BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022

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BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
FORSCHEN.
BERICHTEN.
ERFAHREN.
2022

Institut für vergleichende Städtegeschichte
Forschungsbericht 2022
IStG an der WWU Münster
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · INHALT                                          2·3

IStG
FORSCHUNGSBERICHT                        INHALT
2022
                                         Zum Geleit                        4

                                         Das IStG                      5 – 13

                                         Themen 2022                  14 – 21

                                         Gäste/Fellows                22 – 25

                                         Highlights 2022              26 – 27

                                         Laufende Projekte            28 – 33

                                         Veranstaltungen              34 – 35

                                         Publikationen                36 – 40

                                         Vorschau/Save the Date           41

                                         Impressum/Gremien des IStG       42

                                         Bildnachweis                     43
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · ZUM GELEIT I DAS IStG                                                                                                                                                                                        4·5

ZUM                                                                                                                        DAS IStG
GELEIT                                                                                                                     MISSION STATEMENT
DER FORSCHUNGSBERICHT 2022 DES ISTG                                                                                        DAS IStG ERFORSCHT DIE GESCHICHTE IN STÄDTEN UND VON STÄDTEN
ZEIGT SICH IN NEUEM GEWAND!                                                                                                IN DER EUROPÄISCHEN GESCHICHTE.
Wir haben uns entschieden, in veränderter Form stärker         anzubieten. Wie Forschungsdaten projektbegleitend digi-
ausgewählte Themen in den Fokus zu stellen. Was hat uns        tal aufbereitet werden können, hatte das IStG bereits mit
im vergangenen Jahr bewegt und was waren aus wissen-           den „Deutschen Königspfalzen – digital“ gezeigt. In die-
schaftlicher Perspektive die Höhepunkte des Jahres? Was        sem Jahr konnte nun auch die Print-Publikation des Teil-
sind wiederkehrende Themen in der Institutsarbeit und          bandes „Westfalen“ des Repertoriums „Die Deutschen
welche neuen Felder sollen zukünftig erschlossen wer-          Königspfalzen“ veröffentlicht und somit ein langjähriges
den?                                                           Forschungsvorhaben erfolgreich abgeschlossen werden.

Ein großes Thema des letzten Jahres war der Start des          Inhaltlich stand im vergangenen Jahr der Themenschwer-
NCN/DFG-Projekts “Historical survey maps and the com-          punkt „Städte nach der Krise“ im Fokus, der die verschie-
parative study of the functionality and morphology of          denen Arbeiten des IStG bündelt und neue Akzente für
urban space” (HiSMaComp). Gemeinsam mit polnischen             zukünftige Forschungen setzt. Im September 2023 ist das
Kolleginnen und Kollegen werden wir in den kommenden           IStG Mitveranstalter der Tagung „Den Frieden gewonnen?
drei Jahren anhand konkreter Fallbeispiele die räumliche       Städte nach 1648 im Vergleich“, die nach den Prozessen
Entwicklung verschiedener Stadttypen mit neuen compu-          des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und räumlichen
tergestützten Vergleichsmethoden untersuchen. Neben            Neubeginns bzw. Umbaus fragen wird. Begleitend er-
inhaltlichen und methodischen Fortschritten bietet das         forscht ein studentisches Forschungsprojekt die Nach-
Projekt auch die Möglichkeit, eine gemeinsame interna-         kriegssituation in Münster zwischen 1648 und 1655. Auch     Als neuralgische Zentren unserer Zivilisation und Spie-      Als interdisziplinäres Kompetenzzentrum besitzt das IStG
tionale Forschungsumgebung für Geodaten aufzubauen             im „Deutschen Historischen Städteatlas Magdeburg“ wer-      gelbilder der Gesellschaft erlaubt die Erforschung von       durch die jahrzehntelange Produktion von Karten und
und sich im interdisziplinären und grenzüberschreitenden       den die Zerstörung und der Wiederaufbau der Stadt im        Städten wichtige Rückschlüsse auf Bedingungen, Formen        Atlanten Erfahrung in der historisch-kartographischen
Dialog einzuüben. Mit der aufzubauenden Forschungs-            und nach dem 30-jährigen Krieg wichtige Themen sein.        und Wechselbeziehungen des menschlichen Zusammen-            Visualisierung zu Städten in der Geschichte, seit einigen
umgebung ist das IStG auch ‚Participant‘ im jüngst bewil-      Das gemeinsam mit anderen Wissenschaftler*innen der         lebens.                                                      Jahren nun auch im Feld der „Digital Humanities“. In Fach-
ligten NFDI-Konsortium 4memory. Wir sind stolz, Teil die-      Universität Münster initiierte Forschungsnetzwerk MURN                                                                   publikationen, digitalen Wissensressourcen und vielfälti-
ses Netzwerkes zu sein, und sehen es als Chance, unsere        (Münster Urban Research Network) thematisiert interdiszi-   Von frühmittelalterlichen Vorformen und der entwickelten     gen Veranstaltungsformaten informieren wir Fachwelt und
digitale Expertise im Bereich Geodaten weiter auszubauen.      plinär und epochenübergreifend in Vorträgen, Workshops      mittelalterlichen Stadt im 12. Jahrhundert bis zum Städte-   Öffentlichkeit über die aktuellen Forschungsergebnisse.
                                                               und in einer Ausstellung das Thema „Gefährdung und die      bau im 20. Jahrhundert untersuchen wir Stadtentstehung,      Zukünftig wird zudem die Publikation von standardisier-
Diese Entwicklungen sind eingebettet in eine neue Digi-        Neuordnung städtischer Räume“, es blickt somit verglei-     urbanen Wandel und Niedergang anhand historischer            ten Geodaten als nachnutzbare Forschungsdaten einen
talisierungsstrategie, die darauf abzielt, das IStG noch       chend auf diese Zusammenhänge.                              Quellen und Daten. Dabei entwickelt das IStG Methoden        größeren Raum einnehmen. Das IStG ist damit ein wich-
stärker als Forschungsplattform zu konstituieren. Hierzu                                                                   des Vergleichs, um Besonderes wie auch Typisches an und      tiger Brückenbauer, um einer exakteren, datenbasierten
zählt die Open Access-Initiative für unsere Publikations-      Abschließend möchten wir unsere Freude darüber zum          in Städten im Kontext der europäischen Urbanität greifbar    Städteforschung den Weg zu bereiten.
reihe „Städteforschung“, deren 104. Band der Reihe A im        Ausdruck bringen, dass wir im vergangenen Jahr wie-         zu machen. Räumlich setzt das IStG seinen Forschungs-
vergangenen Jahr erstmals im Druck und als delayed Open        der zahlreiche internationale Gaststipendiat*innen am       schwerpunkt in Mitteleuropa, von wo aus sich histori-        Das in Münster angesiedelte An-Institut der WWU Münster
Access erschienen ist. Parallel bereiten wir die retrospek-    IStG und in der Bibliothek begrüßen konnten. Darunter       sche Verbindungslinien v.a. in den ostmitteleuropäischen     beschäftigt ca. 20 Mitarbeiter*innen. Mit exzellent aufge-
tive Open Access-Stellung der bereits erschienenen, zum        war auch die Trägerin des erstmals vergebenen IStG-For-     Raum ergeben.                                                stellter Forschungsbibliothek, umfassender bibliographi-
Teil vergriffenen Bände vor, sodass zukünftig die gesamte      schungsstipendiums, das junge Wissenschaftler*innen                                                                      scher Datenbank zur vergleichenden Städteforschung und
Reihe frei zugänglich sein wird. Dieses Angebot wird per-      am Beginn ihrer Qualifizierungsarbeit unterstützen möch-                                                                 umfangreichen Bild- und Kartensammlungen ist das IStG
spektivisch erweitert werden um einen digitalen Karten-        te. Wir hoffen, dass dieser Austausch erhalten bleibt und                                                                als Forschungszentrum zugleich ein Begegnungs- und Ar-
server aller im IStG erarbeiteten Karten sowie um digitale     weiter wächst!                                                                                                           beitsort für Fellows und Stipendiat*innen aus dem In- und
Quelleneditionen. Hier wird das Projekt „Exile Letters“ im     Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.                                                                               Ausland.
kommenden Jahr den Anfang machen, das den Briefnach-
lass eines getrennt im Exil lebenden jüdischen Ehepaares
digital editieren wird. Ziel ist es, zukünftig sowohl die im   Ulrike Ludwig                      Angelika Lampen
IStG erarbeiteten Forschungsdaten als auch Materialien         Wissenschaftliche Vorständin       Institutsleitung
für die vergleichende Städteforschung online und frei
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · DAS IStG/ZAHLEN                                                                                                                                                                                   6·7

