"Brüsseler Spitzen": Europäische Impulse für eine EEG-Reform
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ZUKUNFTSFRAGEN „Brüsseler Spitzen“: Europäische Impulse für eine EEG-Reform Moritz Bonn, Nadine Heitmann, Götz Reichert und Jan S. Voßwinkel Die Diskussion um das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) kann nicht ohne Beachtung seiner europarechtlichen Rahmenbedingungen geführt werden: Im November 2013 präsentierte EU-Energiekommissar Günther Oettinger Leitlinien für staatliche Eingriffe in den Stromsektor, die Prinzipien für die Förderung erneuerbarer Energien (EE) durch die EU-Mit- gliedstaaten formulieren. Zudem bereitet EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia derzeit Leitlinien für staatliche Bei- hilfen im Umwelt- und Energiesektor vor, die auch detaillierte Vorgaben für die staatliche Förderung erneuerbarer Energien enthalten sollen. Vor diesem Hintergrund wird die dabei zugrundeliegende energiepolitische Konzeption der Europäischen Kommission deutlich, die für die Reform des EEG in Deutschland relevant sein wird. Schlaglichtartig wurde die Bedeutung eu- ropäischer Vorgaben für das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) [1] offenbar, als mitten aus den Koalitionsverhandlungen heraus der damalige Bundesumweltmi- nister Peter Altmaier und NRW-Minister- präsidentin Hannelore Kraft nach Brüssel reisten, um bei EU-Wettbewerbskommissar Almunia um Verständnis für die Teilbefrei- ung stromintensiver Unternehmen von der EEG-Umlage zu werben („Besondere Aus- gleichsregelung“, §§ 40 ff. EEG). Dennoch hat die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission am 18.12.2013 ein Beihilfeprüfverfahren zu der Frage eingeleitet, ob diese Privilegierungen mit dem EU-Beihilferecht in Einklang stehen (Art. 107 ff. AEUV [2]). Im Extremfall könn- ten die bislang privilegierten Unternehmen zur Rückzahlung eingesparter Beträge ver- pflichtet werden – für viele von ihnen ein Eine deutliche Reduzierung der Förderkosten in Deutschland ist durch die derzeit erkennbaren Reformansätze vorerst nicht zu erwarten Creativa | Fotolia.com existenzbedrohendes Szenario. Darüber hinaus bereitet die Generaldirekti- einer künftigen Reform des EEG insgesamt EU-Mitgliedstaaten zwar nicht verbindlich. on Wettbewerb Leitlinien vor, nach denen sie an die wettbewerbsrechtlichen Vorgaben aus Energiekommissar Oettinger hat jedoch klar- von 2014 bis 2020 die Vereinbarkeit staatli- Brüssel gebunden. gestellt, dass sie in Form „bewährter Prak- cher Beihilfen im Umwelt- und Energiesek- tiken“ („best practices“) die grundlegenden tor mit dem EU-Wettbewerbsrecht beurteilen Brüssel setzt auf Prinzipien für die Ausgestaltung nationaler will („Beihilfe-Leitlinien“) [3]. Hierzu sollen „best practices“ EE-Förderregeln formulieren, die auch für erstmals EU-weit einheitliche Kriterien für deren beihilferechtliche Beurteilung rich- die beihilferechtliche Bewertung nationaler Welche konzeptionellen Erwägungen dabei tungsweisend sind. Regelungen zur EE-Förderung festgelegt die Europäische Kommission generell ver- werden. Sollte sich Wettbewerbskommissar folgt, lässt sich bereits heute aus der am Daher ist gerade mit Blick auf die aktuelle Almunia mit seiner umstrittenen [4] und 5.11.2013 von EU-Energiekommissar Gün- Diskussion um die Weiterentwicklung der von früherer Rechtsprechung zu EEG-Vor- ther Oettinger veröffentlichten Mitteilung Beihilfe-Leitlinien eine Analyse der EE- gängerregelungen [5] abweichenden Ansicht zu staatlichen Eingriffen in den Stromsek- Leitlinien und ihrer Relevanz für eine „eu- durchsetzen, dass das EEG bzw. die Entlas- tor [6] und insbesondere den begleitenden roparechtskonforme“ Weiterentwicklung tung stromintensiver Unternehmen als Leitlinien zu Fördersystemen für erneuer- des EEG – wie sie im Koalitionsvertrag von staatliche Beihilfen einzustufen sind, wäre bare Energien („EE-Leitlinien“ [7]) erschlie- CDU, CSU und SPD angekündigt wird [9] – Deutschland nicht nur hinsichtlich der Be- ßen [8]. Im Gegensatz zu den künftigen Bei- lohnend. Hierzu werden im Folgenden zur sonderen Ausgleichsregelung, sondern bei hilfe-Leitlinien sind die EE-Leitlinien für die Einordnung zunächst der EU-Rechtsrahmen 42 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2
ZUKUNFTSFRAGEN ZUKUNFTSFRAGEN zur EE-Förderung skizziert und anschlie- einbarkeit mit dem EU-Energiebinnenmarkt mie kann Schwankungen des Börsenpreises ßend die wesentlichen Prinzipien der EE- und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, (partiell) ausgleichen und somit die Pla- Leitlinien vorgestellt, anhand derer schließ- d. h. eine Beschränkung der Förderung auf nungssicherheit der Anlagenbetreiber erhö- lich Anforderungen an eine Reform des EEG das notwendige Minimum, beachtet werden. hen. Diese Planungssicherheit führt gegen- abgeleitet werden können. über fixen Einspeiseprämien zu niedrigeren Grundsätzlich erkennt die Kommission die Risikoaufschlägen der Kapitalgeber. Fixe EU-Rechtsrahmen EE-Förderung als gerechtfertigt an, da bei Prämien erlauben hingegen eine bessere Atom- und fossilen Kraftwerken nicht alle Kalkulation der Kosten eines Fördersystems Die Europäische Union verfolgt gemäß Kosten wie Luftverschmutzung internalisiert und sorgen dafür, dass Anlagenbetreiber Art. 194 Abs. 1 lit. c AEUV ausdrücklich werden, was deren Betreiber gegenüber den stärker auf Marktpreissignale reagieren. das Ziel, die Entwicklung erneuerbarer EE-Erzeugern im Wettbewerb bevorteilt. Sie Energiequellen zu fördern [10]. Das zentra- wiederholt allerdings auch ihre bereits 2012 Um Überförderung zu vermeiden, befür- le Instrument auf EU-Ebene hierzu ist die geäußerte Forderung, zukünftig die EE-För- wortet die Kommission eine verstärkte Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009/28/ derung „letztendlich“ einzustellen [14]. In Festlegung der Einspeiseprämien durch EG [11], die darauf abzielt, den EE-Anteil am vielen Mitgliedstaaten sieht sie einen Anpas- Ausschreibungen/Auktionen. Dabei müs- Gesamtenergieverbrauch der EU bis 2020 sungsbedarf der staatlichen Fördersysteme. sen potenzielle Investoren Gebote in Höhe auf mindestens 20 % zu erhöhen [12]. Da der von ihnen geforderten Einspeiseprämie das Potenzial für die Nutzung erneuerbarer Zunächst ist hervorzuheben, dass sich die abgeben. Die günstigsten der für die Bereit- Energiequellen und der gewachsene Ener- Kommission gegen rückwirkende Änderun- stellung einer bestimmten Strommenge aus- giemix in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten gen bestehender Förderregeln ausspricht, reichenden Gebote erhalten den Zuschlag. sehr unterschiedlich sind, teilt die Erneu- da Investoren in erneuerbare Energien erbare-Energien-Richtlinie das EU-weite transparente und stabile Rahmenbedingun- Quotensysteme stellen eine Alternative zu Ausbauziel in rechtsverbindliche „nationale gen benötigen. Zudem empfiehlt sie, öffent- durch Ausschreibungen/Auktionen ermittel- Gesamtziele“ für die einzelnen Mitglied- liche Konsultationen durchzuführen, bevor ten Einspeiseprämien dar, da sie ebenfalls staaten auf („effort