nach eindeutigen Zeichen und fragt nach den handelt es sich bei der Erkrankung tatsächlich Beobachtungen der Angehörigen. um den IPS. Nach diesem Test verspüren die 10mittelpunkt
ca. Das Parkinson-Syndrom-Haus: 5% Kommen Patienten mit einer Überweisung Hereditäre Parkinson-Syndrome zur Sicherung eines Parkinson-Anfangs- (vererbte Parkinson Krankeit) verdachts in die Neurologische Klinik Sorpesee, werden in vielen Gesprächen ca. mit den Betroffenen und natürlich mit den 25 % Angehörigen die verschiedenen »Stock- Sekundäre Parkinson-Syndrome werke« durchleuchtet. (symptomatisch/atypisch) wir wissen dann, dass der Patient kein Morbus ca. Parkinson hat«, erklärt Chefarzt Prof. Dr. Candan 70 % Idiopatisches Parkinson-Syndrom (IPS) Morbus Parkinson Depboylu. Er vergleicht die verschiedenen Parkinson-Syn- drome mit den Etagen eines dreistöckigen Hauses. Im Erdgeschoss und in der ersten Etage sind die idiopathischen, also die »echten« Parkin- son-Symptome zu Hause. Sie belegen im Haus einen gut 70-prozentigen Anteil. In der zweiten Etage sieht er die symptomatischen Parkinson- Syndrome, die vaskulär oder medikamenten- gesteuert entstehen. Diese beiden symptoma- tischen Syndromgruppen teilen sich die zweite Etage, die insgesamt einen Hausanteil von gut 25 % belegt. Im Dachgeschoss siedelt Prof. Dr. Patienten eine deutliche Besserung des Allge- Depboylu die atypischen Syndrome mit einem meinzustands und viele erleben eine geradezu Gesamtanteil von nicht mehr als 10 Prozent an. euphorische Phase. Die Mediziner kennzeichnen dieses Stimmungshoch mit der vielsagenden Kommen Patienten mit einer Überweisung zur Umschreibung »Honeymoon-Phase«, denn viele Sicherung eines Parkinson-Anfangsverdachts Patienten fühlen sich so glücklich wie in den in die Neurologische Klinik Sorpesee, werden in Flitterwochen. Gesprächen mit den Betroffenen und natürlich mit den Angehörigen die verschiedenen »Etagen Verschwinden die Symptome mit L-Dopa aller- des Parkinson-Syndrom-Hauses« durchleuchtet. dings nicht, müssen andere Ursachen für die par- »Nach dieser umfangreichen Anamnese wissen kinsonähnlichen Störungen in Betracht gezogen wir oft, welche Maßnahmen in der gegenwärti- werden. Infrage kommen hier Nebenwirkungen gen Situation für die Patienten geeignet sind und von Medikamenten, zum Beispiel Neurolepti- welche Therapien eingeleitet werden müssen«, ka, Psychopharmaka oder schnell verordnete erklärt Prof. Dr. Candan Depboylu. Magenmedikamente, die häufig kaum kritisch hinterfragt über Jahre eingenommen werden. Morbus Parkinson gilt nach wie vor als unheilbar. Was wie ein IPS aussieht, verschwindet meist Aber eine wesentliche Option sehen die Medizi- schon durch eine Änderung der Medikation. ner trotzdem: »Wenn wir früh die Therapie begin- Auch eine höhergradige Durchblutungsstörung nen, kann die Lebensqualität der Patienten über des Gehirns kann für das Auftreten von parkin- lange Zeiträume gut erhalten bleiben«, ist Prof. sonähnlichen Symptomen verantwortlich sein. Dr. Candan Depboylu überzeugt. »An Parkinson »Liegen diese anderen Grunderkrankungen vor, selbst stirbt niemand. Wir können aber zeigen, läuft ein L-Dopa-Test zuverlässig ins Leere und wie man mit ihm wirklich gut leben kann.« Ausgabe 1/2020 11
Wöchentliche interdisziplinäre Besprechungen Im Team gegen den Schmerz Die Werler Fachärzte Eckard Weinz (r.) und Andreas Bankstahl sind regelmäßig am Mittwochnachmittag in der Neurologischen Klinik Sorpesee. icht wenige Patienten, die wegen ihrer akuten Ereignisse bei unseren Patienten«, be- N Erkrankung an Morbus Parkinson schreibt Dr. Michel das Vorgehen. Wenn in einer einen Aufenthalt in der Neurologi- Therapie der Logopäden oder der Ergo- oder schen Klinik Sorpesee (NKS) haben, Physiotherapeuten ein Schmerzereignis auffällt, leiden auch an Rückenschmerzen. ist die Mittwochsrunde das geeignete Forum, »Aber Rückenschmerzen sind nicht immer und um mehrere Meinungen zur möglichen Ursache automatisch eine Parkinson-Folgeerkrankung«, einzuholen. »Gleichzeitig können wir hier auch weiß NKS-Schmerztherapeut Dr. Holger Michel. konsiliarische Untersuchungen anstoßen, die Der Vorteil, den Parkinson-Patienten bei einem dann möglichst im Anschluss an die Mittwochs- Aufenthalt in der Klinik am Sorpesee haben, ist runde stattfinden. Die