DAS IStG
IN ZAHLEN

                                   20                                                                                                                               101.963
                                                            Mitarbeitende gesamt                                                                                                                               Besuche
                                                            (inkl. Studierende)                                                                                                                                auf der Homepage
                                                            11 Männer
                                                            9 Frauen                                                                                                Kuopio

104                         Bände der Reihe
                            „Städteforschung A – Darstellungen“
                                                                                                                                                                                 2.100
                                                                                                                                                                                   verschickte Info-Flyer
                                                                                                                                                                                   „Bibliothek und bibliographische Dienste“

                                                                                                                                                                                        637
                                                                                                                                                                                   an

                    65.000
                                                                                                                                                                                                  Stadtarchive

                                                                                                                                                                                        5
              ca.                                  Bände in der
                                                   Bibliothek
                                                                        Belfast

 8
                                                                      Dublin
                                                                                                                             Rostock
                                                                                                                                                 Toruń
                                                                                                                                                                                                         Fellows 2022

                                                                                                                                                                                                               3
                                                                                                         Braunschweig Potsdam
                                                                                                                          Magdeburg
                                                                                                                                                         Warszawa
                                                                                                                                                                                                         aus
                          laufende                                                                        Göttingen
                                                                                               Bad Fredeburg
                                                                                                                           Halle (Saale)
                                                                                                                              Leipzig
                                                                                                                                                                                                                        Ländern
                                                                                                                                                  Wrocław
                          Projekte                                                                      Bonn Marburg
                                                                                                                       Erfurt
                                                                                                                                                                         Lwiw
                                                                                                                                      Hradec

                                      20
                                                                                                             Mainz                   Králové
                                                                                         Luxembourg

                                                                                                                                                     Bratislava
                                                                                                                                          Wien

                                                          abgeschlossene

                                                                                                                                                                                 637
                                                                                                                                                     Budapest

                                                          Projekte                                                                                                       Sibiu
                                                                                                                                                                                        Vorträge
                                                          seit 1998                                                                      Ljubljana
                                                                                                                                                                                        im Freitags-Kolloquium
                                                                                                                                                                                        seit Gründung des IStG (1970)

         581
                                                                                                                  Bologna

                                                                                                                                                             179.500
                                                                                   Kooperationen 2022

                                                  Europäische Städteatlanten –                                                                                                                        Einträge

                                                          152
                                                  davon                                                                                                                                               in der Bibliographischen
                                                                                                                                                                                                      Datenbank
                                                          Atlanten am IStG
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · DAS IStG/CHRONIK 2022                                                                                                                                                                                       8·9

DAS IStG                                                                                                                  13. – 16. SEPTEMBER
                                                                                                                          Daniel Stracke als Convenor der Atlas Working Group
                                                                                                                                                                                      4. NOVEMBER
                                                                                                                                                                                      Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) bewilligt

CHRONIK 2022
                                                                                                                          und Oliver Rathmann nehmen an der Jahrestagung der          den Antrag des NFDI-Konsortiums 4memory, an dem das
                                                                                                                          International Commission for the History of Towns in        IStG als ‚Participant‘ beteiligt ist.
                                                                                                                          Maynooth, Dublin und Derry (Ireland/UK) teil. Thema der
                                                                                                                          Konferenz, in deren Rahmen auch das Meeting der Atlas
                                                                                                                          Working Group stattfindet, ist “Crisis in Urban Order”.     2. DEZEMBER
7. MÄRZ                                                       13. MAI                                                                                                                 Am Morgen wird das Manuskript für die Publikation
                                                                                                                          1. OKTOBER                                                  „Westfalen. Geschichte eines Landes, seiner Städte und
Das IStG begrüßt Aleksander Łupienko als ersten               An diesem Freitag findet das erste Freitags-Kolloquium                                                                  Regionen in Mittelalter und Früher Neuzeit“ von Werner
internationalen Gastwissenschaftler nach der                  des Jahres zur „Jungen Städteforschung“ statt. Drei junge   Hanna Wichmann startet als erste Stipendiatin der           Freitag an den Verlag übergeben. Und am Abend präsen-
Corona-Pandemie.                                              Kolleginnen und Kollegen berichten über ihre laufenden      Forschungsbibliothek des IStG. Sie arbeitet zu Emotionen    tiert Wilfried Reininghaus im Rathaus von Münster die von
                                                              Dissertationsvorhaben. Übergeordnetes Thema sind            und sozialen Beziehungen in nord- und südalpinen Fami-      Franz-Josef Jakobi am IStG verfasste, neue Geschichte der
                                                              spätmittelalterliche Stadt- und Kaufmannsbücher.            lienbüchern des 14. und 15. Jahrhunderts.                   Stadt mit dem Titel „Münster – Entstehung und Geschichte
9. MÄRZ                                                                                                                   Auch Simon Dreher beginnt sein wissenschaftliches           der Stadt vom 8. bis 20. Jahrhundert“.
Das „Städtebuch Historisches Ostbrandenburg“,                                                                             Volontariat im IStG, das vornehmlich im Bereich der         Oberbürgermeister Markus Lewe und Dr. Benedikt Hüffer
                                                              30. JUNI                                                    „Digital Humanities“ angesiedelt ist.
herausgegeben von der Historischen Kommission zu                                                                                                                                      sprechen die Grußworte.
Berlin, erscheint als vierte Neubearbeitung unserer           Anlässlich der Halbzeit des Projekts
Reihe „Deutsches Städtebuch“ im Druck, Open Access            „Deutscher Historischer Städteatlas – Magdeburg“
sowie als Anwendung auf der Homepage des IStG.                findet im Gesellschaftshaus in Magdeburg der Workshop       23. OKTOBER                                                 7. DEZEMBER
                                                              „Auf dem Weg zum Historischen Städteatlas Magdeburg“        Wir gratulieren Dr. Anna Krabbe, ehemalige Gastwissen-      Der 16. Band des „Historischen Atlas westfälischer
                                                              statt. Dabei zieht das Projektteam eine Zwischenbilanz      schaftlerin am IStG, die für ihre Dissertation „Inseln in   Städte“ zur sauerländischen Stadt Bad Fredeburg ist
23. MÄRZ                                                      und präsentiert die ersten interaktiven Angebote zum        der evangelischen Stadt? Religiöse Gemeinschaften in        abgeschlossen; die Druckdateien werden an die
Die neue Auswahlliste von Neuerscheinungen zur                Atlas.                                                      Soest und Herford (1521–1609)“ den Ignaz-Theodor-           Druckerei gesandt.
Städtegeschichte ist fertiggestellt und steht online                                                                      Liborius-Meyer-Preis des Vereins für Geschichte und
zur freien Nutzung bereit. Auf 450 Seiten, gegliedert in                                                                  Altertumskunde Westfalens, Abt. Paderborn, erhält.
70 Themengebiete, werden hier Fachpublikationen des           1. JULI                                                                                                                 14. DEZEMBER
vergangenen Jahres aufgelistet.                               Das NCN/DFG-Projekt “Historical survey maps and the                                                                     Wir freuen uns über das Erscheinen des Teilbandes „West-
                                                              comparative study of the functionality and morphology       28. OKTOBER                                                 falen“ des Repertoriums „Die Deutschen Königspfalzen“!
                                                              of urban space” (HiSMaComp) startet am IStG.                                                                            Mit der Versendung an die Autoren endet ein langjähriges
28. MÄRZ                                                                                                                  Anlässlich des 85. Geburtstages von Peter Johanek feiern
                                                              Gemeinsam mit Prof. Roman Czaja (Toruń, Polen) und                                                                      Projekt des IStG. Gefördert von der LWL-Kulturstiftung
                                                                                                                          wir im Anschluss an das Freitags-Kolloquium, bei dem es
Die Gremien des IStG – der wissenschaftliche Beirat,          seinem Team werden wir anhand konkreter Fallbeispiele                                                                   wurden mit einem Autor*innen-Team die 16 königlichen
                                                                                                                          um „Die Koelhoffsche Chronik“ geht, ein kleines Fest.
das Kuratorium für vergleichende Städtegeschichte             die räumliche Entwicklung dreier Stadttypen mit neuen                                                                   Aufenthaltsorte in Westfalen erarbeitet und umfangreiche
und das Herausgeber*innengremium der Reihe                    computergestützten Vergleichsmethoden untersuchen.                                                                      Ortsartikel in lexikalischer Form erstellt.
Städteforschung – tagen.

