Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
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P.b.b. Zulassungsnummer: 05Z036134M, Verlagspostamt: 1090 Wien Chirurgie Mitteilungen des Berufsverbandes Österreichischer Chirurgen (BÖC) und der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie (ÖGCH) Mammakarzinom How I do it: Leberchirurgie Prävention postoperativer Wundinfektionen 3|2020
Über 10.000 Mediziner vertrauen auf die Produkte und Leistungen von ärzteservice. » Rechtsschutzversicherung » Betriebsunterbrechungsversicherung » Praxisgründung » Berufshaftpflichtversicherung » Ordinationsinhaltsversicherung mit » Unfallversicherung Technikkasko und Allgefahrenpaket » Krankenversicherung » Haftpflichtversicherung bis 10 Mio. Versicherungssumme TOicPe und Serv Beratung ärzteservice Dienstleistung GmbH Telefon: 01 402 68 34 | office@aerzteservice.com www.facebook.com/aerzteservice w w w. a e r z t e s e r v i c e . c o m
Inhalt Inhalt 4 Editorial 5 Genetische Abklärung beim familiär bedingten Mammakarzinom AutorInnen: D. Schörghofer, K. Rötzer, G. Uyanik, Wien 7 DCIS Autorinnen: Dr. Kerstin Wimmer, Dr. Veronika Riegler, Wien 10 Netzunterstützte Sofortrekonstruktion mit Implantaten nach Mastektomie Autor: P. Schrenk, Linz 12 13 How I do it – Leberchirurgie/Leberresektion Autoren: T. Gruenberger, T. Hoblaj, V. Mazari, P. Jonas, Wien How I do it – Leberchirurgie/Leberresektion Autor: S. Stättner, Vöcklabruck 11 16 How I do it – Was ist vor und während der Leberresektion zu beachten? Autor: M. Linecker, H. Petrowsky, Zürich 17 Portrait Autorinnen: Dr. Christina Bogensperger, Innsbruck; Univ. Prof. Dr. Freyja-Maria Smolle-Jüttner, Graz 18 Lebensqualität nach Mammakarzinom Autorin: E. Schlitter, E.Ehrenfellner-Lugstein; Vöcklabruck 20 Prävention von postoperativen Wundinfektionen wichtiger denn je – Neue DFP-Fortbildung über präoperative Patientendekontamination 22 Autor: C. Klaus, Wien Rotation Teil 2 Autor: C. Pizzera, Graz 12 ÖGCH 24 Protokoll der Vollversammlung der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie ÖGCH 26 Hospitation – Postdoctoral Research Fellowship am Toronto General Hospital Autorin: D. Kollmann, Wien 30 Personalia – In Memoriam Prim. iR Dr. med. Franz Xaver Stöger 32 14 Personalia – In Memoriam Prof. Friedrich Stelzner Service 35 Termine der BÖC Akademie 36 Terminkalender 37 Impressum 38 Ihre Ansprechpartner CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020 3
Editorial ed Sehr geehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Seit Monaten bestimmt die COVID-Pandemie unseren Alltag und stellt vor allem medizinische Einrichtungen vor Herausforderungen. Die Unsicherheit was noch kommen wird – oder auch nicht – und die damit verbundenen politischen Entscheidungen sind für alle medizinischen Bereich Tätigen belastend. Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung muss jedoch für uns stets oberste Priorität haben. Dies betrifft nicht nur die ärztliche Tätigkeit, sondern auch unseren Umgang mit sozialen Kontakten. Seit Anbeginn der Pandemie beobachten wir die Entwicklungen sorgfältig. Obwohl zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Abhaltung der Tagung unter den vorgeschriebenen Auflagen möglich wäre, haben wir uns aufgrund der neuesten Entwicklungen dazu entschlossen den diesjährigen 20. Österreichische Chirurgentag und das 10. Forum Niedergelassener Chirurgen im November