Kooperationspartner sind die Zusammenarbeit von Parkinsonexperten mit dann ja schon im Haus und können sich den Schmerztherapeuten und Medizinern anderer Fällen widmen, wo Beschwerden nicht primär Fachrichtungen, beispielsweise Orthopäden mit Parkinson in Verbindung zu bringen sind«, mit weitreichenden Erfahrungen in Reha-Me- erklärt NKS-Chefarzt Prof. Dr. Candan Depboylu. dizin. Die NKS kooperiert mit der Werler Praxis von Eckard Weinz und Andreas Bankstahl, die Konkrete Fragen zu Beschwerden der Patienten sich als anerkannte Spezialisten auf dem Gebiet gibt es regelmäßig. Dabei ist es eine weitere Kern- der orthopädischen Schmerztherapie sowie als qualität der Behandler in der Neurologischen Fachärzte für physikalische und rehabilitative Klinik Sorpesee, dass auch die scheinbar routi- Medizin das Vertrauen vieler Patienten in der nemäßig auftretenden Symptome hinterfragt Region erarbeitet haben. werden. »Eine zweite Meinung ist so wichtig. Wir dürfen über den Tellerrand schauen, allein schon »In unserer Mittwochsrunde mit allen Medizi- deshalb, um andere Ursachen für Schmerzen nern und Therapeuten des Hauses sowie mit den verlässlich ausschließen zu können«, betont Dr. externen Kooperationspartnern durchleuchten Holger Michel. »Die Muskeln eines Parkinsonpa- wir auf der Suche nach Ursachen für individuelle tienten sind oft verhärtet und das schmerzt allein Schmerzen alle Neuaufnahmen und die anderen schon mächtig. Wenn der harte Muskel dann 12mittelpunkt
In der großen Mittwochsrunde sitzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Fachrichtungen und Therapie- bereichen der Klinik zusammen. Alle Aspekte zur Erkrankung und Lebenssituation der Patienten fließen in eine kritische Erörterung mit der Fragestellung: Sind wir hier auf dem richtigen Weg? Was können wir noch tun, um für den Patienten das jeweilige Optimum zu erreichen? noch an Gelenken zerrt, werden die Schmerzen um den Erfolg der Hüft-OP nicht durch unpas- sehr massiv«, weiß der NKS-Schmerztherapeut. sende Übungen zu gefährden. Auch den Hinweis, Harte Muskeln sind aber oft auch die Ursache dass Patienten, die Wirbelbrüche überstanden für andere Defekte, beispielsweise in der Folge haben, nicht auf eine vibrierende Rüttelplatte eines Beckenschiefstands, der wiederum eine dürfen, geben wir immer wieder gerne. Vieles Menge anderer Probleme mit sich bringt. »Das weiß das Therapeutenteam allerdings auch schon muss einem Neurologen nicht unbedingt so- von allein und aus Erfahrung, aber immer wieder fort auffallen. Aber durch die gemeinschaftlich ist hier die Wiederholung ein wichtiger Faktor«, ganzheitliche Sicht der Mittwochsrunde, in der erklärt Dr. Eckhard Weinz. Orthopäden und Physiotherapeuten ihre Mei- nung einbringen, finden wir für unsere Patienten Der Fokus aller Beteiligten an der Mittwochsrun- häufig ein individuell passendes Vorgehen, das de ist nach wie vor die neurologische Behandlung zum Beispiel neurologische Therapie und die und danach erst der Ausschluss anderer Erkran- orthopädisch-physiotherapeutische Behandlung kungen. Die wenigen Einzelfälle, in denen andere kombiniert und miteinander im Sinne des Patien- Erkrankungen ursächlich für Probleme der tenwohls umsetzt«, betont NKS-Chefarzt Prof. Dr. NKS-Patienten sein könnten, werden durch die Candan Depboylu das medizinische Konzept und Kooperation und die Diskussion auf Augenhöhe die Strategie im Team der Neurologischen Klinik sicher erkannt. Sorpesee. Die Orthopäden im Team der Mittwochsrunde geben ihren Expertenrat vermehrt auch dann weiter, wenn ein Parkinson-Patient im Anschluss an eine Hüft-Operation in die Neurologische Kli- nik Sorpesee kommt. »Hier geht es häufig um die Frage, welche Therapien der Patient mit neuer Hüfte überhaupt machen darf und machen sollte, Ausgabe 1/2020 13
