DOSB I Sport und Biodiversität - Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts
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DOSB I Sport bewegt! DOSB I Sport und Biodiversität Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Spor ts vom 11. – 12. Dezember 2008 in Bodenheim/Rhein
Schriftenreihe �Sport und Umwelt“ des Deutschen Olympischen SportBundes Noch lieferbar: Heft 2: Literatursammlung �Sport und Umwelt“, 7. überarbeitete und ergänzte Auflage, 2004 Heft 10: Sport und Bewegung in der Stadt. Dokumentation des 2. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports vom 26.-27. September 1994 in Bodenheim/Rhein, 1995 Heft 14: Sport und Natur - Strategien zur Konfliktlösung. Dokumentation des 4. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports vom 26.-27. September 1996 in Bodenheim/Rhein, 1997 Heft 15: Leitbilder eines natur- und landschaftsverträglichen Sports. Dokumentation des Kongresses vom 11.-13.10.1996 in Wiesbaden, 1997 Heft 18: Trends im Sport. Dokumentation des 7. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports vom 23.-24. September 1999 in Bodenheim/Rhein, 2000 Heft 19: Sport und Klimaschutz. Dokumentation des 8. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports vom 5.-6. Oktober 2000 in Bodenheim/Rhein, 2001 Heft 20: Umweltkommunikation im Sport. Dokumentation des 9. Symposiums zur ökologischen Zukunft des Sports vom 6.-7. Dezember 2001 in Bodenheim/Rhein, 2002 Heft 21: Sport und Tourismus Dokumentation des 10. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports vom 28.-29. November 2002 in Bodenheim/Rhein, 2003 Heft 22: Großveranstaltungen im Sport. Dokumentation des 11. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports vom 27.-28. November 2003 in Bodenheim/ Rhein, 2004 Heft 23: Sport findet Stadt. Dokumentation des 12. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports vom 09.-10. Dezember 2004 in Bodenheim/Rhein, 2005 Heft 24: Umwelt-Qualitätsstandards im Sport. Dokumentation des 13. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports vom 08.-09. Dezember 2005 in Bodenheim/Rhein, 2006 Heft 25: Umweltbildung im Sport. Dokumentation des 14. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports vom 07.-08. Dezember 2006 in Bodenheim/Rhein, 2007 Heft 26: Klima- und Ressourcenschutz im Sport. Dokumentation des 15. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports vom 13.-14. Dezember 2007 in Bodenheim/Rhein, 2007 Schriftenreihe �Sport und Umwelt“ Heft 27: Sport und Biodiversität. Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports vom 11.-12. Dezember 2008 in Bodenheim/Rhein Impressum Broschürentitel: Sport und Biodiversität l Dokumentation des 16. Symposiums zur nachhaltigen Entwicklung des Sports vom 11.-12. Dezember 2008 in Bodenheim/Rhein l Redaktion: Hans-Joachim Neuerburg, Thomas Wilken Deutscher Olympischer SportBund l Otto-Fleck-Schneise 12 l D-60528 Frankfurt am Main l Tel. +49 (0) 69 / 67 00 278 Fax +49 (0) 69 / 67 87 801 l www.dosb.de l E- Mail egli@dosb.de l Copyright und Vertrieb: Deutscher Olympischer SportBund l 1. Auflage 600 l Frankfurt/M, 2009 l ISBN 978-3-89152-462-6 l ISSN 0930-5246 In Zusammenarbeit mit Sport mit Einsicht e.V. l Max-Brauer-Allee 22 l D-22765 Hamburg l Tel. +49 (0) 40 / 306 85 150 l Fax +49 (0) 40 / 306 85 155 l www.sportmiteinsicht.org l E-Mail neuerburg@sportmiteinsicht.org Bestellung und/oder Download unter: www.dosb.de/sportentwicklung/sportstaetten-und-umwelt/materialien/ Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100% Altpapier mit Umweltzeichen: Der Blaue Engel
Inhalt Biodiversität und Sport - Neue Strategien sind gefragt ...............................................................5 Hans-Joachim Neuerburg Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt.........................................................................9 Gordo Jain Erwartungen des Naturschutzes an den Sport..........................................................................15 Michael Pütsch Gut informiert – Luftsport und Artenschutz................................................................................25 Wolfgang Scholze Neuen Arten auf der Spur – Neobiota-Watcher-Aktion 2008 ....................................................37 Natascha Schwagerus Unerwartete Unterstützung – Förderung der Biodiversität durch Golfplätze.............................39 Marc Biber Natura 2000 und Sport – Konfliktvermeidung und Akzeptanzsteigerung..................................53 Michael Pütsch / Beate Job-Hoben Biodiversität und Sport – Chancen und Grenzen einer (neuen) Partnerschaft .......................59 Andreas Klages Exkursion zum Freizeit-, Sport- und Erholungspark Lenneberg in Budenheim.........................63 Klaus-Dieter Aichele Weiterführende Informationen................................................................................................... 66 Teilnehmer/-innen .....................................................................................................................67 3
Biodiversität und Sport - Neue Strategien sind gefragt Hans-Joachim Neuerburg Einleitung gesetzt. Biodiversität ist aber mehr als Ar- tenvielfalt. Man versteht darunter die Vielfalt 1992 wurde auf dem Erdgipfel in Rio de Ja- der Arten auf der Erde, die Vielfalt innerhalb neiro die „Konvention zur Biologischen Viel- der Arten (genetische Vielfalt) sowie die Viel- falt“ ausgehandelt und mittlerweile von rund falt von Ökosystemen. Die biologische Viel- 190 Staaten und der EU ratifiziert. 2008 fand falt gilt als eine der Grundvoraussetzungen die 9. Folgekonferenz zum Erhalt der Biolo- für die Stabilität von Ökosystemen. Ein gischen Vielfalt in Deutschland statt. Um- Rückgang von Arten oder gar deren Ausrot- weltexperten aus aller Welt trafen sich in tung durch zunehmende Umweltverschmut- Bonn, um gemeinsam neue Ziele und Stra- zung, fortschreitende Flächenversiegelung tegien zu erarbeiten. Vereinbart wurde, die oder intensive Landnutzung bedeutet eine Leistungsfähigkeit der Ökosysteme stärker unwiederbringliche Verarmung von Flora und als bisher in den Mittelpunkt der politischen Fauna. Bemühungen zu rücken. Die Bonner Konferenz gab den Anstoß, sich auch aus der Sicht des organisierten Sports - insbesondere der Landessportbünde und Spitzenverbände - mit dieser immer wichti- ger werdenden Thematik zu befassen. Dabei ging es zunächst einmal darum, gemeinsam festzustellen, wo es problematische Berüh- rungspunkte mit dem Thema innerhalb des Sports gibt. Des Weiteren stand die Beant- wortung der Frage im Mittelpunkt, welche Abb. 1: Riffe gelten als besonders gefährdet konkreten Beiträge zur Erhaltung der biolo- (Foto: M. Pütsch) gischen Vielfalt der Sport im Rahmen seiner Möglichkeiten leisten kann. Eine