Nachqualifizierung als Zweite Chance zum Berufsabschluss - Eine Handlungsanleitung
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Christoph Eckhardt, Katrin Gutschow, Franz Schapfel-Kaiser Nachqualifizierung als Zweite Chance zum Berufsabschluss Eine Handlungsanleitung F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 1
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ Die Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ wurde im Auftrag des Bundesinstitutes für Berufsbildung – Good Practice Center zur Förderung Be- nachteiligter in der beruflichen Bildung erarbeitet von Christoph Eckhardt QualiNETZ Beratung und Forschung GmbH Dellstraße 13 47051 Duisburg Tel.: (02 03) 28 75 88, Fax: (02 03) 2 17 15 E-Mail: eckhardt@qualinetz.de Überarbeitung: Stand 07.Januar 2002 F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 2
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 1 1 EINFÜHRUNG 5 2 WELCHE ZIELGRUPPEN WERDEN DURCH DIE BERUFSBEGLEITENDE NACHQUALIFIZIERUNG ANGESPROCHEN? 7 3 WARUM HAT DER BERUFSABSCHLUSS – TROTZ VORHANDENER BERUFSERFAHRUNG – EINE SO GROSSE BEDEUTUNG? 10 4 WELCHE STANDARDS DER BERUFSBEGLEITENDEN NACHQUALIFIZIERUNG WURDEN IN DEN MODELLVERSUCHEN BISHER ENTWICKELT? 13 5 WELCHE QUALITÄTSANFORDERUNGEN WERDEN AN NACHQUALIFIZIERUNGSMAßNAHMEN GESTELLT? 17 6 WELCHE MODELLE ZUR KOMBINATION VON BESCHÄFTIGUNG UND WEITERBILDUNG ZUM BERUFSABSCHLUSS SIND ERPROBT? 21 6.1 Arbeitsverhältnis in Betrieben mit begleitenden Kursen beim Bildungsträger 23 6.2 Beschäftigung in Betrieben im Wechsel mit Qualifizierungsblöcken 27 6.3 Erwerb von Berufsabschlüssen im Rahmen öffentlich geförderter Beschäftigung 34 7 WIE LÄSST SICH DIE BERUFSBEGLEITENDE WEITERBILDUNG ZUM BERUFSABSCHLUSS FINANZIEREN? 41 7.1 Finanzierungsmöglichkeiten durch das SGB III 41 7.2 Finanzierungsmöglichkeiten des Jugendsofortprogramms 44 7.3 Finanzierungsmöglichkeiten durch ESF-Bundesmittel 46 7.4 Finanzierungsmöglichkeiten aus ESF-Mitteln der Bundesländer 47 F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 3
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 8 WELCHE VORTEILE HAT DIE MODULARE GLIEDERUNG DER QUALIFIZIERUNG UND WIE WERDEN MODULE UND BAUSTEINE ENTWICKELT? 49 8.1 Vorteile der Gliederung des Berufsbildes in Module 50 8.2 Entwicklung von Modulen und Bausteinen 52 9 WIE WERDEN ABGESCHLOSSENE MODULE DOKUMENTIERT ? 57 Der Aufbau des Qualifizierungspasses 59 10 WELCHE ERFAHRUNGEN SIND FÜR EINE ZUSAMMENARBEIT MIT BETRIEBEN IN DER NACHQUALIFIZIERUNG HILFREICH? 61 10.1 Betriebliche Gründe für die Nachqualifizierung An- und Ungelernter zum Berufsabschluss 62 10.2 Aufgaben von Bildungsträgern zur Unterstützung betrieblicher Nachqualifizierung 65 11 WIE HABEN TEILNEHMER/INNEN DIE NACHQUALIFIZIERUNG ERLEBT? 71 FRANK, 26, OHNE AUSBILDUNG, OHNE ARBEIT 72 SIGGI, 23, OHNE AUSBILDUNG, OHNE ARBEIT 72 THEO, 26, OHNE AUSBILDUNG, OHNE ARBEIT 73 MARK, 27, OHNE AUSBILDUNG, OHNE ARBEIT 73 MODULE 74 12 WO GIBT ES PARTNER UND HILFEN FÜR DIE UMSETZUNG? 76 12.1 Die wichtigsten Ansprechpartner/innen und Institutionen mit Adressen und Internetangeboten 76 12.2 Kommentierte Literatur zur berufsbegleitenden Nachqualifizierung und Modularisierung in der beruflichen Weiterbildung 84 F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 4
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 1 Einführung Junge Menschen brauchen eine abgeschlossene Berufsausbil- dung, um dauerhaft einen Platz im Arbeitsleben zu erreichen. Die Arbeitsmarktstatistiken der vergangenen Jahrzehnte zeigen deutlich, dass die Zahl der Arbeitsplätze für An- und Ungelernte immer weiter abnimmt und eine abgeschlossene Berufsausbil- dung eine Mindestqualifikation für den Einstieg ins Arbeitsleben darstellt. Bundesweit 1,3 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren bleiben derzeit ohne Ausbildungsabschluss, das sind 12 bis 15 Prozent eines Altersjahrganges. Um allen Jugendlichen einen Berufsabschluss zu ermöglichen, sind in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen zur Erwei- terung des Ausbildungsplatzangebotes, zur Verbesserung der Berufsorientierung und Berufsvorbereitung und zur Differenzie- rung und Individualisierung der Berufsausbildung unternommen worden. So wurden bspw. für junge Erwachsene ohne Berufsabschluss in der BiBB-Modellversuchsreihe „Berufsbegleitende Nachquali- Modellversuche zur fizierung“ (gefördert vom BMBF) und in anderen Modellprojek- berufsbegleitenden ten des Bundes und der Länder Konzepte erprobt, die den Er- Nachqualifizierung werb eines anerkannten Berufsabschlusses berufsbegleitend in zum Berufsabschluss einer Kombination von Beschäftigung und Qualifizierung er- möglichen. Diese Konzepte wenden sich an (junge) Menschen, die nicht mehr für eine berufliche Erstausbildung zur Verfügung stehen, bereits Arbeitserfahrungen haben und einen Arbeitsplatz su- chen bzw. behalten wollen. Sie ermöglichen ihnen, sich Schritt für Schritt – in Module gegliedert – alle diejenigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, die sie zu einer quali- fizierten beruflichen Tätigkeit befähigen und die in der Ab- schlussprüfung nachgewiesen werden müssen. Durch die Einbeziehung des betrieblichen Arbeitsplatzes als Lernort und durch zielgruppenspezifische Lernkonzepte kön- nen auch solche Teilnehmer/innen einen Berufsabschluss er- reichen, die in einer regulären Umschulung dieses Ziel auf- grund ihrer individuellen schulischen und beruflichen Vorqualifi- kationen nicht erreichen würden. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 5
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ Mit der Handlungsanleitung des Good Practice Center zur För- derung von Benachteiligten in der Berufsbildung will das Bun- desinstitut für Berufsbildung Betrieben, Bildungsträgern, Kam- mern, Arbeitsämtern, Beratungs- und Forschungseinrichtungen und Verantwortlichen für Finanzierungsprogramme des Bundes und der Länder einen Überblick über die Möglichkeiten der be- rufsbegleitenden Nachqualifizierung zum Berufsabschluss als zweite Chance geben. Diese Handlungsanleitung soll die Einführung und Umsetzung dieses neuen Qualifizierungsansatzes unterstützen. In den ein- zelnen Kapiteln werden Antworten auf folgende Fragen gege- ben: Welche Zielgruppen werden angesprochen? Warum hat der Berufsabschluss – trotz vorhandener Berufser- fahrung – eine so große Bedeutung? Welche Standards wurden bisher entwickelt? Welche Qualitätsanforderungen werden an Nachqualifizie- rungsmaßnahmen gestellt? Welche Modelle zur Kombination von Beschäftigung und Wei- terbildung zum Berufsabschluss sind erprobt? Wie lässt sich berufsbegleitende Nachqualifizierung finanzie- ren? Welche Vorteile hat die modulare Gliederung der Qualifizierung und wie werden Module und Bausteine entwickelt? Wie werden abgeschlossene Module dokumentiert ? Welche Erfahrungen sind für eine Zusammenarbeit mit Betrie- ben in der Nachqualifizierung hilfreich? Wie haben Teilnehmer/innen die Nachqualifizierung erlebt? Wo gibt es Partner und Hilfen für die praktische Umsetzung? F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 6
