Ernährungsmedizin im Aufbruch - Aktuelle Konzepte der Ernährungstherapie in der Klinik

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Ernährungsmedizin im Aufbruch - Aktuelle Konzepte der Ernährungstherapie in der Klinik
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     Ernährungsmedizin im Aufbruch –
     Aktuelle Konzepte der
     Ernährungstherapie in der Klinik
     Klinische Ernährung der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und Onkologische Chirurgie
     im Klinikum St. Georg, Leipzig

     N. Oberänder1, A. Müller1, S. Wirth1, Y. Youssef 2,   ernährung verursachten Mehrkosten          Krankenhauswiederaufnahmerate inner­
     A. Weimann   1
                                                           sind für das deutsche Gesundheitssys-      halb von 30 Tagen (18,3 vs. 19,1 Pro-
                                                           tem im Jahr 2007 auf neun Milliarden       zent) in der Gruppe der mangelernähr-
                                                           Euro berechnet wurden. Der prognosti-      ten Patienten mit Ernährungstherapie
     Einleitung                                            sche Wert für 2020 lag damals bereits      gegenüber mangelernährten Patienten
     Das Querschnittsfach Ernährungsme-                    bei elf Milliarden Euro [1]. Um dieser     ohne Ernährungsintervention gezeigt.
     dizin wird überwiegend mit der klassi-                Entwicklung gerecht zu werden, wurde       Somit haben Ernährungsmedizin und
     schen Diätetik assoziiert, bedeutet aber              in Baden-Württemberg unterdessen          -therapie auch bei immer kürzeren Ver-
     auch den Einsatz einer „künstlichen                   eine Arbeitsgruppe „Prävention und         weildauern ihren Platz im Krankenhaus.
     Ernährung“. Da, wo durch Störungen                    Therapie von Mangelernährung in Ba­­
     der Nahrungsaufnahme, -resorption                     den-Württembergischen Krankenhäu-          Dieser Artikel ist interprofessionell ent-
     und Metabolisierung eine kalorienbe-                  sern, Senioren- und Pflegeeinrichtun-      standen (Ärzte: Dr. med. Nadine Oberän­
     darfsdeckende orale Ernährung, zum                    gen“ vom Ministerium für Soziales,         der und Prof. Dr. med. habil. Arved
     Beispiel bei einer schweren Darm­                     Gesundheit und Integration etabliert.     ­Weimann, Ernährungswissenschaftle-
     erkrankung, während einer Chemothe-                   Auch hat der Vorstand des Universi-        rin: Dr. rer. med. Anja Müller, Diätassis-
     rapie, nach einer Operation oder auf                  tätsklinikums Tübingen 2015 eine Stabs­    tentin = Ernährungsfachkraft: Sabine
     der Intensivstation längerfristig nicht               stelle Ernährungsmanagement einge-         Wirth). Mit dabei war eine Medizinstu-
     möglich ist, setzt die medizinische                   richtet [2].                               dentin (Yasmin Youssef) mit besonde-
     Ernährungstherapie an.                                In Zeiten immer kürzerer Verweildau-       rem Interesse für die Komplexität des
     In den letzten Jahren hat das Thema                   ern muss der Einfluss einer kurzfristi-   Themas Ernährung im Krankenhaus. So
     Mangelernährung und deren prognos-                    gen Ernährungsintervention auf das         bietet der Artikel nicht nur einen kur-
     tische Bedeutung für den Krankheits-                  Behandlungsergebnis auch kritisch dis-    zen Überblick über Auf­gaben und Mög-
     verlauf sowie die Krankenhausverweil-                 kutiert werden. In einer großen rando-     lichkeiten der Ernährungsmedizin im
     dauer bei vielen Ärzten und in den Kli-               misierten Schweizer Studie konnte das      Krankenhaus bis hin zu Kostformkata-
     niken zunehmend mehr Aufmerksam-                      klinische Outcome sowie Überleben          log und kodierbarer ernährungsmedi­
     keit erfahren. Der Einfluss der Mangel­               internistischer Patienten bei positivem   zinischer Komplexpauschale, sondern
     ernährung auf eine höhere Morbidität                  (NRS-) Screening auf Mangelernährung       auch über die studentische Ausbildung
     und Letalität, auf die Komplikationsrate              durch eine früh einsetzende adäquate       und ärztliche Weiterbildung
     vieler Erkrankungen und auf die Bud-                  Ernährungstherapie schon während
     getkosten der Krankenhäuser ist lange                 des stationären Aufenthaltes signifi-     Definition der Mangelernährung
     bekannt. Die Bedeutung wird in einer                  kant verbessert werden [3]. Der Nutzen    Über 25 Prozent der Patienten an deut-
     überernährten Gesellschaft regelhaft                  einer individuellen Ernährungstherapie    schen Krankenhäusern sind mangeler-
     unterschätzt. Die unmittelbar durch                   hospitalisierter Patienten mit Mangel­    nährt [5], in der Inneren Medizin sogar
     eine krankheitsassoziierte Mangel­                    ernährung ist ganz aktuell auch           jeder dritte aufgenommene Patient.
                                                           anhand der Analyse der Versorgungs-       Die ursprüngliche Begrifflichkeit der
                                                           daten von 69.934 Schweizer Patienten      Mangelernährung, im Sinne einer
 1
         Klinikum St. Georg Leipzig gGmbH                  gezeigt worden [4]. Hierbei wurde eine    Unterernährung muss heute als kom-
     2
         Medizinische Fakultät,                            signifikante Senkung der Krankenhaus-     plexes krankheitsassoziiertes Defizit
         Universität Leipzig                               letalität (7,2 vs. 8,8 Prozent) und der   gesehen werden, welches auch bei