zu verschieben. Wir möchten uns bei Ihnen, unseren Industriepartnern und Ausstellern für Ihr Verständnis und Ihre Treue bedanken. Bitte merken Sie sich den geplanten neuen Termin von 25. bis 27. März 2021 vor. In der Zwischenzeit möchten wir Sie auf die bereits erfolgreich laufenden Webinare der BÖC-Akademie hinweisen. Das aktuelle Programm bis zum Jahresende finden sie in der heutigen Ausgabe der Zeitschrift. Um Ihnen die Wartezeit auf den Chirurgentag zu verkürzen, wird es am 12. und 13. Novem- ber 2020 jeweils ein Spezial-Webinar zu den Themen „Cholezystektomie“ und „Anastomosen“ geben. Nutzen Sie diese digitalen Möglichkeiten der Fortbildung und des Netzwerkens! Bleiben Sie gesund! Ihr Sebastian Roka KORRESPONDENZADRESSE Prim. Univ. Doz. Dr. Sebastian Roka Präsident BÖC Alser Straße 4 1090 Wien E-Mail: sekretariat@boec.at www.boec.at 4 CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
Senologie d Genetische Abklärung beim familiär bedingten Mammakarzinom AutorInnen: D. Schörghofer1, K. Rötzer1,2, G. Uyanik1,2 1 Zentrum für Medizinische Genetik, Hanusch-Krankenhaus, Wien 2 Medizinische Fakultät, Sigmund Freud Privatuniveristät, Wien Der Nachweis erblich bedingter Ursachen für Brustkrebs hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Neben einer therapeutischen Konsequenz für die von Brustkrebs betroffenen Personen, ergeben sich auch bedeutende Konsequenzen für deren Familienangehörige. Für diese eröffnet sich die Möglichkeit eines individuellen, auf ihre genetische Prädisposition zugeschnittenen Früherkennungsprogramms und ggf. auch vorbeugende Maßnahmen. Man nimmt an, dass etwa 5–10 % der Brust- Tabelle 1: Indikationen zur Einleitung einer molekulargenetischen Diagnostik auf BRCA1 krebserkrankungen eine genetische Ursa- und BRCA2-Mutationen che zu Grunde liegt [1, 2]. Am häufigsten fin- den sich Mutationen in den beiden Genen Familiäre Indikation BRCA1 und BRCA2, die für bis zur Hälfte der Erfüllt, wenn zumindest einer der nachfolgenden Punkte zutrifft: erblich bedingten Brustkrebsfälle verant- wortlich sind. Mutationen in BRCA1 und 3 Fälle von Brustkrebs* in der Familie, unabhängig vom Alter BRCA2 führen jedoch nicht nur zu einem 2 Fälle von Brustkrebs* in der Familie, davon einer vor dem 51. Lebensjahr gesteigerten Brustkrebsrisiko von bis zu ca. 1 Fall von Brustkrebs in der Familie, vor dem 36. Lebensjahr 85 %, sondern erhöhen auch das Risiko für 1 Fall von Brustkrebs und 1 Fall von Eierstockkrebs in der Familie, unabhängig vom Alter das Auftreten anderer Krebserkrankungen [2]. Für Frauen ist hierbei insbesondere 2 Fälle von Eierstockkrebs in der Familie, unabhängig vom Alter das gesteigerte Risiko für Eierstockkrebs 1 Fall von männlichem Brustkrebs in der Familie, unabhängig vom Alter (bis ca. 45 %) erwähnenswert. Männer Therapeutische Indikation haben neben einem gesteigerten Risiko für Brustkrebs auch ein erhöhtes Risiko Erfüllt, wenn zumindest einer der nachfolgenden Punkte zutrifft: für Prostatakarzinome (bis ca. 40 %) [3]. TNBC (triple negativer Brustkrebs) Für beide Geschlechter gilt außerdem eine Metastasierter, hormonrezeptor-positiver, Her2neu-negativer Brustkrebs Risikosteigerung für Pankreaskarzinome, welches aber unter 10 % liegt [4]. Eierstockkrebs * Frauen mit beidseitigem Brustkrebs zählen wie 2 Frauen mit Brustkrebs in der Familie Die Entscheidung zur Durchführung einer genetischen Abklärung auf BRCA1- und