Beschränkungen durch klare Vorgaben ersetzen - Christian Lindner: Kommentare. Berichte. Analysen - BDS LV-Hessen
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Kommentare. Berichte. Analysen. www.bds-dgv.de Juni 2020 Offizielles Organ des Bundesverbandes der Selbständigen e.V. Christian Lindner: Beschränkungen durch klare Vorgaben ersetzen
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KOMMENTAR Corona-Krise sorgt für noch mehr Zombie-Unternehmen von Frank Schäffler MdB D eutschlands Volkswirtschaft ist eigentlich überschuldeten Unterneh- im Gegensatz zum öffentlichen men (und Staaten) wird die EZB-Zins- Bild nicht stark, allenfalls im Ver- politik ja aktuell auch gemacht. Doch gleich zu Italien oder Frankreich. Unse- der Preis, das merken wir jetzt, ist re Unternehmen haben zu wenig Eigen- sehr hoch. Es werden noch mehr kapital – und diese Schwäche wird sich Zombieunternehmen entstehen und jetzt verschärfen. Es werden noch mehr an den Tropf der EZB gehängt. Zombieunternehmen entstehen und an Die Null- und Negativzinsen scha- den Tropf der EZB gehängt. den den eigentlich gesunden und sol- Die Corona-Pandemie offenbart ak- venten Unternehmen. Sie wurden in tuell die Schwäche des Standortes den letzten Jahren verleitet und ver- Deutschland. Das mag auf den ersten führt, ihre Eigenkapitalquote zu Gun- Blick verwundern, meinen doch viele, sten einer besseren Eigenkapitalren- wir kämen aktuell gut durch die Krise. dite zu reduzieren. Denn wenn das Ei- Das mag im Vergleich zu Italien oder genkapital im Verhältnis zum Jahres- Frankreich vielleicht sein. Doch dies überschuss reduziert wird, dann lohnt sollte nicht unser Maßstab sein. Italien sich in „normalen“ Zeiten der Ersatz und Frankreich sind bereits ge- des Eigenkapitals durch Fremdkapital. schwächt in die Corona-Krise gegan- Doch kommen Krisen, wie jetzt die Co- gen. Den Eindruck, den die Bundesre- rona-Krise, dann halten auch eigent- gierung aktuell vermittelt, ist, dass wir lich gesunde Unternehmen diesen aus einer starken Position in die Krise Shutdown nicht lange durch, weil sie in geraten sind. guten Zeiten nicht ausreichend vorge- Gesamtstaatliche Überschüsse, ei- sorgt haben. ne öffentliche Verschuldung von rund Gerade deshalb ist es notwendig, 60 Prozent zur Wirtschaftsleistung und Frank Schäffler den Blick künftig auf eine verbesserte eine niedrige Arbeitslosenzahl sind die Eigenkapitalkultur zu richten. Sie wür- Assets, die hier genannt werden. ist Mitglied der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag de Unternehmen und Bürger unabhän- Doch wenn man auf die am Wirt- und hat sich in der Vergangenheit als giger von konjunkturellen Schwankun- schaftsleben beteiligten Unternehmen Euro-Rebell einen Namen gemacht gen machen. Und deshalb war und ist schaut, dann haben viele von ihnen die Kritik an der EZB und ihrer Geldpo- zwar ein Liquiditätsproblem, aber viel grund- dung in guten Zeiten, sondern diskriminiert litik so richtig und notwendig. Eigentlich soll- sätzlicher ist ihr Solvenzproblem. Sie haben sie zu Gunsten von Fremdkapital. Investi- te kluge Geldpolitik das Gesunde stärken und also zu wenig Eigenkapital. Daher sind die tionen werden schon aus steuerlichen normale Marktprozesse nicht verhindern. Kredite der KfW und der Förderbanken der Gründen gerne fremdfinanziert, weil die Zin- Jetzt ist guter Rat sehr teuer. Gut wäre, wenn Länder zwar hilfreich, um aktuell die Liqui- sen niedrig sind und zusätzlich noch als Be- die Regierung nicht einbehaltene Gewinne dität zu sichern. Die Überschuldung, weil das triebsausgaben berücksichtigt werden kön- von Unternehmen besteuern würde, sondern Eigenkapital zu gering ist, verhindern diese nen. Der Einsatz von Eigenkapital ist dage- erst bei ihrer Ausschüttung. Das würde die Kredite jedoch nicht. Unternehmen mit we- gen teuer, weil dieser meist aus Selbstfinanzierungskräfte von Unternehmen niger als 10 Mitarbeiter haben aktuell eine Ei- versteuerten Gewinnen gebildet werden stärken und ihre Abhängigkeit von Banken genkapitalquote von 23 Prozent. Gerade bei muss und zusätzlich Investitionen, die aus und Staat reduzieren. Wer glaubt, der Staat diesen kleinen Unternehmen hat sich diese in Eigenkapital finanziert werden, nicht beim könne die Lücke, die wirtschaftlich aktuell den letzten 10 Jahren fast nicht verbessert. Betriebsausgabenabzug berücksichtigt wer- entstanden ist und die sicherlich noch sehr Im Baubereich liegt sie ebenfalls nur bei 25 den dürfen. Und noch viel verheerender für viel größer wird, durch Transfers ausgleichen, Prozent. Selbst im Mittelstand und in der die Solvenz der Unternehmen ist das ak- der glaubt auch, dass die wirtschaftliche Wirtschaft insgesamt sind nicht einmal ein tuelle geldpolitische Umfeld mit den Null- Erholung durch immer mehr Schulden und Drittel des Kapitals Eigenkapital. und Negativzinsen der Notenbanken. Nicht noch billigeres Geld zu erreichen ist. Dies hat mit dem Steuerrecht und mit für die Zombieunternehmen, die schon vor Die meisten großen Wirtschaftskrisen der der Geldpolitik zugleich zu tun. Das Steuer- der Corona-Krise durch die Zinspolitik der letzten 150 Jahre haben freilich gezeigt, recht fördert nicht etwa die Eigenkapitalbil- EZB am Leben gehalten wurden. Für diese dass das Gegenteil der Fall ist. n Der Selbständige 06-2020 3
