Bulletin - Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden

 
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Bulletin - Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden
Vereinigung der
Schweizerischen Hochschuldozierenden    VSH
                                        AEU     Association Suisse
                                                des Enseignant-e-s d’Université

                                          Bulletin

 Robotik
 Robotique

                                                                               Mit Beiträgen von

                                                                         Herbert Bruderer
                                                                           Roland Siegwart
                                                                     Francesco Mondada
                                                       Laura Marchal-Crespo, Tobias Nef,
                                              Raphael Sznitman, Lutz Nolte, Stefan Weber
                                                                               Mehdi Snene
                                                                         Elise Gortchacow

                                                                  45. Jahrgang, Nr. 1 – April 2019
                                                                  45ème année, no 1 – avril 2019
                                                                                 ISSN 1663–9898
Bulletin - Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden
Professor of Landscape Architecture
               The Department of Architecture (www.arch.ethz.ch) at the ETH Zurich invites applications for the above-
               mentioned position. The professorship is housed within the Institute for Landscape Architecture (ILA).

               The new professor is called upon to impart to students the underlying principles, methodological insights,
               and specific expertise of the field of landscape architecture design. She or he supervises doctoral
               candidates, leads a group of employees, and is committed to the Department’s overall development,
               above and beyond the interests of its own particular field. She or he accordingly engages in constructive
               exchange on issues of teaching and research with peers and colleagues in the related disciplines.
               As a rule, Master’s program lectures in the Department of Architecture are given in German or English.

               Successful candidates are internationally renowned personalities, who represent an independent and
               incisive position within current discourse, and have forged a substantial oeuvre in the field of landscape
               architecture. Further requirements are a university degree, experience in teaching and research, and a
               track record in landscape architecture professional practice proven by a convincing portfolio of personally
               initiated and/or realized projects. Outstanding academic achievements must be complemented by a
               demonstrable capacity for leadership.

               Please apply online: www.facultyaffairs.ethz.ch

               Applications should include a curriculum vitae, a list of publications and projects, a statement of future
               research and teaching interests, and a description of the three most important achievements. The letter of
               application should be addressed to the President of ETH Zurich, Prof. Dr. Joël Mesot. The closing date
               for applications is 15 May 2019. ETH Zurich is an equal opportunity and family friendly employer and is
               responsive to the needs of dual career couples. We specifically encourage women to apply.

Titelbild: E TH Zürich und Universität Zürich / Roboterhand Dextra / Roboterhand der Sensors research group (sensors.ini.uzh.ch)
            Dextra nimmt die Welt in Superzeitlupe wahr und kann «Schere-Stein-Papier» spielen.

ii   Stellenausschreibung – Poste à pourvoir
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Inhaltsverzeichnis – Table des matières

           Editorial                                                                                               2
           Gernot Kostorz

Robotik
Robotique
          Ein Blick in die Frühgeschichte der Robotik                                                              3
          Herbert Bruderer

          ETH Zürich und die Schweiz, ein Schmelztiegel für Robotik-Technologie                                    7
          Roland Siegwart

          Master in Robotics at EPFL                                                                             14
          Francesco Mondada

          Medizinrobotik. Forschung und Industrie in der Schweiz                                                 15
          Laura Marchal-Crespo, Tobias Nef , Raphael Sznitman,
          Lutz Nolte, Stefan Weber

          Cyberdéfense et sécurité digitale : Sommes-nous à l’abri ?                                             21
          Mehdi Snene

          Robots, empathie et émotions :
          Nouveaux défis des relations entre l’humain et la machine                                              24
          Elise Gortchacow

          Jahresberichte der Hochschulen / Rapports annuels des Hautes Ecoles                                    32

          Stellenausschreibungen / Postes à pourvoir                                                       ii, 6, 44

                                                                       VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019   1
Bulletin - Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden
Editorial

                   Gernot Kostorz

Liebe Leserin, lieber Leser

«Traumberuf Robotiker» betitelte die ETH Zürich einen                mehr überschaubar ist, eine «Intentionalität» zu, eine auf
Beitrag zum Auftakt des Herbstsemesters 2018. Zahlreiche             den e­ rsten Blick «menschliche» Qualität. Genauer beschei-
Studienanfänger interessieren sich für ein Studium in Robo-          det man sich jedoch damit, darunter eine unter Menschen
tik. Masterstudiengänge sind kürzlich an den beiden Eidge-           gebräuchliche sprachliche Beschreibung von Aktionen zu
nössischen Technischen Hochschulen eingerichtet worden.              verstehen, die aus unserer Sicht einem sinnvollen Zusam-
Im medizinischen Bereich nimmt die Robotik im Studium                menhang entsprechen. Was dabei tatsächlich herauskommt,
«Medizintechnik» der Universität Bern einen hervorragen-             bleibt jedoch vom Menschen vorgegeben, der auch die Ver-
den Platz ein. Entsprechend wird an allen drei Hochschulen           antwortung trägt, obwohl man in ähnlicher Begriffsüber­
auf höchstem Niveau geforscht. Es war also angebracht, ein           tragung vom «Denken» der Maschine zu sprechen geneigt
Heft unserer Zeitschrift dem Thema «Robotik» zu widmen.              ist. Damit wäre auch «Denken» auf «Rechnen» reduziert.
                                                                     Diese Art der «Vermenschlichung» der Maschinen (durch
Der Gedanke, sich von einem technischen Gerät mit ge­                den Begriffswandel, der der Anwendung menschlicher
wissen menschenähnlichen Eigenschaften unterstützen zu               ­Prädikate auf Maschinen zu «verdanken» ist, wie auch bei
lassen, ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit und in           der Debatte über «Bewusstsein» oder «Gewissen») alimen-
unserer geographischen Umgebung seit der Antike über­                 tiert auch die Diskussion über die «mechanische» Natur des
liefert. L­ eonardo da Vinci, der vor 500 Jahren starb, gilt – ne-    Menschen als einer biologischen Maschine, deren Prozesse
 ben seinen vielen anderen Leistungen – als ein Pionier der           bei aller ­Komplexität wie bei Robotern auf Rechenoperatio-
 Robotik am Beginn der Neuzeit. Entscheidend für die rasan-          nen zurückzuführen sind.
 te Entwicklung des Gebiets während der letzten Jahrzehn-
 te sind die von Elektronik, Informatik und Miniaturisierung         Ob Maschinen initiativ tätig werden können und – dann
 gebotenen Fortschritte in Kontrolle und Steuerung bei der           funktionell – sollen, ob sie sogar ohne identifizierbare
 Herstellung und der Anwendung mechanischer Systeme.                 Instruk­tionen z.B. Verantwortung und Empathie entwickeln
 Neben vielen rein maschinellen «dienstbaren Geistern», die          können, ob sich ein Mensch einer Maschine «anvertrauen»
 man nach Bedarf anstellen kann, fasziniert vor allem die Ent-       kann, ob man vor intrinsischen oder spontanen «unmora-
 wicklung menschenähnlicher «Geschöpfe», die mit nur noch            lischen» Maschinenaktionen Angst haben muss, sind Fra-
­wenig Fantasie bald in einem Zustand existieren könnten, der        gen, die uns noch eine Weile beschäftigen werden. Hoff-
 von demjenigen eines «natürlichen Menschen» nicht mehr              nungen und Befürchtungen, die sich damit verbinden, sind
 unterscheidbar ist. Die Auseinandersetzung mit den daraus           letztlich eine Repräsentation der Unsicherheit über unsere
 sich ergebenden Konsequenzen aller Arten beschäftigt zu-            ­eigenen, «menschlichen» Fähigkeiten, die auch «Unmensch-
 nehmend nahezu alle Fakultäten der Hochschulen.                     liches» einschliessen. Wenn wir befürchten, «sophisticated»
                                                                      ­Maschinen könnten uns übel mitspielen, spiegelt sich darin
Die vorliegenden Beiträge dieser Ausgabe können nur eini-              nur eine Angst vor uns selbst (und um uns selbst), denn die
ge wenige Aspekte beleuchten. Nach einem kleinen histori-              Instruktionen, die wir der Maschine mitgeben, sind ja von
schen Auftakt folgen Darstellungen der Aktivitäten an den              uns nach uns bekannten Konzepten entwickelt und können
drei erwähnten Hochschulen, gefolgt von Überlegungen zur               bewusst nichts «Übermenschliches» beinhalten. Maschi-
Datensicherheit und – ausführlicher – zur Mensch-Maschi-               nen sind wie Menschen aber auch anfällig auf Störungen
ne-Beziehung.                                                          und nicht prompt erkennbare Veränderungen und insofern
                                                                       durchaus «unberechenbar». Es scheint eine müssige Frage
Überlegungen zum «Mensch-Maschine-Tandem» (Walther                     zu sein, ob Maschinen etwas denken, was wir nicht nachvoll-
Zimmerli) nehmen ihren Anfang mit Alan Turings Arbeit                  ziehen können. Bei unseren Mitmenschen sind wir ­daran ge-
über «Computing Machinery and Intelligence». Turing ver-             wöhnt. Es ginge zu weit, vor Robotern mehr Angst zu haben
meidet eine Entscheidung, ob Maschinen «denken» können,              als vor uns selbst.
schreibt ihnen aber eine auf funktioneller Kommunikation,
also der Fähigkeit, sinnvoll zu «antworten» (die Details der         Es bleibt weiterhin wichtig darüber nachzudenken, wen oder
physikalisch ablaufenden Prozesse sind in den meisten Fällen         was wir da «anstellen». Dazu finden sich vor allem im letzten
schon lange für Nichtspezialisten nicht mehr überschaubar)           Beitrag viele Anregungen.
basierende «Maschinen-Intelligenz» zu. Dennett schreibt
technischen Systemen, deren Funktionalität auch nicht                Ihr Gernot Kostorz