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 2 Welche Zielgruppen werden durch die be- rufsbegleitende Nachqualifizierung angespro- chen? Mit dem Konzept der berufsbegleitenden Nachqualifizierung werden an- und ungelernte junge Erwachsene angesprochen, die ♦ bereits einen Arbeitsplatz haben oder hatten und wieder einen Arbeitsplatz suchen, ♦ nicht mehr in ein Ausbildungsverhältnis (Erstausbildung) integriert werden können, ♦ daran interessiert sind, einen anerkannten Berufsabschluss begleitend zur Berufstätigkeit zu erreichen, ♦ aufgrund ihrer schulischen und beruflichen Vorqualifikatio- nen nicht für eine reguläre berufliche Weiterbildung zum Be- rufsabschluss (Umschulung) in Frage kommen, ♦ ihren Berufsabschluss aber in Verbindung mit einem Ar- beitsplatz und mit Hilfe einer zielgruppengerechten Qualifi- zierung und Förderung erreichen können. Das Konzept ist keine Alternative zur beruflichen Erstausbil- dung. Jugendliche, die noch keinen Berufsabschluss haben, Keine Alternative sollen vorrangig durch die Vermittlung in ein betriebliches Aus- zur beruflichen Erst- bildungsverhältnis gefördert werden. ausbildung Auch (junge) Erwachsene, die ihren Berufsabschluss in einer oder zur Umschulung regulären – auf zwei Drittel der regulären Ausbildungszeit ver- kürzten – Umschulung erreichen können, sollten dies dort tun. Das Angebot der berufsbegleitenden Nachqualifizierung zum Berufsabschluss in Verbindung mit Beschäftigung ist gedacht für diejenigen An- und Ungelernten, die ♦ sich bereits in einem Arbeitsverhältnis befinden und dieses nicht aufgeben möchten; ♦ in erster Linie einen neuen Arbeitsplatz suchen, aber am Erwerb eines Berufsabschlusses interessiert sind, wenn dies berufsbegleitend möglich ist; F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 7
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ ♦ aufgrund schwieriger schulischer und beruflicher Vorqualifi- kationen einer besonderen Förderung bedürfen und durch die Verbindung von Theorie und Praxis und die Verknüpfung von beruflichem Lernen und betrieblichem Arbeitsprozess gute Chancen zum Bestehen der Abschlussprüfung haben. Besonders junge Menschen ohne Schulabschluss mit im Aus- land erworbenen Schulabschlüssen, aber auch junge Men- schen mit Hauptschulabschluss laufen Gefahr, trotz mehrfacher Bemühungen keinen Ausbildungsabschluss zu e rreichen. Besonders betroffen sind auch ausländische Jugendliche sowie junge Frauen und Männer, die Kinder zu betreuen haben. Die Wahrscheinlichkeit, keinen Ausbildungsabschluss zu errei- chen oder arbeitslos zu werden, nimmt zu, wenn die jungen Menschen nach der Schule zunächst eine Arbeit aufgenommen haben oder mehr als zwei vergebliche Versuche zur Aufnahme bzw. zum Abschluss einer beruflichen Erstausbildung hinter sich haben. Für sie ist die berufsbegleitenden Nachqualifizierung zum Be- rufsabschluss gedacht. Sie ist zwar ursprünglich für junge Er- wachsene zwischen 20 und 29 Jahren entwickelt worden, greift aber genauso für Menschen über 30 (vgl. BMBF 1999a, 65- 69). J u g e n d l i c h e o h n e B e r u f s a b s c h l u s s Verzicht auf eine angebotene Ausbildungsstelle; 12,30% Kein Erfolg bei der Keine Ausbildung Suche nach nachgefragt; 37,90% Ausbildungsplätzen; 14,00% Ausbildung abgebrochen; 35,90% Quelle: BMBF 1999a, 65-69 F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 8
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ Das Risiko der Arbeitslosigkeit nimmt für junge Menschen ohne Berufsabschluss zu. Etwa zwei Drittel der arbeitslosen Jugend- liche n haben keinen Berufsabschluss (1990: 52,4 Prozent; 1996: 58,9 Prozent). Die Zahl der beschäftigten Jugendlichen ohne Berufsabschluss ist zwischen 1990 und 1996 um mehr als die Hälfte zurückgegangen (BMBF 1999a, 13-14). Nach den Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufs- forschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB) werden im Jahre 2010 nur noch 10 Prozent aller Arbeitsplätze für An- oder Unge- lernte geeignet sein. Für mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze wird eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgesetzt. Auch der Anteil der Arbeitsplätze, bei denen ein Abschluss als Meister/in oder Techniker/in, ein Fachhochschul- oder Hoch- schulabschluss gefordert wird, steigt weiterhin an. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 9
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 3 Warum hat der Berufsabschluss – trotz vor- handener Berufserfahrung – eine so große Bedeu- tung? In der beruflichen Erstausbildung werden die Grundlagen ge- legt, um sich schnell und flexibel wechselnden Anforderungen stellen zu können. Berufliche Bildung umfasst über die Fach- kompetenz im jeweiligen Beruf hinaus unter a nderem die Fä- higkeit zu selbstständigem Arbeiten und Lernen, zur Überna h- me von Verantwortung, zur Lösung von Problemen, zur Ent- wicklung und Umsetzung neuer Ideen. Die enorme Geschwin- digkeit bei der Entwicklung neuer Techniken verlangt die Fähig- keit, sich permanent weiterzubilden und sich neuen Herausfor- derungen zu stellen. Immer mehr Menschen üben innerhalb eines Arbeitslebens mehrere Berufe aus. Menschen, die keine Berufsausbildung abgeschlossen haben, sind von vielen Mög- lichkeiten der beruflichen und persönlichen Entwicklung ausge- schlossen. Für Menschen ohne Berufsabschluss wird es immer schwieri- ger, Arbeitsplätze als Un- oder Angelernte zu finden. Denn mit fortschreitender Technisierung werden gerade die Arbeitsplätze wegrationalisiert, die sich durch einfach zu erlernende Routine- tätigkeiten auszeichnen. Selbst bei den typischen Angelerntenarbeitsplätzen in der in- dustriellen Produktion, z. B. Maschinenbedienung oder Monta- Veränderte Qualifikation ge, werden heute zunehmend Facharbeiterqualifikationen