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Berliner EXTRA Morgenpost SONNTAG, 16. AUGUST 2020 Berlins Top 200 Spezial Der Berliner Arbeitsmarkt wächst weiter und trotzt der Pandemie. Ein aktuelles Stimmungsbild mit Überblick über die 200 größten Arbeitgeber der Hauptstadt
2 | TOP 200 SPEZIAL SONNTAG, 16. AUGUST 2020 | BERLINER MORGENPOST MI CH AEL GNEU SS UN D KA THA RINA LEHM AN N Die wachsende sonalmanagement der großen Arbeitgeber der freien Wirtschaft nicht aus den Zahlen ableiten. Stadt benötigt Seit zehn Jahren in Folge schaf- Einzig die Zahl der Unterneh- fen die 200 größten Arbeitgeber men, die einstellen wollen, ist mit der Berliner Wirtschaft ununter- 38 geringer als in den vorange- brochen neue Jobs. Auch 2019 gangen vier Jahren (45 bis 57). stellten sie kräftig ein: Fast 6500 Die obere Zahl der prognostizier- Berliner fanden bei den Top 200 einen neuen Arbeitsplatz, das ist ein Plus von 1,5 Prozent. Zum Vergleich: 2018 rekrutierten die größten Arbeitgeber der Spree- mehr Arbeitskräfte ten Personalzuwächse liegt etwa auf dem Durchschnittsniveau der vorigen Jahre. Im vergangenen Jahr war die Stimmung allerdings besonders gut. Damals wollten 57 metropole 1,9 Prozent mehr Be- 2019 haben die 200 größten Berliner Arbeitgeber mehr Unternehmen 6363 neue Stellen schäftigte, 2017 waren es 2,9 schaffen. Prozent. Das ergab eine Umfrage eingestellt. Die Pandemie stoppt diesen Trend – vorerst der Berliner Morgenpost bei den Rückkehr zu Wachstum größten Arbeitgebern der schon bald möglich Hauptstadtregion. Insgesamt haben im vergangenen Jahr 102 Die Pandemie zieht aber natür- der 200 größten Arbeitgeber lich nicht wirkungslos an Berlin ihre Belegschaftszahl aufge- vorüber. Im Gegenteil: „Die Co- stockt. Nur 54 haben dagegen rona-Krise hat gerade die Haupt- Personal abgebaut. stadtregion mit voller Wucht ge- Die fünf größten Arbeitge- troffen“, weiß Claus Pretzell, ber der Hauptstadtregion haben Volkswirt der IBB. So stieg die allesamt ihr Personal erhöht. An Arbeitslosenzahl in der Haupt- der Spitze steht nach wie vor die stadt im Juli 2020 auf 10,8 Pro- Deutsche Bahn, bei der zum 31. zent – und lag damit 2,8 Prozent- Dezember des vergangenen Jah- punkte höher als im Vorjahres- res 23.064 Menschen in Berlin monat. Begründet sei das vor al- und in den Umlandkreisen be- lem mit der einmaligen Mi- schäftigt waren (plus 6,7 Pro- schung der Berliner Wirtschaft: zent). Deutlich aufgestockt ha- „Kunst und Kultur, Events und ben auf den Plätzen zwei und Amüsement, Restaurants und drei ihr Personal auch die Chari- Hotellerie bekommen die Krise té (plus 3,8 Prozent) und die Vi- mit all ihren Auswirkungen be- vantes Kliniken, ebenso wie die sonders hart zu spüren.“ BVG (plus 4,9 Prozent) auf Platz Pessimistisch ist Pretzell je- vier und Daimler (plus 3,8 Pro- doch nicht: „Berlin wird sich zent) auf Platz fünf. bald wieder aufrappeln und den überdurchschnittlichen Wachs- Logistiker ist größter tumspfad der vergangenen Jahre Aufsteiger im Ranking aufnehmen“, ist sich der Volks- wirt sicher. „Wir haben den Tief- Größter Aufsteiger im diesjähri- punkt durchschritten, die Unter- gen Top-200-Ranking ist der Lo- nehmen schöpfen wieder Hoff- gistiker Fiege. Hatte das Unter- nung.“ nehmen den Einzug in den Kreis der 200 größten Arbeitgeber der Attraktiv für Zuzügler Region im vergangenen Jahr aus dem In- und Ausland noch knapp verpasst, so beleg- ten sie 2019 Platz 83 mit 1456 Be- Im Jahr 2020 dürfte die Berliner schäftigten. Der Grund für das Wirtschaftsleistung um rund kräftige Plus von 170,6 Prozent: acht Prozent zurückgehen. Aber Fiege hat Zalandos Logistikzent- schon 2022, spätestens 2023 ste- rum in Brieseland mit knapp hen die Zeichen wieder auf über- 1000 Mitarbeitern übernom- proportionales Wachstum, und men. Das führte auch dazu, dass auch die Zahl der neugeschaffe- Zalando nach vielen Jahren des In der Logistikbranche und Digitalwirtschaft steigt die Zahl der Mitarbeiter. Die Gesundheits- nen Jobs wird wieder kräftig dynamischen Beschäftigungs- branche ist die größte in der Region. FOTOS: AYDINMUTLU, TOMAZL, D. MITCHELL / GETTY IMAGES steigen, prognostiziert Pretzell. aufbaus diesmal mit einem Per- Der Grund: „Die Berliner sind sonalrückgang von elf Prozent sehr flexibel und findig. Auch auf 6500 Mitarbeiter in der Ta- Hauptstadt und im Umland handel arbeiteten 50.593 (plus 1,1 gungsentwicklung im gegenwär- wenn einige Unternehmen die belle steht. Platz 13 ist die Folge. 3300 Mitarbeiter (plus 17,9 Pro- Prozent), bei den Verkehrsunter- tigen Jahr. Ergebnis: 38 Unter- Krise nicht überleben, so werden Ohne die Auslagerung des Logis- zent), bei Auto1 waren es 950 nehmen 40.309 (plus 5,7 Pro- nehmen planen, bis Jahresende sich doch neue Ideen und Ge- tikzentrums ins Umland ist Za- Berliner (plus 4,1 Prozent) und zent), im Gebäudemanagement zusammen zwischen 3995 und schäftsmodelle finden und neue landos Belegschaft in Berlin al- bei Idealo 879 Angestellte (plus 24.897 (minus 4,4 Prozent), in der 4365 neue Stellen zu schaffen. Unternehmen gegründet, vor al- lerdings weiterhin gewachsen – 9,5 Prozent). Sozialwirtschaft 20.791 (plus 0,5 Demgegenüber gehen nur drei lem in der Digitalwirtschaft.“ und zwar um 500 Beschäftigte. Die bedeutendste Branche in Prozent), in der Automobil- Unternehmen heute davon aus, Zudem werde Berlin weiterhin Überhaupt entwickeln sich den Top 200 ist aber nach wie vor industrie 19.511 (plus 3,6 Prozent) dass sie insgesamt rund 200 wachsen – die Hauptstadt werde die Digitalunternehmen auch die Gesundheitswirtschaft: 76.165 und in den Banken 17.265 Mit- Arbeitsplätze abbauen. 68 auch nach der Krise attraktiv für weiter zu einer der wichtigsten Menschen kümmerten sich im arbeiter (plus 1,8 Prozent). Unternehmen halten die Beleg- Zuzügler aus dem Bundesgebiet Branchen auf den Berliner vergangenen Jahr in den Kran- Auch im Corona-Krisenjahr schaftszahlen konstant und 91 und der ganzen Welt bleiben. Arbeitsmarkt: Insgesamt 18.538 kenhäusern und Rehabilitations- wollen die meisten der Top-200- machten keine Angaben zur Ent- Und eine wachsende Stadt brau- Berliner fanden in einer der gro- zentren der Hauptstadtregion um Arbeitgeber ihr Personal behal- wicklung ihrer Mitarbeiterzahl. che auch mehr Personal in Ge- ßen Internetfirmen aus den Top Kranke und Pflegebedürftige – ein ten. Die Berliner Morgenpost Im Vergleich zu den Vorjah- sundheit und Bildung, in Handel 200 eine Anstellung. So beschäf- Plus von vier Prozent im Ver- fragte die Unternehmen nach ren lässt sich eine pandemiebe- und Dienstleistung und im Bau- tigte Amazon Ende 2019 in der gleich zum Vorjahr. Im Einzel- einer Prognose für die Beschäfti- dingte Krisenstimmung im Per- sektor. Impressum Verlag: Berliner Morgenpost GmbH, Kurfürstendamm 22, 10719 Berlin Vermarktung: Funke Sales GmbH Anzeigen: Michael Heuchert Redaktion: Raufeld Medien GmbH, Paul-Lincke-Ufer 42/43, 10999 Berlin Chefredaktion Content Marketing: Till Schröder (V.i.S.d.P.) Redakteur: Jörn Käsebier Layout: Andreas Stark (Ltg.), Luiz Dominguez, Anna Lena Hohmann, Druck: Axel Springer SE, Druckhaus Spandau GmbH & Co. KG, Brunsbütteler Damm 156 – 172, 13581 Berlin Titelfotos: Simonkr, Goodboy Picture Company, Sean Pavone Photo/Getty Images Erscheinungstag: 16.08.2020