2   VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019
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Ein Blick in die Frühgeschichte der Robotik

              Herbert Bruderer*

Was ist ein Automat, was ein Roboter? Wann be-           nen und Instrumente (z.B. Wegmesser in Form eines
ginnt die Geschichte des Automatenbaus und der           Schubkarrens, Webstuhl, Zirkel), Fluggeräte, Schiffe,
Robotik? Die Meinungen dazu gehen auseinander.           Brücken, Kirchen, für den Städtebau und das Militär-
Die Frühgeschichte der Robotik fängt wohl mit dem        wesen (z.B. Festungen, mit Seilrollen und Seilzügen
Aufkommen der ersten Automaten im Altertum an.           gesteuerter Krieger, ein «Roboter»). Die Deutung der
                                                         Skizzen ist allerdings nicht immer einfach. Leonardo
Ursprünglich waren Roboter Geräte, Maschinen.            hat u.a. einen mechanischen Löwen, einen mechani-
Manchmal haben sie eine menschenähnliche Gestalt.        schen Vogel, eine mechanische Libelle, eine mecha-
Heute werden auch gewisse Programme so bezeich-          nische Trommel, ein mechanische Fahrzeug (Auto),
net, vor allem (dialogfähige) Internet­  pro­
                                            gramme       eine hydraulische Uhr, einen Drehkran und eine Flug-
(z.B. social bot, chatbot). «Intelligente» Staubsau-     maschine entworfen.
ger, Rasen­mäher und Melkmaschinen, Schachgerä-
te, selbststeuernde Fahrzeuge, Drohnen und viele         Viele Modellbauer haben versucht, seine Entwür-
weitere Gegenstände gelten in den Medien und der         fe umzusetzen. Der wohl bekannteste war Roberto
Werbung als Roboter. Der Ausdruck «Roboter» ist          ­Guatelli, der neben zahlreichen Da-Vinci-Modellen
damit zu einem wenig aussagekräfti­gen Allerwelts-        auch viele berühmte Rechenmaschinen (u.a. von
begriff geworden.                                         Pascal, Leibniz, Babbage, Hollerith) nachgebaut hat.
                                                          Modelle sind beispielsweise in Florenz, Mailand, New
Dieser Beitrag vermittelt keinen Überblick über die       York und Vinci zu sehen.
Geschichte der Robotik. Er beschränkt sich auf eini-
ge ausgewählte Objekte. Im Vordergrund stehen die        3. Kunstvolle Figurenautomaten
Figurenautomaten. Sie erlebten ihren Höhepunkt im        Mit Jacques Vaucanson, der einen vollautomatischen
18. Jahrhundert mit prachtvollen Werken, die u.a. an     mechanischen Webstuhl mit Lochkartensteuerung
Fürstenhöfen gezeigt wurden.                             geschaffen hat, beginnt eine lange Tradition in der
                                                         Fertigung von Figurenautomaten. Sie stellen meist
1. Herons Automatentheater                               Menschen oder Tiere dar. Vaucansons Meisterwerke
Automaten gab es schon im Altertum. Einer der be-        (Ente, Querflötenspieler, Schalmeispieler) sind nicht
deutendsten Automatenbauer war Heron von Alex-           erhalten. Die prächtige Hackbrettspielerin (1784)
andria (1. Jh.). Zu nennen ist etwa seine Dampfkugel,
ein früher Vorläufer der Dampfmaschine. Von ihm
stammt auch ein Pantograf mit einem Zahnradge-            * Seehaldenstrasse 26, Postfach 47, 9401 Rorschach.
triebe. Damit lassen sich Zeichnungen vergrössern         E-mail: bruderer@retired.ethz.ch; herbert.bruderer@bluewin.ch
und verkleinern. Am bekanntesten ist sein Automa-         ORCID-Nr. 0000-0001-9862-1910
tentheater.
                                                                       Herbert Bruderer, Prof. SG, Departement für Informatik,
                                                                       ETH Zürich (i.R.), Technikhistoriker, Studium der Sprach- und
 Manche dieser Maschinen enthielten eine program-                      Naturwissenschaften an mehreren in- und ausländischen
 mierbare Walze, die schon in der Wasserorgel von                      Universitäten, Lehramtsdiplom, erste Berührung mit
 Ktesibios von Alexandria (3. Jh. v. Chr.) auftaucht.                  Grossrechnern im Rechenzentrum des Europäischen
Zu den führenden frühen Automatenbauern z­ ählen                       Labors für Teilchenphysik (Cern), Genf (1970), Vorführung
ferner Philon von Byzanz, Ibn al Razzaz al-Jasari,        des ­kalifornischen maschinellen Sprachübersetzungssystems
                                                          Systran­­(Russisch-Englisch) im Institut für Informatik der Universität
­Salomon de Caus, Athanasius Kircher.                     Zürich (1975), Berater der Kommission der Europäischen Union für
                                                          automatische Sprachübersetzung, Brüssel und Luxemburg (1976–1981),
2. Leonardos Krieger                                      Teil­nehmer an der ersten Mikrocomputerschachweltmeisterschaft in
Leonardo da Vinci (1452–1519), der vor 500 Jahren         London (1980), Gutachter der Stiftung Warentest (Berlin) für Infor­­-
gestorben ist, erstellte eine Fülle technischer Zeich-    ma­tionstechnik (1980–1999), Informatikdozent an der Zürcher
                                                          Hochschule für angewandte Wissenschaften (Winterthur), der
nungen (siehe Codex Atlanticus, Codex Madrid). Er         Universität Zürich und der ETH Zürich (2000–2012), Kolumnist
kannte beispielsweise bereits das Zahnradgetriebe,        der Communications of the ACM, New York, zahlreiche Bücher zur
die Zahnstange, die Kurvenscheibe, die Nürnberger         Informatik. Schriften im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek,
Schere sowie den Proportionalwinkel und soll auch         http://tinyurl.com/y9bajqh5,
eine Rechenmaschine entworfen haben. Der Gelehr-          und auf der Publikationsplattform der ETH Zürich,
te und Künstler hat Modelle ausgedacht für Maschi-        https://www.research-collection.ethz.ch/

                                                                              VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019   3
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Herbert Bruderer | Ein Blick in die Frühgeschichte der Robotik