er- anforderungen wartet, die selbstständiges Planen, Durchführen und Kontrollie- ren der Arbeit ermöglichen. Das Bedienungspersonal muss in der Industrie neben der Einrichtung und Überwachung der Maschinen War- tungstätigkeiten selbst ausführen und bei Störungen die Ursa- chen analysieren können, um die Ursachen – mit Unterstützung erforderlicher Spezialisten – beseitigen zu können. Bei Produk- tionsumstellungen oder Einführung neuer Maschinen müssen sie sich selbstständig in die neue Aufgabenstellung einarbeiten können. Es wird für die Unternehmen zu teuer, Angelernte je- des Mal neu zu trainieren. Statt dessen setzen sie lieber – auch berufsfremde – Facharbeiter/innen ein, die ihre Aufgabenste l- lungen selbstständig bewältigen können. Auch im Handwerk und im Dienstleistungsgewerbe verändern sich Arbeitsabläufe und Techniken permanent. Die Arbeitskräfte werden ständig neuen Anforderungen ausgesetzt. Auch einfach F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 10
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ Veränderte aussehende Tätigkeiten wie z. B. das Kassieren oder die Mon- Qualifikations- tage verlangen das Verständnis komplexer technologischer, anforderungen arbeitsorganisatorischer und Wirtschaftlicher Zusammenhänge. Berufliche Tätigkeit ist auf allen Ebenen mit lebenslangem Ler- in Handwerk und Dienstleis- nen verbunden. tung Es bleiben zwar immer noch in gewissem Umfang Einfachar- beitsplätze übrig. Sie sind aber mit einem hohen Rationalisie- rungs- und damit Arbeitsplatzrisiko verbunden, wenn die Ar- beitskräfte nicht gleichzeitig auch in der Lage sind, sich ihren Möglichkeiten entsprechend weiter zu qualifizieren und auf neuen, ähnlichen Arbeitsplätzen zurecht zu finden. Die in Module gegliederte Nachqualifizierung zum Berufsab- Neue Lösungen schluss bietet hierfür Lösungen an: durch modulare Weiterbildung ♦ Auch An- und Ungelernte, die in der beruflichen Erstausbil- dung oder Umschulung keinen Berufsabschluss erreicht ha- ben oder erreichen würden, erhalten durch die Verknüpfung von beruflichem Lernen und betrieblicher Praxis eine Chan- ce, dieses Ziel zu erreichen, gegebenenfalls über einen längeren Zeitraum hinweg. ♦ Durch die Gliederung in Module erhalten sie in Teilen des Berufsbildes facharbeitertypische Qualifikationen: selbst- ständiges Planen, Durchführen und Kontrollieren der Arbeit und die erforderlichen fachlichen Kompetenzen bezogen auf bestimmte Teile bzw. Einsatzgebiete des Berufes. Sie kön- nen also zumindest in ihrem Arbeitsbereich facharbeitertypi- sche Tätigkeiten ausführen und sich bei einem Arbeits- platzwechsel durch den Erwerb zusätzlicher Module schnell auf neue Anforderungen weiter qualifizieren. Deshalb sollte es künftig insbesondere bei arbeitslosen jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss zum Standard gehören, ihnen neben der Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis auch die Chance zu bieten, durch eine berufsbegleitende modulare Wei- terbildung einen Berufsabschluss zu erreichen. Bildungspoliti- Bildungspolitische Empfehlungen des Bundesministeriums für sche Empfeh- Bildung und Forschung, des Bundesinstitutes für Berufsbildung, lungen des Forum Bildung und vieler anderer Institutionen und Persön- lichkeiten haben seit Beginn der 90er Jahre darauf aufmerksam gemacht, dass über die Verbesserung des Einstieges und des Erfolges der beruflichen Erstausbildung hinaus ein Angebot F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 11
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ zum Nachholen von Berufsabschlüssen im Verbund mit Be- schäftigung als „Zweite Chance“ erforderlich ist. Im Berufsbil- dungsbericht 2001 der Bundesregierung heißt es dazu: Weiterhin Handlungsbedarf besteht auch bei der Nach- Berufsbil- qualifizierung von jungen Erwachsenen ohne Berufsab- dungsbericht schluss. Ziel ist es, junge Erwachsene mit einem kombi- 2001 nierten Ansatz von Arbeit und Qualifizierung zur Exter- nenprüfung oder Umschulungsprüfung nach dem Be- rufsbildungsgesetz bzw. Handwerksordnung und damit schrittweise zu einem anerkannten Berufsabschluss zu führen. Hier geht es insbesondere darum, die aus der seit 1995 durchgeführten Modellvorhabenreihe „Berufs- begleitende Nachqualifizierung “gewonnenen Erkennt- nisse für die Konzeption von Regelangeboten zur Nach- qualifizierung von jungen Erwachsenen zu nutzen (S. 32). Chancengleichheit Chancengleichheit beim Zugang zur beruflichen Aus- und Wei- terbildung ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und sozialen Stabilität in einer Gesellschaft im Wandel. Eine Berufsausbildung soll nicht nur dazu befähigen, im Anschluss an diese Ausbildung eine qualifizierte Berufstätigkeit aufneh- men zu können. Sie leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Teilhabe an der Gesellschaft. Sie soll junge Menschen auch in die Lage versetzen, sich über den eigenen Arbeitsbereich hin- aus bei der Gestaltung der Arbeitswelt sowie gesellschaftspoli- tisch zu engagieren und den Wandel gestalten zu können. Chancengleichheit ist auch notwendige Voraussetzung dafür, alle Qualifikationspotenziale, die Wirtschaft und Gesellschaft brauchen, zu erschließen. Deshalb ist es das Ziel der Bundesregierung, zusammen mit den Partnern im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbe- werbsfähigkeit und den Ländern alle Instrumente zur Verwirkli- chung des Grundsatzes „Berufsausbildung für alle “ von der Berufsorientierung und Berufsvorbereitung, über die Ausbil- dungsförderung bis zur Nachqualifizierung weiter zu entwickeln und effektiver zu gestalten sowie Benachteiligungen und Un- gleichgewichte in der beruflichen Weiterbildung abzubauen. (aus dem Berufsbildungsbericht 2001 der Bundesregierung, S. 8). F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 12
