Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen

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Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
www.friedrichshafen.de

    Ausgabe 2020

    Baukultur in
    Friedrichshafen
    Zeitschrift für Baukultur, Architektur
    und Stadtgestaltung
Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Baukultur in Friedrichshafen

Sehr geehrte Baukulturinteressierte,
liebe Leserinnen und Leser,

die erste Ausgabe der Informationsbroschüre „Baukultur in Friedrichs­
hafen“ liegt vor Ihnen. Mit ihr informieren wir Sie über die Vielfalt der
Baukultur in Friedrichshafen. Die Broschüre gibt Einblicke in die Arbeit des
Gestaltungsbeirats, sowie die vielfältigen Projekte zum Thema Baukultur,
die vom Gemeinderat wie auch der Stadtverwaltung initiiert wurden.

In Friedrichshafen hat der Gemeinderat im Jahr 2011 mit dem Planungs­
kodex, der kommunalen Selbstverpflichtung für alle städtischen Bau­
vorhaben Planungswettbewerbe vorzusehen, einen ersten Schritt zu
einer verbesserten und attraktiveren Qualität des Bauens gebracht.
­Wenige Jahre später wurde dieser Wettbewerbsgedanke auch auf
 ­Bebauungsplanverfahren ausgeweitet. Ein weiterer Meilenstein in
  Sachen „Baukultur in Friedrichshafen“ war der Beschluss des Gemeinderats
  im Herbst 2018 einen institutionellen Gestaltungsbeirat einzurichten. Der
  Gestaltungsbeirat sowie die Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat ­nahmen
  im Februar 2019 ihre Arbeit auf.

Das erste Jahr des neu gegründeten Gestaltungsbeirats war ein Jahr
mit zahlreichen Projekten zur Förderung der lokalen Baukultur. Neben
6 Sitzungen des Gestaltungsbeirats wurde die Studie zur Erfassung und
Vermittlung der besonders erhaltenswerten Bausubstanz in Friedrichs­
hafen begonnen. Hier geht es um Hoch- und Tiefbauten, die vom
­L andesdenkmalamt als nicht denkmalschutzwürdig betrachtet werden,
 aber für die lokale Bevölkerung als stadtbildprägend gelten. Mit der
 Veranstaltungsreihe Standpunkte wurde ein neues Format für Bau­
 kulturschaffende und -interessierte etabliert und mit dem Baukulturpreis
 Friedrichshafen darüber hinaus ein lokales Auszeichnungsverfahren für
 qualitätsvolle Architektur geschaffen.

Mit dieser Broschüre wollen wir das breite Spektrum des bisher
­G eleisteten dokumentieren und unsere Bürgerinnen und Bürgern sowie
 allen Baukulturinteressierten einen Überblick über bereits vorhandene
 beispielhafte Architektur und Stadtgestaltung in Friedrichshafen geben.
 Die vorgestellten Projekte zeigen wie vielseitig und wichtig die Arbeit
 des Gestaltungsbeirats und der Geschäftsstelle ist. Erste Vorhaben sind
 bereits in der Realisierung und leisten einen wichtigen Beitrag für ein
 zukünftig besseres Stadtbild. Gebäude prägen ihre Umwelt über Jahr­
 zehnte und leisten damit eine nachhaltige Investition in die Zukunft.

Ich wünsche eine interessante und bereichernde Lektüre.

Dr.-Ing. Stefan Köhler
Erster Bürgermeister

                                                                            3
Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Inhaltsverzeichnis                                                                                                                                                             Inhaltsverzeichnis

        Inhalt

BILDER

        Mehr Qualität durch                       Bauen mit und im Bestand                       Standpunkte                       28–31   Wie geht‘s weiter, Herr Dr. Köhler?       39
        Gestaltungsbeiräte                 6–7    in Vorarlberg                          14–17   Neues Veranstaltungsformat                Drei Fragen an den
        Die Anzahl der Kommunen                   Josef Fink überzeugt mit                       für Baukulturinteressierte                Baubürgermeister
        in Deutschland mit einem                  beispielhafter Architekturgestaltung
        Gestaltungsbeirat wächst stetig                                                          Beispielhaft & ausgezeichnet      32–34   Fertiggestellt                        40–45
                                                  Blick hinter die Kulissen              18–19   Prämierte Gebäude der Stadt               Neue Gebäude für das Häfler
        Gut beraten                          8    Beratung im Gestaltungsbeirat                  Friedrichshafen                           Stadtbild
        Der Beirat für Architektur und
        Stadtgestaltung                           Projekt der ersten Stunde              20–22   Wer gewinnt?                         35   Baukultur bewegt                      46–47
                                                  Neuer Glanz für das Lukullum                   Häfler Baukulturpreis ausgelobt           Akteure der Baukultur
        Stadtbildprägend                     9
        Lage bisher beratener                     Vorbildhaft saniert                    23–25   Besonders erhaltenswert           36–38   Quellen                                   48
        Bauvorhaben im Häfler                     Erhalt statt Abriss der ehemaligen             Erfassung und Vermittlung
        Stadtgebiet                               Zeppelin-Apotheke                              der über den Denkmalschutz                Fotos · Grafiken/Pläne                    49
                                                                                                 hinausgehenden erhaltenswerten
        Einheit und Vielfalt              10–13   14 Beratungen in 6 Sitzungen           26–27   Bausubstanz                               Impressum                                 51
        Der Vorsitzende des                       Rückblick auf das Jahr 1 des
        Gestaltungsbeirats im Porträt             Gestaltungsbeirats

        4                                                                                                                                                                                  5
Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte                                                                                                                                                                                                                                          Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte

       Mehr Qualität durch                                                                                                                                                                                                                                       Mannheim
                                                                                                                                                                                                                                                                      Schriesheim
                                                                                                                                                                                                                                                                           Heidelberg

       Gestaltungsbeiräte                                                                                                                                                                                                                                  Karlsuhe

                                                                                                                                                                                                                                                               Mühlacker
                                                                                                                                                                                                                                                                               Vahingen an der Enz
                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Künzelsau
                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Öhringen

                                                                                                                                                                                                                                                                                 Ludwigsburg
                                                                                                                                                                                                                                                          Pforzheim

     Die Anzahl der Kommunen in Deutschland mit einem
                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Schorndorf
                                                                                                                                                                                                                                                                               Stuttgart
                                                                                                                                                                                                                                                                              Filderstadt     Neuhausen auf den Fildern
                                                                                                                                                                                                                                                                                             Ostfildern
   Zahl der Gestaltungsbeiräte wächst                                                                                                                                                                                                       Baden­Baden             Sindelfingen                             Göppingen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Kirchheim unter Teck

     Gestaltungsbeirat wächst stetig.
                                                                                                                                                                                                                                                             Herrenberg            Neuhausen
   Gestaltungsbeiräte in Deutschland 2016 und ihre Potenziale                                                                                                                                                                                  Baiersbronn Nagold                              Nürtingen

   Quelle: Förderverein Bundesstiftung Baukultur e.V. 2016                                                                                                                                                                                                                                   Reutlingen
                                                                                                                                                                                                                                                                              Tübingen                    Blaubeuren Blaustein
                                                                                                                                                                                                                                                   Horb am Neckar
                                                                                                                                                                                                                                      Offenburg
                                                                                                                                                                                                                                                                                         Pfullingen                         Ulm

                                                                                    Potenzial Gestaltungsbeirat
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Laupheim

                                                                                    Funktion                                                                                                                                            Freiburg im Breisgau
                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Biberach

                                                                                    unabhängige Beratungsinstanz für Bauprojekte (Dialogpartner)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Ravensburg
                                                                                    Arbeitsweise                                                                                                                                                                      Radolfzell
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Argenbühl
                                                                                    • interdisziplinär                                                                                                                     Lörrach
                                                                                                                                                                                                                                                                       Reichenau                Tettnang

                                                                                    • überzeugend                                                                                                                                                                                    Konstanz         Friedrichshafen
                                                                                    • transparent und offen                                                   Landkarte der Gestaltungsbeiräte in Baden-Württemberg
                                                                                                                                                              (Stand: Mai 2020).
                                                                                             Die Zahl der
                                                                                    Tätigkeiten/Fähigkeiten
                                                                                    • Begutachten und Empfehlungen formulieren im Hinblick auf die
                                                                                      charakteristische Stadtidentität
                                                                                             Gestaltungs­beiräte in
                                                                                    • gesamtheitliche Beratung unter Berücksichtigung von
                                                                                      wirtschaftlichen, ökologischen und städtebaulichen Aspekten

