Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich - Kanton Zürich

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Auszug aus dem Protokoll
des Regierungsrates des Kantons Zürich
Sitzung vom 30. Juni 2021

733. Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes als indirekter
Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur
und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» (Vernehmlassung)
Mit Schreiben vom 31. März 2021 hat das Eidgenössische Departement
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die Ver-
nehmlassung für die Revision des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über
den Natur- und Heimatschutz (NHG, SR 451) als indirekten Gegenvor-
schlag zur Volksinitiative «Für die Zukunft unserer Natur und Land-
schaft (Biodiversitätsinitiative)» eröffnet.
   Die Volksinitiative will den Schutz und die Förderung der Biodiver-
sität, der Landschaft und des baukulturellen Erbes stärken und deren
langfristigen Erhalt sichern. Sie fordert im Kern mehr Flächen für die
Natur sowie mehr Geld für die Erhaltung und Förderung der natürli-
chen Vielfalt. Der Bundesrat teilt grundsätzlich die Anliegen der Ini-
tiative, stellt ihr jedoch einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber.
Mit der Verankerung des Ziels im NHG, dass der Anteil der Biodiver-
sitäts-Schutzgebiete 17% der Landesfläche betragen soll, will er dafür
sorgen, dass schweizweit genügend Schutzfläche zugunsten der Natur
geschaffen wird. Zudem will er den besseren Schutz und die stärkere
Vernetzung von Lebensräumen für Wildtiere, den ökologischen Aus-
gleich im Siedlungsraum und eine umfassende Baukultur fördern.
   Die Absicht des Bundesrates, die wichtigen Anliegen der Initiative
aufzunehmen und gesetzlich zu verankern, ist zu begrüssen. Auch die
zugrunde liegende Einschätzung, dass die biologische und landschaft-
liche Vielfalt stärker zu schützen und zu fördern sind, wird geteilt. Ver-
schiedene Studien der letzten Jahre haben aufgezeigt, dass die Biodi-
versität in der Schweiz nach wie vor rückläufig ist und die Trivialisie-
rung der Landschaft fortschreitet (z. B.: Geschäftsprüfungskommis-
sion des Ständerates [2021]: Schutz der Biodiversität in der Schweiz;
Bundesamt für Umwelt BAFU [2017]: Biodiversität in der Schweiz: Zu-
stand und Entwicklung).
   Das geltende NHG ist eine gute Rechtsgrundlage, die grundsätzlich
alle nötigen Bestimmungen und Massnahmen enthält. Eine Revision
ist deshalb sehr sorgfältig, gezielt und so schlank wie möglich vorzu-
nehmen. Es sollen nur dort Anpassungen und Ergänzungen vorgenom-
men werden, wo tatsächlich Handlungsbedarf besteht. Dabei ist einer-
seits zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Regelungen stufenge-
recht erfolgen, und anderseits zu gewährleisten, dass die geltenden
Kompetenzen und Handlungsspielräume der verschiedenen Staatsebe-
nen erhalten bleiben.
– 2 –

   Im Bereich der Baukultur erweitert der indirekte Gegenvorschlag
das heute im NHG verankerte Schutz- und Schonungsgebot (passiver
Schutz) des heimatlichen Landschafts- und Ortsbildes, geschichtlicher
Stätten sowie der Natur- und Kulturdenkmäler um das neue Förderin­
strument «hohe Baukultur». Damit stärkt er eine hochwertige und
nachhaltige Weiterentwicklung des bestehenden Siedlungsraums sowie
eine qualitativ gute Gestaltung der Landschaft, was als richtig und
wichtig zu beurteilen ist.
   Für die Förderung der Biodiversität ist die Planung und Umsetzung
der Ökologischen Infrastruktur (ÖI) das zentrale Projekt der kommen-
den Jahre. Die ÖI besteht aus Kern- und Vernetzungsgebieten von aus-
reichender Quantität und Qualität in geeigneter Lage, welche gleich-
mässig über die Schweiz verteilt sind und zusammen mit einer biodiver-
sitätsverträglichen Nutzung der ganzen Landesfläche und der Arten-
förderung die langfristige Erhaltung der Biodiversität gewährleisten.