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 4 Welche Standards der berufsbegleitenden Nachqualifizierung wurden in den Modellversu- chen bisher entwickelt? Berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluss ermöglicht es an- oder ungelernten jungen Erwachsenen, be- gleitend zur Berufstätigkeit und in Verbindung mit dem Arbeits- prozess die beruflichen Qualifikationen zu erwerben, die für den Berufsabschluss und für eine berufliche Tätigkeit auf dem Ni- veau von Facharbeiter(inne)n, Gesell(inne)n etc. erforderlich sind. Mit dem Begriff „berufsbegleitende Nachqualifizierung“ wird Begriffsklärung ausgedrückt, dass sich die (jungen) Erwachsenen nachträglich Nachqualifizierung: zu einem anerkannten Berufsabschluss qualifizieren – als zwei- te Chance, wenn dieses Ziel im Rahmen der beruflichen Erwerb eines Be- Erstausbildung nicht erreicht worden ist. rufsabschlusses in Verbindung mit Be- schäftigung Der Begriff fü hrt oft zur Verwechslung mit beruflicher Nachquali- fizierung; diese bezeichnet üblicherweise eine Anpassungsfort- bildung für Personen mit Berufsabschluss, die sich für verän- derte Anforderungen ihres Berufes (neue Technologien, verän- derte Produktionsorganisationen oder neue Arbeitsplätze) nachqualifizieren. Berufsbegleitende Nachqualifizierung zum Berufsabschluss bietet dagegen an- und ungelernten (jungen) Erwachsenen die Möglichkeit, sich begleitend zu einer beruflichen Tätigkeit nach- träglich zu einem anerkannten Berufsabschluss zu qualifizieren. Besser geeignet erscheint inzwischen die Bezeichnung „be- Modulare rufsbegleitende modulare Weiterbildung zum Berufsabschluss“. Weiterbildung Sie vermeidet die unterschiedliche Verwendung des Begriffes zum Berufsa b- „Nachqualifizierung“ ebenso wie die Stigmatisierung des „nach- schluss träglichen“ Erwerbs eines Berufsabschlusses. Sie stellt den An- satz vielmehr als einen von mehreren möglichen Wegen zum Berufsabschluss dar. Weiterhin wird der Charakter der Weiter- bildung als berufsbegleitend und in Module gegliedert hervor- gehoben, im Unterschied zu einer Weiterbildung in Form einer Umschulungsmaßnahme in Vollzeit- oder Teilzeitform. Diese modulare Organisationsform der Weiterbildung wird in Zukunft nicht nur für An- oder Ungelernte, sondern auch für Umschüler/innen insgesamt an Bedeutung gewinnen. Denn F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 13
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ durch das JOB-AQTIV-Gesetz soll in Zukunft längere Arbeitslo- sigkeit nach Möglichkeit vermieden werden. Für Arbeitslose, zu deren beruflichen Eingliederung eine Weiterbildung erforderlich ist, bieten in Module gegliederte und berufsbegleitende Ange- bote den Vorteil, dass sie nach relativ kurzer Zeit der Vollzeit- Weiterbildung wieder in ein Arbeitsverhältnis integriert werden können, dennoch aber das angestrebte Ziel (eines neuen Be- rufsabschlusses) weiter verfolgen können. Deshalb wird es sich über kurz oder lang als nützlich erweisen, die bisher starren Umschulungsangebote der Arbeitsämter – einmal im Jahr be- ginnt eine ein- oder zweijährige Weiterbildung – durch modulare Systeme zu ersetzen, die einen Einstieg zu Beginn eines jeden Moduls möglich machen, also zeitnah zur eingetretenen Ar- beitslosigkeit bzw. zum festgestellten Qualifizierungsbedarf (vgl. dazu die Kapitel 7 und 8). Standards der be- Weiterbildungsangebote für an- und ungelernte Teilneh- rufsbegleitenden mer/innen mit besonderem Förderbedarf müssen aber – abwei- Nachqualifizierung: chend von den Weiterbildungsangeboten für Menschen, die schon einen Berufsabschluss erworben haben – besondere konzeptionelle Merkmale aufweisen. Die folgenden Standards der berufsbegleitenden Nachqualifizierung, die von den BiBB- Modellversuchen gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Be- rufsbildung entwickelt wurden, kennzeichnen die Besonderhei- ten der Angebote und beschreiben die Innovationen der berufs- begleitenden Nachqualifizierung bzw. Weiterbildung zum Be- rufsabschluss gegenüber herkömmliche n Umschulungen oder der beruflichen Erstausbildung: ♦ Die Qualifizierung zum Berufsabschluss geschieht in Ver- berufsbegleitend bindung mit einem Arbeitsverhältnis in einem Betrieb oder bei einem Beschäftigungsträger. So erhalten die Lernenden ihren Arbeitsplatz und erreichen gleichzeitig einen anerkann- ten Berufsabschluss. Die Vergütung erfolgt angelehnt an die tariflichen bzw. ortsüblichen Löhne für Angelernte. ♦ Ziel ist immer ein nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Ziel: anerkannter Handwerksordnung anerkannter Berufsabschluss. Grundla- Berufsabschluss ge ist die jeweilige Verordnung über die Berufsausbildung mit dem Berufsbild und den Inhalten des Ausbildungsrah- menplanes. ♦ Das Berufsbild wird in einzelne Module gegliedert. Module Modulare Glied beschreiben arbeitsmarktverwertbare Qualifikationen auf der F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 14
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ Grundlage des Berufsbildes und des Ausbildungsrahmen- planes. ♦ Abgeschlossene Module werden durch Zertifikate beschei- nigt und in einem Qualifizierungspass dokumentiert. Die Ze r- tifikate werden von den jeweiligen Bildungsträgern nach be- Modulzertifikate standener Modulprüfung oder nach einem Feststellungsve r- Qualifizierungspass fahren zur Anerkennung von Vorqualifikationen ausgestellt. ♦ Curriculum und Maßnahmekonzept für die Weiterbildung zum Berufsabschluss (Modulgliederung, Untergliederung in Abstimmung mit den Bausteine, Lehrpläne, Lernorte, Prüfungs- und Festste l- zuständigen Stellen lungsverfahren) sind mit den nach dem Berufsbildungsge- setz zuständigen Stellen abgestimmt. Die Abschlussprüfung erfolgt entweder als Maßnahmeprüfung (Umschulung) oder als E xternenprüfung. ♦ Durch die Zertifizierung und Dokumentation in einem Quali - fizierungspass wird der Zugang zur Externenprüfung erleich- Leichterer Zu- tert. Kompetenzen aus bisherigen Berufstätigkeiten können gang zur Exter- anerkannt werden. Die Qualifizierung zum Berufsabschluss nenprüfung kann auf längere Zeiträume verteilt werden (z. B. unterbro- chen durch eine Familienphase oder Vollzeitbeschäftigung). ♦ Die berufsbegleitende Weiterbildung zum Berufsabschluss kann damit auf verschiedene Lernorte und/oder Maßna h- Unterschiedliche Lernorte men verteilt werden. Der betriebliche Arbeitsplatz wird als oder Maßnahmen Lernort mit einbezogen. Auch einjährige oder noch kürzere Maßnahmezeiten können für die Weiterbildung zum Berufsabschluss genutzt werden (z. B. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Teilzeitweiterbil- dungen oder die Aufteilung der Weiterbildung in einzelne Blöcke). Die Beschäftigungs-, Weiterbildungs- und familiären Interes- sen der Lernenden können besser miteinander in Einklang gebracht und auf die betrieblichen Anforderungen abge- stimmt werden. ♦ Das Lernen im Prozess der Arbeit verknüpft die Lernange- bote bei Bildungsträgern mit den Lernmöglichkeiten und Lernen im Prozess der Arbeit Lernanforderungen des betrieblichen Arbeitsprozesses und den individuellen Lernvoraussetzungen und Kompetenzen. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 15
