Biologika bei chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen

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Biologika bei chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen
März 2021

EXPERTENMEINUNG
                  AGPHOTOGRAPHY – STOCK.ADOBE.COM

                                                    Biologika bei chronischer
                                                    Rhinosinusitis mit Nasenpolypen
                                                    Die chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP) wird zunehmend als multi-
                                                    faktorielle, immunologisch komplexe, entzündliche Erkrankung der nasalen Schleim-
                                                    haut wahrgenommen, die in vielen Fällen auf einer Typ-2-Inflammation beruht. Das
                                                    immer bessere Verständnis der immunologischen und pathophysiologischen Grundla-
                                                    gen der CRSwNP ebnete den Weg für neue, immunmodulatorische Therapieansätze mit
                                                    Biologika bei Patienten mit schwerem und therapierefraktärem Erkrankungsverlauf.

                                                    In dieser Publikation formulierten österreichische Experten auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, aktueller Guidelines, der jeweiligen Fachinforma­
                                                    tionen und ihrer Erfahrungen hilfreiche Hinweise für die tägliche Praxis. Hervorgehoben werden soll, dass diese Publikation keinen Empfehlungscharakter
                                                    hat, sondern lediglich die Meinung und Einschätzung der Teilnehmer wiedergibt.

                                                    Zusammenfassung eines Expertenmeetings im Dezember 2020
                                                    Teilnehmer: OA Dr. Martin Bruch, Abteilung für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie, Ordensklinikum Linz; OA Dr. Stefan Edlinger,
                                                    ­Abteilung für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum St. Pölten-Lilienfeld; Prim. Dr. Peter Ostertag, Abteilung für Hals-, Nasen-, Ohrenheil-
                                                     kunde, Bezirkskrankenhaus Kufstein; OÄ Dr. Victoria Plaschke, Abteilung für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Klinikum Klagenfurt; Prim. Univ.-Prof. Dr.
                                                     Gerd Rasp, Universitätsklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Uniklinikum Salzburg; Dr. Sven Schneider, Abteilung für Allgemeine Hals-, Nasen-, Ohren­
                                                     heilkunde, MedUni Wien; Prim. Univ.-Prof. Dr. Georg Sprinzl, Universitätsklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum St. Pölten-Lilien-
                                                     feld; Assoz. Prof. PD Dr. Peter Valentin Tomazic, Abteilung für Allgemeine Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Universitätsklinikum Graz

                                         C
                                                               hronische Entzündungen der Nase und der                              davon eine verstopfte oder rinnende Nase sein muss.
                                                               Nasennebenhöhlen (chronische Rhinosinusi-                                Bis vor Kurzem wurde die CRS in eine Form ohne na-
                                                               tis, CRS) zählen zu den häufigen Erkrankun-                          sale Polypen (CRSsNP) und in eine Form mit nasalen
                                                    gen der oberen Atemwege. In Europa liegt die Präva-                              Polypen (CRSwNP) eingeteilt. Dabei ging man davon
                                                    lenz bei knapp 11 %. (1)                                                        aus, dass es sich bei CRSsNP um eine anatomische Ob-
                                                      Gemäß den Richtlinien der Europäischen Rhinologi-                             struktion mit Entzündung handelt, bei der CRSwNP
                                                    schen Gesellschaft (EPOS 2020) (1) ist die CRS gekenn-                          ­dagegen um eine komplexe entzündliche/immuno­lo­
                                                    zeichnet durch folgende, mindestens 12 Wochen an-                               gische Erkrankung (meist vom Typ-2). Diese phänoty-
                                                    dauernde Symptome: mukopurulenter Sekretfluss                                    pische Einteilung ist im klinischen Alltag zwar weithin
                                                    (anterior, posterior oder beides), Obstruktion der Nase,                        gebräuchlich, allerdings führte das immer bessere Ver-
                                                    Gesichtsdruck/-schmerz oder Hyposmie/Anosmie so-                                ständnis der Pathogenese der CRS zu einer Änderung
                                                    wie computertomografisch oder endoskopisch nachge-                              der Klassifikation mit zunehmendem Fokus auf die ver-
                                                    wiesene Entzündung. Für die Diagnose bedarf es zu-                              schiedenen Endotypen der Erkrankung. So unterschei-
                                                    mindest zwei der genannten Symptome, wobei eines                                den die neuen EPOS-Guidelines zunächst primäre und
EXPERTENMEINUNG

    Abb.1 Typ-2-Inflammation bei CRSwNP

                                                            Zytokinproduktion                       Signalübertragung                            Effekte

                                                                                                                              Basophile    Mastzellen

                                             Epitheliale Barriere                B-Zelle                                                                           Leukotriene

                                                                                                     B-Zell-Immun­klassenswitch       Degranulation von Basophilen
                                                                                                        und IgE-Produktion                  und Mastzellen                                  Blutgefäß

                                                                                                                                                                                             B-Zellen
                                               Th2-Zelle                          IL-4                                                    Becherzellhyperplasie und
                                                                                                                                             Schleimproduktion
                                                                                                                                                                                            IgE
                                                                                  IL-13
                                                   ILC2                                                                                   Gewebsumwandlung und                                 Eotaxin-3
           Risikofaktoren                                                                                                                 Ausbildung von Polypen                               TARC
                                                                                  IL-5

                                                                     Aktivierung von Eosinophilen                                              Barrierestörung                               Aktivierung,
                                                                                                                                                                                             Differenzierung
                                                                                                                             Einwanderung der                                                und Überleben
                                                                                                                       Eosinophilen ins Gewebe                                               von Eosinophilen