BRCA2-Mutationen hängt von der Bei Erfüllung der Kriterien sollte betroffe- ten. Beachtenswert ist hierbei, dass sich Gesamtanzahl der an Brust- und / oder nen PatientInnen bzw. deren Familienan- das Tumorspektrum der einzelnen Gene Eierstockkrebs erkrankten Personen einer gehörigen eine genetische Untersuchung voneinander unterscheidet. So führen bei- Familie ab, deren Alter zum Zeitpunkt der angeboten werden. Neben einer Analyse spielsweise Mutationen im TP53-Gen zur Ersterkrankung und deren Geschlecht. auf BRCA1- und BRCA2-Mutationen, sollte Ausprägung des Li-Fraumeni-Syndroms, Daneben werden für die Beurteilung bei Vorliegen einer familiären Indikation einem Tumorsyndrom welches unter ande- zur Durchführung einer Testung auch auch eine Abklärung auf weitere, mit rem mit einem deutlich gesteigerten Risiko noch histologische Eigenschaften sowie Brustkrebs assoziierte Gene erwogen wer- für Sarkome, Tumore der Nebennieren, therapeutische Überlegungen berück- den. Hierbei sind insbesondere die Gene Leukämien und Hirntumoren verbunden sichtigt. Die aktuell geltenden Testkrite- ATM, CHEK2, NBN, PALB2, PTEN und TP53 ist [8]. Mutationen im PTEN-Gen führen rien sind in Anlehnung an die Leitlinien erwähnenswert, welche gemeinsam mit hingegen zum sogenannten Cowden- der Österreichischen Gesellschaft für BRCA1 und BRCA2 als Brustkrebskonsen- Syndrom, mit einem erhöhten Risiko für Gynäkologie und Geburtshilfe [5], der deut- susgene zusammengefasst werden und Schilddrüsenkrebs, Endometriumkarzi- schen Krebsgesellschaft [6] und den NCCN bei Vorliegen einer Indikation routinemä- nom, Nierenkrebs und Colonkarzinom. Guidelines [7] in Tabelle 1 aufgelistet. ßig zur Abklärung angeboten werden soll- Neben den Konsensusgenen sind auch CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020 5
Senologie noch die Gene CDH1, welches mit einem erwartenden Brustkrebsrisiko einer Muta- geachtet werden. Denn auch die Durchfüh- erhöhten Risiko für diffuses Magenkarzi- tion ab. Liegt eine Mutation in einem Gen rung einer genetischen Analyse alleine, nom und lobulärem Brustkrebs verbunden der Hochrisikogruppe, wird im Allgemei- wie auch natürlich die Mitteilung des ist, sowie STK11, in dem Mutationen zum nen eine Mastektomie gegenüber der Ergebnisses können mit einem hohen Auftreten des Peutz-Jeghers-Syndrom füh- brusterhaltenden Operation bevorzugt. psychischen Stress verbunden sein. Aus ren, erwähnenswert [8]. Den betroffenen Patientinnen sollte diesem Grund sollte vor der Durchführung zudem auch eine Operation der kontra- einer genetischen Diagnostik ein umfas- Je nach Gen gelten dementsprechend unter- lateralen Seite angeboten werden [5, 6, sendes humangenetisches Beratungsge- schiedliche Früherkennungsmaßnahmen, 9]. Bei Mutationen in den Genen der Mit- spräch, im Rahmen derer auch eine aus- die auf das Tumorspektrum des jeweiligen telrisikogruppe, wird hingegen eine brus- reichende psychologische Betreuung zur Gens sowie auch auf die in einer Familie terhaltende Operation angestrebt und Verfügung stehen sollte, erfolgen. aufgetretenen Tumorerkrankungen zuge- eine Operation der kontralateralen Seite schnitten sind. Für Trägerinnen einer BRCA1- nicht routinemäßig angeboten. In Einzel- Für die zukünftige Betreuung von Patien- oder BRCA2-Mutation werden ab dem 25. fällen kann jedoch, wenn sich ein erhöhtes tinnen mit Brustkrebs oder auch anderen Lebensjahr