                                                              10. – 12. JULI
26. APRIL
                                                              Das Team der Projekts HiSMaComp trifft sich zu einem
Der 4. Workshop des Kooperationsprojekts                      Kick Off-Meeting mit den polnischen Kolleg*innen in
„Historical Ontology of Urban Space“ zum Thema                Toruń. Das Meeting startet mit einer Exkursion in die
„Urban HomeBase in the European Historic Towns                historische Landschaft Kulmer Land.
Atlas – practitioners‘ guide” findet digital statt.           Am 12. Juli findet in Toruń (Polen) der 5. Workshop des
                                                              HOUSe-Projektes statt.

3. MAI                                                        7. – 9. SEPTEMBER
Im Kulturhaus „Alte Meierei“ in Blomberg wird der             Das HOUSe-Projekt hat das IStG als Tagungsort für seine
15. Band des „Historischen Atlas westfälischer Städte“,       Abschlusskonferenz „Domain Ontologies and Beyond“
den das IStG gemeinsam mit der Historischen Kommission        gewählt. Drei Tage diskutieren internationale Wissen-
für Westfalen herausgibt, präsentiert. Die Autoren des        schaftlerinnen und Wissenschaftler digital und in Präsenz
Textheftes, Prof. Dr. Ulrich Meier und Dr. Heinrich Stiewe,   den Gebrauch von kontrollierten Vokabularien und
führen anhand zahlreicher Abbildungen und Karten in die       Semantic Web-Technologien in der Forschung.
Geschichte der Stadt ein.
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · DAS IStG/TEAM                                                                                                                                                                             10 · 11

DAS                              GESCHÄFTSFÜHRUNG
                                 Prof. Dr. Ulrike Ludwig
                                                                                                            AM ISTG ANGESIEDELTE GASTWISSENSCHAFTLER*INNEN
                                                                                                            Dr. Philipp Hoffmann-Rehnitz

TEAM
                                 Wissenschaftliche Vorständin                                               Projekt Münster nach dem Dreißigjährigen Krieg

                                 Dr. Georg Lunemann                                                         Rita Schlautmann-Overmeyer, M.A.

DES
                                 Verwaltungsvorstand                                                        Projekt Exile Letters Friedeman-Waldeck 1939–1942

                                 LEITUNG                                                                    VOLONTÄR
IStG                             Dr. Angelika Lampen                                                        Simon Dreher, M.A.
                                                                                                            Digital Humanities

2022                             VERWALTUNG UND TAGUNGSORGANISATION                                         DOKTORAND
                                 Anja Heinz, B.A.
                                                                                                            Sebastian Schröder, M.A.
                                                                                                            Projekt Des Königs neue Steuer. Praktiken preußischer Herrschaftsorganisation
                                                                                                            am Beispiel der westfälischen Akzisestädte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
                                 MITARBEITER*INNEN BIBLIOTHEK/BIBLIOGRAPHIE
                                 Sabina Ruwe, M.A.                                                          HILFSKRÄFTE
                                 Bibliothek
                                                                                                            Markus Breyer
                                 Stefan Tönnessen, M.A.
                                                                                                            Tabea Karras
                                 Bibliographie
                                                                                                            Tobias Prüser
                                                                                                            Hendrik Tegeler
                                 PROJEKTMITARBEITER*INNEN
                                                                                                            Deike Terhorst
                                 Ria Hänisch, M.A.
                                 Redakteurin Städteforschung, Historischer Atlas westfälischer Städte und
                                 Web-Angebote                                                               EHEMALIGE WISSENSCHAFTLICHE VORSTÄNDE

                                 Tobias Kniep, B.Eng. (LWL)                                                 Dr. Wilfried Ehbrecht († 31.01.2022)
                                 Kartograph Historischer Atlas westfälischer Städte
                                                                                                            Prof. Dr. Werner Freitag
                                 Dr. Anna Paulina Orłowska                                                  Prof. Dr. Peter Johanek
                                 Wissenschaftliche Mitarbeiterin HisMaComp

                                 Oliver Rathmann, M.Sc. Geogr.
                                 Kartograph Deutscher Historischer Städteatlas

                                 Tobias Runkel, M.A.
                                 Geodatenmanagement HisMaComp                                                                             Am 30.01.2022 ist Dr. Wilfried Ehbrecht verstorben. Wilfried Ehbrecht hat zusammen
                                                                                                                                          mit Heinz Stoob das IStG aufgebaut, war zunächst wissenschaftlicher Geschäftsführer
                                 Anna-Lena Schumacher, B.A.
                                                                                                                                          und von 1979 bis 1984 wissenschaftlicher Vorstand des IStG. Über lange Zeit war er
                                 Wissenschaftliche Mitarbeiterin HisMaComp
                                                                                                                                          insbesondere Kopf und treibende Kraft der Atlasarbeit. Als langjähriger Herausgeber
                                 Dr. Christof Spannhoff                                                                                   hat er die Atlaswerke maßgeblich geprägt und als Autor zahlreiche Atlasblätter ver-
                                 Wissenschaftlicher Mitarbeiter Die Deutschen Königspfalzen und                                           fasst. Darüber hinaus war er in viele Forschungsprojekte eingebunden, war Mitver-
                                 Atlas Kreis Warendorf und Stadt Münster                                                                  anstalter zahlreicher Frühjahrstagungen wie auch des Freitags-Kolloquiums und hat
                                                                                                                                          sechs Bände in der Institutsreihe Städteforschung herausgegeben.
                                 Dr. Daniel Stracke                                                                                       Stets stand Wilfried Ehbrecht den Mitgliedern des IStG mit Rat und Tat zur Seite.
                                 Redakteur Deutscher Historischer Städteatlas, Co-Investigator HisMaComp
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · DAS IStG/NEUE GESICHTER                                                                                                                                                                              12 · 13

DAS IStG
NEUE GESICHTER
SIMON DREHER, M.A.                                                                                                          TOBIAS RUNKEL, M.A.
                                Beschäftigt am IStG seit: 1. Oktober 2022                                                                         Beschäftigt am IStG seit: 1. Dezember 2022
                                Projekt: Volontariat „Digital Humanities“                                                                         Projekt: HiSMaComp
                                Simon Dreher studierte von 2009 bis 2017 Geschichte, Keltologie und Germanistik an                                Tobias Runkel studierte Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Vorderasiatische
                                der Universität Marburg und war während des Masterstudiums als studentische Hilfskraft                            Altertumskunde an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Während seines
                                an der Abteilung für Geschichte der Frühen Neuzeit tätig. Von 2014 bis 2017 arbeitete er                          Studiums war er zunächst studentischer Volontär für die Sonderausstellung „Imperium.
                                zudem an der Forschungsstelle für Personalschriften u.a. an digitalen Forschungs- und                             2000 Jahre Varusschlacht“ und später als studentische Hilfskraft am Institut für Byzan-
                                Editionsprojekten mit. Von 2018 bis 2022 war er als Universitätsassistent am Institut für                         tinistik und Neogräzistik sowie an der Forschungsstelle Asia Minor, Seminar für Alte Ge-
                                Osteuropäische Geschichte in Wien im Bereich Forschung und Lehre tätig.                                           schichte tätig. Von 2006 bis 2009 nahm er an den deutsch-türkischen Grabungskam-
                                Seine Forschungsinteressen konzentrieren sich auf vormoderne Alltagsgeschichte, auf                               pagnen in Alexandria Troas (Türkei) teil. Nach seinem Magisterabschluss 2012 arbeitete
                                interreligiöse und interkonfessionelle Kontaktpunkte in der Frühen Neuzeit sowie auf                              er als wissenschaftlicher Volontär und als Projektmitarbeiter im LWL-Römermuseum in
                                Geschichte und Literatur des Frühhumanismus. In einem 2019 an der Universität Wien                                Haltern am See. Neben der Entwicklung und Realisierung von Ausstellungskonzepten
                                aufgenommenen und seit 2022 an der Universität Münster angesiedelten Promotionspro-                               und museumspädagogischen Programmen begleitete er für den Römerpark Aliso u.a.
                                jekt befasst er sich mit der europäischen Zuwanderung in urbane Räume des Moskauer                                die Teilrekonstruktion der römischen Holz-Erde-Mauer. Als Mitarbeiter im Innen- und
                                Staates des 17. Jahrhunderts.                                                                                     Außendienst der Städtischen Denkmalbehörde/Stadtarchäologie Münster kam Tobias
                                Seit dem 1. Oktober 2022 ist Simon Dreher als wissenschaftlicher Volontär im Bereich                              Runkel auf verschiedenen Ausgrabungen im Stadtgebiet zum Einsatz. Von 2017 bis 2020
                                „Digital Humanities“ am IStG beschäftigt. Im Rahmen des Volontariats befasst er sich mit                          war er für diverse Projekte im Bereich Denkmalschutz zuständig, u.a. dokumentierte er
                                der Weiterentwicklung der digitalen Angebote des IStG, mit der Konzeption neuer Pro-                              Baudenkmäler (Schlösser, Kirchen, Brücken) mittels Drohnen und 3D-Photogrammetrie.
                                jekte zur Nachnutzung vorhandener Forschungsdaten sowie mit der wissenschaftlichen                                2022 schloss Herr Runkel erfolgreich eine Fortbildung zum GIS- und Geodatenspezialis-
                                Redaktion von Publikationen. Unter anderem ist er in die Auszeichnung nach TEI für das                            ten an der GIS-Akademie Dortmund ab.
                                Projekt „Exile Letters“ eingebunden.                                                                              Seit dem 1. Dezember 2022 ist Tobias Runkel als Kartograph sowie GIS- und Geodaten-
                                                                                                                                                  spezialist für das HiSMaComp-Projekt am IStG angestellt. In dieser Funktion ist er auch
                                                                                                                                                  Mitglied und Mentor der AG Geoinformationssysteme an der WWU.
ANNA-LENA SCHUMACHER, B.A.
                                Beschäftigt am IStG seit: 1. Juli 2022
                                Projekt: HiSMaComp                                                                          DR. ANNA PAULINA ORŁOWSKA