                                                                                                                                                        Modifiziert nach: Schleimer RP, Annu Rev Pathol 2017; 12:331–57

sekundäre Rhinosinusitiden. Die primäre CRS                                     T­-Zellen präsentiert, die sich daraufhin zu Th2-­           diese Art der Immunreaktion auch bei Allergie,
wird ­gemäß der anatomischen Verteilung in lo-                                   Zellen entwickeln. Außerdem werden Alarmine                 Asthma, atopischer Dermatitis oder eosinophi-
kalisiert (uni­lateral) und/oder diffus (bilateral)                              (TSLP, IL-25, IL-33) vom Epithel sezerniert, die            ler Ösophagitis. Diese sogenannten Typ-2-Er-
und weiter nach Endotypendominanz in Typ-2                                       direkt Innate Lymphoid Cells 2 (ILC2) stimulie-             krankungen treten häufig gemeinsam auf, so
und Nicht-Typ-2 eingeteilt.                                                      ren. Sowohl Th2-Zellen als auch ILC2 produzie-              leiden 56 % der CRSwNP-Patienten zusätzlich
                                                                                 ren in der Folge die charakteristischen Typ-2-­             an Asthma, 46 % an allergischer Rhinitis und
Pathophysiologie                                                                 Zytokine Interleukin(IL)-4, IL-5 und IL-13.                 bis zu 21 % an NSAID-exacerbated Respiratory
Bei CRS gibt es drei Arten von Immunreaktio-                                        IL-4 ist unter anderem für den Klassenwech-              Disease (N-ERD; auch bekannt als Samter-Trias
nen: Typ-1, Typ-2 und Typ-3. Am besten unter-                                    sel der B-Zellen von IgG- und IgM-Produktion                oder Widal-Lermoyez-Syndrom). (4–9) Die Dia-
sucht ist die Typ-2-Immunantwort, die in Eu-                                     zur Produktion von IgE verantwortlich. Die An-              gnose N-ERD stützt sich auf folgende Kriterien:
ropa und den USA auch für die meisten Fälle                                      wesenheit von IL-13 beeinflusst maßgeblich                  Asthma bronchiale, Polyposis nasi und Symp-
von CRSwNP verantwortlich ist.                                                   strukturelle Veränderungen des Gewebes durch                tome nach Einnahme von nichtsteroidalen anti-
  Am Beginn einer Typ-2-Immunantwort steht                                       vermehrte Kollagenbildung und eine Hyperpla-                inflammatorischen Medikamenten (NSAID) bzw.
die Störung der epithelialen Barriere. Patho-                                    sie der schleimbildenden Zellen. Während IL-5               COX-1-Hemmern.
gene/Irritanzien können eindringen, werden                                       für die Differenzierung von eosinophilen Granu-                Die genannten Komorbiditäten beeinflussen
von dendritischen Zellen erkannt und naiven                                      lozyten im Knochenmark, die Aktivierung sowie               sowohl den Krankheitsverlauf als auch den The-
                                                                                 das Überleben der Eosinophilen im Gewebe                    rapieerfolg. So steigt die ohnehin hohe Rezidiv-
                                                                                 hauptverantwortlich ist, spielt IL-13 eine wich-            rate von 40 % bei CRSwNP auf 60 % bei zu-
    Tab.1        Wichtige Differenzialdiagnosen                                  tige Rolle bei der Einwanderung dieser Zellen               sätzlich vorliegendem Asthma und sogar 90 %
                 der CRSwNP
                                                                                 vom Blut ins betroffene Gewebe (eosinophil                  bei N-ERD-Patienten. (10)
     •   Zystische Fibrose                                                      trafficking) (Abb. 1). (2, 3)

     •   Kartagener-Syndrom mit Dyskinesie
                                                                                Differenzialdiagnosen                                                               Bisherige
          der Zilien der Nasenschleimhaut
                                                                                Krankheiten, die zwar klinisch das Bild der CRS-                                Therapiestandards
     • Malignome                                                               wNP zeigen, aber von ihr abzugrenzen sind,
     • Papillome                                                               sind in Tabelle 1 dargestellt.                               Die verschiedenen medikamentösen Therapie­
                                                                                                                                             optionen bei CRS werden in EPOS 2020 behan-
     • Sarkoidose
                                                                                Komorbiditäten                                               delt (Tab. 2), wobei für die Anwendung lokaler
     • Vaskulitiden                                                            Die Typ-2-Inflammation liegt nicht nur einem                 und systemischer Glukokortikoide die beste
                                                                                großen Teil der CRSwNP zugrunde, man findet                  ­Evidenz besteht.
              Nach: Stuck BA et al., HNO 2007, Springer Medizin Verlag 2007
(Online publiziert: 07. 09. 2007); 55:758–76; DOI 10.1007/s00106-007-1589-6

2
EXPERTENMEINUNG

  Tab.2       Medikamentöse Therapieoptionen bei CRS

                                                         Krankheitsschwere

    Therapie                                    mild               moderat               schwer                     Wirkmechanismus                                             Nebenwirkungen

                                                                                                                 Reinigung der sinonasalen                                         Lokale Irritation,
    Salinische
                                                   x                    x                    x                    Passagen, Förderung der                                          nasale Irritation,
    Nasenspülung (a–e)
                                                                                                                   mukoziliären Clearance                                            Pharyngitis

                                                                                                                                                                                    Nasenbluten,
    Intranasale                                                                                                 Unspezifische breite Effekte:
                                                   x                    x                    x                                                                                     nasale Irritation,
    Kortikosteroide (a–c,e,f)                                                                                   Suppression der Entzündung
                                                                                                                                                                                     Pharyngitis

                                                                                                                                                                    Osteoporose, erhöhtes Infektionsrisiko,
                                                                                                                                                                            Katarakte, Glaukome,
    Kurzfristig
                                                                                                                Unspezifische breite Effekte:                                Gewichtszunahme,
    systemische                                                                              x
                                                                                                                Suppression der Entzündung                              Stimmungs-/Schlafstörungen,
    Kortikosteroide (a–c,g,h)
                                                                                                                                                                        Hypertension, Hyperglykämie,
                                                                                                                                                                        Übelkeit, avaskuläre Nekrose