regelmäßige, jährliche Brust- Risiko aus der Familienanamnese ablei- Krebserkrankungen ist ein weiterer Anstieg MRT-Untersuchungen empfohlen, ergänzt ten lässt, die Indikation zur Mastektomie der Bedeutung der genetischen Diagnos- durch ebenfalls jährliche Mammographien der betroffenen Seite und einer Operation tik nicht nur für deren Angehörigen son- ab dem 35. Lebensjahr [5, 7]. Zusätzlich der kontralateralen Seite gestellt werden. dern vor allem auch für die Behandlung empfehlen sich ab dem 35. Lebensjahr Neben dem Einfluss auf das chirurgische der Patientinnen selbst zu erwarten. Eine halbjährliche Vaginalultraschalluntersu- Vorgehen, kann der Nachweis einer BRCA1- Auseinandersetzung mit dem Thema der chungen als Früherkennungsmaßnhame oder BRCA2-Mutation auch einen Einfluss Genetik und die gezielte Zuführung von bezüglich Eierstockkrebs. Für Männer auf die (chemo-)therapeutische Planung Patientinnen zur genetischen Diagnostik empfiehlt sich neben einer regelmäßigen haben. Bei Brustkrebspatientinnen in bei entsprechender Indikation ist für die Abtastung der Brust, die Aufnahme in die fortgeschrittenem Stadium eröffnet sich behandelnden Ärzte daher von zunehmen- Prostatakrebsfrüherkennung ab dem 40. durch den Nachweis einer BRCA1- oder der Wichtigkeit. ■ Lebensjahr. BRCA2-Mutation die Möglichkeit einer the- rapeutischen Intervention mittels PARP- Des Weiteren gelten je nach Gen auch Inhibitoren [10]. unterschiedliche Vorsorge- und Behand- lungmaßnahmen. Im Allgemeinen unter- Die Entscheidung für eine kontralaterale REFERENZEN: scheidet man zwischen einer Hochri- Mastektomie bei Patientinnnen sowie aber 1. Honrado E, Benitez J, Palacios J: The molecular pathology of hereditary breast cancer: genetic siko- und einer Mittelrisikogruppe. Zur vor allem auch die beidseitige, prophy- testing and therapeutic implications. Modern Hochrisikogruppe zählen die Gene BRCA1, laktische Mastektomie für Familienange- pathology : an official journal of the United States BRCA2, PTEN und TP53, das Risiko, an hörige kann eine große psychologische and Canadian Academy of Pathology, Inc 2005, 18(10):1305-1320. Brustkrebs zu erkranken, beträgt hier über Belastung für die Betroffenen darstellen. 2. Meindl A, Ramser J, Hauke J, Hahnen E: Genetik 40 %. Die Mittelrisikogruppe umfasst die Zu berücksichtigen ist, dass in etwa 20 % des familiären Brust- und Eierstockkrebses: Gene ATM, CHEK2, NBN und PALB2, bei der Patientinnen mit dem Ergebnis der Paneldiagnostik – Möglichkeiten und Grenzen. medgen 2015, 27:202–210. denen das Brustkrebsrisiko bei 40 % oder Mastektomie und dem daran anschlie- 3. Schörghofer D, Uyanik G, Rötzer K: Genetik des darunter liegt. Trägerinnen einer Muta- ßenden Brustaufbau unzufrieden sind Prostatakarzinoms. J Urol Urogynäkol AT 2019, tion in einem der Gene aus der Hochri- [11, 12]. Auch unter jenen Frauen, die mit 26:107–113. 4. Teller P, Kramer RK: Management of the sikogruppe sollte als prophylaktische dem Ergebnis der Mastektomie grund- asymptomatic BRCA mutation carrier. The Maßnahme die Entfernung beider Brüste sätzlich zufrieden sind, berichten etwa application of clinical genetics 2010, 3:121-131. angeboten werden [4–7]. Hierdurch kann die Hälfte von negativen Erfahrungen, 5. Singer CF, Tea MK, Pristauz G, Hubalek M, Rappaport C, Riedl CC, Helbich TH: Kurzzusammenfassung eine Risikoreduktion für das Auftreten bzw. geben an, mit für sie unerwarteten