                   Abb. 1. Hackbrettspielerin (1784). Das Steuerwerk der prächti-               Abb. 2. Allesschreibende Wundermaschine (1760). Das Steuer-
                   gen Zimbal­spielerin von Peter Kintzing befindet sich nicht in               werk dieses Handschriftautomaten von Wolfgang Knaus befin-
                   der Automatenfigur, sondern darunter (© Musée des arts et                    det sich in der (hier geöffneten) Weltkugel. Die kleine Messing­
                   métiers/CNAM, Paris).                                                        figur (oben) ist mit einer Schreibfeder ausgestattet (© Techni-
                                                                                                sches Museum Wien).
                   von Peter Kintzing und David Roentgen befindet sich
                   im Musée des arts et métiers in Paris (vgl. Abb. 1). Die                     dien, der Zeichner wartet mit wählbaren Skizzen auf.
                   allesschreibende Wundermaschine (1760) verdanken                             Beim Schriftsteller lassen sich mit Hilfe von Nocken-
                   wir Friedrich Knaus. Sie steht im Technischen Mu-                            scheiben (innerhalb bestimmter Grenzen) beliebige
                   seum Wien (vgl. Abb. 2). Ein Vorläufer ist im Museo                          Texte programmieren.
                   Galileo in Florenz ausgestellt. Kaum bekannt ist der
                   Schriftsteller (1770) von Timothy Williamson, der im                         Die Wiener Kunstkammer beherbergt zahlreiche
                   Pekinger Palastmuseum aufbewahrt wird.                                       grossartige Automaten, z.B. einen Schiffsautomaten
                                                                                                (vgl. Abb. 4),
                   Die Entwicklung erreichte ihren Höhepunkt mit dem
                   Dreigestirn von Pierre und Henri-Louis Jaquet-Droz
                   sowie Jean-Frédéric Leschot aus dem Jahr 1774. Die
                   bald 250-jährigen weltberühmten Figurenautomaten
                   – Musikerin, Schriftsteller und Zeichner – sind heute
                   noch voll funktionsfähig und werden regelmässig im
                   Musée d’art et d’histoire in Neuenburg vorgeführt
                   (vgl. Abb. 3). Die Musikerin spielt vorgegebene Melo-

                   Abb. 3. Figurenautomaten der Jaquet-Droz (1774). Die drei voll               Abb. 4. Schiffsautomat (1785). Der Tischautomat von Hans
                   funktionsfähigen Androiden (Zeichner, Musikerin, Schriftsteller,             Schlottheim rollt über den Tisch und spielt Musik. Die Kanonen
                   von links nach rechts) gelten als die weltweit schönsten und                 lassen sich mit Schwarzpulver laden (© Kunsthistorisches
                   ausgereiftesten Figurenautomaten (© Musée d’art et d’histoire,               Museum, Wien).
                   Neuenburg).

4   VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019
Bulletin - Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden
Herbert Bruderer | Ein Blick in die Frühgeschichte der Robotik

Abb. 5. Phonoliszt-Violine (1908). Der nach wie vor betriebs­         Abb. 7. Räderwerk von Antikythera. Diese rechnergestützte Re-
fähige Violinautomat der Firma Ludwig Hupfeld AG, Leipzig,            konstruktion stammt von Tony Freeth. Links ist die Vorderseite
besteht aus einem Klavier und drei sich drehenden Geigen. Die         mit den sieben Planetenzeigern, rechts die Rückseite mit den
Steuerung erfolgt über eine Papiernotenrolle (© Technisches           Skalen für die Mond- und Sonnenfinsternisse (© Tony Freeth,
Museum Wien).                                                         Images first Ltd., London).

Für Unterhaltung sorgten auch vielfältige Musikauto­                  Brüssel zur Schau gestellt wurde, ist in Madrid erhal-
maten, etwa großartige Violinmaschinen, die als                       ten. Der Schachtürke von Wolfgang von Kempelen
Weltwunder galten (vgl. Abb. 5).                                      (1770) war eine Fälschung. Darin war ein Mensch
                                                                      versteckt.
4. Schachautomaten von Torres Quevedo
Die erste funktionsfähige Schachmaschine (1920) ist                   5. Räderwerk von Antikythera
das Werk von Leonardo Torres Quevedo (vgl. Abb. 6).                   1901 kam bei einem Tauchgang vor der griechischen
Der Automat, der 1958 auf der Weltausstellung in                      Insel Antikythera eine rätselhafte astronomische
                                                                      Rechenmaschine zum Vorschein, das Räderwerk
                                                                      von Antikyhtera (vgl. Abb. 7). Erfinder, Baujahr und
                                                                      Herstellungsort sind unbekannt. Die zerbrechlichen
                                                                      Überreste, die seit Jahrzehnten Gegenstand der For-
                                                                      schung sind, befinden sich in Athen. Manche be-
                                                                      trachten dieses komplexe Zahnradgetriebe (vermut-
                                                                      lich 1. Jh. v. Chr.) als ersten Analogrechner der Welt. n

                                                                      Literatur und Quellen: siehe Seite 6

Abb. 6. Schachautomat von Leonardo Torres Quevedo (1920).
Norbert Wiener spielte 1951 auf der Pariser Kybernetikkonfe-
renz gegen diese Endspielmaschine (© Museo Leonardo Torres
Quevedo, Madrid).

                                                                                                 VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019   5
Bulletin - Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden
Herbert Bruderer | Ein Blick in die Frühgeschichte der Robotik

                   Literatur und Quellen
                   Ausführliche Angaben zu historischen Automaten und wissenschaftlichen Instrumenten aus den Bereichen Mathematik,
                   ­Astronomie, Vermessung, Uhrmacherei und Musik finden Sie im folgenden Werk:
                   Herbert Bruderer: Meilensteine der Rechentechnik. Band 1: Mechanische Rechenmaschinen, Rechenschieber, historische
                   ­Automaten und wissenschaftliche Instrumente, 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage, Walter de Gruyter
                    GmbH, Berlin/Boston 2018, XXIV, 727 Seiten, https://www.degruyter.com/view/product/480555
                   Herbert Bruderer: Meilensteine der Rechentechnik. Band 2: Erfindung des Computers, Elektronenrechner, Entwicklungen in
                   Deutschland, England und der Schweiz, 2., völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage, Walter de Gruyter GmbH,
                   ­Berlin/Boston 2018, XX, 829 Seiten, https://www.degruyter.com/view/product/503373

                   Modelle von Leonardo
                   Long Island Science Center, Riverhead, NY, https://www.sciencecenterli.org/davinciexhibition
                   Museo Leonardiano, Vinci, http://www.museoleonardiano.it/ita/museo/modelli, http://www.museoleonardiano.it/ita/model-
                   li-in-deposito/vedi-modelli
                   Museo Leonardo da Vinci, Florenz, http://museoleonardodavincifirenze.com/
                   Museo nazionale della scienza e della tecnologia «Leonardo da Vinci», Mailand, http://www.museoscienza.org/visitare/leonar-
                   do-parade/

                   Quellen
                   Nanni, Romano (Hg.): Leonardo and the artes mechanicae, Skira, Mailand 2013, 319 Seiten
                   Taglialagamba, Sara: Leonardo & engineering, CB edizioni [Cartei & Bianchi], Poggio a Caiano (Prato), 2010, 151 Seiten
                   Taglialagamba, Sara: Leonardo & l‘ingegneria, CB edizioni [Cartei & Bianchi], Poggio a Caiano (Prato) 2010, 151 Seiten
                   Taglialagamba, Sara: Leonardo da Vinci. Automazioni e robotica/Automations and robotics, CB edizioni [Cartei & Bianchi],
                   Poggio a Caiano (Prato), 2010, 160 Seiten

Stellenausschreibung - Poste à pourvoir

               Professor of Mathematics and Physics
               The Department of Mathematics (www.math.ethz.ch) and the Department of Physics (www.phys.ethz.ch) at
               ETH Zurich invites applications for the above-mentioned position. The new professor will be based in the
               Department of Mathematics and associated to the Department of Physics.

               Applicants should demonstrate an outstanding research record and a proven ability to direct research work
               of high quality. The successful candidate should have a strong background and a worldwide reputation in
               mathematical physics as well as excellent teaching skills. Teaching responsibilities will mainly involve
               undergraduate (German or English) and graduate courses (English) for students in mathematics, physics
               and engineering.

               Please apply online: www.facultyaffairs.ethz.ch

               Applications should include a curriculum vitae, a list of publications, a statement of future research and
               teaching interests, and a description of the three most important achievements. The letter of application
               should be addressed to the President of ETH Zurich, Prof. Dr. Joël Mesot. The closing date for applications
               is 15 September 2019. ETH Zurich is an equal opportunity and family friendly employer and is responsive to
               the needs of dual career couples. We specifically encourage women to apply.