hohe genetische Vielfalt ist eine we- sentliche Voraussetzung für die Anpassung von Arten an sich ändernde Umweltbedin- Alle Vögel sind schon da…? gungen, wie z.B. durch den Klimawandel. Der zunehmende Verlust der Artenvielfalt Dieser wird künftig auch gravierende Aus- und das Wissen um die Langsamkeit von wirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt Wachstum und Entwicklung ökologisch trag- haben. fähiger Lebensräume haben ab Mitte der Einem Bericht der World Conservation Union 1980er-Jahre den Erhalt der biologischen Viel- (IUCN) aus dem Jahr 2007 zufolge, ist bei- falt (Biodiversität) zu einem der größten Um- spielsweise fast jede sechste europäische weltprobleme gemacht. Der Begriff Biodiversi- Säugetierart vom Aussterben bedroht. Laut tät hat seitdem Eingang in die wissenschaftli- BirdLife International sind sogar mehr als 40 che und politische Diskussion gefunden und Prozent der europäischen Vogelarten ge- wird oft mit dem Begriff „Artenvielfalt“ gleich- fährdet. Die Klimaproblematik bedroht lang- 5
fristig drei Viertel der Vogelarten. Forscher Bei den „eingewanderten“ Pflanzen - auch haben seit den 1980er-Jahren Daten zum Neophyten genannt - gelten beispielsweise Klimawandel und den Beständen von 122 Herkulesstaude, Indisches Springkraut oder Vogelarten verglichen. Demnach werden Goldrute als Problemarten. Aber auch der rund 90 Arten künftig Bestandseinbußen ha- heimischen Fauna droht Ungemach durch ben, während sich lediglich 30 Arten laut die tierischen Einwanderer (Neozoen). So Studie künftig ausbreiten werden. sieht sich beispielsweise das heimische Eichhörnchen künftig zunehmender Konkur- Nicht viel besser steht es in Europa um die renz durch die Verbreitung des wesentlich heimische Flora. Hier werden die Auswir- robusteren amerikanischen Grauhörnchens kungen, darunter veränderte Verbreitung von ausgesetzt. Künstlerisch ist dieses Problem Arten, veränderte Blütezeiten etc., voraus- bereits in den Blick geraten wie folgende Instal- sichtlich in den Berggebieten sowie in den lation belegt. mediterranen Regionen besonders ausge- prägt sein. Auch der aktuelle Waldzustandsbericht 2008 des Bundeslandwirtschaftsministeriums ver- weist neben den Auswirkungen der Intensiv- landwirtschaft auf die Folgen des Klimawan- dels wie z.B. die zunehmende Trockenheit. Als besonders besorgniserregend wird dort der Zustand der Eichen beschrieben, von denen über 50 Prozent schwere Schäden aufwiesen. Insgesamt sind dem Bericht zu- Abb. 2: Kenny Hunter: Grey versus red, 2009 folge zwei von drei Bäumen krank. Der durch die Verbreitung gebietsfremder Ar- Weitaus dramatischer und dennoch vielfach ten verursachte Schaden liegt nach Schät- unbemerkt stellt sich die Situation im Bereich zungen von Expert/-innen bereits heute in der Kulturarten dar. Nur rund zehn Pflanzen- Milliardenhöhe. arten und fünf Nutztierrassen bilden heute die Basis der gesamten Welternährung. Rund drei Viertel der Arten sind seit Anfang Vielfalt verteidigen - auch im Sport des 20. Jahrhunderts verloren gegangen. Nun steht der Sport nicht unbedingt im Ver- „Begegnungen der dritten Art“ dacht, maßgeblicher Verursacher des Arten- sterbens zu sein. Dennoch kann die mas- Die bisher angezeigte Problematik beinhaltet senhafte und vor allem unsachgemäße Aus- aber noch weitere Aspekte, die gerade in den übung von Sport - insbesondere im Bereich letzten Jahren zunehmend an Bedeutung ge- der Natursportarten - zu Schäden in Natur winnen: Die durch Menschen verursachte und Landschaft führen, bis hin zur Bedro- Ausbreitung von Pflanzen und Tieren über ihre hung einzelner Arten. Zahlreiche Projekte angestammten Verbreitungsgebiete hinaus. und Initiativen innerhalb des Sports tragen Die so genannten invasiven Arten gefährden diesem Umstand Rechnung und liefern in weltweit die biologische Vielfalt, denn die hei- vielen Bereichen positive Beispiele für ein mische Flora und Fauna ist der Konkurrenz Zusammengehen von Sport und Natur. neuer Arten vielfach nicht gewachsen. Stellvertretend sei hier das Modellprojekt 6
„Rohrhardsberg“ genannt, bei dem u.a. zum Aber auch im Bereich der Sportverbände Schutz des Auerwildes im Schwarzwald, um- besteht offensichtlich Informationsbedarf, da fangreiche Maßnahmen zur Besucherlen- ein umfassender Diskurs bisher nur in An- kung ergriffen wurden, wie z.B. die Aufgabe sätzen stattgefunden hat. und Verlegung von Wanderwegen und Loi- Angesichts der großen Herausforderungen pen. im Kontext der Nationalen Strategie zur bio- Laut einer im Auftrag des BMU erfolgten Be- logischen Vielfalt sind die Verbände aufge- fragung durch das Forsa-Institut im Mai 2007 fordert, sich mit ihren Konzepten für einen halten 52 Prozent der Deutschen das Aus- naturverträglichen Sports an der Entwicklung sterben von Tier- und Pflanzenarten für ein und Umsetzung der geplanten Maßnahmen sehr großes Problem. aktiv zu beteiligen. Das Symposium sollte hierzu erste Impulse liefern. Zu diesem Die Bundesregierung hat Ende 2007 eine Zweck werden neben der Präsentation be- nationale Strategie zur biologischen Vielfalt reits bestehender Initiativen und Modellakti- beschlossen, in deren Rahmen rund 430 onen Anregungen für künftige Aktivitäten auf Maßnahmen ungesetzt werden sollen. Da- diesem Gebiet gegeben. nach sollen z.B. im Jahr 2020 siedlungsna- he, qualitativ hochwertige Erholungsgebiete in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen und 30 Prozent der Fläche in Deutschland als Naturpark ausgewiesen sein. Bis 2010 wird ein umfassendes Konzept der „Stadt der kurzen Wege“ erarbeitet und bis 2020 umgesetzt. Hier drängt sich die Koope- ration mit dem Sport geradezu auf. Schließ- lich ist der „Sport der kurzen Wege“ eine vom DOSB bereits seit vielen Jahren immer wieder gestellte Forderung für mehr Lebens- Abb. 3: Vielfalt entdecken (Quelle: R. Strojec) qualität und weniger Verkehrsbelastungen. Doch trotz beispielhafter Initiativen und der Strategien, Beispiele und Perspekti- breiten Zustimmung scheint das Thema ven noch nicht im Alltag der Menschen ange- kommen zu sein. Das gilt sicherlich auch für In seinem Eröffnungsbeitrag stellt Gordo Jain eine Mehrheit der Verantwortlichen in den vom Bundesministerium für Umwelt, Natur- rund 91.000 Sportvereinen im Land. schutz und Reaktorsicherheit (BMU) die Nati- onale Strategie zur biologischen Vielfalt in Dabei gibt es sicherlich genügend Möglich- ihren Grundzügen dar. keiten für Aktivitäten auf diesem Gebiet, an- gesichts der Vielzahl von Außenanlagen Konkrete Erwartungen des Naturschutzes an (z.B. Fußball-, Golf- und Flugplätze), die von den Sport formuliert Michael Pütsch vom den Vereinen genutzt werden. Von den zahl- Bundesamt für Naturschutz (BfN). reichen Nebenflächen der Sportstätten ein- mal ganz abgesehen. 7