                                                                                             Baden-Württemberg
                                                                                    • Vermittlung zwischen den am Bau beteiligten Gruppen
                                                                                      (Bauherr, Architekt, Bauverwaltung)
                                                                                                                                                              Zeit instrumentalisieren. Beim Start eines Gestaltungs­      gestattet. Laut dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit
                                                                                                                                                              beirats empfiehlt sich eine Phase Null, damit sich die       und Wohnungs­bau Baden-Württemberg hat sich die
                                                                                             hat sich seit 2015 von
                                                                                    • kontinuierliche Information über das Baugeschehen und
                                                                                      Kommunikation mit Bürgern (Prävention von Konflikten)                   externen Fachleute und die Politiker kennenlernen,           Zahl der Gestaltungsbeiräte in den vergangenen fünf
                                                                                                                                                              sich auf gemeinsame Ziele verständigen und für ihre          Jahren seit dem Jahr 2015 von seinerzeit 19 Gremien
                                                                                             seinerzeit 19 Gremien
                                                                                    • Verhinderung von planerischen und gestalterischen „Missgriffen“
                                                                                    • ersetzen nicht die Politik und Gemeindegremien als Baubehörde
                                                                                                                                                              Arbeit ein gemeinsames Fundament schaffen.                   auf aktuell 43 Gremien mehr als verdoppelt. Davon
                                                                                                                                                                                                                           wurden 23 Gestaltungsbeiräte mit finanzieller Unter­
                                                                                             auf
                                                                                    Etablierung      aktuell 43 Gremien
                                                                                                und Einsatzbereiche                                           Die Zusammensetzung von Gestaltungsbeiräten ist              stützung des Landes Baden-Württemberg neu ein­
                                                                                    • politische Institutionen entscheiden über Etablierung eines             mit großer Sorgfalt auszuwählen, denn die Chemie             gerichtet.
           Gestaltungs- und Baukunstbeiräte
           Mobile, regionale oder temporäre Gestaltungsbeiräte
                                                                                             mehr als verdoppelt.
                                                                                      Gestaltungsbeirates sowie über Wahl der Mitglieder und
                                                                                      Geschäftsordnung
                                                                                                                                                              zwischen den Experten sollte stimmen; die Kolleginnen
                                                                                    • kurzfristig zeitlicher Mehraufwand für die Stadtverwaltung,             und Kollegen benötigen Empathie und Souveränität.            Nach den vielen positiven Rückmeldungen wird der
       Gestaltungsbeiräte           in Deutschland
       Sie haben sich nicht wiedergefunden in der Karte? 2016 und ihre Potenziale     langfristig übernimmt der Gestaltungsbeirat zeitintensive Tätigkeiten   Bei den Projekten, die unbedingt in einem frühen             nächste Erfahrungsaustausch für 2021 geplant. Auch
                                                                                      für jede Bauaufgabe
       Schreiben Sie uns: mail@bundesstiftung-baukultur.de
                                                                                                                                                              Planungsstadium beraten werden, müssen sie                   im Rahmen des Kongresses ARCHIKON, der auf den
                                                                                                                                                              ­Potenziale erkennen und erläutern. Wichtig bei ihrer        25.02.2021 verschoben wurde, wird das Seminar
       Die Anzahl der Gestaltungsbeiräte in Baden-Württem­                                Gestaltungsbeiräte wirken in solchen Fällen                          Tätigkeit ist, ein sachliches, konstruktives und respekt­   „Wettbewerbe und Gestaltungsbeiräte“ angeboten.
       berg ist seit 2011 kontinuierlich gestiegen. Gab es                                moderierend, die externen Fachleute sind neutral und                 volles Klima zu erzeugen.
       vor neun Jahren gerade einmal in 15 Kommunen                                       haben die Aufgabe, die Politik zu überzeugen. Ihre                                                                               Carmen Mundorff
       ein s­ olches beratendes Gremium, können in der                                    ­Kompetenzen und Ratschläge müssen zielführend                      Der Mobile Gestaltungsbeirat hat schon an dem einen
       Zwischenzeit bereits 43 Städte und Gemeinden von                                    und (mit Blick auf die planenden Architekten) kollegial,           oder anderen Ort Pate gestanden für die Schaffung
       deren Unterstützung profitieren. Auch die Einsätze des                              aber mit Bestimmtheit artikuliert und nachvollziehbar              eines institutionellen Gremiums. Damit er so erfolg­
       Mobilen Gestaltungsbeirats der Architekten­kammer                                   zu Protokoll gebracht werden. Dies entzaubert die                  reich und überzeugend wirken kann, benötigt aber
       nehmen zu; oftmals sind es Wohnbauprojekte in der                                   verbreitete Auffassung, dass Gestaltung Geschmacks­                auch er Checkliste und Leitfaden für seine Einsätze;
       Innen­entwicklung, für die Rat benötigt wird.                                       sache sei. Empfehlenswert sind Leitfäden zur Arbeits­              daran wird die Landesgeschäftsstelle zeitnah arbeiten.                 Termin
                                                                                           weise des Gestaltungsbeirats und um bereits im                                                                                            ARCHIKON, Landeskongress für Architektur
       Die gebaute Umwelt spiegelt nicht nur die Gesell­                                   Vorfeld die Vorgehensweise bei einem möglichen                     Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und                             und Stadtentwicklung:
       schaft, sie prägt diese auch. Die Verantwortung von                                 Dissens zu definieren. Neben dem öffentlichen Sit­                 Wohnungsbau aktualisiert seine Broschüre                               25.02.2021
       Bauherren und ihren Architekten, aber auch die                                      zungsteil gehört begleitende Vermittlungsarbeit für                „Gestaltungsbeiräte für Städte und Gemeinden                           Internationales Congresscenter Stuttgart
       der Gemeinderäte ist entsprechend groß. Vor dem                                     die ­Bevölkerung in das Portfolio der Geschäftsstellen;            in Baden-Württemberg“ und wird die Kommunen
       Hintergrund der Finanzmärkte mit der Jahrhundert­                                   zum Beispiel Spaziergänge zu realisierten Objekten.                nach nunmehr fünf Jahren Landesförderung für                           Weiterführende Links:
       niedrigzinssituation wird zunehmend in Immobilien                                                                                                      kommunale Gestaltungsbeiräte auch künftig                              www.akbw.de/service/fuer-staedte-und-
       investiert. Nachverdichtungsprojekte sorgen viel­                                  Weitere Erkenntnisse
                                                                                                   © Bundesstiftung aus einem
                                                                                                                    Baukultur,     von
                                                                                                                               Design:   der + Schwantes
                                                                                                                                       Heimann                finanziell unterstützen.                                               kommunen/gestaltungsbeirat.html
       fach für Widerstand in der Bevölkerung: zum einen                                  Architekten­kammer organisierten Erfahrungs­
       haben alle Verständnis, dass dem Wohnungsmangel                                    austausch zur Arbeit der Gestaltungsbeiräte am                      Alle 43 kommunalen Gestaltungsbeiräte in Baden-                        www.wm.baden-wuerttemberg.de/de/bauen/
       entgegengewirkt werden muss, jedoch nicht vor der                                  13. Dezember 2019 in Pforzheim waren:                               Württemberg sind auf der interaktiven Karte auf                        stadtentwicklung-und-baukultur/baukultur/
       eigenen Haustür, zum anderen wächst aber auch                                                                                                          der Internetseite baukultur-bw.de verortet und mit                     gestaltungsbeiraete
       mancherorts die Sensibilität für die baukulturelle                                 Die Politik muss den Gestaltungsbeirat wollen und                   Informationen zu den jeweiligen Mitgliedern sowie
       Qualität.                                                                          seine Empfehlungen mittragen, sie darf ihn zu keiner                einem Link auf die kommunalen Internetseiten aus­

       6                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          7
Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Gut beraten                                                                                                                                                                                                                                Stadtbildprägend

     Gut beraten                                                                                                                          Stadtbildprägend
     Der Beirat für Architektur und Stadtgestaltung.                                                                                      Lage der im Gestaltungsbeirat beratenen Bauvorhaben
     Der 2018 vom Gemeinderat der Stadt Friedrichshafen be­                                                                               im Häfler Stadtgebiet.
     schlossene Beirat für Architektur und Stadt­gestaltung ist ein                                                                       Welche Bauvorhaben sind stadtbildprägend?
     unab­hängiges, interdisziplinär besetztes Expertengremium
     aus vier renommierten Sachverständigen.