sharing“) [13]. So muss Änderungen an Förderregeln vorgenommen durch Wettbewerbsprozesse eine Überförde- z. B. Deutschland den EE-Anteil bis 2020 auf werden. rung vermeiden. Bei Quotensystemen müs- mindestens 18 % steigern. sen Energieversorger für einen bestimmten, Die Kommission legt sich bei der Wahl des gesetzlich vorgegebenen Anteil des an End- Den Mitgliedstaaten steht es grundsätzlich Förderinstruments nicht auf ein einziges verbraucher gelieferten Stroms Zertifikate frei zu entscheiden, wie sie ansonsten ihren fest [15]. Allerdings sollen in Übereinstim- vorhalten, die die Produktion von Strom aus Energiemix gestalten und welche Instru- mung mit dem Prinzip der Vermeidung erneuerbaren Energien bestätigen. Da Ver- mente sie zur EE-Förderung nutzen wollen. einer Überförderung staatlich festgesetzte sorger einen Anreiz haben, die Quote mög- Denkbar sind neben Investitionsbeihilfen Einspeisevergütungen nur noch bei Tech- lichst günstig zu erfüllen, sind EE-Erzeuger sowie Steuererleichterungen insbesondere nologien während ihrer Einführungsphase einem wettbewerblichen Kostendruck ausge- Quotenregelungen, die zur Nutzung erneu- und bei Kleinanlagen („micro installati- setzt. Anders als bei Einspeiseprämien sind erbarer Energiequellen verpflichten, sowie ons“) eingesetzt werden. In allen anderen nicht nur die Einnahmen aus dem reinen Preisstützungssysteme wie Einspeisetarife Fällen sollten sie sukzessive auslaufen und Stromvertrieb, sondern auch aus dem Zerti- („feed-in tariffs“, FIT) und Einspeise- bzw. durch Förderinstrumente ersetzt werden, fikatverkauf unsicher, was die Kapitalkosten Marktprämien („feed-in premiums“, FIP). bei denen die EE-Erzeuger zusätzlich zum der Investoren in solche Anlagen erhöht. Derzeit setzen die Mitgliedstaaten unter- Strompreis eine Vergütung pro eingespeis- schiedliche Kombinationen dieser För- ter Menge Strom erhalten. Die zusätzliche Bei neuen Anlagen sollen Kostensenkungs- derregeln ein, so dass in der EU eine sehr Vergütung kann z. B. in Form einer Einspei- potenziale nach Auffassung der Kommission zersplitterte Förderlandschaft mit jeweils seprämie oder eines Zertifikatpreises im bestmöglich genutzt werden. „Automatische an rein nationalen Interessen orientierten Rahmen eines Quotensystems erfolgen. degressive Elemente“ – z. B. in Form von Fördersystemen entstanden ist. automatischen jährlichen Vergütungsanpas- Dieser Übergang soll auch dazu dienen, dass sungen bei Neuanlagen – können Kosten- EE-Leitlinien der der Grad an Marktexposition der erneuer- reduktionen durch Lernkurveneffekte und Europäischen Kommission baren Energien am Strommarkt mit zuneh- technologische Innovationen berücksich- mendem Anteil an der Stromerzeugung in- tigen. Das verwendete Fördersystem sollte In der Mitteilung zu staatlichen Eingriffen in tensiviert wird, so dass EE-Erzeuger einen „dynamisch“ angelegt sein und in gewissen den Stromsektor und den begleitenden EE- Anreiz bekommen, ihre Produktion stärker zeitlichen Abständen überprüft und ent- Leitlinien nennt die Europäische Kommissi- an Marktsignalen wie dem aktuellen Börsen- sprechend angepasst werden. Förderinstru- on Prinzipien, die sicherstellen sollen, dass preis auszurichten. Je nach gewünschtem mente mit einem hohen Grad an Marktex- die EE-Förderung durch die Mitgliedstaaten Grad an Marktexposition können Einspeise- position wie Quoten- oder Prämienmodelle mit den energiepolitischen Zielen der EU im prämien als fixer oder variabler (gleitender) auf Basis von Ausschreibungen/Auktionen Einklang steht. Insbesondere soll die Ver- Betrag ausgestaltet sein. Eine gleitende Prä- erfüllen dies automatisch, da in ihrem Rah- ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2 43
ZUKUNFTSFRAGEN men potenzielle Investoren im Wettbewerb derung stärker zu europäisieren und die be- Werden die Merkmale des bestehenden ihre wahren Kosten offenbaren müssen. reits in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie deutschen EE-Fördersystems sowie die Aus- angelegten Mechanismen zur Zusammenar- sagen im Koalitionsvertrag den Prinzipien Die Kommission plädiert dafür, dass durch beit mit anderen Mitgliedstaaten (Koopera- der EE-Leitlinien gegenübergestellt, ergibt wettbewerbliche Fördermechanismen ne- tionsmechanismen) stärker zu nutzen [16]. sich die in der Tabelle aufgeführte Beurtei- ben den Betreibern auch Technologien und Insbesondere soll in anderen Mitgliedstaaten lung. Standorte stärker im Wettbewerb stehen. erzeugter EE-Strom Zugang zu nationalen Um Überförderung zu vermeiden und um Fördersystemen erhalten. Hierzu legt die Die EE-Leitlinien enthalten die Empfehlung, eine angestrebte Diversifizierung der Strom- Kommission in weiteren Leitlinien dar, wie rückwirkende Maßnahmen zu vermeiden versorgung aus erneuerbaren Energien zu Kooperationsmechanismen effizient und und vor Änderungen der Fördersysteme erreichen, ist laut Kommission auch eine standardisiert genutzt werden können [17]. öffentliche Konsultationen durchzuführen. technologiespezifische Förderung sachge- Dies entspricht der in Deutschland üblichen recht, z. B. im Rahmen eines Quotensystems Anforderungen an EEG Praxis. Auch der Koalitionsvertrag ver- in Form paralleler Quoten für verschiedene und Koalitionsvertrag weist explizit darauf, dass Bestandsanlagen Technologien („technology banding“) oder Schutz genießen. Zudem besteht in Deutsch- durch die Zuteilung von Extrazertifikaten Ein wesentliches Merkmal der EE-Förde- land im Laufe von Gesetzgebungsverfahren für neue, aber (noch) teurere Technologien. rung nach dem EEG sind fixe technologie- Gelegenheit zur Beteiligung der Öffentlich- spezifische Einspeisetarife, die über einen keit, z. B. werden Experten in die zuständi- Die EE-Leitlinien empfehlen eine EU-weit festgelegten Zeitraum von 20 Jahren ge- gen Bundestagsausschüsse zur Erörterung einheitliche Förderdauer, um die Bedingun- zahlt werden. Durch dieses System soll der eingeladen. gen für Investoren anzugleichen. Allerdings Kostennachteil der erneuerbaren Energien ist eine anvisierte Förderdauer zwischen ausgeglichen und so – mittels technischen Die EE-Leitlinien empfehlen den Übergang zehn und 15 Jahren noch nicht präzise be- Fortschritts und Lernkurveneffekten – der zu Förderinstrumenten mit einem erhöh- stimmt. Als Alternative wird die Förderung Übergang von Nischen- zu Massentechno- ten Grad an Marktexposition und einer einer begrenzten Anzahl von Volllaststun- logien ermöglicht werden. Der im Novem- wettbewerbsbasierten Bestimmung der den angeregt. ber 2013 zwischen CDU, CSU und SPD Förderhöhe. Nur noch „Kleinanlagen“ und geschlossene Koalitionsvertrag beinhaltet Anlagen im frühen Entwicklungsstadium Um die Kostensenkungspotenziale des Ener- Aussagen zur Weiterentwicklung des EEG, können auch weiterhin auf Basis einer Ein- giebinnenmarkts stärker zu nutzen, werden die noch einer konkreten Ausgestaltung im speisevergütung gefördert werden. Das EEG die Mitgliedstaaten aufgefordert, die EE-För- Gesetzgebungsprozess bedürfen. steht beim empfohlenen Übergang erst am Tab.: Vergleichende Übersicht zwischen EE-Leitlinien, EEG und