KOLUMNE Nach Corona wird vieles anders sein, aber nicht alles ganz anders von Dr. Hugo Müller-Vogg Ein spürbarer Digitalisierungsschub me“ per Flugzeug oder Lkw zu bekommen Für die nachhaltigste Veränderung sorgt ist. An die Stelle eines Lieferanten aus Fern- D as Corona-Virus kostet unzählige Corona sicherlich bei der Digitalisierung. Im ost werden vielleicht mehrere Bezugsquel- Menschen das Leben, hinterlässt bei Homeoffice entdeckt mancher bisher un- len in unterschiedlichen Regionen treten. vielen gesundheitliche Schäden, geahnte Möglichkeiten der Kommunikation, Was allerdings keine Garantie für eine stürzt die Weltwirtschaft in eine schwere in den Schulen ersetzt das iPad die Tafel, störungsfreie Versorgung mit Vorprodukten Rezession. Doch nicht wenige Propheten Enkel bringen Großeltern bei, dass man sich oder Bauteilen ist, wenn etwa eine andere und Visionäre sehen in der Krise die ganz per Skype unterhalten und sehen kann. Das Pandemie mehrere europäische Staaten große Chance auf ein Zurückdrehen der an- alles ist aber keine Corona-bedingte IT-Re- lahmlegt. geblich so schädlichen Globalisierung, auf volution. Vielmehr wird unter Druck be- Die internationale Arbeitsteilung wird eine grundlegende Verbesserung keinesfalls durch die wirt- unseres Gesundheitssystems, schaftliche Autarkie von Natio- Foto: auf ein humaneres Wirtschaften, Laurence Chaperon nalstaaten ersetzt werden. kurz „auf die Chance auf eine Dies wäre mit erheblichen bessere Welt“, wie der „Spiegel“ Wohlstandsverlusten gerade in kürzlich auf seinem Titel verkün- den Entwicklungs- und Schwel- dete. Noch weiß niemand, wie lenländern verbunden – und lange die Pandemie unser Leben mit deutlich höheren Kosten beeinflusst. Von der Zeit „nach am Standort Deutschland. Corona“ wird man erst sprechen Auch „nach Corona“ wird es können, wenn es einen Impfstoff Controller geben, die auf Kos- oder zumindest ein wirksames ten achten, weil die Unterneh- Medikament gegen Covid-19 in men darauf achten müssen. ausreichender Menge gibt. Na- Wer einer De-Globalisierung türlich wird die Welt dann nicht das Wort redet, übersieht mehr dieselbe sein wie noch am außerdem einen ganz prakti- Jahreswechsel 2019/2020, als schen Aspekt. Wir hätten in wir Corona weitgehend als ein Deutschland gar nicht genug lösbares chinesisches Problem Arbeitskräfte, um etwa Texti- ansahen. Aber wird das Leben lien oder Komponenten für grundsätzlich anders verlaufen? Autos und Maschinen aus- Da sind Zweifel angebracht, schließlich hierzulande zu ferti- wie der Blick auf zurückliegende Der ehemalige FAZ-Herausgeber Dr. Hugo Müller-Vogg ist einer der gen. Und eine expansive Zu- einschneidende Ereignisse zeigt. bekanntesten Publizisten Deutschlands und bestimmt durch Bücher und wanderung von Arbeitskräften Hatte es nach den Terroranschlä- Kommentare zu Politik und Wirtschaft immer wieder die öffentliche würde andere Schwierigkeiten gen vom 11. September 2001 Debatte. Er ist unter anderem gefragter Gesprächspartner der – und Kosten – mit sich brin- nicht geheißen, diese würden die Nachrichtensender n-tv, Welt24 und Phoenix. gen. Im Gesundheitswesen bleiben Kosten ein Faktor Welt grundlegend verändern? Oder war nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 nicht der weltwei- schleunigt, was ohnehin zu erwarten war. Es könnte sein, dass sich bisher unbekann- te Verzicht auf Kernkraft gefordert und pro- Das gilt insbesondere für die Schulen und te Viren künftig häufiger in aller Welt ver- gnostiziert worden? Richtig ist: Die Sicher- große Teile des öffentlichen Dienstes. breiten. Das legt eine Intensivierung der For- Kein Zurück zur wirtschaftlichen Autarkie heitsstandards im Flugverkehr sind nach schung ebenso nahe wie einen Ausbau me- „9/11“ verschärft worden, was dessen kräf- dizinischer Kapazitäten. Sicherlich wird die tige Ausweitung aber nicht behindert hat. Die plötzliche Unterbrechung weltumspan- Produktion von Arzneimitteln teilweise neu Auch sind nach Fukushima tatsächlich nender Lieferketten hat zweierlei deutlich organisiert. Deutschland ist längst nicht Kernkraftwerke stillgelegt worden, vor al- gemacht: den hohen Grad der internationa- mehr die Apotheke der Welt. Unsere Phar- lem in Deutschland; aber weltweit sind viel len Verflechtung unserer Wirtschaft und maunternehmen beziehen lebenswichtige mehr in Betrieb genommen worden. Es ebenso ihre Störanfälligkeit. Das wird zu Än- Wirkstoffe fast ausschließlich aus Fernost. spricht also vieles dafür, dass sich auch die- derungen führen. Unternehmen werden Das ist nicht nur die Folge von unternehme- ses Mal nichts alles grundlegend ändern wieder größere Lager einrichten und sich rischem Gewinnstreben, sondern auch von wird. nicht darauf verlassen, dass alles „just in ti- politischen Vorgaben. Der Druck der Kran- 4 Der Selbständige 06-2020
KOLUMNE kenkassen, die Preise für Medikamente zu Zukunft noch lange nicht zu einem Volk von Natürlich werden viele Unternehmen – dämpfen, hat die Verlagerung der Produk- Heimarbeitern. Schon deshalb nicht, weil wie nach jeder Rezession – zunächst einmal tion nah Indien oder China befördert. sich am heimischen Wohnzimmer- oder Kü- versuchen, an den Flug- und Reisekosten zu Nach den Corona-Erfahrungen liegt es chentisch nichts produzieren, nicht repa- sparen. So etwas hält aber nie lange an. So- nahe, bestimmte Medikamente wieder im rieren und auch keine Supermarktkasse be- bald die Wirtschaft wieder auf Normaltou- eigenen Land herzustellen und Vorräte an- dienen lässt. Was aber viel wichtiger ist: ren läuft, wird wieder kräftig gereist werden zulegen. Das werden die Unternehmen nur Team-Arbeit per Bildschirm kann keine Dau- – mit allem was rollt und fliegt. Der alte Adam bleibt „nach Corona“ derselbe tun, wenn der Staat beziehungsweise die erlösung sein, jedenfalls keine produktive. Krankenkassen sich an der Finanzierung be- Ganz abgesehen davon, dass viele Arbeit- teiligen. Letzten Endes wird eine „neue“ Ge- nehmer den Kontakt zu ihren Kollegen ver- Um die wirtschaftlichen und sozialen Fol- sundheitspolitik für die Steuer- und Bei- missen, wenn sie diese allenfalls noch spo- gen der Pandemie abzumildern, ist der tragszahler teurer. Dabei spielt es keine radisch treffen. Staat mehr gefordert denn je. Das verlockt Rolle, ob es neben staatlichen weiterhin pri- Im Übrigen empfiehlt es sich beim Blick viele links-grüne Politiker, Publizisten und vate Kliniken geben darf. Die Kosten bleiben nach vorn zwischen Ausnahmesituationen Propheten, grundlegende Veränderungen auch in Zukunft ein wichtiger Faktor im Ge- und dem Regelfall zu unterscheiden. anzukündigen – Klimarettung auf Kosten sundheitssystem. Und je schneller die Er- Videokonferenzen sind hilfreich, wenn ein wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, einen innerungen an die Coronakrise