                                                                                  teile. Im Vordergrund stehen dabei die Integration in   Die Bandbreite der 14 Projekte, die bisher im
                                                                                  den städtebaulichen Kontext sowie die gestalterische    Gestaltungs­beirat behandelten wurden, ist groß. Sie
                                                                                  und funktionale Optimierung, aber auch Wirtschaft­      reicht vom Wohngebäude über Industriebauwerk bis           Kontakt:
                                                                                  lichkeit und Nachhaltigkeit.                            hin zur Mitwirkung bei den Auslobungsunterlagen von
                                                                                                                                          Wettbewerben. Doch wann ist ein Gebäude stadt­             Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat
                                                                                  Des Weiteren dient der Gestaltungsbeirat als Platt­     bildprägend und wann eine Beratung im Gestaltungs­         Frau Andrea Fuchs, Dezernat IV
                                                                                  form, um in möglichst transparenten Beurteilungs­       beirat möglich?
                                                                                  vorgängen die nicht selten unterschiedlichen                                                                       gestaltungsbeirat@friedrichshafen.de
                                                                                  ­Interessen der am Bau Beteiligten zusammenzuführen.    Stadtbildprägend sind alle Bauvorhaben, die aufgrund       www.friedrichshafen.de/gestaltungsbeirat
                                                                                   Durch seine unabhängige, neutrale Beraterfunktion      ihrer Lage und/oder Größenordnung für das Stadtbild
                                                                                   ermöglicht der Beirat neue Perspektiven und kann       von Friedrichshafen kennzeichnend sind. Anhand der
                                                                                   manch „festgefahrene“ Situation in Baugenehmi­         Übersicht der bisher im Gestaltungsbeirat beratenen
                                                                                   gungs- und Planverfahren lösen. Einen Vorteil für      Bauvorhaben im Stadtgebiet von Friedrichshafen wird
                                                                                   Bauherren bietet auch die höhere Planungssicherheit    deutlich, dass die Projekte überwiegend im Bereich
                                                                                   durch die frühzeitige Abstimmung mit der Verwaltung.   der Innenstadt bzw. in der Nähe des Bodenseeufers
                                                                                   So können alle Beteiligten gemeinsam an einem Tisch    lokalisiert sind.
                                                                                   individuelle Lösungen für das jeweilige Bauvorhaben
                                                                                   entwickeln.                                            Genauere Auskünfte, ob ein Projekt stadtbildprägend
                                                                                                                                          ist oder ob eine Beratung im Gestaltungsbeirat erfol­
                                                                                  Die Tätigkeit des Gremiums soll deshalb nicht als       gen kann, erteilt die Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat.
                                                                                  Zensur, sondern als Dienstleistung und Mehrwert für
                                                                                  Architekten, Bauherren und Verwaltung verstanden
     V.l.n.r.: Erster Bürgermeister Dr.-Ing. Stefan Köhler mit den Mit­gliedern   werden. Unabhängig davon liegt die Planungshoheit
     des Gestaltungsbeirats Josef Fink, Peter Fink, Andrea Gebhard,               und Nutzung planungsrechtlicher Instrumente selbst­
     Wolfgang Riehle und der Leitung der Geschäftsstelle Gestaltungs­
     beirat Andrea Fuchs                                                          verständlich in der Zuständigkeit der Fachämter und
                                                                                  des Gemeinderates. Der Beirat ist lediglich beratend
                                                                                  tätig.

     Der Beirat für Architektur und Stadtgestaltung (kurz:
     Gestaltungsbeirat) sowie die Geschäftsstelle Gestal­
     tungsbeirat haben im Februar 2019 ihre Arbeit auf­
     genommen. Der Gestaltungsbeirat beurteilt stadtbild­
     prägende Bau­vorhaben im gesamten Stadtgebiet im                                 Mitglieder des Gestaltungsbeirats
     Hinblick auf ihre städtebauliche, architektonische und                           Für die erste Periode (2019 – 2021) wurden
     landschaftsarchitektonische Qualität. Indem öffent­                              berufen:
     liche und stadtbildprägende private Bauvorhaben
     von einem qualifizierten B­ eratergremium mit einem                               Andrea Gebhard, Landschaftsarchitektin
     neutralen Blick von außen beurteilt werden, soll die                              und Stadtplanerin, München
     örtliche Baukultur gefördert werden.                                              (stellvertretende Vorsitzende)
                                                                                       Josef Fink, Architekt, Bregenz
     Die Mitglieder des Beirats stehen den Bauherren und                               Peter Fink, Architekt und Stadtplaner, Ulm
     Architekten beratend zur Seite und unterstützen diese                             Wolfgang Riehle, Architekt und Stadtplaner,
     in der Anfangsphase des Entwurfs, möglichst bevor                                 Reutlingen (Vorsitzender)
     eine Baugenehmigung beantragt wird. Die frühzeitige                                                                                  Übersicht Lage der bisher beratenen Projekte
     Beratung im Gremium bringt für alle Beteiligten Vor­                                                                                 im Stadtgebiet von Friedrichshafen.

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Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Einheit und Vielfalt                                                                                                                                                                                                               Einheit und Vielfalt

      Einheit und Vielfalt                                                                                                                                                               „Oft wird bei Projekten
                                                                                                                                                                                         zu viel gewollt, es wird
      Der Vorsitzende des Gestaltungsbeirats im Porträt.                                                                                                                                 zu sehr dem Zeitgeist
                                                                                                                                                                                         und zu wenig der Zeit­
                                                                                                                                                                                         losigkeit gehuldigt.“
                                                                                                                                                                                         Wolfgang Riehle, Gestaltungsbeirat

      Zahlreiche Projekte, darunter viele Großprojekte, hat                                                                auf dem Areal des Karl-Olga-Parks in Friedrichshafen      Anforderungen vor Ort erfüllt. Auch die vielfältigen
      Wolfgang Riehle mit seinen Partnern und dem großen                                                                   tätig. Die Berufung des vielfach ausgezeichneten,         Instrumente zur Qualitäts­sicherung in Architektur
      Team seiner Büros in einer fast 40-jährigen beeindru­         „selbstbewusst, souve­                                 ­renommierten Architekten und Stadtplaners in den         und Stadtplanung, die Auf­gaben von Gestaltungs­
      ckenden beruflichen Laufbahn realisiert. Als Nach­                                                                    Beirat für Architektur und Stadtgestaltung wird ihn      beiräten und die Wichtigkeit der Bürgerbeteiligung
      folger seines Vaters Eugen Riehle war der Architekt           rän, weltläufig, fast                                   auch künftig in regelmäßigen Abständen hierher           erörtert Riehle bei seinem Vortrag und gewährt
      und Stadtplaner von 1981 bis Ende 2018 Geschäfts­                                                                     ­führen. Mit seinem ausgezeichneten diplomatischen       dabei Einblick in seinen reichen ­Erfahrungsschatz
      führer und Gesellschafter von „Riehle + Assozierte            immer uneitel, groß­                                     und rhetorischen Geschick und der Fähigkeit, gegen­     aus seiner Tätigkeit in weiteren Gestaltungsbeiräten
      ­Architekten und Generalplaner“ mit Büros in Reut­                                                                     sätzliche Positionen zusammenzuführen, ist der          und zahlreichen Preis­gerichten. In seiner Funktion als
       lingen und Stuttgart. 2019 übergab er im Alter von           zügig und empathisch“                                    Träger des Bundesverdienstkreuzes in seiner Funktion    ­G estaltungsbeirat treffe er oft „auf Projekte bei denen
       65 Jahren die operative Geschäftsführung an seinen                                                                    als Vorsitzender des beratenden Gremiums ein echter      zu viel gewollt wird, die zu sehr dem Zeitgeist und
       Sohn Hannes Riehle und dessen Partner.                       beschreibt Markus Müller seinen Amtsvorgänger            Gewinn für den lokalen Bau­kulturdialog.                 zu wenig der Zeitlosigkeit huldigen.“ Wichtig bei der
                                                                                                                                                                                      Arbeit des beratenden Gremiums sei die möglichst
      Umfangreich ist auch die Liste seiner Verdiens­                                                                      Einen Einblick in seinen beruflichen Werdegang             immer anzustrebende öffentliche Beratung, um für
      te und Ehrenämter. 16 Jahre war er Präsident der                                                                     gewährte Wolfgang Riehle mit seinem Werkbericht            Qualität in der Baukultur zu werben.
      Architekten­k ammer Baden-Württemberg (1998-2014)                                                                    zum Thema „Einheit und Vielfalt“ im April 2019.
      und prägte dabei als Berufsdiplomat die künftige          Markus Müller, Präsident der Architekten­kammer            Dabei s­ childerte Riehle wie er selbst im Gegensatz      Arbeitsschwerpunkte des Büros „Riehle + Assoziierte“
      Ausrichtung des Berufsstandes maßgeblich. Nicht           ­B aden-Württemberg, seinen Amtsvorgänger.                 zu ­seinem Vater, der als Architekt sein Büro eher        veranschaulichte Wolfgang Riehle anhand aus­
      selten führte Riehles Weg dabei nach Friedrichs­                                                                     autoritär führte, das Arbeiten im Team bevorzuge. So      gewählter Projektbeispiele aus den Kategorien
      hafen: so zum Beispiel auch aus Anlass der immer          Auch seine diversen Tätigkeiten als Preisrichter führten   habe er früh erkannt, dass die vielfältigen komplexen     ­„ Arbeits­welten“, „Verkaufswelten“ und „Wohnwelten“
      wieder auch im Graf-Zeppelin-Haus stattfinden­            ihn hin und wieder an den Bodensee und so ist ihm          ­An­forderungen an den Berufsstand besser im Team          und ermöglichte den Baukulturinteressierten damit
      den jährlichen Landesvertreter­versammlungen.             Friedrichshafen und dessen Stadtstruktur bestens ver­       und inter­disziplinär zu bewältigen seien. Wichtig ist    eine Übersicht der vielfältigen Projektlandschaft des
      ­­Als „selbstbewusst, souverän, weltläufig, ­fast immer   traut. Zuletzt war Wolfgang Riehle Ende 2019 als Vor­       dem Architekten und Stadtplaner eine Architektur,         Büros.
      uneitel, großzügig und empathisch“ beschreibt             sitzender der Wettbewerbsjury einer Wohn­bebauung           die sich in den Kontext einfügt und die funktionalen