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ ♦ Das Lernkonzept bezieht die vorhandenen Erfahrungen, Einbeziehung berufli- Kompetenzen und Stärken aus bisheriger Berufstätigkeit mit cher Erfahrungen und ein und berücksichtigt besonders diejenigen, die aus schuli- Stärken schen, sozialen, kulturellen oder sprachlichen Gründen einer besonderen Förderung bedürfen. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 16
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 5 Welche Qualitätsanforderungen werden an Nachqualifizierungsmaßnahmen gestellt? Berufsbegleitende Nachqualifizierung richtet sich vor allem an solche Zielgruppen, die nicht auf eine Berufstätigkeit verzichten können oder wollen, wä hrend sie sich zum Berufsabschluss qualifizieren. Darunter sind viele, die eine besondere Beratung und Förderung beim Lernen und bei der Integration in Arbeit benötigen. Durch die Zielgruppenvoraussetzungen und die Ver- knüpfung von Lernen und Arbeiten werden besondere Anforde- rungen an Nachqualifizierungsmaßnahmen gestellt, die bei der Maßna hmekonzeption zu berücksichtigen sind. In kombinierten Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßna h- Arbeitsverhältnis men zum Berufsabschluss befinden die Teilnehmer/innen sich kombiniert mit Wei- in der Regel in einem (Teilzeit-)Arbeitsverhältnis und nehmen terbildung parallel dazu an einer Weiterbildung teil. Sie bekommen dafür einen Lohn als Angelernte. Die jungen Erwachsenen sind in erster Linie an einem Arbeits- platz interessiert, weil sie Geld verdienen wollen oder müssen, um den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie zu sichern. In dieser Phase fällt es ihnen schwerer als ältere Arbeitne h- mer(inne)n, für die Dauer einer Umschulung auf ein Drittel des Lohnes zu verzichten. Zudem sind die Unterhaltsgeldansprüche für diese Zielgruppe oft so niedrig, dass der Lebensunterhalt ohne ergänzende Sozialhilfe nicht finanzierbar wäre (zwei Drit- tel der früheren Ausbildungsvergütung sind oft nicht mehr als 300 bis 500 DM). Das ist einer der Gründe, weshalb reguläre Umschulungen für viele jungen Erwachsenen kein geeignetes Förderinstrument zum Erwerb eines Berufsabschlusses sind. Die Dauer der kombinierten Beschäftigung und Qualifizierung Dauer der orientiert sich mit drei bis vier Jahren an der Dauer der berufli- Nachqualifizierung: chen Erstausbildung. Nach § 92 SGB III können bis zu zwei Drittel dieser Zeit als berufliche Weiterbildung gefördert werden. Drei bis vier Jahre Die restliche Zeit ist betriebliche Anwendung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Reguläre, verkürzte Umschulungen sind für Teilnehmer/innen gedacht, die bereits eine Berufausbildung abgeschlossen ha- ben. Sie können auf die berufsübergreifenden methodischen und sozialen Kompetenzen ihrer bisherigen Berufsausbildung zurückgreifen und ihr berufliches Wissen und Können leichter F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 17
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ auf den neuen Beruf übertragen. Bei An- und Ungelernten be- ziehen sich die vorhanden Arbeitserfahrungen und Vorqualifika- tionen in der Regel auf Hilfstätigkeiten, Routinearbeiten und auf das Arbeiten nach Anweisung. Ihre beruflichen Qualifikationen haben sie in einer nicht abgeschlossenen oder nicht auf den Berufsabschluss orientierten Qualifizierungsmaßnahme erwor- ben. Bei diesen Zielgruppen müssen die fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen, die eine Facharbeitertätigkeit kennzeichnen, grundlegend und systematisch erworben wer- den. Im Unterschied zu Auszubildenden können sie dabei aller- dings auf vorhandene Arbeitserfahrungen und Qualifikationen zurückgreifen. Deshalb geschieht die Qualifizierung unter Ein- beziehung des Arbeitsplatzes. Viele Angelernte benötigen je- doch zusätzliche Lernförderung. Aus diesen Gründen wird für die Weiterbildung An- und Unge- lernter zum Berufsabschluss als Zeitrahmen die reguläre Dauer der Erstausbildung vorgesehen. Die bei einer traditionellen Um- schulung aus dem Ausbildungsrahmenplan herausgekürzte Zeit der betrieblichen Anwendung wird im Rahmen eines betriebli- chen Arbeitsverhältnisses wieder mit einbezogen. Eine vorausgehende Vorbereitungsphase bzw. Feststellungs Vorbereitungsphase und Trainingsmaßnahme von insgesamt bis zu 12 Wochen (§ 48 SGB III) hat sich ebenfalls als unverzichtbar erwiesen, weil viele Teilnehmer/innen erst im Laufe dieser Zeit eine endgültige Entscheidung treffen können, ob sie im Rahmen dieses Kon- zeptes einen Berufsabschluss erwerben wollen oder können. Besonders in den ersten drei Monaten haben sich häufig hohe Fluktuationsraten ergeben, die zum Teil mit der Entscheidung für eine Arbeitsaufnahme ohne Qualifizierung verbunden sind, zum Teil auch mit gesundheitlichen Faktoren zusammenhä n- gen oder eine Entscheidung für andere berufliche oder familiäre Ziele als Grundlage haben. Solche Entscheidungen im Vorfeld zu treffen, ist Sinn solcher Feststellungs- und Trainingsmaß- nahmen. Für die berufsbegleitende Weiterbildung zum Berufs- abschluss ergibt sich nach dieser Maßnahme eine annähernd stabile Gruppe von Teilnehmer/innen. Das vergrößert für alle Beteiligten die Planungssicherheit und einen effizienten Mit- teleinsatz. Begleitung der Zur pädagogischen Begleitung der Nachqualifizierung zum Be- Integration in Arbeit rufsabschluss in Kombination mit Beschäftigung gehören auch F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 18