                                Seit dem 01.07.2022 ist Anna-Lena Schumacher als Mitarbeiterin im Projekt HiSMaComp                               Beschäftigt am IStG seit: 1. Juli 2022
                                beschäftigt. Von Juli bis Dezember 2022 kümmerte sie sich v.a. um das Forschungsdaten-                            Projekt: HiSMaComp
                                management des Projekts. Dazu zählen in erster Linie die Erstellung eines Forschungs-
                                datenmanagementplans, das Aufsetzen eines auf die individuellen Bedürfnisse des Pro-                              Dr. Anna Paulina Orłowska studierte Mittelalterliche Geschichte, Osteuropäische Ge-
                                jekts angepassten Geo-Servers und weiterer Strukturen zur Publikation und Sicherung                               schichte, Editionswissenschaft wie auch Kunstgeschichte in Warschau und Kiel. Sie pro-
                                der Daten. Ab Januar 2023 wird sie an der Fallstudie zum Stadttyp „domkapitelsche                                 movierte 2015 in Kiel mit der Arbeit „Johan Pyre: Ein Kaufmann und sein Handelsbuch
                                Stadt“ Ochsenfurt und an der Erweiterung der im Projekt genutzten Ontologie (HOUSe                                im spätmittelalterlichen Danzig“. In ihrer ersten Post-Doc-Stelle forschte sie am Tadeusz
                                UrbanOnto) arbeiten. Außerdem betreut sie redaktionell den projekteigenen Blog auf                                Manteuffel Institut für Geschichte an der Polnischen Akademie der Wissenschaften, wo
                                Hypotheses und die Social-Media-Kanäle des Projekts.                                                              sie ein eigenes MSCA-Projekt zu Jahrmärkten in Großpolen leitete und an einer Reihe
                                Zuvor war Anna-Lena Schumacher als studentische Hilfskraft in der Abteilung für Westfä-                           von Projekten zur Siedlungs- und Stadtgeschichte wie auch zu Ontologien teilnahm. Im
                                lische Landesgeschichte an der WWU Münster und mit den Schwerpunkten EDV-Adminis-                                 Projekt HiSMaComp ist sie für die Fallstudien zu Ochsenfurt und Bad Pyrmont zuständig
                                tration und „Digital Humanities“ am IStG beschäftigt. In dieser Zeit hat sie sich am IStG                         sowie für die Anpassung und praktische Nutzung der „Historical Ontology of Urban
                                u.a. um den „first level support“ der EDV, die Pflege der Datenbanken und die Nachnut-                            Spaces“ für die Stadtraumanalyse.
                                zung bestehender Forschungsdaten gekümmert sowie an der digitalen Edition der „Exile
                                Letters“ mitgewirkt.
                                Anna-Lena Schumacher studiert im Master of Arts Geschichte. Ihre Forschungsinteressen
                                liegen in den Bereichen Digital History, Kirchen- und Theologiegeschichte des Spätmit-
                                telalters und der Frühen Neuzeit, insbesondere des frühen Humanismus, sowie in der
                                Städtegeschichte, den historischen Grundwissenschaften und „Spatial Humanities“.
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · THEMEN 2022                                                                                                                                                                                                    14 · 15

THEMEN 2022
INTERAKTIVE KARTOGRAPHIE
„DIE FORTFÜHRUNG DER FUSSNOTE MIT ANDEREN MITTELN“
Ulrike Ludwig im Gespräch mit Daniel Stracke

