DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts

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DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
DOSB I Sport bewegt!

       DOSB I Sport und Biodiversität
    Dokumentation des 16. Symposiums
zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
      vom 11. – 12. Dezember 2008 in Bodenheim/Rhein
DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
Schriftenreihe �Sport und Umwelt“ des Deutschen Olympischen SportBundes

Noch lieferbar:
Heft 2:      Literatursammlung �Sport und Umwelt“, 7. überarbeitete und ergänzte Auflage, 2004
Heft 10:     Sport und Bewegung in der Stadt. Dokumentation des 2. Symposiums zur ökologischen Zukunft des
             Sports vom 26.-27. September 1994 in Bodenheim/Rhein, 1995
Heft 14:     Sport und Natur - Strategien zur Konfliktlösung. Dokumentation des 4. Symposiums zur ökologischen
             Zukunft des Sports vom 26.-27. September 1996 in Bodenheim/Rhein, 1997
Heft 15:     Leitbilder eines natur- und landschaftsverträglichen Sports. Dokumentation des Kongresses vom
             11.-13.10.1996 in Wiesbaden, 1997
Heft 18:     Trends im Sport. Dokumentation des 7. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports vom
             23.-24. September 1999 in Bodenheim/Rhein, 2000
Heft 19:     Sport und Klimaschutz. Dokumentation des 8. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports vom
             5.-6. Oktober 2000 in Bodenheim/Rhein, 2001
Heft 20:     Umweltkommunikation im Sport. Dokumentation des 9. Symposiums zur ökologischen Zukunft des
             Sports vom 6.-7. Dezember 2001 in Bodenheim/Rhein, 2002
Heft 21:     Sport und Tourismus Dokumentation des 10. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
             vom 28.-29. November 2002 in Bodenheim/Rhein, 2003
Heft 22:     Großveranstaltungen im Sport. Dokumentation des 11. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung
             des Sports vom 27.-28. November 2003 in Bodenheim/ Rhein, 2004
Heft 23:     Sport findet Stadt. Dokumentation des 12. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports
             vom 09.-10. Dezember 2004 in Bodenheim/Rhein, 2005
Heft 24:     Umwelt-Qualitätsstandards im Sport. Dokumentation des 13. Symposiums zur nachhaltigen
             Entwicklung des Sports vom 08.-09. Dezember 2005 in Bodenheim/Rhein, 2006
Heft 25:     Umweltbildung im Sport. Dokumentation des 14. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des
             Sports vom 07.-08. Dezember 2006 in Bodenheim/Rhein, 2007
Heft 26:     Klima- und Ressourcenschutz im Sport. Dokumentation des 15. Symposiums zur nachhaltigen
             Entwicklung des Sports vom 13.-14. Dezember 2007 in Bodenheim/Rhein, 2007

Schriftenreihe �Sport und Umwelt“

Heft 27:     Sport und Biodiversität. Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des
             Sports vom 11.-12. Dezember 2008 in Bodenheim/Rhein

Impressum
Broschürentitel: Sport und Biodiversität l Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des
Sports vom 11.-12. Dezember 2008 in Bodenheim/Rhein l Redaktion: Hans-Joachim Neuerburg, Thomas Wilken

Deutscher Olympischer SportBund l Otto-Fleck-Schneise 12 l D-60528 Frankfurt am Main l Tel. +49 (0) 69 / 67 00 278
Fax +49 (0) 69 / 67 87 801 l www.dosb.de l E- Mail egli@dosb.de l Copyright und Vertrieb: Deutscher Olympischer
SportBund l 1. Auflage 600 l Frankfurt/M, 2009 l ISBN 978-3-89152-462-6 l ISSN 0930-5246

In Zusammenarbeit mit Sport mit Einsicht e.V. l Max-Brauer-Allee 22 l D-22765 Hamburg l Tel. +49 (0) 40 / 306 85
150 l Fax +49 (0) 40 / 306 85 155 l www.sportmiteinsicht.org l E-Mail neuerburg@sportmiteinsicht.org

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DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
Inhalt

Biodiversität und Sport - Neue Strategien sind gefragt ...............................................................5
Hans-Joachim Neuerburg

Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt.........................................................................9
Gordo Jain

Erwartungen des Naturschutzes an den Sport..........................................................................15
Michael Pütsch

Gut informiert – Luftsport und Artenschutz................................................................................25
Wolfgang Scholze

Neuen Arten auf der Spur – Neobiota-Watcher-Aktion 2008 ....................................................37
Natascha Schwagerus

Unerwartete Unterstützung – Förderung der Biodiversität durch Golfplätze.............................39
Marc Biber

Natura 2000 und Sport – Konfliktvermeidung und Akzeptanzsteigerung..................................53
Michael Pütsch / Beate Job-Hoben

Biodiversität und Sport – Chancen und Grenzen einer (neuen) Partnerschaft .......................59
Andreas Klages

Exkursion zum Freizeit-, Sport- und Erholungspark Lenneberg in Budenheim.........................63
Klaus-Dieter Aichele

Weiterführende Informationen................................................................................................... 66

Teilnehmer/-innen .....................................................................................................................67

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Biodiversität und Sport - Neue Strategien sind gefragt
Hans-Joachim Neuerburg

Einleitung                                         gesetzt. Biodiversität ist aber mehr als Ar-
                                                   tenvielfalt. Man versteht darunter die Vielfalt
1992 wurde auf dem Erdgipfel in Rio de Ja-         der Arten auf der Erde, die Vielfalt innerhalb
neiro die „Konvention zur Biologischen Viel-       der Arten (genetische Vielfalt) sowie die Viel-
falt“ ausgehandelt und mittlerweile von rund       falt von Ökosystemen. Die biologische Viel-
190 Staaten und der EU ratifiziert. 2008 fand      falt gilt als eine der Grundvoraussetzungen
die 9. Folgekonferenz zum Erhalt der Biolo-        für die Stabilität von Ökosystemen. Ein
gischen Vielfalt in Deutschland statt. Um-         Rückgang von Arten oder gar deren Ausrot-
weltexperten aus aller Welt trafen sich in         tung durch zunehmende Umweltverschmut-
Bonn, um gemeinsam neue Ziele und Stra-            zung, fortschreitende Flächenversiegelung
tegien zu erarbeiten. Vereinbart wurde, die        oder intensive Landnutzung bedeutet eine
Leistungsfähigkeit der Ökosysteme stärker          unwiederbringliche Verarmung von Flora und
als bisher in den Mittelpunkt der politischen      Fauna.
Bemühungen zu rücken.

Die Bonner Konferenz gab den Anstoß, sich
auch aus der Sicht des organisierten Sports
- insbesondere der Landessportbünde und
Spitzenverbände - mit dieser immer wichti-
ger werdenden Thematik zu befassen. Dabei
ging es zunächst einmal darum, gemeinsam
festzustellen, wo es problematische Berüh-
rungspunkte mit dem Thema innerhalb des
Sports gibt. Des Weiteren stand die Beant-
wortung der Frage im Mittelpunkt, welche
                                                   Abb. 1: Riffe gelten als besonders gefährdet
konkreten Beiträge zur Erhaltung der biolo-
                                                   (Foto: M. Pütsch)
gischen Vielfalt der Sport im Rahmen seiner
Möglichkeiten leisten kann.                        Eine hohe genetische Vielfalt ist eine we-
                                                   sentliche Voraussetzung für die Anpassung
                                                   von Arten an sich ändernde Umweltbedin-
Alle Vögel sind schon da…?
                                                   gungen, wie z.B. durch den Klimawandel.
Der zunehmende Verlust der Artenvielfalt           Dieser wird künftig auch gravierende Aus-
und das Wissen um die Langsamkeit von              wirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt
Wachstum und Entwicklung ökologisch trag-          haben.
fähiger Lebensräume haben ab Mitte der             Einem Bericht der World Conservation Union
1980er-Jahre den Erhalt der biologischen Viel-     (IUCN) aus dem Jahr 2007 zufolge, ist bei-
falt (Biodiversität) zu einem der größten Um-      spielsweise fast jede sechste europäische
weltprobleme gemacht. Der Begriff Biodiversi-      Säugetierart vom Aussterben bedroht. Laut
tät hat seitdem Eingang in die wissenschaftli-     BirdLife International sind sogar mehr als 40
che und politische Diskussion gefunden und         Prozent der europäischen Vogelarten ge-
wird oft mit dem Begriff „Artenvielfalt“ gleich-   fährdet. Die Klimaproblematik bedroht lang-