der Leitlinie zur Prävention und Früherkennung von Brustkrebs auf unter 10 % erwirkt wer- Nebenwirkungen konfrontiert worden zu von Brust- und Eierstockkrebs bei Hochrisikopatientinnen, insbesondere bei den. Zusätzlich sollte Trägerinnen einer sein [12]. Prinzipiell scheint der Anteil der Frauen aus HBOC (Hereditary Breast and BRCA1- oder BRCA2-Mutation auch eine Unzufriedenheit bei Frauen, die eine bila- Ovarian Cancer) Familien (Up-date der Leitlinie prophylaktische Entfernung der beiden terale, prophylaktische Brustoperation in aus dem Jahr 2012). Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 2016. Adnexen angeboten werden, wodurch das Anspruch nahmen, höher zu sein als bei 6. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Eierstockkrebsrisiko auf unter 1 % gesenkt von Brustkrebs betroffenen Patientinnen, Krebsgesellschaft DK, AWMF): S3-Leitlinie werden kann. Bei Vorliegen einer Mutation die sich zur kontralateralen Mastektomie Früherkennung, Diagnose, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Version 4.3. in einem Gen aus der Mittelrisikogruppe entschieden haben [12]. Für den behan- (2020, AWMF Registernummer: 032-045OL, http:// wird eine prophylaktische Operation im delnden Arzt gilt es, die Vor- und Nachteile www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/ Allgemeinen nicht empfohlen. Je nach der unterschiedlichen Behandlungsmög- mammakarzinom/ (abgerufen am: 04.09.2020)). 7. Daly BM, Pilarski R, Berry PM, Buys SS, Friedman S, Familienanamnese kann jedoch, sofern lichkeiten genau mit den Ratsuchenden Garber EJ, Hutton LM, Kauff DN, Khan S, Klein C sich aus dieser ein höheres als erwartetes zu besprechen, um eine individualisierte et al: Genetic/Familial High-Risk Assessment: Risiko ableiten lässt, eine Indikation zur und autonome Entscheidungsfindung der Breast and Ovarian, Version 3.2019. National Comprehensive Cancer Network (NCCN) 2019. prophylaktischen Operation im Einzefall Ratsuchenden zu ermöglichen. 8. Shulman LP: Hereditary breast and ovarian cancer gestellt werden. (HBOC): clinical features and counseling for Aber auch vor Einleitung einer geneti- BRCA1 and BRCA2, Lynch syndrome, Cowden syndrome, and Li-Fraumeni syndrome. Obstetrics Auch das weitere Vorgehen in der Behand- schen Diagnostik sollte bereits auf die and gynecology clinics of North America 2010, lung von bereits von Brustkrebs betrof- Auswirkung des Ergebnisses für die Rat- 37(1):109-133, Table of Contents. fenen Personen hängt vor allem vom zu suchenden und ihre Familienangehörigen 6 CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
9. Boughey JC, Attai DJ, Chen SL, Cody HS, Dietz JR, Feldman SM, Greenberg CC, Kass RB, Landercasper KORRESPONDENZADRESSEN J, Lemaine V et al: Contralateral Prophylactic Mastectomy (CPM) Consensus Statement from the American Society of Breast Surgeons: Data Dr. David Schörghofer, PhD on CPM Outcomes and Risks. Annals of surgical Zentrum für Medizinische Genetik, Hanusch Krankenhaus oncology 2016, 23(10):3100-3105. Heinrich Collin Straße 30 10. Robson ME, Tung N, Conte P, Im SA, Senkus E, Xu 1140 Wien B, Masuda N, Delaloge S, Li W, Armstrong A et al: OlympiAD final overall survival and tolerability E-Mail: hkh.medgen@oegk.at results: Olaparib versus chemotherapy treatment of physician’s choice in patients with a germline BRCA mutation and HER2-negative metastatic breast cancer. Annals of oncology : official journal of the European Society for Medical OÄ Dr. Katharina Rötzer, PhD Oncology 2019, 30(4):558-566. für Medizinische Genetik, Hanusch Krankenhaus 11. Frost MH, Schaid DJ, Sellers TA, Slezak JM, Arnold Heinrich Collin Straße 30 PG, Woods JE, Petty PM, Johnson JL, Sitta DL, McDonnell SK et al: Long-term satisfaction and 1140 Wien psychological and social function following E-Mail: hkh.medgen@oegk.at bilateral prophylactic mastectomy. Jama 2000, 284(3):319-324. 