6   VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019
Bulletin - Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden
ETH Zürich und die Schweiz, ein Schmelztiegel für Robotik-Technologie1

                   Roland Siegwart*

1. Vorbemerkung                                                       tionsroboter (ab 2003), Roland Siegwart – Mobile
Robotik ist heute in aller Munde, und die Gesellschaft                Roboter (ab 2006), Fumiya Iida – Soft Robots (2009–
und Politik debattiert über Chancen und Risiken die-                  2014), Jonas Buchli – Laufroboter (2012–2018), Raff
ser sich schnell entwickelnden Technologe. Zum Teil                   D’Andrea – Hochdynamische Flug und Balancier-Ro-
etwas unter dem Radar hat sich die Schweiz in den                     boter (2007), Roger Gassert – Medizinroboter (ab
letzten zwanzig Jahren zu einem weltweiten Power­                     2008), Margarita Chli – Visuelle Navigation (ab 2015),
haus für neue Robotik-Technologien entwickelt und                     Marco Hutter – Laufroboter (ab 2015) und Emilio
so optimale Voraussetzungen geschaffen, um die                        Frazzoli – Auto­nome Fahrzeuge (ab 2016) stark wei-
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Chancen                        ter und wurde durch Professoren wie Marc Pollefeys
in der Robotik zu nutzen. Wir haben die weltweit                      (ab 2007), O­ tmar Hilliges (ab 2013), Stelian Coros (ab
grösste Dichte an bestens ausgebildeten Talenten,                     2017) und Davide Scaramuzza (ab 2012 an der Univer-
wissenschaftlichen Publikationen und Startups in                      sität Zürich) aus den Bereichen visuelle Wahrnehmung,
der Robo­tik. Durch verschiedene Schwerpunktpro-                      Mensch-Maschine-Schnittstelle, Computational Robo­
gramme und Technologietransfer-Zentren haben wir                      tics und visuelle Navigation ergänzt. Weiter haben
ein Innovationsumfeld geschaffen, das einmalig ist                    Professoren wie Matthias Kohler, Fabio Gramazio und
und auch die grossen IT-Firmen in die Schweiz zieht.                  Philippe Block ein weltweit führendes Zentrum für
                                                                      ­Robotik in der Architektur und im Bau aufgebaut.
2.	Geschichte der Roboterforschung an
    der ETH Zürich und EPFL                                           Heute sind die ETH Zürich, aber auch die EPFL, unter
Robotik ist schon seit ca. 30 Jahren ein wichtiges The-               den weltweiten Top-Adressen für Robotik. Die ETH
ma an den Technischen Hochschulen. So hat die EPFL                    Zürich prägt mit über zwanzig Forschungsgruppen,
im Rahmen des Departements für Microtechnique                         über hundert Doktorierenden und ca. 300 Master-
unter Leitung von Prof. Christof W. Burckhardt sich                   studierende aus der ganzen Welt, die neusten Ent-
Robotik schon in den frühen 1980er Jahren auf die
Fahne geschrieben und das Department für Maschi-
nenbau und Verfahrenstechnik der ETH Zürich hat                        * ETH Zürich, Institut für Robotik und Intelligente Systeme
1990 unter der Leitung von Prof. Gerhard Schweitzer                      LEE J 205, Leonhardstrasse 21, 8092 Zürich.
das Institut für Robotik gegründet. Weitere Expo-                      E-mail: rsiegwart@ethz.ch
nenten der aufstrebenden Robotikforschung waren
                                                                                   Roland Siegwart, Dr. sc. techn. ETH, ist seit Juli 2006
die EPFL-Professoren Jean-Daniel Nicoud (Bio-inspi-                                ordentlicher Professor für Autonome Systeme an der
rierte Intelligenz), Reymond Clavel (Parallelroboter)                              ETH Zürich und seit 2015 Co-Direktor des Wyss Zurich. Von
und Professor Rolf Pfeifer von der Universität Zürich                              Januar 2010 bis Dezember 2014 wirkte er als Vizepräsident
(Intelligenz und Embodiement).                                                     für Forschung und Wirtschaftsbeziehungen in der ETH
                                                                                   Schulleitung. Er ist im Verwaltungsrat mehrerer Firmen, wie
                                                                       z.B. Komax AG und NZZ. Er schloss 1983 sein Diplom und 1989 seine
  Eine Entwicklung der Robotik-Kompetenzen an den                      Doktorarbeit am Departement für Maschinenbau der ETH Zürich ab. Er
  Schweizer Universitäten beschleunigte sich dann                      war mitbeteiligt beim Aufbau einer Startup Firma, war Professor an der
  um die Jahrhundertwende und führte in den letzten                    EPFL Lausanne (1996 – 2006) und Gastforscher an der Stanford Universi-
  20 Jahren zu einem Boom. An der EPFL entwickelte                     tät und am NASA Ames.
  sich mit den Professoren Roland Siegwart (bis 2006),                 Er ist und war Koordinator mehrerer europäischer Projekte und Mit­
                                                                       gründer von einem halben Duzend Spin-offs. Er ist IEEE Fellow, ­Träger des
­Dario Floreano, Aude Billard, Auke Iispert, ­Francesco
                                                                       IEEE RAS Inaba Technical Award und Vorstandsmitglied der Inter­national
 Mondada, Alcherio Martinoli und Jamie Paik ein                        Federation of Robotics Research (IFRR). Er ist im Editorboard verschiede-
 ­Power-Haus. Zentrale Forschungsschwerpunkte sind                     ner Robotik-Journalen und war Chairman mehrerer ­Robotik-Konferenzen,
  bioinspirierte Roboter, die fliegen und laufen, sowie                darunter IROS 2002, AIM 2007, FSR 2007 und ISRR 2009.
  lernende Roboter. Gleichzeitig entwickelten sich                     Roland Siegwart interessiert sich für die Entwicklung und Steuerung von
  auch die Robotikkompetenzen an der ETH Zürich                        Robotersysteme die in komplexen und hochdynamischen Umgebun-
                                                                       gen zum Einsatz kommen. Sein zentrales Ziel liegt in der Entwicklung
  mit den Professoren Brad Nelson – Nanoroboter in                     neuer autonomer Roboter die mit unscharfer Information umgehen
  der Medizin (ab 2002) , Robert Riener – Rehabilita-                  können, sich an neue Situationen anpassen und interaktive agieren.
                                                                       Anwendungsbeispiele sind Service- und Raumfahrt-Roboter, autonome
                                                                       Mikro-Fluggeräte, Roboter die laufen und schwimmen und Fahrer­
1D
  ieser Artikel erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die    assistenzsysteme. Er ist auch ein starker Promoter von Innovation und
 Robotik in der Schweiz ist sehr dynamisch unterwegs und jeden Tag
                                                                       Unternehmertum in der Schweiz.
 entstehen neue Ideen, Programme und spannende Systeme.

                                                                                           VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019   7
Bulletin - Vereinigung der Schweizerischen Hochschuldozierenden
Roland Siegwart | ETH Zürich und die Schweiz, ein Schmelztiegel für Robotik-Technologie

                                                                                              Abb. 2. Khepera Robot, Jean-Daniel Nicouds Lab, EPFL 1996.

                   Abb. 1. Parallelroboter Delta, Reymond Clavel, EPFL 1986.

                   wicklungen in der Robotik massgebend. Mit ihren Pi-
                   onierleistungen hat sie einer der grössten Präsenzen
                   an den wichtigsten Robotik Konferenzen wie ICRA                            ein departementsübergreifendes Masterprogramm an
                   oder IROS und gewinnt Awards für hervorragende                             der ETH Zürich anzubieten. Der spezialisierte ­Master
                   Publikationen und Forschende wie kaum eine andere                          in «Robotics, Systems and Control» (RSC) (http://
                   Universität in der Robotik.                                                www.master-robotics.ethz.ch/) wurde im Herbst 2008
                                                                                              gemeinsam von den Departementen Maschinenbau
                   3. M
                       aster in Robotik der ETH Zürich zieht hunderte                        und Verfahrenstechnik (D-MAVT), Informationstech-
                      von Studierenden aus der ganzen Welt an                                 nologie und Elektrotechnik (D-ITET) und Informatik
                   Die Lehre und Forschung in der Robotik war schon seit                      (D-INFK) lanciert. Schon im Herbst 2009 starteten die
                   Mitte der 1980 Jahre in verschiedenen Gruppen der ETH                      ersten Studierenden. Heute repräsentiert der Master in
                   Zürich ein Thema, vor allem am Labor von Prof. Schwei-                     «Robotics, Systems and Control» den grössten spezia-
                   zer im Department Maschinenbau und Verfahrenstech-                         lisierten Master der ETH Zürich und einen der grössten
                   nik. Durch das schnelle Wachstum der Robotikgruppen                        insgesamt. Ca. 130 Studierende starten heute jedes Jahr
                   nach die Jahrhundertwende kam das Bedürfnisse auf,                         ihr Masterstudium in Robotik und ca. weitere 100 Stu-

                   Abb. 3. Ping-Pong- und kollaborativer Robot, Gerhard Schweizers Lab, ETH 1988 / 1993.