                                                                                                  5
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fristig drei Viertel der Vogelarten. Forscher      Bei den „eingewanderten“ Pflanzen - auch
haben seit den 1980er-Jahren Daten zum             Neophyten genannt - gelten beispielsweise
Klimawandel und den Beständen von 122              Herkulesstaude, Indisches Springkraut oder
Vogelarten verglichen. Demnach werden              Goldrute als Problemarten. Aber auch der
rund 90 Arten künftig Bestandseinbußen ha-         heimischen Fauna droht Ungemach durch
ben, während sich lediglich 30 Arten laut          die tierischen Einwanderer (Neozoen). So
Studie künftig ausbreiten werden.                  sieht sich beispielsweise das heimische
                                                   Eichhörnchen künftig zunehmender Konkur-
Nicht viel besser steht es in Europa um die
                                                   renz durch die Verbreitung des wesentlich
heimische Flora. Hier werden die Auswir-
                                                   robusteren amerikanischen Grauhörnchens
kungen, darunter veränderte Verbreitung von
                                                   ausgesetzt. Künstlerisch ist dieses Problem
Arten, veränderte Blütezeiten etc., voraus-
                                                   bereits in den Blick geraten wie folgende Instal-
sichtlich in den Berggebieten sowie in den
                                                   lation belegt.
mediterranen Regionen besonders ausge-
prägt sein.

Auch der aktuelle Waldzustandsbericht 2008
des Bundeslandwirtschaftsministeriums ver-
weist neben den Auswirkungen der Intensiv-
landwirtschaft auf die Folgen des Klimawan-
dels wie z.B. die zunehmende Trockenheit.
Als besonders besorgniserregend wird dort
der Zustand der Eichen beschrieben, von
denen über 50 Prozent schwere Schäden
aufwiesen. Insgesamt sind dem Bericht zu-
                                                   Abb. 2: Kenny Hunter: Grey versus red, 2009
folge zwei von drei Bäumen krank.
                                                   Der durch die Verbreitung gebietsfremder Ar-
Weitaus dramatischer und dennoch vielfach
                                                   ten verursachte Schaden liegt nach Schät-
unbemerkt stellt sich die Situation im Bereich
                                                   zungen von Expert/-innen bereits heute in
der Kulturarten dar. Nur rund zehn Pflanzen-
                                                   Milliardenhöhe.
arten und fünf Nutztierrassen bilden heute
die Basis der gesamten Welternährung.
Rund drei Viertel der Arten sind seit Anfang       Vielfalt verteidigen - auch im Sport
des 20. Jahrhunderts verloren gegangen.
                                                   Nun steht der Sport nicht unbedingt im Ver-
„Begegnungen der dritten Art“                      dacht, maßgeblicher Verursacher des Arten-
                                                   sterbens zu sein. Dennoch kann die mas-
Die bisher angezeigte Problematik beinhaltet
                                                   senhafte und vor allem unsachgemäße Aus-
aber noch weitere Aspekte, die gerade in den
                                                   übung von Sport - insbesondere im Bereich
letzten Jahren zunehmend an Bedeutung ge-
                                                   der Natursportarten - zu Schäden in Natur
winnen: Die durch Menschen verursachte
                                                   und Landschaft führen, bis hin zur Bedro-
Ausbreitung von Pflanzen und Tieren über ihre
                                                   hung einzelner Arten. Zahlreiche Projekte
angestammten Verbreitungsgebiete hinaus.
                                                   und Initiativen innerhalb des Sports tragen
Die so genannten invasiven Arten gefährden
                                                   diesem Umstand Rechnung und liefern in
weltweit die biologische Vielfalt, denn die hei-
                                                   vielen Bereichen positive Beispiele für ein
mische Flora und Fauna ist der Konkurrenz
                                                   Zusammengehen von Sport und Natur.
neuer Arten vielfach nicht gewachsen.
                                                   Stellvertretend sei hier das Modellprojekt

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DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
„Rohrhardsberg“ genannt, bei dem u.a. zum        Aber auch im Bereich der Sportverbände
Schutz des Auerwildes im Schwarzwald, um-        besteht offensichtlich Informationsbedarf, da
fangreiche Maßnahmen zur Besucherlen-            ein umfassender Diskurs bisher nur in An-
kung ergriffen wurden, wie z.B. die Aufgabe      sätzen stattgefunden hat.
und Verlegung von Wanderwegen und Loi-
                                                 Angesichts der großen Herausforderungen
pen.
                                                 im Kontext der Nationalen Strategie zur bio-
Laut einer im Auftrag des BMU erfolgten Be-      logischen Vielfalt sind die Verbände aufge-
fragung durch das Forsa-Institut im Mai 2007     fordert, sich mit ihren Konzepten für einen
halten 52 Prozent der Deutschen das Aus-         naturverträglichen Sports an der Entwicklung
sterben von Tier- und Pflanzenarten für ein      und Umsetzung der geplanten Maßnahmen
sehr großes Problem.                             aktiv zu beteiligen. Das Symposium sollte
                                                 hierzu erste Impulse liefern. Zu diesem
Die Bundesregierung hat Ende 2007 eine
                                                 Zweck werden neben der Präsentation be-
nationale Strategie zur biologischen Vielfalt
                                                 reits bestehender Initiativen und Modellakti-
beschlossen, in deren Rahmen rund 430
                                                 onen Anregungen für künftige Aktivitäten auf
Maßnahmen ungesetzt werden sollen. Da-
                                                 diesem Gebiet gegeben.
nach sollen z.B. im Jahr 2020 siedlungsna-
he, qualitativ hochwertige Erholungsgebiete
in ausreichendem Umfang zur Verfügung
stehen und 30 Prozent der Fläche in
Deutschland als Naturpark ausgewiesen
sein.

Bis 2010 wird ein umfassendes Konzept der
„Stadt der kurzen Wege“ erarbeitet und bis
2020 umgesetzt. Hier drängt sich die Koope-
ration mit dem Sport geradezu auf. Schließ-
lich ist der „Sport der kurzen Wege“ eine
vom DOSB bereits seit vielen Jahren immer
wieder gestellte Forderung für mehr Lebens-      Abb. 3: Vielfalt entdecken (Quelle: R. Strojec)
qualität und weniger Verkehrsbelastungen.

Doch trotz beispielhafter Initiativen und der    Strategien, Beispiele und Perspekti-
breiten Zustimmung scheint das Thema             ven
noch nicht im Alltag der Menschen ange-
kommen zu sein. Das gilt sicherlich auch für     In seinem Eröffnungsbeitrag stellt Gordo Jain
eine Mehrheit der Verantwortlichen in den        vom Bundesministerium für Umwelt, Natur-
rund 91.000 Sportvereinen im Land.               schutz und Reaktorsicherheit (BMU) die Nati-
                                                 onale Strategie zur biologischen Vielfalt in
Dabei gibt es sicherlich genügend Möglich-       ihren Grundzügen dar.
keiten für Aktivitäten auf diesem Gebiet, an-
gesichts der Vielzahl von Außenanlagen           Konkrete Erwartungen des Naturschutzes an
(z.B. Fußball-, Golf- und Flugplätze), die von   den Sport formuliert Michael Pütsch vom
den Vereinen genutzt werden. Von den zahl-       Bundesamt für Naturschutz (BfN).
reichen Nebenflächen der Sportstätten ein-
mal ganz abgesehen.

                                                                                                   7
DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
Die Reihe der Beispiele aus den Sportver-         Andreas Klages vom DOSB widmet sich im
bänden wird durch den Beitrag von Wolf-           Rahmen seines Beitrages den Chancen und
gang Scholze vom Deutschen Aero-Club              Grenzen im Rahmen einer Biodiversitäts-
(DAeC) eröffnet. Nach dem Motto: Gut in-          Strategie des Sports.
formiert – werden Ansätze des Luftsports im
                                                  Den Schlusspunkt der Veranstaltung bildete
Bereich des Artenschutzes skizziert. Neuen
                                                  eine Exkursion zum Mainzer Golf-Club. Hier
Arten auf der Spur ist Natascha Schwagerus
                                                  konnten die Teilnehmer/-innen unter fach-
vom Verband Deutscher Sporttaucher
                                                  kundiger Anleitung interessante Details über
(VDST). Sie stellt die Neobiota-Watcher-
                                                  das Zusammenspiel von Golfsport und Ar-
Aktion 2008 vor. Als abschließendes Beispiel
                                                  tenschutz erfahren.
zeigt Marc Biber vom Deutschen Golf Ver-
band (DGV) unerwartete Möglichkeiten zur          Im abschließenden Beitrag vermittelt der
Förderung der Biodiversität durch Golfplätze      Landschaftsarchitekt Klaus-Dieter Aichele
auf.                                              vertiefende Einblicke in Planungs- und Um-
                                                  setzungsschritte beim Bau des Golfplatzes.