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Übergewicht oder Adipositas anzutref-
fen ist. Der Begriff krankheitsassozi-
ierte Mangelernährung umfasst die
klinisch relevanten Mangelzustände,
die entweder durch verminderte Nah-
rungsaufnahme, Malabsorption und
Maldigestion, eine erhöhte Proteinka-
tabolie oder Inflammation entstehen
(ätiologiebasierte Definition nach Jen-
sen und ASPEN). Die internationalen
Fachgesellschaften ASPEN (American
Society for Parental and Enteral Nutri-
tion), ESPEN (The European Society for
Parenteral Nutrition and Metabolism),
FELANPE (Federacion Latino Ameri-
cana de Terapia Nutritional, Nutricion
clinica y metabolisimo) und PENSA (The
Parenteral and Enteral Nutrition Soci-
ety of Asia) haben 2019 in der Global
Leadership Initiative in Malnutrition
(GLIM) weltweiten Konsens zu den Dia-
gnosekriterien von Mangelernährung
definiert. Fünf Bewertungskriterien
führen zur Diagnose und Einstufung           Abb. 1: NRS-Nutrition Risk Screenung 2002

der Schwere der Mangelernährung [6,
7]. Eines der drei Kriterien Gewichtsver-
                                        nährungsmedizinern, Ökotrophologen,               sern ge­­schuldet ist. Die Realität zeigt,
lust, verringerter BMI, Verlust an Mus- Pharmazeuten, Diätassistenten und                 dass nur geschätzte fünf Prozent der
kelmasse kombiniert mit dem Vorhan-     Pflegekräften [10]. Erfahrungen zum               deutschen Kliniken auf ein speziali­
densein einer Malassimilation, Inappe-  Thema Ernährungsmedizin sind in den               siertes Ernährungsteam zurückgreifen
tenz oder Inflammation/Erkrankung       verschiedenen Krankenhäusern ganz                 können. Es liegt nahe, dass, wie 2005
definiert bereits eine Malnutrition. Ab­­
                                        unterschiedlich. So wurde beispiels-              bereits dargestellt, bis heute nur we­­
zugrenzen hiervon ist der Begriff Sar-  weise im Klinikum St. Georg Leipzig von           nige Mitglieder in Ernährungsteams
kopenie, welche eine verringerte Mus-   Prof. Dr. med. habil. Wolfgang Hartig             ausschließlich in diesem Bereich einge-
kelmasse, eine reduzierte Muskelfunk-   bereits 1981 eine Abteilung für Klini-            setzt werden. Eine genaue Erfassung,
tion sowie eine physikalisch einge-     sche Ernährung gegründet. Im Jahr                 wie sich die Situation an sächsischen
schränkte Leistungsfähigkeit be­­schreibt
                                        2005 verfügten lediglich 3,2 Prozent              Kliniken darstellt, wie viele Kliniken
[8]. Sie ist häufig mit einer „krankheits-
                                        von über 3.000 einbezogenen Kranken-              verlässlich auf ein Ernährungsteam
                                                                                          ­
assoziierten“ Mangelernährung assozi-   häusern in Deutschland, Österreich und           ­zu­­rückgreifen können oder wie diese
iert und wird oft nur in der Gruppe der der Schweiz über ein Ernährungsteam               zusammengesetzt sind, fehlt.
Tumorpatienten erwartet [9]. Aber auch  [11]. Davon waren nur 12 Prozent der
geriatrische oder adipöse Patienten     Ärzte, 37 Prozent der Krankenschwes-             Insgesamt ist aber mittelfristig eine
haben trotz Verlust an Muskelmasse      tern und 46 Prozent der Diätassisten-            Verbesserung der ernährungsmedizini-
ein stabiles Gewicht, was das Vorhan-   ten einzig für das Ernährungsteam                schen Versorgung zu erwarten. So zäh-
densein der Sarkopenie in dieser Risi-  tätig. Ein Großteil der Teammitglieder           len zum Beispiel zu den für die Zertifi-
kogruppe häufig unterschätzt.           war primär in anderen Bereichen einge-           zierung von Organkrebszentren durch
                                        setzt. Bis heute ist der geschätzte              die Deutsche Krebsgesellschaft erfor-
Ernährungsmedizinische                  Anteil der Ernährungsteams nicht                 derlichen Voraussetzungen jetzt auch
Behandlung im Krankenhaus               wesentlich angestiegen, was sicherlich           ernährungsmedizinische Inhalte, wie
Idealerweise verfügen Kliniken über ein auch dem Fachkräftemangel und der                das Screening auf Mangelernährung
Ernährungsteam, bestehend aus Er­­ dünnen Personaldecke in Krankenhäu-                   und die Ernährungsberatung.