Parkinsonassistenten in der Neurologischen Klinik Sorpesee Wenn die Füße am Boden kleben o eine Situation kann jeden Tag vor- leitenden Tendenzen sind wichtig für die weitere S kommen: Ein Parkinsonerkrankter Behandlung und medikamentöse Einstellung. kann plötzlich nicht mehr weitergehen Deshalb wird gemeinsam mit jedem Patienten und »friert« in seiner momentanen ein stündliches Bewegungsprotokoll geführt«, Haltung einfach ein. Was hier idealer- erklärt Gesundheits- und Krankenpflegerin Marie weise getan werden muss, wissen die Parkinson- Kremer. Das Wissen und der geschulte Blick der assistentInnen der Neurologischen Klinik Sorpe- Parkinsonassistenten hilft dem Behandlerteam see (NKS) genau. sehr. »Wenn ein Parkinsonerkrankter unbeweglich »Unser geschulter Umgang hilft auch den Ange- stehen bleibt, kann das ganz banale Gründe ha- hörigen, die manchmal meinen, der Parkinson- ben und zum Beispiel daran liegen, dass sich das patient verweigere Bewegung und Reaktion Muster auf dem Fußboden ändert«, weiß Jutta absichtlich oder aus Trotz. Es kostet uns immer Voigt aus Erfahrung. Sie ist Krankenschwester wieder viel Zeit, hier klarzumachen, dass dies und speziell weitergebildete Parkinsonassisten- zum Morbus Parkinson gehört«, wirbt Jutta Voigt tin. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen im um Verständnis. »Wir geben den Angehörigen Pflegeteam der Neurologischen Klinik Sorpesee eine Reihe von Tipps, damit sie wissen, wie sie haben für solche Fälle eine Reihe von einfachen im Alltag zu Hause reagieren können und was »Tricks«, wie der Patient selbst diesen Zustand sie machen sollten, ohne ›ungerecht‹ zu werden. überwinden kann. »Ich halte ihm einfach meinen Das Verständnis für die Erkrankung an Parkinson Fuß vor seine Füße und bitte ihn, darüber zu wächst bei ihnen natürlich mit der Erfahrung.« steigen. Das funktioniert immer und zumindest so lange, bis sich das Fußbodenmuster wieder Große Schwierigkeiten kann es häufig geben, ändert. Dann wiederholt man das eben «, erklärt wenn es zu anderen akuten Erkrankungen Parkinsonassistent Johannes Vehring, der mit kommt. »Wenn Parkinsonpatienten beispiels- geschultem Blick auch schon außerhalb der Kli- weise eine neue Hüfte bekommen, sollten sie nik manchem Parkinsonpatienten in ähnlichen danach nicht in eine Reha-Klinik wechseln, Situationen helfen konnte. sondern besser zur Parkinsonkomplexbehand- lung in eine Fachklinik kommen, da hier ein viel Als Parkinson-Fachklinik beschäftigt die Neuro- breiteres Wissen zur speziellen Problematik bei logische Klinik Sorpesee eine Reihe von ausgebil- Bewegungsstörungen vorhanden ist«, gibt Marie deten ParkinsonassistentInnen. Diese arbeiten Kremer zu bedenken. Dabei auch wichtig: Nach sehr eng mit den Medizinern zusammen, und großen Operationen kommt es nicht selten zu weil ihre täglichen Patientenkontakte deutlich Schwierigkeit mit der medikamentösen Einstel- häufiger und intensiver sind, können sie eine lung, die in einer orthopädischen Reha-Klinik realistische Einschätzung zum Zustand der häufig nicht zu lösen sind. Patienten geben. »Wir können gute Angaben über den Tagesverlauf machen. Der ist bei Parkinson Für die pflegenden Kolleginnen und Kollegen der leider nicht immer linear vorhersehbar. Das, was Fachrichtungen anderer Kliniken veranstaltet ein Patient morgens um 7 Uhr noch konnte, kann die Neurologische Klinik Sorpesee regelmäßig um 11 Uhr schon nicht mehr funktionieren. Und Info-Veranstaltungen, damit die dort eingewie- um 15 Uhr, wenn Angehörige zu Besuch kommen, senen Parkinsonpatienten nicht in kurzer Zeit ist der Zustand wieder anders. Die daraus abzu- durch falsche Therapien in ihrem Zustand weit 14mittelpunkt
Johannes Vehring (l.), Jutta Voigt (Mitte) und Case-Managerin Marie Kremer (r.) gehören zum Team der Parkinsonassistenten im Pflegedienst der Neurologischen Klinik Sorpesee. zurückgeworfen werden. Die Erfolge, die Pati- Zu der wöchentlichen Beratung kann, wenn enten in der Neurologischen Klinik Sorpesee gewünscht, auch eine psychologische Beratung erzielt haben, sind zum Beispiel durch falsche oder eine physiotherapeutische Schulung gehö- beziehungsweise unpünktliche Medikation oder ren, damit die Angehörigen der Patienten gut andere nicht passende Therapien und Behand- informiert sind und ausreichende Unterstützung lungen schnell verspielt. bekommen. »Wir machen uns stark für eine ›akti- vierende Pflege‹, bei der den Patienten auch Zeit »Zweimal wöchentlich bieten wir eine Pflegebe- zugestanden wird, bestimmte Handlungen selbst ratung für Angehörige an. Hier geht es um die und eigenständig zu erledigen, auch wenn das häusliche Nachsorge und die weitere ambulante erheblich mehr unserer Zeit kostet«, betont Pfle- Versorgung. In der Pflegeberatung bereiten wir