Die Reihe der Beispiele aus den Sportver- Andreas Klages vom DOSB widmet sich im bänden wird durch den Beitrag von Wolf- Rahmen seines Beitrages den Chancen und gang Scholze vom Deutschen Aero-Club Grenzen im Rahmen einer Biodiversitäts- (DAeC) eröffnet. Nach dem Motto: Gut in- Strategie des Sports. formiert – werden Ansätze des Luftsports im Den Schlusspunkt der Veranstaltung bildete Bereich des Artenschutzes skizziert. Neuen eine Exkursion zum Mainzer Golf-Club. Hier Arten auf der Spur ist Natascha Schwagerus konnten die Teilnehmer/-innen unter fach- vom Verband Deutscher Sporttaucher kundiger Anleitung interessante Details über (VDST). Sie stellt die Neobiota-Watcher- das Zusammenspiel von Golfsport und Ar- Aktion 2008 vor. Als abschließendes Beispiel tenschutz erfahren. zeigt Marc Biber vom Deutschen Golf Ver- band (DGV) unerwartete Möglichkeiten zur Im abschließenden Beitrag vermittelt der Förderung der Biodiversität durch Golfplätze Landschaftsarchitekt Klaus-Dieter Aichele auf. vertiefende Einblicke in Planungs- und Um- setzungsschritte beim Bau des Golfplatzes. Das Symposium traf auf eine ausgesprochen positive Resonanz bei den Teilnehmer/ -innen, da ihrer Ansicht nach wichtige Anre- gungen gegeben werden konnten. Jetzt gilt es, die Nationale Biodiversitäts-Strategie gemeinsam umzusetzen, denn ein stabiles Ökosystem ist auch im Interesse des Sports. Der DBU gilt der Dank für die erneute finan- zielle Unterstützung der Veranstaltung. Abb. 4: Aufmerksame Zuhörer Für die Erhaltung der Biologischen Vielfalt ist Kontakt das Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ von Hans-Joachim Neuerburg sehr großer Bedeutung. Um dieses Konzept Sport mit Einsicht e.V. im Bereich Sport und Tourismus bekannt zu neuerburg@sportmiteinsicht.org machen, hat das BfN u.a. gemeinsam mit www.sportmiteinsicht.org dem Umweltbundesamt (UBA) und dem DOSB eine Broschüre herausgegeben. Die- se wurde noch vor Drucklegung anlässlich des Symposiums von Michael Pütsch vom BfN vorgestellt. In einem gemeinsamen Bei- trag mit Beate Job-Hoben werden die we- sentlichen Ziele und Inhalte des Leitfadens vorgestellt. 8
Die Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt Gordo Jain Einleitung schnittlichen Überlebensdauer einer Art von einer bis 10 Millionen Jahren, auf Grund der Die biologische Vielfalt oder Biodiversität ist natürlichen Prozesse pro Jahrhundert ledig- gegenwärtig eines der vordringlichsten The- lich 100 bis 1.000 Arten (0.001 – 0.01 Pro- men für die Umwelt. Der Verlust der biologi- zent) verloren gehen dürften. Die gegenwär- schen Vielfalt ist hinsichtlich seiner Auswir- tig zu beobachtende Verlustrate für Vögel kungen gleichzusetzen mit dem Klimawan- und Säugetiere liegt allerdings bei etwa del. Während die sichtbaren Auswirkungen 1 Prozent pro Jahrhundert und damit um den des Klimawandels an niemandem mehr vor- Faktor 100 – 1.000 über der „natürlichen“ beigehen, werden weder der Verlust der Ar- Aussterberate. Zudem sind fast 40 Prozent tenvielfalt noch die damit verbundenen Aus- aller untersuchten Arten vom Aussterben wirkungen bislang verbreitet wahrgenom- bedroht. men. Sie werden nicht in einen so direkten Zusammenhang gestellt, wie es z.B. bei Überschwemmungen oder fehlendem UN-Übereinkommen über die biologi- Schnee als Folgen des Klimawandels ge- sche Vielfalt schieht. Dabei weist die Wissenschaft be- Auf dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro wur- reits seit den 1970er Jahren auf den weltweit de im Jahre 1992 das UN-Übereinkommen zu beobachtenden alarmierenden Rückgang über die biologische Vielfalt verabschiedet. der biologischen Vielfalt hin. Darin wird die „Biologische Vielfalt“ wie folgt Die Gesamtzahl aller auf der Erde vorhande- definiert: „Variabilität unter lebenden Orga- nen Arten ist nicht sicher bekannt. Schätzun- nismen jeglicher Herkunft, (...); dies umfasst gen des globalen Artenreichtums schwanken die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen zwischen drei und 30 Millionen Arten. Die Un- den Arten und die Vielfalt der Ökosysteme“. terschiede ergeben sich durch die verschie- Die biologische Vielfalt beinhaltet also Öko- denen gewählten Methoden der Abschät- systeme, Arten und Gene. Mit dem UN- zung. Allgemein wird eine Gesamtzahl von Übereinkommen sollen diese geschützt wer- 14 Millionen Arten angenommen, davon sind den, es verfolgt daher drei Ziele: weltweit derzeit etwa 1,7 Millionen Arten be- schrieben. Der größte Anteil der Tierarten Schutz biologischer Vielfalt entfällt mit ca. einer Million Arten auf die Nachhaltige Nutzung der biologischen Klasse der Insekten. Vielfalt Gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nur das Zusammenwirken der Arten schafft Nutzung genetischer Ressourcen. eine Balance zwischen den Ökosystemen. Wenn Arten verloren gehen, kann diese Ba- Um solchen Zielen gerecht werden zu kön- lance entsprechend gestört werden. Ab- nen, müssen wir den „Speicherplatz“ unserer schätzungen der Verlustrate die Störungen Arten für die Zukunft schützen. Er ist welt- der Ökosysteme noch nicht erwarten lassen weit die Lebensgrundlage unserer Entwick- gehen davon aus, dass bei einer globalen lung und wird als Reservoir für innovative Artenzahl von 10 Millionen und einer durch- Forschung und Technologie benötigt. 9
Ohne ihn sind Ernährungssicherheit und uns kommen ca. 9.500 Pflanzen- und 14.400 Klimaschutz gefährdet. Wir müssen aber Pilzarten und ca. 48.000 Tierarten (insge- auch für eine nachhaltige Nutzung sorgen, samt etwa 4 Prozent des Weltbestandes der die nur zusammen mit den lokalen Akteuren bisher bekannten noch lebenden Fauna) vor. möglich ist und nur durch gemeinsam ver- Manche Arten sind schon vor langer Zeit einbarte Nutzungskriterien erreicht werden ausgestorben oder in neuerer Zeit erloschen kann. Dabei steht die gerechte Aufteilung (bei den Säugetieren z.B. der Elch (18. Jh.), der Vorteile aus der Nutzung genetischer der Braunbär (19. Jh.) oder Mitte des 20. Ressourcen durch Access and Benefit Sha- Jahrhunderts die Alpenfledermaus). ring (ABS) im Vordergrund. Hierzu gibt es In Deutschland ist vor allem die Gefährdung ein konkretes ABS 2010 Ziel, bei dem mit (Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Aus- einem internationales Regelwerk der Zugang sterbens) von Arten sowie die Beeinträchti- zu und der Vorteilsausgleich aus der Nut- gung oder Zerstörung von Lebensräumen zung der genetischen Ressourcen auf der ein erhebliches Problem, mit dem gleichzei- Grundlage von international vereinbarten tig eine Verarmung und Nivellierung von Na- Mindestanforderungen ab 2010 geregelt tur und Landschaft einhergeht. Von den ein- werden soll. heimischen rund 3.000 Farn- und Blüten- pflanzen Deutschlands sind nach der aktuel- Die nationale Strategie zur biologi- len Roten Liste 26,8 