Ärzteblatt Sachsen 3|2022                                                                                                              19
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                                                                                 wusst werden, dass erst nach Erken-       hebungen beginnen und bei der Über-
                                                                                 nung der mangelernährten Patienten-       gabe des Patienten in die Häuslichkeit
                                                                                 gruppe eine Begleitung durch das Er­­     enden. Erfüllt der Patient die Voraus-

                                                        © Alexander Weingarten
                                                                                 nährungsteam sinnvoll erfolgen kann       setzung für die Aufnahme in die Kom-
                                                                                 [14].                                     plexbehandlung, so wird ein individu­
                                                                                 Das Ernährungsscreening erfolgt mög-      eller Behandlungsplan erstellt. Zur
                                                                                 lichst innerhalb der ersten 48 Stunden    Anwendung im Stufenschema kommen
     Abb. 2: Die Bioelektrische Impedanzanalyse (BIA)                            nach stationärer Aufnahme [15]. Die       nach Verstärkung der oralen Kost auch
     ist eine Messmethode zur Ermittlung der
     Körperzusammensetzung.
                                                                                 krankenhausinternen Strukturen soll-      die kaloriendefinierte Trinknahrung, die
                                                                                 ten so ineinandergreifen, dass patholo-   enterale sowie die parenterale Ernäh-
 Screening                                                                       gische Screening-Scores eine Betreu-      rung. Regelmäßige, mindestens zwei
 Bei Aufnahme muss die besonders vul-                                            ung durch das eigene Ernährungsteam       pro vollständiger Woche durch­geführte
 nerable Patientengruppe mit Mangel­                                             nach sich ziehen. Einer anschließenden    Ernährungsvisiten mit Ge­­wichts­kon­
 ernährung erkannt werden, um statio-                                            Ernährungsanamnese und -diagnostik        trollen und Anpassung der Ernäh-
 när adäquat versorgt, therapiert und                                            mit Messung der Körperzusammenset-        rungstherapie sowie die einmal
 bestenfalls auch nachbetreut zu wer-                                            zung mittels Bioimpedanzmessung,          wöchentliche Messung der Körperzu-
 den. Hierfür stehen bereits bei der Auf-                                        gegebenenfalls auch indirekter Kalori-    sammensetzung mittels Bioimpedanz-
 nahme einzusetzende, standardisierte                                            metrie, sowie der Handkraftmessung        messung (BIA) beziehungsweise Hand-
 in wenigen Minuten auszufüllende                                                folgt eine kompetente Therapieein­        kraftmesser folgen bis zur Entlassung
 Screening- beziehungsweise Assess-                                              leitung. 2019 wurde vom Deutschen         (Abb. 2). Ein Fallbeispiel über den Ablauf
 ment-Fragebögen für Mangelernäh-                                                Inst­itut für Dokumentation und Infor-    einer ernährungsmedizinischen Kom-
 rung zur Verfügung: vorwiegend Nutri-                                           mation (DIMDI) der OPS-Kode Ernäh-        plextherapie zeigt Grafik 1.
 tion Risk Score 2002 (NRS) (Abb. 1),                                            rungsmedizinische Komplexbehand­lung
 Mini Nutritional Assessment (MNA) für                                           8-98j eingeführt [16] (www.dimdi.de/   Überleitung
 geriatrische Patienten, gegebenenfalls                                          static/de/klassifikationen/ops/kode-­  Die Überleitung einer häuslichen ente-
 ergänzend auch Subjective Global                                                suche/opshtml2022/block-8-97...8-98.   ralen oder parenteralen Ernährungs-
 Assessment (SGA). Der NRS 2002 stellt                                           htm). Damit ist es unter klaren Vorga- therapie muss in der ambulanten Be­­
 ein valides und unabhängigen Scree-                                             ben durchaus aufwändig, aber nun       treuung durch den Homecare-Dienst-
 ning Tool für Hochrisikopatienten dar,                                          besser möglich in der klinischen Ernäh-leister organisiert und dem betreuenden
 welches auch Aussagekraft über Lang-                                            rungsmedizin die ernährungstherapeu-   Hausarzt mitgeteilt werden. Hierfür
 zeitmortalität und -morbidität hat [12,                                         tischen Maßnahmen und den damit        wurde das Entlassungsmanagement
 13]. In der Praxis können die vier einfa-                                       verbundenen Aufwand abzubilden.        durch einen 2017 in Kraft ge­­­­tretenen
 chen Fragen des Vorscreenings in die                                            Voraussetzung für die Erlösrelevanz istRahmenvertrag (SGB V§ 39 Abs. 1a)
 pflegerische Aufnahme oder in das                                               jedoch zunächst die breite Implemen-   gestärkt. Die Realität zeigt leider viel
 zentrale Aufnahmemanagement inte­                                               tierung der Kodierung im klinischen    zu oft Versorgungslücken in der Über-
 griert werden. Als mangelernährt ge­­                                           Alltag der Kalkulationskrankenhäuser
                                                                                 ­                                      leitung, auch bedingt durch immer kür-
 screente Patienten werden automa-                                               des Instituts für das Entgeltsystem im zer werdende Verweildauern und not-
 tisch an das Ernährungsteam gemeldet                                            Krankenhaus (INEK).                    wenige Entlassungen am Wochenende.
 und können zeitnah einer Therapie,                                                                                     Die lange Zeit durch eine Ersatzvor-
 bestenfalls einer ernährungsmedizini-                                           Ernährungsmedizinische                 nahme bestimmte Verordnungsfähig-
 schen Komplexbehandlung zugeführt                                               Komplexbehandlung                      keit von Trinknahrungen im ambulan-
 werden. Die größte Herausforderung                                              Für die ernährungsmedizinische Kom- ten Bereich ist durch den Gemeinsa-
 stellt hierbei die Implementierung der                                          plexbehandlung grundlegend ist, dass men Bundesausschuss mit der Neu-
 Screeningmethoden auf den Stationen                                             die Notwendigkeit einer Ernährungs- fassung der Arzneimittelrichtlinie im
 dar. Aus der Erfahrung heraus be­­darf                                          therapie („Awareness“) allgemein und November 2021 klar geregelt worden
 es hier viel Geduld, Unterstützung                                              insbesondere auf den Stationen er­­ [17]. So können stationär verabreichte
 und wiederholte Schulungen, um das                                              kannt und unterstützt wird. Dabei sind Trinknahrungen auch ambulant weiter
 Ernährungsscreening tatsächlich im                                              ganzheitliche Prozesse und Strukturen verordnet werden. Um alle Informatio-
 gesamten Krankenhaus in den Alltag                                              nötig, die bereits bei Aufnahme des nen in den ambulanten Bereich zu