BERLINER MORGENPOST | SONNTAG, 16. AUGUST 2020 TOP 200 SPEZIAL | 3 Auf dem Weg zu einer neuen Bürokultur Viele Unternehmen möchten mobile Arbeitsmodelle ausbauen. Gefragt ist der richtige Mix aus Homeoffice und Präsenzzeit AN TONIA OSTERSETZER Das aktuelle Stimmungsbild passt zu einem Wandel der Vor der Corona-Pandemie ge- Arbeitskultur, der auch Berlin hörten mobile Arbeitskonzepte längst erfasst hat. „In Zukunft eher zur unkonventionellen werden wir in einer primär er- Start-up- und Kreativszene. gebnisorientierten Kultur arbei- Moderne Büros sind flexibel nutzbar und leicht anpassbar. FOTO: ANDREAS LUKOSCHEK / OFFICEDROPIN Doch seit der Lockdown der ge- ten. Das bedeutet, dass es nicht samten Arbeitswelt bis hin zum mehr nur darum geht, so lange Dax-Konzern den unfreiwilligen wie möglich im Büro zu sitzen, len den Anschluss nicht verpas- bung bleiben. Nur so lässt sich Probelauf in Sachen flexible Arbeits- und Kommunikations- modelle verordnete und der Di- gitalisierung einen enormen Schub versetzte, hat sich die Großwetterlage spürbar verän- dert. Der abrupte Wechsel vom Büro ins Homeoffice, den fast 70 Prozent aller deutschen Unter- nehmen in unterschiedlicher Form leisteten, hat Folgen. Die wichtigste Erkenntnis: Auch wenn nicht alle Mitarbei- ter permanent unter einem Dach arbeiten, mindert das nicht sondern die Ressourcen so zu verteilen, dass die besten Ergeb- nisse auf effiziente Art und Wei- se erzielt werden“, sagt Robert Bukvic, Geschäftsführer des Ber- liner Coworking Space Anbieters Rent24. Er sei positiv gestimmt, dass sich die Menschen seit oder wegen des Lockdowns offener gegenüber neuen Arbeitsmodel- len zeigen. „Wir verzeichnen eine steigende Nachfrage. Es sind vermehrt ganze Projekt- teams größerer Unternehmen zu uns gekommen. Die Firmen wol- sen“, so Bukvic. Für den Unter- nehmer steht außer Frage, dass die Zukunft des Büros nicht al- lein Homeoffice heißt. Experten stimmen ebenfalls darin über- ein, dass die guten Erfahrungen mit der Arbeit im Homeoffice zu dessen Etablierung führen wird, ergänzt jedoch um einen hybri- den Mix aus mobilem Arbeiten und Präsenzzeiten im Büro. Unternehmen wollen Kosten senken , Mobilität, Flexibilität und Sharing Economy – das ist die Zukunft Robert Bukvic, Geschäftsführer Rent24 Institut der deutschen Wirt- schaft rechnet damit, dass die Mieten 2020 um ein Fünftel sin- ken könnten, die Kaufpreise so- gar um 35 Prozent. Konkret bedeutet das für die volle Kreativität und Leis- tungskraft der Mitarbeiter voll erhalten. Elemente wie mobile Stellwände sorgen in den mo- dernen multifunktionalen Büros für Sicherheitsabstand und er- möglichen Raum-in-Raum-Kon- zepte. Die Beleuchtung und Temperatur lassen sich darin den Bedürfnissen anpassen. Für jede Aufgabe die passen- de Umgebung – darauf setzt auch Robert Bukvic mit seinen Coworking-Konzepten. Für ihn geht die Entwicklung in Sachen automatisch die Produktivität. Zahlreiche Betriebe reagieren klassische Bürostrukturen: ge- Bürokultur eindeutig in eine Eine aktuelle Studie des Fraun- bereits auf den allgemeinen teilte Arbeitsplätze – sogenann- Richtung: „Mobilität, Flexibilität hofer-Instituts für Arbeitswirt- Wandel der Arbeitskultur und te Flying Desks –, weniger und Sharing Economy – das ist schaft und Organisation und der definieren ihre Räumlichkeiten Standrechner, aber auch maxi- die Zukunft. Berlin ist da sehr Deutschen Gesellschaft für Per- neu. Maßgeblich ist dabei das mal flexible Büroflächen, die vorbildlich, was unter anderem sonalführung belegt, dass 42 Konzept einer sogenannten akti- sich dem jeweiligen Arbeitsbe- auf die große Tech- und Start- Prozent der Führungskräfte pla- vitätenbasierten Arbeitsumge- darf anpassen: morgens Groß- up-Szene zurückzuführen ist. Si- nen, die Konzepte Homeoffice bung. Diese gewährleistet Flexi- raumbüro, nachmittags Präsen- cher ist, dass Arbeitnehmer und mobiles Arbeiten in ihren bilität und senkt nicht zuletzt tationsbühne und abends Krea- künftig mehr Freiheit haben Unternehmen dauerhaft auszu- die Kosten für Miete und Infra- tivstübchen. Denn es steht außer werden, sowohl bei der Gestal- weiten. Zum Vergleich: Vor der Videokonferenzen werden struktur. Ein Trend, der sich Frage, dass Räume für das Zu- tung ihres Arbeitsalltags als auch Corona-Krise lag der Homeoffi- nach Meinung von Experten auch auf dem konjunkturanfälli- sammentreffen von Kollegen bei der Wahl ihres Arbeitsplat- ce-Anteil in Deutschland ledig- dauerhaft erhalten bleiben. gen Berliner Gewerbeimmobi- und Teams weiterhin essenziel- zes. Große Namen wie Twitter lich bei 12 Prozent. FOTO: FIZKES / GETTY IMAGES lienmarkt niederschlägt. Das ler Bestandteil der Arbeitsumge- machen es bereits vor.“ „New Work ist eine Haltung“ macht, das stimmt. Wir konnten schaft angeht. Das ist fatal. Denn zu leiten, der dementen Nachba- zukünftig möglichst alle von ihr Die Digitalisierung aber gerade durch Corona auch gerade der daraus resultierende rin zu helfen – weil sie es wollen, profitieren können? der Arbeitswelt hat sehr deutlich erleben, wo es eben „Kontrollzwang“ führt dazu, weil sie es können und weil sie Wir müssen in verschiedene noch hapert, beispielsweise bei dass Mitarbeitende sich gar die Freiheit haben, es zu tun. Richtungen denken. Zum einen enorm an Schubkraft der Digitalisierung der Behörden. nicht so einbringen können, wie Neben diesem noch fehlenden brauchen wir ein Homeoffice- Insgesamt gesehen wird mobiles sie es gern würden. Unterneh- Mentalitätswandel haben wir Gesetz. Arbeitnehmer und gewonnen. Wie geht Arbeiten erst langsam normal, men müssen sich bewusst ma- aber auch sehr handfeste Proble- Arbeitgeber brauchen gegensei- es weiter? Eine aber wir sind auf dem Weg. Abge- chen, dass viele Menschen tag- me wie beispielsweise die digita- tige Rechtssicherheit, die Rah- sehen davon steht New Work für täglich acht Stunden in ihren Si- le Infrastruktur auf dem Land. menbedingungen fürs Homeof- Expertin gibt Antwort mehr als „nur“ für mobiles Arbei- los versauern, um dann nach fice müssen in den Verträgen ten. Es ist eine Haltung, die die Feierabend aufzublühen und Wie muss die Digitalisierung der festgeschrieben werden. AN TONIA OSTERSETZER Menschen, ihre Fähigkeiten und Häuser zu bauen, Sportvereine Arbeitswelt gestaltet werden, damit Außerdem brauchen wir Bedürfnisse konsequent zum einen Kulturwandel und müssen Berliner Morgenpost: Frau Kai- Ausgangspunkt für (unternehme- Vorurteile abbauen. Der Mensch ser, Begriffe wie Zoom und VPN-Zu- risches) Handeln macht. Anna Kaiser ist ist nicht von Natur aus arbeits- gang sind in aller Munde. Haben wir die Vorsitzende scheu, im Gegenteil. Hier sind den Übergang von der „Old“ zur Plötzlich klappte es während des des Ressorts organisatorische Strukturen am „New Work“ also schon gemeistert? Lockdowns mit dem mobilen Arbei- Arbeitswelt der Zuge, die das Beste in ihren Mit- Anna Kaiser: Nein, diesen Über- ten. Was stand dem Voranschreiten Zukunft im arbeitenden wecken. Das ist kei- gang haben wir leider noch lange der Digitalisierung zuvor im Wege? Bundesverband ne Raketenwissenschaft, son- nicht gemeistert, vor allem in Häufig fehlt genau diese Grund- Digitale Wirt- dern in erster Linie eine Frage Deutschland nicht. Pandemiebe- haltung. Viele Organisationen schaft e.V. des Wollens. Und last, but not dingt haben die Unternehmen in kennen ihre Mitarbeitenden (BVDW). least ist der Breitbandausbau Deutschland dieses Jahr einen kaum und hegen ein Misstrauen, FOTO: TANDEM- entscheidend. Hier muss die großen Schritt nach vorn ge- was den Arbeitswillen der Beleg- PLOY/BVDW Bundesregierung endlich liefern.