                                                  Das Symposium traf auf eine ausgesprochen
                                                  positive Resonanz bei den Teilnehmer/
                                                  -innen, da ihrer Ansicht nach wichtige Anre-
                                                  gungen gegeben werden konnten. Jetzt gilt
                                                  es, die Nationale Biodiversitäts-Strategie
                                                  gemeinsam umzusetzen, denn ein stabiles
                                                  Ökosystem ist auch im Interesse des Sports.

                                                  Der DBU gilt der Dank für die erneute finan-
                                                  zielle Unterstützung der Veranstaltung.

Abb. 4: Aufmerksame Zuhörer

Für die Erhaltung der Biologischen Vielfalt ist                                      Kontakt
das Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ von                             Hans-Joachim Neuerburg
sehr großer Bedeutung. Um dieses Konzept                               Sport mit Einsicht e.V.
im Bereich Sport und Tourismus bekannt zu                     neuerburg@sportmiteinsicht.org
machen, hat das BfN u.a. gemeinsam mit                              www.sportmiteinsicht.org
dem Umweltbundesamt (UBA) und dem
DOSB eine Broschüre herausgegeben. Die-
se wurde noch vor Drucklegung anlässlich
des Symposiums von Michael Pütsch vom
BfN vorgestellt. In einem gemeinsamen Bei-
trag mit Beate Job-Hoben werden die we-
sentlichen Ziele und Inhalte des Leitfadens
vorgestellt.

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DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt
Gordo Jain

Einleitung                                        schnittlichen Überlebensdauer einer Art von
                                                  einer bis 10 Millionen Jahren, auf Grund der
Die biologische Vielfalt oder Biodiversität ist   natürlichen Prozesse pro Jahrhundert ledig-
gegenwärtig eines der vordringlichsten The-       lich 100 bis 1.000 Arten (0.001 – 0.01 Pro-
men für die Umwelt. Der Verlust der biologi-      zent) verloren gehen dürften. Die gegenwär-
schen Vielfalt ist hinsichtlich seiner Auswir-    tig zu beobachtende Verlustrate für Vögel
kungen gleichzusetzen mit dem Klimawan-           und Säugetiere liegt allerdings bei etwa
del. Während die sichtbaren Auswirkungen          1 Prozent pro Jahrhundert und damit um den
des Klimawandels an niemandem mehr vor-           Faktor 100 – 1.000 über der „natürlichen“
beigehen, werden weder der Verlust der Ar-        Aussterberate. Zudem sind fast 40 Prozent
tenvielfalt noch die damit verbundenen Aus-       aller untersuchten Arten vom Aussterben
wirkungen bislang verbreitet wahrgenom-           bedroht.
men. Sie werden nicht in einen so direkten
Zusammenhang gestellt, wie es z.B. bei
Überschwemmungen           oder     fehlendem     UN-Übereinkommen über die biologi-
Schnee als Folgen des Klimawandels ge-            sche Vielfalt
schieht. Dabei weist die Wissenschaft be-
                                                  Auf dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro wur-
reits seit den 1970er Jahren auf den weltweit
                                                  de im Jahre 1992 das UN-Übereinkommen
zu beobachtenden alarmierenden Rückgang
                                                  über die biologische Vielfalt verabschiedet.
der biologischen Vielfalt hin.
                                                  Darin wird die „Biologische Vielfalt“ wie folgt
Die Gesamtzahl aller auf der Erde vorhande-       definiert: „Variabilität unter lebenden Orga-
nen Arten ist nicht sicher bekannt. Schätzun-     nismen jeglicher Herkunft, (...); dies umfasst
gen des globalen Artenreichtums schwanken         die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen
zwischen drei und 30 Millionen Arten. Die Un-     den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme“.
terschiede ergeben sich durch die verschie-
                                                  Die biologische Vielfalt beinhaltet also Öko-
denen gewählten Methoden der Abschät-
                                                  systeme, Arten und Gene. Mit dem UN-
zung. Allgemein wird eine Gesamtzahl von
                                                  Übereinkommen sollen diese geschützt wer-
14 Millionen Arten angenommen, davon sind
                                                  den, es verfolgt daher drei Ziele:
weltweit derzeit etwa 1,7 Millionen Arten be-
schrieben. Der größte Anteil der Tierarten        ƒ   Schutz biologischer Vielfalt
entfällt mit ca. einer Million Arten auf die      ƒ   Nachhaltige Nutzung der biologischen
Klasse der Insekten.                                  Vielfalt
                                                  ƒ   Gerechte Aufteilung der Vorteile aus der
Nur das Zusammenwirken der Arten schafft
                                                      Nutzung genetischer Ressourcen.
eine Balance zwischen den Ökosystemen.
Wenn Arten verloren gehen, kann diese Ba-         Um solchen Zielen gerecht werden zu kön-
lance entsprechend gestört werden. Ab-            nen, müssen wir den „Speicherplatz“ unserer
schätzungen der Verlustrate die Störungen         Arten für die Zukunft schützen. Er ist welt-
der Ökosysteme noch nicht erwarten lassen         weit die Lebensgrundlage unserer Entwick-
gehen davon aus, dass bei einer globalen          lung und wird als Reservoir für innovative
Artenzahl von 10 Millionen und einer durch-       Forschung und Technologie benötigt.

                                                                                               9
DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
Ohne ihn sind Ernährungssicherheit und            uns kommen ca. 9.500 Pflanzen- und 14.400
Klimaschutz gefährdet. Wir müssen aber            Pilzarten und ca. 48.000 Tierarten (insge-
auch für eine nachhaltige Nutzung sorgen,         samt etwa 4 Prozent des Weltbestandes der
die nur zusammen mit den lokalen Akteuren         bisher bekannten noch lebenden Fauna) vor.
möglich ist und nur durch gemeinsam ver-          Manche Arten sind schon vor langer Zeit
einbarte Nutzungskriterien erreicht werden        ausgestorben oder in neuerer Zeit erloschen
kann. Dabei steht die gerechte Aufteilung         (bei den Säugetieren z.B. der Elch (18. Jh.),
der Vorteile aus der Nutzung genetischer          der Braunbär (19. Jh.) oder Mitte des 20.
Ressourcen durch Access and Benefit Sha-          Jahrhunderts die Alpenfledermaus).
ring (ABS) im Vordergrund. Hierzu gibt es
                                                  In Deutschland ist vor allem die Gefährdung
ein konkretes ABS 2010 Ziel, bei dem mit
                                                  (Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Aus-
einem internationales Regelwerk der Zugang
                                                  sterbens) von Arten sowie die Beeinträchti-
zu und der Vorteilsausgleich aus der Nut-
                                                  gung oder Zerstörung von Lebensräumen
zung der genetischen Ressourcen auf der
                                                  ein erhebliches Problem, mit dem gleichzei-
Grundlage von international vereinbarten
                                                  tig eine Verarmung und Nivellierung von Na-
Mindestanforderungen ab 2010 geregelt
                                                  tur und Landschaft einhergeht. Von den ein-
werden soll.
                                                  heimischen rund 3.000 Farn- und Blüten-
                                                  pflanzen Deutschlands sind nach der aktuel-
Die nationale Strategie zur biologi-              len Roten Liste 26,8 Prozent bestandsge-
schen Vielfalt                                    fährdet (und 1,6 Prozent ausgestorben oder
                                                  verschollen). Von den einheimischen Tierar-
Durch den Verlust an Arten, Genen und Le-         ten Deutschlands sind 36 Prozent bestands-
bensräumen verarmt die Natur, die Lebens-         gefährdet (und 3 Prozent ausgestorben oder
grundlagen der Menschheit werden bedroht.         verschollen). Von den in Deutschland vor-
Verloren gegangene Biodiversität lässt sich       kommenden Lebensräumen sind 72,5 Pro-
nicht wieder herstellen – der Verlust ist irre-   zent gefährdet. Deutschland erreicht mit die-
versibel. Die Völkergemeinschaft hat er-          sen Gefährdungsraten mit die höchsten
kannt, dass das Problem sehr komplex ist          Werte in Europa. Deshalb brauchen wir eine
und nicht durch isolierte Naturschutzaktivitä-    nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt,
ten gelöst werden kann. Erforderlich sind der     kurz NBS.
Schutz von Lebensräumen sowie der Schutz
von wildlebenden Tieren, Pflanzen, Pilzen         Im Jahre 2008 hat Deutschland deshalb die
und Mikroorganismen.                              nationale Strategie verabschiedet. Sie zielt
                                                  auf die Umsetzung des CBD-Übereinkom-
Es müssen gleichzeitig die Zugangsmöglich-        mens auf nationaler Ebene ab und beinhaltet
keiten für Alle zu den genetischen Ressour-       den deutschen Beitrag für die Erhaltung der
cen der Welt geschaffen werden. Außerdem          biologischen Vielfalt weltweit. Sie bindet sich
ist eine gerechte Verteilung der Vorteile aus     in den europäischen Kontext ein und be-
der Nutzung dieser genetischen Ressourcen         rücksichtigt internationale Bezüge. Sie
erforderlich, um so insbesondere verbesserte      spricht nicht nur die innerstaatlichen Einrich-
Entwicklungschancen für die ärmeren, aber         tungen in Bund, Ländern und Kommunen an,
biodiversitätsreichen Länder zu erreichen.        sondern alle gesellschaftlichen Akteure. Ziel
                                                  der Strategie ist es, alle gesellschaftlichen
Deutschland beherbergt auf Grund seiner
                                                  Kräfte zu mobilisieren und zu bündeln, so
Lage in Mitteleuropa, die von den Eiszeiten
                                                  dass sich die Gefährdung der biologischen
beeinflusst wurde, natürlicherweise nicht so
                                                  Vielfalt in Deutschland deutlich verringert,
viele Arten wie z.B. tropische Länder. Bei