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Grafik 1: Ablauf einer ernährungsmedizinischen Komplextherapie am praktischen Beispiel

übertragen, müssen diese unbedingt                   rungsmedizin e. V. (DGEM), dem Bun-         des bereits bestehenden Diätkatalogs
im Entlassungsbrief erscheinen und die               desverband Deutscher Ernährungsme-          darstellt (Tab. 1 und 2). Dieser liegt in
Patienten beziehungsweise Angehö-                    diziner e. V. (BDEM), der Deutschen         Kurzfassung auf den Stationen aus und
rige vor der Entlassung in die Planung               Adipositas-Gesellschaft e. V. (DAG),        fungiert auch digital als Nachschlage-
einbezogen und aufgeklärt werden.                    dem Verband der Diätassistenten –           werk für alle ärztlichen und pflegerisch
                                                     Deutscher Bundesverband e. V. (VDD)         tätigen Mitarbeiter zur hausinternen
Kostformkatalog im                                   und dem Berufsverband Oecotropholo-         Essensanmeldung und Bestellung der
Klinikum St. Georg                                   gie e. V. (VDOE). Diese Empfehlungen        richtigen Kostform für die jeweiligen
Eine Aufgabe für die Ernährungsmedi-                 entsprechen einer vollwertigen und          Patienten. Hier werden die in der Klinik
zin im Krankenhaus stellt nicht nur die              gesundheitsförderlichen       Ernährung.    zur Verfügung stehenden Kostformen,
Ernährungstherapie und die Erarbei-                  Mediterrane Kost und vegetarische           Indikationen, Nährstoffverteilungen,
tung eines Diätkatalogs dar, sondern                 Ernährung werden als gleichwertig           Beispielpläne und DGE-konformen
auch die Beratung des Caterers und der               betrachtet. Abhängig von krankheits-        Nährstoffverteilungen      übersichtlich
Krankenhausküche für die Gemein-                     spezifischen Erfordernissen werden          dargelegt. Für Kostformänderungen
schaftsverpflegung. Hierbei handelt es               Abweichungen und Ergänzungen vor-           oder Rückfragen ist ein enger Kontakt
sich um eine Schnittstelle zwischen                  genommen, sodass eine Ernährungs-           zur Küche/Dienstleister wünschens-
Ernährungsmedizin und Ernährungs-                    therapie umgesetzt werden kann, die         wert, welcher bestenfalls durch das
wissenschaft.                                        alle ernährungsbezogenen Maßnahmen          Ernährungsteam hergestellt wird. Für
                                                     zur Wiederherstellung von Gesundheit        besondere Patientengruppen können
 Ein Kostformkatalog sollte sich an den              und Wiedererlangung des Handlungs-          Sonderkostformen zur Verfügung ge­­
 Empfehlungen der Fachgesellschaften                 vermögens von Patienten darstellt.          stellt werden. Hierunter fallen zum Bei-
 orientieren, derzeit am „Leitfaden                  Neu ist seit Januar 2021 die im Leitfa-     spiel eiweißreiche hochkalorische Kost-
 Ernährungstherapie in Klinik und Praxis             den „Ernährungstherapie in Klinik und       formen für mangelernährte Patienten
 LEKuP“, welche auf den D-A-C-H-Refe-                Praxis“ (LEKuP) benannte „angepasste        und/oder Brandverletzte oder auch die
 renzwerten für die Nährstoffzufuhr der              Vollkost“, welche die frühere Bezeich-      keimreduzierte Kost für immunsuppri-
 Deutschen Gesellschaft für Ernährung                nung „leichte Vollkost“ ersetzt. Da oft     mierte Patienten. Mittlerweile wird in
 e. V. (DGE) für Erwachsene basieren                 unterschiedliche Verträglichkeiten von      vielen Häusern für die große Gruppe
 [18]. Die Erstellung des Leitfadens                 Lebensmitteln vorliegen, unterstreicht      der onkologischen Patienten eine
„Ernährungstherapie in Klinik und Pra-               die neue Begrifflichkeit die individuelle   eiweißreiche, gut verträgliche sowie
 xis“ (LEKuP) erfolgte 2019 in enger                 Anpassung der Kost. Die Versorgung          zuckerreduzierte Kost angeboten.
Zusammenarbeit mit der Deutschen                     aller anderen Patienten wird durch
 Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE),             einen aktuellen hausinternen Kost-          Krankenhausverpflegung
 mit der Deutschen Akademie für                      formkatalog geregelt, der unter Einbe-      In persönlichen Gesprächen mit Patien-
 Ernährungsmedizin e. V. (DAEM), mit                 ziehung des LEKuP eine gemeinsame           ten, aber auch in Online-Foren und in
 der Deutschen Gesellschaft für Ernäh-               und interprofessionelle Überarbeitung       den Medien wird die Krankenhauskost