   (a) Fokkens WJ et al., Rhinology 2012; 50(Suppl. 23):1–298 (b) Fokkens WJ et al., Rhinology 2020; 58(Suppl. 29):1–464 (c) Orlandi RR et al., Int Forum Allergy Rhinol 2016; 6(Suppl. 1):22–209 (d) Chong LY et al., Cochrane
   Database Syst Rev 2016; 4:CD011995 (e) Liang J, Lane AP, Curr Otorhinolaryngol Rep 2013; 1(1):51–60 (f) Sastre J, Mosges R, J Investig Allergol Clin Immunol 2012; 22(1):1–12 (g) Van Zele T et al., J Allergy Clin Immunol
   2010; 125(5):1069–76.e4 (h) Rudmik L, Soler ZM, JAMA 2015; 314(9):926–39

    Die lokale Therapie mit Glukokortikosteroi-                             kann je nach internistischem Zustand des Pati-                                 enten, die an zusätzlichen Typ-2-Begleiterkran-
 den gilt zusammen mit Nasenspülungen als                                   enten 4 x im Jahr, eventuell auch in reduzierter                               kungen leiden.
 therapeutischer Standard bei CRSwNP. Sie führt                             Dosis, durchgeführt werden.                                                       Vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-
zu einer Besserung der subjektiven Symptoma-                                   Bringt die konservative Therapie nicht den                                  Pandemie hält ein aktuelles Positionspapier
 tik, einer Verringerung der Polypengröße sowie                             gewünschten Erfolg, kann eine chirurgische Be-                                 mehrerer Fachgesellschaften fest, dass die The-
 einer Senkung der Rezidivhäufigkeit von Poly-                              handlung notwendig sein. Die Nasenpolypen                                      rapie mit Biologika bei Patienten mit allergi-
 pen nach Nasennebenhöhlenoperationen. Topi-                                werden dabei vollständig, unter Schonung der                                   schen und Atopie-assoziierten Erkrankungen,
sche Steroide können als Nasenspray (z. B. Mo-                              parietalen Schleimhaut sowie wichtiger anato-                                  wie z. B. CRSwNP oder Asthma bronchiale, bei
 metasonfuroat, 1 x 2 bis 2 x 2 Hub täglich für                             mischer Strukturen wie den Nasenmuscheln                                       Patienten ohne Infektionsverdacht oder nach-
 mind. vier Wochen) gegeben werden. Eine wei-                               aus den Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen,                                      gewiesener SARS-CoV-2-Infektion unverändert
 tere Möglichkeit besteht darin, kommerziell er-                            entfernt und histologisch untersucht. Die Histo-                               fortgesetzt werden kann. (11)
 hältliche Nasenspülungen – die ohnehin fast                                logie kann zur genaueren Endotypisierung bei-                                    Zu den wichtigsten Angriffspunkten der Anti-
 immer angewendet werden sollen – mit Kortison                              tragen und differentialdiagnostisch wichtige                                   körpertherapie bei CRSwNP zählen die Typ-2-­
zu versetzen (z. B. Budesonid, ein bis zwei Am-                             Einsichten bringen, z. B. hinsichtlich des Grads                               Zytokine IL-4, IL-5 und IL-13 sowie IgE (Abb. 1).
 pullen). Die Spülung hat gegenüber dem Spray                               an Eosinophilen im Gewebe (gemessen im HPF;
den Vorteil, dass sie die mechanische Reinigung                             high power field).                                                             Dupilumab wurde Ende 2019 von der EMA
­erleichtern und die „Reichweite“ des Kortisons                                                                                                            als erstes Biologikum für die Indikation der
 im Nasennebenhöhlensystem erweitern kann.                                                                                                                 schweren CRSwNP zugelassen, und zwar als
    Sollten lokale Glukokortikoide nicht ausrei-                                            Neue Therapieoption –                                          Zusatztherapie zu intranasalen Kortikosteroiden
chen, ist bei CRSwNP die kurzzeitige Anwen-                                                       Biologika                                                (INCS) bei Erwachsenen mit schwerer CRSwNP,
 dung oraler Glukokortikoide angezeigt. Die                                                                                                                die mit systemischen Kortikosteroiden und/oder
 ­längerfristige Anwendung systemischer Kortiko-                            Relativ neu in der Therapie der CRSwNP sind                                    chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kont-
steroide wird durch zahlreiche Nebenwirkun-                                 Biologika. Dabei handelt es sich um einen voll-                                rolliert werden können (Tab. 3). Dupilumab ist
 gen eingeschränkt und sollte nur unter strenger                            ständig humanen sowie mehrere humanisierte                                     außerdem in den Indikationen schweres Asthma
 Indikationsstellung und intensivem Monitoring                              Antikörper (Details siehe unten) gegen verschie-                               mit Typ-2-Inflammation und moderate bis
 erfolgen. Ein festgeschriebenes Behandlungs-                               dene, in der Pathogenese der CRSwNP wichtige                                   schwere atopische Dermatitis zugelassen.
schema fehlt; an der Grazer Universitätsklinik                              Entzündungsmediatoren. Durch das gezielte                                         Es handelt sich bei Dupilumab um einen voll-
 wird beispielsweise Betamethason 0,5 mg 2 x                                Eingreifen in den Entzündungsprozess werden                                    ständig humanen monoklonalen Anti-IL4Rα-
 täglich verschrieben und nach zwei Wochen die                              die Symptome der Erkrankung gelindert; das                                     Antikörper, der die gemeinsame Rezeptorunter-
 Dosis für weitere zwei Wochen halbiert. Dies                               gilt auch speziell für schwer therapierbare Pati-                              einheit der Zytokinrezeptoren für IL-4 und IL-13