verblassen, persönliches Treffen nicht möglich ist. Gut kräftigen Ausbau der ohnehin opulenten umso wichtiger wird dieser Faktor wieder möglich, dass wir in Zukunft bisweilen eine Sozial- und Transferleistungen, eine noch werden. kurze Konferenz per Video abhalten und so höhere Subventionierung der Kultur, mehr Der Staat wird auch künftig nicht der besse- die Zeit für die An- und Abfahrten ersparen. staatliche Eingriffe auf allen Ebenen. Finan- re Unternehmer sein Gleichwohl kann der Dialog per Bildschirm ziert werden soll das durch höhere Steuern die persönliche Begegnung auf Dauer nicht und Abgaben, also durch noch mehr Um- Die Krise ist nicht nur die Stunde der Exe- ersetzen. Nach sechs Wochen Lockdown verteilung. Die „bessere Welt“ soll eine grü- kutive; der Staat ist plötzlich der entschei- kennen sich die Beteiligten noch persön- ne Republik sein, bevölkert von Menschen dende „Player“. Das kann gar nicht anders lich. Schwieriger wird es, wenn neue mit neuem Bewusstsein, finanziert von den sein. Rettungsschirme lassen sich nicht pri- Gesprächspartner und Kollegen dazukom- „Reichen“, jedenfalls von denen, die vatwirtschaftlich organisieren. Kredite in men, bei denen man nicht jede beiläufige Deutschland nicht fluchtartig verlassen. schwindelerregenden Höhen können nur Bemerkung einzuordnen weiß. Es wird also Doch lassen sich wirtschaftliche Ge- Staat und Notenbanken verbürgen. Joschka auch „nach Corona“ wieder sehr viele Mee- setzmäßigkeiten nicht ausheben, wie alle Fischer schließt für die Zeit nach der Krise tings und Besprechungen mit physisch Experimente mit „neuen“ Wirtschaftsord- daraus: „Der Vorsorgestaat wird seine Füh- Anwesenden geben. Denn für direkte nungen gezeigt haben. Das Prinzip „Von rung in allen strategischen Fragen gegenü- Kontakte gibt es keinen adäquaten Ersatz, nichts kommt nichts“ ist immun gegen je- ber der Wirtschaft beanspruchen und auch weil man beispielsweise auch die Körper- den Virus. Vor allem aber wird es keinen durchsetzen.“ sprache seines Gegenübers wahrnehmen neuen Menschen geben. Der alte Adam Nein, das wird er nicht. Denn der Staat muss, um ihn richtig einschätzen zu bleibt nach Corona derselbe. Dieser Durch- muss in den nächsten Jahrzehnten erst ein- können. schnittsbürger ist kein eiskalter Profitmaxi- Mit Auto, Bahn und Flugzeug … mal versuchen, die zusätzlichen Schulden mierer, doch legt er Wert darauf, dass sein abzubauen, die er jetzt – aus guten Gründen Einsatz und seine Arbeit sich materiell aus- – anhäuft. Fischers Vorsorgestaat wird gar Aus grün-ideologischer Sicht mag die Aus- zahlen – und zwar für ihn. Er ist weder ide- nicht die Mittel haben, um die Produktion sicht verlockend sein, dass die zwangs- ologisch noch extremistisch festgelegt, im großen Stil durch finanzielle Anreize zu weise „geerdeten“ Flugzeugflotten in Zu- sondern denkt bei politischen Entscheidun- lenken, etwa in Richtung eines ökologi- kunft nur noch ganz selten abheben dür- gen ganz pragmatisch zuerst an deren Aus- schen Umbaus. Natürlich kann der Staat fen. Realistisch ist diese Hoffnung oder wirkungen für sich und seine Familie. Er ist auf administrativem Weg durchsetzen, was Annahme freilich nicht. Die Menschen hat kein reinrassiger Egoist, aber solidarisch er für richtig hält. Aber dazu müsste er un- es schon immer und zu allen Zeiten in die verhält er sich eher gegenüber Personen, sere staatlich regulierte und kontrollierte Ferne gezogen – aus wirtschaftlichen die ihm nahestehen, als gegenüber irgend- marktwirtschaftliche Ordnung in eine staat- Gründen, um andere zu treffen, oder welchen sozialen Gruppen. Er macht sich lich gelenkte Planwirtschaft umwandeln – schlicht aus der Lust an der Entdeckung schon Gedanken über die Zukunft, aber die mit entsprechenden negativen Folgen für unbekannter Gegenden und Länder. Des- Probleme der Gegenwart und deren Lösung die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit. halb werden die Flugzeuge bald wieder ei- liegen ihm mehr am Herzen. Er ist nicht Denn der Staat war noch nie der bessere ne wichtige Rolle spielen. Wobei nicht aus- sonderlich an Parteiprogrammen und Zu- Unternehmer – und wird es auch „nach Co- zuschließen ist, dass die Sicherheitskon- kunftsentwürfen interessiert, sondern will rona“ nicht sein. trolle um einen Gesundheits-Schnell- vor allem eines: vernünftig und effizient re- Das Homeoffice ist nicht das Paradies Check erweitert wird. Das würden die Pas- giert werden. Der deutsche Normalbürger sagiere halb verständnisvoll, halb murrend wird „nach Corona“ kein anderer sein als Arbeitnehmer und Unternehmer haben auf ebenso hinnehmen, wie sie die verschärf- noch zu Beginn des Jahres 2020. Deshalb die vielfältigen Beschränkungen seit Mitte ten Sicherheitsmaßnahmen nach „9/11“ sei die Prognose gewagt: „Nach Corona“ März flexibel und kreativ reagiert. Das Ho- akzeptiert haben. (Das muss ja nicht über- wird vieles etwas anders sein, aber nicht al- meoffice ist für viele Berufstätige zum neu- all so schlecht organisiert sein wie im Flug- les ganz anders. n en Arbeitsplatz geworden. Das macht uns in hafen Berlin-Tegel.) www.hugo-mueller-vogg.de Der Selbständige 06-2020 5