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schließlich ganz gestoppt wird und als Fern-       ereignisse. Rodungen im Bergwald und
ziel die biologische Vielfalt einschließlich ih-   Übernutzung der Bergökosysteme führen zu
rer regionaltypischen Besonderheiten wieder        Abgängen von Lawinen und Muren. Erosio-
zunimmt.                                           nen durch nicht nachhaltige Bodennutzun-
                                                   gen in der Landwirtschaft führen zum Verlust
Weiteres Ziel ist es, dass Deutschland seiner
                                                   fruchtbarer Ackerböden zur Nutzung der Bio-
Verantwortung für eine weltweit nachhaltige
                                                   logischen Vielfalt.
Entwicklung verstärkt gerecht wird. Die Stra-
tegie formuliert eine konkrete Vision für die      Im Kapitel „Konkrete Vision“ werden zu den
Zukunft und legt für alle biodiversitätsrele-      national bedeutsamen biodiversitätsrelevan-
vanten Themen Qualitäts- und Handlungs-            ten Themen Visionen, Qualitäts- und Hand-
ziele fest. Eine nachhaltige Entwicklung kann      lungsziele für die Zukunft entwickelt und er-
nicht einfach vom Staat verordnet werden.          läutert. Es handelt sich um Zielsetzungen,
Es ist notwendig, dass die Akteure in Wirt-        die im Laufe des Prozesses ggf. überprüft
schaft und Gesellschaft das Thema zu ihrer         werden müssen. Insgesamt wurden rund
eigenen Sache machen. Nur dann können              330 Ziele beschlossen. Sie beziehen sich
die Strategie erfolgreich umgesetzt und die        auf Arten, Lebensräume, Landschaften. Sie
darin enthaltenen Ziele erreicht werden. Die       gelten im Hinblick auf Naturnutzungen und
Bundesregierung bindet deshalb alle von der        wirtschaftliche Aktivitäten, Umwelteinflüsse,
Strategie angesprochenen Akteure in den            der Vorbildfunktion des Staates und dem ge-
Umsetzungsprozess der nationalen Biodi-            sellschaftlichen Bewusstsein. Die Zeitpunkte,
versitätsstrategie ein.                            zu denen die Ziele erreicht werden sollen,
                                                   wurden intensiv diskutiert und reichen von
Aufbau der nationalen Strategie                    „ab sofort“ über 2010, 2015, 2020 bis zu ma-
                                                   ximal 2050. Die NBS deckt damit einen Zeit-
Im Kapitel „Ausgangslage“ werden die Grün-
                                                   raum ab, der mindestens vier Legislaturperi-
de für die Erhaltung der biologischen Vielfalt
                                                   oden umfasst und nimmt damit nicht nur die
aus ökologischer, ökonomischer, sozialer
                                                   jetzige, sondern auch künftige Regierungen
und kultureller sowie ethischer Sicht darge-
                                                   in die Pflicht.
stellt. Weiterhin werden die globale und nati-
onale Dimension der Gefährdung der biolo-          Im Kapitel „Aktionsfelder“ werden die Hand-
gischen Vielfalt beleuchtet und die bisheri-       lungsziele durch Maßnahmen konkretisiert,
gen Anstrengungen und der Handlungsbe-             die den verschiedenen staatlichen und ge-
darf aufgezeigt. Als Grundlage wird davon          sellschaftlichen Akteuren zugeordnet sind.
ausgegangen, dass Ökosysteme mit einer             Rund 430 einzelne Maßnahmen hat die Stra-
natürlichen Vielfalt an Arten Störereignisse       tegie aufgenommen, mit denen die Ziele er-
(z.B. im Wasser-, Boden-, Lufthaushalt so-         reicht werden sollen. Das ist sicher kein voll-
wie im Nährstoffkreislauf) besser abpuffern        ständiger Katalog, es sind noch viel mehr
können als Ökosysteme, in denen viele Ar-          Maßnahmen notwendig, vor allem im Hin-
ten bereits ausgestorben sind.                     blick auf die langfristig angelegten Ziele.
                                                   Darauf wird in der Strategie auch sehr deut-
Intakte Ökosysteme tragen dazu bei, Katast-
                                                   lich hingewiesen. Durch die Zuordnung der
rophen zu vermeiden bzw. deren Ausmaß zu
                                                   Maßnahmen zu den verschiedenen staatli-
vermindern. Naturzerstörung und –verände-
                                                   chen und nicht-staatlichen Akteuren wird
rung können dagegen Katastrophen verur-
                                                   deutlich, wer jetzt wo gefordert ist.
sachen: Begradigung von Flüssen und Ver-
lust von Auwäldern verstärken Hochwasser-