Der Auftrag leitet sich unter anderem aus der Strategie Biodiversität
Schweiz (2012), dem Aktionsplan Strategie Biodiversität Schweiz
(2017), der Strategie und dem Aktionsplan Klimawandel (2020) und
dem Landschaftskonzept Schweiz (2020) ab. Die kantonalen Fachstel-
len Natur und Landschaft sind über die NFA-Programmvereinbarun-
gen Naturschutz 2020–2024 verpflichtet, eine entsprechende Fachpla-
nung zu erstellen. Es ist deshalb zentral, dass die NHG-Revision dazu
genutzt wird, für die ÖI eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grund-
lage im NHG zu schaffen. Der Flächenanteil der Biodiversitätsschutz-
gebiete von 17% an der Landesfläche bis 2030 kann als Zwischenziel
zur Erreichung des Hauptziels einer funktionierenden ÖI dienen. Für
die Planung und Umsetzung der ÖI sind die Zusammenarbeit und Ko-
ordination verschiedenster Sachpolitiken mit raumwirksamen Tätig-
keiten und aller Staatsebenen erforderlich. Dazu gehören hauptsäch-
lich der Bodenschutz, die Land- und Waldwirtschaft sowie der Verkehr
und die erneuerbaren Energien. Die Abstimmung der verschiedenen
Interessen soll mit einer vorausblickenden, alle wesentlichen Interessen
beachtenden Raumplanung sachgerecht angegangen werden.
   Die vom Bund dargelegten Kostenschätzungen werden zunächst zur
Kenntnis genommen, und es ist darauf hinzuweisen, dass eine verläss-
liche Kostenermittlung erst erfolgen kann, wenn die Planungen der ÖI
in den Kantonen vorliegen. Hinzuweisen ist zudem auf die nötige Mit-
finanzierung von Stellen in den Kantonen und die Erwartung, dass sich
der Bund stärker als vorgesehen an den anfallenden Kosten beteiligt.
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Auf Antrag der Baudirektion
beschliesst der Regierungsrat:
  I. Schreiben an das Eidgenössische Departement für Umwelt, Ver-
kehr, Energie und Kommunikation, 3003 Bern (Zustellung auch per
E-Mail als PDF- und Word-Version an Franziska.Humair@bafu.ad-
min.ch):
  Mit Schreiben vom 31. März 2021 haben Sie uns eingeladen, zum
Entwurf der Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes als indi-
rekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für die Zukunft unserer
Natur und Landschaft (Biodiversitätsinitiative)» Stellung zu nehmen.
Wir danken für diese Gelegenheit und äussern uns wie folgt.

  A. Allgemeine Bemerkungen
   Wir begrüssen die Absicht des Bundesrates, die wichtigen Anliegen
der Initiative aufzunehmen und gesetzlich zu verankern, und teilen die
Einschätzung, dass die biologische und landschaftliche Vielfalt stärker
zu schützen und zu fördern ist. Vor dem Hintergrund, dass das geltende
Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz
(NHG; SR 451) bereits eine gute Rechtsgrundlage ist, sprechen wir uns
für eine gezielte und möglichst schlanke Revision aus. Dabei sollen die
gesetzlichen Regelungen stufengerecht erfolgen und die geltenden
Kompetenzen und Handlungsspielräume der verschiedenen Staatsebe-
nen erhalten bleiben. Weil die Planung und Umsetzung der Ökologi-
schen Infrastruktur (ÖI) für die Förderung der Biodiversität in den
kommenden Jahren das zentrale Projekt sein wird, ist die NHG-Revi-
sion dazu zu nutzen, für die ÖI eine hinreichend bestimmte gesetzliche
Grundlage zu schaffen. Dabei sind auf Bundesebene auch die geeigne-
ten raumplanerischen Instrumente bereitzustellen. Von zentraler Be-
deutung ist zudem, dass auf der Ebene des Bundes die Haltung zur ÖI
sachbereichsübergreifend konsolidiert wird. In diesem Zusammenhang
ist unter anderem die Thematik zu sehen, dass der Bedarf an mehr
funktionalen Schutzflächen für die Biodiversität mit den im Sachplan
Fruchtfolgeflächen festgelegten Vorgaben kollidiert.