KOLUMNE Unerwartetes Lebenszeichen aus dem liberalen Kellergewölbe von Klaus Kelle Z ur Jahresmitte habe ich 2017 sollte internationale PR- heit besser vereinbaren“. Ja, da Fernsehinterview nicht weiß, eine wirklich gute Nach- Awards kassieren ohne Ende. hat er recht. Aber wie geht es dass die Pendlerpauschale richt für Sie alle: die FDP Aber die FDP will Bürgerrech- weiter? Was passiert nächste auch für Bahnfahrer gilt. Den lebt noch. Ich hatte Wochen, ja te auch für Kriminelle, ich will Woche? Einmal der Kanzlerin Mann als Kanzler? Die grüne ganze Monate den Eindruck, eine effektive Polizei. Die FDP im Bundestag die Versäum- Verbotspartei als Wahrerin der dass es keine liberale Partei will sexuelle Vielfalt, ich bin nisse vorhalten, das ist gut. Freiheitsrechte? Herzlichen mehr im Deutschen Bundestag katholisch. Die FDP will am Öf- Aber es reicht nicht. Glückwunsch, Deutschland! gibt. Doch dann kam Christian fentlich-Rechtlichen Rundfunk Und wer soll es denn sonst Dieses Land braucht eine Lindner, trat ans vorher desin- festhalten (warum eigent- machen? Die Grünen fallen als starke liberale Stimme, das sa- fizierte Rednerpult und sprach lich?), ich halte die Anstalten Rechtsstaatspartei komplett ge ich als einer, der eher kon- Klartext. Klartext, ja wirklich. für verzichtbar. Die FDP wen- aus. Ihr Chef Robert Habeck servativ tickt, aber auch das Zwar habe man bisher die det sich an die Jungen, ich bin kommt als Model beim Foto- bei weitem nicht allumfassend. Maßnahmen der Merkel-Admi- alt, wenigstens ein bisschen. shooting noch ganz passabel Und selbst wenn sie mich dem- nistration mitgetragen, be- Und trotzdem wähle ich sie rüber – wie Lindner auch – nächst wieder enttäuscht und kannte er, aber nun sei einige oft. Weil sie für die Freiheit aber inhaltlich ist das nullkom- ich sie nicht wähle, finde ich Zeit vergangen und alle wüs- steht, für weniger Staat, weni- manullkommanull. Etwa wenn gut, dass es sie gibt. Aber ein sten mehr über das Covid-19- ger Bürokratie. Für kleine und er den von Pleite bedrohten bisschen mehr Power, ein bis- Virus und seine Gefährlichkeit. mittlere Unternehmen, für Gastwirten allen Ernstes emp- schen Grundsätzliches und we- Lindner weiter wörtlich: „Und Handwerker, Ladenbesitzer, fiehlt, ihre geschlossenen Lo- niger nur an der Oberfläche weil die Zweifel gewachsen Ärzte, Steuerberater und Golf- kale jetzt mal umweltgerecht kratzen wie jetzt – das wäre sind, Frau Bundeskanzlerin, en- spieler. Ich bin auch Handwer- umzubauen. Oder wenn er im sehr schön für uns alle. n det heute auch die große Ein- ker, mein Handwerk ist recher- mütigkeit in der Frage des Kri- chieren und formulieren. Und senmanagements.“ Bamm! für Freiheit, für eine offene Ge- Endlich. sellschaft, für Bürgerrechte Nach der AfD, deren Front- stehe ich auch. Aber kommt da mann Alexander Gauland den endlich noch mehr? Lindner ersten Aufschlag in der De- sagte im Bundestag, es müsse batte machte, haben sich nun darüber gesprochen werden, auch die Freien Demokraten „wie wir Gesundheit und Frei- entschieden, ihre Aufgabe als Oppositionspartei ernstzu- nehmen. Endlich, möchte ich als bürgerlicher Verzweiflung- wähler noch mal wiederholen, der in den vergangenen zehn Klaus Kelle Jahren oft seine Kreuze auf ist regelmäßiger Kolumnist dem Stimmzettel bei den Li- beralen platziert hat. Um es bei FOCUS ONLINE dann schon ein, zwei Tage und selbstständiger Medien- später bitter zu bereuen. Na unternehmer. Der gelernte gut, ich bin auch nicht FDP- Überzeugungswähler und Journalist hat in 30 Jahren deshalb nicht Lindners Kern- Berufstätigkeit u. a. für zielgruppe. Ich kenne ihn aus Medienhäuser wie seiner Zeit im Düsseldorfer Axel Springer und Landtag, und ich finde ihn durchaus smart. Seine Kam- Gruner & Jahr gearbeitet. pagne zur Bundestagswahl www.kellecom.de 6 Der Selbständige 06-2020
KOLUMNE Lockerungen von Corona-Auflagen sind keine Geschenke von Thomas Brügmann I n einem kürzlichen Diskussionsbeitrag hingehend gebe, ob und inwieweit an den Beobachtungs- und Überprüfungspflicht. für das „Handelsblatt“ warnte der jeweiligen Einschränkungen festgehalten Daran sollte man in Berlin und den Lan- nordrhein-westfälische Verfassungs- werden dürfe. Sollten sich dabei einzelne deshauptstädten stets denken und auch richter Claudio Nedden-Boeger vor einer Maßnahmen als nicht mehr erforderlich den eigenen Sprachgebrauch überprüfen. aktuellen „Verdrehung“ juristischer Maß- oder weitgehend nutzlos erweisen, müss- Wenn nämlich Politiker oder auch Vi- stäbe. Dabei geht es um die mit den ten diese nach Auffassung der Gerichte rologen etc. in öffentlichen Medien von „Coronaschutzverordnungen“ verbunde- umgehend aufgehoben oder zumindest straffen oder eher lockeren „Zügeln“ spre- nen Einschränkungen für Bürger und modifiziert werden. chen, an denen die Bevölkerung zu führen Wirtschaft. Während große Teile der „Lockerungen“ von „Coronaauflagen“ sei, erlaubt dies zugleich wertvolle Einbli- Politik, allen voran Bundeskanzlerin sind also keine „Geschenke“ an die Bürger cke in manches Menschenbild und die da- Angela Merkel (CDU), über (nach Ansicht (worüber man laut Merkel zudem nicht in hinterstehenden Charaktereigenschaften! von immer mehr Bürgern allfällige) „Diskussionsorgien“ verfallen dürfe), son- Vielleicht erinnert sich später noch einmal „Lockerungen“ einzelner Auflagen ent- dern stets und nur das Ergebnis einer dem der eine oder andere Wähler daran – es scheiden wollen, erinnert der Verfas- Verordnungsgeber ständig obliegenden wäre wünschenswert! sungsrichter daran, dass regelmäßig nicht über die Aufhebung dieser manches Grundrecht beschneidenden Regularien zu befinden wäre, sondern stets über deren Beibehaltung! Mit anderen Worten: Nicht „Lockerun- gen“ bedürfen einer sorgfältigen Beratung und Einigkeit, sondern die Aufrechterhal- tung der Grundrechte beschneidenden Maßnahmen! Von Merkel gerne als „alternativlos“ dargestellte Entscheidungen – wie die Grenzöffnungen von 2015 oder die „Wei- sung“, eine Thüringer Ministerpräsiden- Thomas Brügmann tenwahl ungeschehen zu machen – erwei- ist Herausgeber und sen sich vor diesem Hintergrund mehr Chefredakteur des denn je als verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Im „Corona-Fall“ haben laut Informationsdienstes Nedden-Boeger bereits verschiedene „Vertrauliche Mitteilungen“ höchste Gerichte weitgehend gleichlau- sowie Vizepräsident des tend festgestellt, dass es eine fortwäh- Bundes der Selbständigen, rende Beobachtungs- und Überprüfungs- pflicht der Verordnungsgeber (das sind im Landesverband wesentlichen Länder und Kommunen) da- Nordrhein-Westfalen IMPRESSUM Der Selbständige Fotos: Laurence Chaperon, BDS Archiv Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Briefe und Manuskripte an: ISSN 0946-3224 Titelfoto: K6 Medien Archiv Vorlagen und Zeichnungen übernehmen wir Bundesverband der Selbständigen – Offizielles Organ des Bundesverbandes der Erscheinungsweise: 10 x jährlich