4 | TOP 200 SPEZIAL SONNTAG, 16. AUGUST 2020 | BERLINER MORGENPOST Im April präsentierte Collonil-Geschäftsführer Frank Becker stolz eines der neuen Produkte: Desinfektionsmittel. FOTO: MAURIZIO GAMBARINI / FUNKE FOTOSERVICES Eine Krise macht erfinderisch Die Einschränkungen im Zuge der Corona-Krise stellten die Berliner Betriebe vor große Herausforderungen. Lieferketten brachen zusammen, Produkte ließen sich nicht absetzen. Viele Unternehmen zeigten sich flexibel und reagierten innovativ TH ER ESI A B A LDUS Auch andere Branchen wa- man zufällig einige Wochen zu- ganz anders vorgestellt“, sagt ren und sind zum Teil noch stark vor angeschafft, ebenso eine Ma- Collonil-Geschäftsführer Frank Das Familienunternehmen betroffen. Dazu zählen vor allem schine, die für die Produktion Becker. Es sollte das Jahr der Lüdtke + Kuhn produziert seit die Gastronomie, der Einzelhan- kleiner Einzelstücke geeignet Schuhpflege werden, mit diver- 20 Jahren großformatige Bilder del (bis auf Ausnahmen wie Le- ist. Ein befreundeter Seiler sen Aktionen. Doch durch die für Messen und andere Events. bensmittel) und die Hotellerie. konnte Gummis liefern, ein weltweite Schließung von Doch dann kamen Corona und Außerdem gerieten auch die in Stoffproduzent aus Ostdeutsch- Schuhgeschäften sank der Ab- der Lockdown. Die Veranstal- Mitleidenschaft, die als Liefe- land geeignete Stoffe in ausrei- satz der Berliner drastisch. Also tungsbranche lag am Boden. Von ranten oder Dienstleister für chender Menge. Außerdem be- kam man der schon im Dezem- heute auf morgen brachen bei diese Unternehmen arbeiten. Sie richtete das BB-Radio, wodurch ber letzten Jahres getätigten dem Berliner Werbemittelher- alle waren gezwungen, Auswege SocialMask große Bekanntheit Anfrage eines chinesischen steller knapp 90 Prozent der Umsätze weg. Doch die beiden Inhaber, Jan Lüdtke und Steffen Kuhn, ließen sich nicht entmuti- gen, sondern etwas einfallen: Sie stellten ihre Produktion auf einen Mund-Nasen-Schutz um. Innerhalb kürzester Zeit besorg- ten sie Stoffe und Gummis, rie- fen die Marke „SocialMask“ ins Leben, bauten – zum Teil in den Nachtstunden – einen Webshop auf. „Am 7. April haben wir die erste Maske verkauft“, sagt Lüdtke. „In den Wochen danach aus der Krise zu finden, um das Schlimmste abzuwenden und Entlassungen zu vermeiden. Einige Berliner Unterneh- men haben diese Herausforde- rung auf besonders kreative Weise gelöst. Und viel Einsatz bewiesen. Für Lüdtke + Kuhn war es als kleines Unternehmen zum Beispiel gar nicht so ein- fach, die Produktion von Bildern auf Masken umzustellen. Ob Stoffe, Gummibänder oder Tex- tilnähmaschinen – all diese not- wendigen Dinge waren ja überall , Wir hatten uns das 111. Firmenjubiläum natürlich ganz anders vorgestellt Frank Becker, Collonil-Geschäftsführer erlangte. Die Masken schlugen ein, das Unternehmen war erst einmal gerettet. Neue Rezepturen für ganze Produktpalette Viele andere Berliner Firmen haben es genauso gemacht. An- statt den Kopf in den Sand zu stecken, haben sie flexibel auf die neuen Umstände reagiert. Der Schuhpflegemittel-Herstel- ler Collonil etwa hat die Pro- duktion in Richtung Desinfek- Partners nach Desinfektions- mitteln nach. Schnell entwi- ckelte das Laborteam eine Re- zeptur für eine „Bleu“-Produktpalette – eine Hygiene-Linie mit Desinfek- und Textilien. Schwierig wurde neue tionsmitteln für Hände, Flächen es kurzzeitig, als die dafür benö- tigten Ethanol-Vorräte versieg- ten. Aber die Wirtschaftsförde- rungsgesellschaft Berlin Partner half unbürokratisch, einen an- deren Lieferanten zu finden. Ohne die ein oder andere gingen täglich bis zu 800 Mas- fast über Nacht ausverkauft. tionsmittel für Schuhsohlen Hürde lief es fast nirgends. Am ken über den virtuellen Laden- „Wir hatten viel Glück“, sagt umgelenkt. „Wir hatten uns das Ende aber haben es viele Betrie- tisch.“ Lüdtke. Eine Nähmaschine hatte 111. Firmenjubiläum natürlich be geschafft, die härteste Zeit zu
BERLINER MORGENPOST | SONNTAG, 16. AUGUST 2020 TOP 200 SPEZIAL | 5 überstehen, indem sie von heu- lendern, Visitenkarten und bringen. Das Resultat: Plötzlich te auf morgen neue Ideen ent- Aufklebern, nahm Schutzmas- ratterten aus Tausenden 3D- wickelten. Jan-Henrik Scheper- ken und Schutzschilde ins Pro- Druckern Stäbchen für Testkits Stuke, Geschäftsführer von Au- gramm auf, außerdem Hygiene- anstelle von Kunststoffteilen erbach, einem Hersteller von Schutzwände oder Fußboden- für Zahnbrücken. Die Flexibili- Accessoires für Männer, nahm aufkleber für zum Beispiel tät, der große Pluspunkt der neben Krawatten und Fliegen Supermärkte. additiven Fertigung, bewahrte nun eben auch Masken ins Sor- Schnell reagiert hat auch den Betrieb vor der Flaute. timent auf. Interessierte Kun- Formlabs, ein amerikanischer den konnten gleich ganze Sets Hersteller von 3D-Druckern Lieferdienst als Chance ordern, bestehend zum Beispiel mit Deutschland-Zentrale in zu überleben aus Schleife und Maske im glei- Berlin. Einerseits kamen, so chen Design. Europa-Chef Stefan Holländer, Hohe Reaktionsgeschwindig- Auch die ime Systems mit Beginn des Lockdowns keit bewies auch Kieran Mac GmbH erkannte schnell das Unternehmen auf Formlabs zu. Devitt. Er ist Inhaber der Wed- Potenzial der Krise. Der Anbie- Sie wollten ihre frei geworde- dinger Bar Basalt. Am Samstag, ter von Komponenten und Sys- nen Druckkapazitäten bereit- den 14. März, hatte er sie noch temen in der Verkehrstechnik stellen. Auf der anderen Seite wie gewohnt aufgesperrt. Zwei erweiterte sein Angebot um be- fragten Krankenhäuser und an- Stunden später, als klar war, Vor Corona wuchs die Zahl der digitalen Start-ups. Auch ohne rührungslose Desinfektions- dere medizinische Einrichtun- dass Etablissements wie seines Großraumbüro dürften weitere folgen. FOTO: ALEX SAVA / GETTY IMAGES spender oder Fußbodenaufkle- gen wichtige nicht mehr liefer- ab jetzt schließen sollen, muss- ber für Bahnsteige. Die Online- bare Produkte nach. Holländer te er sie wieder zusperren. Be- Druckerei Laserline, vor der handelte entschlossen. Er reits am darauffolgenden Mon- Krise der Ansprechpartner für den Druck von Broschüren, Ka- gründete eine Initiative, um beide Parteien zusammenzu- tag rief er sein Team zusam- men, weitere zwei Tage später Weiter gute Chancen stand der Lieferdienst. Von diesem Tag an liefer- ten sie zu dritt allabendlich für Existenzgründer Cocktails aus, teils bis nach Schöneberg. Zu Fuß, mit dem Die Region Berlin-Brandenburg bleibt mit Abstand Rad und mit dem Auto fuhren sie durch die Stadt, immer min- die Nummer eins der deutschen Start-up-Szene