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ die Integration in den ersten Arbeitsmarkt – je nach Konzeption zu Beginn, während oder am Ende der Maßnahme. Für die Bewertung des Maßnahmeerfolges ist die erfolgreiche Integra- tion in ein Arbeitsverhältnis ausschlaggebend. Dies erfo rdert gezielte und systematische Aktivitäten des Trägers, insbeson- dere in schwierigen Arbeitsmarktregionen. Zur Beratung und Begleitung und zur individuellen Lernförde- Personalbedarf rung und Lernberatung sowie zur Differenzierung des Arbeits- und Lernprozesses ist der Personalaufwand größer als bei her- kömmlichen Umschulungen. Für 12 bis 15 Lernende sollten ein/e Ausbilder/in, eine halbe Stelle für eine/n Lehrer/in und ei- ne halbe Stelle für eine sozialpädagogische Begleitung zur Ver- fügung stehen. Da ausländische junge Erwachsene besonders gefährdet sind Förderung von ohne Berufsabschluss zu bleiben, müssen Nachqualifizie- Migrant(inn)en rungsmaßna hmen künftig auch verstärkt auf diese Zielgruppe ausgerichtet werden. Dies verlangt vor allem die gezielte Ver- mittlung von Fachsprache durch speziell geschultes Personal, integriert in die praktische und theoretische Unterweisung. Dar- über hinaus sollten auch die besonderen Potenziale gefördert werden, die sich aus der Zweisprachigkeit und der Zugehörig- keit zu verschiedenen Kulturen ergeben. Die Qualifizierung soll- te auch spezielle Anforderungen ausländischer oder im Ausland tätiger Betriebe berücksichtigen. Dies kann z. B. die Einbezie- hung von muttersprachlichen Fachmodulen zur Folge haben. Junge Erwachsene, die Kinder zu betreuen haben, sind eben- Teilzeitangebote falls besonders gefährdet, ohne Berufsabschluss zu bleiben. Nachqualifizierungsangebote sollten auch Teilzeitqualifizierung und Teilzeitarbeit ermöglichen sowie einen Teil der Lernzeit auf die Wohnung verlagern (Telelearning). Weiterhin gehört die Be- reitstellung von Kinderbetreuungsangeboten zu den Qualitäts- Kinderbetreuung anforderungen von Nachqualifizierung. Im Zusammenwirken mit den dafür zuständigen kommunalen Stellen (Jugend- und Sozialämtern, Kindertageseinrichtungen) müssen Plätze in Kin- dertageseinrichtungen bereitgestellt und ggf. finanzielle Zu- schüsse für den Mehraufwand an Kinderbetreuung in das Fi- nanzierungskonzept aufgenommen werden. Eine Weiterbildung kann auch in einzelne Maßnahmeteile (Mo- Aufteilung der dule) aufgeteilt werden, wenn die in diesem Teil vermittelten Weiterbildung in einzelne Module Kenntnisse und Fertigkeiten für sich bereits auf dem Arbeits- (§91 SGB III) markt verwertbar sind oder der Teil so ergänzt werden kann, F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 19
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ dass ein anerkannter Berufsabschluß erreicht werden kann (§ Zeitnahe Einstie- ge in modulare 91 SGB III). Eine Weiterbildungsmaßnahme zum Berufsab- Weiterbildung schluss kann also im Wechsel zwische n Qualifizierungsblöcken und betrieblicher Beschäftigung stattfinden. Da Module nicht unbedingt in einer festgelegten Reihenfolge durchlaufen wer- den müssen, können zu jedem Modul neue Teilnehmer/innen aufgenommen werden. Dies erlaubt zeitnahe Einstiege mehr- mals jährlich und eine volle Auslastung der geförderten Plätze. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 20
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 6 Welche Modelle zur Kombination von Be- schäftigung und Weiterbildung zum Berufsab- schluss sind erprobt? Durch die berufsbegleitende Nachqualifizierung werden junge Erwachsene in Arbeit integriert und begleitend dazu zum Be- rufsabschluss qualifiziert. In Modellversuchen wurden verschie- dene Modelle erprobt, wie Nachqualifizierung im Rahmen be- stehender Förderprogramme verwirklicht werden kann: ♦ die Integration in betriebliche Arbeitsverhältnisse mit begleitenden Kursen beim Bildungsträger, ♦ die Beschäftigung in Betrieben im Wechsel mit Qualifizierungsblöcken, ♦ der Erwerb von Berufsabschlüssen im Rahmen öffentlich geförderter Beschäftigung. Für an- und ungelernte (junge) Erwachsene eröffnen sich damit drei verschiedene Wege, begleitend zu einem Arbeitsverhältnis einen Berufsabschluss zu erwerben. Welcher Weg in Frage kommt, hängt von den individuellen Voraussetzungen und Zie- len, aber auch vom regionalen Arbeitsmarkt ab. Die Organisation und Finanzierung des Weiterbildungsangebo- tes sollte nach Möglichkeit so flexibel sein, dass die Interes- sent(inn)en die Wahl zwischen einem der drei Wege haben und nicht durch das Maßnahme- und Finanzierungskonzept auf ei- nen dieser Wege festgelegt werden. Wie die verschiedenen, in Modellversuchen erprobten Wege zu einem Modell verbunden werden können, zeigt die nachfolgen- de Grafik aus dem von den Thüringer Nachqualifizierungsträ- gern gemeinsam mit dem Landesarbeitsamt Sachsen-Anhalt – Thüringen und dem Thüri nger Ministeri um für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur erarbeiteten künftigen Maßnahme- und Fina n- zierungskonzept in Thüringen. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 21
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ B ERUF S B E G LE I T E ND FS N DE N NA ACCHH Q U A L IIF FII Z I E R U N NGG ZU U M B E RU FS A B S CHC HL U USS S I N T H Ü RIR I NG E N 2 M onate Orientierungsmaßnahme Ü be rga ng in Arbeit mit integriertem Arbeitsmarkt-Assessment oder eine a ndere 1 Monat betriebliches Praktikum Ar bei tsför derungsma ßnahme oder Qualifizierungs-ABM 36 Monate Beschäfti- (für einzelne Teilnehmer) gung im Betrieb, 9 Monate mit Modulem zum darin 24 Monate Qualifizierung Berufsabschluss berufsbegleitende beim 50% Arbeit Qualifizierung Bildungsträger 50% Qualifizierung in Modulen 3 Monate (für angelernte betriebliches Beschäftigte Praktikum aus Betrieben) und 24 Monate betriebliche Beschäf tigung (einschließlich 12 Monate Weiterbildungs- module) F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 22
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 6.1 Arbeitsverhältnis in Betrieben mit begleitenden Kur- sen beim Bildungsträger Im Rahmen des Berliner Programms 501/301 erhalten Klein- und Kleinstbetriebe bis zu drei Jahre lang Lohnkos- tenzuschüsse, wenn sie junge Menschen zwischen 18 und 27 Jahre beschäftigen, die wegen nicht ausreichender Qua- lifikationen bisher keine dauerhafte Beschä ftigung erreicht haben. Insgesamt 20 Prozent der geförderten Arbeitszeit kann für die Teilnahme an externen Qualifizierungsmaß- nahmen genutzt werden. Hierfür werden für die verschie- densten Berufe Kurse bei Bildungsträgern angeboten. Finanziert wird das Programm aus Mitteln der Berliner Se- natsverwaltung für Soziales und Gesundheit und aus Mit- teln der Europäischen Union. Die Qualifizierung erfolgt durch die Teilnahme an Kursen oder Lehrgängen in Tages-, Wochen- oder Teilzeitform, so dass keine längere Abwesenheit vom Betrieb stattfindet. Kernelement dieses Programms ist die Finanzierung von Lohn- Finanzierung kostenzuschüssen für die betriebliche Beschäftigung. Diese waren bisher aus Mitteln der Arbeitsverwaltung nicht über den langen Zeitraum von drei Jahren förderbar, so dass eine Fina n- zierung dieses Modells nur mit Hilfe von Landesmitteln und/oder mit Mitteln des ESF bzw. aus dem Jugendsofortpro- gramm möglich war. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 23