                                                                                               11
Im Kapitel „Innovation und Beschäftigung“         Im Kapitel „Armutsbekämpfung und Gerech-
werden die Potenziale der biologischen Viel-      tigkeit“ werden die Zusammenhänge zwi-
falt für wirtschaftliche Entwicklung, Innovati-   schen der biologischen Vielfalt und der Um-
on und Arbeitsplätze dargestellt. Die nach-       setzung der Millennium Development Goals
haltige Nutzung der biologischen Vielfalt bie-    dargestellt.
tet Beschäftigungsmöglichkeiten in einer
                                                  Im Kapitel „Umsetzung des Millennium Eco-
Vielzahl von Branchen und Tätigkeitsberei-
                                                  system Assessments“ wird die Umsetzung
chen, dies sind vor allem: Naturschutz,
                                                  des von den Vereinten Nationen in Auftrag
Landschaftspflege und -planung, Land- und
                                                  gegebenen Millennium Ecosystems Assess-
Forstwirtschaft, Tourismus, Sport, Erholung,
                                                  ments für Deutschland dargestellt.
Fischerei, Pharmaindustrie, Biotechnologie,
Energiewirtschaft, Bauwirtschaft, Handel,         Das Kapitel „Leuchtturmprojekte“ stellt kon-
Forschung und Bildung.                            krete Projekte dar, die der Erhaltung der Bio-
                                                  logischen Vielfalt dienen und dabei in vor-
In der pharmazeutischen Industrie in
                                                  bildlicher Weise die ökologischen, ökonomi-
Deutschland basieren ca. 50 Prozent der
                                                  schen und sozialen Aspekte gleichermaßen
heute gebräuchlichen Arzneimittel auf Heil-
                                                  berücksichtigen.
pflanzen bzw. auf deren Inhaltsstoffen. Etwa
70 bis 90 Prozent der getrockneten pflanzli-      Im Kapitel „Berichterstattung, Indikatoren
chen Stoffe werden heute immer noch wild          und Monitoring“ wird die künftige regelmäßi-
gesammelt. Innerhalb von Europa ist               ge Berichterstattung über die Erreichung der
Deutschland der größte Importeur dieser           Ziele dargestellt. Damit eine Strategie Wir-
Stoffe. Weltweit beträgt der Umsatz an Arz-       kung entfalten kann, braucht man Instrumen-
neimitteln pflanzlichen Ursprungs etwa 20         te, die aufzeigen, ob man auf einem guten
Milliarden US-Dollar pro Jahr.                    Weg ist und das Ziel erreicht, oder ob man
                                                  Gefahr läuft, das Ziel zu verfehlen und des-
Enormes Potential für regionale und wirt-
                                                  halb seine Anstrengungen verstärken muss.
schaftliche Entwicklung geht auch vom Tou-
                                                  Die Strategie enthält dazu das Werkzeug
rismus aus. Dabei ist der Tourismus auf
                                                  des Rechenschaftsberichtes, der einmal in
schöne und intakte Natur und Landschaft
                                                  jeder Legislaturperiode über die Erreichung
angewiesen und reagiert sensibel auf Um-
                                                  der Ziele und die Realisierung der Maßnah-
weltkatastrophen und Naturzerstörungen.
                                                  men Auskunft geben wird. Zudem werden
Die Tourismuswirtschaft zählt zu den wirt-
                                                  über ein Indikatorenset zur Strategie mit ins-
schaftlich am stärksten wachsenden Bran-
                                                  gesamt 19 Indikatoren, die Trends abgebil-
chen.
                                                  det. Mit diesen verschiedenen Ansätzen
Die World Tourism Organization (UNWTO)            wurde das weiche Instrument „Strategie“ so
prognostiziert jährliche Wachstumsraten von       hart wie möglich gemacht.
4,3 Prozent innerhalb der nächsten Jahr-
                                                  Es wird sicherlich auch eine Aufgabe der
zehnte und rechnet mit einem Anstieg auf
                                                  Öffentlichkeit sein, darauf zu achten, dass
1,6 Milliarden internationale Reisen bis zum
                                                  die beiden Werkzeuge geschärft bleiben.
Jahr 2020. Weltweit sind 255 Millionen Men-
                                                  Abschließend finden sich im Kapitel „An-
schen und damit jede/r 9. Arbeitnehmer/-in
                                                  hang“ u.a. die Beschlüsse der verschiede-
im Fremdenverkehr beschäftigt. Ein großes
                                                  nen Vertragsstaatenkonferenzen des Über-
Potential besteht damit auch für natursportli-
                                                  einkommens über die Biologische Vielfalt
che Aktivitäten, die oft mit dem Tourismus
                                                  sowie die Inhalte der EU-Biodiver-sitäts-
einhergehen.
                                                  strategie und der EU-Aktionspläne.

12
Zusammenfassung                                  Es wird daher erforderlich sein, dass sich alle
                                                 Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft an
Mit der NBS hat Deutschland die Grundlage        der Umsetzung mit großem Einsatz beteili-
geschaffen, auf nationaler Ebene das Über-       gen.
einkommen über die biologische Vielfalt
(Convention on Biological Diversity, CBD)
umzusetzen. Die Ziele der langfristig angeleg-                                      Kontakt
ten Maßnahmen reichen bis zum Jahr 2050.                                     Dr. Gordo Jain
Ohne die Umsetzung dieser Maßnahmen ist                       Bundesministerium für Umwelt,
eine Gefährdung der Lebensgrundlage nicht                  Naturschutz und Reaktorsicherheit
auszuschließen.                                                    gordo.jain@bmu.bund.de
                                                                              www.bmu.de

                                                                                             13
14
Erwartungen des Naturschutzes an den Sport
Michael Pütsch

Einleitung                                       Sportler/-innen nutzen für ihre Aktivitäten
                                                 häufig besonders attraktive und abwechs-
In Deutschland treiben Millionen von Men-        lungsreiche Landschaftsräume, die in vielen
schen regelmäßig Sport. Mit mehr als 27 Mil-     Fällen auch für den Naturschutz von Bedeu-
lionen Mitgliedschaften in rund 91.000 Ver-      tung sind. Sport in der Natur kann zu Belas-
einen ist der Deutsche Olympische Sport-         tungen für sensible Lebensräume und die
bund (DOSB) ein wichtiger Partner des ge-        dort lebenden Tier- und Pflanzenarten und
sellschaftlichen Miteinanders und nimmt da-      somit zu Konflikten zwischen Sport und Na-
mit eine herausragende gesellschaftspoliti-      turschutz führen.
sche Stellung ein. Sportaktivitäten, wie bei-
spielsweise Laufen, Kanu fahren, Wandern,        Zu Beginn der 1980er-Jahre hatten sich die
Mountainbiking, Schneesport, Tauchen und         Konflikte zwischen Sport und Naturschutz
Klettern finden in der Natur statt, sowohl im    zugespitzt, da immer mehr Sportarten in der
Alltag als auch im Urlaub. Motivationen sind     freien Natur ausgeübt wurden. Die Sportler/
u. a. Leistung und Grenzerfahrungen, Wohl-       -innen suchten immer neue Herausforderun-
befinden, Gesundheitsaspekte und nicht zu-       gen „draußen“ auf dem Wasser, in den Ber-
letzt auch Naturerleben.                         gen und in der Luft.

                                                 Neue Sportarten bzw. Varianten und neue
                                                 Sportgeräte wurden in immer kürzeren Ab-
                                                 ständen entwickelt. Waren vorher nur weni-
                                                 ge Aktive in naturnahen Räumen zu finden,
                                                 so drängten sich in einigen Gebieten immer
                                                 mehr Nutzer - teilweise mit erheblichen
                                                 Auswirkungen auf Natur und Landschaft.

                                                 1985 kritisierte Wolfgang Erz in einem viel
                                                 beachteten Artikel (GEO 7/1985) die Störun-
                                                 gen durch Sport in der Natur und forderte,
                                                 aus der Konkurrenz eine Koexistenz zu ma-
                                                 chen. Ein allmählicher Prozess der Annähe-
                                                 rung kam in Gang.

                                                 1996 initiierte der Deutsche Naturschutzring
                                                 (DNR) einen Kongress, anlässlich dessen
                                                 Entwürfe für natur- und landschaftsverträgli-
                                                 che Leitbilder populärer Sportarten vorge-
                                                 stellt wurden. Dieser Kongress in Wiesbaden
                                                 stellte eine Wendemarke dar und damit den
                                                 Beginn einer weit reichenden Kooperation
                                                 zwischen Naturschutz- und Sportverbänden.
Abb. 1: Aktives Naturerleben (Foto: M. Pütsch)   Er hat wesentlich mit dazu beigetragen, dass