Prozent bestandsge- schen Vielfalt fährdet (und 1,6 Prozent ausgestorben oder verschollen). Von den einheimischen Tierar- Durch den Verlust an Arten, Genen und Le- ten Deutschlands sind 36 Prozent bestands- bensräumen verarmt die Natur, die Lebens- gefährdet (und 3 Prozent ausgestorben oder grundlagen der Menschheit werden bedroht. verschollen). Von den in Deutschland vor- Verloren gegangene Biodiversität lässt sich kommenden Lebensräumen sind 72,5 Pro- nicht wieder herstellen – der Verlust ist irre- zent gefährdet. Deutschland erreicht mit die- versibel. Die Völkergemeinschaft hat er- sen Gefährdungsraten mit die höchsten kannt, dass das Problem sehr komplex ist Werte in Europa. Deshalb brauchen wir eine und nicht durch isolierte Naturschutzaktivitä- nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt, ten gelöst werden kann. Erforderlich sind der kurz NBS. Schutz von Lebensräumen sowie der Schutz von wildlebenden Tieren, Pflanzen, Pilzen Im Jahre 2008 hat Deutschland deshalb die und Mikroorganismen. nationale Strategie verabschiedet. Sie zielt auf die Umsetzung des CBD-Übereinkom- Es müssen gleichzeitig die Zugangsmöglich- mens auf nationaler Ebene ab und beinhaltet keiten für Alle zu den genetischen Ressour- den deutschen Beitrag für die Erhaltung der cen der Welt geschaffen werden. Außerdem biologischen Vielfalt weltweit. Sie bindet sich ist eine gerechte Verteilung der Vorteile aus in den europäischen Kontext ein und be- der Nutzung dieser genetischen Ressourcen rücksichtigt internationale Bezüge. Sie erforderlich, um so insbesondere verbesserte spricht nicht nur die innerstaatlichen Einrich- Entwicklungschancen für die ärmeren, aber tungen in Bund, Ländern und Kommunen an, biodiversitätsreichen Länder zu erreichen. sondern alle gesellschaftlichen Akteure. Ziel der Strategie ist es, alle gesellschaftlichen Deutschland beherbergt auf Grund seiner Kräfte zu mobilisieren und zu bündeln, so Lage in Mitteleuropa, die von den Eiszeiten dass sich die Gefährdung der biologischen beeinflusst wurde, natürlicherweise nicht so Vielfalt in Deutschland deutlich verringert, viele Arten wie z.B. tropische Länder. Bei 10
schließlich ganz gestoppt wird und als Fern- ereignisse. Rodungen im Bergwald und ziel die biologische Vielfalt einschließlich ih- Übernutzung der Bergökosysteme führen zu rer regionaltypischen Besonderheiten wieder Abgängen von Lawinen und Muren. Erosio- zunimmt. nen durch nicht nachhaltige Bodennutzun- gen in der Landwirtschaft führen zum Verlust Weiteres Ziel ist es, dass Deutschland seiner fruchtbarer Ackerböden zur Nutzung der Bio- Verantwortung für eine weltweit nachhaltige logischen Vielfalt. Entwicklung verstärkt gerecht wird. Die Stra- tegie formuliert eine konkrete Vision für die Im Kapitel „Konkrete Vision“ werden zu den Zukunft und legt für alle biodiversitätsrele- national bedeutsamen biodiversitätsrelevan- vanten Themen Qualitäts- und Handlungs- ten Themen Visionen, Qualitäts- und Hand- ziele fest. Eine nachhaltige Entwicklung kann lungsziele für die Zukunft entwickelt und er- nicht einfach vom Staat verordnet werden. läutert. Es handelt sich um Zielsetzungen, Es ist notwendig, dass die Akteure in Wirt- die im Laufe des Prozesses ggf. überprüft schaft und Gesellschaft das Thema zu ihrer werden müssen. Insgesamt wurden rund eigenen Sache machen. Nur dann können 330 Ziele beschlossen. Sie beziehen sich die Strategie erfolgreich umgesetzt und die auf Arten, Lebensräume, Landschaften. Sie darin enthaltenen Ziele erreicht werden. Die gelten im Hinblick auf Naturnutzungen und Bundesregierung bindet deshalb alle von der wirtschaftliche Aktivitäten, Umwelteinflüsse, Strategie angesprochenen Akteure in den der Vorbildfunktion des Staates und dem ge- Umsetzungsprozess der nationalen Biodi- sellschaftlichen Bewusstsein. Die Zeitpunkte, versitätsstrategie ein. zu denen die Ziele erreicht werden sollen, wurden intensiv diskutiert und reichen von Aufbau der nationalen Strategie „ab sofort“ über 2010, 2015, 2020 bis zu ma- ximal 2050. Die NBS deckt damit einen Zeit- Im Kapitel „Ausgangslage“ werden die Grün- raum ab, der mindestens vier Legislaturperi- de für die Erhaltung der biologischen Vielfalt oden umfasst und nimmt damit nicht nur die aus ökologischer, ökonomischer, sozialer jetzige, sondern auch künftige Regierungen und kultureller sowie ethischer Sicht darge- in die Pflicht. stellt. Weiterhin werden die globale und nati- onale Dimension der Gefährdung der biolo- Im Kapitel „Aktionsfelder“ werden die Hand- gischen Vielfalt beleuchtet und die bisheri- lungsziele durch Maßnahmen konkretisiert, gen Anstrengungen und der Handlungsbe- die den verschiedenen staatlichen und ge- darf aufgezeigt. Als Grundlage wird davon sellschaftlichen Akteuren zugeordnet sind. ausgegangen, dass Ökosysteme mit einer Rund 430 einzelne Maßnahmen hat die Stra- natürlichen Vielfalt an Arten Störereignisse tegie aufgenommen, mit denen die Ziele er- (z.B. im Wasser-, Boden-, Lufthaushalt so- reicht werden sollen. Das ist sicher kein voll- wie im Nährstoffkreislauf) besser abpuffern ständiger Katalog, es sind noch viel mehr können als Ökosysteme, in denen viele Ar- Maßnahmen notwendig, vor allem im Hin- ten bereits ausgestorben sind. blick auf die langfristig angelegten Ziele. Darauf wird in der Strategie auch sehr deut- Intakte Ökosysteme tragen dazu bei, Katast- lich hingewiesen. Durch die Zuordnung der rophen zu vermeiden bzw. deren Ausmaß zu Maßnahmen zu den verschiedenen staatli- vermindern. Naturzerstörung und –verände- chen und nicht-staatlichen Akteuren wird rung können dagegen Katastrophen verur- deutlich, wer jetzt wo gefordert ist. sachen: Begradigung von Flüssen und Ver- lust von Auwäldern verstärken Hochwasser- 11
Im Kapitel „Innovation und Beschäftigung“ Im Kapitel „Armutsbekämpfung und Gerech- werden die Potenziale der biologischen Viel- tigkeit“ werden die Zusammenhänge zwi- falt für wirtschaftliche Entwicklung, Innovati- schen der biologischen Vielfalt und der Um- on und Arbeitsplätze dargestellt. Die nach- setzung der Millennium Development Goals haltige Nutzung der biologischen Vielfalt bie- dargestellt. tet Beschäftigungsmöglichkeiten in einer Im Kapitel „Umsetzung des Millennium Eco- Vielzahl von Branchen und Tätigkeitsberei- system Assessments“ wird die Umsetzung chen, dies sind vor allem: Naturschutz, des von den Vereinten Nationen in Auftrag Landschaftspflege und -planung, Land- und gegebenen Millennium Ecosystems Assess- Forstwirtschaft, Tourismus, Sport, Erholung, ments für Deutschland dargestellt. Fischerei, Pharmaindustrie, Biotechnologie, Energiewirtschaft, Bauwirtschaft, Handel, Das Kapitel „Leuchtturmprojekte“ stellt kon- Forschung und Bildung. krete Projekte dar, die der Erhaltung der Bio- logischen Vielfalt dienen und