                                                                                                                               Kurzlebenslauf: Wolfgang Riehle, Architekt und Stadtplaner
                                                                                                                               Wolfgang Riehle wurde 1953 geboren und studierte an der
                                                                                                                               Universität Stuttgart. Er war bis Ende 2018 Geschäftsführer und
                                                                                                                               Gesellschafter von Riehle + Assoziierte Architekten und General­
                                                                                                                               planer mit Büros in Reutlingen und Stuttgart. Von 2006 - 2012 war
                                                                                                                               er Mitglied der Kommission für Stadtgestaltung der Landeshaupt­
                                                                                                                               stadt München, aktuell engagiert er sich als Vorsitzender in den
                                                                                                                               Gestaltungsbeiräten der Städte Baden-Baden und Mühlacker. Er
                                                                                                                               ist Ehrenpräsident der Architektenkammer, deren Präsident er von
                                                                                                                               1998 bis 2014 gewesen ist, sowie Ehrenmitglied der Ingenieur­
                                                                                                                               kammer Baden-Württemberg. Ausgezeichnet wurde er 2014 mit
                                                                                                                               der Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg und
                                                                                                                               2018 mit dem Bundesverdienstkreuz.

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Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Einheit und Vielfalt                                                                                                                                                                                                          Einheit und Vielfalt

                                                                                                                            Preisträger
                                                                                                                            Hugo-Häring-
                                                                                                                            Auszeichnung
                                                                                                                            Neckar-Alb
                                                                                                                            2008
      Bürogebäude AEB in Stuttgart-Möhringen                                                                                                                                                                            Outletcity Metzingen

      Arbeitswelten:                                                                                                    Verkaufswelten:
      Bürogebäude der Firma AEB in Stuttgart-Möhringen                                                                  Outletcity Metzingen/ Ermshäuser
      Das Headquarter der Softwarefirma für Logistik AEB       zentralen Hauptzugang und generiert einen über­          Die organischen Großformen stehen elegant als             verwendeten Materialien und den amorphen Grund­
      generiert am Rande von Stuttgart eine neue Firmen­       dachten Eingangsbereich.                                 Baukörper zwischen zwei Arealen. Die Ziegel­fassade       formen. Ein charmantes Trio mit harmonischem
      zentrale mit 400 Arbeitsplätzen und einem vielfälti­                                                              erinnert an das alte Fabrik-Verkaufsareal und die         Dreiklang bestimmt die nicht einfache städtebauliche
      gen Angebot gemeinschaftlich genutzter Innen- wie        Die Architektursprache versinnbildlicht die              flächenbündigen Glasfassaden, die sich den Grund­         Situation. Eine architektonische Komposition die an
      Außenräume. Das neue Headquarter stellt eine hoch­       Philosophie und den Wunsch des Unternehmens nach         formen anpassen, stehen für die neue Eleganz der          diesem Ort die geeigneten Formen und Material­
      flexible Struktur von Arbeitswelten dar, die sowohl      Transparenz und Offenheit. Außen ist die Erscheinung     Modemarken. Zwischen den Gebäuden wird geschickt          sprache findet. Es wird zum einen der Bezug zur
      multifunktionale Open-Space Arbeitsbereiche als auch     des Gebäudes geprägt von einer feinen, eleganten,        eine Durchlässigkeit mit bewegten Formen hergestellt.     Tradition und Moderne hergestellt und zum anderen
      zelluläre Rückzugsräume um ein zentrales Atrium mit      leichten Linienstruktur gestapelter, geschosshoher       Auch die Verbindungen der Einzelbaukörper wer­            entsteht eine unwiderstehliche Anziehungskraft für
      informell genutzten, offenen Balkonen gruppiert. Das     Fassadenelemente. Innen ermöglichen rahmenlose           den kaum wahrnehmbar mit Glas gelöst. Es entsteht         den Betrachter.
      Gebäude zeigt sich als freistehender Solitär, positio­   Verglasungen transparente Übergänge zwischen den         weiterhin eine interessante Spannung zwischen den
      niert sich bewusst als klares Volumen in einer hoch­     einzelnen Innenräumen sowie Ein- und Durchblicke
      gradig heterogenen Umgebung. Dem Firmenneubau            in die verschiedenen, tageslichtdurchfluteten Arbeits­
      ist ein angemessener Eingangsvorplatz vorgelagert.       bereiche.
      Ein Ausschnitt im Gebäudevolumen markiert den

                                                                                                                        Wohnwelten:
                                                                                                                        Wohnungsbau Stafflenbergstraße, Stuttgart
                                                                                                                        Durch seine ausgeprägte Hanglage entwickelt sich          die skulpturale Qualität des Materials Ziegel auf
                                                                                                                        das Wohnungsbauprojekt in der Stafflenbergstraße          der Außenseite sowie die Flexibilität einer Vielfalt
                                                                                                                        im Spannungsfeld zwischen einer steil abfallenden         verschiedener Wohnformen im Inneren. Die innere
                                                                                                                        Topografie zur Gerokstraße sowie beeindruckenden          Logik einer flexiblen Grundrissstruktur sowie die klare
                                                                                                                        Aus­blicken über den Stuttgarter Talkessel und versteht   Zuordnung halb-öffentlicher und privater Außen-
                                                                                                                        sich als ein Ensemble aus selbstähnlichen städte­         bzw. Zwischenräume werden in einer Äquivalenz
                                                                                                                        baulichen Figuren mit einer einheitlichen Formen­         behandelt, die eine urbane Dichte bei gleichzeitig
                                                                                                                        sprache von hohem Wiedererkennungswert und                hoher Wohn- und Lebensqualität erlaubt. Die
                                                                                                                        klarer Identität.                                         Außenkubatur ist bewusst geprägt von Staffelungen
                                                                                                                                                                                  und subtilen Verformungen­leicht gebrochener
                                                                                                                        Innerhalb sehr limitierter baurechtlicher                 Fassadenflächen, so dass die soliden Punkthäuser wie
                                                                                                                        Rahmenbedingungen untersucht das Projekt dabei            Findlinge in einer parkartigen Landschaft erscheinen.

      Wohnen Stafflenbergstraße, Stuttgart (im Bau)

      12                                                                                                                                                                                                                                 13
Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Bauen mit und im Bestand in Vorarlberg                                                                                                                                                                 Bauen mit und im Bestand in Vorarlberg

     Bauen mit und im Bestand
     in Vorarlberg
     Josef Fink überzeugt bei seinem Werkbericht mit
     beispielhafter Architekturgestaltung.
                                                                                                                     Dorfzentrum der Gemeinde Langenegg                        Marienberg