Ausgehend von der Atlasarbeit, die seit der Gründung des                                                                                                                                  Damit sind wir wieder ganz vorne in aktuellen Forschungs-
IStG zur Grundlagenforschung zählt, hat das IStG in den                                                                     „Es ist beglückend, dass weiterhin viele                      diskussionen, denn Vergleiche auf Datenebene bedeu-
letzten zehn Jahren einen Schwerpunkt in den Bereichen                                                                      internationale Gäste ans Institut kommen.                     ten notwendigerweise, die Daten auch vergleichbar zu
der „Digital Humanities“ aufgebaut. Neben der interak-                                                                                                                                    strukturieren und geeignete Standards zu finden. Einen
tiven Kartographie tritt zudem verstärkt das Forschungs-
                                                                                                                            Unsere Arbeit und Ressourcen werden                           wichtigen Schritt auf diesem Weg hat das Warschauer
datenmanagement hinzu. Die produzierten Geodaten blei-                                                                      hochgeschätzt.“                                               HOUSe-Projekt gemacht, in dem ein Datenbank-Modell
ben nicht auf die Publikation der Forschungsergebnisse                                                                                                                                    für die Erfassung und Beschreibung historischer Stadt-
beschränkt, sondern werden für weitere Forschungen zu-                                                                      Aber da ist noch mehr. Vor allem in der Atlas Working         räume entstand, eine sogenannte Ontologie. Auch dabei
gänglich gemacht. Das Projekt HiSMaComp setzt sich zum                                                                      Group der Kommission wird das IStG wirklich als Zentrum       waren wir vom IStG Projektpartner. Die im HOUSe-Projekt
Ziel, einen Geoserver für Geodaten aufzubauen. Dies ist                                                                     dieser Forschungsgemeinschaft wahrgenommen. So gab            entwickelte Ontologie werden wir nun nachnutzen und in
insbesondere im Rahmen des multinationalen Projekts                                                                         es für die irischen Herausgeber eines Bandes zu den Städte-   der Forschungspraxis anwenden. Im Zuge des Projektes
„Europäischer Städteatlas“ zentral, für das das IStG eine                                                                   atlanten (H. Clarke & A. Simms, ‚Lords and Towns‘) aus        wird dann schließlich noch ein weiteres Desiderat aktu-
Koordinationsfunktion wahrnimmt.                                                                                            diesem Grund keine Diskussion: natürlich musste die           eller Städteforschung eingelöst: die Publikation von For-
                                                                                                                            Katasterkarte von Münster auf das Titelbild.                  schungsdaten.
Schon seit langem sind interaktive Kartographie und die      Befunde) aus unterschiedlichen Bezugsquellen nicht nur         Damals, als Herr Johanek die Institutsleitung wahrnahm,
Arbeit mit Geodaten wichtige Arbeitsfelder des IStG. Zu-     zu visualisieren, sondern zu verschneiden und rechnerge-       hatte ich Sorge, dass das IStG nach dessen Eintritt in den    Von publizierten Forschungsdaten ist ja inzwischen stän-
gleich handelt es sich um Bereiche, in denen sich in den     stützt zu analysieren. Wir befinden uns auf einer spannen-     Ruhestand durch den Wegfall seiner internationalen Be-        dig die Rede. Jetzt mal aus einer ganz laienhaften Pers-
letzten Jahren viel getan hat. Was passiert hier gerade –    den Entdeckungsreise und versuchen, unsere internatio-         ziehungen deutlich an Reichweite verlieren würde – nicht      pektive gefragt: Wieso ist die Publikation von Forschungs-
national wie international? Und wo steht das IStG?           nale Städteforschungs-Community mitzunehmen.                   umsonst ist er Ehrendoktor der Universität Budweis und        daten so wichtig?
                                                                                                                            hatte sogar eine Gastprofessur in Tokyo. Das hat sich
Stimmt, das IStG war schon in den 1990er Jahren mit dem      Stichwort „internationale Städteforschungs-Community“.         aber so nicht eingestellt. Gerade in Mittel- und Osteuro-     Sensibilisiert für das Thema, das erst einmal wirklich sehr
Projekt einer interaktiven CD-ROM ganz vorn mit dabei, als   Wie ist das IStG hier vernetzt? Und was bringt dem IStG        pa hat das Institut durch zahlreiche frühere Gastwissen-      speziell wirkt, wurde ich auf einer Tagung in Helsinki. Da
unter dem Stichwort „Neue Medien“ noch nicht primär das      die Zusammenarbeit?                                            schaftler*innen einen nahezu legendären Status. Es ist        berichtete eine italienische Forscherin von einem Projekt,
Internet gemeint war. Damals wie heute geht es uns da-                                                                      beglückend, dass weiterhin viele internationale Gäste ans     für das eine große Katasterkarte von Rom neu gezeich-
rum, den ‚interaktiven Mehrwert‘ digitaler Publikationen     Grundsätzlich kann sich m.E. jede Forschungseinrichtung        Institut kommen. Unsere Arbeit und Ressourcen werden          net wurde. Im Nebensatz sagte sie, dass an einer ande-
gegenüber den gedruckten Karten, die ja weiterhin wichtig    nur eine größtmögliche Vernetzung mit Forschenden in           hochgeschätzt. Zugleich ist es sinnvoll, dass solche Auf-     ren Uni in Rom dasselbe parallel auch für ein Projekt mit
bleiben, zu erkunden und für die Vermittlung von stadtge-    anderen Ländern wünschen – um aus einem solchen Netz-          enthalte jetzt auch durch ein IStG-Stipendium gefördert       einer anderen Forschungsfrage gemacht werde! Ich war
schichtlichen Themen zu nutzen.                              werk Impulse und neue Ansätze aufzunehmen, aber auch           werden.                                                       erschüttert, weil unsere Kartographen selbst an kleineren
Seit einigen Jahren sind nun interaktive Kartenangebo-       auszusenden. Es geht darum, im Kanon der Wissenschaft                                                                        Katastereditionen oft Monate arbeiten. Seitdem rumor-
te auf Nachrichten-Websites und dergleichen nicht mehr       eine Stimme zu haben. Besonders bedeutsam ist für das          Mit HiSMaComp ist im letzten Jahr ein großes neues            te es in mir, dass unsere bewährte Grundlagenforschung
wegzudenken. Entsprechend gab es bei unserer Einfüh-         IStG die International Commission for the History of Towns     kartographisches Projekt am IStG gestartet.                   doch über die Publikation gedruckter Atlaskarten hinaus
rung in die Städteatlanten für Lehrer in Mühlhausen auch     (www.historiaurbium.org) als Netzwerk und Austausch-           Worum geht es da?                                             nutzbar sein sollte und hier auch geeignete Daten aus
die Rückmeldung, dass Schüler zu solchen Internetange-       plattform. Hier spielen die klassischen ‚Institutsthemen‘                                                                    anderen Projekten gesammelt und veröffentlicht werden
boten einen sehr selbstverständlichen Bezug hätten und       eine anhaltende Rolle, d.h., es geht nicht nur um Stadt-       HiSMaComp ist eine ganz konkrete Frucht unserer interna-      müssten. Auf solche Nachhaltigkeit legen übrigens auch
sie gerne nutzen würden. Für das Institut bleiben interak-   geschichte, sondern um vergleichende Städtegeschichte.         tionalen Verbindungen. Roman Czaja von der Nikolaus-Ko-       Forschungsförderer wie die DFG zunehmend Wert. Das
tive Karten also wichtig. Das vorhandene Angebot auf der     Es ist eine sehr gute Tradition, dass die das IStG leitenden   pernikus-Universität in Toruń ist dem IStG seit langem ver-   Thema Forschungsdaten hat aber noch einen weiteren As-
Homepage des IStG ist deshalb auch im vergangenen Jahr       Wissenschaftler*innen in die Kommission kooptiert werden.      bunden, und da war es für ihn eine einfache Entscheidung,     pekt: Neben der nachhaltigen Nutzung wissenschaftlicher
deutlich ausgebaut und von Oliver Rathmann zudem mit                                                                        mit uns zu kooperieren. Das auf drei Jahre bewilligte Ver-    Ressourcen geht es auch darum, durch die Publikation
neuen Funktionen verbessert worden.                                                                                         bundprojekt vergleicht die Entwicklungspfade und Raum-        von jenen Daten, die unseren Forschungen zugrunde lie-
                                                              „Wir befinden uns auf einer spannenden
Die nun übliche Arbeit mit den Geoinformationssystemen                                                                      strukturen polnischer und deutscher Städte. In einem sehr     gen, die Überprüfbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.
(GIS) stellt dabei einen grundsätzlichen Paradigmen-          Entdeckungsreise und versuchen, unsere                        traditionellen methodischen Ansatz sind dabei Stadttypen      Es ist also eine Frage der intellektuellen Redlichkeit und
wechsel dar: Interaktive Karten haben vorgegebene Funk-       internationale Städteforschungs-Community                     erkenntnisleitend und Vermessungskarten des 19. Jahr-         der Objektivität im geisteswissenschaftlichen Sinn. Hier-
tionen und Inhalte. In Geodaten zu denken, das bedeutet,                                                                    hunderts die kartographische Grundlage. Die konkrete          zu kamen wichtige Impulse von der WWU, wo OOR – Open
                                                              mitzunehmen.“
verschiedene Daten (Karten, Luftbilder, archäologische                                                                      Analyse der Stadtraumentwicklung wird aber nun anhand         Reproducible Research – schon seit längerem ein großes
                                                                                                                            von Geodaten mit dem GIS durchgeführt.                        Thema ist.
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · THEMEN 2022                                                                                                                                                                                                16 · 17

THEMEN 2022                                                                                                                THEMEN 2022
INTERAKTIVE KARTOGRAPHIE                                                                                                   OPEN ACCESS-INITIATIVEN
                                                                                                                           DIGITALISIERUNG UND NEUAUSRICHTUNG
                                                                                                                           Technische Entwicklungen in der Kartographie