dabei in vor- In der pharmazeutischen Industrie in bildlicher Weise die ökologischen, ökonomi- Deutschland basieren ca. 50 Prozent der schen und sozialen Aspekte gleichermaßen heute gebräuchlichen Arzneimittel auf Heil- berücksichtigen. pflanzen bzw. auf deren Inhaltsstoffen. Etwa 70 bis 90 Prozent der getrockneten pflanzli- Im Kapitel „Berichterstattung, Indikatoren chen Stoffe werden heute immer noch wild und Monitoring“ wird die künftige regelmäßi- gesammelt. Innerhalb von Europa ist ge Berichterstattung über die Erreichung der Deutschland der größte Importeur dieser Ziele dargestellt. Damit eine Strategie Wir- Stoffe. Weltweit beträgt der Umsatz an Arz- kung entfalten kann, braucht man Instrumen- neimitteln pflanzlichen Ursprungs etwa 20 te, die aufzeigen, ob man auf einem guten Milliarden US-Dollar pro Jahr. Weg ist und das Ziel erreicht, oder ob man Gefahr läuft, das Ziel zu verfehlen und des- Enormes Potential für regionale und wirt- halb seine Anstrengungen verstärken muss. schaftliche Entwicklung geht auch vom Tou- Die Strategie enthält dazu das Werkzeug rismus aus. Dabei ist der Tourismus auf des Rechenschaftsberichtes, der einmal in schöne und intakte Natur und Landschaft jeder Legislaturperiode über die Erreichung angewiesen und reagiert sensibel auf Um- der Ziele und die Realisierung der Maßnah- weltkatastrophen und Naturzerstörungen. men Auskunft geben wird. Zudem werden Die Tourismuswirtschaft zählt zu den wirt- über ein Indikatorenset zur Strategie mit ins- schaftlich am stärksten wachsenden Bran- gesamt 19 Indikatoren, die Trends abgebil- chen. det. Mit diesen verschiedenen Ansätzen Die World Tourism Organization (UNWTO) wurde das weiche Instrument „Strategie“ so prognostiziert jährliche Wachstumsraten von hart wie möglich gemacht. 4,3 Prozent innerhalb der nächsten Jahr- Es wird sicherlich auch eine Aufgabe der zehnte und rechnet mit einem Anstieg auf Öffentlichkeit sein, darauf zu achten, dass 1,6 Milliarden internationale Reisen bis zum die beiden Werkzeuge geschärft bleiben. Jahr 2020. Weltweit sind 255 Millionen Men- Abschließend finden sich im Kapitel „An- schen und damit jede/r 9. Arbeitnehmer/-in hang“ u.a. die Beschlüsse der verschiede- im Fremdenverkehr beschäftigt. Ein großes nen Vertragsstaatenkonferenzen des Über- Potential besteht damit auch für natursportli- einkommens über die Biologische Vielfalt che Aktivitäten, die oft mit dem Tourismus sowie die Inhalte der EU-Biodiver-sitäts- einhergehen. strategie und der EU-Aktionspläne. 12
Zusammenfassung Es wird daher erforderlich sein, dass sich alle Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft an Mit der NBS hat Deutschland die Grundlage der Umsetzung mit großem Einsatz beteili- geschaffen, auf nationaler Ebene das Über- gen. einkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) umzusetzen. Die Ziele der langfristig angeleg- Kontakt ten Maßnahmen reichen bis zum Jahr 2050. Dr. Gordo Jain Ohne die Umsetzung dieser Maßnahmen ist Bundesministerium für Umwelt, eine Gefährdung der Lebensgrundlage nicht Naturschutz und Reaktorsicherheit auszuschließen. gordo.jain@bmu.bund.de www.bmu.de 13
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Erwartungen des Naturschutzes an den Sport Michael Pütsch Einleitung Sportler/-innen nutzen für ihre Aktivitäten häufig besonders attraktive und abwechs- In Deutschland treiben Millionen von Men- lungsreiche Landschaftsräume, die in vielen schen regelmäßig Sport. Mit mehr als 27 Mil- Fällen auch für den Naturschutz von Bedeu- lionen Mitgliedschaften in rund 91.000 Ver- tung sind. Sport in der Natur kann zu Belas- einen ist der Deutsche Olympische Sport- tungen für sensible Lebensräume und die bund (DOSB) ein wichtiger Partner des ge- dort lebenden Tier- und Pflanzenarten und sellschaftlichen Miteinanders und nimmt da- somit zu Konflikten zwischen Sport und Na- mit eine herausragende gesellschaftspoliti- turschutz führen. sche Stellung ein. Sportaktivitäten, wie bei- spielsweise Laufen, Kanu fahren, Wandern, Zu Beginn der 1980er-Jahre hatten sich die Mountainbiking, Schneesport, Tauchen und Konflikte zwischen Sport und Naturschutz Klettern finden in der Natur statt, sowohl im zugespitzt, da immer mehr Sportarten in der Alltag als auch im Urlaub. Motivationen sind freien Natur ausgeübt wurden. Die Sportler/ u. a. Leistung und Grenzerfahrungen, Wohl- -innen suchten immer neue Herausforderun- befinden, Gesundheitsaspekte und nicht zu- gen „draußen“ auf dem Wasser, in den Ber- letzt auch Naturerleben. gen und in der Luft. Neue Sportarten bzw. Varianten und neue Sportgeräte wurden in immer kürzeren Ab- ständen entwickelt. Waren vorher nur weni- ge Aktive in naturnahen Räumen zu finden, so drängten sich in einigen Gebieten immer mehr Nutzer - teilweise mit erheblichen Auswirkungen auf Natur und Landschaft. 1985 kritisierte Wolfgang Erz in einem viel beachteten Artikel (GEO 7/1985) die Störun- gen durch Sport in der Natur und forderte, aus der Konkurrenz eine Koexistenz zu ma- chen. Ein allmählicher Prozess der Annähe- rung kam in Gang. 1996 initiierte der Deutsche Naturschutzring (DNR) einen Kongress, anlässlich dessen Entwürfe für natur- und landschaftsverträgli- che Leitbilder populärer Sportarten vorge- stellt wurden. Dieser Kongress in Wiesbaden stellte eine Wendemarke dar und damit den Beginn einer weit reichenden Kooperation zwischen Naturschutz- und Sportverbänden. Abb. 1: Aktives Naturerleben (Foto: M. Pütsch) Er hat wesentlich mit dazu beigetragen, dass 15
verstärkt nach tragfähigen Lösungen ge- hat sich bei der Entwicklung des Überein- sucht und viele entscheidende Weichenstel- kommens stark engagiert und 2007 die „Na- lungen vereinbart wurden. tionale Strategie zur biologischen Vielfalt“ im Bundeskabinett verabschiedet. Inhalte dieser Die Leitbilder bildeten eine solide Diskussi- Strategie, bezogen auf den Sport, werden onsgrundlage, auf der z. B. Satzungen über- nachfolgend erläutert. arbeitet sowie Konflikte überdacht und ver- sachlicht wurden. Ein wesentliches Fazit Der Aufbau und die generellen Ziele der war, dass die Kommunikation und der Infor- Strategie sind im Beitrag von JAIN bereits mationsaustausch zwischen Sport und Na- ausführlich dargelegt. Daher wird an dieser turschutz verbessert werden muss. Stelle nicht näher darauf eingegangen. Viel- mehr werden im Nachfolgenden einzelne, Einige Verbände haben hauptamtliche Um- den Sport betreffende Aussagen, Ziele, For- weltreferate auf Bundesebene eingeführt derungen und Vorschläge aus der Biodiver- und diese mit Fachleuten aus Natur- und sitäts-Strategie herausgegriffen. Dabei wird Umweltschutz und der jeweiligen Sportart kurz skizziert, welche konkreten Projekte etc. besetzt. Dies hat maßgeblich zur Verbesse- bereits vom Sport bzw. Naturschutz umge- rung