Koalitionsvertrag Stabile und trans- Förderinstrument (Markt- Anpassung an Standort- Technologie- Begrenzung Europäisie- parente Rahmen- exposition, Bestimmung Lernkurveneffekte neutralität neutralität der Förderung rung bedingungen der Förderhöhe) und Innovationen EE-Leitlinien Vermeidung von Gleitende oder fixe Ein- Ex-ante definierte Grundsätzlich Grundsätzlich Techno- Förderzeitraum Förderung rückwirkenden Än- speiseprämien, Quote, automatische Standortneutralität logieneutralität, Tech- 10-15 Jahre/ von EE- derungen, Öffentli- Einspeisetarife (nur TF1/KA2); Überprüfung und nologiedifferenzierung Festlegung Strom aus che Konsultationen Ausschreibung/Auktion der Anpassung möglich (Kleinanlagen, Anzahl Volllast- anderen Mit- vor Änderungen Förderhöhe Markteinführung, stunden gliedstaaten „technology banding“) EEG Keine rückwirken- Einspeisetarif, optionale Gesetzlich veran- Grundsätzlich Technologiespezifi- Förderzeitraum Nationales den Änderungen für Direktvermarktung mit glei- kerte Degression Standortneutrali- sche Einspeisever- 20 Jahre Fördersys- Bestandsanlagen, tender Marktprämie (Offshore/Geother- tät, standortspe- gütung tem/Förde- „atmender Deckel“ mie bis 2017 ausge- zifische Einspei- rung nur in nommen) severgütung bei Deutschland Wind (Referenz- möglich ertragsmodell) Koalitions- Keine rückwirken- Verpflichtende Direktver- Gesetzlich veran- Standortspezifi- Technologiespezi- k. A. Integration vertrag den Änderungen für marktung (zunächst für Anla- kerte Degression, ab sche Einspeisever- fische Einspeise- in Binnen- Bestandsanlagen, gen > 5MW, spätestens 2017 2018 Ausschreibung gütung bei Wind vergütung, ob ab markt, eu- Ausbaukorridore, alle Anlagen) mit gleitender (Weiterentwick- 2018 Ausschreibung roparechts- „atmender Deckel“ Marktprämie, Einspeisetarife lung Referenz- technologiespezifisch konforme (TF1/KA2); ab 2018 Aus- ertragsmodell) erfolgt bleibt offen Ausgestal- schreibung der Förderhöhe tung 1 TF: Technologien im frühen Entwicklungsstadium 2 KA: Kleinanlagen 44 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2
ZUKUNFTSFRAGEN ZUKUNFTSFRAGEN Anfang. Anlagenbetreiber haben die Mög- wird ein Übergang zu einem Ausschrei- hingegen weder im EEG noch im Koalitions- lichkeit, den Strom gegen eine feste Ein- bungs-/Auktionsverfahren der Förderhöhe vertrag. speisevergütung von den Netzbetreibern ab 2018 angekündigt, sollte ein für 2016 an- abnehmen zu lassen oder diesen direkt zu visiertes Pilotprojekt erfolgreich sein. Das EEG ist bis auf den Bereich der Wind- vermarkten, wobei sie zusätzlich zu den energie standortneutral ausgestaltet und Einnahmen aus dem Stromverkauf eine Die empfohlene automatische Anpassung entspricht insofern weitgehend den EE-Leit- „Marktprämie“ vom Netzbetreiber erhalten der Förderung für Neuanlagen ist bereits in linien. Die geringere Wettbewerbsfähigkeit (§ 33g EEG). Form von Degressionsfaktoren im EEG ver- von weniger windreichen Standorten wird ankert (§ 20 EEG). Diese variieren zwischen dadurch kompensiert, dass ein höherer Ein- Mit der Wahl der Direktvermarktung mit 1 % und 7 % in Abhängigkeit der Techno- speisetarif (Anfangsvergütung) über einen gleitender Marktprämie gehen die Anlagen- logie, wobei sie für Offshore-Windkraftan- längeren Zeitraum gegenüber windreiche- betreiber ein höheres Risiko ein, da sie un- lagen und Geothermie erst ab 2018 ange- ren Standorten gewährt wird (Referenzer- ter Umständen an Ausgleichsenergiekosten wendet werden. Zudem findet im EEG eine tragsmodell, § 29 i. V. m. Anlage 3 EEG). beteiligt werden, wenn sie diese durch eine automatische Anpassung der Förderung Der Koalitionsvertrag behält dieses bei, fehlerhafte Prognose ihrer Erzeugung im im Bereich der Solarenergie statt, sobald allerdings sollen die Einspeisevergütungen Rahmen der Direktvermarktung im Bilanz- im Gesetz definierte Ausbauziele erreicht für Windanlagen in Abhängigkeit von ihrem kreis verursacht haben. Sie können aber je- werden (sog. „atmende Deckel“) (§§ 20a Standort überarbeitet werden. weils zum Monatsbeginn wieder zurück in und 20b). Im Koalitionsvertrag (S. 53) wird das sichere Einspeisetarifsystem wechseln. dieser Weg weiterverfolgt. Zusätzlich wird Ein Technologiewettbewerb ist dem EEG Der Koalitionsvertrag (S. 54) geht einen beim Übergang auf das für 2018 angekün- derzeit nicht zu bescheinigen, da sich die Schritt weiter, indem er für alle Neuanla- digte Ausschreibungs-/Auktionsmodell die Höhe der Einspeisetarife zwischen den gen ab 5 MW eine Direktvermarktung zur Anpassung durch den Bieterwettbewerb Technologien unterscheidet. Das Ziel eines Pflicht macht und diese Regelung ab 2017 automatisch erfolgen. Die ebenfalls emp- breiten Technologiemixes wird dem Ziel auf alle Anlagengrößen ausweitet. Zudem fohlene periodische Überprüfung gibt es einer kosteneffizienten EE-Förderung vor- Erdgas speichert man nicht in Dosen. Wir speichern Erdgas. :UM "EISPIEL -ILLIARDEN +UBIKMETER IN 7ESTEUROPAS GRͶTEM %RDGASSPEICHER IN 2EHDEN $IE SICHERE %RDGASVERSORGUNG IST UNSER !UFTRAG $AFÓR BETREIBEN WIR EINIGE DER GRͶTEN EUROP»ISCHEN %RDGASSPEICHER IN $EUTSCHLAND UND STERREICH -IT MEHR ALS *AHREN %RFAHRUNG BIETET )HNEN ASTORA INTELLI GENTE 3PEICHERLÍSUNGEN DIE OPTIMAL ZU )HREM "EDARF PASSEN Unser Expertenteam steht Ihnen gerne unter 0561 / 301-1433 Rede und Antwort. Oder besuchen Sie astora im Internet unter www.astora.de. RLD UF DE R % WO A IE UNS HEN 3 1 - 216 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2 "ESUC Stand 45
ZUKUNFTSFRAGEN gezogen. Dies ist gemäß den EE-Leitlinien möchte, ist vor dem Hintergrund der Brüs- SWD(2013) 439. Obwohl sich die EE-Leitlinien auf staat- auch grundsätzlich möglich. Der Koalitions- seler Leitlinien verständlich. Damit sollte liche Eingriffe in den Stromsektor konzentrieren, betont vertrag behält die technologiespezifischen sie allerdings so früh wie möglich beginnen, die Europäische Kommission (S. 3), dass die darin aufge- Vergütungssätze weiterhin bei. um rasch Erfahrungen mit diesem Instru- stellten Prinzipien auch auf den Verkehrs- oder Wärme- ment zu sammeln. sektor übertragen werden können. Die EE-Leitlinien empfehlen eine EU-weit [8] Die Mitteilung wird durch weitere themenspezifische einheitliche Förderdauer von zehn bis 15 Eine deutliche Reduzierung der Förderkosten „Leitlinien“ und Arbeitsdokumente begleitet: Europäi- Jahren bzw. eine Förderung begrenzt auf in Deutschland ist durch die derzeit erkenn- sche Kommission: Generation Adequacy in the internal eine bestimmte Anzahl von Volllaststunden. baren Reformansätze vorerst nicht zu erwar- electricity market – guidance on public interventions, Das EEG sieht hingegen eine Förderdauer ten. Selbst wenn es gelingt, durch beherzte SWD(2013) 438; dies.: Guidance on the use of renewable von 20 Jahren vor und weicht insofern von Änderungen des EEG die Kosten für den energy cooperation mechanism, SWD(2013) 440; dies.: den EE-Leitlinien ab. Im Koalitionsvertrag künftigen Ausbau erneuerbarer Energien zu Annexes to the Commission Staff Working Document findet sich dazu keine Aussage. reduzieren, so bleibt die Belastung durch die