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Roland Siegwart | ETH Zürich und die Schweiz, ein Schmelztiegel für Robotik-Technologie

Abb. 4. Die Kernprofessuren in Robotics, Systems and Control an der ETH Zürich.

dierende aus dem Maschinenbau wählen ihren Fokus                       der Robotik entwickelt. Neben den Lehr- und For-
von Vorlesungen und Projekten in der Robotik.                          schungsaktivitäten an der ETH Zürich, EPFL und den
                                                                       Fachhochschulen haben die vom Nationalfonds ge-
Die Zulassung zum spezialisierten Master-Studiengang                   förderten Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS/
in Robotik setzt ein Bachelor-Diplom in einer ingeni-                  NCCR) «Robotics» und «Digital Fabrication» die
eurwissenschaftlichen Studienrichtung und gute Leis-                  ­welt­weite Strahlkraft verstärkt. Das NFS «
                                                                                                                 ­ Robotics»
tungen voraus. Zu diesen Studienrichtungen gehören                     (www.nccr-robotics.ch) beschäftigt sich institutions­
insbesondere Elektroingenieurwissenschaften und In-                    übergreifend mit den Grundlagen für Robo­ter­syste­
formationstechnologie, Informatik und Maschinenin-                     me: Einerseits fokussiert es sich auf den Einsatz von
genieurwissenschaften. Aber auch exzellent Studieren-                  Robotern bei Katastrophen und andererseits auf Pro-
de aus anderen Studienrichtungen wie Gesundheits-                      thesen und Exoskelette für die Unterstützung von
wissenschaften oder Physik werden aufgenommen.                         Menschen. Das von ETH-Architekten initiierte NFS
                                                                       «Digital Fabrication» (www.dfab.ch) beschäftigt sich
4. Forschungszentren, Initiativen und Startups                        mit der Revolution von Bauprozessen durch digitale
    in der Robotik                                                     Technologien – und zwar insbesondere in der ­Robotik.
In den vergangenen Jahren hat sich die Schweiz zu
einem weltweit höchst anerkannten Schmelztiegel                       Kürzlich wurde im Rahmen der «ETH+»-Initiative ein

Abb. 5. Die wichtigsten Institutionen, Programme und Startups in der Robotik.

                                                                                                VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019   9
Roland Siegwart | ETH Zürich und die Schweiz, ein Schmelztiegel für Robotik-Technologie

                  Abb. 6. Flugroboter: Erster Quadrotor, AtlantikSolar, Balancier-Drohne, Voliro.

                  Robotik-Zentrum bewilligt, das den Aufbau weiterer                          hundertwende durch Pionierleistungen der Labors von
                  Forschungsgruppen und einer departementsüber-                               Professor Dario Floreano2 und Professor Roland Sieg-
                  greifenden Technologieplattform ermöglichen soll.                           wart3 ihre Anfänge genommen hat, entwickelten sich
                  Ein zentrales Element des Zentrums ist die enge For-                        die Flugroboter (siehe Abb. 6) an der ETH Zürich und
                  schungszusammenarbeit mit der Industrie und Part-                           EPFL rasant. 2008 wurden an der ETH zum ersten Mal
                  nern aus der ganzen Welt.                                                   Solar­flugzeuge gezeigt, die mit einem Gewicht von nur
                                                                                              wenigen Kilogramm kontinuierlich fliegen konnten.
                  Die hervorragenden Forschungsresultate haben zu ei-                         Ausserdem wurden Helikopterdrohnen ­demonstriert,
                  nem regelrechten Boom von Spin-offs von der ETH Zü-                         die fähig waren, mit nur einer einzigen Kamera präzise
                  rich und EPFL geführt. Heute hat die Schweiz die wahr-                      zu navigieren. Gleichzeitig sind mit Sensefly4 und Sky­
                  scheinlich grösste Dichte an Robotik-Startups (siehe                        botix5 aus den Labors der Professoren Floreano und
                  Abb. 5). Diese Entwicklung wurde massgebend durch                           Siegwart die ersten zwei Spin-offs entstanden. Mit
                  Programme wie die des «Pioneer Fellowships» (ETH                            Professor D’Andrea kam ab 2007 eine weitere Dimen-
                  Zürich), «Innogrants» (EPFL), «Bridges» (Nationalfond/                      sion des dynamischen Flugs mit Helikopter-Drohnen
                  Innosuisse) oder «Venture Kicks» unterstützt. Diese                         dazu. Seine durch visuelles Tracking geführten Droh-
                  Programme zielen auf die Beschleunigung des Techno-                         nen spielen Ping-Pong, balancieren Stäbe oder bauen
                  logietransfers von vielversprechenden Forschungsresul-                      Seilbrücken. Aus diesen Forschungsaktivitäten, deren
                  taten ab. Des Weiteren wurde über das «Wyss Zurich»                         Videos sich viral verbreiteten, ist dann das Startup
                  (www.wysszurich.ch), dem gemeinsamen Technologie-                           Verity Studios entstanden. Die ­Verity Studios demons-
                  transfer-Institut der ETH Zürich und der Universität                        trieren heute magische Flugshows an Konzerten oder
                  Zürich, ein entscheidender Boost von Robotik-Spin-offs                      im Zirkus.
                  ermöglicht. Das Wyss Zurich entstand dank der gross-
                  zügigen Donation von Hansjörg Wyss.

                  5. Robotik-Forschung der ETH Zürich –                                       2 ultra-leichte Flächenflugzeuge.
                                                                                              3 weltweit erster frei fliegender Quadrotor.
                     einige Highlights
                                                                                              4E PFL Spin-off, Flächenflugzeug für Luftaufnahmen –
                  5.1. Pioniere der Drohnen                                                     https://www.sensefly.com/
                  Nachdem die Drohnenforschung kurz nach der Jahr-                            5 ETH Spin-off, aufgekauft von GoPro.

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Abb. 7. Laufroboter: StarlETH und ANYmal.

Weitere Pionierleistungen haben zur Gründung der                            Jahren hat die ETH Zürich daher begonnen, neue Kon-
Startups Flyability 6 und Wingtra7 geführt. B­ eide F­ irmen                zepte für die Roboter-Fortbewegung auf Beinen zu ent­
haben sich rasant entwickelt und liefern heute weltweit                     wickeln. Der Startschuss dafür fiel im Labor von Pro-
Drohnen von höchster Qualität. Die neuesten Entwick-                        fessor R
                                                                                   ­ oland Siegwart. Seit 2015 wird diese Forschung
lungen an der ETH sind Drohnen, die in allen möglichen                      durch Professor Marco Hutter verstärkt und weiterge-
Orientierungen in sämtliche Himmelsrichtungen flie-                         führt. Resultate sind unter anderem die ETH-Roboter
gen und dadurch auch mit ihrer Umgebung in Kontakt                          StarlETH und ANYmal (siehe Abb. 7). Beide verfügen
treten können. Diese Bewegung ermöglicht vollkom-                           über «weiche» Antriebsmodule, welche einen sanften
men neue Einsätze von Drohnen. Das Spin-off Voliro8                         und nachgiebigen Kontakt mit der Umgebung ermög-
gehört zu den Vorreitern in diesem Bereich.                                 lichen. Dank zahlreicher Durchbrüche hat sich die ETH
                                                                            Zürich in den vergangenen Jahren zu einer der führen-
5.2. Der Roboter-Hund                                                       den Forschungsinstitutionen dieses Bereichs ent­wickelt.
Roboter auf Rädern sind in ihren Bewegungsmöglich-                          Seit 2016 werden vierbeinige Roboter zudem über das
keiten sehr eingeschränkt. Fliegende Roboter können                         Startup ANYbotics9 erfolgreich kommerzialisiert.
nur sehr kleine Nutzlasten tragen und sind in der In-
teraktion mit ihrer Umgebung begrenzt. Vor über zehn                        5.3. Roboter für die Baustelle
                                                                            Der Bereich Baustelle durfte in den vergangenen Jahr-
6E
  PFL Spin-off, Kollisionsresistente Dohnen –                              zehnten nur sehr wenig Innovation erfahren. Genau
 https://www.flyability.com/                                                diesen Umstand hat die ETH Zürich in den vergange-
7E
  TH Spin-off, Hybride Drohne die vertikal startet und dann in den
 Flächenflug übergeht – https://wingtra.com/
                                                                            nen Jahren geändert: Durch die Initianten Professor
8E
  TH Spin-off (in Gründung), Omnidirektionale Drohne –
 https://www.voliro.ch/                                                      9 ETH Spin-off, Laufroboter – https://www.anybotics.com/

Abb. 8. Konstruktionsroboter: HEAP und Roboter für den Aufbau gewölbter Armierungen.