keine Gewähr. Reinhardstrasse 35, 10117 Berlin Selbständigen/Deutscher Gewerbeverband Gerichtsstand und Er füllungsort: Berlin Telefon (030) 280491-0/Fax -11 Hrgs: Bundesverband der Selbständigen – Bezugsbedingungen: Die Urheberrechte an Annoncen (bei eigener Internet: www.bds-dgv.de Reinhardstrasse 35, 10117 Berlin Die Zustellung des E-Papers ist durch den Gestaltung), Entwür fen, Fotos und Vorlagen E-Mail: info@bds-nrw.de Telefon (030) 280491-0/Fax -11 Mitgliedsbeitrag zum BDS abgegolten. Bei sowie der gesamten grafischen Gestaltung Hinweis: In allen Fällen, in denen die neue Redaktion: Joachim Schäfer (verantwortlich), Nichterscheinen des E-Papers infolge höhe- bleiben Bundesverband der Selbständigen Rechtschreibung mehrere Schreibweisen Anita Schäfer, Friedhelm Ost rer Gewalt bestehen keine Ersatzansprüche. und dür fen nur mit ausdrücklicher, schriftli- zulässt, wird die von der Dudenredaktion Layout & © Titel: Joachim Schäfer © by: Bundesverband der Selbständigen cher Genehmigung weiter ver wendet werden. empfohlene Schreibung angewandt. Der Selbständige 06-2020 7
Freiheit und zielgerichteten Gesundheitsschutz verbinden FDP-Frontmann Christian Lindner: Ohne falsche Zögerlichkeit Beschränkungen durch klare Vorgaben ersetzen 8 Der Selbständige 06-2020
DEUTSCHLAND A ls die Corona-Epidemie ausbrach, unterstützte die FDP unter Führung von Frontmann Christian Lindner die Politik der Bundesregierung. Inzwischen wird aber der Kurs von Kanzlerin Merkel durch die Liberalen zum Teil heftig attackiert. Der FDP-Fraktionsvorsitzende stört sich vor allem an Merkels Warnung vor „Öffnungsdiskussionsorgien“. Sein Credo: Der Staat muss begründen, warum er die Freiheit seiner Bürger einschränken will – nicht umgekehrt. Da fühle er sich an die „Alternativlo- sigkeit“ in der Finanzkrise und an die Flüchtlingskrise erinnert, in der die Stimmung bald gekippt sei, wird Lindner im Nachrichtenmagazin Focus zitiert. Deshalb müsse der Sicherheitslogik der Kanzlerin und ihrer Unterstützer durch die Opposition eine kritische und laute Stimme der Freiheit entgegenge- setzt werden. Und diese Stimme im demokratischen Spektrum, die die Probleme anspricht, will die FDP sein, wie Christian Lindner in einem Gespräch mit Joachim Schäfer betonte. ? Noch nie waren die Freiheits- rechte in der Bundesrepublik so stark beschränkt wie zur Zeit der umgekehrt. Wir haben daher schon früh Vorschläge für eine smarte Öffnungsperspektive vor- nach der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gestellt. Aber unsere Demokratie ist intakt. Wir sind Corona-Krise. Der gestaffelte Exit gelegt, die Freiheit und zielgerich- jetzt vorbereitet und haben ge- sei „ein nicht nur praktisch nahe- teten Gesundheitsschutz verbin- lernt, mit dem Virus umzugehen. liegender, sondern auch verfas- det. Dass die Große Koalition die- Es ist daher gut, dass es nun eine sungsrechtlich gebotener Weg“, se Debatte zunächst nicht Perspektive hin zu einer anderen schreibt der frühere Bundesver- zulassen wollte, ist problematisch. Krisenstrategie gibt. Und wir wer- fassungsrichter Udo Di Fabio in Die Bundesregierung muss sich ei- den sehr genau darauf achten, der FAZ. Da sich die politischen nen offenen Diskurs über jegliche dass diese Wende nun auch umge- Entscheider hier vor einer klaren Maßnahmen und Entwicklungen in setzt wird. Aussage drücken, ist es nicht na- diesen Krisenzeiten zumuten las- heliegend, dass sich die Freiheits- partei FDP eindeutiger positio- sen. „Leider hat ? Gegenüber BILD-live haben Sie kurz vor Ostern die Krisenkom- niert? Christian Lindner: Unsere Position ? Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Hans-Jürgen Papier geht sogar sich die munikation der Bundesregierung scharf kritisiert. Zitat: „Ich habe den Eindruck, die Regierung war und ist eindeutig: Zu Beginn noch einen Schritt weiter als Di Fa- Bundes- spricht zu ihrem Souverän – zu den der Pandemie, die unser Land voll- bio, indem er die Gefahr einer „Ero- Bürgerinnen und Bürgern dieses kommen unvorbereitet traf, waren sion des Rechtsstaats“ sieht, falls kanzlerin Landes – wie zu Kindern, die man harte Einschränkungen unum- die „extremen Eingriffe in die Frei- lange einer im Unklaren lässt, wie es denn nun gänglich. Die anfänglichen Maß- heit aller“ noch lange andauern weitergeht.“ Sehen Sie Ihre For- nahmen haben wir im Deutschen sollten. Und weiter: „Wenn sich dringend derung erfüllt, nach der es eine Bundestag mitgetragen und sogar das über eine längere Zeit hinzieht, notwendigen neue Balance zwischen Sicherheit initiativ eingefordert, noch bevor dann hat der liberale Rechtsstaat und Freiheit geben muss, oder die ersten Schulen geschlossen abgedankt.“ Das müsste doch bei Öffnungs- sehen Sie nach wie vor den „Mo- worden waren. Genauso haben wir Ihnen, bei den Spitzenpolitikern Ih- dus der Alternativlosigkeit“ bei der aber als erste die Frage nach der rer Partei, alle Alarmglocken läu- diskussion Bundeskanzlerin? Christian Lindner: Leider hat sich Verhältnismäßigkeit der Restriktio- ten lassen… verweigert.“ Christian Lindner: Wir erleben ver- nen und deren negativen Folgewir- kungen aufgeworfen. Auch vor die Bundeskanzlerin lange einer dem Hintergrund verschiedener mutlich die größte Krise seit Jahr- dringend notwendigen Öffnungs- Gerichtsurteile wurde Ende April zehnten. Es geht um Menschenle- diskussion verweigert. Das hat uns bereits klar, dass die Verhältnis- ben, um das soziale Band unserer Zeit gekostet. Es hätten längst mäßigkeit pauschaler Einschrän- Gesellschaft und das Verhältnis Blaupausen für Schutzkonzepte in kungen nicht mehr gegeben und der Nationen auf der Welt zueinan- vielen Bereichen des gesellschaft- ein Wechsel der Krisenstrategie der. Wir erleben zahlreiche Grund- lichen Lebens vorliegen können – geboten war. In unserem Verfas- rechtseingriffe und die Wirtschaft unverhältnismäßige Einschränkun- sungsstaat ist immer derjenige in steht mit dem Rücken zur Wand. gen wären so vermeidbar gewe- der Begründungspflicht, der Deswegen haben wir auch mit viel sen. In der Sache wurde jetzt um Grundrechte einschränkt - nicht Nachdruck immer wieder Fragen Fünf nach Zwölf ein besserer Weg Der Selbständige 06-2020 9