Was bedeutet es, eine Forschungsdateninfrastruktur auf-      Center for Digital Humanities, dazu die IVV1 und WWU.IT.      Ausgehend von der technischen Revolution im kartogra-
zusetzen?                                                    Zudem sind wir als ‚Participant‘ in das Vorhaben NFDI 4me-    phischen Bereich in den vergangenen Jahrzehnten hat die
                                                             mory eingebunden, die Nationale Forschungsdateninfra-         zunehmende Digitalisierung zu einer Neuausrichtung der
Infrastruktur bedeutet in diesem Zusammenhang ein Sys-       struktur für Geschichte, wo die Diskussion um Standards       Institutsarbeiten geführt. Ging es am Beginn vor allem um
tem aus mehreren Komponenten: Ein Server für (in unse-       im Großen geführt werden wird. Historische Geodaten sind      eine digitale Verfügbarmachung von bereits publizierten
rem Fall) Geodaten ist natürlich die Basis, aber für die     in diesem Verbund primär durch uns repräsentiert, sodass      Forschungsergebnissen und Ressourcen, steht jetzt zu-
wissenschaftliche Datenpublikation bedarf es mehr. Wis-      man dort auch auf unsere Erfahrungen und Erkenntnisse         nehmend auch die Zugänglichmachung von Forschungs-
senschaftler*innen, die an der Nachnutzung interessiert      zurückgreifen will.                                           daten im Fokus.
sind, benötigen Informationen darüber, wie und auf wel-
cher Quellengrundlage die Daten erzeugt wurden.              Zurück zu HisMaComp als Gesamtprojekt und zu einer            Auch hier sind die technischen Entwicklungen im Be-
Quasi eine Art Beipackzettel oder (frei nach Clausewitz):    letzten Frage. Wie geht es hier in den nächsten Monaten       reich der Kartographie innovationstreibend: Statt mit
Die Fortführung der Fußnote mit anderen Mitteln. Ge-         weiter?                                                       Stift, Schere und Leuchttisch entstehen die Atlaswerke
braucht wird eine quellenkritische Dokumentation, aus                                                                      nunmehr mithilfe von Geoinformationssystemen. Neben
der die wissenschaftlichen Möglichkeiten und Grenzen         Im ersten Halbjahr mussten viele grundsätzliche Dinge         die publizierten Forschungsergebnisse treten als neue
der Datenverwendung hervorgehen. Im Internet gibt es         auf den Weg gebracht werden. Die zwei Arbeitsstellen in       Datengruppe die diesen zugrunde liegenden Forschungs-       Diesen neuen Bedarfen, also der Verfügbarmachung von
gerade für Geobasisdaten, z.B. heutige Ländergrenzen,        Toruń und Münster mussten sich konstituieren und koor-        geodaten hinzu. Noch vor wenigen Jahren wurde diesen        Forschungsergebnissen und der Nachnutzbarkeit von For-
schon eine Reihe von Publikationsplattformen. Aber wenn      dinieren, bis hin zu gemeinsamen Social Media-Initiativen     Daten nur ein geringer Wert zugesprochen: Bestenfalls       schungsdaten, stellt sich das IStG. Ziel ist es, zukünftig
wir jetzt historische Raumdaten auf einem Server online      usw. Die wichtige Erarbeitung der gemeinsamen Daten-          wurden sie langfristig gesichert und dienten dem Daten-     sowohl die im IStG entstehenden Forschungsdaten als
stellen – woher sollen Forschende in Polen, Ungarn oder      standards ist noch im Gange und wir warten auf die End-       tausch mit anderen datenproduzierenden Institutionen        auch Materialien und Ressourcen für die vergleichende
Italien wissen, dass es da etwas gibt? Auf die gute Repu-    version der HOUSe-Ontologie. Im Münster-Team haben wir        und Ämtern. Befördert durch Initiativen wie NFDI – Natio-   Städteforschung online und frei anzubieten. Das IStG ver-
tation des IStG alleine können wir uns nicht verlassen. Es   uns über die Stadttypen und Fallbeispiele ausgetauscht,       nale Forschungsdateninfrastruktur – und das steigende       steht dies als Beitrag für eine nachhaltige Forschungs-
gilt, die FAIR-Prinzipien umzusetzen. Forschungsdatenpu-     die hier bearbeitet werden. Die damit verbundenen For-        Interesse an Geodaten in den vergangenen Jahren kommt       infrastruktur. Zugleich kann sich dadurch das IStG noch
blikationen müssen Findable – Accessible – Interoperable     schungsfragen und -methoden werden voraussichtlich im         diesen Daten nunmehr eine neue Bedeutung zu: Es geht        stärker als Forschungsplattform konstituieren.
– Re-Usable sein. Dazu gehören u.a. Standards, bezogen       Herbst 2023 Thema eines internationalen Workshops sein.       darum, die Daten nach den FAIR-Prinzipien anzubieten,
auf die Datenformate und -strukturen, die Metadaten, um      Eine besondere Herausforderung bei dessen Organisation        also auffindbar (Findable), zugänglich (Accessible), kom-
eindeutige Aussagen zu Herkunft und Nutzungserlaub-          ist es, Städtehistoriker*innen und Datenspezialist*innen      patibel (Interoperable) und vor allem wiederverwendbar
nis der Daten zu transportieren und die Schnittstellen, an   miteinander ins Gespräch zu bringen. Aufbauend auf in-        (Reusable) zu gestalten.
denen Nutzer*innen die Daten abfragen können. Natürlich      tensive Recherchearbeit nach Schriftquellen und Karten-
ist all das besonders wichtig, um vergleichende Forschun-    grundlagen wird es jetzt so bald wie möglich in die Archive
gen zu ermöglichen. Nicht zu vergessen, dass die Lang-       gehen.
zeitspeicherung der Daten gewährleistet sein muss.
Für dieses Unterfangen brauchen wir starke Partner, die
wir zum Glück auch haben: Die WWU und die ULB Münster
mit dem Service Center for Data Management und Service
BERICHTEN. FORSCHEN - Institut für vergleichende Städtegeschichte Forschungsbericht 2022
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · THEMEN 2022                                                                                                                                                                                                     18 · 19

THEMEN 2022
OPEN ACCESS-INITIATIVEN
Verfügbarmachung von Forschungsergebnissen

Mit seiner Publikationsreihe „Städteforschung“, seinen          Eine weitere Open Access-Initiative betriff das von Erich
beiden Atlasreihen, den bibliographischen Publikationen         Keyser initiierte Handbuch „Deutsches Städtebuch“.
und Sammlungen sowie den verschiedenen Nachlässen               Das Deutsche Städtebuch, seit 1939 erschienen, ist in
verfügt das IStG über wichtige forschungsrelevante Be-          vielen Bänden im Buchhandel vergriffen und für die For-
stände, die in den vergangenen Jahren schrittweise digital      schung häufig nur schwer erreichbar. Obwohl das Hand-
zugänglich gemacht wurden. Den Anfang machte 2003 die           buch in Teilen einen veralteten Forschungsstand wieder-
Umstellung der bis dahin im Druck erschienenen biblio-          gibt, ist es nach wie vor das einzige Überblickswerk,
graphischen Forschungsüberblicke auf digital publizierte        das einen flächendeckenden Vergleich verschiedener
Versionen, die die ebenfalls digital verfügbare „Biblio-        Städte und Städtelandschaften erlaubt. Eine digitale Er-
graphie zur vergleichenden Städteforschung“ ergänzen.           schließung würde somit einen immensen Datenpool
Ein wichtiger Meilenstein im vergangenen Jahr war der           für vergleichende stadtgeschichtliche Forschungen
Einstieg in die Online-Stellung der Publikationsreihe           zugänglich machen. Eine erste Initiative dazu ist nun
„Städteforschung“ als Open Access-Ressource.                    durch die digitale Publikation und datenbankgestützte
                                                                                                                             Nachnutzbarkeit von Forschungsdaten

                                                                                                                             Dieses Angebot wird zukünftig erweitert um originär digi-      Zeitstellungen zu vergleichen. Zudem gibt es Kartenan-
                                                                                                                             tale Editionen. Hier wird das Projekt „Exile Letters Friede-   wendungen, die unterschiedliche thematische Fragestel-
                                                                                                                             man-Waldeck 1939–1942“ im kommenden Jahr den An-               lungen erlauben, wobei je nach Forschungsinteresse ver-
                                                                                                                             fang machen. Das Projekt ediert den Briefnachlass eines        schiedene Visualisierungsformen zum Einsatz kommen.
                                                                                                                             jüdischen Ehepaares im Exil und stellt zudem eine engli-       Geoforschungsdaten für eigene Analysen werden in die-
                                                                                                                             sche Übersetzung sowie einen deutsch- und englischspra-        sen Anwendungen jedoch nicht publiziert.
                                                                                                                             chigen Anmerkungsapparat zur Verfügung. Die Auszeich-
                                                                                                                             nung der Briefe erfolgt gemäß aktuellen Standards in TEI       Auf diese Herausforderung reagiert das IStG mit der Kon-
                                                                                                                             P5; Namen, Orte und Organisationen werden in Registern         zeption eines neuen Kartenservers, der die Geodaten
                                                                                                                             gesammelt und mit Normdaten verlinkt. Der Projektpart-         zukünftig FAIR publizieren wird. Perspektivisch soll der
                                                                                                                             ner Service Center for Digital Humanities (SCDH) der WWU       Kartenserver alle im IStG erstellten Karten einbeziehen.
                                                                                                                             unterstützt das IStG bei der Entwicklung der Datenprä-         Wichtige Prinzipien des neuen Angebots sind die Möglich-
                                                                                                                             sentation, der Indexierung und der Erstellung einer facet-     keit eines Vergleichs von Stadtgrundrissen, verschiedene
                                                                                                                             tierten Suche. Damit geht das Projekt weit über die Ver-       Visualisierungsmöglichkeiten sowie geographische und
                                                                                                                             fügbarmachung von Forschungsergebnissen hinaus. Die            forschungsorientierte Suchfunktionen. Zudem soll mit
                                                                                                                             nach den FAIR-Prinzipien bereitgestellten Daten können         Blick auf das europäische Netzwerk des IStG der Karten-
                                                                                                                             heruntergeladen werden und die Edition in Textform für ei-     server ausbaufähig und für externe Datenproduzenten
Seit dem aktuellen Band A 104 erscheinen die Bände              Erschließung des von der Historischen Kommission zu          gene Forschungen nachgenutzt, d.h. mittels eigener, text-      nutzbar sein.
sowohl im Druck als auch nach zwölf Monaten Open                Berlin herausgegebenen „Städtebuchs Historisches Ost-        basierter Digital Humanities-Methoden analysiert werden.       Das NCN/DFG-Verbundprojekt „HiSMaComp – Historical
Access. Parallel wird die digitale Bereitstellung der bereits   brandenburg“ realisiert worden. Gleichzeitig zur Publi-                                                                     survey maps and the comparative study of the functiona-
erschienenen und in vielen Fällen vergriffenen Bände vor-       kation hat das IStG eine Anwendung freigeschaltet, mit       Neben Texten sollen zukünftig auch die im Rahmen der           lity and morphology of urban space. Standardisation – Di-
bereitet, sodass zukünftig die gesamte Reihe frei zugäng-       der die Artikel in einer Web-Ansicht und als PDF über eine   Atlasarbeit erstellten Geodaten online verfügbar sein. Be-     gital Processing – Research“ bietet hierfür ein erstes An-
lich sein wird. Durch die digitale Verfügbarkeit und eine       kartenbasierte Suche abgerufen werden können (https://       reits seit einem Jahrzehnt wird die im Druck erscheinende      wendungsfeld. Das Vorhaben, das die Entwicklungspfade
forschungsorientierte Suchfunktion wird die Reihe in neu-       www.uni-muenster.de/Staedtegeschichte/Forschung/             Reihe „Deutscher Historischer Städteatlas“ durch inter-        und Raumstrukturen polnischer und deutscher Städte ver-
er Weise genutzt werden können. Auch die zahlreichen            staedtebuchhistorischesostbrandenburg/index.html).           aktive Kartenmodule ergänzt (https://www.uni-muenster.         gleicht, soll alle Bereiche des Datenpublikationsvorgangs
thematischen Karten, die für die Beiträge der Reihe im          Eine Datenbank, die eine artikelübergreifende Suche und      de/Staedtegeschichte/portal/Stadtkarten/index.html).           erkunden und nicht zuletzt in den für die Auffindbarkeit
IStG entstanden sind, können so neu wahrgenommen und            damit vergleichende Zugänge ermöglicht, steht vor dem        Diese Module bieten die Möglichkeit, die auf Basis der         und Interoperabilität wichtigen Bereichen Metadaten und
als Grundlage für weitere Arbeiten herangezogen werden.         Abschluss.                                                   Quellen neu gezeichneten Stadtgrundrisse verschiedener         Datenstandards Fortschritte erzielen.
                                                                                                                                                                                                                                    Angelika Lampen
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · THEMEN 2022                                                                                                                                                                                                               20 · 21