                                                                                                    VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019   11
Roland Siegwart | ETH Zürich und die Schweiz, ein Schmelztiegel für Robotik-Technologie

                  Matthias Kohler und Professor Fabio Gramazio konnte                         mechanische Interventionen durchführen. Diese Vi-
                  sich die Hochschule zu einem weltweiten Leader und                          sion steht hinter den einmaligen Forschungsaktivitä-
                  Leuchtturm in punkto Digitalisierung und Automatisie-                       ten von Professor Brad Nelson. Seine Robotersyste-
                  rung der Baustelle entwickeln. Im Speziellen erlauben                       me sind oft nur einige Millimeter gross und können
                  Roboter heute ganz neue Bauformen und Materialen.                           durch externe Magnetfelder mit höchster Präzision
                  Der autonome Schreitbagger HEAP (Hydraulic Excava-                          im Auge oder in Blutbahnen gesteuert werden.
                  tor for an Autonomous Purpose, siehe Abb. 8) aus der
                  Gruppe von Professor Marco Hutter beispielsweise, er-                       Roboter sind heute bereits hochpräzise Helfer im
                  möglicht eine sichere Intervention in gefährlichen Um-                      Operationssaal und ermöglichen ganze neue The-
                  gebungen, wie zum Beispiel nach einem Erdrutsch oder                        rapiemethoden. Die Professoren Robert Riener und
                  einer Katastrophe. Und im NSF «Digital Fabrication»                         Roger Gassert forschen an Rehabilitations-Robotern
                  entstehen in einem interdisziplinären Team neue Bau-                        und an Exoskeletten, die gehbehinderten Menschen
                  prozesse, die zum Beispiel den Bau gewölbter Mauern                         das Laufen wieder ermöglichen sollen. Diese Aktivitä-
                  ohne Schalungen ermöglichen. Dabei bauen Roboter                            ten waren auch der Grundstein für die Initiierung des
                  mit höchster Präzision Armierungen auf, welche an-                          Cybathlons10, einem internationalen Wettbewerb, der
                  schliessend mit Spezialbeton aufgegossen werden.                            die Entwicklungen von Technologien für behinderte
                                                                                              Menschen beschleunigen soll. Das Echo auf die erste
                  5.4. Roboter im menschlichen Körper und                                     Durchführung im Jahr 2016 war enorm und die Vor-
                       für die Rehabilitation                                                 bereitungen für die Veranstaltung im Jahr 2020 laufen
                  Stellen Sie sich vor, wir hätten kleine Roboter, die                        auf Hochtouren.
                  sich im menschlichen Körper bewegen, Messungen
                  machen und gezielt Medikamente einbringen oder                              10 http://www.cybathlon.ethz.ch

                  Abb. 9. Roboter in der Medizin: Micro-Roboter, Exoskelette, Rehabilitationsroboter.

12   VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019
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Abb. 10. Precision Farming mit Robotern: EU Projekt Flourish und Swiss Smart Farming von DigitalSwitzerland.

5.5. Roboter in der Landwirtschaft                                        für eine präzise Intervention, beispielsweise für die me-
Die Ernährungssicherheit der stetig wachsenden                            chanische Entfernung von unerwünschten Pflanzen.
Weltbevölkerung ist wahrscheinlich eine der gröss-
ten Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte.                           6. Faszination Unternehmertum und Startups
Technologie kann uns dabei helfen, das Wachstum                           Die bahnbrechenden Forschungsaktivitäten der ver­
von Nährpflanzen auf Feldern kontinuierlich zu über-                      gangenen 20 Jahre haben in der Robotik zu zahlrei-
wachen. Auf diese Weise liessen sich Umstände wie                         chen sich auf dem Weltmarkt sehr gut entwickelnden
Wassermangel, Düngerbedarf oder etwa ein Schäd-                           Startups geführt (siehe Abb. 5). Mit ihnen entstan-
lingsbefall frühzeitig erkennen. Roboter würden da-                       den nicht nur rund 1000 neue und sehr spannende
mit eine nachhaltige Landwirtschaft ermöglichen, die                      ­Arbeitsplätze, sie legten auch den Grundstein für das
mit weniger Dünnungsmitteln und minimaler Ein-                             «Silicon Valley der Robotik».13
bringung von Pestiziden auskommt.
                                                                          Die internationale Führerschaft und die grosse An­
Im Labor von Professor Roland Siegwart werden in                          zahl Talente in Bereichen der visuellen ­Navigation
starken Partnerschaften mit Agronomie-Forschern wie                       und dem maschinellen Lernen haben auch die
Professor Achim Walter neue Konzepte für das «Pre-                        ­gros­sen IT-Firmen in die Schweiz gezogen. Google,
cision Farming» erforscht und im Feld getestet.11,12                       Facebook-Oculus oder Microsoft haben in Zürich
Flug­roboter überwachen dabei die Felder mit Spektral­                     Forschungslabors aufgebaut, die das Ökosystem der
kameras und Bodenroboter nutzen diese Information                          Ro­bo­­tik und der Künstlichen Intelligenz weiter be­
                                                                           flügeln. n
11 EU Projekt Fourish – http://flourish-project.eu/
12 Matterhorn Project von Digital Switzerland: Swiss Smart Farming –
http://www.smartfarming.ethz.ch/                                          13 http://www.jordico.com/30-disruptive-swiss-startups-in-robotics/

                                                                                                  VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019   13
Master in Robotics at EPFL

                                      Francesco Mondada*

                  Since the academic year 2018–2019, students at the                     A strong emphasis of this new Master is on practice:
                  Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) can                    mandatory and elective courses include practical
                  follow a new Master degree in robotics, which is the                   exercises to apply theoretical aspects to real systems.
                  result of a renewed effort by the EPFL research and                    Moreover, the semester and interdisciplinary projects,
                  education community active in this field, coordinated                  as well as the final year project, allow students to work
                  around the “Robotics” National Research Competence                     with researchers on complex problems in the robot-
                  Centre (NCCR). This new degree offers training in the                  ics laboratories of EPFL. It is important to note that
                  theory, technology and practice of robotics, covering                  this Master degree is one of the few EPFL Masters that
                  for example mobile robotics, portable robots, robotic                  offer the possibility of carrying out three projects (10
                  manipulators, autonomous robots, biomedical robot-                     ECTS) in laboratories at master level, in addition to
                  ics, and the interface between robots and the human                    the final year project. Students can also choose to
                  nervous system.                                                        spend part of their studies in industry, with a 6-month
                                                                                         internship.

                                                                                         This comprehensive course provides EPFL students
                                                                                         with access to research and industrial careers in a
                                                                                         wide range of fields where robotics technologies are
                                                                                         increasingly applied, such as biomedical technologies,
                                                                                         logistics and transport, aviation and drones, autono-
                                                                                         mous cars, industry 4.0, smart homes, environmental
                                                                                         technologies, to name a few. In addition, students can
                                                                                         take advantage of EPFL’s strong innovation ecosystem
                                                                                         to invent new robotic systems and applications and
                                                                                         create their own business.