destens drei Cocktails pro Ab- nehmer im Gepäck, machte 30 J ÖR N K ÄSE B I ER gen. Zudem stieg die Zahl der Euro. Nur zum Mixen der internetbasierten und digitalen Drinks gingen sie noch in die Flache Hierarchien, flexibles Gründungen von 25 Prozent auf Bar. Dort füllten sie die Drinks Arbeiten und Raum für Ideen – 32 Prozent beziehungsweise von in Fläschchen ab, gaben Eis- Start-ups bieten für Gründer 22 Prozent auf 28 Prozent. würfel dazu, außerdem Deko und Mitarbeiter viele Möglich- „Der Trend zu mehr innova- wie Thymianzweige oder Oran- keiten. Und die Start-up-Szene tiven, digitalen und internetba- genscheiben. Beim Empfänger in Berlin wächst weiter. Im aktu- sierten Gründungen ist positiv, angekommen, wurde die außer- ellen Kfw-Gründungsmonitor denn sie kreieren neue Märkte, gewöhnliche Lieferung mit landet die Hauptstadt mit Ab- treiben den strukturellen Wan- freundlichen Worten und Ser- stand auf Platz eins. del voran und stärken die Wett- viervorschlag überreicht. Zwischen 2017 und 2019 be- bewerbsfähigkeit unserer Wirt- Seit Anfang Juni ist die Bar gannen demnach jährlich 198 schaft“, sagt Dr. Fritzi Köhler- wieder offen, kurz darauf ent- von 10.000 Erwerbsfähigen eine Geib, Chefvolkswirtin der KfW fiel auch die Sperrstunde. Kie- selbstständige Tätigkeit. Bran- Bankengruppe. Die Auswirkun- ran hat den Cocktail-Liefer- denburg landet mit 155 Grün- gen der Corona-Krise auf die dienst daher eingestellt. Er ist dungen von 10.000 Erwerbsfähi- Gründungstätigkeit beurteilt sie froh, dass der normale Betrieb gen auf Platz zwei vor Hamburg gemischt. Auf der einen Seite wieder läuft. Aber seine Idee und Bayern. Als Ursache vermu- dürften manche Gründer ihr „Basalt on wheels“, die mobilen ten die Experten der Kfw, dass Vorhaben aufgrund der unsiche- Cocktails, haben ihm und der die gestiegenen Wohnkosten ren wirtschaftlichen Lage ver- Mannschaft zwischenzeitlich und Büromieten Berliner Grün- schieben. Auf der anderen Seite „den Arsch gerettet“. Die Miete der ins Umland treiben. werde die Zahl der Notgründun- war dadurch gesichert. Und, so Für 2019 bilanziert die gen steigen, von Menschen, für Schutzschilde gehörten zu den gefragten Produkten. Berliner Kieran: „Es hat auch Spaß ge- staatliche KfW eine Zunahme die keine andere Erwerbsmög- Betriebe produzierten sie selbst. FOTO: MAICA / GETTY IMAGES macht.“ bei den innovativen Gründun- lichkeit infrage kommt. Dein Job. So vielfältig wie du. Spannend, anspruchsvoll, abwechslungsreich. ne Jetzt onli . bewerben Sichere dir deinen Karriereeinstieg als berliner-sparkasse.de/job Azubi, Dual Studierender oder Trainee.
6/7 | TOP 200 SPEZIAL SONNTAG, 16. AUGUST 2020 | BERLINER MORGENPOST Die Top 200 der Berliner Wirtschaft Die Berliner Morgenpost präsentiert die Liste der größten Arbeitgeber – in Zusammenarbeit mit Berlin Partner RANG 2019 BESCHÄFTIGTE RANG 2019 BESCHÄFTIGTE UNTERNEHMEN Änderung in % zum Vorjahr UNTERNEHMEN Änderung in % zum Vorjahr Prognose 2020 Branche Prognose 2020 Branche 1 Deutsche Bahn (inkl. S-Bahn Berlin) 23.064 6,7 Verkehr / Logistik Manpower Group 1.200 Personaldienstleister 2 Charité 18.700 3,8 Gesundheit 102 HZB Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie 1.191 1,8 g konst. Forschung 3 Vivantes-Netzwerk für Gesundheit 17.372 4,2 Gesundheit 103 Obi 1.173 0,3 Einzelhandel 4 Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) 15.264 4,9 k plus 230 Verkehr 104 Delivery Hero 1.172 -14,9 k plus 650 Digitalwirtschaft 5 Daimler 11.060 3,8 m minus Automobilindustrie 105 Telefonica O2 1.150 15,0 g konst. Telekommunikation 6 Siemens 11.000 -4,3 Elektrotechnik 106 Studierendenwerk Berlin 1.139 -1,4 g konst. Service für Studierende der Berliner Hochschulen Deutsche Post DHL 11.000 10,0 k plus 600 Logistik 107 Berlin-Chemie 1.120 -1,8 k plus 34 Pharmaindustrie 8 Rewe Markt GmbH 10.050 4,7 k plus 200-300 Einzelhandel 108 Competence Call Center 1.100 -8,3 g konst. Callcenter 9 Edeka (inkl. Thürmann, Netto) 10.000 0,0 Einzelhandel Franz Cornelsen Bildungsgruppe 1.100 0,0 Verlagswesen 10 Paul Gerhardt Diakonie 7.376 5,6 k plus Gesundheit B. Braun Melsungen 1.100 0,0 g konst. Medizintechnik 11 Gegenbauer 7.037 0,2 k plus 200 Gebäudemanagement Vitanas Gruppe 1.100 0,0 Soziales 12 Deutsche Telekom 6.565 -2,7 g konst. Telekommunikation 112 TÜV Rheinland 1.090 0,9 g konst. Technische Überwachung 13 Zalando1 6.500 -11,0 g konst. Digitalwirtschaft 113 Diehl Metal Appilcations 1.078 -0,9 g konst. Metallindustrie 14 Securitas Sicherheitsdienste 6.400 4,9 g konst. Sicherheitsdienstleistungen 114 Orafol Europe 1.071 4,3 Graf. Folien, refl. Materialien und Industrieklebebänder 15 Deutsches Rotes Kreuz 6.000 Soziales 115 Regiocom Berlin (inkl. SNT Deutschland) 1.031 -7,2 Callcenter 16 Berliner Stadtreinigungsbetriebe BSR 5.834 0,7 k plus 150 Entsorgung 116 Ergo Group 1.021 -1,7 g konst. Versicherung 17 Axel Springer 5.795 4,1 Medien 117 Berliner Glas 1.005 12,7 k plus 75 Optik 18 Kaufland 5.600 3,7 Einzelhandel 118 Sankt Gertrauden-Krankenhaus 1.004 0,4 g konst. Gesundheit 19 Bayer 5.000 -7,4 Pharmaindustrie 119 Messe Berlin 1.003 5,0 Messe 20 Wisag Facility Service Holding 4.721 6,9 k plus 80-100 Gebäudemanagement 120 Bär & Ollenroth 1.001 -13,6 g konst. Sanitärtechnik 21 Alexianer 4.500 4,7 Gesundheit 121 Ebay 1.000 0,0 Digitalwirtschaft 22 Berliner Wasserbetriebe 4.429 2,4 k plus 18 Wasserversorger ZAG Zeitarbeitsgesellschaft 1.000 Personaldienstleister 23 Dussmann Group 4.400 -24,1 g konst. Facility-Management, Altenpflege, Einzelhandel Vodafone D2 1.000 Telekommunikation 24 Helios Kliniken 4.370 6,6 Gesundheit Höffner Möbel 1.000 Einzelhandel 25 Vattenfall 4.168 -1,5 g konst. Energieversorger Primark 1.000 Einzelhandel 26 Lidl 4.070 0,8 Einzelhandel 126 Gesundheitsnetzwerk Bethel Berlin gemeinnützige GmbH 998 19,1 g konst. Gesundheit 27 Klinikum Ernst von Bergmann 3.758 8,2 g konst. Gesundheit 127 Sanofi-Aventis Deutschland 982 -13,9 Pharmaindustrie 28 Berliner Sparkasse 3.689 -0,9 g konst. Bank 128 Mittelbrandenburgische Sparkasse 955 -0,7 g konst. Bank 29 Deutsche Bank 3.630 2,3 g konst. Bank 129 Auto1 Group 950 4,1 Digitalwirtschaft 30 Netto Marken-Discount 3.596 -4,1 Einzelhandel BSH Hausgeräte 950 2,2 Elektrotechnik 31 Amazon 3.300 17,9 k plus 300-500 Digitalwirtschaft 131 Majorel Berlin GmbH (vormals Arvato) 949 -36,6 g konst. Callcenter 32 McDonald's 3.150 -4,5 g konst. Systemgastronomie 132 Pfefferwerk Stadtkultur 941 7,5 g konst. Soziales 33 AOK 3.145 -5,3 m minus 100 Krankenversicherung 133 Spitzke Unternehmensgruppe 938 7,7 k plus 76 Bahninfrastruktur 34 Unionhilfswerk Unternehmensverbund 