Guidance on the use of renewable energy cooperation unveränderte Förderung der Bestandsanla- mechanisms, SWD(2013) 441; dies.: Incorporing de- In den Anwendungsbereich des EEG fallen gen weiterhin hoch. Daran werden auch die mand side flexibility, in particular demand response, in ausschließlich EE-Anlagen, die in Deutsch- EE-Leitlinien der Kommission nichts ändern. electricity markets, SWD(2013) 442. land betrieben werden (§ 2 Nr. 1 EEG). Damit [9] CDU, CSU, SPD: Deutschlands Zukunft gestalten – entspricht das EEG nicht der Empfehlung Für eine Neuausrichtung des EEG spielen Koalitionsvertrag 18. Legislaturperiode v. 27.11.2013, der Kommission, in anderen Mitgliedstaa- die Empfehlungen der EE-Leitlinien jedoch S. 49 ff. ten erzeugten EE-Strom durch das deutsche eine wichtige Rolle, indem sie als Basis für [10] Voßwinkel, J. und Reichert, G.: Europäisiert die Er- Fördersystem zu vergüten. Der Koalitions- die in den kommenden Monaten anstehende neuerbaren! Erneuerbare Energien im Energiebinnen- vertrag (S. 51) kündigt lediglich eine „euro- Diskussion um die künftige Ausgestaltung markt, Freiburg 2012, S. 4 ff. parechtskonforme“ Weiterentwicklung des der bindenden Beihilfe-Leitlinien dienen. [11] Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parla- EEG an. Insgesamt werden somit sowohl von den EE- ments und des Rates v. 23.4.2009 zur Förderung der Leitlinien als auch den Beihilfe-Leitlinien Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Entscheidende Impulse entscheidende Impulse für eine wettbewerb- Änderung und anschließenden Aufhebung der Richt- für das EEG liche und auf den Energiebinnenmarkt aus- linien 2001/77/EG und 2003/30/EG, ABlEU L 140 v. gerichtete EEG-Reform ausgehen. 5.6.2009, S. 16 ff. Mit den EE-Leitlinien zeigt die Europäische [12] Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Erneuerbare-Energien-Richtlinie Kommission Prinzipien für eine zukünftige Anmerkungen 2009/28/EG; „20-20-20“-Beschluss des Europäischen Ra- Ausgestaltung der EE-Förderung in den Mit- tes vom 8./9.3.2007, Schlussfolgerungen des Vorsitzes gliedstaaten auf. Vor diesem Hintergrund ist [1] Erneuerbare-Energien-Gesetz v. 25.10.2008 (BGBl. I vom 2.5.2007, 7224/1/07 REV 1, Rn. 27-39. dem EEG und dessen im Koalitionsvertrag S. 2074), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes v. [13] Art. 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Anhang I Teil A Erneuer- umrissenen Weiterentwicklung ein differen- 20.12.2012 (BGBl. I S. 2730). bare-Energien-Richtlinie 2009/28/EG. ziertes Zeugnis auszustellen. Zwar lassen [2] Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen [14] Europäische Kommission: Erneuerbare Energien: sich erste Schritte hin zu einem erhöhten Union (AEUV), in Kraft seit 1.12.2009, ABlEU C 83 v. ein wichtiger Faktor auf dem europäischen Energie- Grad an Marktexposition der EE-Förderung 30.3.2010, S. 47 ff. markt, COM(2012) 271, S. 5. Hierzu Voßwinkel, J. und erkennen, doch ist die Einführung von wett- [3] Zu dem Entwurf der Beihilfe-Leitlinien, der am Reichert, G.: cepAnalyse Nr. 29/2012 vom 16.7.2012. bewerblichen Mechanismen zur Bestim- 18.12.2013 veröffentlicht wurde, können bis 14.2.2014 [15] Die Europäische Kommission behandelt insoweit mung der Förderhöhe erst für 2018 geplant Stellungnahmen abgegeben werden: http://ec.europa. u. a. auch Investitionsförderung und Steuererleichte- – und das auch nur dann, wenn sich ein für eu/competition/consultations/2013_state_aid_environ- rung, auf die im Rahmen dieses Artikels nicht weiter 2016 anvisiertes Pilotprojekt als erfolgreich ment/index_en.html eingegangen werden kann. erweisen sollte. Es ist fraglich, ob sich die [4] Vgl. z. B. Haucap, J. und Kühling, J.: Marktintegration [16] Art. 6 bis 12 Erneuerbare-Energien-Richtlinie Kommission so lange gedulden möchte. der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, Düs- 2009/28/EG. Überblick über die Kooperationsmechanis- seldorf/Regensburg 2012, S. 16 ff.; Greinacher, D.: Be- men bei Voßwinkel/Reichert (siehe Anm. [10]), S. 6 ff. Für EE-Anlagenbetreiber in Deutschland sondere Ausgleichsregelung als Beihilfe? EnergieRecht [17] Europäische Kommission: SWD(2013) 440 und dürfte die von der Kommission geforderte 3/2013, S. 97 ff.; Kahles, M. u .a.: EEG und Beihilfe. Kurz- SWD(2013) 441 (siehe Anm. [8]). Vermeidung von rückwirkenden Änderun- überblick über aktuelle Fragestellungen aus rechtlicher gen beruhigend sein. Während Betreiber Sicht, Würzburg 2013. Dr. M. Bonn, Wissenschaftlicher Referent, von neuen Kleinanlagen vermutlich auch in [5] EuGH, Rs. C-379/98, Urteil v. 13.3.2001 (Preussen- Dr. N. Heitmann, Fachbereichsleiterin Ener- Zukunft vom Wettbewerb weitgehend ver- Elektra). gie, Umwelt, Klima und Verkehr, Dr. G. Rei- schont bleiben, müssen sich Betreiber von [6] Europäische Kommission: Mitteilung zur Vollendung chert, LL.M., Fachbereichsleiter, Energie, neuen größeren Anlagen auf kürzere För- des Elektrizitätsbinnenmarktes und optimale Nutzung Umwelt, Klima und Verkehr, Prof. Dr. J. S. derzeiträume sowie niedrigere und unsiche- staatlicher Interventionen, C(2013) 7243. Voßwinkel Wissenschaftlicher Berater, Cent- rere Erträge einstellen. Dass die Koalition [7] Europäische Kommission: European Commission rum für Europäische Politik (CEP), Freiburg Ausschreibungs-/Auktionsverfahren testen guidance for the design of renewable support schemes, info@cep.eu 46 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2
ZUKUNFTSFRAGEN ZUKUNFTSFRAGEN Die internationalen Gasmärkte: Von großen Veränderungen und Herausforderungen für Europa Kirsten Westphal Bereits 2010 wies die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem World Energy Outlook auf das beispiellose Maß an Ungewissheiten hin, das die internationalen Energiemärkte prägt. In der Tat wandeln sich diese rasant, was Unternehmen und Politik vor große Aufgaben stellt. Auf dem europäischen Gasmarkt ist es der Zusammenhang zwischen den sich in den pazifischen Raum verschiebenden LNG-Handelsströmen, sinkender Eigenproduktion und der Transformation im Binnen- markt, der neue Herausforderungen im Bereich der Energie- und Versorgungssicherheit zur Folge hat. Seit 2005 ist die jährliche Erdgasförderung in den USA um ein Viertel gestiegen – auf rd. 681 Mrd. m3 im Jahr 2012 [1]. Dementspre- chend sanken die US-LNG-Importe gegenüber 2008–2012 um fast die Hälfte [2]. Beeindru- ckend ist auch der Preisverfall am Umschlag- platz Henry Hub in Louisiana: Kostete 1 Mio. British Thermal Unit (MMBtu) Mitte 2008 noch 13 US$, so waren es Mitte 2012 nur noch rd. 2 US$ [3]. 