                                                                                         Concerning admissions: Students with a Bachelor
                                                                                         degree in Microengineering from EPFL are auto­mati­
                                                                                         cally admitted. National, international, and EPFL
Figure. During their master’s final project, students were asked to develop and
clinically evaluate a neuro-controlled upper limb prosthesis intuitively controlled
                                                                                         ­students with a Bachelor in Computer Science, Elec­
and felt by the amputee as the natural one (courtesy of Silvestro Micera’s lab, EPFL).    trical Engineering, Electronics, Mechanical Engineer­
                                                                                          ing or a related field may also apply and will be selected
                                                                                          on the basis of their academic record. All students
 * EPFL - STI - IMT – LSRO, bureau MEB3426, Station 9, 1015 Lausanne                     must have an interdisciplinary background and have
                                                                                          taken courses in at least two of these fields: Computer
 E-mail: francesco.mondada@epfl.ch
 EPFL: www.epfl.ch                                                                        ­Science, Electronics, and Mechanical Engineering. n
 Robotics master: http://master.epfl.ch/robotics/
                                                                                         More information: http://master.epfl.ch/robotics
            Francesco Mondada, Ph.D., is a Professor in mobile
            robot design at the Ecole Polytechnique Fédérale
            de Lausanne (EPFL) and coordinator of the Robotics
            Master. He received his M.Sc. in micro-engineering
            and his Doctoral degree in computer science from
            EPFL. He co-founded several companies, being CEO
 of K-Team SA for about 5 years. He has been participating, then
 leading the design of well know robots, such as Khepera, s-bot,
 marXbot, e-puck and Thymio, together reaching more than 10
 thousands mentions/citations in scientific papers. His interests
 include the development of innovative mechatronic solutions
 for mobile robotics and making robot platforms more acces-
 sible for education, research, and industry.

14   VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019
Medizinrobotik. Forschung und Industrie in der Schweiz

              Laura Marchal-Crespo*, Tobias Nef **, Raphael Sznitman***,
              Lutz Nolte****, Stefan Weber*****

„Der Wissenschaftler beschreibt was ist;                 * ARTORG Center for Biomedical Engineering Research,
der Ingenieur erschafft, was noch nie war.“                Universität Bern, Murtenstrasse 50, 3008 Bern.
–Theodore von Kármán                                     E-mail: laura.marchal@artorg.unibe.ch
                                                         http://www.artorg.unibe.ch/research/mln/index_eng.html
                                                         ORCID 0000-0002-8008-5803
1. Einführung
                                                                      Laura Marchal-Crespo, Ph.D., ist SNF-Professorin am ­ARTORG
Medizinrobotik ist in der Öffentlichkeit ein allgegen-                Center for Biomedical Engineering Research der Universität
wärtiges Thema. Aktuell verdichten sich bemerkens-                    Bern und Leiterin der Gruppe Motor Learning und Neurore-
werte Fortschritte in der technischen und klinischen                  habilitation und angegliedert an die Gruppe Sensory-Motor
Forschung (Stichwort künstliche Intelligenz) zu vie-                  Systems in der Abteilung Health Sciences and Technology der
len neuen Anwendungen und Systemen. Medizinro-                        ETH Zürich. Geboren 1980 in Barcelona, folgte das Studium
                                                         zum BSc Industrial Engineering (5J) mit Schwerpunkt Automatisierung und
boter lassen sich grob in drei Kategorien unterteilen:
                                                         Robotik, Technical University of Catalonia, UPC, Barcelona, Spain. Dann
Chirurgisch-interventionelle Systeme, Systeme für        Master’s und Promotion in Mechanical and Aerospace Engineering an der
die physische Rehabilitation sowie Assistenzsyste-       University of California at Irvine, U.S.A. zum Thema haptisch angeleitete
me für körperlich eingeschränkte Menschen auf der        Lernprogramme für die Nutzung von Robotik-unterstützten Rollstühlen für
Basis mechatronischer und robotischer Ansätze. An        schwerbehinderte Kinder. ­Arbeit in der Forschungsgruppe Sensory-Motor
der Universität Bern konzentriert sich die Forschung     Systems in der Abteilung Health Sciences and Technology der ETH Zürich.
                                                         Seit 2017 Förderung durch den Schweizer Nationalfond als Assistenzprofes-
auf die ersten beiden Themenbereiche, die daher im       sorin mit dem ­Forschungsschwerpunkt: Schnittstelle Mensch – Maschine
Fokus dieses Artikels stehen.                            und Lernen in biologischen Systemen, Nutzung von Robotik und virtueller
                                                         Realität zur Unterstützung in der Rehabilitation nach Hirnverletzungen.
Robotik- und computergestützte Verfahren für             Preise und Auszeichnungen: Über 50 Veröffentlichungen in führenden
chirur­ gische und interventionelle Anwendungen          ingenieur- und neurowissenschaftlichen Publikationen. Beste Veröffent-
                                                         lichung bei der Biorob 2016, University of California Dean’s Dissertation
werden seit 30 Jahren entwickelt. Sie helfen einem
                                                         Fellowship 2009, Fundación Caja Madrid Postgraduate Fellowship 2009.
Operateur, Instrumente räumlich exakt auszurich-
ten und im Körper zu dirigieren oder vorgeplante         ** ARTORG Center for Biomedical Engineering Research,
Aufgaben, wie Bohren, Fräsen, Sägen, präzise umzu-          Universität Bern, Murtenstrasse 50, 3008 Bern.
setzen. Eine Vielzahl dieser Systeme ist kommerzia-      E-mail: tobias.nef@artorg.unibe.ch
lisiert worden und hat weltweit Einzug in die Ope-       http://www.artorg.unibe.ch/research/ger/index_eng.html
rationssäle gehalten. Prominenteste Vertreter sind       ORCID 0000-0002-8069-9450
das telemanipulatorische System daVinci (Intuitive
                                                                         Tobias Nef, Dr.sc.nat. ETH, ist ausserordentlicher Professor für
Surgical Inc., U.S.A.) und das Mako System für die
                                                                         Gerontechnologie und Rehabilitation an der Universität Bern
orthopädische Endoprothethik (Stryker Inc., USA).                        und am Inselspital. Geboren 1977 in Flawil, St. Gallen. 1999
Routinemässig werden in vielen Schweizer Spitälern                       Studium der Elektrotechnik an der ETH Lausanne, gefolgt von
sowie weltweit robotische Eingriffe, zum Beispiel bei                    Promotion in biomedizinischer Technik an der ETH Zürich in
Prostatakrebs oder zu Hüft- und Knieimplantatio-                         2007. 2009 Ruf an das National Rehabilitation Institute, Was-
nen, durchgeführt.                                       hington D.C. (U.S.A.). Ruf 2010 an die Universität Bern, Gründung und Lei-
                                                         tung Forschungsgruppe Gerontechnologie und ­Rehabilitation am ARTORG
                                                         Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern und am
Die zweite Kategorie sind Systeme für die physische      Inselspital.
Rehabilitation von Patienten, zum Beispiel nach          Forschungsschwerpunkte: Technologische Systeme für die Rehabilitation
Schlaganfällen. Diese Roboter führen selbständig,        von hirnverletzten Patienten und Patienten mit neurodegenerativen Er-
wiederholt und ohne Abweichung Bewegungen                krankungen. Unter anderem auch die Nutzung von Rehabilitations­robotik,
                                                         Telerehabilitation und Monitoring-Technologien.
durch, die nicht durch einen Patienten ausgelöst
                                                         Preise und Auszeichnungen: Autor und Erfinder von ber 80 Veröffent-
werden müssen und mittels Variation von Bewe-            lichungen in Fachzeitschriften, Buchkapiteln und Monografien und
gungsgeschwindigkeit und Trainingsdauer einen            ­Patenten. Wissenschaftliche Leitung der alljährlichen «Brainweek» in Bern,
Therapieeffekt erzielen. Im Bereich der Rehabilita­       als Initiative der European Dana Alliance for the Brain mit dem Ziel, die in-
tionsmedizin sind zwei Schweizer Firmen H  ­ ocoma        teressierte Öffentlichkeit über das Gehirn und die Fort­schritte in den Neu-
AG und Reha Technology AG führend. Sie sind               rowissenschaften zu informieren. Mitglied verschiedener F­ achgesellschaften
                                                          und Präsident der Klinischen Neurowissenschaften Bern. ABB Research
weltweit in Kliniken und Rehabilitationszentren           Award 2009, Hans-Eggenberger Award 2008, Swiss Technology Award 2006,
mit Syste­men zur Arm- und Beinrehabilitation von         Wertheimer Preis 2016 und der ­HumanTech Innovationspreis 2005.
Patien­ten vertreten.