gedienstleiterin Sandra Gabriel. Die aktivierende die Angehörigen auf viele Situationen im Alltag Pflege ist der Standard in der Parkinson-Fach- vor oder beantworten offene Fragen«, weist Marie klinik am Sorpesee. Entsprechend groß ist der Kremer auf einen besonderen Service des Teams Personalschlüssel angelegt, damit »Zeit haben« in der Neurologischen Klinik Sorpesee hin. Sie nicht dem »Zeitdruck durch zu wenig Personal« selbst bringt als sogenannte Case-Managerin die geopfert werden muss. pflegerische Erfahrung und Kompetenz in die Beratung ein. Die Mitarbeiterin des Sozialdiens- tes ergänzt bei Bedarf die sozialrechtlich orien- tierten Aspekte, wie zum Beispiel das Beantragen der Anerkennung eines Pflegegrades oder einer Schwerbehinderung. Ausgabe 1/2020 15
Schluss mit Trippeln und Flüstern Kräftige Stimme und große Schritte in besonderes Therapieprinzip zur E Intensive Einzeltherapie Behandlung der Parkinson-Krankheit Im Unterschied zu anderen physio- und er und ihrer Symptome stellt das Lee Sil- gotherapeutischen Maßnahmen wird eine verman Voice Treatment (lsvt®)-Pro- LSVT®-BIG-Therapie ausschließlich als inten gramm dar. Mit diesem speziellen Trai- sive Einzeltherapie durchgeführt. Das Konzept ning sollen sowohl Stimm- und Sprechstörungen der BIG-Therapie dauert wenige Wochen und (lsvt®-loud) therapiert als auch die Beweglich- sollte regelmäßig wiederholt werden. Der Pati keit (lsvt®-big) verbessert werden. Die Therapie ent wendet die gelernten »BIG-Bewegungen« für Parkinsonpatienten in der Neurologischen im Alltag an und »übt« somit permanent. Klinik Sorpesee (NKS) lehnt sich in der Physio- und Ergotherapie an diese lsvt-big-Vorgaben Entsprechend einer durchgeführten Wirksam an. Das mehrwöchig geplante Training zielt keits-Studie des Neurologischen Fachkranken hauses Beelitz-Heilstätten, profitieren Patien bewusst auf die Wiedererlangung von Beweglich- ten in früheren und mittleren Krankheitsstadien keit und Orientierung im Raum. Davon profitie- deutlich mehr von der BIG Therapie, als schwe ren vor allem die Patienten im Anfangsstadium rer betroffene Patienten. Dennoch können die der Parkinson-Krankheit. Maximalübungen individuell für den Patienten angepasst werden, sodass die LSVT-BIG Thera Bewegung und Lage im Raum pie auch in den späteren Krankheitsstadien an gewendet werden kann. Zu den auffälligsten Symptomen bei der Erkran- kung an Morbus Parkinson zählt die Veränderung Physiotherapie und Erscheinungsform von Beweglichkeit. »Pa- · Posturales Training tienten, die an Morbus Parkinson erkrankt sind, · Gleichgewichtsübungen · Gangtraining fallen unter anderem durch ein kleinschrittiges, · Therapien nach Bobath, Vojta, PNF schmalspuriges und verlangsamtes Gangbild auf. · Therapien in Anlehnung an das Darüber hinaus verlieren sie im Laufe der Erkran- LSVT-BIG-Konzept kung immer mehr das Gefühl für normal große · Sporttherapie/Nordic Walking Bewegungen und Bewegungsmuster. Resultie- · Laufbandtraining rend daraus können Patienten ein endgradiges · Gruppentherapie Bewegen der großen und kleinen Gelenke nicht · Physikalische Therapie mehr initiieren. Ihnen geht das Gefühl für Bewe- gung und für die Lage im Raum verloren«, weiß Ergotherapie NKS-Physiotherapeutin Lisa Fisahn. Die Expertin · ADL-Training inklusive Hilfsmittelbera spricht von einer »veränderten Kalibrierung«, die tung und –training (z. B. Anziehtraining, Ess durch die lsvt-big Therapie mit ihrem konti- training) · Förderung zielgerichteter und funktioneller nuierlichen und sich wiederholenden Training Bewegungen des Rumpfes und der oberen »rekalibriert« werden kann. Extremitäten · Förderung der Geschicklichkeit und Das Gefühl für Größe trainieren Beweglichkeit der Hände · Graphomotoriktraining Patienten mit der Diagnose Morbus Parkinson · Hirnleistungstraining erhalten in der NKS innerhalb der Trainingsein- · Gerätegestütztes Aktivitätstraining heiten wiederholt den Auftrag, große Bewe- 16mittelpunkt