2013 lag der der monatliche Durchschnittsgaspreis bei knapp 4 US$ [4]. Laut dem Massachusetts Institute of Techno- logy (MIT) ist ein Großteil der Produktion bei Preisen von 4-8 US$/MMBtu profitabel [5]. Frappierend scheint, dass trotz der niedri- gen Gaspreise die Förderung bisher weiter gesteigert wurde. Das ist zum einen darin begründet, dass sich die Technik weiterent- wickelt hat. Zudem gehen Investitionen ver- Mehr politische Aufmerksamkeit täte dem Gasmarkt gut – auch mit Blick auf die Dekarbonisie- stärkt in Vorkommen, in denen Trockengas rung und den künftigen Energiemix peshkova | Fotolia.com als Nebenprodukt von Flüssiggasen oder Erdöl anfällt. Dann jedoch liegt der „break- even“-Preis mit 0,55 US$/MMBtu sehr nied- Schiefergas: heimischen Energiepreisen und interna- rig [6], denn die Gewinne werden mit dem Boom mit Schattenseiten tionalen Wettbewerbsvorteilen profitiert, Verkauf eben dieser Produkte gemacht. unterstützt die bestehenden Exportrestrik- Insgesamt zeigt sich, dass der Schiefergas- tionen [13]. Allerdings kam eine vom Ener- Dennoch bestehen eine Reihe von Unsicher- Boom, der als nationaler Erfolg erscheint, für gieministerium in Auftrag gegebene Studie heiten darüber [7], wie ökonomisch nach- viele Firmen mit großen betriebswirtschaft- zu dem Schluss, dass Flüssiggasexporte der haltig die Schiefergasförderung ist: Die För- lichen Schwierigkeiten verbunden ist. Dass US-Wirtschaft insgesamt zugutekämen und derraten der einzelnen Felder fallen jährlich zuletzt der Förderboom etwas ins Stocken ge- Handelsgewinne durch Flüssiggasexporte um 29–52 % ab [8]. Schiefergasfelder haben raten ist, hängt auch mit dem niedrigen Gas- gegenüber steigenden heimischen Energie- generell niedrige Ausbeutungsraten von 7 % preis zusammen, der sich wiederum aus der preisen überwiegen würden [14]. – bei konventionellen Feldern liegen sie bei begrenzten Nachfrage erklärt [12]. Die Ex- 75–80 % [9]. Für die beteiligten Firmen ist portoption wird deswegen zunehmend in die Im Moment zeichnet sich ab, dass Washing- das ein Kostenreiber, da sie ständig neue Diskussion gebracht. Die Erdgasproduzenten ton hier „auf Sicht fährt“: Im Bewilligungs- Bohrungen setzen müssen, um die hohen haben ein manifestes Interesse daran, Erdgas verfahren des Energieministeriums muss Fördermengen aufrecht zu erhalten. Der In- in andere Länder zu exportieren. für Staaten, mit denen die USA kein Frei- vestitionsaufwand (CAPEX) liegt deswegen handelsabkommen haben, laut dem Natural immer noch höher als der Cash Flow [10]. In den USA ist die Frage, in welchen Mengen Gas Act of 1938 geprüft werden, ob Expor- Selbst Pionierfirmen wie Chesapeake muss- eigenes Schiefergas für den Export verflüs- te „im nationalen Interesse“ sind [17]. Mit ten Assets verkaufen, um ihren Zahlungs- sigt werden soll, eine strategische Entschei- Stand Dezember 2013 hat das Ministerium verpflichtungen nachzukommen [11]. dung. Die US-Industrie, die von niedrigen vier Exportterminals diese Bewilligung er- ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2 47
ZUKUNFTSFRAGEN teilt, aber lediglich ein Projekt, Sabine Pass, bedeuten die beschriebenen Preisdifferen- erwarten, dass u. a. China ab etwa 2020 verfügt über alle nötigen Zulassungen an- zen, dass der asiatisch-pazifische Markt als Schiefergas fördern wird, denn die größten derer Behörden [16]. Die Exportkapazität Destination attraktiver als der europäische Reserven lagern dort (31,6 Bio. m3) [28]. dieser vier Projekte könnte Ende des Jahr- Markt ist. Zum anderen sollen zwischen zehnts 178 Mio. m3 am Tag betragen [17]. 18 2015–2018 neue LNG-Exportterminals mit Europa an der Peripherie des weitere Anträge liegen vor, so dass die USA einer Kapazität von 130 Mrd. m3 jährlich vor globalen LNG-Marktes? bei gleichbleibend hoher Förderung potenzi- allem dort das Angebot erweitern [22]. Per- ell 840 Mio. m3 täglich exportieren könnten, spektivisch werden im asiatisch-pazifischen Die Entstehung eines globalen Gasmarktes was in etwa der heutigen globalen Nachfrage Markt LNG-Projekte v. a. in Australien, In- hängt davon ab, wie viel nordamerikani- entspricht [18]. Doch der Bewilligungspro- donesien und Mozambique für mehr Diver- sches (Schiefer-)Gas für den Export verflüs- zess ist teuer, langwierig und ergebnisoffen. sifizierung sorgen. Australien könnte gar sigt wird. Zumindest mittelfristig bleibt die Zur Jahreswende 2015/2016 sollen erste Katar als größten LNG-Exporteur um 2020 regionale Dreiteilung der Gasmärkte noch US-Exporte über Chernieres Sabine Pass ablösen [23]. Zum erhöhten LNG-Angebot bestehen. Tendenziell wird sich die Preis- mit einem Exportvolumen von 61 Mio. m3 im Pazifik wird neben russischem auch ka- schere zwischen dem nordamerikanischen pro Tag in Louisiana erfolgen [19]. nadisches LNG beitragen. Gasmarkt und dem asiatisch-pazifischen LNG-Markt etwas schließen, aber die Preis- Der internationale Die Dynamik im asiatisch-pazifischen Raum entwicklungen in Europa bleiben davon Gasmarkt, LNG und der ist auch eine Folge der steigenden Erdgas- zunächst wohl weitgehend unberührt. Das asiatisch-pazifische Raum nachfrage. Vor allem die Rolle Chinas ist legt auch das „Preisregime“ um Sabine Pass nicht zu unterschätzen; dahinter reihen sich nahe, wo die Preisformel an den Henry Hub Bisher hatte der US-Boom international nur Indien und die aufstrebenden Länder Süd- gebunden ist und die zusätzlichen Kosten indirekte Auswirkungen: Nordamerika fällt ostasiens als neue Großverbraucher ein. Der von Verflüssigung, Transport und Regasifi- als Nachfrager aus und damit steht mehr Anteil von Erdgas an Chinas Energiemix zierung zum einen nahelegen, dass die Lie- LNG auf den Märkten zur Verfügung. We- liegt mit rd. 130 Mrd. m3 pro Jahr bei rd. 4 %. ferung dorthin erfolgt, wo die höchsten Ge- gen der steigenden Eigenproduktion haben Bis 2035 soll der Erdgasbedarf des Landes winne erzielt werden: im pazifischen Raum. sich die USA weitgehend vom LNG-Handel auf 545 Mrd. m3 jährlich steigen. Noch hat Zum anderen wären demnach auch die abgekoppelt. Insofern hat der US-Boom bis- Kohle am chinesischen Energiemix einen Preiseffekte auf dem europäischen Markt her die bestehende Dreiteilung der globalen Anteil von 70 % [24], doch die Probleme mit marginal, da sie bei ca. 10-11 US$/MMB- Gasmärkte eher vertieft – zwischen Nord- steigender Luftverschmutzung in den Bal- tu liegen würden, was in etwa ins Durch- amerika, dem europäisch-asiatischen Kon- lungsräumen könnten weitere Schritte zur schnittsband des deutschen Grenzüber- tinentalmarkt und der asiatisch-pazifischen Reduzierung der lokalen Schadstoffemissi- gangspreises von 10-12 MMBtu trifft [31]. Region mit den großen Nachfragern Japan, onen einleiten. Ganz entscheidend für die Südkorea und China, die zwei Drittel des Gasnachfrage ist die Wechselwirkung mit Nach der Gasschwemme 2009/2010 hat sich weltweit gehandelten LNG kaufen. der Kohle bei der Stromerzeugung, das zeigt die Angebotssituation für LNG in der EU wie- auch das Beispiel der USA [25]. der verengt. Das hatte zur Folge, dass im ers- Die Preisschere zwischen den regionalen ten Quartal 2013 der Anteil der EU an den Gasmärkten ist signifikant: Anfang 2012, Wenn die Klima- und Energiepolitik nicht globalen LNG-Importen auf 15 % (von 21 % als die Henry Hub-Preise bei 2 US$/MMBtu gegensteuert, wird sich der Trend des ver- 2012) fiel, während der Anteil in Asien auf lagen, betrugen sie im europäischen Markt gangenen Jahrzehnts fortsetzen, in dem 77 % (von 70 % 2012) stieg [30]. Infolgedes- das Fünffache und in Japan das Achtfache Kohle die Hälfte des Anstiegs der weltwei- sen bleibt auf mittlere Sicht der