Ärzteblatt Sachsen 3|2022                                                                                                                    21
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     Tab. 1: Beispielplan Vollkost                                                            die einzelnen Mahlzeiten immer gut
      Beispielplan                                                                            kombiniert werden müssen. Kohlenhy-
                                                                                              drate (zum Beispiel Brot, Haferflocken,
      Frühstück             200 ml         Warmgetränk
                            50 g           Brötchen, hell                                     Kartoffeln et cetera), Eiweiße (zum Bei-
                            50 g           Mehrkornbrötchen                                   spiel Joghurt, Käse, Fisch, Ei et cetera)
                            15 g           Butter                                             und hochwertige Fette (zum Beispiel
                            20 g           süßer Belag (Marmelade/Honig)
                            40 g           pikanter Belag (Naturquark/Käse/Wurst)             Rapsöl, Olivenöl, Butter) sowie Ballast-
      Zwischendurch         200 ml         Wasser                                             stoffe in Form von Obst, Ge­­müse und
                            1 Port.        Joghurt/Obst etc.                                  Vollkornprodukten müssen auf dem
      Mittagessen           200 ml         Wasser                                             Speiseplan stehen. Dies stellt immer
                            100 g          Fleisch/Fisch/Ei mit Soße                          wieder eine Herausforderung für das
                            130 g          Gemüse                                             gesamte Ernährungsteam auf der
                            150 g          Beilage (Kartoffeln/Püree/Reis/Nudeln)
                            1 Port.        Dessert (nach Plan)                                einen und den Kostenstellen auf der
      Zwischendurch         200 ml         Warmgetränk                                        anderen Seite dar. Hier bleibt zu hoffen,
                            1 Port.        Gebäck                                             dass die Kostenträger ihren ganzheitli-
      Abendessen            200 ml         Warmgetränk                                        chen Blick schärfen.
                            45 g           Mischbrot
                            45 g           Mehrkornbrot                                       Die Krankenhäuser in Deutschland bie-
                            30 g           Butter
                            50 g           pikanter Belag (Naturquark/Käse/Wurst)             ten unterschiedliche Voraussetzungen.
                            1 Port.        Beilage (saure Gurke/Salat etc.)                   Sie unterscheiden sich in eigen- und
      Nährwerte:                                                                              fremdbewirtschaftete Küchen. Es wer-
      Energie:              1.850 kcal                                                        den, wie auch im Klinikum St. Georg,
      Kohlenhydrate:        50 % (ca. 235 g)
                                                                                              externe Dienstleister oder ein Outsour-
      Eiweiß:               15 % (ca. 69 g)
      Fett:                 35 % (ca. 73 g)                                                   cing in einer eigenen Service GmbH
                                                                                              genutzt. In einer statistischen Erhe-
                                                                                              bung des Deutschen Krankenhaus­
 häufig kritisiert. Als defizitär werden           Genesungsprozess negativ auswirkt.         institutes waren 2019 53 Prozent der
 die Qualität, die Zubereitung, der                Den Erfordernissen der ernährungsme-       deutschen Krankenhausküchen in
 Geschmack und die Auswahl der Spei-               dizinisch adäquaten Patientenversor-       Eigenregie geführt, 30,5 Prozent durch
 sen beschrieben. Die aktualisierten               gung stehen die Budgetkosten eines         die eigene Service GmbH und circa 10
 Qualitätsstandards für die Gemein-                jeden Krankenhauses gegenüber. Laut        Prozent durch Dienstleister bewirt-
 schaftsverpflegung mit ökologischer,              einer Untersuchung des Deutschen           schaftet [22]. Der Vorteil des Outsour-
 wirtschaftlicher und gesellschaftlicher           Krankenhausinstituts (DKI) gaben die       cings wird in der Stärkung der Qualität
 Nachhaltigkeit wurden von der Deut-               Kliniken im Jahr 2018 durchschnittlich     und Flexibilität gesehen, aber auch um
 schen Gesellschaft für Ernährung (DGE)            5,14 Euro/Tag aus. Im Vergleich dazu       Betriebs- und Investitionskosten zu
 2020 veröffentlicht [19]. Nicht immer             waren es 2005 4,45 Euro [20]. Durch        senken und sich mehr auf die Kern-
 deckt sich ein nach den DGE-Empfeh-               Effizienzsteigerung der Verpflegungs-      kompetenzen konzentrieren zu können.
 lungen zusammengestelltes Kranken-                systeme konnten somit Kosten gespart       Eine Diätküche mit entsprechend ge­­
 hausessen mit den Erwartungen der                 werden [21]. Aus dem eigenen Klinikall-    schultem Personal zur Zubereitung der
 Patienten. Die Mahlzeiten strukturie-             tag kann das Budget als durchaus           Sonderkostformen sollte aber in je­­dem
 ren den Kliniktag und werden von vie-             knapp beurteilt werde. Trotz niedriger     Krankenhaus erhalten bleiben. Nur so
 len Patienten als besonderes Ereignis             Verpflegungsbudgets in den Kranken-        kann bei Koständerungen kurzfristig
 des Tages erwartet. Die aufgrund der              häusern ist eine ausgewogene Ernäh-        reagiert und Sonderwünsche erfüllt
 Grunderkrankung veränderte Immobi-                rung, orientiert an den Vorgaben der       werden.
 lität und Appetitlosigkeit können die             DGE, noch möglich und gewährleistet.       Auf dem Gebiet Service, Bestellsystem,
 An- und Aufnahme des Essens bezie-                Ausgewogene Ernährung bedeutet,            aber auch Zubereitungsformen hat sich
 hungsweise die Essensmenge wesent-                dass die Kost vielseitig und abwechs-      in den letzten Jahren einiges bewegt.
 lich beeinflussen. So wird die gewohnte           lungsreich ist und den Nährstoffbedarf     So werden zwar noch in vielen Kliniken
 Energiezufuhr unterschritten, was sich            im Makro- und Mikronährstoffbereich        Bestellwünsche vom Pflegepersonal
 auch auf das Wohlbefinden und den                 deckt. Das setzt allerdings voraus, dass   aufgenommen, dieser Trend ist jedoch