                                                                                           15
verstärkt nach tragfähigen Lösungen ge-         hat sich bei der Entwicklung des Überein-
sucht und viele entscheidende Weichenstel-      kommens stark engagiert und 2007 die „Na-
lungen vereinbart wurden.                       tionale Strategie zur biologischen Vielfalt“ im
                                                Bundeskabinett verabschiedet. Inhalte dieser
Die Leitbilder bildeten eine solide Diskussi-
                                                Strategie, bezogen auf den Sport, werden
onsgrundlage, auf der z. B. Satzungen über-
                                                nachfolgend erläutert.
arbeitet sowie Konflikte überdacht und ver-
sachlicht wurden. Ein wesentliches Fazit        Der Aufbau und die generellen Ziele der
war, dass die Kommunikation und der Infor-      Strategie sind im Beitrag von JAIN bereits
mationsaustausch zwischen Sport und Na-         ausführlich dargelegt. Daher wird an dieser
turschutz verbessert werden muss.               Stelle nicht näher darauf eingegangen. Viel-
                                                mehr werden im Nachfolgenden einzelne,
Einige Verbände haben hauptamtliche Um-
                                                den Sport betreffende Aussagen, Ziele, For-
weltreferate auf Bundesebene eingeführt
                                                derungen und Vorschläge aus der Biodiver-
und diese mit Fachleuten aus Natur- und
                                                sitäts-Strategie herausgegriffen. Dabei wird
Umweltschutz und der jeweiligen Sportart
                                                kurz skizziert, welche konkreten Projekte etc.
besetzt. Dies hat maßgeblich zur Verbesse-
                                                bereits vom Sport bzw. Naturschutz umge-
rung der Kommunikation und zur Versachli-
                                                setzt wurden oder werden bzw. in Planung
chung der Diskussion beigetragen. Zu wün-
                                                sind und wo sich Optimierungsmöglichkeiten
schen wäre, dass diese wichtige Schnittstel-
                                                ergeben. Es handelt sich hierbei nur um ein-
le in allen Bundes- und auch Landesverbän-
                                                zelne Beispiele - ein Anspruch auf Vollstän-
den eingerichtet wird, und dort wo sie vor-
                                                digkeit wird nicht erhoben.
handen ist auch beibehalten bleibt.
                                                In der Strategie werden Visionen genannt,
Seitdem ist viel Zeit vergangen, beide Seiten
                                                die dazu beitragen sollen, den Rückgang der
sind aufeinander zugegangen und haben
                                                Artenvielfalt aufzuhalten und eine Trend-
viele gute Kompromisse geschlossen, die
                                                wende hin zu einer höheren Biodiversität
aber trotzdem noch nicht alle Konflikte ent-
                                                einzuleiten. Sie beschreiben den angestreb-
schärfen konnten. Es wäre sicher spannend
                                                ten Idealzustand in der Zukunft. Für den
zu untersuchen, was die einzelnen Leitbild-
                                                Sport ist die Vision in Kap. B.2.9. (S. 52) be-
entwürfe in den jeweiligen Sportverbänden
                                                sonders relevant. Sie enthält folgende Aus-
bewirkt haben sowie ob und wie ihre Integra-
                                                sagen:
tion erfolgte.
                                                ƒ   „Unsere Vision für die Zukunft ist: Natur
                                                    und Landschaft in ihrer Vielfalt und
Die Nationale Strategie zur Biologi-                Schönheit ermöglichen Sport, Erholung,
schen Vielfalt                                      Naturerfahrung und -erlebnis und prägen
                                                    die regionale Identität.“
Ein wichtiger Meilenstein für die natur-        ƒ   „Tourismus, Sport und Erholung beein-
schutzpolitische Arbeit ist das „Übereinkom-        trächtigen Natur und Landschaft nicht
men über die biologische Vielfalt“, das auf         wesentlich. Sie setzen sich gemeinsam
der Konferenz der Vereinten Nationen für            mit dem Naturschutz für die Erhaltung
Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Ja-           der Kultur- und Naturlandschaften ein.“
neiro beschlossen wurde. Dieses Überein-        Konkrete Handlungsziele geben an, mit wel-
kommen greift die Nutzung und somit auch        chen Schritten diese Ziele angestrebt wer-
die Aktionsfelder Sport, Tourismus und na-      den. Nachfolgend werden für den Sport rele-
turnahe Erholung als Aspekte der Erhaltung      vante Handlungsziele aufgeführt und mit
der biologischen Vielfalt auf. Deutschland      Beispielen aus der Praxis erläutert.

16
Wertschätzung von Natur-(schutz) und              Der Flugbetrieb steht den Zielen des Natur-
Landschaft                                        schutzes nicht im Wege, im Gegenteil. Der
                                                  Fliegerclub hat dazu beigetragen, dass das
In der Strategie wird eine „deutliche Erhö-
                                                  Flugplatzgelände in einem aus naturschutz-
hung der Wertschätzung von Natur und
                                                  fachlicher Sicht sehr guten Zustand ist. Bei
Landschaft bei Erholungssuchenden, Sport-
                                                  Fortführung der derzeitigen Bewirtschaftung
ler/-innen, Tourist/-innen und daraus resultie-
                                                  (keine Düngung, einmalige Mahd mit Ab-
rend Umwelt und Natur schonendes Verhal-
                                                  transport des Mähgutes) kann sich die Be-
ten“ angestrebt (S. 53).
                                                  deutung für den Naturschutz weiter erhöhen.
Natursport, Tourismus und Naturschutz ha-         Jede Verkleinerung führt jedoch zur weiteren
ben vielfach die ähnliche Ziele– wenn auch        Bedrohung seltener Arten und kann zu deren
aus unterschiedlichen Motivationen heraus.        Aussterben führen, da die Populationen zu
Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen        klein werden und genetisch verarmen. Na-
(vgl. PRÖBSTL/PRUTSCH 2009):                      turschützende und Sporttreibende kämpfen
                                                  gemeinsam um die Erhaltung des Gebietes,
Das Schloss-Hotel Elmau in den Bayeri-            das teilweise als Gewerbegebiet genutzt
schen Alpen profitiert von seiner unverwech-      werden soll. Das Europäische Schutzkon-
selbaren und unveränderbaren Umgebung             zept Natura 2000 ist dabei eines ihrer wich-
mit großflächigen Natura 2000-Gebieten, die       tigsten Argumente.
durch das Verschlechterungsverbot weitere
(auch bauliche) Veränderungen ausschlie-
ßen. Im Umfeld der Hotelanlage sind blüten-
reiche Buckelwiesen zu erleben, deren
Schönheit und spannende Entstehungsge-
schichte zu einer Wanderung oder Führung
einladen. Die Umgebung sichert dem Hotel
zugleich auch zukünftig eine Alleinlage in
landschaftlich reizvoller Umgebung.

Der Welser Flugplatz in Oberösterreich, der
letzte größere Rest der Welser Heide, stellt
                                                  Abb. 2: Hier wird „gemäht“ (Foto: M. Pütsch)
ein Refugium für bedrohte und äußerst sel-
tene Arten dar, die ein offenes, steppenarti-     Es wurden verschiedene Projekte initiiert,
ges Gelände benötigen. Dort brüten der vom        um mehr über die Wertschätzung von Natur
Aussterben bedrohte Große Brachvogel und          bei den Bürger/-innen zu erfahren sowie die-
zahlreiche andere seltene Vogelarten.             se zu erhöhen. Hier einige Beispiele.
Von dem ca. 100 ha großen Welser Flug-            1. Leitfaden Natura 2000 Sport und Tou-
platz sind etwa 70 ha Magerwiesen, das ent-          rismus (vgl. Beitrag PÜTSCH/JOB-
spricht etwa der gesamten Fläche aller Kalk-         HOBEN in diesem Band)
Halbtrockenrasen im oberösterreichischen
Alpenvorland. Biologen fanden dort 2007
auch zwei Insektenarten nach über 50 Jah-
ren wieder, die bereits als ausgestorben gal-
ten.

                                                                                                 17
2. Naturbewusstseinstudie 2009                    So können gemeinsam Naturräume und da-
Welche Landschaften werden als besonders          mit auch Räume für Sport und Erholung ge-
schön empfunden? Welche Vorstellungen             sichert und entwickelt werden. Eine gemein-
werden mit dem Begriff „Natur“ assoziiert         same Planung, nachvollziehbare Begrün-
und welche persönlichen Verbindungen be-          dungen von Einschränkungen und Sperrun-
stehen zur Natur? Welche Maßnahmen zum            gen führen zu einer höheren Akzeptanz der
Schutz der biologischen Vielfalt werden als       notwendigen Maßnahmen. Die Entwicklung
sinnvoll erachtet und wie trägt der/die Ein-      der vergangenen Jahre zeigt, dass dieser
zelne zu ihrem Schutz bei?                        Weg bereits in vielen Fällen zum Erfolg führ-
                                                  te.
Dies sind nur einige Fragen einer repräsentati-
ven Studie, die erstmals in Deutschland das
                                                  Beispiel Biotopmanagement
Bewusstsein der Bevölkerung für die Natur
genauer untersucht. Dabei wird ein besonde-       Die „Vermehrung und Verbesserung der
res Gewicht auf dem so genannten „Millieu-        Qualität von Erholungsräumen durch Natur-
Ansatz“ liegen, d. h., dass die Auswertung un-    schutzmaßnahmen (z.B. Heckenpflanzungen,
ter Berücksichtigung verschiedener Werthal-
                                                  Pflege von Grünland, Wegrandgestaltung) und
tungen und Grundeinstellungen erfolgt. So
                                                  Vermeidung und Abbau von Beeinträchti-
können wichtige Erkenntnisse für die zielge-
                                                  gungen“ (Kap. B 2.9, S. 53) wird angestrebt.
naue Ansprache unterschiedlicher gesell-
schaftlicher Gruppen gewonnen werden. Mit
ersten Ergebnissen ist im Herbst 2009 zu
rechnen.
3.   „WILD“ ein BUND-Projekt
Beim zweiten so genannten „Wildkatzenlauf“
im Mai 2008 waren viele Wanderer, Walker
und Läufer unterwegs, um für den Schutz der
heimischen, vom Aussterben bedrohten Wild-
katze zu werben. Neben den eigentlichen
Hauptläufen gab es ein umfangreiches Rah-
menprogramm, das über diese schützenswer-
te Art und deren Bedürfnisse informierte.
Wünschenswert wäre daher eine aktivere
Verbandsarbeit in Sportorganisationen zur
Stärkung der Wertschätzung von Natur und
Landschaft, die zu einer höheren Akzeptanz
von Naturschutzmaßnahmen führen kann.
Hierzu gehören auch klare Äußerungen der
Natursportverbände z. B. zum Erhalt von Er-
holungsräumen (auch innerhalb von Kom-
munen) oder zur Akzeptanz z. B. von tempo-
rären Sperrungen bzw. Kontingentierung von
Räumen. Unterstützung von Seiten des Na-          Abb. 3: Naturnaher Golfsport (Foto: M. Pütsch)
turschutzes kann geleistet werden, indem
der Sport als Partner ernst genommen und          Gerade in diesem Aktionsfeld können flä-
durch frühzeitige Information rechtzeitig in      chenrelevante Sportarten, wie z. B. Golf und
Planungsprozesse      eingebunden      wird.      Luftsport, viel zur Unterstützung der Ziele