DEUTSCHLAND eingeschlagen. Mit Hygiene- und Nachfrage fallen aufgrund einbre- be teils nur langsam oder sind be- Abstandsregeln einerseits und ei- chender globaler Lieferketten, reits erschöpft, weil sie an die fal- nem differenzierten regionalen wegen der starken Restriktionen schen Stellen geflossen sind. Für Vorgehen andererseits hätten wir vor Ort und Ängsten vor Anste- Unternehmen mit 50 bis 250 Be- schon früher viel Schaden im Ge- ckung zeitgleich aus. Priorität muss schäftigten besteht noch immer ei- sundheitswesen und in der Wirt- deshalb haben, Freiheit, Wohlstand ne enorme Förderlücke. Wir hatten schaft verhindern können. Des- und Gesundheitsschutz durch deshalb ein alternatives Konzept halb ist es richtig, ohne falsche Zö- „Freiheit, smarte Konzepte wieder in Einklang entwickelt und auch bereits im gerlichkeit alle Beschränkungen zu bringen. Komplett ausfallende Bundestag eingebracht. Für effi- durch klare Vorgaben für Hygiene- Wohlstand Wertschöpfung wird der Staat nicht ziente Soforthilfen sollten wir die konzepte, Abstandsregeln und den auf Dauer durch Hilfspakete auf Finanzämter als Schnittstelle zwi- Gesundheitsschutz zu ersetzen. und Gesund- Pump kompensieren können. schen Unternehmen und Staat heitsschutz nutzen. Bricht der Umsatz ein, ? Ökonomen rechnen angesichts der Corona-Krise im laufenden Jahr mit einem Rückgang des Brut- durch ? Gleichwohl versprach Wirt- schaftsminister Altmaier, im Zu- ge der Corona-Krise würde kein Ar- kann auf Basis der ohnehin vorlie- genden Steuerbescheide vergan- gener Geschäftsjahre schnell und smarte toinlandsprodukts von 3 bis 6 Pro- beitsplatz verloren gehen. Teilen unbürokratisch eine entsprechen- zent. 6 Prozent würden dem Rück- Konzepte Sie den Optimismus des Wirt- de Liquiditätshilfe als eine Art „ne- gang der Wirtschaftsleistung in schaftsministers? gative Gewinnsteuer“ überwiesen wieder in Christian Lindner: Solche Verspre- Deutschland infolge der Finanzkri- werden. Bei der nächsten regulä- se im Jahr 2009 entsprechen. Hal- Einklang ren Steuererklärung wird dann ten Sie dieses Horror-Szenario für chungen kann eine Regierung in spitz abgerechnet. Dieses Modell realistisch? bringen.“ der Marktwirtschaft nicht seriös ist nicht nur unbürokratischer, son- Christian Lindner: Dieses Szenario garantieren. Wir müssen aber alles dern würde gerade solche Betriebe dafür tun, dass wirtschaftliche berücksichtigen, die in den letzten ist leider realistisch. Während wir Existenzen gesichert werden. Hier Jahren gut und vorausschauend 2009 eine Krise der Finanzwirt- erweisen sich die Hilfspakete der gewirtschaftet haben. Gerade un- schaft erlebt haben, sehen wir uns Bundesregierung zunehmend als sere mittelständischen Unterneh- nun mit einer Krise der Realwirt- unzureichend und nicht treffsicher men haben durch ihren Erfolg schaft konfrontiert: Angebot und genug. Hilfen erreichen die Betrie- Wohlstand und Arbeitsplätze gesi- 10 Der Selbständige 06-2020
DEUTSCHLAND chert und waren über Jahrzehnte teiligungen eine Möglichkeit. In durch einen Lockdown verursacht durch die Zahlung von Steuern und diesem Fall muss aber sofort die und als „Rettung“ die Kontrolle Sozialabgaben solidarisch. Nun Frage nach dem Exit gestellt wer- Mit über das betroffene Unternehmen müssen sie sich ihrerseits auf die den – Szenarien wie bei der Com- Christian übernimmt. Ich möchte nicht Solidarität der staatlichen Ge- merzbank, bei der der Staat seit irgendwann in einem Land aufwa- meinschaft verlassen können. der Finanzkrise Unternehmensan- Lindner chen, in dem wesentliche Teile der teile hält, müssen vermieden wer- Wirtschaft teilweise verstaatlicht sprach ? Müssen wir nach Ende der Co- rona-Krise andere Prioritäten setzen und haben Sie nicht Sorge, den. Zudem dürfen staatliche Be- teiligungen im Zuge der Coronakri- se nicht dazu führen, dass der Joachim sind und die Entscheidungen nicht mehr auf Grundlage der Markt- wirtschaft und des Wettbewerbs dass der Staat einen noch größe- Staat auf die Unternehmensent- Schäfer getroffen werden. n Teil 2 des Interviews lesen Sie in ren Raum in der Wirtschaftspolitik scheidungen Einfluss nimmt. Es Foto: BDS-Archiv !der Juli-Ausgabe dieser Zeitschrift einnehmen wird als dies bisher wäre ja absurd, wenn der Staat schon der Fall ist? erst eine drohende Insolvenz Christian Lindner: In der akuten Krise trägt der Staat viel Verant- wortung. Wir brauchen ihn, wenn es zum Beispiel um wirksame Kon- junkturpakete und Soforthilfen geht. Allerdings kann eine Krise, die überhaupt erst durch einen zwar berechtigten, aber harten staatlichen Eingriff verursacht worden ist, nicht langfristig durch ein Mehr an Staat gelöst werden. Nach den Infektionsketten werden wir daher auch die staatlichen Interventionsketten wieder durch- brechen müssen. Zum Beispiel ist bei Unternehmen mit einem stra- tegischen Wert wie der Lufthansa eine Rettung durch staatliche Be- Der Verkauf im Onlinegeschäft boomt Daher ist das Vermarkten und Verkaufen Ihrer Produkte im ONLINESHOPS Internet unumgänglich. Durch das richtige Gesamtkonzept, passend zum Unternehmen, können Ihre Ansprüche und Bedürfnisse in einem Online-Shop abgedeckt werden. Auch ein maßgeschneidertes Warenwirtschaftssystem, kann die Produktivität Ihrer Firma steigern. Dies alles natürlich mit Kunden- und Anwenderfreundlichkeit kombiniert. So steht Ihrem Erfolg nichts im Wege! Ihr K6-Team S H O P S YS T E M E MEHR ALS NUR EINE WERBEAGENTUR! (0231) 2 2 6 5 7 8 9 (0231) 2 2 6 5 7 8 8 info@k6-medien.de Grafikdesign | Webdesign | Softwarelösungen | Business View | IT-Solution w w w. k 6 - m e d i e n . d e Der Selbständige 06-2020 11