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  B. Zu den einzelnen Bestimmungen
   1. Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz vom
1. Juli 1966
   Zu Art. 1 Bst. dter E-NHG
   Die Einführung von Art. 1 Bst. dter E-NHG wird im Grundsatz be-
grüsst. Der Begriff «Nutzen» ist jedoch zu eng gefasst, weil er einen
starken Bezug zu einem persönlichen Gebrauch nahelegt. Es ist anzu-
nehmen, dass mit der Formulierung die Ökosystemleistungen ange-
sprochen werden. Der Begriff «Leistungen» scheint deshalb besser ge-
eignet.
   Antrag: Die Formulierung von Art. 1 Bst. dter E-NHG sei zu über-
arbeiten.
   Zu Art. 12h E-NHG
   Der neue Art. 12h E-NHG wird begrüsst. Durch die Anhebung die-
ser bedeutenden Regelung von der Verordnungs- auf die Gesetzesstufe
werden das Legalitätsprinzip und die Rechtssicherheit gestärkt, ohne
dass weitergehende Kompetenzen oder Pflichten für die Kantone ge-
schaffen werden. Die neue Regelung schafft zudem eine gewisse Ver-
einfachung und zusätzliche Klarheit. Anstelle von bisher drei Regelun-
gen in unterschiedlichen Verordnungen (Verordnung vom 29. März
2017 über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler
[SR 451.11], Art. 11 Abs. 1 Verordnung vom 13. November 2019 über das
Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz [SR 451.12]
und Art. 9 Abs. 1 Verordnung vom 14. April 2010 über das Bundesin-
ventar der historischen Verkehrswege der Schweiz [SR 451.13]) soll neu
eine einzige Regelung in das NHG aufgenommen werden.
   Zu Art. 17b und 17c E-NHG
   Der neue Abschnitt 2a: Förderung der Baukultur mit den Art. 17b
und 17c E-NHG wird begrüsst. Die Verankerung der Förderung einer
hohen Baukultur im NHG wird zur Sicherstellung einer hochwertigen
und nachhaltigen Weiterentwicklung des bestehenden Siedlungsraums
und einer qualitativ guten Gestaltung der Landschaft als richtig und
wichtig beurteilt. Das Konzept «Baukultur» erweitert das heute im
NHG verankerte Schutz- und Schonungsgebot (passiver Schutz) im
Umgang mit Schutzobjekten des Heimatschutzes und der Denkmal-
pflege um die aktive Gestaltung für alle raumrelevanten Tätigkeiten
sowie durch Fördermöglichkeiten und stärkt es dadurch. Das mit
Art. 17c E-NHG geschaffene Konzept setzt auf Anreize zur Förderung
einer hohen Baukultur auf Bundes- wie auch auf Kantonsebene, ohne
weitergehende Pflichten für die Kantone zu schaffen. Was unter «hoher
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Baukultur» gemäss Art. 17b Abs. 1 E-NHG verstanden wird, soll unse-
res Erachtens auf Verordnungsstufe genauer umschrieben werden.
Neben den acht Kriterien gemäss der Erklärung von Davos sollen auch
die Faktoren «Funktionalität der nicht bebauten Umwelt», «Förderung
der Biodiversität» und «Klimaanpassung/-schutz» angeführt werden.
Die Funktionalität der nicht bebauten Umwelt gilt es zu erhalten oder
– soweit notwendig – wiederherzustellen. Dabei geht es einerseits um
eine qualitativ wertvolle Umgebungsgestaltung bei Neubauten (Frei-
raumqualität) und anderseits um die Erhaltung der Durchlässigkeit der
Landschaft (Vernetzungsfunktion). Biologische Vielfalt und baukultu-
relle Qualitäten hängen eng zusammen, indem Lebensräume in und an
Bauten eine grosse Bedeutung für zahlreiche, gerade auch bedrohte
Arten haben, z. B. bei den Vögeln oder Fledermäusen. Mit einheimi-
schen Arten begrünte Fassaden und Dächer sowie geschlossene Baum-
kronen auf Plätzen und entlang von Strassen können auch die Baukul-
tur fördern und dienen gleichzeitig als Massnahmen zur Anpassung an
den Klimawandel. Zudem soll im Rahmen einer hohen Baukultur auch
der Nutzung von erneuerbaren Energien Beachtung geschenkt werden.