18
der Biodiversitäts-Strategie beitragen. Der       Konzeptentwicklung
Deutsche Golfverband (DGV) hat, gefördert
                                                  Als Maßnahmen zur Umsetzung der Hand-
durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN),
                                                  lungsziele werden u. a. genannt:
die Broschüre „Biotopmanagement auf Golf-
plätzen“ herausgebracht. Sie enthält zahlrei-     ƒ   Die Entwicklung von Konzepten für eine
che Vorschläge, wie auf den Roughflächen              naturverträgliche, attraktive Freizeitnut-
von Golfanlagen naturnahe Lebensräume                 zung in Schutzgebieten zur naturverträg-
mit ihren typischen Tier- und Pflanzenarten           lichen Sportausübung in Zusammenar-
entwickelt und erhalten werden können.                beit von Sport- und Naturschutzverbän-
                                                      den (S. 53 und S. 87) und
Das 2005 gestartete Umweltmanagement-             ƒ   die Verringerung negativer Auswirkun-
programm „Golf und Natur“ zielt darauf ab,            gen des Tourismus auf ökologisch sen-
optimale Bedingungen für den Golfsport mit            sible Gebiete (S. 53).
dem Schutz von Natur und Umwelt zu ver-           In diesen Handlungsfeldern hat der Sport in
binden (vgl. Beitrag BIBER in diesem Band).       den letzten Jahren gemeinsam mit dem Na-
Der Deutsche Aero Club (DAeC) als Dach-           turschutz schon zahlreiche Projekte umge-
verband aller Luftsportarten hat im Rahmen        setzt. Zu nennen sind hier beispielsweise:
eines Projektes umfassende Ausbildungsun-         ƒ   Nationalpark Berchtesgaden - Adlerpro-
terlagen („Naturschutz für Piloten“) erarbeitet       jekt,
(SCHOLZE/KLAASSEN 2009).                          ƒ   Tauchseen-Portal,
Neben vielen allgemeinen Informationen zu         ƒ   Jugend für Umwelt und Sport (JUUS),
Natur- und Umweltschutz bezogen auf Luft-         ƒ   ABAs (Aircraft relevant Bird Areas) –
sport und Steckbriefen von Arten und Le-              Luftfahrtrelevante Vogelvorkommen für
bensräumen, werden auch Pflege und Ent-               Piloten,
wicklung von Biotopen auf Luftsportgeländen       ƒ   Digitales Informationssystem Naturraum
behandelt. Erste Erfolge dieser Arbeit lassen         Fels.
sich auf einigen Luftsportgeländen in             Konzepte für eine naturverträgliche, attrakti-
Deutschland und Österreich (s. oben) zeigen       ve Sport- und Freizeitnutzung in Schutzge-
(vgl. Beitrag SCHOLZE in diesem Band)             bieten mit entsprechenden Lenkungsmodel-
                                                  len schließen auch die Sperrung bestimmter
Es gibt viele Sporträume, die naturschutz-
                                                  Gebiete, bzw. das Verbot bestimmter Sport-
fachlich hochwertig sind und durch Vereine
                                                  arten ein. In einem Fluss-/Bachlauf, in dem
entsprechend gepflegt und entwickelt wer-
                                                  die vom Aussterben bedrohte und gegen-
den. Auch aus Akzeptanzgründen ist es hier
                                                  über Sedimentation und mechanischer Be-
wichtig, dass diese Erfolge offensiv kommu-
                                                  schädigung sehr empfindliche Flussperlmu-
niziert werden. Befürchtungen vor drohender
                                                  schel lebt, sollte ein Fahrverbot für Kanuten
Schließung oder Einschränkung des Sport-
                                                  unbestritten sein. Der betroffene Sportver-
betriebs aufgrund von Nachweisen von z.B.
                                                  band sollte solche Sperrungen positiv auf-
Rote-Liste-Arten gilt es von Seiten des Na-
                                                  greifen und entsprechend an seine Mitglie-
turschutzes zu widerlegen.
                                                  der kommunizieren. Viele Kanufahrer ver-
Dies kann insbesondere Sportanlagen betref-       stehen sich als Natursportler. Beinhaltet die-
fen, die schon lange existieren und eine          ser Begriff somit nicht auch, Rücksicht auf
hochwertige Artenvielfalt aufweisen. Hier         die Natur zu nehmen und eine solche Maß-
werden oft Arten vorgefunden obwohl bzw.          nahme zu akzeptieren? Das gilt natürlich
weil hier eine sportliche Nutzung erfolgt.        auch für kommerzielle Anbieter.

                                                                                             19
Wer sich im Sommer an den „fliegenden             Basis des Systems ist eine Literatursamm-
Edelsteinen“ am Gewässer, den Eisvögeln,          lung über Wirkungen von Sportarten auf Tie-
erfreuen will, muss ihnen die Möglichkeit         re und Pflanzen sowie deren Lebensräume,
lassen, ungestört im Frühjahr ihre Brut auf-      die nach einem einheitlichen System ausge-
zuziehen. Und auch für Drachen- und Gleit-        wertet, zusammengefasst und in die Daten-
schirmpiloten gilt: Wen das gemeinsame            bank eingestellt wurde. Die gesamte im Sys-
Kreisen in der Thermik mit Greifvögeln faszi-     tem befindliche Literatur wird in der Universi-
niert, sollte die Brutstätten der Vögel meiden.   tätsbibliothek der Deutschen Sporthochschu-
                                                  le in Köln zur Ausleihe bereitgehalten. Das
                                                  NSI wird in Kooperation mit dem Bundesamt
                                                  für Umwelt (BAFU) in der Schweiz weiter-
                                                  entwickelt und ist in Teilen auch in französi-
                                                  scher Sprache verfügbar.

                                                  Das NSI enthält Hinweise auf Konfliktlö-
                                                  sungsbeispiele (z. B. Lenkungskonzepte),
                                                  die zwischen Sport und Naturschutz abge-
                                                  stimmt sind. Ein Leitfaden zur Erstellung
                                                  freiwilliger Vereinbarungen ist ebenfalls über
Abb. 4: Auch Kanusport braucht Regeln             das System verfügbar. Durch die Kooperati-
(Foto: M. Pütsch)                                 on mit der Hochschule in Rapperswil (CH)
                                                  konnte eine Toolbox implementiert werden,
Informationssysteme                               die konkrete Hinweise und Grundlagen für
Zur Umsetzung der Handlungsziele wird die         Konfliktlösungen zwischen Sport und Natur-
„Weiterentwicklung von Informationssyste-         schutz bringt.
men zur Vermeidung von Nutzungskonflik-           Bereits ca. 70 Eintragungen für Best-Practice
ten“ als eine Maßnahme genannt.                   Beispiele sind in der Datenbank. Doch gibt es
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat           bundesweit noch wesentlich mehr gute Pro-
bereits im Jahr 2000 das Natur-Sport-             jekte, die bei Aufnahme in die Datenbank als
Informationssystem (NSI) entwickelt und da-       Problemlösungen an anderen Stellen helfen
mit eine gute Basis für einen Informationsaus-    könnten. Weiterhin sind Beschreibungen,
tausch und eine Versachlichung der Konflikte      Hintergrundinformationen und Bilder zu Tier-
geschaffen. Ein möglichst hoher Informations-     und Pflanzenarten, Lebensräumen und
stand, Handlungsanleitungen und gute Bei-         Sportarten enthalten. Diese werden regel-
spiele sind Grundlagen für die Lösung von         mäßig aktualisiert und erweitert.
Konflikten zwischen Sport und Naturschutz.        Das NSI ist mit anderen Informationssyste-
Das NSI bietet hierfür umfangreiche Infor-        men vernetzt. Dadurch werden eine breite
mationen mit dem Schwerpunkt: „Auswirkun-         Streuung der Informationen und eine hohe
gen von Sport- und Freizeitaktivitäten auf die    Akzeptanz für das NSI erreicht, was wieder-
Tier- und Pflanzenwelt". Zielgruppen des Sys-     um auf vielen Ebenen und bei vielen unter-
tems sind Behörden, Planungsbüros, For-           schiedlichen Interessensgruppen mit zur
schungseinrichtungen, Sport- und Natur-           Konfliktlösung beitragen kann.
schutzverbände sowie interessierte Bürgerin-
nen und Bürger.