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ BiBB-Modellversuch „Differenzierte Wege zum Berufsab- schluss“ In diesem u. a. vom BMBF geförderten Modellversuch von BBJ Modulare Weiter- Servis gGmbH in Berlin – fachlich betreut vom Bundesinstitut bildung zum Be- für Berufsbildung - wurde eine in Module gegliederte Nachqua- rufsa bschluss lifizierung zum Berufsabschluss im Beruf Bürokauf- Büokaufmann/-frau mann/Bürokauffrau entwickelt. Auf ein kaufmännisches Grundlagenmodul bauen vier Fachmo- dule auf: Unternehmensorganisation und Kommunikation, Mar- keting und Finanzierung, Betriebliches Rechnungswesen und Personalwirtschaft. Die Module sind in einzelne Lehrbausteine gegliedert. Jedes Modul schließt mit einer Modulprüfung ab. Der modularen Qualifizierung liegt ein individueller Qualifizie- Qualifizierungsplan rungsplan zugrunde, in dem die Lernziele und einzelnen Modu- le mit ihren betrieblichen Intensivphasen und ggf. ein erforderliches Prakti- kum (nicht länger als drei Monate) festgelegt sind. In diesem Qualifizierungsplan werden die betrieblichen wie die außerbetrieblichen Qualifizierungsanteile defi- niert und zueinander in Beziehung gesetzt. Der Qualifizierungsplan bildet Vor- und nachbe- die Grundlage für die Ver- reitende Lehrbriefe bindung der Lernorte Be- trieb und Bildungsträger. Die vor- und nachbereite n- den Lehrbriefe zu jedem Lehrbaustein ergänzen die Vermittlung von Fachwis- sen und Qualifikationen in den Seminaren. Sie ver- knüpfen das Lernen beim Bildungsträger mit dem Lernen im Betrieb. Die vorbereitenden Lehrbriefe enthalten Fragen und Aufgaben aus dem betriebli- chen Alltag, die zum Teil die Befragung von Kolleg(inn)en oder Arbeitgeber/innen voraussetzen. Die vorherige schriftliche Be- antwortung ermöglicht dem Bildungsträger, in den Seminaren F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 24
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ zu den Lehrbaustei- nen direkt auf die betriebliche Praxis Bezug zu nehmen und innerbetriebliche Qualifizierungsmög- lichkeiten einzube- ziehen. Die nachbe- reitenden Lehrbriefe dienen der Wieder- holung des Lehrsto f- fes, geben konkrete Hinweise zur weite- ren Anwendung der erworbenen Kennt- nisse. Über die be- triebliche Praxis hi naus greifen die Lehrbriefe in Form und In- halt auch Fragen und Aufgaben aus den Abschlussprüfungen auf. Sie erleichtern damit die Prüfungsvorbereitung. Modulprüfungen werden alle Modulprüfungen sechs Monate vom Bildungsträger nach mit den Kammern abgestimmten Standards durchgeführt. Sie fragen nicht nur Kenntnisse ab, sondern prüfen auch die Fähigkeit zur praktischen Anwendung des Gelernten. Neben berufsspezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten wird die Be- herrschung moderner Kommunikationsmittel, die Fähigkeit zum Einordnen bestimmter Problemstellungen und beruflicher Hand- lungen und die Methodenkompetenz anhand von Praxissimula- tion erfasst. Neben dem Nachweis über die absolvierten Lehr- bausteine und Praktika erhalten die Teilnehmer/innen ein Mo- dulzertifikat, das im Qualifizierungspass gesammelt wird. Bestandene Modulprüfungen sind oft Auslöser für die Weiter- entwicklung von Absolventen im Betrieb, z. B. indem ihnen nach Bestehen neue verantwortungsvolle Aufgaben übertragen werden. Die Modulprüfungen schaffen auch nachvollziehbare Anlässe für die Lernberatung, besonders bezogen auf betriebli- che A nteile der Qualifizierung. Modulprüfungen sind somit wichtige Steuerungsinstrumente der modularen Qualifizierung. Durch die Festlegung von für alle nachprüfbaren Qualifizierungszielen tragen sie auch zur Quali- tätssicherung bei. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 25
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ Auf den Ergebnissen des BIBB-Modellversuchs basiert das von BBJ SERVIS gGmbH betreute „Netzwerk Modularisierung“, ei- Netzwerk Modularisi erung ne regionale Initiative von Bildungseinrichtungen, Qualifizie- rungsträgern und anderen Akteuren der beruflichen Bildung. Es dient dem Informations- und Erfahrungsaustausch, der Entwick- lung von Strategien zur weiteren Umsetzung modularer berufli- cher Weiterbildung und dem Aufbau von Kooperationsbezie- hungen zwischen Bildungsträgern und Akteuren der berufli- chen Weiterbildung. Mitgliedseinrichtungen des Netzwerkes bieten modulare Wei- terbildungen in den Berufen Arzthelferin, Altenpfleger/in, IT- Systemkaufmann/-frau, Fachkraft für Veransta ltungstechnik und Mediengestalter/in in Bild und Ton an. Mit „VmQ – Verfahren modularer Qualifizierung unter Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrungen“ wird ein gegliedertes Schulungs- und Coa- chingkonzept für Bildungseinrichtungen angeboten. Es umfasst die Th Quelle: Kontakt: em BBJ Servis gGmbH, BBJ SERVIS gGmbH en Modellversuch „Differenzierte Programm 501/301 mo Wege zum Nachholen von Be- Alt-Moabit 73 du- rufsabschlüssen“ im Rahmen 1055 Berlin lare des Berliner Programms Qu 501/301. Dokumentation und Ansprechpartner: Projektaus wertung Joachim Delbrück alifi Redaktion: Christina Below, zie- Joachim Delbrück, Tel.: (030) 3 99 98-0 run Berlin 2001 (BBJ Verlag), Fax: (030) 3 99 98-260 gs- (S. 17-28) Email: Delbrueck@bbj.de, kon Grafiken: Internet: www.bbj.de; zep www.modulnet-berlin.de; te, BBJ Servis gGmbH/ www.Qualifizierungspass.de Fes Markus Lau Hintzenstern tstellungsverfahren, Modulprüfungen und Zertifizierung im Qua- lifizierungspass sowie die Begleitung der Einführung modularer Qualifizierung beim Träger. F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 26