3.074 -2,3 Soziales 134 Barmer 915 1,2 Krankenversicherung 35 Volkswagen 3.051 1,5 g konst. Automobilindustrie 135 Here Deutschland 900 -10,0 g konst. Technologie 36 Rolls-Royce Deutschland 3.000 11,1 Entw., Montage und Wartung von Flugzeugtriebwerken SAP 900 -18,2 IT Deutsche Lufthansa 3.000 0,0 Luftfahrt Sykes Enterprises 900 Callcenter 38 EJF 2.993 -1,3 m minus 100 Soziales Sitel Germany 900 Callcenter 39 Deutsche Kreditbank 2.946 15,0 k plus Bank 139 Otis 894 -0,4 Aufzüge 40 S-Bahn Berlin 2.917 -1,8 Verkehr 140 Schindler Aufzüge und Fahrtreppen 890 0,0 g konst. Aufzüge 41 Immanuel Albertinen Diakonie, Geschäftsstelle Berlin 2.800 4,9 k plus 50 Gesundheit- und Sozialwesen 141 MTU Maintenance Berlin-Brandenburg GmbH 883 2,2 Maschinenbau 42 Bosch 2.790 -0,8 Elektrotechnik Metro Deutschland GmbH 883 -4,0 g konst. Großhandel 43 Bombardier Transportation 2.717 6,5 g konst. Bahntechnik 143 Idealo Internet 879 9,5 k plus 150-200 Digitalwirtschaft 44 BMW 2.700 0,0 Automobilindustrie 144 Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung 856 2,8 Diakonie 45 Allianz 2.690 -0,2 g konst. Versicherung 145 KaDeWe Group 853 Einzelhandel 46 Sana Kliniken Berlin-Brandenburg 2.676 -3,0 g konst. Gesundheit 146 Strabag 852 3,8 Bau 47 KPMG 2.541 4,8 Wirtschaftsprüfung 147 Hornbach Baumarkt 832 4,4 k plus 50 Einzelhandel 48 Galeria Kaufhof 2.500 Einzelhandel 148 Techniker Krankenkasse 823 1,9 g konst. Krankenversicherung Biotronik 2.500 0,0 g konst. Medizintechnik 149 AVM 810 14,1 k plus 20 IT
50 Stephanus-Stiftung 2.493 -7,3 g konst. Gesundheit 150 50Hertz 805 7,2 k plus 140 Energiewirtschaft 51 Mosaik Unternehmensverbund 2.337 0,1 k plus 6 Soziales 151 Coca-Cola 802 -19,8 g konst. Lebensmittel 52 3B Dienstleistung Deutschland 2.316 -9,5 g konst. Infrastrukturelle Gebäudedienstleistungen 152 Continental 800 17,6 Automobilzulieferer 53 Flughafen Berlin Brandenburg 2.283 9,9 Flughafen Sodexo Deutschland 800 Gebäudemanagement 54 Bundesdruckerei 2.280 1,5 g konst. Druck Möbel Kraft 800 Einzelhandel 55 Dirk Rossmann 2.267 5,2 Einzelhandel 155 Howoge Wohnungsbaugesellschaft 790 6,9 k plus 74 Immobilien 56 dm-drogerie Markt 2.262 -6,8 Einzelhandel 156 DAK Gesundheit 784 -4,6 g konst. Krankenversicherung 57 GRG. Die Gebäudereiniger 2.254 4,9 k plus 100 Gebäudemanagement 157 BPG Berliner Personaldienstleistungsgesellschaft 755 0,7 g konst. Personaldienstleister 58 Aldi 2.200 Einzelhandel 158 Hellweg Die Profi-Baumärkte 750 -6,3 Einzelhandel 59 Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung BWB 2.129 6,0 Soziales 159 Krankenhaus Waldfriede 745 3,2 k plus 20 Gesundheit 60 Alba 2.091 13,0 g konst. Entsorgung / Recycling 160 Park-Klinik Weißensee 744 2,3 Gesundheit 61 Unfallkrankenhaus Berlin 2.057 11,6 k plus 162 Gesundheit 161 P&G Manufacturing 740 Pflegeartikel 62 Lebenshilfe Berlin 2.050 4,6 Soziales 162 ASK Unternehmensgruppe 730 0,0 Sicherheitsdienstleistungen 63 Ingram Micro CfS Germany Holding (vormals Docdata Germany GmbH) 2.030 Digitalwirtschaft 163 Immobilien Scout 726 -3,5 g konst. Digitalwirtschaft 64 AWO 2.000 0,0 g konst. Soziales 164 Mytoys 721 -5,5 g konst. Digitalwirtschaft 65 BASF 1.992 0,5 g konst. Chemie 165 Thyssenkrupp 718 -1,6 g konst. Technologie 66 BT Berlin Transport 1.981 0,7 g konst. Verkehr 166 Gewobag 713 8,4 k plus 25 Immobilien 67 Oberlinhaus 1.955 1,8 g konst. Gesundheit, Rehabilitation 167 Bausch + Lomb / Dr. Mann Pharma 709 3,7 k plus 20 Pharmaindustrie 68 Renafan 1.928 -3,6 g konst. Soziales KiK Textilien & Non-Food 709 -5,6 Einzelhandel 69 IAV 1.900 5,6 g konst. Automobilzulieferer 169 Hello Fresh 700 Digitalwirtschaft 70 Gasag-Gruppe 1.884 -2,4 g konst. Energieversorger 170 Din-Gruppe 698 5,1 k plus 34 Normung und Standardisierung 71 H&M Hennes & Mauritz 1.837 4,9 Einzelhandel 171 Dekra 697 3,4 Technische Überwachung 72 Commerzbank 1.828 -3,4 Bank 172 Investitionsbank des Landes Brandenburg 694 2,8 k plus 30 Bank 73 MediamarktSaturn Deutschland 1.800 Einzelhandel 173 Lindner Esskultur 688 3,5 k plus 20 Einzelhandel 74 Berliner Volksbank 1.664 0,9 g konst. Bank 174 denn's Biomarkt 676 5,3 k plus 40 Einzelhandel 75 Accor 1.600 Hotel 175 Riva Stahl 670 -10,2 Stahlindustrie Netto ApS & Co. KG 1.600 Einzelhandel 176 Viessmann Werke Berlin 666 -12,9 g konst. Heiztechnik 77 Steinecke's Heidebrot Backstube 1.582 2,0 g konst. Einzelhandel/Lebensmittel 177 BKK·VBU 665 0,8 g konst. Krankenversicherung 78 Volkssolidarität Berlin 1.576 0,4 g konst. Soziales 178 Schloßpark-Klinik 663 0,0 Gesundheit 79 Piepenbrock Dienstleistungen 1.546 0,8 Gebäudemanagement 179 Pfizer Deutschland 658 -2,9 g konst. Pharmaindustrie 80 Bio Company 1.536 3,5 k plus 172 Einzelhandel 180 G-Elit Präzisionswerkzeug 650 -3,0 g konst. Werkzeugmaschinenbau 81 Bauhaus 1.500 0,0 Einzelhandel Ströer Media Deutschland 650 0,0 g konst. Medien 82 Ikea Deutschland 1.465 -6,7 Einzelhandel Menüpartner 650 Gastronomie / Gemeinschaftsverpflegung 83 Fiege Logistik1 1.456 170,6 Logistik 183 Lieblang Dienstleistungsgruppe (inkl. Hotel & Catering) 645 0,0 Gebäudemanagement 84 Real 1.440 Einzelhandel 184 Investitionsbank Berlin 642 1,9 Bank Stadler Pankow 1.440 Bahntechnik 185 Mazars (ehemals Roever Broenner Susat Mazars) 632 7,3 k plus 60 Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung 86 Knorr-Bremse 1.425 0,7 g konst. Bahntechnik 186 Osram 630 -13,7 Elektrotechnik 87 Randstad Deutschland 1.355 27,1 Personaldienstleister 187 Toll Collect 620 3,3 k plus 30 Mautsysteme 88 Evangelisches Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge 1.354 2,0 k plus 59 Gesundheit 188 GSE Protect Gesellschaft für Sicherheit und Eigentumsschutz mbH 610 5,5 Sicherheitsdienstleistungen 89 Deutsches Herzzentrum Berlin 1.350 3,8 g konst. Gesundheit 189 MSA 606 0,3 Messtechnik 90 Fröbel Bildung und Erziehung 1.349 5,9 k plus 20 Kindertagesbetreuung Spie 606 9,2 Technische Dienstleistungen 91 Parexel International 1.325 -8,4 Pharmaforschung 191 A.T.U. Auto-Teile-Unger 600 Autozubehör-Handel 92 Ernst & Young 1.320 5,9 k plus 80 Wirtschaftsprüfung Freiberger Lebensmittel 600 0,0 Lebensmittel 93 PIN Mail 1.313 0,5 g konst. Postdienstleister GE Deutschland 600 Maschinenbau Degewo 1.313 3,5 g konst. Immobilien 194 Harry-Brot 598 27,8 k plus 10 Lebensmittel 95 Takeda Deutschland 1.300 25,0 g konst. Pharmaindustrie 195 Pflegewohnzentrum Kaulsdorf-Nord 591 1,2 g konst. Soziales 96 Max-Delbrück-Centrum 1.254 -0,2 g konst. Forschung 196 Atos Deutschland 580 0,0 g konst. IT-Dienstleistung 97 Evangelisches Diakonissenhaus Berlin Teltow Lehnin 1.250 0,0 Gesundheit 197 Peter Schneider Gebäudedienstleistungen 572 1,4 g konst. Gebäudemanagement 98 Deutsche Postbank 1.217 -7,3 Bank 198 Home24 560 -24,3 g konst. Digitalwirtschaft 99 August Storck 1.200 0,0 g konst. Lebensmittel 199 PSI 554 18,9 k plus 10 IT Price Waterhouse Coopers 1.200 9,1 Wirtschaftsprüfung 200 Estrel Berlin 550 0,0 Hotel, Events 1) Zalando hat das Logistikzentrum in Brieselang mit rund 1.000 Mitarbeitern an Fiege Logisik ausgelagert. Datenerhebung: Journalistenbüro Michael Gneuss Die Zahlen beruhen auf exakten und gerundeten Angaben der Unternehmen, eigenen Recherchen, redaktionellen Schätzungen und in Einzelfällen auf Vorjahres- werten der Unternehmen. Abgefragt wurden die Zahlen für die festangestellten Mitarbeiter zum 31.12.2019 in Berlin und in den Umland-Landkreisen.