der Kommunikation und zur Versachli- setzt wurden oder werden bzw. in Planung chung der Diskussion beigetragen. Zu wün- sind und wo sich Optimierungsmöglichkeiten schen wäre, dass diese wichtige Schnittstel- ergeben. Es handelt sich hierbei nur um ein- le in allen Bundes- und auch Landesverbän- zelne Beispiele - ein Anspruch auf Vollstän- den eingerichtet wird, und dort wo sie vor- digkeit wird nicht erhoben. handen ist auch beibehalten bleibt. In der Strategie werden Visionen genannt, Seitdem ist viel Zeit vergangen, beide Seiten die dazu beitragen sollen, den Rückgang der sind aufeinander zugegangen und haben Artenvielfalt aufzuhalten und eine Trend- viele gute Kompromisse geschlossen, die wende hin zu einer höheren Biodiversität aber trotzdem noch nicht alle Konflikte ent- einzuleiten. Sie beschreiben den angestreb- schärfen konnten. Es wäre sicher spannend ten Idealzustand in der Zukunft. Für den zu untersuchen, was die einzelnen Leitbild- Sport ist die Vision in Kap. B.2.9. (S. 52) be- entwürfe in den jeweiligen Sportverbänden sonders relevant. Sie enthält folgende Aus- bewirkt haben sowie ob und wie ihre Integra- sagen: tion erfolgte. „Unsere Vision für die Zukunft ist: Natur und Landschaft in ihrer Vielfalt und Die Nationale Strategie zur Biologi- Schönheit ermöglichen Sport, Erholung, schen Vielfalt Naturerfahrung und -erlebnis und prägen die regionale Identität.“ Ein wichtiger Meilenstein für die natur- „Tourismus, Sport und Erholung beein- schutzpolitische Arbeit ist das „Übereinkom- trächtigen Natur und Landschaft nicht men über die biologische Vielfalt“, das auf wesentlich. Sie setzen sich gemeinsam der Konferenz der Vereinten Nationen für mit dem Naturschutz für die Erhaltung Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Ja- der Kultur- und Naturlandschaften ein.“ neiro beschlossen wurde. Dieses Überein- Konkrete Handlungsziele geben an, mit wel- kommen greift die Nutzung und somit auch chen Schritten diese Ziele angestrebt wer- die Aktionsfelder Sport, Tourismus und na- den. Nachfolgend werden für den Sport rele- turnahe Erholung als Aspekte der Erhaltung vante Handlungsziele aufgeführt und mit der biologischen Vielfalt auf. Deutschland Beispielen aus der Praxis erläutert. 16
Wertschätzung von Natur-(schutz) und Der Flugbetrieb steht den Zielen des Natur- Landschaft schutzes nicht im Wege, im Gegenteil. Der Fliegerclub hat dazu beigetragen, dass das In der Strategie wird eine „deutliche Erhö- Flugplatzgelände in einem aus naturschutz- hung der Wertschätzung von Natur und fachlicher Sicht sehr guten Zustand ist. Bei Landschaft bei Erholungssuchenden, Sport- Fortführung der derzeitigen Bewirtschaftung ler/-innen, Tourist/-innen und daraus resultie- (keine Düngung, einmalige Mahd mit Ab- rend Umwelt und Natur schonendes Verhal- transport des Mähgutes) kann sich die Be- ten“ angestrebt (S. 53). deutung für den Naturschutz weiter erhöhen. Natursport, Tourismus und Naturschutz ha- Jede Verkleinerung führt jedoch zur weiteren ben vielfach die ähnliche Ziele– wenn auch Bedrohung seltener Arten und kann zu deren aus unterschiedlichen Motivationen heraus. Aussterben führen, da die Populationen zu Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen klein werden und genetisch verarmen. Na- (vgl. PRÖBSTL/PRUTSCH 2009): turschützende und Sporttreibende kämpfen gemeinsam um die Erhaltung des Gebietes, Das Schloss-Hotel Elmau in den Bayeri- das teilweise als Gewerbegebiet genutzt schen Alpen profitiert von seiner unverwech- werden soll. Das Europäische Schutzkon- selbaren und unveränderbaren Umgebung zept Natura 2000 ist dabei eines ihrer wich- mit großflächigen Natura 2000-Gebieten, die tigsten Argumente. durch das Verschlechterungsverbot weitere (auch bauliche) Veränderungen ausschlie- ßen. Im Umfeld der Hotelanlage sind blüten- reiche Buckelwiesen zu erleben, deren Schönheit und spannende Entstehungsge- schichte zu einer Wanderung oder Führung einladen. Die Umgebung sichert dem Hotel zugleich auch zukünftig eine Alleinlage in landschaftlich reizvoller Umgebung. Der Welser Flugplatz in Oberösterreich, der letzte größere Rest der Welser Heide, stellt Abb. 2: Hier wird „gemäht“ (Foto: M. Pütsch) ein Refugium für bedrohte und äußerst sel- tene Arten dar, die ein offenes, steppenarti- Es wurden verschiedene Projekte initiiert, ges Gelände benötigen. Dort brüten der vom um mehr über die Wertschätzung von Natur Aussterben bedrohte Große Brachvogel und bei den Bürger/-innen zu erfahren sowie die- zahlreiche andere seltene Vogelarten. se zu erhöhen. Hier einige Beispiele. Von dem ca. 100 ha großen Welser Flug- 1. Leitfaden Natura 2000 Sport und Tou- platz sind etwa 70 ha Magerwiesen, das ent- rismus (vgl. Beitrag PÜTSCH/JOB- spricht etwa der gesamten Fläche aller Kalk- HOBEN in diesem Band) Halbtrockenrasen im oberösterreichischen Alpenvorland. Biologen fanden dort 2007 auch zwei Insektenarten nach über 50 Jah- ren wieder, die bereits als ausgestorben gal- ten. 17
2. Naturbewusstseinstudie 2009 So können gemeinsam Naturräume und da- Welche Landschaften werden als besonders mit auch Räume für Sport und Erholung ge- schön empfunden? Welche Vorstellungen sichert und entwickelt werden. Eine gemein- werden mit dem Begriff „Natur“ assoziiert same Planung, nachvollziehbare Begrün- und welche persönlichen Verbindungen be- dungen von Einschränkungen und Sperrun- stehen zur Natur? Welche Maßnahmen zum gen führen zu einer höheren Akzeptanz der Schutz der biologischen Vielfalt werden als notwendigen Maßnahmen. Die Entwicklung sinnvoll erachtet und wie trägt der/die Ein- der vergangenen Jahre zeigt, dass dieser zelne zu ihrem Schutz bei? Weg bereits in vielen Fällen zum Erfolg führ- te. Dies sind nur einige Fragen einer repräsentati- ven Studie, die erstmals in Deutschland das Beispiel Biotopmanagement Bewusstsein der Bevölkerung für die Natur genauer untersucht. Dabei wird ein besonde- Die „Vermehrung und Verbesserung der res Gewicht auf dem so genannten „Millieu- Qualität von Erholungsräumen durch Natur- Ansatz“ liegen, d. h., dass die Auswertung un- schutzmaßnahmen (z.B. Heckenpflanzungen, ter Berücksichtigung verschiedener Werthal- Pflege von Grünland, Wegrandgestaltung) und tungen und Grundeinstellungen erfolgt. So Vermeidung und Abbau von Beeinträchti- können wichtige Erkenntnisse für die zielge- gungen“ (Kap. B 2.9, S. 53) wird angestrebt. naue Ansprache unterschiedlicher gesell- schaftlicher Gruppen gewonnen werden. Mit ersten Ergebnissen ist im Herbst 2009 zu rechnen. 3. „WILD“ ein BUND-Projekt Beim zweiten so genannten „Wildkatzenlauf“ im Mai 2008 waren viele Wanderer, Walker und Läufer unterwegs, um für den Schutz der heimischen, vom Aussterben bedrohten Wild- katze zu werben. Neben den eigentlichen Hauptläufen gab es ein umfangreiches Rah- menprogramm, das über diese schützenswer- te Art und deren Bedürfnisse informierte. Wünschenswert wäre daher eine aktivere Verbandsarbeit in Sportorganisationen zur Stärkung der Wertschätzung von Natur und Landschaft, die zu einer höheren Akzeptanz von Naturschutzmaßnahmen führen kann. Hierzu gehören auch klare Äußerungen der Natursportverbände z. B. zum Erhalt von Er- holungsräumen (auch innerhalb von Kom- munen) oder zur Akzeptanz z. B. von tempo- rären Sperrungen bzw. Kontingentierung von Räumen. Unterstützung von Seiten des Na- Abb. 3: Naturnaher Golfsport (Foto: M. Pütsch) turschutzes kann geleistet werden, indem der Sport als Partner ernst genommen und Gerade in diesem Aktionsfeld können flä- durch frühzeitige Information rechtzeitig in chenrelevante Sportarten, wie z. B. Golf und Planungsprozesse eingebunden wird. Luftsport, viel zur Unterstützung der Ziele 18