                                                             Beim Umgang mit Bestandsbauten gelten diese             möglich den Laden im direkten Zentrum zu situieren.       zusammengeführt. Die vereinte Gemeinschaft der bei­
                                                             Voraussetzungen erst recht, gilt es doch zuerst den     Wie auch schon die beiden anderen Gebäude wird der        den Schulen findet in einem Gebäude ihren Ausdruck.
                                                             Bestand zu analysieren, seine Qualitäten herauszu­      Laden in Passivhausstandard und unter Berücksichti­       Die im Bestand bereits angelegte Struktur eines orts­
                                                             arbeiten und auch seine Defizite zu definieren. Die     gung strengster ökologischer Kriterien errichtet. Das     typischen Vierkanthofes ist bestimmender Bautyp für
                                                             Übertragbarkeit der strukturellen Elemente des Be­      Gebäude ist so konstruiert, dass eine Aufstockung mit     das neue Schulgebäude. Lediglich jene Gebäude­
                                                             standes ist von zentraler Bedeutung vor der Trans­      „betreuten“ Wohnungen um 1 Geschoss möglich ist.          teile, welche sich aufgrund ihrer Struktur nicht mehr
                                                             formation in einen neuen Inhalt des Gebäudes. Dabei                                                               für die neue Nutzung eignen werden abgebrochen.
                                                             gilt es die „Seele“ des Gebäudes zu erhalten bzw. zu    Im Zuge der Sanierung des Gemeindeamts wurde eine         Die verbleibenden Gebäudeteile werden saniert und
                                                             stärken, unabhängig ob das Gebäude ein baukultu­        bestehende, den Ortsraum trennende Mauer entfernt,        sowohl bautechnisch wie auch energietechnisch auf
                                                             relles Denkmal ist oder ob es sich um ein „emotional    sodass ein großzügiger Platzraum entstand. Zudem          den Stand der Zeit gebracht. Die entstehende, neue
                                                             behaftetes Gebäude“ handelt. Die Wahl der geeigneten    wurden die Proportionen des Gemeindeamtes geklärt         Grossform akzentuiert die Geländesituation und
                                                             Strategie hängt maßgeblich von der Qualität des         und es erhielt die ihm zustehende Präsenz am Dorf­        prägt einen Ort des naturverbundenen Lernens. Der
                                                             Bestandes ab.                                           platz.                                                    mäandrierende Zugang, die innere Erschließung sowie
                                                                                                                                                                               die funktionale Gliederung des Gebäudes betonen die
                                                             Dorfzentrum der Gemeinde Langenegg –                    Agrarbildungszentrum Salzkammergut – Erhalt des           Aussichtslage am See.
                                                             räumliche Verdichtung des Zentrums mit                  strukturell tauglichen Bestandes und Ergänzung
                                                             zeitgemäßen Neubauten                                   in zeitgemäßer Architektursprache mit lokal               Der neue, zentrale Innenhof mit den umliegenden
                                                                                                                     vorhandenem Baumaterial                                   Praxisräumen bildet dabei das aktive Zentrum des
     Landwirtschaftliche Fachschule Altmünster               Langenegg liegt im vorderen Bregenzerwald abseits                                                                 agrarischen Schulzentrums. Aufgrund seiner Nutzung
                                                             des touristischen Interesses. Die Gemeinde ent­         Mit der Errichtung des neuen Gebäudes wird die            und seines Lehrauftrags – die junge bäuerliche Be­
                                                             wickelte sich in den 1990er Jahren zusehends zur        am Standort bereits bestehende Landwirtschaft­            völkerung auf die Anforderungen des 21. Jahrhunderts
                                                             Schlafgemeinde mit wenigen Anziehungspunkten für        liche Fachschule Altmünster mit der LWBFS Weyregg         vorzubereiten – ist es ein Gebot der Stunde für die
     In einem Werkvortrag in der Vortragsreihe Standpunkte   Gäste und auch für die eigene Bevölkerung. Historisch
     im Januar 2020 gibt der Vorarlberger Architekt Josef    bedingt besteht der Ort aus zwei ursprünglich un­
     Fink Einblick in seine bisher realisierten Bauten und   abhängigen Ortsteilen mit dementsprechend wenig
     seine Auffassung von Architektur. Zentrales Thema       artikulierten Zentren. Um die Dorfentwicklung positiv
     seines Vortrags ist der Umgang mit dem Bestand. An­     zu beeinflussen, wurden Studenten der FH Liechten­
     hand mehrerer ausgeführter Beispiele sollen sowohl      stein und der TU Innsbruck eingeladen, den Ort zu           Kurzlebenslauf: Josef Fink, Architekt
     der Einfluss des räumlichen Umfeldes auf den Entwurf    analysieren und Ideen für die Dorfentwicklung zu            Josef Fink ist 1960 in Langenegg/Bregenzerwald geboren. Das
     als auch unterschiedliche Strategien für den Umgang     sammeln. Als Ergebnis wurde die Initiative „STOPP           Studium absolvierte er von 1979 bis 1985 in Innsbruck bei Josef
     mit Bestandsbauten – abhängig von ihren gestalteri­     IN LANGENEGG“ gegründet mit dem Ziel, Anreize zu            Lackner, Leopold Gerstel und Othmar Barth. Seit 1990 arbeitet
     schen Qualitäten – aufgezeigt werden. Im Folgenden      schaffen, die Bevölkerung an den Ort zu binden und          er als selbstständiger Architekt. 1994 gründete er zusammen mit
     werden einige Projekte von Fink Thurnher vorgestellt,   die Eigeninitiative zu stärken. Es wurde beschlossen        Markus Thurnher das Büro Fink Thurnher in Bregenz. Er engagiert
     die einen beispielhaften und objektspezifischen Um­     alle infrastrukturellen Elemente im Ortskern zu kon­        sich in mehreren Gestaltungsbeiräten in Städten und Gemeinden
     gang mit dem Erhalt von Bestandsbauten aufzeigen.       zentrieren.                                                 in Deutschland und Österreich. Zudem ist er als Preisrichter bei
                                                                                                                         diversen Wettbewerben in Österreich und Deutschland tätig und
     Bürophilosophie und Arbeitsweise                        Zur baulichen Umsetzung wurde 2002 ein                      war Vorsitzender beim Wettbewerbsausschuss Vorarlberg von
                                                             Architekten­wettbewerb durchgeführt. Ein neuer              2010 bis 2018. Das Büro mit Sitz in Bregenz bearbeitet Projekte,
     Die Projekte entwickelt Fink Thurnher in Zusammen­      Kinder­garten und ein Café – ergänzt durch Ein­             welche zumeist aufgrund von Wettbewerbserfolgen beauftragt
     hang mit dem Programm der Nutzer und den                richtungen für Jugend, Vereine und Sport – sollen           werden, in kleinem Team mit hohem Anspruch. Die Aufgaben sind
     ­speziellen Einflüssen des Ortes und seines Umfeldes.   den Ortskern stärken. In einer zweiten Phase wird           so unterschiedlich wie die Standorte der Projekte. Einen Schwer­
      Die formalen Ansätze und die Materialwahl werden       2007/2008 ein Lebensmittelgeschäft gebaut und das           punkt in der Arbeit von Fink Thurnher ­Architekten bilden seit Ende
      stets neu aus der Logik der Bauaufgabe entwickelt.     Gemeindeamt saniert. Die Gemeinde tritt – wie auch          der 1990er Jahre die Themenbereiche Bildungs- und Wohnbauten.
      Schonender Einsatz der Ressourcen und ein hoher        schon beim Café – auch hier als Bauherr auf und
      ökologischer Anspruch sind selbstverständlich.         verpachtet den Laden anschließend. Dadurch ist es

     14                                                                                                                                                                                                                              15
Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Bauen mit und im Bestand in Vorarlberg                                                                                                                                                                        Bauen mit und im Bestand in Vorarlberg

                                                                                                                             Dabei gilt
                                                                                                                             es die
                                                                                                                             „Seele“ des
                                                                                                                             Gebäudes zu
                                                                                                                             erhalten bzw.
                                                                                                                             zu stärken.
     Ehemaliges Gasthaus Adler in Langenegg                                                                                                                                       Ehemaliges Gasthaus Adler