THEMEN 2022
STÄDTE NACH DER KRISE
EIN NEUER THEMENSCHWERPUNKT AM IStG
Ausblick

Neben Einzelprojekten und der breit aufgestellten, nun                                                                           Zwei Projektbereiche widmen sich derzeit diesem neuen The-
schon über Jahrzehnte kontinuierlich betriebenen Grundla-                                                                        menschwerpunkt der Institutsarbeit: Zum einen ist hier die
genforschung zur historischen und interaktiven Kartographie                                                                      seit 2021 laufende Beschäftigung mit „Gefährdungen und
prägen immer wieder auch zeitlich begrenzte thematische                                                                          der Neu-/Umordnung städtischer Räume“ im Rahmen des
Schwerpunktsetzungen die inhaltliche Arbeit des IStG. Sie                                                                        am IStG angesiedelten Münster Urban Research Network
fungieren für fünf bis zehn Jahre als ergänzende Leitthemen                                                                      (MURN) zu nennen. Nach den digitalen Public-Lectures der
des Instituts und markieren damit auf ganz eigene Weise die                                                                      vergangenen Semester plant die Gruppe für dieses Jahr einen
Vielgestaltigkeit und Wandelbarkeit der in Münster betriebe-                                                                     Workshop im Rahmen des Freitags-Kolloquiums, bei dem an
nen Städteforschung.                                                                                                             der WWU laufende Forschungen zu „Gefährdungen und städ-
                                                                                                                                 tischem Raum“ präsentiert und diskutiert werden (28. April
Das IStG unter der Leitung Werner Freitags hat in den zurück-                                                                    2023). Zugleich bereitet das IStG ausgehend von den Über-
liegenden Jahren einen beeindruckenden und weithin sicht-                                                                        legungen innerhalb von MURN und in Zusammenarbeit mit
baren religionshistorischen Schwerpunkt zur Stadtgeschich-                                                                       dem Archäologischen Museum, dem Bibelmuseum und dem
te entwickelt. Erinnert sei hierfür an die drei in Kooperation                                                                   Geologischen Museum der Universität sowie dem Zentrum
mit dem Münsteraner Exzellenzcluster „Religion und Politik“                                                                      für Niederlande-Studien für 2025/26 eine Ausstellung zum        Endpunkt der Betrachtung bildet zumeist der Westfälische
umgesetzten Projekte „Segen für die Mächtigen: Legitimi-                                                                         Thema „Gefährdungen und die Neu-/Umordnung städtischer          Frieden, vielleicht noch der Nürnberger Exekutionstag von
tät und Legitimation politischer Herrschaft in spätmittel-       Phasen, in denen das Geschehene verarbeitet, das Zerstörte      Räume“ vor. Dieses Ausstellungsprojekt setzt sich zum Ziel,     1650. Aber bislang ist kaum untersucht, vor welchen Heraus-
alterlichen und neuzeitlichen Stadtprozessionen“, „Lokale        aufgebaut und ein Weg in den Alltag nach der Krise gefunden     das in der Bewältigung vergangener, gegenwärtiger oder          forderungen die Menschen nach dem Dreißigjährigen Krieg
Märtyrer des ‚Dritten Reiches‘“ und „Topographie des Multi-      werden musste. Kennzeichnend für diese ‚Zeiten danach‘ ist      angenommener zukünftiger Gefährdungen liegende trans-           standen und ob bzw. wie das Zusammenleben im Frieden
religiösen. Gemeindeausbau und neue Gotteshäuser in Groß-        dabei, dass die Menschen immer auch danach strebten, sich       formative Potenzial für die Neu- und Umordnung städtischer      gelang. Und wir wissen noch wenig über die langfristigen Ef-
städten des 19. und 20. Jahrhunderts“. Werner Freitag selbst     vor ähnlichen Krisen zu schützen. Es wird zur gesellschaft-     Räume anhand ausgewählter Beispiele zu diskutieren. Denn        fekte des Krieges für die Städte zwischen Wiederaufbau, an-
hat mit seiner Geschichte der „Reformation in Westfalen“         lichen Aufgabe, vergleichbaren, vielleicht inzwischen erwart-   Reaktionen auf gegenwärtige und vergegenwärtigte Gefahr         haltend zerstörten Strukturen und Nachkriegswirtschaft. Das
zudem eine gewichtige eigene Studie in diesem Themenfeld         baren Krisen künftig anders begegnen zu können.                 schreiben sich in die Gestaltung des Stadtraums ein, etwa       Institut geht dieses weite Feld bislang in zwei ersten Initiati-
vorgelegt. Hinzu kamen schließlich noch das buchbegleiten-                                                                       durch die Anpassung der Infrastruktur, die Neugestaltung        ven an. Dies ist zum einen das studentische Forschungspro-
de Online-Projekt „Reformation in Westfalen“ und das Kar-        Das Thema der ‚Nachkrisenzeit‘ mit einem Fokus auf ‚die         von Straßen und Plätzen, aber auch die Durchsetzung neu-        jekt „Münster nach dem Krieg“, in dem vier Studierende mit
tenprojekt zu den „Jüdischen Gemeinschaften in Westfalen         Stadt‘ anzugehen, liegt auf der Hand. Denn Städte erwiesen      er rechtlicher Verordnungen zur Gefahrenprävention, wie         eigenen kleinen Archivstudien die Situation in Münster in der
und Lippe digital“.                                              sich nicht nur als besondere Kulminationspunkte des Krisen-     Brandschutz- oder Hygienemaßnahmen. Nicht zwingend              Zeit nach 1648 in den Blick nehmen. Unter dem Titel „Müns-
                                                                 geschehens, sondern Krisen stellen zugleich in besonderer       droht die Gefahr dabei von außerhalb – auch die Stadt selbst    ter nach 1648 – Konflikte und Alltag in einer städtischen
Seit 2021 wird nun mit „Städte nach der Krise“ ein neuer The-    Weise zentrale Grundlagen und Voraussetzungen städtischer       wird als Ort und Quelle vielfältiger Gefährdungen gedeutet.     Gesellschaft im Übergang“ werden erste Projektergebnisse
menschwerpunkt am IStG aufgebaut. Entstanden ist er wohl         Vergesellschaftung in Frage. Die ‚Möglichkeiten von Stadt‘      Umordnungen betreffen damit ebenso die Stadt als soziales       im Rahmen des Freitags-Kolloquiums am 7. Juli 2023 vor-
nicht ganz zufällig während der Coronapandemie und damit         sind in Krisen in besonderer Weise herausgefordert und wer-     Gefüge, ihre politischen Wertmaßstäbe und ökonomischen          gestellt. Zum anderen veranstaltet das IStG gemeinsam mit
in einer Zeit der für viele unerwarteten Krisenerfahrung. In-    den nach der Krise nicht selten neu verhandelt. Der themati-    Grundsätze, die angesichts der Gefährdungen neu ausge-          dem Exzellenzcluster „Religion und Politik“ und dem Stadt-
zwischen ist mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukrai-     sche Fokus auf „Städte nach der Krise“ erlaubt es damit auf     handelt werden. Die durchlebte Gefahr stellt zuletzt auch die   archiv Münster am 28. und 29. September 2023 die Tagung
ne eine weitere, noch immer unfassbare Katastrophe hinzu-        ganz eigene Weise, mit einem vergleichenden Zugriff der Fra-    Frage nach der (kollektiven) Erinnerung und ihrer Manifesta-    „Den Frieden gewonnen? Städte nach 1648 im Vergleich“.
getreten.                                                        ge nachzugehen, was in unterschiedlichen Epochen, Kultu-        tion im Stadtraum.                                              Anliegen der Tagung ist es, Forscherinnen und Forscher zu-
                                                                 ren und Gesellschaften als städtisch bzw. als Merkmale städ-                                                                    sammenzubringen und gemeinsam an ersten Detailstudien
Den Kern des neuen Themenschwerpunkts bilden aber ge-            tischer Vergesellschaftung angesehen wurde. Angesprochen        Mit dem Krieg als spezifischer Krisenform befasst sich ein      zu diskutieren, wie es nach dem Dreißigjährigen Krieg weiter-
rade nicht die Zeiten der Krise selbst: Denn diese standen       ist damit ein, wenn nicht das Kernthema stadthistorischer       zweiter Projektbereich: Konkret geht es um „Städte nach dem     ging, wie der gewonnene Frieden im Alltag der Menschen an-
immer wieder im Fokus der historischen Forschung, von den        Forschung am IStG.                                              Dreißigjährigen Krieg“. Das mag vielleicht zunächst überra-     kam und welche – durchaus recht unterschiedlichen – Folgen
Pestzügen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, über die                                                                      schen, denn schon zu Beginn dieser seit 2018 für die nächs-     der Krieg für verschiedene Städte hatte. Tagung und studen-
zahllosen Kriege und Naturkatastrophen, bis hin zu Hun-                                                                          ten drei Dekaden laufenden 400-jährigen Jubiläumsphase          tisches Forschungsprojekt verstehen wir dabei als Auftakt für
gersnöten, städtischen Unruhen, Finanzcrashs und einigem                                                                         sind bestimmt ein halbes Dutzend monumentaler Überblicks-       weiterführende Ideen und auch Projektanträge, in denen die
mehr. Zum Thema machen wir vielmehr die Zeiten danach,                                                                           werke erschienen. Aber sie spiegeln eben jene Forschungslü-     Beschäftigung mit dem Thema „Städte nach dem Dreißigjäh-
und damit jene bislang eher selten in den Blick genommenen                                                                       cke wider, die der Projektbereich nun angehen will. Denn den    rigen Krieg“ vertieft werden soll.
                                                                                                                                                                                                                                                 Ulrike Ludwig
IStG · FORSCHUNGSBERICHT 2022 · GÄSTE/FELLOWS                                                                                                                                                                                              22 · 23