Die folgenden Übungen ÜBUNG 1 Vom Boden zur Decke sind an das BIG-Pro- Groß beginnen – groß strecken – groß gramm angelehnt und nach unten – groß hoch – zurück bis 10 halten – groß enden können ganz einfach Ausgangsposition: In großer Haltung jeden Tag auch zu Hause an der Stuhlkante sitzen durchgeführt werden. 1. Groß nach vorne strecken 2. Groß nach unten strecken 3. Groß nach oben strecken 4. Groß mit Händen auf den Oberschenkeln enden 5. Wiederholen gungen durchzuführen. »Uns Nichterkrankten kommen diese Bewegungen und Bewegungsmus- ter normal groß vor. Wenn man mir sagt, mache einen großen Schritt, dann mache ich einen großen Schritt. Verlangen Sie dieses jedoch von einem Parkinsonpatienten, ist die Schrittfolge vergleichsweise minimalistisch«, hat NKS-Phy- siotherapeutin Laura Hesse beobachtet. Man 1 müsse also in der Therapie das Gefühl für Größe trainieren und körperlich entsprechende Übun- gen mit den Patienten durchführen. Machen Sie es so wie ich Dazu gibt es in der BIG-Therapie sieben vorgege- bene Maximalübungen, die in einem Zeitfenster 2 von etwa 45 Minuten absolviert werden. »In wei- teren 15 Minuten verfolgen wir mit den Patienten individuelle Zielsetzungen, die sich im Rahmen der Befundaufnahme als Defizite herausgestellt haben. Diese Bewegungskomponenten beziehen sich auf alltägliche Handlungen der Patienten. Leichter gesagt, meint dies beispielsweise das ›große‹ Jacke oder Hose an- und ausziehen, sowie das ›große‹ Gehen.«, ergänzt NKS-Ergotherapeu- 3 tin Melanie Kapune. Dabei wird nicht viel gere- det, sondern konsequent vorgemacht: »Ich bin für den Patienten wie ein Spiegel. Machen Sie es so wie ich«, betont die Ergotherapeutin. Welche Übungen das sind, wird auf den folgenden Seiten erklärt. 4 5 Ausgabe 1/2020 17
ÜBUNG 2 ÜBUNG 3 ÜBUNG 4 Von Seite zu Seite Schritt vorwärts und Schritt seitwärts und Groß beginnen – groß strecken und bis strecken strecken 10 halten – groß enden Groß beginnen – großer Schritt Groß beginnen – großer Schritt vorwärts – groß enden seitwärts – groß enden Ausgangsposition: In großer Haltung an der Stuhlkante sitzen Ausgangsposition: In großer Haltung Ausgangsposition: In großer Haltung 1. Den Arm groß am Körper vorbei mit stehen stehen großer Kraft strecken 1. Mit einem Fuß einen Schritt vorwärts 1. Mit einem Schritt zur Seite treten 2. Den Rumpf drehen und das Bein der machen und groß landen. Arme und und groß landen, dabei die Arme und gleichen Seite nach hinten schieben. Hände groß öffnen Hände groß strecken 3. Halten und bis 10 zählen 2. Den gleichen Fuß mit einem großen 2. Den gleichen Fuß mit einem großen Stampfen in die Ausgangsposition Stampfen wieder in der Ausgangs 4. Groß enden mit den Händen auf den zurückstellen, dabei groß mit den position bringen und dabei mit Oberschenkeln Händen auf den Oberschenkel klat den Händen auf den Oberschenkel 5. Dann mit der anderen Seite trainie schen. klatschen ren 3. Mit dem anderen Fuß wiederholen 3. Mit dem anderen Fuß ausführen 1 1 1 2 2 2 3 3 3 4 18mittelpunkt
ÜBUNG 5 ÜBUNG 6 ÜBUNG 7 Schritt rückwärts Rock and Reach Rock and Reach Groß beginnen – großer Schritt Mit großen Armen vorwärts schwin- seitwärts seitwärts – groß enden gen – mit großen Armen rückwärts Groß beginnen – groß drehen – groß schwingen enden Ausgangsposition: In großer Haltung stehen und Hände groß nach vorne Ausgangsposition: Ein Fuß vorne. Ein Ausgangsposition: Mit großer Unterstüt strecken Fuß hinten mit breiter Standfläche in zungsfläche in großer Haltung stehen. 1. Mit einem Fuß einen großen Schritt großer Haltung und in großer Schritt stellung 1. Soweit wie möglich zur Seite drehen, nach hinten machen, dabei die Arme dabei einen Arm groß am Körper mit einer großen Bewegung nach vorbei nach vorne strecken und den 1. Vor und zurück von einem Fuß auf hinten führen anderen Arm nach hinten. Die Arme den andere schwingen. Kein zusätzli 2. Den gleichen Fuß mit einem großen cher Schritt. so groß wie möglich öffnen. Stampfen wieder in der Ausgangs 2. In die Ausgangsposition zurück position bringen und dabei die Hände 2. Dann mit den Armen groß vor und drehen, mit den Händen groß auf groß nach vorne strecken zurück schwingen. die Oberschenkel klatschen und in 3. Mit dem anderen Fuß ausführen 3. Mit dem anderen Fuß vorne wieder großer Haltung enden. holen. 3. Zu jeder Seite wiederholen. 1 1 1 2 2 2 3 Ausgabe 1/2020 19