europäische des US-amerikanischen Preises. Im Lau- ten Energienachfrage deckte; auch weil der Gasmarkt vor allem ein pipeline-gebundener fe des Jahres verringerte sich die enorme Strombedarf fast doppelt so schnell steigt Markt, für den die traditionellen Lieferländer Preisschere zwar, aber sie wird doch mittel- wie der Energieverbrauch. Sollte Erdgas Norwegen, Russland und Algerien weiterhin fristig bestehen bleiben, da im pazifischen häufiger im Strom- und tendenziell auch im eine Schlüsselrolle einnehmen. Wegen der LNG-Markt auf die ölpreisgebundenen Transportsektor eingesetzt werden, würde sinkenden Produktion in UK und den Nieder- Langfristverträge hohe Sicherheitsprämien das die Balance von Angebot und Nachfrage landen, aber auch in Deutschland, gewinnen gezahlt werden. Die USA profitieren mit- verschieben, mit enormen Preiswirkungen. sie sogar relativ an Bedeutung. Dabei halten hin von einem hochliquiden Spotmarkt und Die IEA sieht für Erdgas ein „goldenes Zeit- die russische Gazprom und die algerische Preisen am Handelsplatz Henry Hub, die alter“ voraus. Soll die prognostizierte Nach- Sonatrach anders als die norwegische Statoil, bei etwa einem Drittel des durchschnittli- frage bis 2035 gedeckt werden, müsste fast die verstärkt auf Spotmarkt-Indexierung und chen Importpreises in Europa und bei einem die Hälfte der globalen Förderung künftig günstigere Transporttarife umgestellt hat, Fünftel der Importpreise Japans liegen [20]. auf nicht-konventionelles Gas entfallen [26]. weiter an der Ölpreisindexierung fest [31]. Im Juni 2013 hat die Energie-Informations- Die Preis- und Nachfrageentwicklungen Während der atlantische Gashandel stär- behörde der US-Regierung (EIA) die welt- führten dazu, dass Statoil 2012 erstmals fast ker austrocknet, ist auf dem pazifischen weiten technisch nutzbaren Ressourcen genauso viel Erdgas in die EU lieferte wie der Gasmarkt viel in Bewegung: Zum einen auf 206,7 Bio. m3 geschätzt [27]. Es ist zu Konzern aus Russland. Für einen Abgesang 48 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2
ZUKUNFTSFRAGEN ZUKUNFTSFRAGEN auf die strategische Bedeutung Russlands als agieren. Dies kann erhebliche Volatilitäten sind die neuen Herausforderungen, wenn Energielieferant ist es noch zu früh, zumal mit sich bringen. Die bisherige Entwicklung man sich die sinkende Eigenförderung in die Gazprom für das erste Quartal 2013 einen in der EU jedoch baut darauf, dass die Märk- UK, den Niederlanden und Deutschland Zuwachs von 10 % bei den Exporten in die EU te liquide bleiben und sich das Angebot wei- ansieht. Weitgehend unbemerkt von der meldet [32]. ter diversifiziert. Einen Automatismus sollte Öffentlichkeit müssen die Gasnetzbetreiber man an diesem Punkt aber nicht erwarten. eine Umkehr der Lastflüsse vollziehen, um Zwar gehen Projektionen davon aus, dass sog. eigenes L-Gas mit H-Gas aus ausländi- Europa weltweit größter Nettoimporteur für Europäische schen Quellen zu ersetzen [37]. Sinkende Gas bleiben wird, aber die Ungewissheiten Erdgassicherheit „revisited“ Eigenproduktion bedeutet aber auch einen sind hoch. Der Importbedarf wird in Folge Verlust an Flexibilität, um auf den saisona- sinkender Eigenproduktion steigen, aber Den USA kommt eine zentrale Rolle zu, um len Verbrauchsanstieg im Winter zu reagie- der zukünftige Verbrauch hängt vor allem einen globalen LNG-Markt zu stützen und ren. Frühere Langfristverträge beinhalteten von den klima- und energiepolitischen Ent- das Vertrauen in die freien Märkte zu be- Vorkehrungen mit Blick auf Einspeicherung scheidungen ab. Momentan verliert Gas so- stätigen, indem sie die Exportrestriktionen im Sommer, Spotmärkte nicht. wohl in Konkurrenz mit den erneuerbaren abbauen. Auch deswegen sollte Europa die Energien, als auch zur Kohle Anteile. geopolitischen Konsequenzen der Schiefer- Hierzulande sollte man nicht vergessen, gasrevolution nicht aus dem Blick lassen. dass sich der EU-Gasmarkt in einer sensib- Die Preise für CO2-Emissionen sind ver- Zwar spricht viel dafür, dass auch das LNG- len Transformationsphase befindet. Nicht gleichsweise zu niedrig, um die kommerzi- Angebot in Europa nach einer Durststrecke nur international, sondern auch im Binnen- ellen Nachteile von Erdgas gegenüber der in etwa fünf Jahren wieder zunehmen wird, markt ist viel im Fluss. Die Gasschwemme Kohle aufzuwiegen. Der Erdgasverbrauch aber kurz- und mittelfristig muss sich Europa 2009/2010 hat die Effekte des dritten EU- ist daher im Jahr 2012 mit einem Minus viel stärker als bisher darauf einstellen, dass Binnenmarktpaketes noch verstärkt. Das von 14 % gegenüber 2010 auf einen neuen sich der Schwerpunkt des Energiehandels Regime des pipelinegebundenen Gashandels Tiefststand gesunken [33]. Schreiten Ener- auch bei LNG aus dem atlantischen Becken ändert sich ebenso, wie sich neue Geschäfts- gieeffizienzbemühungen voran, hat auch in den pazifischen Raum verschiebt. Das An- modelle, neue Marktstrukturen und die dies Auswirkungen im Wärmesektor. Die gebot folgt den Wachstumsmärkten. All dies Qualität der Akteure verändert haben [38]: bislang politisch nicht gelöste Frage, wie zusammengenommen kann bedeuten, dass Als Folge von Vertragsneuverhandlungen das klima- und energiepolitische Zielpaket Europa weniger vom erweiterten Erdgasan- und Schiedsverfahren stieg der Anteil des nach 2020 ausgestaltet werden soll, macht gebot durch die Förderung aus unkonventi- Gases, das mit Referenz zu Spotmarkt-Han- die Nachfragesituation noch unsicherer. onellen Lagerstätten und vom LNG-Angebot delsplätzen bepreist wird, auf ungefähr die profitieren wird als landläufig angenommen. Hälfte [39]. Ölpreisindizierte Langzeitver- Die Diskrepanzen zwischen angenommener In der Situation, in der die EU ihre Kräfte im träge gerieten unter Druck. Außerdem wur- und tatsächlicher Nachfrageentwicklung, globalen Markt bündeln müsste, kann kei- de der Basispreis vielfach gesenkt und die dem Importbedarf sowie dem Investitions- neswegs als ausgemacht gelten, dass die In- take-or-pay-Klauseln neu verhandelt [40]. Die verhalten der traditionellen Lieferländer tegration des EU-Energiebinnenmarktes vor- Auswirkungen der Entflechtung von Import, könnten so zunehmen [34]. Die Gasprodu- anschreitet. Dabei hat die EU seit 2009 vor Handel und Transport sowie der Belieferung zenten haben gewichtige Argumente, wenn dem Hintergrund des russisch-ukrainischen wurden damit noch beschleunigt. sie Nachfragesicherheit fordern. Beredtes Gasstreits wichtige Schritte zum Ausbau von Beispiel liefert das Shtokman-Projekt in der Interkonnektoren und LNG-Terminals unter- Der Markt allein kann Barentssee, für das die endgültige Investiti- nommen. Auch die zunehmende Konvergenz keine Versorgungssicherheit onsentscheidung immer wieder aufgescho- auf den Handelsplätzen im nordwesteuropäi- gewährleisten ben wurde [35]. Ob es kommt, ist mittler- schen Markt zeigt, dass Märkte dort funktio- weile fraglich. Inzwischen ist nämlich das nieren. Aber Europa könnte stärker als bisher Mit Blick auf die Resilienz der Gasversor- Exportmonopol der russischen Gazprom auf sich allein gestellt