GÄSTE
FELLOWS
DR. WIESŁAWA DUŻY
                                University: Instytut Historii im. Tadeusza Manteuffla Polskiej Akademii Nauk, Warsaw                                … My short internship at the Institute for Comparative Urban History in March 2022 was
                                Fellow at IStG: 17.05.–20.05.2022                                                                                   intensive and fruitful. Apart from visiting one of the leading centres for urban study in
                                                                                                                                                    Germany, seeing it for the first time in person, I had the pleasure to meet the Institu-
                                Project: Historical Ontology of Urban Space (HOUSe)
                                                                                                                                                    te’s team and get help to conduct my inquiry at the Institute’s library. I made a small
                                My research focuses on social and spatial history of the 18th and 19th century. Recently                            research into the source materials stored at the Institute and discussed, as mentioned
                                I initiated my habilitation project on the harmonisation of historical administrative units.                        above, some issues related to the HOUSe project with IStG staff. The most fruitful part of
                                As the PI of the “Historical Ontology of Urban Space” (HOUSe) project I was responsible                             this visit was the possibility to confront myself with the very rich library and the books
                                for enhancing research and international cooperation among project partners. The pro-                               dealing with many aspects of urban history. A tour around the beautiful Westphalian city
                                ject aimed at building and developing a formal domain ontology of urban space in the                                of Münster was also very revealing and instructive.
                                past together with a relational database benefiting from an ontology-driven data model
                                to store spatial data. This task included knowledge modelling based on experiences of
                                the European Historic Towns Atlas series, domain expertise in urban history, database of
                                topographic objects structure, and GIS. Colleagues from the IStG were a great inspiration
                                and active members of the HOUSe project team. During my visit at the IStG I could discuss      DR. MICHAŁ SŁOMSKI
                                details of the HTA series and the possible application of the urban ontology to the stan-
                                dardisation of the series. Research questions included basic elements of urban space,                               University: Instytut Historii im. Tadeusza Manteuffla Polskiej Akademii Nauk, Warsaw
                                semantic proximity of various elements of urban space, and identity criteria of objects                             Fellow at IStG: 15.05.–28.05.2022
                                existing in towns and changing over time. My visit in Münster gave me also an opportunity
                                                                                                                                                    Project: HOUSe – Urban space and its aspects of pre-industrial towns
                                to discuss details of the conference we organised together with the IStG in September
                                2022. Extremely well organised, opened, friendly, and professional personal of the IStG
                                                                                                                                                    Last year I defended my PhD thesis about spatial and social relations in a small Polish
                                was a backbone of my endeavours resulting in the successful event. We decided together
                                                                                                                                                    town called Dolsk in the first half of the 17th century. So, my research interest is concerned
                                upon the conference program and all details necessary to invite guests from Germany,
                                                                                                                                                    with the multifaceted aspects of space and its impact to the social life in (mostly small)
                                Poland, Great Britain, Finland, Austria, and France. The HOUSe project website with more
                                                                                                                                                    towns during the late Middle Ages and the Early Modern period: sometimes in the field
                                details is https://urbanonto.ihpan.edu.pl
                                                                                                                                                    of classical social topography, sometimes with interactions between people, sometimes
                                                                                                                                                    with the description and terms used to describe space in sources. Now I am searching
                                                                                                                                                    for a “new me” after the PhD, but I do not want to give up the spatial perspective in my
                                                                                                                                                    historical research: villages belonging to town councils and satellite towns located in the
DR. ALEKSANDER ŁUPIENKO                                                                                                                             neighborhood of important cities, their social, spatial, juridical and economic relations
                                                                                                                                                    and correlations are one of my new focus.
                                University: Instytut Historii im. Tadeusza Manteuffla Polskiej Akademii Nauk, Warsaw                                My stay at the IStG was connected with the cooperation between the Institut from Müns-
                                Fellow at IStG: 07.03.–13.03.2022                                                                                   ter and my Institute of History, in the “Historical Ontology of Urban Space” project. That is
                                Project: HOUSe – Social and symbolic functioning of urban space in Central Europe                                   why one part of my stay was to present work-in-progress results of building the ontology
                                (ca. 1850–1914)                                                                                                     and data base of objects from Warsaw’s urban space. The other part was, to be honest,
                                                                                                                                                    more exciting for me. I love the IStG library and its book collection! It was very important
                                I am an historian interested in the cultural history of urban space in the 19th century,                            for me to take a look at books, that are not available in Poland. The staff was very helpful
                                chiefly in Central and Central-Eastern Europe. My research projects are versatile, stem-                            for me, always willing to help (thank you, Deike, for books from other Münster’s libra-
                                ming from the history of physical space, public and private, to functioning of certain types                        ries!). It was a pleasure staying in Münster, and I hope it was not my last stay here.
                                of spaces in the nineteenth- and early-twentieth-century cities, to the ideas shaping the
                                way people perceived, conceived and treated space at that time (incl. aesthetic, hygienic,
                                technical, or conservationist discourses). My current project revolves around multi-cultu-
                                ral cities in Austrian Galicia, chiefly Lviv (Lemberg, Lwów). In Münster, I was also discus-
                                sing details pertaining to the HOUSe project led in Poland by Wiesława Duży.              …
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