                                                                                                                                                                                                                                  3
EXPERTENMEINUNG

blockiert. Beide Zytokine wirken auf Th2-Me-                             darunter nasale Atmungsbehinderung und Riech­                                  Der humanisierte monoklonale Antikörper Oma­
chanismen, Eosinophile und deren Rekrutierung                            vermögen. Das oft komorbid vorkommende                                     l­izumab bindet an zirkulierendes IgE und verhin­
ins Gewebe. Darüber hinaus beeinflusst IL-4 den                          Asthma besserte sich ebenfalls unter der Thera-                            dert damit die Bindung an den IgE-Rezeptor. Zu-
Immunklassenswitch von IgG auf IgE. IL-13 kann                           pie. Der Anteil der Patienten, die eine Revisions-                         dem wird die IgE-Rezeptordichte auf Mastzellen,
außerdem direkt auf Becherzellen und Schleim-                            chirurgie bzw. systemische Steroide benötigten,                            Basophilen und dendritischen Zellen herunterre­
produktion wirken ist zudem verantwortlich für                           verringerte sich um 83 % bzw. 74 %. (12)                                   guliert. IgE spielt eine bedeutende Rolle bei der
die Umwandlung des Gewebes durch Zellhyper-                                                                                                         Aktivierung der genannten, den inflammatori-
plasie und vermehrte Kollagenproduktion. Die                             Omalizumab ist seit 2020 als Add-on-Thera-                                 schen Prozess der CRS beeinflussenden Zelltypen.
Hemmung des IL-4/-13-Signalwegs reduziert                                pie zu intranasalen Kortikosteroiden (INCS) bei                                In klinischen Phase-III-Studien (POLYP 1 und
viele Mediatoren der Typ-2-Inflammation.                                 erwachsenen Patienten mit schwerer CRSwNP                                  POLYP 2) bewirkte die Therapie mit Omalizu­
   In den zulassungsrelevanten Phase-III-Studien                         zugelassen, die unter INCS allein keine ausrei-                            mab eine signifikante Reduktion der nasalen
(LIBERTY NP Sinus-24 und LIBERTY NP Sinus-52)                            chende Krankheitskontrolle erzielen können                                 Polyposis sowie eine deutliche Verbesserung
führte die Behandlung mit Dupilumab zu einer                             (Tab. 3). Weitere Zulassungen bestehen für die                             der patienten-berichteten Symptome und krank­
signifikanten Verbesserung des Polypenscores                             Indikationen schweres allergisches Asthma                                  heitsbezogenen Lebensqualität, inklusive der
sowie der verschiedensten CRSwNP-Symptome,                               bronchiale und chronisch spontane Urtikaria.                               Asthma-bezogenen Lebensqualität. (13)

    Tab.3      Aktuell zur Behandlung der CRSwNP zugelassene Antikörper

         Antikörper                   Ziel                Dosierung                                   Zulassung                                                         Erstattung (a)

                                                                                                                                                                Als Zusatztherapie zu INCS
                                                                                                                                                              bei Erwachsenen mit schwerer
                                                                                                                                                                  rezidivierender CRSwNP
                                                                                                                                                              nach chirurgischer Behandlung
                                                                                                                                                                             UND
                                                                                                                                                                Versagen, Unverträglichkeit
                                                                                                                                                                   oder Kontraindikation
                                                                                                                                                               systemischer Corticosteroide.

                                                                                                                                                             Erstverordnung, Dokumentation
                                                                                             Add-on-Therapie zu INCS                                           und Kontrolle alle 6 Monate
                                                                                        zur Behandlung von Erwachsenen                                            durch HNO-Fachärzte
                                                                                          mit schwerer CRSwNP, die mit                                         mit ausgewiesener Expertise
                                                           300 mg alle
        Dupilumab (b)               IL-4/-13                                              systemischen Kortikosteroiden                                      in der Behandlung der CRSwNP.
                                                            2 Wochen
                                                                                         und/oder chirurgischem Eingriff
                                                                                           nicht ausreichend kontrolliert
                                                                                                   werden kann.                                             Die Therapie ist nur fortzuführen,
                                                                                                                                                                wenn innerhalb der ersten
                                                                                                                                                              6 Monate eine Verbesserung
                                                                                                                                                               des NPS um mind. 2 Punkte
                                                                                                                                                                  erzielt werden kann.

                                                                                                                                                                   Dupilumab eignet sich
                                                                                                                                                              für eine chef(kontroll)ärztliche
                                                                                                                                                                  Langzeitbewilligung für
                                                                                                                                                                         6 Monate.

                                                                                            Als Zusatztherapie zu INCS
                                                           Gewicht und                  zur Behandlung von Erwachsenen
                                                       Serum-IgE adaptiert                    mit schwerer CRSwNP,                                                       Nicht erstattet
       Omalizumab (c)                  IgE
                                                          (max. 600 mg                    bei denen durch eine Therapie                                               (Stand März 2021).
                                                         alle 2 Wochen)                    mit INCS keine ausreichende
                                                                                         Krankheitskontrolle erzielt wird.

     Abkürzungen: INCS = Intranasale Kortikosteroide               (a) Erstattungskodex der österreichischen Sozialversicherung, Januar 2021 (b) Fachinformation Dupixent® Januar 2021 (c) Fachinformation Xolair® 2020

4
EXPERTENMEINUNG

 Mepolizumab, Benralizumab und Reslizu­                  Tab.4     Diagnosestellung: empfohlene Untersuchungen bzw. Scores
 mab (humanisierte Antikörper) befinden sich
 bei schwerer CRSwNP derzeit in klinischer Er-
                                                                                      Nasaler Polypen-Score (NPS)
 probung. Während Mepolizumab und Resli-                         Obligatorisch
                                                                                      SNOT-22*
zumab an IL-5 binden und so die Interaktion mit
 dessen Rezeptor verhindern, bindet Benrali-                       Fakultativ         Blutbild (Gesamt-IgE, eosinophile Granulozyten)

zumab direkt an die α-Untereinheit des IL-5-­                                         Lund-Mackay-Score
 Rezeptors. Letzterer soll daher eine breitere                                        Eosinophile im Gewebe
                                                                 Weiterführend
­Wirkung auf eosinophile und basophile Vor-                                           Validierter Riechtest
 läuferzellen haben sowie eine stärkere Reduk-                                        Fragebogen zur Asthmakontrolle
 tion dieser Population nach sich ziehen, was die                                                                                                                                  *dringend empfohlen
 Entzündungskaskade bei CRS deutlich hemmt.
                                                                                                                                               Nach: Fokkens WJ et al., Rhinology 2020; 58(Suppl. 29):1–464
Alle drei Substanzen sind bereits in der Indika-
 tion schweres eosinophiles Asthma zugelassen.          Abb.2 Nasaler Polypen-Score