DEUTSCHLAND Gegen Corona-Bonds Sylvia Pantel: Warum die Folgen der Coronakrise in der Euro-Zone nicht durch gemeinschaftliche Schulden finanziert werden sollten W ir diskutieren in der Union zurzeit die Ausgestaltung möglicher Hilfs- pakete für Länder, die besonders von der Corona-Krise betroffen sind. Inner- halb der EU arbeiten wir an einem ausge- glichenen Hilfsprogramm, das zu keinen nachhaltigen Verzerrungen führen soll. Aus zahlreichen wirtschaftlichen, rechtlichen und politischen Gründen lehnen wir in der CDU Corona-Bonds ab. Deutschland ist sich seiner Verantwor- tung in Europa bewusst. Wir profitieren wie jeder Mitgliedsstaat sehr von einem fried- lichen integrierten Europa und leisten un- seren Beitrag dazu. Eine solidarische Unter- stützung in dieser Krise darf aber nicht überstürzt und aktionistisch sein. Wir brau- chen zielgerichtete Hilfe und Unterstützung für betroffene Länder, keinen pauschalen und ungenauen Rundumschlag wie Corona- Bonds. Sylvia Pantel (CDU) ist direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Düsseldorf-Süd So hat Deutschland unter anderem die intensiv-medizinische Betreuung von eini- Stattdessen können bereits jetzt die beste- unser Fraktionsvorsitzende Ralph Brink- gen Patienten aus besonders überlasteten henden Hilfsmaßnahmen der EU genutzt haus: „Die deutsche Position ist und war: europäischen Ländern übernommen. Zu- werden. Dazu zählen die Soforthilfe des EU- Solidarität ja, aber auf Grundlage der gel- sätzlich wurden Hilfsgüter und Ärzteteams Haushaltes in Höhe von 37 Mrd. Euro und tenden Verträge. Das schließt Corona- in Krisengebiete geschickt. der ESM. Deutschland würde sich außer- Bonds – auch durch die Hintertür – aus.“ Als größter Garantie- und Kapitalgeber dem auch an einer Förderung und Finan- Außerdem weise ich darauf hin, dass für die europäischen Rettungsschirme Eu- zierung eines Europäischen Kurzarbeiter- Corona-Bonds auch für Staaten, die deut- ropäische Finanzstabilisierungsfazilität geldes beteiligen. lich verschuldeter sind als Deutschland, (EFSF) und Europäischer Stabilitätsmecha- Corona-Bonds lehnt die CDU/CSU keinen günstigen Zugang zu schuldenba- nismus (ESM) sorgt Deutschland für niedri- noch aus weiteren Gründen ab. Mit solchen sierter Finanzierung bedeuten. Auch Coro- ge Zinsen für diese Institutionen. Dabei Bonds müsste Deutschland unbegrenzt für na-Bonds sorgen für nationale Schulden. nehmen wir selbst keine Mittel aus diesen die Schulden anderer Staaten haften. Der- Kein Staat kann oder sollte davon ausge- Fonds in Anspruch. Deutschland hat zudem zeit dürfen aber nur die deutschen Bürger hen, dass durch Corona-Bonds neu aufge- etwa rund 19 Prozent des Kapitals der Eu- und der Bundestag entscheiden, wofür die nommene Schulden später von anderen ropäischen Investitionsbank (EIB) bereitge- deutschen Steuermittel verwendet werden. Staaten getilgt werden. Eine solche Haltung stellt, empfängt aber selbst weniger als 8 Außerdem verbietet die sogenannte „No- würde auch die Solidargemeinschaft der Prozent der Förderkredite. Mit rund 25 Pro- Bail-Out“-Klausel im EU-Recht die Haftung EU bedrohen. Da die EZB auch weiterhin zent ist Deutschland größter Zahler im EU- für Schulden anderer Staaten. Bei den Ret- nationale Anleihen wie die Italiens aufkauft, Haushalt und es werden ca. 10 Prozent da- tungsschirmen ESM und EFSF ist die Haf- kann nicht von einem erschwerten Markt- von wieder in Deutschland ausgegeben. An tung der Mitgliedsstaaten anders als bei zugang bzw. einer erschwerten Neuver- diesen zielgerichteten Hilfsmaßnahmen Corona-Bonds begrenzt. Jeder Staat haftet schuldung gesprochen werden. Außerdem leisten wir also schon jetzt einen besonders entsprechend der Höhe der Garantien, die müsste Deutschland bei einer gemeinsa- hohen Anteil. er gewährt. Deshalb sind die Rettungs- men Anleihe von ca. 1.000 Mrd. Euro mehr Corona-Bonds ziehen komplizierte Ver- schirme anders als Corona-Bonds EU- als ein Viertel der Summe zurückzahlen, handlungen in rechtlichen Fragen nach rechtlich gesichert und solle einen Staat obwohl es selbst aber kaum Mittel in An- sich, zahlreiche Verträge müssten dafür ge- nicht überproportional und unbegrenzt be- spruch nehmen kann. Diese Vorstufe einer ändert werden, was wertvolle Zeit kostet. lasten. Treffend formulierte im Bundestag Transferunion ist weder zweckdienlich, 12 Der Selbständige 06-2020
DEUTSCHLAND noch stimmt sie mit der Ausrichtung der EU risch, sondern greift die Souveränität der profitieren, sind Corona-Bonds für Länder überein. Es würden nicht nur einige wenige Mitgliedsstaaten an und kann darüber hin- mit schlechterer Bonität deutlich attrakti- Staaten wie Deutschland in der Krise noch aus zu politischen Bewegungen wie dem ver. Es wäre daher schwierig, das Volumen zusätzlich belastet, sondern auch der erste Brexit führen, die am Ende die ganze EU be- der Bonds in Zukunft zu begrenzen, wenn Grundstein für eine unerwünschte Trans- drohen. der Weg einmal beschritten wurde und sich ferunion gelegt werden. Auch unterstrei- Klar ist, dass Maßnahmen weiterhin manche Staaten an die Vorteile der günsti- che ich den Satz unseres Fraktionsvizes zweckgebunden sein müssen und an Be- gen Neuverschuldung durch gemeinsame Carsten Linnemanns, dass man „Solidarität dingungen geknüpft werden. Kredithilfen Anleihen gewöhnt haben. Zuletzt könnten nicht mit Haftungsvergemeinschaftung ver- können nur dann vergeben werden, wenn die Mittel aus den Bonds auch für Zwecke wechseln“ dürfe. Die Krise dürfe „kein Vor- die jeweiligen Staaten alles dafür tun, um verwendet werden, die nicht unmittelbar wand sein, um die letzten Dämme auf dem künftig selbst unabhängiger von ausländi- eine Bewältigung der Corona-Krise zum Ziel Weg in die Haftungsunion aus dem Weg zu scher Hilfe zu sein. haben. Eine nationale Klientelpolitik wie räumen“. Das gelte „für die EZB genau wie Corona-Bonds aber wären bedingungs- bspw. die Zahlung hoher Renten in einzel- für die EU-Kommission“. los und es wäre nicht davon auszugehen, nen Ländern kann nicht gesamteuropäisch Hilfsmaßnahmen in der Corona-Krise dass diese Maßnahmen nur zeitlich be- finanziert werden. müssen temporär bleiben und dürfen nicht grenzt in Kraft bleiben werden. Auch Car- Wir haben viele Institutionen in der EU, zu einer bleibenden Veränderung von wich- sten Linemmann sähe die „Vorschläge für die direkt Maßnahmen zur Unterstützung tigen Prinzipien der Europäischen Gemein- neue milliardenschwere Umverteilungsin- von Mitgliedsstaaten in Krisenzeiten leisten schaft führen. Wir wollen die EU nicht zu ei- strumente wie Corona-Bonds kritisch“, bei können. Wir brauchen daher keine weiteren ner Transferunion ausbauen, in der manche denen drohe, dass „sie dauerhaft bleiben“. undurchschaubaren Zuständigkeiten und Staaten dauerhaft für die Schulden anderer Da einige Staaten bei gemeinsamen Anlei- dürfen keine Verwässerung der Grundprin- Staaten aufkommen. Das ist nicht solida- hen von der guten Bonität anderer Staaten zipien der EU zulassen. n u f m o d e r n e re Wollen Sie a c h n ik a t io n s te Kommunik b e i u n d d a umsteigen ? e ld s p a re n noch G Wir h e l f e n I h n e n gerne dabei ! Systemhaus für Telekommunikation Kanalstraße 47 . 