sein, ressourcenreiche gung sind die enge Versorgungssituation gefallen und LNG-Exportprojekte für den pa- Regionen wie den Kaspischen Raum und im Februar 2012 und die Debatte um die zifischen Raum erhielten Ausfuhrlizenzen. Afrika an die internationalen Märkte anzu- schleppende Speicherbefüllung nach dem binden. Die USA werden sich dort weniger harten Spätwinter 2013 Vorboten einer Rei- Auch wenn dies andere Gasvorkommen als prononciert engagieren und außerdem mehr he struktureller Probleme, die noch nicht die für Europa wichtigen westsibirischen Eigenverantwortung der europäischen Part- gelöst sind: Der Markt allein wird keine Ver- Vorkommen betrifft, so kann es doch als Sig- ner einfordern [36]. sorgungssicherheit herstellen können. Die nal für eine mittelfristige Verschiebung des Anreize, die Speicher für den Winter zu fül- Investitionsverhaltens zugunsten der pazi- Energiesicherheit ist aber eben nicht nur aus len, sind zu niedrig, wenn die Preisdifferenz fischen Märkte gewertet werden. Der euro- dem Blickwinkel von Importabhängigkeiten zwischen Sommer und Winter zu gering ist. päische Gasmarkt, der lange auf Wachstum zu verstehen, sondern hat auch eine inter- ausgerichtet war, muss nun flexibler auf ne Dimension: die Robustheit („Resilienz“) Zum einen sind Marktakteure an Knappheits- eine ungewisse Nachfrageentwicklung re- des Systems bei Krisen. Am augenfälligsten situationen interessiert, denn Krisen verspre- ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2 49
ZUKUNFTSFRAGEN chen satte Gewinne für einzelne von ihnen, [8] Hughes, D.: Drill Baby Drill. Can Unconventional Fu- [23] IEA 2013: S. 123. während die Kosten auf die Konsumenten els Usher in a New Era of Energy Abundance? Post Car- [24] US Energy Information Administration Agency: umgelegt werden; das Vorsorgeprinzip ist bon Institute, Santa Rosa 2013, abrufbar unter: http:// Country Report China. Washington 2012, abrufbar un- nicht eingepreist. Zum anderen kann man www.postcarbon.org/reports/DBD-report-FINAL.pdf; ter: www.eia.gov/countries/cab.cfm?fips=CH pointiert sagen, dass der systemische Zugriff zum Teil werden noch höhere Zahlen von 65 % bis 90 % [25] Siehe dazu: Dröge, S.; Westphal, K.: Schiefergas für heute fehlt. Die Entflechtung hat dazu geführt, genannt, etwa bei Pflüger, F.: U.S. Shale Gas Revolution. ein besseres Klima? Die Fracking-Revolution in den USA dass der Informationsfluss und vor allem die Smoother Path or Rockier Road? EUCERS, Newsletter Is- setzt die europäische und die internationale Klimapolitik Handlungsmöglichkeiten der Marktteilneh- sue 24, London 2013, S. 2. unter Druck. SWP-Aktuell 44/2013, Berlin. mer stärker segmentiert sind. Ein Interesse [9] Sandrea, R.: Evaluating Production Potential of Matu- [26] IEA 2013: S. 99. am Funktionieren des Gesamtsystems ist re US Oil, Gas, Shale Plays. IPC Petroleum Consultants, [27] US Energy Information Administration Agency: bei den Unternehmen nicht mehr intrinsisch Tulsa 2012, abrufbar unter: http://www.ogj.com/artic- Technically Recoverable Shale Oil and Shale Gas Resour- angelegt, sondern diese sind zunächst an ei- les/print/vol-110/issue-12/exploration-development/ ces. Washington 2013, abrufbar unter: www.eia.gov/ana- ner Optimierung der eigenen Lage und ihrer evaluating-production-potential-of-mature-us-oil.html lysis/studies/worldshalegas/ Geschäftsfelder interessiert. Das führt in ei- [10] Morse, E. L.: Energy Markets in Transformation. [28] US Energy Information Administration Agency: ner Marktsituation auch dazu, dass auf mehr There’s a clear sustainable, profitable future for global Technically Recoverable Shale Oil and Shale Gas Re- Effizienz im eigenen Unternehmenssegment shale - at the right price. Citi Research, 2013, S. 10. sources. An Assessment of 137 Shale Formations in 41 hingearbeitet wird. Die Kehrseite besteht dar- [11] Ahmed, N. M.: Die nächste Blase. Fracking löst das Countries Outside the United States. Washington 2013, in, dass Redundanzen und Puffer im Gasver- Energieproblem nicht. In: Le Monde Diplomatique Nr. abrufbar unter: http://www.eia.gov/analysis/studies/ sorgungssystem verlorengehen. 10079, 2013, S. 1, 5. Ähnlich argumentiert auch Rogers, worldshalegas/pdf/overview.pdf?zscb=37301146 D.: Shale and Wall Street: Was the Decline in Natural Gas [29] IEA 2013: S. 127; IEA 2012, 129 und DG Energy: Mehr politische Prices Orchestrated? Energy Policy Forum, February Quarterly Report on European Gas Markets. Market Aufmerksamkeit vonnöten 2013. Oberservatory for Energy 2/2013, Brüssel 2013, S. 16. [12] Commerzbank Commodity Research: Rohstoffe kom- [30] DG Energy 2013a: S. 1. Die Organisation des Informationsflusses, pakt Energie, 10.12.2013, S. 5. [31] Ausführlich in DG Energy: Quarterly Report on Eu- klare Verantwortlichkeiten in der Krise [13] Kofod, J. (General Rapporteur): The Economic and ropean Gas Markets. Market Oberservatory for Energy und Haftungsregelungen sind für das Risi- Strategic Implications of the Unconventional Oil and 4/2012, Brüssel 2012, S. 24-25 (im Folgenden DG Energy komanagement im Gasmarkt zentral. Über Gas Revolution. NATO Parliamentary Assembly, Econo- 2012). Krisenvorsorge und Risikomanagement bei mics and Security Committee 2013, S. 4, abrufbar unter: [32] Panin, A.: Gazprom feeling the LNG heat. In: The der Erdgasversorgung muss eine politische http://www.nato-pa.int/shortcut.asp?FILE=3284 Moscow Times, Issue 5158, 1.7.2013. www.themoscow- Diskussion geführt werden. Mehr politische [14] NERA Economic Consulting: Macroeconomic Im- times.com/business/article/gazprom-feeling-the-lng- Aufmerksamkeit täte dem Gasmarkt gut – pacts of LNG Exports from the United States. Washing- heat/482476.html auch mit Blick auf die Dekarbonisierung ton 2012, abrufbar unter: http://energy.gov/sites/prod/ [33] DG Energy 2012: S. 1. und den künftigen Energiemix. files/2013/04/f0/nera_lng_report.pdf; siehe auch ICF: [34] Der Netzentwicklungsplan der FNB liefert dafür in U.S. LNG Exports. Impacts on Energy Markets and the den Szenarien I, II, III beredtes Beispiel. FNB, Entwurf Anmerkungen Economy. Fairfax 2013. der Fernleitungsnetzbetreiber, Netzentwicklungsplan [15] Ratner, M.; Parfomak, P.W.; Fergusson, I.F.; Luther, 2013, Berlin, 1.4.2013, S. 14-16, (im folgenden FNB [1] BP: Statistical Review of World Energy 2013. London L.: U.S. Natural Gas Exports: New Opportunities, Uncer- 2013). 2013, S. 22 (im Folgenden BP 2013). tain Outcomes. 2013, S. 18, abrufbar unter: http://www. [35] Siehe dazu Øverland, I.: Kooperation statt Konfron- [2] BP 2013, S. 28; BP: Statistical Review of World Ener- fas.org/sgp/crs/misc/R42074.pdf tation. Štokman, Jamal und Russlands Energiepolitik in gy. London 2009, S. 30. [16] US Department of Energy: Summary of LNG Export der Arktis. In: Osteuropa 2–3, 2011, S. 129-142. [3] US Energy Information Administration Agency: Na- Applications, 2013, abrufbar unter: http://energy.gov/fe/ [36] Siehe dazu ausführlich: Westphal, K.: Nichtkonven- tural Gas, abrufbar unter http://www.eia.gov/dnav/ng/ downloads/summary-lng-export-applications; FERC: LNG tionelles Öl und Gas: Folgen für das globale Machtgefüge. hist/rngwhhdd.htm Existing and Proposed Terminals, 2013, abrufbar unter: SWP-Aktuell 16/2013, Berlin. [4] Die Ausnahmen bildeten die Monate April und Mai http://www.ferc.gov/industries/gas/indus-act/lng.asp [37] Ausführlich: FNB 2013. 