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Beispiele                                        hinaus eine Fülle hilfreicher Informationen –
                                                 vom Routenspektrum bis zur Exposition ei-
Deutscher Hängegleiter-Verband (DHV)             nes Felsens, von der Gesteinsart bis zur ak-
                                                 tuellen Kletterregelung, von der Anreise mit
Um seinen Mitgliedern eine gute Informati-
                                                 öffentlichen Verkehrsmitteln bis zum Rou-
onsgrundlage über die bestehenden Gelän-
                                                 tencharakter. Die Hintergrundinformationen
de für den Gleitschirm- und Drachensport
                                                 zur Kletterregion, Flora und Fauna sowie
zur Verfügung zu stellen, hat der DHV mit
                                                 zum Naturraum runden das Angebot ab. Ei-
eigenen Mitteln ein auf Google-Maps basier-
                                                 ne interaktive Kartendarstellung erleichtert
tes Internet-Informationssystem zur Verfü-
                                                 das Suchen und Finden einzelner Felsen.
gung gestellt. Hier lassen sich schnell Start-
stellen und Landegebiete mit Hintergrundin-
formationen recherchieren. Die Hintergrund-
informationen enthalten z. B. beim National-
park Berchtesgaden auch Informationen ü-
ber den Nationalpark und die dort existieren-
den Nutzungseinschränkungen.

Um es den Gleitschirm- und Drachen-Piloten
bei der Planung der Flüge einfacher zu ma-
chen, sollten Schutzgebietsinformationen
auch als Flächensignatur angezeigt werden.
Dies verhindert versehentliches Landen           Abb 5: Ziel - Verträglich klettern (Foto: M. Pütsch)
(Notfälle sind hier nicht gemeint) z. B. auf
                                                 Verband Deutscher Sporttaucher (VDST)
einer Orchideenwiese im Naturschutzgebiet.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) bietet       Das Tauchseen-Portal des Verbandes Deut-
kostenlos Daten der verschiedenen Schutz-        scher Sporttaucher (VDST) wurde im Januar
gebietskulissen als digitale Datensätze oder     2007 auf der BOOT in Düsseldorf vorgestellt.
in Form eines integrierbaren Kartendienstes      Es wurde als internetgestütztes Kommunika-
(OGC-konformer WMS (WebMappingServi-             tionssystem für die effektive Umsetzung
ce)) an.                                         nachhaltiger ökologischer Nutzungskonzepte
                                                 für Tauchgewässer entwickelt. Die Internet-
Deutsche Wanderjugend
                                                 plattform wird im Sinne eines Leitsystems für
Die Deutsche Wanderjugend hat die Flä-           die Nutzung von Tauchgewässern und damit
chendaten bereits auf ihrem Geocaching-          für die Realisierung nachhaltiger Nutzungs-
Portal www.geocaching.de integriert. Somit       konzepte eingesetzt.
findet jeder Geocacher sofort Informationen
                                                 Diese Bereitstellung vielfältiger und aktueller
wo man z. B. keine Caches verstecken sollte
                                                 Informationen zur Ökologie, zu rechtlichen
bzw. darf.
                                                 Grundlagen über das Sporttreiben am Ge-
Deutscher Alpenverein (DAV)                      wässer und zur aktuellen Situation vor Ort
                                                 (u. a. Einstiegsstellen, Schutzgebiete) dient
Das Felsinformationssystem (www.dav-             als Steuerungs-, Lenkungs- und Sicher-
felsinfo.de) ist ein umfassendes Internetpor-    ungsmaßnahme. Erstmals können Taucher/
tal über die Klettergebiete der Mittelgebirge.   -innen für fast 600 Tauchplätze in Deutsch-
Es unterstützt nicht nur einen naturverträgli-   land alle Hintergrundinformationen zentral im
chen Klettersport in den Mittelgebirgen          Netz auffinden. Das Tauchseen-Portal ist
Deutschlands, sondern es bietet darüber

                                                                                                  21
eng mit dem Natur-Sport-Informationssystem       chung klimaneutral anzubieten (z. B. mit
des BfN verbunden, in dem weitere Informa-       Atmosfair) und die CO2-Kompensation zum
tionen über verschiedene Natursportarten,        Schutz der Korallenriffe, die eine CO2-Senke
Tiere und Lebensräume zu finden sind.            darstellen, zu nutzen. Hiermit ist eine deut-
                                                 lich höhere Motivation und Akzeptanz für
Angebotsentwicklung                              klimaneutrales Reisen anzunehmen, als bei
ƒ    Verstärkte Entwicklung naturverträglicher   Kompensationsmaßnahmen, die keinen di-
     Angebote und Integration von Naturer-       rekten Bezug zum Reisenden haben. Der
     lebnisangeboten in andere (sport)-          sportbezogene Handlungsbedarf ist deutlich
     touristische Angebote (S.53),               erkennbar.
ƒ    Kooperation der Sport- und Tourismus-
     branche und einschlägigen Fachverbän-       Zertifizierung
     den mit Schutzgebietsverwaltungen (S.       ƒ   Nutzung von Umweltmanagementsyste-
     87) und                                         men (EMAS, Skigebiets-Audit, Sport-
ƒ    Besucherlenkungskonzepte für Felsen             Audit Luftsport etc.) (S. 87)
     (Kletterer), insbesondere in den höheren
                                                 Es sind bereits auf den Sport angepasste
     Mittelgebirgen (Aktionsfelder S. 87).
                                                 Zertifizierungssysteme entwickelt worden.
Zur Unterstützung der Angebotsentwicklung        Beispielhaft sollen hier das Skigebiets-Audit,
in Richtung Nachhaltigkeit wurden verschie-      das Sport-Audit Luftsport bzw. Sport-Audit
dene Projekte vom BfN gefördert. Zu nennen       Schleswig-Holstein und das Zertifizierungs-
ist hier beispielsweise der Leitfaden des        system des Deutschen Golfverbandes ge-
Deutschen Tourismusverbandes (DTV) zur           nannt werden. Bisheriges Manko sind feh-
Entwicklung und Vermarktung von Naturer-         lender Bekanntheitsgrad und noch geringe
lebnisangeboten. Der Leitfaden unterstützt       Akzeptanz.
Tourismusorganisationen auf örtlicher und
regionaler Ebene sowie einzelne Betriebe         Alle Zertifizierungssysteme müssen daher in
dabei, attraktive - am Prinzip der Nachhaltig-   Sportkreisen noch bekannter gemacht wer-
keit ausgerichtete - Naturerlebnisangebote       den. Insbesondere gilt es, die damit verbun-
(u. a. auch Natursportangebote) zu entwi-        denen Vorteile für die Vereine herauszustel-
ckeln und zu vermarkten.                         len. Zu beachten ist allerdings, dass auf
                                                 Grund der ehrenamtlichen Strukturen und
Weiterhin wurde die Durchführung von Se-         des geringen Budgets bei den Vereinen, die
minaren zur Entwicklung und Vermarktung          Durchführung eines Zertifizierungsverfah-
von Naturerlebnisangeboten in verschiede-        rens nur mit Unterstützung von außen gelin-
nen Regionen Deutschlands unterstützt. Zu        gen kann.
nennen sind außerdem bestimmte Angebo-
te, wie z. B. die Mountainbike-Strecken im       Bei EMAS und ISO sind Naturschutzaspekte
Naturpark Frankenwald, die zusammen von          wenn überhaupt dann nur in sehr geringem
Akteuren aus Tourismus, Naturschutz und          Maße berücksichtigt. Hier sind die Konzepte
Sport im Rahmen von Projekten entwickelt         der Sportverbände durchaus weitreichender.
wurden.

Auf dem Sektor „Klimafreundliche Sportrei-
sen“ ist das Angebot allerdings bisher ge-
ring. Hier sind innovative und umsetzbare
Konzepte gefragt. Vom VDST wurde vorge-
schlagen, Tauchreisen gleich mit der Bu-

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