22                                                                                                                 Ärzteblatt Sachsen 3|2022
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rückläufig. Es werden zunehmend Ser- Insgesamt erscheinen die DGE-Stan- Informationen zur parenteralen Ernäh-
vicekräfte eingesetzt, welche sowohl dards also finanziell umsetzbar [21]. rung werden kaum erwähnt und nur
die Bestellung durch Tablets als auch Wünschenswert hierfür ist die Zusam- teilweise gestreift. Es werden einzelne
die Verteilung der Mahlzeiten auf den menarbeit mit dem (sofern vorhande- fakultative Angebote für die Studenten
Stationen übernehmen und damit eine nen) Ernährungsteam oder sogar die bereitgestellt, wie zum Beispiel an der
Entlastung auf der Pflegeseite darstel- Berufung eines Verpflegungsbeauf- Universität Leipzig „Ernährungslehre”,
len. Eine gute Schulung der Service- tragten. Im Klinikum St. Georg ist die „Essstörungen im Psychosozialen Kon-
kräfte ist allerdings unabdingbar, stellt für die Krankenhausküche verantwort- text“. In Leipzig und Dresden hat sich
aber im Alltag eine tägliche Herausfor- liche Leitende Diätassistentin im Er­­ die weltweit agierende Universitäts-
derung dar. Während die geschulte Ser- nährungsteam voll integriert.               gruppe der PAN (Physicians Associa-
vicekraft zwar die Essenbestel-                                                          tion for Nutrition) etabliert, wel-
lung und -verteilung vornimmt,                                                           che sich durch verschiedene Ver-
entgeht dem ohnehin knapp                    Ausgewogene         Ernährung               anstaltungen und eine Online-
besetzten Pflegepersonal die im                bedeutet, dass die Kost                   Vorlesungsreihe intensiv mit dem
Genesungsprozess        wichtigen                                                        Thema beschäftigt. Ziel der 2018
                                         ­vielseitig und abwechslungs-
Informationen, was und wieviel                                                           in München gegründeten PAN-
der Patienten zu jeder Mahlzeit            reich ist und den Nährstoff­                  Gruppe ist, die Er­­nährungslehre
gegessen hat. Diese Informatio-                 bedarf im Makro- und                     an medizinischen Fakultäten vor-
nen werden bestenfalls zwi-              Mikronährstoffbereich deckt.                    anzubringen.
schen Pflege und Servicebereich
kommuniziert, gehen aber im                                                              Zusammengefasst        sind    die
stressigen Alltag häufig auch verloren. Ernährungsmedizin im Studium               Inhalte der Ernährungsmedizin noch
Auch die Zubereitungsformen sind im und ärztlicher Weiterbildung                   unterrepräsentiert, werden in einzel-
Wandel. Die verbreitetste Zuberei- Im Rahmen des Medizinstudiums dient nen Vorlesungen lediglich gestreift.
tungsform an deutschen Krankenhäu- der Nationale Kompetenzbasierte Wer die nutritiven Ursachen und Thera-
ser ist immer noch „Cook and Serve“ Lernzielkatalog für Humanmediziner piemöglichkeiten bei den verschiede-
(klassische Warmverpflegung). Zudem (Version 2015) als Grundlage der zu nen                 Krankheitsbildern     erfassen
setzt sich der Trend hin zu „Cook and vermittelnden Lernziele [23]. Es wird möchte, dem bleibt nur ein Selbststu-
Chill“ (nach der Zubereitung schockge- hier festgehalten, dass Medizinstuden- dium. Es gibt vereinzelt Vorschläge zur
kühlt) oder „Cook and Freeze“ (nach der ten nach dem Studium die „Grundlagen Errichtung von Lehrstühlen, welche
Zubereitung schockgefroren) fort. Vor- gesunder und ausgewogener Ernäh- bisher keine praktische Umsetzung
teile der neuen Verfahren stellen die rung unter Berücksichtigung von Alter, erlangten. Auch im Rahmen der Fach-
reduzierten, unnötigen Standzeiten des Geschlecht, kulturellem Hintergrund, arztweiterbildung bleibt das Thema
Essens dar. Dadurch können der Erhalt persönlicher Lebenssituation und so­­ Ernährungsmedizin eine Randerschei-
der Vitamine und Nährstoffe garantiert zialen Rahmenbedingungen“ kennen nung. In einer Befragung junger Ärzte
werden. Regionale Speisen werden sowie „ein Informationsgespräch zur von 2006 fühlte sich von 593 Teilneh-
bestenfalls zum Frühstück und Abend- Ernährung durchführen und ein geeig- mern kaum jemand sicher auf diesem
brot angeboten (Brot/Brötchen vom netes Beratungsangebot vermitteln“ Gebiet, 75 Prozent der Befragten gaben
regionalen Bäcker; frisches Obst/Ge­­ können. Die Grundlagen werden in der Defizite auf dem Gebiert Infusionsthe-
müse vom Gemüsehändler).                    Vorklinik mit den Fächern Biochemie rapie und Ernährung an [24]. Im jetzt
                                            und Physiologie gelegt, der Stoffwech- vorliegenden Nationalen Lernzielkata-
Sofern es möglich ist, wird aus psycho- sel, die Strukturen und Funktionen von log für das Medizinstudium ist die
logischen Gründen das Essen am Tisch Makro- und Mikronährstoffen werden Ernährungsmedizin durchaus reprä-
und in Gemeinschaft („Gestaltung der theoretisch und aus dem klinisch-prak- sentiert [23]. Außerdem ist die Ernäh-
Essatmosphäre“) eingenommen. Gelebt tischen Kontext losgelöst gelehrt. Im rungsmedizin als Zusatzweiterbildung
wird dieses Konzept im eigenen Haus klinischen Abschnitt vermissen hinge- in die Weiterbildungsordnung der Ärz-
vor allem auf den geriatrischen Statio- gen die Studenten intensivere Inhalte tekammern aufgenommen worden.
nen. Der oft fehlende Platz steht dieser über Ernährung bei verschiedenen Dies setzt im Konzept der „krankheits-
Empfehlung in den meisten Bereichen Krankheitsbildern. Die Anwendung von assoziierten Ernährungsstörungen“ in
entgegen.                                   Trinknahrung und Sondenkost oder der Sächsischen Weiterbildungsord-