44147 Dortmund Telefon: 02 31- 95 01 70 . www.schrader-trojan.de E-Mail: info-bds@schrader-trojan.de schrader & trojan Der Selbständige 06-2020 13
DEUTSCHLAND Wolfgang Kubickis Botschaft an die Mitglieder von BDS und BVMU 14 06-2020 Der Selbständige 0
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BETRIEB Tipps für die tägliche Betriebspraxis Für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus bei steuerlichen Maßnahmen Durch das Coronavirus sind beträchtliche wirtschaftliche Schäden entstanden oder werden noch entstehen. Um unbillige Härten bei den Geschädigten durch steuerliche Maßnahmen zu vermeiden, wird ihnen bei Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen sowie bei Voraus- zahlungen für Steuern durch Anpassungen entgegengekommen. Das Bundesfinanzministerium hat dazu Folgendes mitgeteilt: • Nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige können bis zum 31. Dezember 2020 unter Darlegung ih- rer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern, die von den Lan- desfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden, sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sind keine strengen An- forderungen zu stellen. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in der Regel verzichtet werden. Zu beachten ist: Steueransprüche gegen den Steuerschuldner können nicht gestundet werden, soweit ein Dritter (Entrichtungspflichtiger) die Steuer für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten, insbesondere einzubehalten und abzuführen hat. Die Stundung des Haftungsanspruchs gegen den Entrichtungspflichtigen ist ausgeschlossen, soweit er Steuerabzugsbeträge einbehalten oder Beträge, die eine Steuer enthalten, ein- genommen hat. • Anträge auf Stundung der nach dem 31. Dezember 2020 fälligen Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen, die nur Zeiträume nach dem 31. Dezember 2020 betreffen, sind besonders zu begründen. • Wird dem Finanzamt aufgrund Mitteilung des Vollstreckungsschuldners oder auf andere Weise bekannt, dass der Vollstreckungs- schuldner unmittelbar und nicht unerheblich betroffen ist, soll bis zum 31. Dezember 2020 von Vollstreckungsmaßnahmen bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern im Sinne des ersten Punkts abgesehen werden. In den betref- fenden Fällen sind die im Zeitraum ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Schreibens bis zum 31. Dezember 2020 verwirkten Säumniszuschläge für diese Steuern zum 31. Dezember 2020 zu erlassen. Die Finanzämter können den Erlass durch Allgemeinverfü- gung regeln. • Für die mittelbar Betroffenen gelten die allgemeinen Grundsätze. Energetische Sanierungskosten: Steuerermäßigung nur mit Bescheinigung Wer eine selbst genutzte Immobilie von einem Fachbetrieb energetisch sanieren lässt, kann ab diesem Jahr eine Steuerförderung erhalten, wenn das Fachunternehmen eine entsprechende Bescheinigung ausstellt. Dafür muss ein „amtlicher Vordruck" verwendet werden, den das Bundesfinanzministerium aktuell veröffentlicht hat. Die Steuerermäßigung gilt für energetische Sanierungsmaßnahmen, mit denen nach dem 31. Dezember 2019 begonnen wurde. Pro Ob- jekt beträgt die Steuerermäßigung 20 % der Aufwendungen, insgesamt maximal 40.000 Euro. Allerdings wird der Abzug von der Steuer- schuld über drei Jahre verteilt. In dem Jahr, in dem die Baumaßnahme fertiggestellt wurde, sowie im folgenden Kalenderjahr können bis zu 7 % der Aufwendungen - höchstens jeweils 14.000 Euro - und im darauffolgenden Kalenderjahr 6 % der Aufwendungen - höchstens 12.000 Euro - steuermindernd geltend gemacht werden. Corona-Krise: Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen möglich Die obersten Finanzbehörden der Länder haben gleichlautende Erlasse zu gewerbesteuerlichen Maßnahmen zur Berücksichtigung der Aus- wirkungen des Corona-virus veröffentlicht. Bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen gilt Fol- gendes: Das Finanzamt kann bei Kenntnis veränderter Verhältnisse hinsichtlich des Gewerbeertrags für den laufenden Erhebungszeitraum die Anpassung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen veranlassen. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen das Finanzamt Einkommensteuer- und Körperschaftsteuervorauszahlungen anpasst. Nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige können bis zum 31. Dezember 2020 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Vorauszahlungen stellen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Wenn das Finanzamt eine Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für Zwecke der Vorauszahlungen vornimmt, ist die betreffende Gemeinde hieran bei der Festsetzung ihrer Gewerbesteuer-Vorauszahlungen gebunden. Für etwaige Stundungs- und Erlassanträge gilt auch im Hinblick auf einen möglichen Zusammenhang mit Auswirkungen des Coronavirus, dass diese an die Gemeinden und nur dann an das zu- ständige Finanzamt zu richten sind, wenn die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer nicht den Gemeinden übertragen worden ist. Autor: StB Marcel Spliethove, 42287 Wuppertal, Heinz-Fangman-Straße 4, Tel.: 0202-250600, E-Mail: info@spliethove.de, www.spliethove.de 16 Der Selbständige 06-2020
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