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ 6.2 Beschäftigung in Betrieben im Wechsel mit Qualifi- zierungsblöcken In den Nordrhein-Westfälischen Modellversuchen zur berufs- begleitenden Nachqualifizierung wurden 24 Monate Weite r- bildung zum Berufsabschluss in Vollzeit- Qualifizierungsblöcke auf drei Jahre verteilt. Damit die Lernenden bei ihrem Eintritt in ein betriebliches Arbeitsverhältnis bereits qualifiziert eingesetzt werden kön- nen, absolvieren sie in den ersten neun Monaten eine Voll- zeitqualifizierung beim Bildungsträger. Daran schließt sich ein dreimonatiges Praktikum zur Arbeitsaufnahme an. Es wird nur in solchen Betrieben durchgeführt, die im aktuellen Zeit- raum neue Fachkräfte suchen. Im zweiten und dritten Jahr haben die Lernenden einen Ar- beitsvertrag im Betrieb. Die Hälfte dieser Zeit werden sie zur Teilnahme an Vollzeitqualifizierungsblöcken beim Bildungs- träger freigestellt. In der übrigen Zeit arbeiten sie in den Be- trieben. Als Dienstleistung gegenüber Betrieben übernimmt der Bil- dungsträger in diesem Modell die Verantwortung dafür, dass in Weiterbildung den 24 Monaten Weiterbildung alle Fertigkeiten, Kenntnisse als Dienstleistung und Fähigkeiten vermittelt werden, die für eine qualifizierte gegenüber Betrieben Facharbeitertätigkeit und das Bestehen der Abschlussprüfung erforderlich sind. Deshalb werden mit dem Modell besonders solche Betriebe einbezogen, die sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der beruflichen Erstausbildung engagie- ren können. Gleichwohl beteiligen sie sich an der Qualifizie- rung, indem sie die Lernenden im Beschäftigungsteil an die einzelbetrieblichen Schwerpunkte und Besonderheiten heran- führen. Auch bezüglich der Reihenfolge und der Inhalte der Module orientieren sich die Bildungszentren an Wünschen der Betriebe. Dadurch entstehen während der Weiterbildung Bin- dungen an den Betrieb, die in der Regel zur Weiterbeschäfti- gung führen, sofern die Lernenden dies wünschen oder wirt- schaftliche Gründe dem nicht entgegenstehen. Die Dauer der Weiterbildungsblöcke ist je nach Branche und Beruf unterschiedlich. In den industriellen Metallberufen – er- probt wurde das Konzept bei der Gesellschaft für Aus- und Wei- terbildung mbH in Dortmund in den Berufen Industriemechani- F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 27
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ ker/in und Zerspanungsmechaniker/in - hat sich ein ständiger Branchengerechte Wechsel zwischen Bildungszentrum und Betrieb bewährt. Auf Dauer der Weiterbil- zwei Monate Vollzeitqualifizierung im Bildungszentrum und den dungsblöcke Abschluss eines Moduls folgt eine ebenso lange Anwe ndungs- und Vertiefungsphase im Betrieb, bevor das nächste Modul im Bildungszentrum begonnen wird. In den handwerklichen Metallberufen wurden in den auftrags- ärmeren Zeiten im Winter mehrmonatige Weiterbildungsblöcke im Bildungszentrum durchgeführt. In den auftragsstarken Zeiten stehen die Lernenden den Betrieben a ls Arbeitskräfte zur Ver- fügung und konnten ihre Qualifikationen anwenden und vertie- fen, die sie im Bildungszentrum erworben haben. Auftragsorientiertes Lernen im Bildungszentrum werden danach befragt, Das Lernkonzept stützt sich welche Module bzw. Aufträ- auf betriebliche Aufträge ge für die folgende betriebli- und Arbeitsprozesse. Die che Phase zentral sind und Module sind in Lern- und welche Besonderheiten da- Arbeitsaufträge unterglie- bei nach Möglichkeit im Bil- dert. Sie bilden typische be- dungszentrum berücksich- triebliche Anwendungen ab. tigt werden sollen (z. B. be- Die Lernenden eignen sich stimmte Maschinen oder im Bildungszentrum die zur Werkstoffe). Auftragsdurchführung nöti- gen Fertigkeiten, Kenntnis- Die Erfahrungen, die die se und Fähigkeiten an, um Lernenden im Betrieb bei die eigentlichen Aufträge der praktischen Durchfü h- später im Betrieb selbst- rung gewonnen haben, ständig ausführen zu kön- werden in der anschließen- Auftragssimulation nen. Da im Bildungszentrum den Bildungszentrumsphase selbst Aufträge nur in Aus- ausgewertet und zur Erwei- nahmefällen praktisch terung und Vertiefung des durchgeführt werden kön- Gelernten genutzt. Daraus nen, wird die Praxis anhand lernen auch diejenigen, die von Projekten oder Auf- in der zurückliegenden Pha- tragssimulationen durchge- se für bestimmte Aufträge führt. Im Bildungszentrum keine Anwendungsmöglich- werden somit die Aufträge, keiten hatten. die später in den Betrieben durchgeführt werden, fach- Ein Leitfaden zur betriebli- lich vorbereitet. Die Betriebe chen Auftragsbearbeitung F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 28
GPC Handlungsanleitung „Nachqualifizierung als zweite Chance zum Berufsabschluss“ dient zur Aufarbeitung der flexion der betrieblichen neuen Aspekte und Fragen, Aufträge, zur Wiederholung Leitfaden zur betrieb- lichen Auftragsbear- die bei der Durchführung und zur Lernförderung ge- beitung von bisher nicht bekannten nutzt. Sie dienen auch der betrieblichen Aufträgen ent- Pflege der Kontakte und zur standen sind. Dies bietet Bearbeitung eventuell auf- dem Bildungszentrum gute tretender Konflikte im Be- Anknüpfungsmöglichkeiten, trieb. um neue Inhalte praxisbe- zogen zu bearbeiten oder bereits Bekanntes noch einmal zu aktualisieren. Dies geschieht zum Teil auch während der betriebli- chen Phase: freiwillige Lernangebote an arbeits- freien Samstagen werden von den Lernenden zur Re- Quelle: Benno Chlebowski, Materialband Modulare Qualifi- zierung mit Berufsabschluss. Materialien aus dem Modellver- such „Modulare Qualifizierung mit Berufsabschluss“ bei der Gesellschaft für Qualifizierung im Handwerk mbH Düsseldorf, Reihe Lernen im Arbeitsprozess Band 7, Offenbach 2001 (INBAS GmbH) Kontakt: Gesellschaft für Qualifizierung im Handwerk mbH Handwerkskammer Düsseldorf Georg-Schulhoff-Platz 1 40221 Düsseldorf Wolfgang May, Martin Heinrich Tel.:(0211) 87 95-460 od. 498 Fax: (0211) 87 95-110 F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 29
BiBB-Modellversuch „Arbeit und Qualifizierung“ Im BiBB-Modellversuch „Arbeit und Qualifizierung“ des Bil- dungswerks der Hessischen Wirtschaft wurde eine Verknüp- fung von Teilzeitbeschäftigung im Betrieb und Teilzeit- Weiterbildung beim Bildungsträger im Beruf „Kaufmann/frau im Einzelhandel“ erfolgreich erprobt. Dieses Modell lässt sich eher in Berufen bzw. Branchen einsetzen, in denen Teilzeitbeschä f- tigung ohnehin ve rbreitet ist. Handlungssituationen (Mo- Für den Beruf „Kauf- Tätigkeitsorientiertes dule) schrittweise während mann/Kauffrau im Einzel- Modulsystem ihrer Teilzeitbeschäftigung handel“ wurden tätigkeits- bzw. im Praktikum. orientierte Module erarbei- tet. Die Tätigkeitsorientie- Der unmittelbare Erfa h- rung des Moduls ystems zielt rungsbezug erleichtert den auf eine enge Verknüpfung Teilnehmern das Lernen. von arbeitsorientiertem Ler- Der berufliche Alltag lässt nen und lernorientierter Ar- sie den Kundenbedarf und beit. Die Lernenden durch- das wirtschaftliche Gesche- laufen die betrieblichen hen unmittelbar erleben. Für Quelle: Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e. V., Qualifizierungspass für modulare Nachqualifizierung, Frankfurt 2000, S. 15 F:\2 gpc_intern\team\graef \handlungsanleitung2.doc 30
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