Ärzteblatt Sachsen 3|2022                                                                                                      23
ORIGINALIE

     Tab. 2: Diätkatalog (Kurzform)
                           Kostformen            Merkmale                                                 Indikation/Besonderheiten
      ohne Diätetische     Vollkost              (1.850 kcal, 70 g Eiweiß)
      Einschränkungen      Vegetarische Kost     (1.820 kcal, 67 g Eiweiß)
                           Vegane Kost           (1.800 kcal, 44 g Eiweiß)
      Konsistenz-          Flüssige Kost         sehr starke Einschränkungen im                           Tonsillektomie (Kostaufbau – Stufe 1),
      veränderte                                 Kau-/Schluckapparat,                                     Vorbereitung Koloskopie, OP am
      Kostformen                                                                                          Gastrointestinaltrakt, nach bariatrischen OPs

                           Passierte Kost        eingeschränkte Fähigkeit beim Zerkleinern von            Operationen im HNO- und Kiefernbereich/ Geriatrie
                                                 Speisen/beim Kauen

                           Dysphagie             alle Speisen sind fein püriert, homogen, Ausschluss      deckt den Energiebedarf; Nährstoffverteilung nicht
                           Stufe 1               körniger, krümeliger, faseriger und stückiger Speisen    optimal – keine Dauerkost! deckt nicht Ballaststoff-,
                                                                                                          sek. Pflanzenstoff-, Vitamin- u. Mineralstoffbedarf,
                                                                                                          Getränke ggf. angedickt

                           Dysphagie             püriert u./o. sehr weich (können mit der Zunge           deckt den Energie- u. Nährstoffbedarf, deckt nicht
                           Stufe 2               zerdrückt werden, Ausschluss körniger, krümeliger,       Ballaststoff-, sek. Pflanzenstoff-, Vitamin- u.
                                                 faseriger, stückiger Speisen                             Mineralstoffbedarf, Getränke ggf. angedickt

                           Dysphagie             weiche Kost, Ausschluss von körnigen, krümeligen         deckt den Energie- und Nährstoffbedarf, deckt nicht
                           Stufe 3               und faserigen Speisen, keine verschiedenen               Ballaststoff-, sek. Pflanzenstoff-, Vitamin- u.
                                                 Konsistenzen                                             Mineralstoffbedarf
      Gastroentero-        Angepasste Vollkost   Ausschluss von z.B. stark blähenden Lebensmitteln/       Erkrankungen des Verdauungstraktes
      logische                                   stark gewürzten Lebensmitteln und Speisen
      Kostformen
                           Aufbaukost 1 – 3      1. Stufe: je nach Befinden des Patienten ca. 1 – max.    akute gastrointestinale Erkrankung, z.B.
                                                 3 Tage – danach 2. Stufe: ca. 2 – 3 Tage – danach        Pankreatitis/ akute CED, Operationen am GI-Trakt
                                                 3. Stufe: ca. 2 - max. 3 Tage – danach Aufbau zur l      (Gastrektomie/ Kolon-, Dünndarmresektion)
                                                 eichten Vollkost, Stufe 3 = 2. Aufbaustufe bei
                                                 Tonsillektomie

                           Ballaststoffarme      max. 10 g Ballaststoffe/Tag                              Kurzdarmsyndrom, akute Divertikulitis
                           Kost