   Antrag: Der Begriff «hohe Baukultur» gemäss Art. 17b Abs. 1
E-NHG sei auf Verordnungsstufe entsprechend den obigen Ausfüh-
rungen genauer zu umschreiben.
   Zu Art. 18bis E-NHG
   Wie eingangs erwähnt, wird der Fokus bei der Förderung der Biodi-
versität in den nächsten Jahren auf der Planung und Umsetzung der
Ökologischen Infrastruktur (ÖI) liegen. Der Begriff der ÖI wird dem-
entsprechend auch im erläuternden Bericht zur Vernehmlassungsvor-
lage vielfach erwähnt, findet jedoch nicht Eingang in den revidierten
Gesetzestext. Mit dem neu zu formulierenden Art. 18bis E-NHG soll für
die ÖI eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, in der die we-
sentlichen Eckpunkte auf Gesetzesstufe festgelegt werden. Weitere
Präzisierungen sollen stufengerecht in der Verordnung über den Natur-
und Heimatschutz (NHV, SR 451.1) erfolgen (z. B. Umschreibung der
Funktion und der Bestandteile der Kern- und Vernetzungsgebiete).
   Für die Planung und Umsetzung der ÖI ist die Zusammenarbeit und
Koordination verschiedenster Sachpolitiken mit raumwirksamen Tä-
tigkeiten und aller Staatsebenen erforderlich. Die Abstimmung der
verschiedenen Interessen soll mit einer vorausblickenden, alle wesent-
lichen Interessen beachtenden Raumplanung sachgerecht angegangen
werden. Der Vorschlag, wonach der Bund eine Planung nach Art. 13
des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG,
SR 700 [Konzept/Sachplan]) erstellt, dient diesem Ziel. Wir unterstüt-
zen eine solche Planung ausdrücklich.
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   In der Vernehmlassungsvorlage wird eine Flächenvorgabe von 17%
der Landesfläche ab 2030 angegeben, die dem Schutz der einheimi-
schen Tiere und Pflanzen dienen müssen. Aus fachlicher Sicht muss das
Ziel jedoch in erster Linie eine funktionierende ÖI sein und nicht ein
bestimmter Flächenanteil. Der Flächenanteil von 17% Kerngebiete
kann als Zwischenziel dienen, nicht ab 2030, sondern bis 2030. Gemäss
den auch von der Schweiz verabschiedeten Aichi-Zielen als Teil des
globalen Strategischen Plans für die Biodiversität 2011–2020 hätte die-
ses Ziel bereits 2020 erreicht sein sollen. Im neuen Art. 18bis E-NHG ist
überdies auch die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der ÖI
zu verankern.
   Anträge:
– Mit Art. 18bis E-NHG sei für die ÖI eine gesetzliche Grundlage zu
   schaffen, unter Erläuterung des Zwecks und der Funktion der ÖI
   sowie der wesentlichen Elemente (Kern- und Vernetzungsgebiete).
– Die Verantwortung aller drei Staatsebenen sei entsprechend der bis-
   herigen Zuständigkeitshierarchie zu verankern und es sei festzule-
   gen, dass bei der Umsetzung (Erstellung und Unterhalt) der ÖI alle
   Sachpolitiken mit raumwirksamen Tätigkeiten mitverantwortlich
   sind.
– Es sei für die ÖI eine zugehörige Planung nach Art. 13 RPG (Kon-
   zept/Sachplan) vorzusehen. Der Flächenanteil von 17% sei als Zwi-
   schenziel bis 2030 aufzunehmen.
– Es sei festzulegen, dass die Kantone bei ihren Bestrebungen zum
   Aufbau, zur Sicherung und zum Unterhalt der ÖI durch den Bund
   finanziell unterstützt werden.