der Biodiversitäts-Strategie beitragen. Der Konzeptentwicklung Deutsche Golfverband (DGV) hat, gefördert Als Maßnahmen zur Umsetzung der Hand- durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN), lungsziele werden u. a. genannt: die Broschüre „Biotopmanagement auf Golf- plätzen“ herausgebracht. Sie enthält zahlrei- Die Entwicklung von Konzepten für eine che Vorschläge, wie auf den Roughflächen naturverträgliche, attraktive Freizeitnut- von Golfanlagen naturnahe Lebensräume zung in Schutzgebieten zur naturverträg- mit ihren typischen Tier- und Pflanzenarten lichen Sportausübung in Zusammenar- entwickelt und erhalten werden können. beit von Sport- und Naturschutzverbän- den (S. 53 und S. 87) und Das 2005 gestartete Umweltmanagement- die Verringerung negativer Auswirkun- programm „Golf und Natur“ zielt darauf ab, gen des Tourismus auf ökologisch sen- optimale Bedingungen für den Golfsport mit sible Gebiete (S. 53). dem Schutz von Natur und Umwelt zu ver- In diesen Handlungsfeldern hat der Sport in binden (vgl. Beitrag BIBER in diesem Band). den letzten Jahren gemeinsam mit dem Na- Der Deutsche Aero Club (DAeC) als Dach- turschutz schon zahlreiche Projekte umge- verband aller Luftsportarten hat im Rahmen setzt. Zu nennen sind hier beispielsweise: eines Projektes umfassende Ausbildungsun- Nationalpark Berchtesgaden - Adlerpro- terlagen („Naturschutz für Piloten“) erarbeitet jekt, (SCHOLZE/KLAASSEN 2009). Tauchseen-Portal, Neben vielen allgemeinen Informationen zu Jugend für Umwelt und Sport (JUUS), Natur- und Umweltschutz bezogen auf Luft- ABAs (Aircraft relevant Bird Areas) – sport und Steckbriefen von Arten und Le- Luftfahrtrelevante Vogelvorkommen für bensräumen, werden auch Pflege und Ent- Piloten, wicklung von Biotopen auf Luftsportgeländen Digitales Informationssystem Naturraum behandelt. Erste Erfolge dieser Arbeit lassen Fels. sich auf einigen Luftsportgeländen in Konzepte für eine naturverträgliche, attrakti- Deutschland und Österreich (s. oben) zeigen ve Sport- und Freizeitnutzung in Schutzge- (vgl. Beitrag SCHOLZE in diesem Band) bieten mit entsprechenden Lenkungsmodel- len schließen auch die Sperrung bestimmter Es gibt viele Sporträume, die naturschutz- Gebiete, bzw. das Verbot bestimmter Sport- fachlich hochwertig sind und durch Vereine arten ein. In einem Fluss-/Bachlauf, in dem entsprechend gepflegt und entwickelt wer- die vom Aussterben bedrohte und gegen- den. Auch aus Akzeptanzgründen ist es hier über Sedimentation und mechanischer Be- wichtig, dass diese Erfolge offensiv kommu- schädigung sehr empfindliche Flussperlmu- niziert werden. Befürchtungen vor drohender schel lebt, sollte ein Fahrverbot für Kanuten Schließung oder Einschränkung des Sport- unbestritten sein. Der betroffene Sportver- betriebs aufgrund von Nachweisen von z.B. band sollte solche Sperrungen positiv auf- Rote-Liste-Arten gilt es von Seiten des Na- greifen und entsprechend an seine Mitglie- turschutzes zu widerlegen. der kommunizieren. Viele Kanufahrer ver- Dies kann insbesondere Sportanlagen betref- stehen sich als Natursportler. Beinhaltet die- fen, die schon lange existieren und eine ser Begriff somit nicht auch, Rücksicht auf hochwertige Artenvielfalt aufweisen. Hier die Natur zu nehmen und eine solche Maß- werden oft Arten vorgefunden obwohl bzw. nahme zu akzeptieren? Das gilt natürlich weil hier eine sportliche Nutzung erfolgt. auch für kommerzielle Anbieter. 19
Wer sich im Sommer an den „fliegenden Basis des Systems ist eine Literatursamm- Edelsteinen“ am Gewässer, den Eisvögeln, lung über Wirkungen von Sportarten auf Tie- erfreuen will, muss ihnen die Möglichkeit re und Pflanzen sowie deren Lebensräume, lassen, ungestört im Frühjahr ihre Brut auf- die nach einem einheitlichen System ausge- zuziehen. Und auch für Drachen- und Gleit- wertet, zusammengefasst und in die Daten- schirmpiloten gilt: Wen das gemeinsame bank eingestellt wurde. Die gesamte im Sys- Kreisen in der Thermik mit Greifvögeln faszi- tem befindliche Literatur wird in der Universi- niert, sollte die Brutstätten der Vögel meiden. tätsbibliothek der Deutschen Sporthochschu- le in Köln zur Ausleihe bereitgehalten. Das NSI wird in Kooperation mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) in der Schweiz weiter- entwickelt und ist in Teilen auch in französi- scher Sprache verfügbar. Das NSI enthält Hinweise auf Konfliktlö- sungsbeispiele (z. B. Lenkungskonzepte), die zwischen Sport und Naturschutz abge- stimmt sind. Ein Leitfaden zur Erstellung freiwilliger Vereinbarungen ist ebenfalls über Abb. 4: Auch Kanusport braucht Regeln das System verfügbar. Durch die Kooperati- (Foto: M. Pütsch) on mit der Hochschule in Rapperswil (CH) konnte eine Toolbox implementiert werden, Informationssysteme die konkrete Hinweise und Grundlagen für Zur Umsetzung der Handlungsziele wird die Konfliktlösungen zwischen Sport und Natur- „Weiterentwicklung von Informationssyste- schutz bringt. men zur Vermeidung von Nutzungskonflik- Bereits ca. 70 Eintragungen für Best-Practice ten“ als eine Maßnahme genannt. Beispiele sind in der Datenbank. Doch gibt es Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat bundesweit noch wesentlich mehr gute Pro- bereits im Jahr 2000 das Natur-Sport- jekte, die bei Aufnahme in die Datenbank als Informationssystem (NSI) entwickelt und da- Problemlösungen an anderen Stellen helfen mit eine gute Basis für einen Informationsaus- könnten. Weiterhin sind Beschreibungen, tausch und eine Versachlichung der Konflikte Hintergrundinformationen und Bilder zu Tier- geschaffen. Ein möglichst hoher Informations- und Pflanzenarten, Lebensräumen und stand, Handlungsanleitungen und gute Bei- Sportarten enthalten. Diese werden regel- spiele sind Grundlagen für die Lösung von mäßig aktualisiert und erweitert. Konflikten zwischen Sport und Naturschutz. Das NSI ist mit anderen Informationssyste- Das NSI bietet hierfür umfangreiche Infor- men vernetzt. Dadurch werden eine breite mationen mit dem Schwerpunkt: „Auswirkun- Streuung der Informationen und eine hohe gen von Sport- und Freizeitaktivitäten auf die Akzeptanz für das NSI erreicht, was wieder- Tier- und Pflanzenwelt". Zielgruppen des Sys- um auf vielen Ebenen und bei vielen unter- tems sind Behörden, Planungsbüros, For- schiedlichen Interessensgruppen mit zur schungseinrichtungen, Sport- und Natur- Konfliktlösung beitragen kann. schutzverbände sowie interessierte Bürgerin- nen und Bürger. 20