                                                           Polypengröße/Lage
          Praktische Aspekte der
           Biologikaverordnung

  Patienten mit schwerer CRSwNP – das sind jene,
  die unter optimaler Standardtherapie keine aus-
  reichende Krankheitskontrolle erzielen – sind
  grund­  sätzlich Kandidaten für eine Biologika­
  therapie.
                                                           Anatomische Beschreibung
     Eine möglichst genaue Charakterisierung
  (Endotypisierung) dieser Patienten ist für die             Keine sichtbaren     Kleine Polypen                Polypen, die bis                 Große Polypen,                   Große Polypen,
                                                              Nasenpolypen         im mittleren                unter den unteren               die bis zur unteren             die eine vollständige
  richtige Wahl der Therapie essenziell. Aktuell zur                              Nasengang, die               Rand der mittleren                Nasenmuschel                    Obstruktion der
                                                                                  nicht bis unter                Nasenmuschel                     reichen, oder                unteren Nasenhöhle
  Behandlung der CRSwNP zugelassene Biolo-                                       den unteren Rand                   reichen.                   Polypen, die medial                 verursachen.
  gika zielen auf die häufigste Form der Th2-ba-                                   der mittleren                                                  zur mittleren
                                                                                  Nasenmuschel                                                   Nasenmuschel
  sierten und Eosinophilen-dominierten Entzün-                                       reichen.                                                         liegen.
  dung ab, sodass der Nachweis einer solchen
                                                           Score
 Typ-2-Immunreaktion ein wichtiges Selektions-
  kriterium für eine Biologikatherapie ist. Patien-                 0                     1                               2                                3                                4

  ten mit CRSwNP weisen eine Erhöhung der
                                                                                                                         Modifiziert nach: Meltzer EO et al., J Allergy Clin Immunol 2006; 118(Suppl. 5):17–61;
­Typ-2-Zytokine IL-4, IL-5 und IL-13 sowie von                                    Cadding G, Hellings P, Alobid I et al., Diagnostic tools in rhinology EEACI position paper, Clin Transl Allergy 2011;1(1):1–39
  Eosinophilen, ILC2, Makrophagen, Mastzellen
  und IgE auf. Es gibt allerdings noch keinen ein-     Schwere einer CRSwNP eine Reihe von Unter-                              ist nicht zuletzt für die Erstattung relevant.
 zelnen prädiktiven Biomarker, der die Typ-2-In-       suchungen und Scores zur Verfügung, die nach                            ­ eiters dringend empfohlen: die Symptombe-
                                                                                                                               W
 flammation bei CRSwNP widerspiegelt.                  Wichtigkeit gereiht in Tabelle 4 zusammen­                              wertung durch den Patienten mittels 22-Item
     Die zugrunde liegende endotypische Entzün-        gefasst sind.                                                           Sino-nasal Outcome Test (SNOT-22). Dieser
  dungsreaktion beeinflusst auch das Behand-              Unverzichtbar ist die Erhebung des Nasalen                           weithin anerkannte Patientenfragebogen zur
  lungsergebnis, indem die Rezidivrate nach            Polypen-Scores (NPS) zur Bewertung der                                  gesundheitsbezogenen Lebensqualität umfasst
 ­chir­ur­gischer Nasennebenhöhlensanierung bei        Größe der nasalen Polypen. Eine einfache und                            22 Einzelfragen zu physischen, funktionellen
  einer Typ-2-Immunreaktion wesentlich höher ist       im Alltag praktikable Version ist der bilaterale,                       und psychosozialen Aspekten der Erkrankung
  als bei einer Typ-1-Inflammation. Somit bedarf       endoskopische NPS von Meltzer & Kollegen (14):                          und kann in nur 10 Minuten, idealerweise elek-
  es bei einem komplexen Typ-2-mediierten              Pro Nasenseite können 0–4, insgesamt 0–8                                tronisch, beantwortet werden. (15) Regelmäßig
  Krankheitsbild ein umfassendes, multimodales         Punkte erreicht werden. Der NPS ist die Summe                           verwendet, stellt der SNOT-22 ein valides Tool
 Therapiekonzept.                                      der Punktezahlen für die rechte und linke Na-                           zur Dokumentation der Therapie dar. Zu den
                                                       senhaupthöhle, die mittels Nasenendoskopie                              22 Items zählen: Nasenatmungsbehinderung,
Diagnose                                               erfasst werden. Der NPS wird auf Grundlage der                          Niesreiz, ständiges Naselaufen, Husten, Sekret-
Neben einer ausführlichen Anamnese steht für           Polypengröße eingestuft, wie in Abbildung 2                             fluss in den Rachen, Druckgefühl auf den Ohren,
die Diagnosestellung bzw. Einschätzung der             schematisch dargestellt. Die Erhebung des NPS                           Schwindelgefühl u. v. m.

                                                                                                                                                                                                                   5
EXPERTENMEINUNG

    Abb.3 Indikation zur Biologikatherapie bei CRSwNP

                                                                           Indikationen zur Biologikatherapie bei CRSwNP

                                 Vorhandensein bilateraler Polypen bei Patienten nach endoskopischer Nasennebenhöhlen-Operation*

           Drei Kriterien werden verlangt:

           Kriterien                                                                                                                  Cut-off-Werte

           Anzeichen einer Typ-2-Entzündung                                                                                           Gewebseosinophile ≥ 10/hpf ODER
                                                                                                                                      Bluteosinophile ≥ 250 cells/μl ODER Gesamt-IgE ≥ 100 U/L
           Bedarf für systemische Kortikosteroide ODER                                                                                ≥ 2 Anwendungen pro Jahr ODER
           Kontraindikation für systemische Steroide                                                                                  langfristig (> 3 Monate) niedrigdosierte Steroide
           Signifikant reduzierte Lebensqualität                                                                                      SNOT-22 ≥ 40
           Signifikante Riechminderung                                                                                                Anosmisch im Geruchstest (Score hängt vom Test ab).
           Diagnose eines komorbiden Asthmas                                                                                          Asthma, welches regelmäßig inhalierter Kortikosteroide bedarf.