   Weiter ist die Auf‌listung der anzurechnenden Flächen in Art. 18bis
Abs. 1 Bst. a–f E-NHG nicht stufengerecht. Eine solche Präzisierung
soll ebenfalls in der NHV erfolgen. Zudem sind die als Kern- und Ver-
netzungsgebiete geltenden Flächenkategorien unter Berücksichtigung
der folgenden Punkte zu überarbeiten: Für den Aufbau der ÖI sind
Flächen von ausreichender Quantität und Qualität in geeigneter Lage
als Kerngebiete nötig, die in erster Linie als Lebensraum einheimischer
Arten und Artengemeinschaften dienen und langfristig gesichert sind.
Die Schweiz hat sich in diesem Sinn im Aichi-Abkommen verpflichtet,
17% der Landesfläche als Schutzgebiete mit langfristiger Sicherung
festzulegen. Um die Funktionalität für den Erhalt der Biodiversität si-
cherzustellen, müssen die Kerngebiete alle charakteristischen Lebens-
räume abdecken und gleichmässig über die gesamte Schweiz verteilt
sein. Die Jagdbanngebiete, die Wasser- und Zugvogelreservate und die
Biodiversitätsförderflächen (Art. 18bis Bst. c und f E-NHG) erfüllen
mindestens eine dieser Voraussetzungen nicht und können nicht als
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Kerngebiete gelten. Weitere Flächen sind als Vernetzungsgebiete nötig,
die sicherstellen, dass die Kerngebiete untereinander so verbunden
sind, dass sich Arten bewegen und ausbreiten können und die Funkti-
ons- und Anpassungsfähigkeit der Lebensräume erhalten bleiben. Die
Vernetzungsflächen müssen nicht zwingend geschützt sein. Es kann
sich auch um Flächen mit einer biodiversitätsfördernden Nutzung han-
deln. Die Wissenschaft geht davon aus, dass der Flächenbedarf für die
Kern- und Vernetzungsgebiete zusammen rund 30% der Landesfläche
beträgt.
   Antrag: Die Liste der anzurechnenden Gebiete gemäss Art. 18bis
Abs. 1 Bst. a–f E-NHG sei nicht in das NHG aufzunehmen. Die als
Kern- und Vernetzungsgebiete geltenden Flächen seien zu überarbei-
ten und auf Verordnungsstufe festzulegen.
   Zu Art. 18b E-NHG
   Die Einführung von Art. 18b Abs. 1 E-NHG wird grundsätzlich
unterstützt – insbesondere im Zusammenhang mit der Artenförderung
und einer Verankerung der ÖI in Art. 18bis E-NHG (vergleiche vorste-
hend). Es geht aber nicht nur um die Vernetzung der Biotope von na-
tionaler Bedeutung, sondern allgemein um die Bezeichnung schutz-
würdiger Lebensräume (Kerngebiete) wie auch um die Vernetzung re-
gional und lokal bedeutender Objekte.
   Antrag: Art. 18b Abs. 1 E-NHG sei breiter zu fassen und entspre-
chend wie folgt zu ergänzen: «[…] Sie berücksichtigen dabei insbeson-
dere schutzwürdige Lebensräume, die Vernetzung der Biotope von na-
tionaler, regionaler und lokaler Bedeutung sowie die Erhaltung von
Arten, für welche die Schweiz eine besondere Verantwortung trägt.»
   Mit Art. 18b Abs. 3 E-NHG wird die Planung der ÖI aufgegriffen
und eine Grundsatzzuständigkeit des Bundes für die Planung regiona-
ler und lokaler Aspekte festgelegt. Die Aufgaben im Zusammenhang
mit der ÖI und insbesondere die Planung unterstützender Massnah-
men zugunsten der ÖI sind sinnvollerweise im neuen Art. 18bis NHG
festzulegen (siehe dort). Dabei ist die bisherige, bewährte Zuständig-
keitshierarchie weiterzuführen. Art. 18b Abs. 3 E-NHG würde somit
hinfällig.
   Antrag: Es sei auf die Einführung von Art. 18b Abs. 3 E-NHG zu
verzichten.
   Zu Art. 18bbis E-NHG
   Mit Art. 18bbis E-NHG soll ein neuer Gesetzesartikel für den öko-
logischen Ausgleich geschaffen werden. Der ökologische Ausgleich ist
bereits im geltenden Gesetz verankert (Art. 18b Abs. 2 NHG) und in
vielen Kantonen besteht eine bewährte Praxis für dessen Umsetzung.