                                                                             VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019   15
Laura Marchal-Crespo et al. | Medizinrobotik. Forschung und Industrie in der Schweiz

 *** ARTORG Center for Biomedical Engineering Research,                               und Betreuung weiterer Start-Ups im Bereich bildgestützter
      Universität Bern, Murtenstrasse 50, 3008 Bern.                                   interventioneller Anwendungen. Zusätzlich zu den Aufgaben in
                                                                                       leitender Forschungsfunktion: Von 2001–17 Mitglied und ab 2013
 E-mail: raphael.sznitman@artorg.unibe.ch
                                                                                       Vizepräsident der Kommission für Technologie und Innovation
 http://www.artorg.unibe.ch/research/otl/index_eng.html
                                                                                       (KTI). Seit 2018 Experte der föderalen Innovationsagentur Inno-
 ORCID 0000-0001-6791-4753                                                             suisse. Von 1997–2018 Mitgründer und Mitglied im Vorstand des
                                                                                       Berufsverbands der Medtech Industrie Medical Cluster (ab 2017
               Raphael Sznitman, Ph.D., ist Assistenzprofessor
                                                                                       Swiss Medtech). 2006 Gründung des «Competence Center for
               am ARTORG Center for Biomedical Engineering­
                                                                                       Medical Technology» zum nachhaltigen Technologietransfer von
               ­Research der Universität Bern und Gruppenleiter der
                                                                                       ­Forschungsergebnissen in der Medizintechnik.
                Gruppe Opthalmic Technology Laboratory (OTL).
                                                                                        Preise und Auszeichnungen: Autor und Erfinder von über 300
                Geboren 1985 in New York, Studium B.Sc. Cognitive
                                                                                        wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Patenten. Swiss
                Systems in Computational Intelligence (2003, Univer-
                                                                                        Technology Award mit Medivision AG 1995, Maurice E. Müller
 sity of British Columbia, Canada) danach MSc und PhD (2009) in
                                                                                        Award for Excellence in ­Computer Assisted Surgery 2001. Seit
 Computer Science an der Johns Hopkins University (Baltimore,
                                                                                        2013 Mitglied der Schweizerischen Akademie der Technischen
 USA). 2011 Post-doctoral Fellowship im Computer Vision Labor,
                                                                                        Wissenschaften.
 ETH Lausanne. 2014 als Gruppenleiter am ARTORG Center und
 seit 2016 Assistenz­professur an der Universität Bern.
                                                                                       ***** ARTORG Center for Biomedical Engineering Research,
 Forschungsschwerpunkte: Anwendung von künstlicher Intelli-
                                                                                             Universität Bern, Murtenstrasse 50, 3008 Bern.
 genz zur Entwicklung schnellerer und präziserer Diagnoseverfah-
 ren für die klinische Betreuung von Patienten mit chronischen                         E-mail: stefan.weber@artorg.unibe.ch
 Augenleiden wie Glaukom, Makuladegeneration und diabeti-                              http://www.artorg.unibe.ch/research/igt/index_eng.html
 scher Retinopathie.
                                                                                       ORCID 0000-0002-0395-7102
 Kommerzielle Aktivitäten: Translation von Forschungsergebnis-
 sen durch die Entwicklung, klinische Validierung und Zulassung                                      Stefan Weber, Dr.-Ing., ist ordentlicher ­Professor
 von KI-basierten Medizinprodukten für die Ophthalmologie.                                           und Direktor des ARTORG Center for Biomedical
 Vermarktung von RetiNet für die Diagnose von Makuladegene-                                          Engineering Research der Universität Bern. Geboren
 ration durch RetinAI Medical AG.                                                                    1972 in Erfurt, Studium an der Technischen Uni-
 Preise und Auszeichnungen: Autor von über 50 Forschungs­                                            versität Ilmenau zum Dipl.-Ing. Automatisierung
 artikeln und Erfinder von Patenten im Bereich KI Anwendungen.                                       und ­Robotik. 1999 als Fulbright Stipendiat an der
 2. Platz Ypsomed Innovationspreis des Ypsomed Innovations-                             University of Southern California, Los Angeles USA. Promotion
 fonds 2019, 1. Platz bei der MICCAI 2015 EndoVision Challenge,                         2004 an der Humboldt Universität zu Berlin über ­medizinische
 Preis für beste Lehre, JHU 2008, ­Mitgewinner der JHU Computer                         Visualisierungsverfahren. 2005 – 2008 Zeit als Gruppenleiter
 Vision Grand Challenge 2008.                                                           und Vize-­Direktor des Zentralinstitutes für Medizintechnik der
                                                                                        Technischen Universität München. 2008 erfolgte der Ruf an die
 **** ARTORG Center for Biomedical Engineering Research,                               Universität Bern, Assistenzprofessur für Implantationstechnolo-
       Universität Bern, Murtenstrasse 50, 3008 Bern.                                   gie, 2012 Ordinariat und Berufung auf den Lehrstuhl für bildge­
                                                                                        stützte medizinische Verfahren.
 E-mail: lutz.nolte@artorg.unibe.ch
                                                                                        Forschungsschwerpunkte: Bildgestützte, robotische Verfahren
 http://www.artorg.unibe.ch/research/otl/index_eng.html
                                                                                        in der Chirurgie mit Schwerpunkt HNO- und Leberchirurgie, mit
                Lutz-P. Nolte, Dr.-Ing., ist Professor emeritus für                     Ziel der erfolgreichen Einführung disruptiver Technologien in die
                Chirurgische Technologien und Biomechanik der                           klinische Anwendung und damit einhergehende Paradigmen-
               Universität Bern. ­Geboren 1954 in Minden West­                          wechsel in den Behandlungsmöglichkeiten. Etablierung neuer
               falen, Studium an der Ruhr-Uni­versität Bochum zum                       Verfahren in der Klinik im Bereich onkologischer Interventionen
               ­Dipl.-Ing 1980 und Promotion zum Dr.-Ing. 1983                          in der Leber und bei der robotischen Cochlear-Implantation.
                im Fach Konstruktiver Ingenieurbau. Von 1984–87                         Kommerzielle Aktivitäten: CAS-One IR™, Otoplan™ und ­HEARO™
   Leitung der «Nonlinear Shell Research» Forschungsgruppe                              sind Medizintechnologien, die aus dem ­ARTORG hervorge-
   am Institut für Mechanik. 1987 Gründung und Leitung der                              gangen sind und durch CAScination AG weiterentwickelt,
 Gruppe für Orthopädische Forschung mit Schwerpunkt Wirbel­                             produziert und vertrieben werden. Aktive Unterstützung von
 säulenbiomechanik. 1990 Ruf an die Wayne State University in                           Neuausgründungen vom ­ARTORG und der Universität Bern
 Detroit, MI, USA, als ­Assoziierter Professor für Maschinenbau                         in den Bereichen ­Medizintechnik, Diagnostik und künstlicher
 am Bioengineering Center. 1993 Ruf an die Universität Bern und                        ­Intelligenz.
 Übernahme der Abteilung für ­Orthopädische Biomechanik am                              Preise und Auszeichnungen: Autor und Erfinder von über 100
 Maurice E. Müller Institut. 2002 ­Ordinariat und Direktion des                         wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Patenten. Präsident
 Instituts für Chirurgische Techno­logien und Bio­mechanik an                           der deutschsprachigen Gesellschaft für computer- und roboter-
 der medizinischen Fakultät der Universität Bern. Von 2001–13                           gestützte Chirurgie (CURAC) und Mitglied des IEEE. Finalist The
 ­Mitgründer und Ko-Direktor des Nationalen Forschungs­zentrums                         Hamlyn Symposium – Surgical Robotic Challenge 2018, Gewin-
  «Computer Aided and Image Guided Medical ­Interventions».                             ner CTI Medtech Award Switzerland mit CAScination AG 2013,
  Von 2007-12 Mitgründer und erster Direktor des «Artificial ­Organ                     Gewinner Ypsomed Innovationspreis des Ypsomed Innovations-
  Center for Biomedical Engineering Research» der ­Universität Bern.                    fonds mit CAScination AG 2013, Gewinner Ypsomed Innovations-
  Forschungsschwerpunkte: Orthopädische Biomechanik und                                 preis des Ypsomed Innovationsfonds mit CAScination AG 2010.
  bildgestützte Chirurgie verbunden mit einer ganzheitlichen
  translationalen Strategie zur Entwicklung neuartiger klinischer
  Behandlungsmethoden.
  Kommerzielle Aktivitäten: Mitgründung der chirurgischen
  ­Navigationsfirma Medivision AG, von Orthopaedic Services FNG

16   VSH-Bulletin Nr. 1, April 2019 | AEU-Bulletin no 1, avril 2019
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