Wenn Parkinson die Kommunikation blockiert Sprache, Stimme, Schlucken ie Krankheit Morbus Parkinson betrifft D im fortgeschrittenen Zustand nicht nur das Bewegungssystem des Menschen, sondern häufig auch die Möglichkeiten der sprachlichen und nichtsprachli- chen Kommunikation. Ein starrer Blick, bei dem die Mimik wie eingefroren wirkt, verunsichert das Gegenüber. Zusätzlich nimmt der Betroffene Sprachprobleme wahr, welche durch häufiges Nachfragen des Gegenübers bestätigt werden. »Viele Parkinson-Patienten empfinden ihr Spre- chen deutlich, aber für die anderen ist das, was sie sagen, oft undeutlich«, hat NKS-Logopädin Kathrin Stein in vielen Fällen festgestellt. Die undeutliche Sprache schleicht sich im Verlauf der Erkrankung bei Parkinson ein. »Wir trainieren hier in erster Linie das Schlucken, Sprechen, die Stimme und Sprache und das richtige Atmen - möglichst in einem Übungszyklus. Zur Kontrolle der eigenen Lautstärke beim Sprechen und Rufen zeigen wir den Patienten mit einem Lautstärke- wird, da durch eine gute Haltung Schluckprob- messgerät, welche Erfolge sie erzielen können lemen bis zu einem gewissen Grad entgegenge- oder bereits erzielt haben«, beschreibt Kathrin wirkt werden kann«, beschreibt Kathrin Stein. So Stein einen Teil ihres Vorgehens. Die individuelle überschneiden sich in der Neurologischen Klinik Therapie orientiert sich am Parkinsonstadium Sorpesee die verschiedenen Therapiebereiche. des Patienten und kann auch vorsorglich (präven- Die morgendliche Teamsitzung der Therapeuten tiv) eingesetzt werden. »Wir zeigen den Patienten hilft bei der individuellen Abstimmung. »Auch und Angehörigen auch, was sie zu Hause üben mit den anderen Bereichen stimmen wir uns ab. sollten. Die Aufklärungsarbeit für Patienten und So kann es sein, dass wegen bestehender Schluck- Angehörige nimmt einen wichtigen Bereich ein«, probleme die Kostform angepasst werden muss«, erklärt die Logopädin. ergänzt die Logopädin. Umgekehrt lernen auch die Logopäden von den anderen Parkinsonexper- Wie wichtig aber die fachübergreifende Zusam- ten in allen Bereichen und erhalten so wertvolle menarbeit im Therapeutenteam ist, zeigt sich Tipps, die ihnen bei der Arbeit sehr helfen. am Beispiel der logopädischen Behandlung von Schluckproblemen. »Wir koordinieren unsere Für viele Parkinsonpatienten ist die Logopädie Therapien mit den anderen Fachrichtungen und wie auch die anderen Therapiebereiche fordernd, informieren uns gegenseitig über den körperli- weshalb die neurologische Fachklinik auch chen und geistigen (kognitiven) Status der Pati- immer für lockere Angebote sorgt. Großen Erfolg enten. Wir überlegen, wie wir Therapien kombi- und Zuspruch hat das gemeinsame Singen. »Wäh- nieren können. Dabei arbeiten wir beispielsweise rend des stationären Aufenthaltes treffen wir uns bei der »Mobilisation der Patienten in den Sitz« regelmäßig und singen gemeinsam«, beschreibt eng mit der Physiotherapie zusammen. Ziel ist Kathrin Stein. Die bisherige Resonanz ist sehr gut es, dass dem Betroffenen das Essen erleichtert und die Begeisterung der Patienten groß. 20mittelpunkt
Kathrin Stein zeigt den Patienten unter anderem, wie sie mit Hilfe des eigenen Spiegelbildes die Übungen in der Logopädie selbst kontrollieren können. Ausgabe 1/2020 21
Musiktherapie in der NKS Musik und Rhythmus sind Therapie und Entspannung eit Januar 2020 bietet die Neurolo- derherstellung der Psyche und der körperlichen S gische Klinik Sorpesee einen neuen Gesundheit. Ein gezielter Einsatz von Klängen Therapiezweig an: In der Musik- führt zu tiefer Entspannung und Harmonie. therapie ist nun Iris Martins für die Behandlung mit passenden Tönen Iris Martins schwört auf die sogenannte Klangdu- und Klängen zuständig. Sie hat eine Ausbildung sche. Mit einer Koshi, oder auch einem soge- zur Musik- und Klangtherapeutin absolviert und nannten Glockenspiel, lässt sie die verschiedenen hat schon in den ersten Wochen mit dem neuen Töne vom Kopf bis zu den Füßen des auf einem Angebot beste Erfahrungen gemacht: »Musik Stuhl sitzenden Patienten klingen. Minimale entspannt und Klänge lösen Gefühle aus, die Bewegungen stoßen im Innern der Koshi leise uns in Verbindung mit Orten und Menschen und kräftige Töne an. Innerhalb von circa 20 in gute Stimmung bringen – das verläuft ganz Minuten umkreist sie den Patienten sieben Mal. intuitiv«, weiß die NKS-Musiktherapeutin. »Die »Im Ergebnis fördern wir damit Entspannung, Patienten merken zunächst gar nicht, dass Musik Stressbewältigung und steigern die innere Ruhe«, und Rhythmus