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Im Sinne einer schlanken NHG-Revision und im Hinblick darauf, dass
in deren Rahmen eine gute gesetzliche Grundlage für die ÖI zu schaf-
fen ist, soll auf die Einführung von Art. 18bbis E-NHG verzichtet wer-
den, um den ökologischen Ausgleich auf der bestehenden Grundlage
und im Rahmen des Aufbaus der ÖI verstärkt zu fördern.
   Antrag: Auf die Einführung von Art. 18bbis E-NHG sei zu verzich-
ten.
   Sollte auf die Einführung von Art. 18bbis E-NHG nicht verzichtet
werden, sind die Formulierungen in dieser Bestimmung zu prüfen und
zu schärfen. Der ökologische Ausgleich muss zwei Komponenten ent-
halten:
– Berücksichtigung des Verursacherprinzips: Wer in intensiv genutz-
   ten Gebieten innerhalb oder ausserhalb des Siedlungsgebietes eine
   weitere Nutzungsmöglichkeit zugesprochen erhält, soll zu Massnah-
   men des ökologischen Ausgleichs einschliesslich Kostenübernahme
   verpflichtet werden. Dies entspricht in vielen Kantonen einer be-
   währten Praxis. Diese Pflicht soll für Private und die öffentliche
   Hand (Bund, Kantone, Gemeinden) gleichermassen gelten.
– Verpflichtung der öffentlichen Hand: Die öffentliche Hand soll im
   Rahmen des ökologischen Ausgleichs aktiv Biodiversitätsförder-
   massnahmen und -projekte innerhalb und ausserhalb des Siedlungs-
   gebietes fördern und realisieren. Die Verantwortung dafür ist der
   öffentlichen Hand aller drei Staatsebenen, d. h. auch dem Bund, zu
   übertragen.
   Die Berücksichtigung der Flächen für den ökologischen Ausgleich
im Rahmen der Richt- und Nutzungsplanung wird grundsätzlich be-
grüsst.
   Mit der Einführung des neuen Art. 18bis E-NHG zur ÖI in der vor-
stehend ausgeführten Form erübrigt sich Art. 18bbis Abs. 3 E-NHG.
Der ökologische Ausgleich ist ein Naturschutzinstrument, mit dessen
Hilfe die im Rahmen der ÖI geplanten Kern- und Vernetzungsgebiete
in entsprechender Qualität und Quantität geschaffen werden können.
In der Folge entfällt auch Art. 18bbis Abs. 4 E-NHG.
   Eventualantrag: Die beiden dargelegten Stossrichtungen des öko-
logischen Ausgleichs (Verursacherprinzip und Verpflichtung der öf-
fentlichen Hand zur Biodiversitätsförderung innerhalb und ausserhalb
des Siedlungsgebietes) seien bei der Formulierung von Art. 18bbis
E-NHG zum Ausdruck zu bringen. Art. 18bbis Abs. 3 und 4 E-NHG
seien wegzulassen.
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  Zu Art. 18d Abs. 1 NHG
  Gemäss Art. 18d Abs. 1 NHG kann der Bund den Kantonen heute
für den Schutz und Unterhalt der Biotope von nationaler, regionaler
und lokaler Bedeutung sowie für den ökologischen Ausgleich insbeson-
dere flächenbezogene Zahlungen gewähren. Die in Art. 18 Abs. 1 NHG
erwähnten «anderen geeigneten Massnahmen» sollen künftig ebenfalls
ausdrücklich finanziell unterstützt werden können. Dies betrifft insbe-
sondere die finanziellen Fördermöglichkeiten im Bereich Artenförde-
rung und Artenschutz.
  Antrag: Art. 18d Abs. 1 NHG sei zu ergänzen: «[…] für den Schutz
und Unterhalt der Biotope von nationaler, regionaler und lokaler Be-
deutung, den ökologischen Ausgleich und andere geeignete Massnah-
men.»