8 | TOP 200 SPEZIAL SONNTAG, 16. AUGUST 2020 | BERLINER MORGENPOST Die Zukunft liegt in der Innovation Wirtschaftssenatorin Ramona Pop ist vorsichtig optimistisch und sieht Berlin auf gutem Weg aus der Krise JÖRN KÄS EBI ER Normalität einkehren kann. In Tesla, Siemens – vor Corona gab es nen, die sogenannten GRW- der Stadt. Durch den kontinuier- anderen Branchen sehen wir, einige positive Meldungen zu An- Mittel von Bund und Land, las- lichen Austausch mit den wich- Anfang des Jahres befand sich dass es schneller gehen kann, so- siedlungen. Welche Auswirkungen sen für das erste Halbjahr kei- tigsten Playern der Start-up-Sze- die Berliner Wirtschaft noch auf fern sich geschäftliche Routinen hat die Krise auf das Verhalten von nen signifikanten Rückgang er- ne, aber auch aufgrund unserer Wachstumskurs. Doch die Coro- auf der Angebots- und Nachfra- Investoren? kennen. Bedenken muss man sehr zielgerichtet ausgestalteten na-Pandemie ließ viele Branchen geseite wieder einstellen und die Aus meinen zahlreichen Ge- auch: Viele Effekte von Corona Förder- und Unterstützungs- einbrechen. Welche das sind Infektionszahlen beherrschbar sprächen mit Unternehmen treten erst mit Verzögerung ein, maßnahmen hat sich in den ver- und wie ihnen geholfen werden bleiben. In der Digitalwirtschaft weiß ich, dass viele – darunter so dass sich unser Blick auf das gangenen Jahren ein sehr dyna- kann, dazu äußert sich die Berli- ist punktuell sogar Wachstum zu auch Tesla und Siemens – an zweite Halbjahr richtet. misches Ökosystem entwickelt, ner Wirtschaftssenatorin Ramo- verzeichnen. Berlin ist jedoch ihren geplanten Investitionen das auch weiterhin wichtiger Im- na Pop im Interview. Sie verrät keine Insel. Langfristig entschei- festhalten wollen. Bei Karstadt- Im Gesundheitssektor hat Berlin pulsgeber für Innovationen in aber auch, warum sie von einer dend ist, dass sich die interna- Kaufhof haben wir gezeigt, dass auch oft positiv Schlagzeilen ge- Berlin sein wird. schnellen Erholung ausgeht und tionalen Märkte stabilisieren. wir auch Arbeitsplätze halten macht, etwa durch die Arbeit der Trotz Krise bleibt Berlin wie sich die Berliner Wirtschaft Das hat positive Effekte auf das können. Berlin bleibt ein attrak- Charité. Wie stehen die Chancen, laut aktueller EY-Studie der mittelfristig entwickeln könnte. produzierende Gewerbe. tiver Wirtschaftsstandort und dass die Branche weiter wächst? wichtigste Start-up-Standort in Alles hängt davon ab, ob wir wir tun alles dafür, weiterhin Der souveräne Umgang mit der Deutschland. Wir wollen, dass Berliner Morgenpost: Frau Pop, die Infektionszahlen weiter die richtigen Rahmenbedingun- Corona-Pandemie hat die Repu- das so bleibt. Die Berliner Start- die Corona-Zeit hat die Berliner niedrig halten können. Wir müs- gen zu setzen – auch in der Kri- tation Berlins als internationaler ups sollen gut durch die Krise Wirtschaft stark getroffen. Was sind sen alle weiterhin vernünftig se. Auch die Anträge auf Förde- Life Science Standort nachhaltig kommen. Mit unseren Maßnah- aus Ihrer Sicht die gravierendsten sein. Nur durch konsequentes rung gewerblicher Investitio- gestärkt. Bei uns stimmt das Zu- men stellen wir gewichtige Lan- Auswirkungen? Einhalten der Hygieneregeln sammenspiel zwischen globalen des- und Bundesmittel zur Ramona Pop: Nahezu alle Berei- kann eine zweite Infektionswel- Playern wie Bayer und Pfizer, Unterstützung von der Corona- che der Berliner Wirtschaft sind le im Herbst oder Winter verhin- „Hidden Champions“ der Berli- Krise betroffener Start-ups zur in unterschiedlicher Intensität von der Krise betroffen. Anders als bei der Finanzkrise trifft es diesmal alle Branchen, manche besonders hart. Das, was uns 2008 schützte – nämlich unser hoher Dienstleistungsanteil – wird nun zum Problem. Jetzt trifft es die Unternehmen, die davon leben, dass Menschen sich begegnen, ausgehen und viel reisen. Corona trifft die Ho- tellerie, das Gastgewerbe und die Eventbranche besonders hart. dert werden. Dazu haben wir in der Krise bereits eine wichtige Erfahrung gemacht. Und welche ist das aus Ihrer Sicht? Es hat sich gezeigt: Wirtschaftli- cher Erfolg und Dynamik sind keine Selbstläufer. Auch bei uns in Berlin nicht. Mitunter hat sich ja die Haltung entwickelt, dass Berlin das mit der wirtschaftli- chen Entwicklung und dem Wachstum nicht so nötig habe. Ich werde nicht müde, hier zu warnen. Wenn wir jetzt auf die , Trotz Krise bleibt Berlin laut aktueller EY-Studie der wichtigste Start-up-Standort in Deutschland Ramona Pop, Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe ner Biotech-Industrie wie Bio- techrabbit oder TIB Molbiol und der exzellenten Berliner For- schungslandschaft, insbesonde- re in der Epidemiologie und Ver- sorgungsforschung. Hier wurde in den vergangenen Monaten eine Dynamik freigesetzt, die die Attraktivität der Gesundheitsre- gion als Investitionsstandort deutlich unterstreicht. Das zeigt einmal mehr: Berlins Zukunft liegt in der Innovation. Berlin spielt bei Start-ups in der Verfügung. Klar ist aber auch: Start-ups sind nur ein Baustein der Berliner Wirtschaft, wir ha- ben aber noch mehr. Berlin hat stark davon profitiert, dass Menschen aus dem In- und Ausland hierhergezogen sind. Wird die Stadt auch künftig attraktiv bleiben oder rechnen Sie mit einem Rückgang beim Zuzug? Die Wirtschaftsstruktur Berlins ist zuletzt diverser und vielfälti- ger geworden. In vielen Bran- chen spielt die Digitalisierung al- steigenden Arbeitslosenzah- ersten Liga. In die jungen Unter- ler gesellschaftlichen Bereiche Wie lassen sich speziell diese drei len schauen, ist eine Hal- nehmen wird viel Hoffnung ge- heute eine ganz zentrale Rolle. Branchen denn nach vorn bringen? tung à la ‚Wirtschaft setzt, dass sie zum Jobmotor Berlin ist eine Stadt des ständi- Wir haben in Berlin und auch braucht