auch Therapie sind und eng zur ist sie überzeugt. Behandlung gehören. Musik sorgt bei vielen Pati- enten für eine positive Grundhaltung, die sich im Neuestes Objekt in der Musiktherapie ist ein Kampf gegen die Erkrankung zur starken Kraft Klangstuhl. Auf jeder Seite des Stuhls sind 18 entwickelt«, hat Iris Martins festgestellt. Klaviersaiten gespannt. Damit sind Töne nicht nur hörbar, sondern durch die Übertragung der Die Wirksamkeit von Klängen ist sowohl bei Schwingungen auch spürbar. Zudem werden somatischen Erkrankungen als auch bei psychi- auf dem Klangstuhl körperliche und emotionale schen Problemen mit positiver Entwicklung zu Spannungen gelöst und die innere Ruhe geför- beobachten. Sie dienen der Erhaltung und Wie- dert. 22mittelpunkt
Musiktherapeutin Iris Martins sind nicht nur die Ergebnisse beim Instrumentenbau wichtig, sondern vor allem auch der Arbeitsprozess. Durch die Schwingungen der außen gespannten Klaviersaiten ermöglicht der Klangstuhl ein völlig neues Musikempfinden und Klangerlebnis. Das hat positive Auswirkungen auf das Körpergefühl. Es besteht in der NKS zudem die Möglichkeit, eigene Instrumente herzustellen und kreativ zu gestalten. Selbst gebaut werden zurzeit Rasseln aus Kronkorken, »Rainmaker« (Regensimulation) und Rasseltrommeln. Der Instrumentenbau fördert insbesondere die Feinmotorik und ist ein sehr gutes Geschicklichkeitstraining. Dennoch steht nicht nur der Bau der Instru- mente, sondern auch das eigenständige Spielen innerhalb der Gruppen auf dem Trainingsplan. Das fördert die Dynamik, das Rhythmusgefühl und zusätzlich die Koordinationsfähigkeit der Patienten. Alles in einem lässt sich die Musiktherapie in der NKS vielfältig gestalten und anwenden. Die Er- fahrung zeigt, dass die Patienten die Therapie mit einem überwiegend positiven Gefühl verlassen und die Freude auf die nächste Einheit deutlich zu spüren ist. Ausgabe 1/2020 23
Ein besonderes Augenmerk aller Mitarbeitenden gilt der Effektivität Qualität und Kommunikation für das Patientenwohl Unsere Patienten werden in ihre Zimmer sowie zu Therapien und Untersuchungen vom Transportdienst des Hauses begleitet. Der Service wurde aufgrund von Anregungen aus der Patientenbefragung eingerichtet. »Beim QM hilf mir ein rein sachlich orientierter Blick auf die zu untersuchenden Bereiche, den ich mir als externe Mitarbeiterin – anders als zum Beispiel die Festangestellten in der Klinik – leichter unbeeinflusst erhalten kann«, bekennt die Qualitätsmanagerin. Die konstruktive und familiäre Atmosphäre in der Neurologischen Kli- nik Sorpesee (NKS) mache es dem Qualitätsma- nagement und damit ihr selbst aber sehr leicht. Sandrina Jagals ist seit 2016 in der NKS tätig. Seit 2018 ist die Klinik nach DIN-EN-ISO 9001:2015 zertifiziert und als Parkinson-Fachklinik aner- kannt. »An der NKS schätze ich die konstruktiven und motivierten Teams, mit denen mittlerweile ein sehr gutes Vertrauensverhältnis gewachsen ist. Wir kommen immer schnell zu Entscheidungen, ie Qualität eines Klinikaufenthaltes weil die Teams selbst an guten Lösungen inter- D wird für die meisten Patienten in erster essiert sind. Alle haben ein großes Interesse, die Linie an der Erreichung der gesund- Arbeit in der Klinik im Sinne des Patientenwohls heitlichen Ziele deutlich. Dass diese und der Patientensicherheit auszurichten«, lobt Ziele erreicht werden können, ist eine Sandrina Jagals. permanente Herausforderung an die Teams in Medizin, Pflege, Therapie und Ser- »Die prompte Erfüllung der Patientenwünsche vice. Nur durch das reibungslose und effektive stellt Patienten und Mitarbeiter zufrieden. Zum Zusammenspiel aller Kräfte wird erreicht, dass Beispiel bei der Speisenversorgung: Ein kurzer Patienten ihre individuell realistischen Ziele Anruf in der Küche und in der Regel kann sofort auch erreichen können. Eine der wichtigsten reagiert werden. Das findet dann auch lobend »Stellschrauben« für den Erfolg ist das Qualitäts- Eingang in die Freitextfelder der Patientenbefra- management (QM). Sandrina Jagals von der Men- gungs-Bögen«, nennt Sandra Gabriel ein klei- dener Unternehmensberatung Jagals Consulting nes Beispiel dafür, wie Qualität im Klinikalltag und Geschäftsführerin der intralean medical ohne viel Mehraufwand umsetzbar ist. Auch die GmbH hält sich ein- bis zweimal im Monat in der Freundlichkeit der MitarbeiterInnen unterei- Neurologischen Klinik Sorpesee auf. nander und gegenüber Patienten werde in den 24mittelpunkt