     ­ rrichtung des Gebäude jene Baumaterialien zu ver­
     E                                                          vorgewärmter Frischluft versorgt. Dies garantiert ein    Decken der Räume weisen fast durchwegs Felder­
     wenden, welche auch von den heimischen Landwirt­           gesundes Raumklima – Stichwort Sauerstoffkonzent­        täfelungen auf. Zur Ausstattung gehören des weite­
     schaft produziert werden. Dadurch soll der Neubau          ration in Klassenräumen – und vermeidet Energiever­      ren Türen mit Beschlägen der Barock- und Bieder­
     Vorbild sein für weitere Projekte mit dem Ziel der         luste durch unkontrolliertes Lüften.                     meierzeit sowie Kastenschlössern, Einbaukästen und
     Stärkung der heimischen Landwirtschaft durch Ver­                                                                   Geser-Öfen. Zwischen der zweiten Gaststube und
     wendung lokal erzeugter Materialien. Dies ist natürlich    Die zentrale Wärmeerzeugung erfolgt über eine Hack­      einem kleinen Nebenraum findet sich ein mehrteili­
     in erster Linie Holz als Hauptmaterial. Es findet Ver­     schnitzelanlage, zusätzlich wurden auf dem Dach des      ges Spitzbogenfenster mit teilweise farbiger Vergla­
     wendung als Konstruktionsmaterial aber auch domi­          Gebäudes sowohl eine Solaranlage für den Warmwas­        sung. Im ersten Obergeschoss war der Gastsaal mit
     nierendes Material im Innenausbau. Holz ist ein öko­       serbedarf als auch eine PV-Anlage installiert.           Durch­reiche untergebracht. Bei dem Haus Kirch­
     logisches, nachwachsendes Baumaterial. In Österreich                                                                dorf 7 handelt es sich um ein gut erhaltenes Beispiel
     produziert ergeben sich kurze Transportwege. Bei der       Ehemaliges Gasthaus Adler in Langenegg – Erhalt          eines biedermeierlichen Gast- und Bauernhofes des
     Herstellung, Verarbeitung bis hin zur Entsorgung wird      bzw. Wiederherstellung des denkmalgeschützten            Vorderen Bregenzerwaldes, bei dem der Einfluss des
     nur wenig Energie benötigt. Beim Bau des Schul­            Erscheinungsbildes mit klar erkennbaren Eingriffen       Allgäuer Haustypus deutlich ablesbar ist.
     zentrums wird in erster Linie heimische Weißtanne          für die Ergänzungen
     verwendet. Diese wertvolle Baumart kann bis zu 600                                                                  Sanierung
     Jahre alt werden. Die Weißtanne liefert ein sehr helles,   Das ehemalige Gasthaus Adler ist im Ortsteil Ober­       Obwohl über längere Zeit verschiedenste Nutzungen        Ehemaliges Gasthaus Adler
     witterungsbeständiges Holz, welches in Festigkeit und      langenegg unweit der Pfarrkirche situiert. Die Pfarr­    diskutiert wurden, nahm die Planung erst nach
     statischer Belastbarkeit der Fichte gleichwertig ist. Da   kirche wurde 1775 an Stelle einer Wallfahrtskapelle      Erstellung einer Bauaufnahme konkrete Züge an.
     die Weißtanne keine Harzgallen aufweist, ist sie auch      erbaut, bald danach folgten der Pfarrhof sowie die       Das Konzept für Wohnen nahm auf die Grund­               der Fenster und Läden führte man in Ölfarbe aus. Ein
     für den Innenausbau bestens geeignet.                      Gasthöfe Engel, Dreikönig und Adler.                     strukturen und Besonderheiten des Objektes Rück­         besonderes Augenmerk wurde auf die Sanierung der
                                                                                                                         sicht und war somit eine gute Alternative zur            Holzfenster gelegt, wobei noch zwei Typen vor­
     Neben diesen technischen Vorzügen verfügt die              Beim Gasthof Adler handelt es sich um einen breit­       ursprünglichen Nutzung als Gasthaus, die leider          handen waren: Im Erdgeschoss eine Sechserteilung
     Weißtanne über noch einen ganz wesentlichen Vor­           gelagerten zweigeschossigen Einhof des Vorderen          nicht mehr möglich war. Das neue Treppenhaus             mit Kämpfer (frühes 20. Jahrhundert) und im Ober­
     zug: Wird die Tanne im Innenausbau unbehandelt –           ­Bregenzerwaldes aus der Zeit vor 1800. Über dem         wurde als eigener Brandabschnitt in den ehemaligen       geschoss das typische „Wälderfenster“ des 19. Jahr­
     also ohne Lackierung – verwendet, verströmt sie im          hohen gemauerten Kellerstock ist das Haus in Block­     Wirtschaftsteil verlegt, sodass die vier Wohnungen       hunderts in Achterteilung mit eingebauten Lüftungs­
     ganzen Gebäude den angenehmen Tannenduft und                bauweise errichtet und mit einem Schuppenschin­         unter Beibehaltung der jeweiligen Grundrissstruk­        flügeln/-schiebern.
     trägt so ganz wesentlich zum Wohlbefinden bei.              delpanzer versehen. Die Fenster sind gekoppelt,         tur (Mittelflur) geschossweise erschlossen wurden.
     Die stets angenehme Oberflächentemperatur des               mit Architravverdachungen versehen und zeigen           Sanitär- und Neben­r äume wurden vorwiegend in den       In den ehemaligen Gaststuben wurden die Öfen wie­
     Holzes trägt zu einer sehr hohen Behaglichkeit im           im Obergeschoss großteils die originale achtteilige     Zimmern mit schlichter oder fehlender Ausstattung        der restauriert. Ein besonderes Schmuckstück ist der
     Innenraum bei. Seine optisch „warme“ Ausstrahlung           Versprossung mit Schieber. Die weißen Sprossen und      untergebracht. Wirtschaftsteil und Keller blieben als    gelbe Geserofen mit blaugrünem Dekor. Die Hafner­
     vermittelt das Gefühl von Wärme und Behagen.                grünen Bretterläden sind charakteristisch für den       Lagerräume erhalten.                                     familie Geser betrieb in Egg, später in Schwarzen­
                                                                 Bregenzerwald. Dem Allgäuer Haustyp entsprechend                                                                 berg eine Werkstätte und die kunstvollen Kachelöfen
     Um den Kriterien der angestrebten Nachhaltigkeit            weist der Gasthof einen Mittelflurgrundriss auf. Der    Holz, immer wieder Holz                                  ­fanden im späten 18. und 19. Jahrhundert rege Ver­
     zu genügen ist neben der Baustoffoptimierung auch           Eingang mit dreiteiligem, spätklassizistischem Portal   Außen Rundschindeln, Blockwände oder Decken               breitung im Bregenzerwald.
     eine energietechnische Optimierung unumgänglich.            ist erhöht über einer zweiläufigen Treppe, unter der    aus gespannten Dielen, innen Vertäfelungen und
     Durch das Einbinden der bestehenden Gebäude­                sich der Zugang zum flachgedeckten Keller befindet.     Füllungstüren. Zugeständnisse an modernen Wohn­          Viele Details wie Kastenschlösser, Beschläge, Leuchten
     trakte in einen Vierkanthof wurde die Basis für diese       Das ursprüngliche Krüppelwalmdach wurde nach der        komfort erfüllte man mit dünnen, diffusionsoffenen       oder sogar die historische Hausglocke haben sich
     Optimierung geschaffen. Durch diese kompakte                Mitte des 20. Jahrhunderts in ein Firstpfettendach      Dämmschichten, die im besten Fall optisch gar nicht in   erhalten. Die Belichtung des neuen Treppenhauses
     Gebäudehülle in Verbindung mit hervorragenden               umkonstruiert. Ein weiteres Charakteristikum für den    Erscheinung treten. Dass trotzdem sehr gute Energie­     erfolgt einerseits über Verglasungen seitlich der Ein­
     ­U-Werten der ­G ebäudehülle ist es möglich, das            Vorderen Bregenzerwald bildete am Wirtschaftsteil       kennzahlen erreicht werden konnten, liegt vor allem      gangstür, andererseits über minimale Abstände in der
      gesamte Gebäude (Altbau und Neubau) in Passiv­             die Hocheinfahrt in die Obertenne, die in verschalter   an den Dämmungen des Daches und der Kellerdecke.         stehenden Verschalung darüber. Erst der Blick von
      hausbauweise zu errichten. Während das bestehende          Ständerbauweise errichtet ist.                          Zur Verlegung der Leitungen und zur Verbesserung         innen nach außen lässt das innovative Detail erken­
      Gebäude ca 130 kWh/(m2a) an Energie benötigt liegt                                                                 des Schallschutzes wurden Täfer und Böden aus­           nen. Obwohl das Dachgeschoss zum Teil ausgebaut
      der Bedarf eines Passivhauses bei 15 Kwh/m2a. Passiv­     Im Inneren des Hauses waren die Wohn- und Gast­          gebaut, sorgfältig gereinigt und wieder eingebaut.       wurde, fand man mit je drei Dachfenstern pro Seite
      häuser werden über eine Komfortlüftung ständig mit        räume vom Mittelflur aus erschlossen. Wände und          Sämtliche Anstriche der gefassten Holzausstattung,       das Auslangen.

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Baukultur in Friedrichshafen - Ausgabe 2020 Zeitschrift für Baukultur, Architektur und Stadtgestaltung - Stadt Friedrichshafen
Blick hinter die Kulissen                                                                                                                                                                                Baukultur in Friedrichshafen

      Blick hinter die Kulissen
                                                                                                                     Gemeinsam werden
      Ablaufschritte von Projekten im Gestaltungsbeirat.                                                             individuelle Lösungen
      Wie sieht ein typischer Ablauf einer Sitzung des                                                               für die jeweiligen Bau­
      Gestaltungsbeirats aus und was gibt es dabei zu beachten?                                                      vorhaben entwickelt.
                                                                                                                                                                                                  Beratung in öffentlicher Sitzung

      Optimaler Zeitpunkt der                                                                                    Verfahrensablauf
      Beratung im Gremium                                                                                        Anfrage/Prüfung Beratung im Gestaltungsbeirat        Nachbereitung der Sitzung/Protokollerstellung