     *spezielle Umstände ausgeschlossen (z. B. Patient nicht operationsfähig)
     Abkürzungen: CRSwNP = chronic rhinosinusitis with nasal polyps; hpf = high power field (x 400); SNOT-22 = sino-nasal outcome test-22

                                                                                                                                                                   Nach: Fokkens WJ et al., Rhinology 2020; 58(Suppl. 29):1–464

   Nach Möglichkeit sollte vor Therapiebeginn                                Auf die Voroperation kann unter bestimmten                                 Aufklärung
auch ein Blutbild veranlasst werden. Als Teil des                            Um­ständen verzichtet werden, so z. B. bei ei-                             Vor Einleitung einer Biologikatherapie soll der
Routinelabors können Gesamt-IgE und Blut­                                    nem unver­tretbar hohen Operationsrisiko. Etwas                            Patient in mündlicher oder schriftlicher Form
eosinophile hinweisgebend für eine Typ-2-­                                   abge­ wandelt, die Indikationsstellung gemäß                               umfassend über Wirkweise, Darreichung, mög-
Entzündung sein (Gesamt-IgE im Blut ≥ 100 U/L                                EUFOREA-­Konsensus (16): Hier müssen vor­ope­                              liche Risiken und Nebenwirkungen der Therapie
oder Eosinophile im Blut ≥ 250 cells/µl).                                    rierte Patienten drei von fünf, nicht-voroperierte                         aufgeklärt werden. Teilweise verfügbare Pati­
   Zu den optionalen Untersuchungen zählt der                                Patienten dagegen vier von fünf Kriterien erfüllen.                        enteninformationsblätter (z. B. für Dupilumab)
auf einer Computertomografie basierende                                         Bei den folgenden Indikationen sollte von einer                         können zur Unterstützung des ärztlichen Ge-
Lund-­Mackay-Score. Die Erhebung dieses                                      Behandlung mit einem gegen Typ-2-Entzündun­                                sprächs übergeben werden.
Scores ist vor Therapieeinleitung sinnvoll, eine                             gen gerichteten Biologikum abgesehen werden:
regelmäßige Wiederholung jedoch wenig prak-                                  •	CRSsNP und fehlende Anzeichen von Typ-                                  Erstattung
tikabel. Die Bestimmung der Eosinophilen im                                     2-Inflammation                                                          Die Therapie der CRSwNP mit Biologika bedarf
Polypengewebe als aussagekräftigster Para-                                   •	Zystische Fibrose                                                       grundsätzlich einer chefärztlichen Genehmi-
meter für eine Typ-2-Entzündung kann wichtige                                •	Unilaterale nasale Polypen                                              gung, wobei es in der Argumentation gegen-
Informa­tionen liefern (Cut-off-Wert: ≥ 10/high                              •	Mukozelen                                                               über dem Chefarzt wichtig ist, die Gesamtheit
power field). Sinnvolle Ergänzungen: ein vali-                               •	Generelle Kontraindikationen für eine Biolo-                            der Kriterien, inklusive des subjektiven Anspre-
dierter Riech­test und ein Fragebogen zur Asth-                                 gikatherapie (z. B. Immundefekte)                                       chens, zu erfassen.
makontrolle.                                                                 •	Patientenbezogene Faktoren wie mangelnde                                    Sowohl für die initiale Verschreibung als auch
                                                                                Therapietreue                                                           die Entscheidung über die Fortführung der The-
Indikationsstellung                                                          Die aktuell zur Behandlung der schweren CRS-                                rapie ist eine umfassende Dokumentation emp-
Eine Biologikatherapie bei CRSwNP ist laut                                   wNP zugelassenen biologischen Arzneimittel                                  fehlenswert. Im österreichischen Erstattungsko-
EPOS-Guidelines indiziert, wenn bilaterale na-                               (Dupilumab und Omalizumab) sind als Add-on-                                dex ist aktuell nur Dupilumab aufgeführt.
sale Polypen vorhanden sind und bei vorope-                                  Therapie zu INCS angezeigt. Eine bestehende                                    Laut Erstattungstext ist für Dupilumab keine
rierten Patienten drei der folgenden Kriterien                               topische Steroidtherapie soll also – sofern keine                          Angabe eines NPS zur Erstverordnung erforder-
zutreffen (Abb. 3):                                                          Kontraindikation vorliegt – trotz Einleitung der                            lich (Tab. 3). Das Ansprechen der Therapie muss
•	Anzeichen einer Typ-2-Entzündung                                          Biologikatherapie weitergeführt werden. Die                                 nach sechs Monaten durch eine Reduktion des
•	Bedarf für systemische Kortikosteroide (≥ 2-mal                           Gabe von Biologika stellt zudem keine Kontra-                              NPS um mindestens zwei Punkte nachgewiesen
   im vergangenen Jahr)                                                      indikation für eine Intervalltherapie mit systemi-                          werden. Die Autoren empfehlen daher eine
•	signifikant reduzierte Lebensqualität                                     schen Steroiden dar, wobei bei dieser Art der                              ­Dokumentation des NPS sowie der verbesser-
•	signifikante Riechminderung                                               Behandlung (mit und ohne Biologikum) immer                                  ten Lebensqualität, um das Ansprechen der
•	Diagnose eines komorbiden Asthmas                                         das Nebenwirkungsprofil zu beachten ist.                                  ­Therapie nachweisen zu können.