Sandrina Jagals prüft als Qualitätsmanagerin alle Berei- Auch der Transfer-Begleitdienst zu che und Arbeitsprozesse im Therapiesitzungen sei ein QM-Ergeb- Hause auf die Einhaltung und nis. So bleibe viel mehr Zeit für die Umsetzung der gesetzlichen eigentliche Therapie, als wenn die und hauseigenen Qualitäts- Patienten erst von den Therapeuten standards. geholt werden müssten. Die Begleitung zu den radiologischen Untersuchungen in die Dortmunder Kliniken ist ebenfalls un- verzichtbar, weil sich viele der Patienten auf sich allein gestellt in großen wie in kleinen Kliniken nicht mehr orientieren könnten. »Wir können die Therapien viel einfacher planen. Außerdem ist der Begleitdienst manchmal aus ganz prakti- schen Gründen sinngebend: Versuchen Sie mal – einen Rollator schiebend – bei Regen auch noch einen Schirm zu halten«, nennt Sandra Gabriel eine Verbesserung, die ohne den intensiven In- formationsaustausch im QM-Team vielleicht nie umgesetzt worden wäre. Fragebögen regelmäßig lobend erwähnt. »Steht ein Patient ratlos auf dem Flur, dauert es in der Sandrina Jagals führt und berät die sogenannte Regel nicht lange, bis er von MitarbeiterInnen QSA-Runde und leitet die monatlich stattfin- angesprochen wird und ihm geholfen werden denden QM-Sitzungen, an der Qualitätssiche- kann«, ergänzt Jagals die Reihe von beispielhaf- rungs-Assistenten (QSA) aus allen Bereichen ten Situationen, in denen Qualität in der NKS zur teilnehmen. Zu den Themen in der QSA-Runde Selbstverständlichkeit wird. gehören: Ergebnisse und Anregungen aus der Patientenbefragung, potenzielle Risiken und Ver- Die MitarbeiterInnen schätzen das »Full-Ser- besserung von Arbeitsabläufen sowie mögliche vice-Qualitätsmanagement« und dass durch die Veränderungen in der Organisation. Sandrina Ja- Kombination aus externer Dienstleistung und der gals moderiert die Sitzungen, gibt thematischen passenden QM-Software auch kleine Änderungen Input und sorgt für Kontinuität im Qualitäts- in z. B. Dokumenten als Service von außen vor- management. Viele der oben genannten Ver- genommen werden. Gleiches gilt für die Hinter- besserungen wurden von den Teilnehmern der legung und Aktualisierung von Standards, die in QSA-Runde angestoßen. Außerdem führt sie in- fast allen Fällen auch der Sicherheit der Patienten terne Audits (Überprüfungen der Arbeitsabläufe) dienen. Doch das sind nicht die einzigen Ziele in den Abteilungen durch, damit Schwachstellen und Ergebnisse, denen die Aufmerksamkeit des und Fehler entdeckt werden können. Dabei hilft Qualitätsmanagements gilt. ihr die Erfahrung in der QM-Arbeit aus vielen anderen Einrichtungen, denn sie kann dadurch »Wir konnten zum Beispiel erreichen, dass die Arbeitsprozesse vergleichen und die Wirksamkeit Wartezeit bei der Aufnahme drastisch verkürzt von Maßnahmen beziehungsweise Umstellungen wurde, weil wir einfach die Reihenfolge der Auf- in der Organisation beurteilen. nahmegespräche umgestellt haben. Nicht immer sieht der Arzt die Patienten zuerst, es kann auch »Für das gesamte NKS-Team ist es eine Motivati- die pflegerische Aufnahme vorher schon erfol- on, wenn die Probleme am Arbeitsplatz gemein- gen, je nachdem wie die Kapazitäten sinnvoll sam schnell gelöst werden. Die NKS-Mitarbeiter einsetzbar sind. Das geht einfach schneller, und dürfen und sollen mitdenken und bringen sich jede Neuaufnahme wird ja in der interdisziplinä- im Rahmen der Vorgaben für Kliniken entspre- ren Teamsitzung am Mittag sowieso besprochen. chend ein. Wenn dann ein Lösungsvorschlag um- Die letztliche Entscheidung über die Behand- gesetzt werden kann, fühlt sich der Mitarbeiter lung und Therapie treffen natürlich immer die bestätigt und fühlt sich wohl an seinem Arbeits- Mediziner«, nennt die Qualitätsmanagerin ein platz, den er konstruktiv mitgestalten kann«, praktisches Beispiel, wie und wo sich die Qualität nennt Sandrina Jagals einen weiteren Grund, wa- einer Einrichtung außerhalb von Medizin und rum systematische Kommunikation und schnelle Therapie zeigt. Entscheidungsprozesse so wichtig sind. Ausgabe 1/2020 25
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