      Eine Beratung im Gestaltungsbeirat sollte so früh wie                                                       Bauherren/Architekten, die eine Beratung ihrer       zeitnahe Erstellung eines Protokolls mit
      möglich erfolgen. Generell gilt: Bauvorhaben sollten                                                        Bauvorhaben im Gestaltungsbeirat wünschen,           Empfehlungen zur Weiterplanung oder zur
      dem Beirat bereits im frühen Planungsstadium – mög­                                                         können sich direkt an die Geschäftsstelle            Überarbeitung und nachmaligen Wiedervorlage
      lichst bevor ein Bauantrag vorbereitet wurde – anhand                                                       wenden                                               im Gestaltungsbeirat
      von Lageplan, Entwurfsplänen und städtebaulichem                                                            Alternativ kann auch eine Anfrage seitens            Geschäftsstelle übermittelt die Stellungnahme an
      Modell vorgestellt werden. Dies ermöglicht eine                                                             der Geschäftsstelle beim Bauherrn erfolgen,          Bauherren/Planer und, sofern diese zustimmen,
      frühzeitige Abstimmung mit der Verwaltung zu                                                                sofern eine Bauvoranfrage/Bauantrag im               wird das Protokoll auf dem Stadtportal
      baurechtlichen Belangen und bietet die Möglichkeit,                                                         Bauordnungsamt eingereicht wurde und das             veröffentlicht
      dass alle Beteiligten gemeinsam an einem Tisch                                                              Projekt nach interner Vorprüfung eine Beratung
      individuelle Lösungen für das jeweilige Bauvorhaben                                                         im Gestaltungsbeirat vorgeschlagen wird             Eventuelle Wiedervorlage im Gestaltungsbeirat
      entwickeln können. Auch wenn nicht alle geforderten                                                                                                             (erfordert nochmaliges Einreichen der Unterlagen)
      Unterlagen vorliegen, ist eine Beratung dennoch           Gemeinsame Vorbesprechung                        Einreichen der Sitzungsunterlagen
      möglich.                                                                                                                                                        Bauantrag und Baugenehmigung
                                                                                                                  Prüfung der Unterlagen durch die
                                                                                                                  Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat sowie              Einreichen des Bauantrags mit den
                                                                Benötigte Unterlagen                              verwaltungsintern nach grundsätzlichen               überarbeiteten Plänen
      Öffentlichkeit                                                                                              baurechtlichen Belangen                              Prüfung und Bearbeitung durch das
                                                                 Lageplan, städtebauliche Einbindung                                                                   Bauordnungsamt
      Ob die Beratung öffentlich oder nicht öffentlich           M 1:1000 /1:500                                 Ablauf Sitzung des Gestaltungsbeirats                 Abschließende Beteiligung der Fachämter
      erfolgt, entscheiden letztlich Bauherr bzw. Architekt.     Arbeitsmodell mit umgebender Bebauung
      Die öffent­liche Beratungstätigkeit wird jedoch seitens    M 1:500                                         Vormittags:                                              Baugenehmigung
      der Geschäftsstelle angestrebt, um den baukulturellen      Fotos zur Umgebungsbebauung                     Vorbesprechung mit dem Gestaltungsbeirat
      Dialog zu stärken und für qualitätsvolles, nachhaltiges    Vorplanung (inkl. Ansichten) M 1:200             Vorstellung der Bauvorhaben und Interne
      Planen und Bauen zu sensibilisieren. Durch die über        Nutzungskonzept                                  Vorbesprechung mit der Verwaltung
      den Gestaltungsbeirat hergestellte Öffentlichkeit und      Aussagen zur Materialwahl und Farbgebung         (Rahmenbedingungen, planungs- und
      Transparenz des Planungsprozesses wird die Akzep­          Darstellung der Außenanlagen M 1:200             baurechtliche Belange, Entwurfskonzept)
      tanz der einzelnen Bauvorhaben und die Auseinan­                                                            Ortsbesichtigung der einzelnen Bauvorhaben
      dersetzung der Bürger mit ihrer gebauten Umwelt                                                             durch die Mitglieder des Beirats
      gefördert.
                                                                Sitzungstermine                                  Nachmittags:
      Die öffentlichen Sitzungen finden im                                                                       Beratung in nichtöffentlicher/öffentlicher Sitzung       Weitere Informationen zum Gestaltungs­
      Großen Sitzungssaal, Technisches Rathaus,                 Gestaltungsbeirat 2020/21:                        Kurze Projektvorstellung (ca. 5 min) durch die          beirat, den Mitgliedern, Terminen sowie den
      Charlottenstraße 12, 88045 Friedrichshafen statt.                                                           Bauherren und Planer                                    aktuellen Flyer finden Sie unter:
                                                                Die Sitzungen des Gestaltungsbeirats finden in    Diskussion mit den Beiratsmitgliedern, Klärung
                                                                einem etwa zweimonatigen Turnus statt.            von Rahmenbedingungen und Rückfragen                    www.friedrichshafen.de/gestaltungsbeirat
                                                                Dienstag, 21.07.2020                              Empfehlung des Beirats
                                                                Mittwoch, 30. September 2020
                                                                Mittwoch, 28. Oktober 2020
                                                                Mittwoch, 13. Januar 2021

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Projekt der ersten Stunde                                                                                                                                                                                      Projekt der ersten Stunde

      Projekt der ersten Stunde
      Neuer Glanz für das Lukullum. Das Bauvorhaben
      Lukullum wurde im April 2019 in der ersten Sitzung des
      Gestaltungsbeirats vorgestellt und war somit sozusagen
      ein Projekt der ersten Stunde.

      Projektsteckbrief:
       Lage: Friedrichstr. 21, 88045 Friedrichshafen
       Bauherr: Alexander Stadler, Andreas Strobel,             „Eine ausgesprochene
       Lukullum GmbH
       Planung: CIP Architekten GmbH,                           Bereicherung am                                                                                                            Vorortbesichtigung der Gestaltungsbeiräte
       Green Architecture, Bottighofen, CH
       Termin: 1. Sitzung des Gestaltungsbeirats,               wahrnehmbaren Ende
       24.04.2019, öffentlich
                                                                der Friedrichstraße“
       Das als „Lukullum“ bekannte Gebäude in der Fried­                                                          Der neue Projektvorschlag übernimmt die grund­
       richstraße 21, schräg gegenüber vom Schulmuseum          Wolfgang Riehle                                   sätzliche Positionierung des Gebäudes aus dem Be­
       und Graf-Zeppelin-Haus, hat schon vieles erlebt.                                                           stand bzw. aus dem bereits genehmigten Baugesuch.        „Die Präsentation im
       Früher war dort eine Filiale der Landeszentralbank                                                         Es sieht ein Hotel mit fünf Geschossen, Tiefgarage
       unter­gebracht, bis Februar 2020 das gleichnamige                                                          und Flachdach vor. Im Erdgeschoss befinden sich          Gestal­tungs­beirat
       Restaurant im Erdgeschoss sowie „Bernds Bar“ im                                                            ­neben der Rezeption ein Lokal mit 200 Plätzen sowie
       Untergeschoss und jetzt soll dort nach Plänen von                                                           ein Biergarten im angrenzenden Außenbereich.            und die Art und Weise
       Bauherr Alexander Stadler ein Business-Hotel mit                                                            ­Darüber sind vier Geschosse mit insgesamt 87 Hotel­
       90 Zimmern, Restaurant, Biergarten und Skybar                                                                zimmern, inklusive großzügige Suiten und Familien­     wie dort miteinander
      ­entstehen.                                                                                                   zimmer, einem Fitnessbereich sowie im Dachgeschoss
                                                            den Erhalt des Bestandes im Unter- und Erd­­-           eine Skybar mit großzügiger Terrasse geplant.          ­umgegangen bzw.
      Als eines der ersten Projekte wurden die Planun­      geschoss mit einer umfangreichen Aufstockung in
      gen des Neubaus des Hotels Lukullum dem neu           Holzbauweise vorsah. Laut Bauherrn war die vorge­     Empfehlung des GBR:                                       diskutiert wurde, hat
      ge­gründeten Gestaltungsbeirat vorgelegt und in       sehene Auf­stockung statisch nicht möglich und dazu
      ­öffentlicher Sitzung beraten. Für das Projekt lag    auch unwirtschaftlich, weshalb eine komplette Neu­     Der Gestaltungsbeirat bewertete den Baukörper als        mich sehr begeistert.“
       bereits ein genehmigtes Baugesuch vor, welches       planung inkl. Abriss aller Geschosse notwendig war.    angemessene Fortführung der Bebauung entlang
                                                                                                                   der Friedrichstraße und betonte die wohltuende          Alexander Stadler, Bauherr Lukullum
                                                                                                                  ­G eometrie.

                                                                                                                  Der Beirat empfahl das vierte Obergeschoss als
                                                                                                                  ­Staffelgeschoss auszubilden, keine weiteren Dach­
                                                                                                                   aufbauten vorzunehmen und das Dach zu begrünen.

                                                                                                                  Bezüglich der städtebaulichen Setzung wurde vor­
                                                                                                                  geschlagen den Baukörper sowohl zur Olgastraße
                                                                                                                  als auch zur Friedrichstraße parallel auszurichten, um
                                                                                                                  die optische Führung der Friedrichstraße zu verstär­
                                                                                                                  ken und auch den Auftritt des Gebäudes als Platz­
                                                                                                                  begrenzung besser zu artikulieren. So wäre das
                                                                                                                  Gebäude laut den Gestaltungsbeiräten „besser
                                                                                                                  erkennbar und hätte einen markanten Auftritt“.

                                                                                                                  Auch die Neupositionierung der Tiefgaragenab­
                                                                                                                  fahrt an die bisherige Stelle im Norden, erzeuge aus
                                                                                                                  Sicht des Beirats eine deutliche Verbesserung der
      Lageplan Lukullum                                                                                           Verkehrs­führung in der Friedrichstraße und würde eine                              Lukullum Baustelle, April 2020

      20                                                                                                                                                                                                                         21
Projekt der ersten Stunde                                                                                                                                                                                                Vorbildhaft saniert

                                                                                                                          Vorbildhaft saniert
                                                                                                                          Erhalt statt Abriss der ehemaligen Zeppelin-Apotheke.

                                                                                                                          Projektsteckbrief:                                  Äußerst prominent gelegen und stadtbildprägend für die
                                                                                                                           Lage: Eugenstr. 75, 88045 Friedrichshafen          Nordstadt ist das Eckgebäude in der Eugenstraße 75.
                                                                                                                           Bauherr: Competence Park FÜNF GmbH & Co KG         Das Gebäude aus der Jahrhundertwende wurde
                                                                                                                           Projektentwicklung: PRISMA Zentrum für Standort-   vermutlich 1907 als Wohnhaus für einen Parkett­
                                                                                                                           und Regionalentwicklung GmbH, Friedrichshafen      fabrikanten aus Friedrichshafen fertiggestellt.
                                                                                                                           Planung: Aicher Ziviltechniker GmbH, Dornbirn      1927 wurde erstmals der Name Zeppelin-Apotheke
      Lukullum Rendering                                                                                                   Termin: 4. Sitzung des Gestaltungsbeirats,         erwähnt. Unter diesem Namen ist das Gebäude heute
                                                                                                                           29.11.2019, öffentlich                             noch bekannt.