6
EXPERTENMEINUNG

 Abb.4 Kriterien für das Therapieansprechen auf Biologika bei CSRwNP

                                              Definition des Ansprechens auf eine Biologika-Behandlung bei CRSwNP

        Evaluierung von fünf Kriterien                                              Exzellentes Ansprechen                                            5        Kriterien
        •   Reduzierte Größe der Nasenpolypen
                                                                                    Moderates Ansprechen                                            3–4        Kriterien
        •   Reduzierter Bedarf an systemischen Steroiden
        •   Verbesserte Lebensqualität                                              Schwaches Ansprechen                                            1–2        Kriterien
        •   Verbesserter Geruchssinn
                                                                                    Fehlendes Ansprechen                                              0        Kriterien
        •   Reduzierte Auswirkung von Komorbiditäten

        Evaluieren Sie das Therapieansprechen nach 16 Wochen

                                                                                                                           Beenden Sie die Therapie,
                                                                                                                           wenn in keinem der Kriterien
                                                                                                                                 ein Ansprechen
        Evaluieren Sie das Therapieansprechen nach 1 Jahr                                                                      zu beobachten ist.

                                                                                                                       Nach: Fokkens WJ et al., Rhinology 2020; 58(Suppl. 29):1–464

Operation – bei wem und wann?                              tendes Asthma relativ gut, während es bei          dest der NPS-Score, der SNOT-22 und die Blut-
 Eine Nasennebenhöhlenoperation ist grundsätz­             ­ -ERD Patienten mit einer Operation allein
                                                           N                                                  untersuchung nach drei und sechs Monaten
 lich unabhängig von der Therapie mit Biologika            meist nicht getan ist. Im klinischen Alltag gibt   wiederholt werden. So können die Veränderun-
zu sehen und kann zu jedem Zeitpunkt – vor,                es auch immer wieder Patienten, die nicht ope-     gen gegenüber Baseline nachverfolgt werden.
 während oder nach Biologikabehandlung –                   riert werden können (z. B. aufgrund eines unver-
 durch­geführt werden. Die Entscheidung ist pati­          tretbar hohen Operationsrisikos). Für diese gibt   Eine Selbstapplikation durch den Patienten
 entenindividuell in Abhängigkeit der Krankheits-          es mit der Antikörpertherapie nun eine wirk-       oder Verabreichung durch eine Betreuungsper-
 bzw. Symptomlast zu treffen.                              same Therapieoption.                               son ist – nach Erreichen des Steady-States und
    Die operative Sanierung der Nasenneben-                                                                   ersten Anzeichen eines Therapieansprechens –
 höhlen vor Einleitung einer Biologikatherapie             Therapie im Verlauf                                grundsätzlich möglich. Die teilweise Verfüg­
 ist grundsätzlich möglich, laut bereits erwähn-           Grundsätzlich hängt die Weiterführung der Bio-     barkeit von anwendungsfreundlichen Pen-­
 tem EUFOREA-Konsensus aber nicht zwingend                 logikatherapie vom Ansprechen des Patienten        Systemen erleichtert dabei die eigenständige
 notwendig.                                                ab. Dieses wird gemäß den EPOS-Leitlinien nach     Verabreichung. Voraussetzung für die Selbst-
    Der „Wert“ der Operation ist trotz der nun             fünf Kriterien beurteilt:                          applikation ist eine gründliche Schulung des Pa-
 verfügbaren innovativen Antikörpertherapien               •	Reduzierte Größe der Nasenpolypen (NPS)         tienten bzw. der betreuenden Person; manche
 nicht zu unterschätzen. Durch die histologische           •	Reduzierter Bedarf an systemischen Steroiden    Hersteller bieten hierfür nützliche Schulungs-
 Untersuchung des Gewebes wird die Diagnose                •	Verbesserte Lebensqualität                      materialien wie Videos oder Dummie-Pens. Die
gesichert und die Art der Entzündung kann                  •	Verbesserter Geruchssinn                        erste Selbstverabreichung muss unbedingt un-
­genauer differenziert werden. Bei einem nicht             •	Reduzierte Auswirkung von Komorbiditäten        ter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
 unerheblichen Teil der Patienten kann durch                  (Asthma)
 operative Entfernung der Nasenpolypen, ge-                Eine Bewertung des Ansprechens nach 16 Wo-         Zum Nebenwirkungsmanagement ist zu
 folgt von topischen Steroiden und salinischen             chen und einem Jahr wird empfohlen. Sind fünf      sagen, dass die Medikamentenklasse der Biolo-
 Nasenspülungen, ein anhaltend zufriedenstel-              Kriterien erfüllt, spricht man von einem exzel-    gika grundsätzlich ein sehr gutes Verträglich-
 lendes Behandlungsergebnis erzielt werden.                lenten Ansprechen, bei drei bis vier Kriterien     keitsprofil aufweist. Schwere Nebenwirkungen,
 Bei therapierefraktären Fällen kann die Biologi-          von einem moderaten Ansprechen, bei ein bis        wie z. B. anaphylaktische Reaktionen, sind äu-
 katherapie zeitnah (ca. vier Wochen) nach der             zwei Kriterien von einem schwachen Anspre-         ßerst selten und erfordern jedenfalls medizini-
Operation eingeleitet werden. Die Wahrschein-              chen. Bei fehlendem Ansprechen (0 Kriterien) ist   sche Versorgung. Weniger schwere Nebenwir-
 lichkeit für den (langfristigen) Erfolg der Opera-        die Therapie zu beenden (Abb. 4).                  kungen sind häufig selbstlimitierend bzw. leicht
 tion hängt dabei stark von eventuell vorliegen-              Im Sinne einer regelmäßigen Verlaufskontrolle   beherrschbar. Über Präparat-spezifische Neben-
 den Begleiterkrankungen ab. So stehen die                 sollten von den vor Therapieeinleitung durch­      wirkungen sollte bereits im Aufklärungsge-
Chancen für CRSwNP-Patienten ohne beglei-                  geführten Untersuchungen/Scores (Tab. 4) zumin­    spräch informiert werden.