                           Ballaststoffreiche    ca. 30 – 35 g Ballaststoffe/Tag, TM beachten             Obstipation, Chronische Divertikulitis,
                           Kost

                           Stomakost             Stufe 1: breiige bis weiche Konsistenz, leicht           unzureichende Deckung des Energie-, Protein- und
                                                 verdaulich (blähungsarm), Stufe 2: ab ca. 5. – 6. Tag    Mikronährstoffbedarfs
                                                 nach Stomaanlage, keine langfaserigen, körnigen,         Deckung des Energie- u. Nährstoffbedarfs, ggf.
                                                 hartschaligen Lebensmittel (v.a. bei Ileostoma!),        eiweißreich (Zusatz von Hühnerei/ Eiweißpulver),
                                                 Sonderfall Ileostoma: gern stopfende und festere         reichlich kohlensäurearm trinken (mind. 2 l/d),
                                                 Lebensmittel, weniger Suppen/ Breie)
      Stoffwechsel-        Diabeteskost          D. m. Typ I mit konsequenter BE-Verteilung               bei neu diagnostiziertem Diabetes mellitus Typ I –
      adaptierte           Kohlenhydratfreie     Insulinneueinstellung, keine Dauerkost –                 Insulineinstellung
      Kostformen           Kost                  max. 3 – 4 Tage, sehr kohlenhydratarm                    deckt nicht den Energie- und essentiellen
                                                                                                          Nährstoffbedarf
      Protein- und         Eiweißreiche Kost     ca. 100 – 140 g Gesamteiweiß/Tag,                        Störungen im Eiweißstoffwechsel, erhöhter
      Energiedefinierte                          Stufe 1: (+ 30 g Eiweiß/d),                              Eiweißbedarf (onkologische Erkrankung/
      Kostformen                                 Stufe 2: (+ 50 g Eiweiß/d),                              Wundheilungsstörungen)
                                                 Stufe 3: (+ 70 g Eiweiß/d)

                           Hochkalorische Kost   Anreichern der Speisen mit Maltodextrin                  Mangelernährung/Untergewicht/onkologische
                                                 (ca. 200 – 400 kcal zusätzlich), sichert den Bedarf an   Erkrankungen
                                                 allen essentiellen Nährstoffen, Stufe 1: (ca. 2.350
                                                 kcal/Tag), Stufe 2: (insgesamt ca. 2.700 kcal/Tag)
      Allergien und        Zöliakie                                                                       nur bei gesicherter Diagnose
      Nahrungsmittel-      Unverträglichkeiten                                                            Laktose-/Fructose-unverträgklichkeit
      Unverträglichkeit    Allergien                                                                      nur bei gesicherter Diagnose
      Sonderkostformen     Keimreduzierte Kost   portionsweise verpackt                                   Immunsuppression, Knochenmarktransplantation

                           Kost für              Hochkalorische Kost (30 – 35 kcal/kg KG),                Kost ist reich an Arginin, Glutamin und
                           Brandverletzte        Eiweißreiche Kost (ca. 1,5 – 2 g/kg KG),                 Omega-3-Fettsäuren
                                                 ausreichende Flüssigkeitszufuhr, ca. 2.600 kcal/Tag
                                                 lactosearm, hochwertige Getreide, leicht verdauliche
                           Vitalkost PLUS        Ballaststoffe, reich an Omega-3- FS und Vitamin C        onkologische Erkrankungen

                           Wunschkost

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ORIGINALIE

nung eine Facharztanerkennung in     nährungsmedizin ihren Platz im Kran-       rung des klinischen Outcomes errei-
einem Gebiet der unmittelbaren Pati- kenhausalltag. Um die Notwendigkeit        chen. Mit dem OPS-Kode „Ernährungs-
entenversorgung voraus. Ein 100 Stun-adäquater Ernährungstherapie deut­         medizinische Komplexbehandlung 8-98j“
den-Kurs in Ernährungsmedizin und    licher in den Fokus zu rücken, sollten     kann dieser Aufwand nun auch kodiert
120 Stunden Fallseminare unter Super-ein Ernährungsteam und ein aktueller       werden. 
vision sind erforderlich. Die Fallsemi-
                                     Kostformkatalog zur Verfügung stehen.
nare können aber auch durch sechs    Ein Ernährungsteam, welches mit pro-                     Literatur unter www.slaek.de ➝
Monate Weiterbildung unter Befugnis  fessionellen Strukturen nach dem                                 Presse/ÖA ➝ Ärzteblatt
an Weiterbildungsstätten ersetzt wer-Ernährungsscreening eine adäquate
                                                                                                    Korrespondierender Autor
den.                                 Therapie für mangelernährte Patienten               Prof. Dr. med. habil. Arved Weimann
                                     einleitet, kann alle medizinischen Fach-          Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und
Zusammenfassung                      bereiche ab der Diagnosestellung                                   Onkologische Chirurgie
                                                                                           Klinikum St. Georg Leipzig gGmbH
Auch mit Blick auf die immer kürzer unterstützen, sowie eine Risikoreduk-               Delitzscher Straße 141, 04129 Leipzig
werdenden Verweildauern hat die Er­­ tion für Komplikationen mit Verbesse-            E-Mail: Arved.Weimann@sanktgeorg.de

Ärzteblatt Sachsen 3|2022                                                                                                        25
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