  Zu Art. 24e E-NHG
  Die Neuformulierung von Art. 24e E-NHG wird ausdrücklich be-
grüsst. Aufgrund dessen können schutzwürdige Lebensräume, die
noch nicht formell als Biotop geschützt sind, besser erhalten werden
bzw. es kann bei widerrechtlichem Verhalten deren Wiederherstellung
oder ansonsten angemessener Ersatz eingefordert werden.
  2. Bundesgesetz über die Landwirtschaft vom 29. April 1998
(LwG, SR 910.1)
   Zu Art. 70a Abs. 2 Bst. d E-LwG
   Die vorgeschlagene Ergänzung wird begrüsst. Das NHG verlangt in
Art. 18b auch den Schutz und den Unterhalt der Biotope von regionaler
und lokaler Bedeutung. Auch diese Objekte sind wichtige Elemente
der ökologischen Infrastruktur. Die Anpassung, welche die vorschrifts-
gemässe landwirtschaftliche Bewirtschaftung auch für Biotope von re-
gionaler und lokaler Bedeutung als Voraussetzung zur Erfüllung des
ökologischen Leistungsnachweises in der Landwirtschaft verlangt, be-
seitigt eine bisher bestehende Unstimmigkeit zwischen dem NHG und
dem LwG.
   Zu Art. 73 Abs. 2 E-LwG
   Mit der beantragten Präzisierung der als Kerngebiete anzurechnen-
den Flächen in der NHV (vgl. Antrag zu Art. 18bis Abs. 1 Bst. a–f
E-NHG) wird die vorgesehene Ergänzung von Art. 73 Abs. 2 E-LwG
hinfällig.
   Antrag: Auf die vorgesehene Ergänzung in Art. 73 Abs. 2 E-LwG
sei zu verzichten.
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  3. Bundesgesetz vom 20. Juni 1986 über die Jagd und den Schutz
wildlebender Säugetiere und Vögel (JSG, SR 922.0)
   Zu Art. 11a E-JSG
   Die überregionalen Wildtierkorridore haben für die Funktionalität
der ökologischen Infrastruktur eine zentrale Bedeutung (Vernetzung).
Mit der Einführung von Art. 11a E-JSG werden diese als Instrument
gegen die Zerstückelung des Lebensraums gefördert, was begrüsst
wird. Das entsprechende Netz soll in enger Zusammenarbeit zwischen
Bund und Kantonen sichergestellt werden. Auch die finanzielle Förde-
rung kantonaler Massnahmen zur Erhaltung der Funktionalität der
Wildtierkorridore gemäss Abs. 3 wird befürwortet. In den Erläuterun-
gen soll jedoch klargestellt werden, dass bei diesen Abgeltungen nur
jene gemeint sind, die nicht aufgrund des Verursacherprinzips bereits
anderweitig gedeckt sind.
   Antrag: Im erläuternden Bericht sei klarzustellen, dass bei den Ab-
geltungen gemäss Art. 11a Abs. 3 E-JSG nur jene gemeint sind, die
nicht aufgrund des Verursacherprinzips bereits anderweitig gedeckt
sind.
   4. Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über die Fischerei
(BGF, SR 923.0)
   Gemäss Lehre und Rechtsprechung sind das BGF, das JSG und das
NHG als komplementäre umweltrechtliche Erlasse anzusehen, wes-
halb ein Schutzgebiet von nationaler Bedeutung nach BGF gleichzeitig
als Biotop von nationaler Bedeutung im Sinne des NHG auszuscheiden
ist.
   Antrag: Die Gebiete von nationaler Bedeutung für die Erhaltung
von Fischen und Krebsen nach Art. 7a E-BGF seien gleichzeitig als
Biotope von nationaler Bedeutung im Sinne von Art. 18a NHG auszu-
scheiden.
   Die Bezeichnung von Gebieten nationaler Bedeutung im aquati-
schen Bereich und die Gewährung von Abgeltungen an die Kosten für
die Erhaltung dieser Gebiete ist für die Stärkung der ÖI grundsätzlich
zweckmässig. Die Gebiete sollen jedoch allen gefährdeten Tier- und
Pflanzenarten (Rote-Liste-Status CR, EN und VU) und ihrer Lebens-
räume im aquatischen Bereich dienen; eine Fokussierung ausschliess-
lich auf die Fischarten ist nicht sachgerecht.