2013, wo er knapp darüber lag, siehe: http://www.eia. (Im Folgenden DOE 2013) [38] Westphal, K.: Versorgungssicherheit beim Erdgas. gov/dnav/ng/hist/rngwhhdm.htm [17] McClelland, M.: US gears up for LNG export boom. Ein Schlaglicht auf vier Herausforderungen für die Poli- [5] MIT (Massachusetts Institute of Technology): The In: Petroleum Economist, Oktober 2013, S.12-13. S. 12. tik. SWP-Aktuell 24/2012, Berlin. Future of Natural Gas. An Interdisciplinary MIT Study. Originalangaben in Kubikfuß. [39] DG Energy 2013a: S. 1. Boston 2011. [18] Ibid. Originalangaben in Kubikfuß. [40] IEA 2013: S. 129. [6] Gülen, G.; Browning, J.; Ikonnikova, S.; Tinker, S. W.: [19] DOE 2013. Originalangaben in Kubikfuß. Well economics across ten tiers in low and high Btu (Bri- [20] IEA 2013: S. 24. tish thermal unit) areas, Barnett Shale, Texas. In: Energy [21] Siehe dazu ausführlich DG Energy: Quarterly Report Dr. K. Westphal, Forschungsgruppe Globale Vol. 60, 2013, S. 302-315. on European Gas Markets. Market Oberservatory for Fragen, Stiftung Wissenschaft und Politik [7] Richter P. M.: From Boom to Bust? A Critical Look Energy 1/2013, Brüssel 2013, S. 14-15 (im Folgenden (SWP), Deutsches Institut für Internationale at US Shale Gas Projections. DIW Discussion Papers DG Energy 2013a). Politik und Sicherheit, Berlin No. 1338, Berlin 2013. [22] IEA 2013: S. 128. kirsten.westphal@swp-berlin.org 50 ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2
ZUKUNFTSFRAGEN INTERVIEW ZUKUNFTSFRAGEN „Das Problem der Klimawissenschaft ist diese elende Politisierung“ Während der neueste Bericht des Weltklimarates (IPCC) den menschengemachten Klimawandel bestätigt, müssen Phäno- mene wie der verlangsamte Temperaturanstieg der letzten 15 Jahre erst noch erforscht werden. Hier wie bei Extremwetter- ereignissen sind manche Institute schnell mit Erklärungen bei der Hand, ebenso mit fachfremden energiepolitischen For- derungen. Eine vorsichtige Annäherung an aktuelle Klimafragen versuchte „et“ im Interview mit einem hierbei wesentlich zurückhaltenderen Wissenschaftler, für den vieles noch offen und nicht gleich jeder Orkan in Deutschland oder Taifun in Übersee ein direktes Ergebnis des Klimawandels ist. Signale der Klimaänderung „et“: …also reine Spekulation? können. Ob die genannte Entwicklung im letzten Jahr ein Hinweis darauf ist, dass die Erwärmung „et“: Es scheint drei Signale für Klimaänderungen von Storch: Nicht unbedingt. Zurzeit sind das sich dort niederschlägt oder ein anderer Faktor zu geben. Fangen wir mit der globalen Oberflä- interessante Hypothesen. Wenn sich diese hinter- dafür verantwortlich ist – hier denke ich, ist das chentemperatur an, die um 0,85 Grad Celsius seit her als nicht taugliche Erklärungen herausstellen, letzte Wort noch nicht gesprochen. der Industrialisierung gestiegen ist, die letzten 15 dann mindert es nicht die Leistung, diese Ideen Jahre jedoch kaum, bei gleichzeitiger drastischer entwickelt und durchdekliniert zu haben – so Wir müssen nämlich vorsichtig sein, es gibt ei- Zunahme der CO2-Emissionen. Gibt es dafür plau- funktioniert eben Wissenschaft, sie braucht Zeit nen Reflex, jede Art von Auffälligkeit sofort dem sible Deutungen? dafür. Das Problem der Klimawissenschaft ist die- CO2 oder den Treibhausgasen zuzuschreiben. Das se elende Politisierung, dass aus politischen Grün- greift oftmals zu kurz, denn es kann auch andere von Storch: Hierfür sind mehrere Erklärungen den möglichst schnell Antworten auf neue und Gründe geben. Man muss sich mehr Zeit nehmen möglich. Zum einen wird argumentiert, dass die schwierige Fragen gegeben werden, damit die zum Durchdeklinieren der verschiedenen mögli- Zusammenstellung der globalen Temperatur- bevorzugte politische Konsequenz weiterhin be- chen Zusammenhänge. Zum Beispiel können wir daten unzuverlässig ist, insbesondere, weil ark- stehen bleibt. Dieser Schweinsgalopp beschädigt uns die Niederschlagsentwicklung in Europa der tische Daten lange Zeit fehlten. Dann könnte es die Reputation der Klimawissenschaften als eine letzten 30-40 Jahre, insbesondere im Herbst, nicht sein, dass die Modelle eine zu starke Sensitivität unabhängige und ergebnisoffene Einrichtung. erklären. Was hier geschieht, ist nicht allein auf gegenüber erhöhten Treibhausgasen haben und CO2 und Treibhausgase zurückzuführen. Es könn- einen überstarken Anstieg zeigen. Schließlich ist „et“: Als ein weiteres Signal für die Klimaände- te sein, dass das Ausbleiben der Aerosol-Emissio- es möglich, dass es weitere Antriebe gibt, die die rung gilt die Abnahme des arktischen Meereises. nen aufgrund des Zusammenbrechens der Indus- Erderwärmung beeinflussen können, insbesonde- Dieses hat laut einem Bericht von BBC im letzten trie in Mittel-Osteuropa in diesem Zeitraum eher re die Sonne. Es kann zudem vermutet werden, Jahr nicht weiter ab- sondern um 60 % gegenüber bestimmend war. Und nun ist die Arktis auch dass es stärkere Schwankungen im natürlichen dem Vorjahr zugenommen – Zufall oder Irrtum? nicht so schrecklich weit von Europa entfernt, Klimasystem gibt – möglicherweise ist ein grö- dortige Anomalien können also ebenfalls damit ßerer Anteil an Wärme in tiefere Schichten des von Storch: Dank Satelliten können wir die Eis- zusammenhängen. Das ist aber im Moment nicht Ozeans transportiert worden. Ich persönlich gehe ausdehnung der Arktis erst seit den letzten 30 mehr als eine Vermutung. eher davon aus, dass wir Faktoren wie die Sonne Jahren gut übersehen. Wobei wir natürlich im etwas höher und CO2 einen Tick weniger gewich- Groben eine Vorstellung davon haben, was vor- „et“: Es wurde ebenfalls vom BBC sechs Jahre vor- ten und etwas mehr natürliche Variabilität ein- her geschehen ist; daher glaube ich schon, dass her prognostiziert, dass die Arktis im Jahre 2013 räumen müssen – dann sind wir wieder im grü- die Verhältnisse 2012 außergewöhnlich waren. zeitweilig komplett eisfrei sein würde. Vielleicht nen Bereich. Das ist aber ein reines Bauchgefühl, Generell fühlen wir uns wohler, wenn wir die sollte man sich vor derart kurzfristigen Aussagen was ich hier äußere…. Entwicklung über 100 oder 150 Jahre übersehen im Bereich des Klimas generell hüten? „Das Problem der Klimawissenschaft ist diese elende Politisierung, dass aus politischen Gründen möglichst schnell Antworten auf neue und schwierige Fragen gegeben werden, da- mit die bevorzugte politische Konsequenz weiterhin bestehen bleibt. Dieser Schweinsgalopp beschädigt die Reputation der Klimawissenschaften als eine unabhängige und ergebnisoffene Einrichtung.“ Fotos: KlimaCampus Dr. Hans von Storch, Direktor am Institut für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geest- hacht und Professor für Meteorologie an der Universität Hamburg ENERGIEWIRTSCHAFTLICHE TAGESFRAGEN 64. Jg. (2014) Heft 1/2 51
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