      Trennung des erdgeschossigen Gastraumes vom be­           beträchtliche Baumasse und zur Vermeidung von
      grünten und mit hochstämmigen Bäumen bestockten           ­späteren ungeordneten Aufbauten ausgeschlossen.
      Biergartenbereichs vermeiden. Eine Integration der
      Rampe wie auch der Fluchttreppe in das Gebäudein­         Die Beiräte sahen aufgrund des gestalterisch ­sensiblen
      nere wurde ebenfalls angeregt.                            Umgangs mit dem Thema Photovoltaikanlage
                                                                seitens des Architekturbüros CIP aus Stuttgart keinen
      Im weiteren Planungsprozess wurde der Gestaltungs­        ­Widerspruch zur Empfehlung und befürworten eine
      beirat nochmals hinsichtlich der Planung und Ge­           ­geordnet gestaltete und von der Attika entsprechend
      staltung einer Photovoltaikanlage miteinbezogen.            zurückversetzte Photovoltaikanlage als energetisch
      In ihrer Empfehlung hatten die Beiräte zuvor weitere        sinnvolle Maßnahme.
      technische Dachaufbauten im Hinblick auf die bereits

           Feedback des Bauherrn:
           Rückblickend ist Alexander Stadler froh, die Beratung des Gestaltungsbeirats in der öffentlichen Sitzung
           in Anspruch genommen zu haben. Laut dem Bauherrn waren „die Botschaften sehr klar und hatten
           Qualität“. Er habe im Anschluss an die öffentliche Beratung ein „unglaublich tolles Feedback in den
           letzten Tagen erhalten“ und sei „wirklich bis in die Haarspitzen motiviert das Projekt baldmöglichst um­
           zusetzen“. Auch die Präsentation im Gestaltungsbeirat und der respektvolle Dialog haben Alexander
           Stadler überzeugt, sodass er seine Entscheidung das Projekt öffentlich zu beraten nicht bereut, sondern
           vielmehr als Chance begreift.

                                                                                                                                                                                                                      Bestandsgebäude

      22                                                                                                                                                                                                                           23
Vorbildhaft saniert                                                                                                                                                                                                                Vorbildhaft saniert

      Bis 2018 war im Erdgeschoss des Gründerzeitbaus                                                                    Geschoss und vier Büroetagen, die alle barrierefrei mit    voll sanierten Immobilie stellt oftmals einen Anreiz für
      die Zeppelin-Apotheke und in den Obergeschossen                                                                    Aufzug erreichbar sind.                                    künftige Käufer und Nutzer dar.
      verschiedene Arztpraxen und Büros untergebracht.            „Wir wollen das stadt­
      1988 gab es Umbau- und Erweiterungspläne, die letzt­                                                               Es ist aus Sicht des Gestaltungsbeirats richtig, den       Dieses Beispiel zeigt, wie erfolgreich und nachhaltig
      lich bis auf den Treppenhauserweiterungsturm nicht          bildprägende Gebäude                                   ­Erweiterungsbau mit abweichender Materialität             mit vorhandener Bausubstanz umgegangen werden
      durchgeführt wurden. 2018 wurde das Gebäude vom                                                                     (Putzfassade) klar vom Bestandsgebäude mit seiner         kann. Entscheidend dafür war auch der Wille des Bau­
      damaligen Eigentümer zum Verkauf angeboten. Auf­            erhalten, auch wenn es                                  Ziegelfassade abzusetzen und auch die Befensterung        herrn der PRISMA Unternehmensgruppe, statt eines
      grund des seitens der Politik und engagierten Bürger­                                                               in Form und Größe zu differenzieren.                      Abrisses des Bestandsgebäudes eine Generalsanie­
      schaft befürchteten Abrisses des markanten Baukörpers       nicht unter Denkmal­                                                                                              rung mit einem ergänzenden Neubau zu planen und
      erfolgte eine Prüfung der Denkmalschutzbehörde mit                                                                 Angeregt wird lediglich, das Gesimsband zwischen           den Abstimmungsprozess im Gestaltungsbeirat in die
      ­anschließender Einstufung als nicht schützenswert.         schutz steht“                                          Erdgeschoss und 1. Obergeschoss aus dem Bestand            ­Projektplanung zu integrieren.
       Diese Beurteilung wurde auch infolge einer nochma­                                                                als horizontale Zäsur auch im Neubauteil weiter zu
       ligen Anfrage der Stadt Friedrichshafen mit Bitte um       Stefan Nachbaur, PRISMA Unternehmensgruppe             führen. Dadurch wird die Fassadengliederung im             Ebenso wichtig ist die qualitätsvolle Planung des
       erneute Begutachtung leider beibehalten.                                                                          ­Sockel, Schaft und Dach zum Thema des Gesamt­             Architekturbüros Aicher aus Dornbirn, die in ihrem
                                                                                                                          objekts. Die eingenutete Schattenfuge am Anschluss        Entwurf trotz der notwendigen Generalsanierung den
      Vor zwei Jahren wurde das Gebäude von der                                                                           von Alt- und Neubau wird als vertikale Zäsur be­          Erhalt des Gründerzeitbaus inklusive seiner prägenden
      PRISMA Unternehmensgruppe, die in Friedrichshafen                                                                   grüßt – eine Verglasung oder Verspiegelung dieser         Backsteinfassade vorsehen.
      bereits den Competence Park am Flughafen und die                                                                    Fuge wird nicht für erforderlich gehalten. Ein weiteres
      SEE.STATT am Stadtbahnhof realisiert hat, erworben.     Deckenhöhen des Bestands. Der Neubau nimmt die              verbindendes Element von Alt- und Neubau ist das
      Der Projektentwickler plant dort eine Sanierung des     Gliederung des Altbaus in der Fassade gestalterisch auf.    gemeinsame Mansarddach mit Metalleindeckung, das
      Bestandsgebäudes sowie einen Erweiterungsbau, um        Zukünftig sind in den Häusern jeweils ein Erdgeschoss,      aus konstruktiven Gründen auch im Bestandsgebäude
      barrierefreie Büro- und Gewerbeflächen mit flexibel     zwei Obergeschosse und ein Dachgeschoss mit ge­             in der bisherigen Form neu aufgebaut wird. Seine Be­          Die Sitzungstermine sowie Protokolle des
      unterteilbaren Mieteinheiten anzubieten.                werblicher Nutzung (Büros) geplant.                         fensterung mit Gauben ist gut proportioniert.                 Gestaltungsbeirats finden Sie unter:
                                                                                                                                                                                        www.sitzungsdienst.friedrichshafen.de
      Nutzungskonzept der Architekten                         Empfehlung des Gestaltungsbeirats                          Erhalt statt Abriss: Eine gelungene Lösung für alle
                                                                                                                         Seiten                                                         alle weiteren Informationen unter
      Das bestehende Haus wird komplett entkernt, der seit­   Der Gestaltungsbeirat begrüßt die Entscheidung                                                                            www.friedrichshafen.de/gestaltungsbeirat
      lich angeordnete Treppenturm abgebrochen, das neue      des Investors sehr, das stadtbildprägende Bestands­        Die jetzige Lösung „Erhalt der stadtbildprägender Bau­
      Treppenhaus in den Altbau integriert. Auf der Fläche    gebäude mit seinen opulent gestalteten Gründer­            substanz in Verbindung mit moderner Architekturspra­
      des bestehenden Treppenhauses und des angrenzen­        zeitfassaden zu erhalten, obwohl es nicht unter            che“ wird sehr gut angenommen. Die Schwäbische
      den Baugrundstücks wird ein neues Gebäude errichtet,    Denkmalschutz steht. In Verbindung mit einem               Zeitung vermeldete in ihrer Berichterstattung über das
      welches sich formal und in seiner Größenordnung am      neuen Treppenhaus und höhengleich weitergeführ­            Projekt im November 2019, dass die Redaktion künftig

ANSICHTEN
      Bestand orientiert. Bestandsbau und Neubau werden       ten Geschossdecken entsteht im Zusammenhang                Räumlichkeiten im dann sanierten Gebäude der ehe­
      über ein gleichartiges Dach miteinander verbunden.      mit dem Erweiterungsbau ein attraktiv nutzbares und        maligen Zeppelin-Apotheke beziehen werde. Der
      Die Geschosshöhen orientieren sich im Neubau an den     funktionales Bürogebäude mit zwei Nutzeinheiten pro        Charme und Wiedererkennungswert einer qualitäts­

      Ansicht Ost                                                                                                                                                                                                Lageplan mit Freiflächenkonzept

      24                                                                                                                                                                                                                                     25
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