man doch werden. Wie sehen Sie das? gen Wandels. Veränderungen bundesweit sehr schnell reagiert nicht in der Stadt‘ der Sie müssen es nicht sind für viele junge, dynamische mit unseren Hilfsprogrammen. Weg in den Verzicht mehr werden, Berliner Menschen spannend. Die Wan- Mit dem Geld haben wir die auf Arbeitsplätze. Start-ups sind mit rund delbarkeit von Berlin hat die Unternehmen schnell stabili- Das kann sich 80.000 Arbeitsplät- Stadt schon immer für viele Zu- siert. Nach dem Ende des Lock- die Stadt nicht zen bereits ein wich- zügler interessant gemacht. Der downs haben wir fortlaufend an leisten. tiger Jobmotor in Wandel ist die Berliner Konstan- der Infektionsschutzverordnung te. Daher bin ich mir sicher, dass gearbeitet, zum Beispiel an den die offene und tolerante Stadt Personengrenzen bei Veranstal- Berlin auch weiterhin ein außer- tungen oder wie kürzlich den ordentlich attraktiver Standort Abstandsregelungen in Gaststät- für qualifizierte Menschen aus ten. Auch die Bezirke unterstüt- der ganzen Welt sein wird. zen, etwa bei der Ausweitung der Außengastronomie. Aktuell Die größten Arbeitgeber Berlins ha- haben wir neben den Sofort- und ben wir nach der Zukunft ihres Überbrückungshilfen des Lan- Unternehmens gefragt. Wie steht des Berlin und des Bundes neue die Berliner Wirtschaft Ihrer Mei- Konjunkturprogramme aufge- nung nach in fünf Jahren dar? legt, beispielsweise in Höhe von Ich bin optimistisch, dass wir 20 Millionen Euro für den Tou- vielleicht Ende des nächsten rismus, unter anderem für Mar- Jahres, spätestens aber Anfang ketingkampagnen und einen 2022 wieder das Vorkrisen- Kongressfonds. Denn wir wissen Wirtschaftsniveau erreichen auch: Der Tourismus ist einer und wir wieder auf unseren in- der wirksamsten Hebel für Ber- novativen Entwicklungspfad der FOTO: DIE HOFFOTOGRAFEN GMBH BERLIN lin, die Konjunktur wieder anzu- letzten Jahre einschwenken kurbeln. Klar ist aber auch: Wir können. Dann sehe ich Berlin als können nicht alle Folgen der Innovationshauptstadt. In fünf Pandemie abfedern. Jahren als Vorreitermetropole nachhaltiger Mobilitätskonzep- Wo sehen Sie bereits Anzeichen für te und regenerativer Energie- eine Erholung? erzeugung. Natürlich muss auch In der Gastronomie und Hotel- der Kultur- und Kreativsektor lerie, bei Messen und Kongres- zu alter Stärke zurückfinden, sen, in der Kulturwirtschaft wis- denn von dessen Glanz und sen wir, dass es länger dauern Kreativität profitiert Berlin in wird, bis wieder so etwas wie erheblichem Maße.
BERLINER MORGENPOST | SONNTAG, 16. AUGUST 2020 TOP 200 SPEZIAL | 9 Sehr mobil Corona und neue Radwege machten das Radfahren attraktiver. Die Berliner Fahrradbranche profitiert davon SAB INE H Ö LP ER satzzuwachs von 34 Prozent für Preissegment gekauft. „Sie woll- ben teilweise „in den zehn offe- Gelbe Markierungen begrenzen den neuen Pop-up-Radweg auf der Danziger Straße zwischen Prenzlauer Allee und Arnswal- der Platz. Wo früher Autos park- ten, fahren nun Radfahrer. Die Strecke ist leicht abschüssig, so bekommt man ein gutes Tempo. Und fühlt sich dennoch deutlich sicherer als früher. 13 dieser erst einmal vorü- bergehenden provisorischen Radwege mit einer Gesamtlänge von 26 Kilometern sind in den 2019 und guten Aussichten für das laufende Jahr. Profiteure sind vor allem die Einzelhändler. „Wir sehen einen enormen Run auf die Fahrradlä- den“, sagte David Eisenberger vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) schon im Frühling. Auch Sexauer vom VSF, der bundes- weit 200 Fachhändler vertritt, hat von seinen Berliner Mitglie- dern die Rückmeldung erhalten, dass während des Lockdowns „die Nachfrage nach Reparatu- ren und Rädern groß war“. Zum ten kein Prestigeobjekt, sondern einen fahrbaren Untersatz.“ Alex Neubert, Inhaber der „ike Piraten in Prenzlauer Berg, be- stätigt das. Neubert verkauft in seinem Geschäft Gebrauchträ- der und günstigere neue. Außer- dem reparieren er und sein Team Räder. Neuberts Beobach- tungen aus der Zeit während des Lockdowns, als ringsum fast alle anderen Geschäfte zu waren: „Die Schönhauser Allee war größtenteils leer, nur vor unse- rem Laden bildeten sich Men- ,Gib den Menschen Platz und die Sicherheit, nicht überfahren zu werden, dann fahren sie auch Rad Dirk Sexauer, Geschäftsführer des Verbunds Service und Fahrrad e.V. (VSF) Schließung dürfte es ähnlich er- nen Tagen im April mehr Umsatz gemacht als sonst im gesamten Monat“, so Eisenberger. Aber nicht nur im Fahrrad- handel läuft es. Auch die „große Mehrheit der Dienstleister“ er- wartet laut Wasilis von Rauch, Geschäftsführer des Bundesver- bands Zukunft Fahrrad „für 2020 den gleichen oder einen höheren Umsatz als 2019“. Besonders das Dienstrad-Leasing habe zuge- legt. Gleiches gilt für die Logis- tik-Dienstleister. Die Zunahme des Online-Handels während der vergangenen Monaten in Berlin Teil sei es sogar zu Lieferengpäs- schentrauben.“ Die Monate gehen. Der ZIV prognostiziert, Krise hat den Paketauslieferern geschaffen worden, etwa auch sen vonseiten der Hersteller ge- März, April und Mai seien „ganz dass die Branche einen Umsatz mehr Aufträge beschert. am Kottbusser Damm oder in kommen. „Anderenfalls wäre stark“ gewesen. Bis Ende des über Vorjahresniveau einfahren der Kantstraße. Das ist ein der Absatz noch höher gewe- Jahres rechnet er mit einem Plus wird. Bereits im April waren die Logistikbranche setzt Grund, warum die Berliner ihre sen“, sagt er. Positiv auf den von rund zehn Prozent gegen- Umsätze des Handels knapp 30 vermehrt auf Zweiräder Liebe zum Fahrrad neu entdeckt Arbeitsmarkt habe sich das aller- über dem Vorjahr. Prozent höher als im Vorjahr, im oder aufgefrischt haben. „Gib dings bislang nicht ausgewirkt. Selbst Händlern mit vorü- Mai waren es gut 50 Prozent. Das So etwa der Cycle Logistics CL, den Menschen Platz und die Si- Die Menschen hätten vor al- bergehend weniger oder null Fre- lag am Online-Handel. Aber ein Berliner Spezialist für urba- cherheit, nicht überfahren zu lem Modelle im eher niedrigeren quenz wegen der erzwungenen selbst die stationären Läden ha- ne Kurier-, Express- und Paket- werden, dann fahren sie auch Transporte mit Cargobikes. Die Rad“, weiß Dirk Sexauer, Ge- von Martin Schmidt 2017 ge- schäftsführer des Verbunds Ser- gründete Firma übernimmt die vice und Fahrrad e.V. (VSF). „letze Meile“ bis vor die Haustür. Mit knapp 30 Elektro-Lastenrä- Werkstätten blieben dern liefert das Team bestellte in Berlin geöffnet Produkte aus. Cycle Logistics ist unter anderem für vier Anbieter Ein anderer Grund ist Corona. von Bio- und Obstkisten tätig. Die Angst vor der Ansteckung in Aber selbst sperrige Güter bis vollen Bussen und Bahnen sowie 200 Kilogramm Gewicht werden die Maskenpflicht brachten viele auf den Lastenrädern transpor- Menschen dazu, aufs Fahrrad tiert. Die Auslieferung an ge- umzusteigen. Das war überall in werbliche Kunden sei wegen der Deutschland so. In der Haupt- Pandemie zurückgegangen, sagt stadt kam begünstigend hinzu, Schmidt. „Doch durch die stark dass Fahrradläden auch wäh- gestiegene Nachfrage aus dem rend des Lockdowns geöffnet Business-to-Consumer-Bereich bleiben durften. Die Berliner konnte der Ausfall kompensiert konnten, anders als in den meis- werden.