                                                                                                                                                                                      7
EXPERTENMEINUNG

                                                                                                 Fazit

        Mit der Immunmodulation erschließt sich ein neues Therapiefeld im Bereich der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Die exzellenten Ergebnisse
        bisheriger Studien zu Biologika bei CRSwNP betreffen sämtliche Aspekte der Erkrankung – von der Besserung der (nasalen) Lebensqualität
        sowie des Geruchssinns über die Verringerung des Bedarfs an oralen Steroiden bis hin zu weniger häufig notwendigen Revisionsoperatio-
        nen. Damit stellen Biologika eine sichere und effektive neue Option in der gezielten Therapie der CRSwNP dar. Das gilt besonders für jene
        Patienten, die trotz optimierter Behandlung mit herkömmlichen konservativen Therapien und zahlreichen Revisionsoperationen schlecht kon-
        trolliert waren.
           Zu den wichtigsten noch offenen Fragen zählt die der Stratifizierung: Welche Patienten profitieren besonders von einer Biologikatherapie
        und welcher Antikörper erzielt für den jeweiligen Patienten das beste Ergebnis? Die Suche nach entsprechenden Biomarkern ist noch Ge-
        genstand aktueller Forschung.

REFERENZEN:
(1) Fokkens WJ et al., Rhinology 2020; 58(Suppl. 29):1–464 (2) Gandhi NA et al., Nat Rev Drug Discov 2016; 15(1):35–50 (3) Schleimer RP, Annu Rev Pathol 2017; 12:331–57 (4) Khan A et
al., Rhinology 2019; 57(1):32–42 (5) Stevens WW et al., J Allergy Clin Immunol Pract 2017; 5(4):1061–70 (6) Promsopa C et al., Int Forum Allergy Rhinol 2016; 6(4):373–7 (7) Benjamin MR
et al., J Allergy Clin Immunol Pract 2019; 7(3):1010–6 (8) Rondon C et al., J Investig Allergol Clin Immunol 2015; 25(4):276–82 (9) Rajan JP et al., J Allergy Clin Immunol 2015; 135(3):676-
81.e1 (10) Bassiouni A et al., Laryngoscope 2013; 123(1):36–41 (11) Klimek L et al., Allergo J 2020; 29(4):14–27 (12) Bachert C et al., Lancet 2019; 394(10209):1638–50 (13) Gevaert P
et al., J Allergy Clin Immunol 2020; 146(3):595–605 (14) Meltzer EO et al., J Allergy Clin Immunol 2006; 118(Suppl. 5):17–61 (15) Hopkins C et al., Clin Otolaryngol 2009; 34(5):447–54
(16) Fokkens WJ et al., Allergy 2019; 74(12):2312–9

FACHKURZINFORMATION:
Dupixent 300 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze, Dupixent 300 mg Injektionslösung im Fertigpen, Dupixent 200 mg Injektionslösung in einer Fertigspritze,
Dupixent 200 mg Injektionslösung im Fertigpen
        Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberu-
        fen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Abschnitt 4.8 der Fachinformation.
• Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Fertigspritze zur einmaligen Anwendung enthält 300 mg Dupilumab in 2 ml Lösung (150 mg/ml). Jede Fertigspritze zur einma-
ligen Anwendung enthält 200 mg Dupilumab in 1,14 ml Lösung (175 mg/ml). Jeder Fertigpen zur einmaligen Anwendung enthält 300 mg Dupilumab in 2 ml Lösung (150 mg/ml). Jeder Fer-
tigpen zur einmaligen Anwendung enthält 200 mg Dupilumab in 1,14 ml Lösung (175 mg/ml). Dupilumab ist ein vollständig humaner monoklonaler Antikörper der an die Alpha-Untereinheit
des Interleukin-(IL-)-4 Rezeptors bindet, wodurch die IL-4-/IL-13-Signalwege gehemmt werden. Er wird mittels rekombinanter DNA-Technologie in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters
(Chinese Hamster Ovary, CHO) produziert. Liste der sonstigen Bestandteile: Argininhydrochlorid, Histidin, Polysorbat 80 (E 433), Natriumacetat, Essigsäure 99% (E 260), Sucrose, Wasser
für Injektionszwecke. • Anwendungsgebiete: Atopische Dermatitis Erwachsene und Jugendliche: Dupixent wird angewendet zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer
Dermatitis (AD) bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, die für eine systemische Therapie in Betracht kommen. Kinder von 6 bis 11 Jahre: Dupixent wird angewendet zur Behand-
lung von schwerer atopischer Dermatitis bei Kindern von 6 bis 11 Jahre, die für eine systemische Therapie in Betracht kommen. Asthma Dupixent ist angezeigt als Add-on-Erhaltungstherapie
bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren mit schwerem Asthma mit Typ-2-Inflammation, gekennzeichnet durch eine erhöhte Anzahl der Eosinophilen im Blut und/oder eine erhöhte
exhalierte Stickstoffmonoxid-Fraktion (FeNO), siehe Abschnitt 5.1, das trotz hochdosierter inhalativer Kortikosteroide (ICS) plus einem weiteren zur Erhaltungstherapie angewendeten Arznei-
mittel unzureichend kontrolliert ist. zusätzlich 300 mg: Chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (Chronic rhinosinusitis with nasal polyposis, CRSwNP) Dupixent ist angezeigt als Add-on-
Therapie mit intranasalen Kortikosteroiden zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerer CRSwNP, die mit systemischen Kortikosteroiden und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend
kontrolliert werden kann. • Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. • Zulassungsinhaber: sanofi-aventis groupe, 54, rue La B­ oétie,
75008 Paris, Frankreich • Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. • Pharmakotherapeutische Gruppe: Andere Dermatika, Mittel zur Behandlung der Der-
matitis, exkl. Kortikosteroide, ATC-Code: D11AH05. Stand der Information: Januar 2021.
Weitere Angaben zu den besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wech-
selwirkungen, Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen sowie den ggf. Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.

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    IMPRESSUM: Expertenmeinung ist eine Publikation von MEDahead, Gesellschaft für medizinische Information m.b.H., 1070 Wien, Seidengasse 9/Top 1.3, office@medahead.at. Für den Inhalt ver-
    antwortlich: MEDahead, Redaktion: Dr. Eva Riedmann. Hinweis: Diese Publikation ist für Angehörige von Gesundheitsberufen zugänglich und dient deren Fortbildung. Die in dieser Publikation darge-
    stellten Empfehlungen stellen das Wissen und die Erfahrungen der teilnehmenden Ärzte dar. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten
                                                                                                                                                                                                                 12309

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