   Um eine nachhaltige Schutzwirkung zu erzielen, sind in der ausfüh-
renden Verordnung Festlegungen zu treffen, die über die Definition der
Schutzziele und der erlaubten (fischereilichen) Nutzung hinausgehen.
Zu denken ist dabei zum Beispiel an grössere Restwassermengen für
solche Gebiete, an verschärfte gewässerschutzrechtliche Vorgaben be-
treffend die Einleitung von Abwässern und Einträgen aus der Land-
wirtschaft oder an einen wesentlich grösseren Gewässerraum.
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   Antrag: Art. 7a und Art. 12 Abs. 1bis E-BGF seien auf alle gefährde-
ten Tier- und Pflanzenarten und ihre Lebensräume im aquatischen Be-
reich auszuweiten.
   5. Finanzielle Aspekte
   Im erläuternden Bericht sind verschiedene Kostenschätzungen ent-
halten, die allerdings schwer nachvollziehbar sind und teilweise inkon-
sistent erscheinen. Die entsprechenden Angaben können als grobe
Schätzungen zur Kenntnis genommen werden. Eine verlässlichere Kos-
tenermittlung kann erst erfolgen, wenn die Planungen der ökologischen
Infrastruktur in den Kantonen vorliegen. Bei der Berechnung ist auch
die Mitfinanzierung von Stellen in den Kantonen, zumindest im Sinne
von Anschubfinanzierungen, zu berücksichtigen, wie dies beispielswei-
se für die Umsetzung der Inventare der Moore bzw. Trockenwiesen und
-weiden von nationaler Bedeutung erfolgte. Dies, weil es nur mit einer
Verbesserung der angespannten personellen Situation bei vielen kanto-
nalen Fachstellen für Natur und Landschaft möglich sein wird, den
Ausbau der ÖI in erforderlichem Mass voranzutreiben. Wichtig ist zu-
dem die Aufteilung der Kosten zwischen dem Bund und den Kantonen.
Natur- und Heimatschutz ist gemäss dem nationalen Finanzausgleich
grundsätzlich eine Verbundaufgabe. Die Sicherung der ÖI ist jedoch
hauptsächlich auch eine nationale Aufgabe, bei welcher der Bund in
Umsetzung der internationalen Biodiversitätskonvention massgeblich
in der Verantwortung steht. Wir erwarten deshalb, dass sich der Bund
deutlich stärker an den Kosten beteiligt, als dies in der Vorlage vorge-
sehen ist.
   Im Weiteren wird darauf hingewiesen, dass die beim Bund zur Ver-
fügung stehenden Finanzmittel zur Sicherung des baukulturellen,
archäologischen und landschaftlichen Erbes als etablierter Bereich der
Baukultur für zukünftige Generationen nachweislich nicht ausreichen.
In der Kulturbotschaft 2021–2024 hält der Bundesrat selber fest, dass
rund 100 Mio. Franken pro Jahr notwendig wären, um massgebliche
Verluste des baulichen und archäologischen Erbes der Schweiz zu ver-
hindern, was rund dem Vierfachen der heutigen Finanzmittel ent-
spricht.
   Anträge:
– Die Festlegung der notwendigen finanziellen Mittel für die Umset-
   zung des indirekten Gegenvorschlags zur Biodiversitätsinitiative sei
   gestützt auf die von den Kantonen zu erarbeitenden Planungen zur
   ÖI vorzunehmen. Dabei sei auch die Mitfinanzierung von Stellen in
   den Kantonen, zumindest im Sinne von Anschubfinanzierungen
   durch den Bund, zu berücksichtigen.
– 12 –

– Es seien der Kostenteiler zwischen Bund und Kantonen zu überprü-
  fen und eine angemessene und substanzielle Beteiligung des Bundes
  vorzusehen.

  II. Mitteilung an die Geschäftsleitung des Kantonsrates, die Mitglie-
der des Regierungsrates sowie an die Baudirektion.

                                              Vor dem Regierungsrat
                                              Der stv. Staatsschreiber:

                                              Peter Hösli
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