“ ten Bundesländern, jederzeit ein Mittel- bis langfristig rech- neues Rad erstehen oder ihr ka- net der Unternehmer mit weite- puttes reparieren lassen. rem Wachstum. In den nächsten Sie haben regen Gebrauch Monaten werde man etwa das davon gemacht. Und daher pros- Paketgeschäft im Großraum Mit- periert eine ohnehin erfolgsver- Auf der Oberbaumbrücke bekamen Radfahrer Ende Juli beidseitig einen Fahrstreifen von drei te ausbauen. „Dann brauchen wir wöhnte Branche mit einem Um- Metern. Hinzu kommt ein Sicherheitsstreifen. FOTO: ANNETTE RIEDL / DPA; GRAFIKEN: DEJANJ/ISTOCK auch neue Leute.“
10 | TOP 200 SPEZIAL SONNTAG, 16. AUGUST 2020 | BERLINER MORGENPOST Das Corona-Behandlungszentrum Jaffé- straße (CBZJ) auf dem Messegelände steht bereit. Dank Berlins Kapazitäten blieb es ungenutzt. FOTO: KAY NIETFELD / DPA Von Berufs wegen Held Während der Corona-Pandemie zeigt die Gesundheitswirtschaft der Hauptstadtregion, wie stark und wichtig sie ist DAG MA R TRÜPS CH UCH den Gesundheitsstandort Ber- den Durchbruch hoffen. Dazu dizinische Hochschule Branden- hen Stellenwert ein. Unter dem lin-Brandenburg international gehören bekannte und wachs- burg Theodor Fontane, das Ber- Dach der Berlin University Alli- Selten vorher stand die Gesund- weiter zum führenden Zentrum tumsstarke Jungunternehmen liner Institut für Gesundheits- ance zum Beispiel – eines Ver- heitswirtschaft so stark im Fokus für Gesundheitswirtschaft und wie die Arztterminplattform Do- forschung (BIH), das Max-Del- bunds der Freien Universität, wie zurzeit und zu Anfang der Life Sciences auszubauen. cotlib oder das auf Telemedizin brück-Centrum für Molekulare der Humboldt-Universität, der Corona-Pandemie. Tausende spezialisierte Unternehmen Kry. Medizin in der Helmholtz-Ge- Technischen Universität und Menschen folgten dem mit zwei Eine der wichtigsten Gerade in der Covid-19-Krise be- meinschaft (MDC), das Deut- der Charité Berlin – forschen Grimme Online Awards ausge- Branchen der Region wiesen sie durch Flexibilität und sche Herzzentrum Berlin sowie Wissenschaftlerinnen und Wis- zeichneten Podcast „Das Coro- Innovation ihre Stärke. So integ- weitere Fraunhofer-, Helm- senschaftler auch zu Sars-CoV- navirus-Update“ mit dem Berli- Schon jetzt gehört die deutsche rierten beispielsweise Kry und holtz-, Leibniz- und Max- 2. Sie arbeiten unter anderem an ner Virologen Christian Drosten. Hauptstadtregion international auch die Ada Health GmbH Planck-Institute. der Entwicklung von Impfstoff- Mindestens ebenso viele Men- zu den führenden Standorten in kurzfristig neue Funktionen in ansätzen und forschen zu mögli- schen sahen die Pressekonferen- der Gesundheitswirtschaft und ihre Apps, um die Nutzer dabei Vorn in der Forschung chen gesundheitsökonomischen zen des Robert-Koch-Instituts, -versorgung sowie den Life zu unterstützen, Symptome von an Covid-19 dabei Folgen. Gemeinsam mit dem auf der Präsident Lothar Heinz Sciences. Dazu einige Fakten: Covid-19 einfacher zu erkennen. Leibniz-Forschungsinstitut für Wieler und seine Kollegen die ak- Etwa 383.000 Beschäftigte arbei- Innovation treiben die rund Für den Fachkräftenachwuchs Molekulare Pharmakologie und tuelle Covid-19-Lage bewerteten. ten in den rund 21.800 Unter- 40 wissenschaftlichen Einrich- sorgen rund 30 Universitäten dem Robert Koch-Institut wol- Die Augen waren zudem auf Ärz- nehmen der Gesundheitsbran- tungen der Biowissenschaften und Hochschulen mit mehr als len sie dazu beitragen, die Pan- te und Pflegepersonal in den Kli- che, zu der laut Erhebung der oder Life Sciences voran, da- 200 Studiengängen rund um Ge- demie zu kontrollieren und niken gerichtet. Ihr Einsatz wur- Berlin Partner für Wirtschaft runter – neben den bereits er- sundheit und Lebenswissen- einer weiteren Ausbreitung vor- de mit Applaus belohnt und ein- GmbH etwa 34 Pharmaunter- wähnten Akteuren Charité und schaften. Neben der Lehre zubeugen. mal mehr wurde über eine faire nehmen, 255 Biotech-Unterneh- Robert-Koch-Institut – die Me- nimmt die Forschung einen ho- Ihre Vielfalt und ihre einzig- Entlohnung für diese systemrele- men, 332 Medizintechnik- und artige Vernetzung sind es, die die vanten Berufe diskutiert. Digital-Health-Unternehmen, Gesundheitsregion Berlin-Bran- Und wie überrascht waren über 70 Reha-Einrichtungen, die denburg so stark machen. „Unse- die Berliner, dass in nur knapp Charité Berlin als eine der größ- re Aufgabe ist es, diesen Wirt- vier Wochen ein voll ausgestat- ten Universitätskliniken Euro- schaftsbereich, von dem wir tetes Notfallbehandlungszent- pas und acht Technologieparks glauben, das er überdurch- rum auf dem Messegelände er- wie der Wissenschafts- und schnittliche Chancen hat, zu richtet werden konnte. „Das war Technologiepark Berlin-Adlers- unterstützen, zu pushen und da- nur möglich, weil viele der Ak- hof und der Biotech-Campus für zu sorgen, dass die Exzellenz teure der Gesundheitswirtschaft Berlin-Buch, gehören. In der aus der Wissenschaft der Region geholfen und zusammengearbei- Versorgung – also zum Beispiel bei den Unternehmen ankommt tet haben“, sagt Kai Bindseil, in den mehr als 130 Kliniken in und zu Innovationen führt“, sagt Prokurist und Abteilungsleiter Berlin und Brandenburg – arbei- Kai Bindseil. Er blickt positiv in für Gesundheitswirtschaft in der ten laut Bindseil rund zwei Drit- die Zukunft. „Ich bin da in jeder Berlin Partner GmbH und seit tel der Beschäftigten. Beziehung optimistisch.“ Viele 2010 Clustermanager Gesund- Die Gesundheitsszene be- Gründe sprächen dafür, dass Ak- heitswirtschaft Berlin-Branden- reichern Start-ups, die in der teure aus Deutschland und Euro- burg (HealthCapital). Aufgabe Biotechnologie, Diagnostik Die Forschungsarbeit am Institut der Virologie der Charité ist pa in Zukunft ihre Präsenz in des Clustermanagements ist es, Medtech und Digital Health auf weltweit anerkannt. FOTO: CHRISTOPHE GATEAU / DPA Berlin weiter ausbauen werden.
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