Beispiele hinaus eine Fülle hilfreicher Informationen – vom Routenspektrum bis zur Exposition ei- Deutscher Hängegleiter-Verband (DHV) nes Felsens, von der Gesteinsart bis zur ak- tuellen Kletterregelung, von der Anreise mit Um seinen Mitgliedern eine gute Informati- öffentlichen Verkehrsmitteln bis zum Rou- onsgrundlage über die bestehenden Gelän- tencharakter. Die Hintergrundinformationen de für den Gleitschirm- und Drachensport zur Kletterregion, Flora und Fauna sowie zur Verfügung zu stellen, hat der DHV mit zum Naturraum runden das Angebot ab. Ei- eigenen Mitteln ein auf Google-Maps basier- ne interaktive Kartendarstellung erleichtert tes Internet-Informationssystem zur Verfü- das Suchen und Finden einzelner Felsen. gung gestellt. Hier lassen sich schnell Start- stellen und Landegebiete mit Hintergrundin- formationen recherchieren. Die Hintergrund- informationen enthalten z. B. beim National- park Berchtesgaden auch Informationen ü- ber den Nationalpark und die dort existieren- den Nutzungseinschränkungen. Um es den Gleitschirm- und Drachen-Piloten bei der Planung der Flüge einfacher zu ma- chen, sollten Schutzgebietsinformationen auch als Flächensignatur angezeigt werden. Dies verhindert versehentliches Landen Abb 5: Ziel - Verträglich klettern (Foto: M. Pütsch) (Notfälle sind hier nicht gemeint) z. B. auf Verband Deutscher Sporttaucher (VDST) einer Orchideenwiese im Naturschutzgebiet. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) bietet Das Tauchseen-Portal des Verbandes Deut- kostenlos Daten der verschiedenen Schutz- scher Sporttaucher (VDST) wurde im Januar gebietskulissen als digitale Datensätze oder 2007 auf der BOOT in Düsseldorf vorgestellt. in Form eines integrierbaren Kartendienstes Es wurde als internetgestütztes Kommunika- (OGC-konformer WMS (WebMappingServi- tionssystem für die effektive Umsetzung ce)) an. nachhaltiger ökologischer Nutzungskonzepte für Tauchgewässer entwickelt. Die Internet- Deutsche Wanderjugend plattform wird im Sinne eines Leitsystems für Die Deutsche Wanderjugend hat die Flä- die Nutzung von Tauchgewässern und damit chendaten bereits auf ihrem Geocaching- für die Realisierung nachhaltiger Nutzungs- Portal www.geocaching.de integriert. Somit konzepte eingesetzt. findet jeder Geocacher sofort Informationen Diese Bereitstellung vielfältiger und aktueller wo man z. B. keine Caches verstecken sollte Informationen zur Ökologie, zu rechtlichen bzw. darf. Grundlagen über das Sporttreiben am Ge- Deutscher Alpenverein (DAV) wässer und zur aktuellen Situation vor Ort (u. a. Einstiegsstellen, Schutzgebiete) dient Das Felsinformationssystem (www.dav- als Steuerungs-, Lenkungs- und Sicher- felsinfo.de) ist ein umfassendes Internetpor- ungsmaßnahme. Erstmals können Taucher/ tal über die Klettergebiete der Mittelgebirge. -innen für fast 600 Tauchplätze in Deutsch- Es unterstützt nicht nur einen naturverträgli- land alle Hintergrundinformationen zentral im chen Klettersport in den Mittelgebirgen Netz auffinden. Das Tauchseen-Portal ist Deutschlands, sondern es bietet darüber 21
eng mit dem Natur-Sport-Informationssystem chung klimaneutral anzubieten (z. B. mit des BfN verbunden, in dem weitere Informa- Atmosfair) und die CO2-Kompensation zum tionen über verschiedene Natursportarten, Schutz der Korallenriffe, die eine CO2-Senke Tiere und Lebensräume zu finden sind. darstellen, zu nutzen. Hiermit ist eine deut- lich höhere Motivation und Akzeptanz für Angebotsentwicklung klimaneutrales Reisen anzunehmen, als bei Verstärkte Entwicklung naturverträglicher Kompensationsmaßnahmen, die keinen di- Angebote und Integration von Naturer- rekten Bezug zum Reisenden haben. Der lebnisangeboten in andere (sport)- sportbezogene Handlungsbedarf ist deutlich touristische Angebote (S.53), erkennbar. Kooperation der Sport- und Tourismus- branche und einschlägigen Fachverbän- Zertifizierung den mit Schutzgebietsverwaltungen (S. Nutzung von Umweltmanagementsyste- 87) und men (EMAS, Skigebiets-Audit, Sport- Besucherlenkungskonzepte für Felsen Audit Luftsport etc.) (S. 87) (Kletterer), insbesondere in den höheren Es sind bereits auf den Sport angepasste Mittelgebirgen (Aktionsfelder S. 87). Zertifizierungssysteme entwickelt worden. Zur Unterstützung der Angebotsentwicklung Beispielhaft sollen hier das Skigebiets-Audit, in Richtung Nachhaltigkeit wurden verschie- das Sport-Audit Luftsport bzw. Sport-Audit dene Projekte vom BfN gefördert. Zu nennen Schleswig-Holstein und das Zertifizierungs- ist hier beispielsweise der Leitfaden des system des Deutschen Golfverbandes ge- Deutschen Tourismusverbandes (DTV) zur nannt werden. Bisheriges Manko sind feh- Entwicklung und Vermarktung von Naturer- lender Bekanntheitsgrad und noch geringe lebnisangeboten. Der Leitfaden unterstützt Akzeptanz. Tourismusorganisationen auf örtlicher und regionaler Ebene sowie einzelne Betriebe Alle Zertifizierungssysteme müssen daher in dabei, attraktive - am Prinzip der Nachhaltig- Sportkreisen noch bekannter gemacht wer- keit ausgerichtete - Naturerlebnisangebote den. Insbesondere gilt es, die damit verbun- (u. a. auch Natursportangebote) zu entwi- denen Vorteile für die Vereine herauszustel- ckeln und zu vermarkten. len. Zu beachten ist allerdings, dass auf Grund der ehrenamtlichen Strukturen und Weiterhin wurde die Durchführung von Se- des geringen Budgets bei den Vereinen, die minaren zur Entwicklung und Vermarktung Durchführung eines Zertifizierungsverfah- von Naturerlebnisangeboten in verschiede- rens nur mit Unterstützung von außen gelin- nen Regionen Deutschlands unterstützt. Zu gen kann. nennen sind außerdem bestimmte Angebo- te, wie z. B. die Mountainbike-Strecken im Bei EMAS und ISO sind Naturschutzaspekte Naturpark Frankenwald, die zusammen von wenn überhaupt dann nur in sehr geringem Akteuren aus Tourismus, Naturschutz und Maße berücksichtigt. Hier sind die Konzepte Sport im Rahmen von Projekten entwickelt der Sportverbände durchaus weitreichender. wurden. Auf dem Sektor „Klimafreundliche Sportrei- sen“ ist das Angebot allerdings bisher ge- ring. Hier sind innovative und umsetzbare Konzepte gefragt. Vom VDST wurde vorge- schlagen, Tauchreisen gleich mit der Bu- 22
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