12. Altschuler A, Nekhlyudov L, Rolnick SJ, Greene SM, Elmore JG, West CN, Herrinton LJ, Harris EL, Fletcher SW, Emmons KM et al: Positive, negative, Prim. Univ. Prof. Dr. Gökhan Uyanik and disparate--women’s differing long-term Zentrum für Medizinische Genetik, Hanusch Krankenhaus psychosocial experiences of bilateral or contralateral prophylactic mastectomy. The Heinrich Collin Straße 30 breast journal 2008, 14(1):25-32. 1140 Wien E-Mail: hkh.medgen@oegk.at DCIS Autorinnen: Dr. Kerstin Wimmer, Dr. Veronika Riegler, Wien Das duktale Carcinoma in situ (DCIS) ist eine proliferative Veränderung des Brustdrüsengewebes, die sich auf die Milchgänge beschränkt ohne die Basalmembran zu durchbrechen. Daher verfügt das DCIS nicht über die Fähigkeit zu metastasieren. Häufig wird es als Brustkrebsvorstufe bezeichnet, es stellt allerdings eine sogenannte nicht-obligate Vorläufer-Läsion dar. In Österreich steigt die Inzidenz des DCIS jährlich an. Dies ist aufgrund der steigenden Screeningzahlen sowie der steigenden Akzeptanz der Gesellschaft gegenüber Vorsorgeuntersuchungen zu erklären. Im Jahr 2016 entsprachen 17,5 % aller Mammakarzinome einem DCIS. Die Risikofaktoren decken sich mit jenen des Mammakarzinoms, wobei das Alter einen der wichtigsten Risikofaktoren beim DCIS darstellt1. Die höchste Inzidenz dieser Erkrankung findet sich zwischen dem 70. und 79. Lebensjahr. Das DCIS – Begriffserklärung invasiven Mammakarzinom nach Erlangen reich entsprachen laut Statistik Austria im Die Abkürzung DCIS steht für duktales Carci- der Invasivität dieselben tumorbiologischen Jahre 2016 17,5 % der Mammakarzinome noma in situ. Bereits der Name beschreibt, Charakteristika (Rezeptorstatus, Grading, einem DCIS2. Eine Reduktion der invasi- dass sich die Zellveränderungen der Epi- Proliferationsmarker sowie spezifische ven Fälle findet sich dadurch allerdings thelzellen auf die Milchgänge beschränken Mutationen) gefunden werden können, wie nicht. Dies lässt sich am ehesten dadurch und die Basalmembran lichtmikroskopisch in dem zuvor vorliegenden DCIS. erklären, dass das DCIS zwar als eine Prä- nicht durchbrochen wird. Somit sind die Kri- kanzerose gilt, allerdings nur ein kleiner terien zur Invasivität nicht erfüllt und dem Das DCIS wird anhand seiner Morphologie Anteil in ein invasives, klinisch manifestes DCIS fehlt daher die Fähigkeit zur Meta- in niedrige (low grade), mittlere (interme- Mammakarzinom übergegangen wäre. stasenbildung. Trotz alledem stellt das diate) und hohe (high grade) Kernmaligni- DCIS eine nicht-obligate Precursor-Läsion tät eingeteilt. Diese Einteilung erlaubt ein Die Risikofaktoren, die zur Entstehung des invasiven Brustkrebs dar. Das traditi- Einschätzen der Aggressivität des Tumors eines DCIS beitragen, decken sich größ- onelle Entstehungsmodell nach Wellings tenteils mit jenen des Mammakarzinoms. und Jensen geht von einer Progression von Epidemiologie und Risikofaktoren Hier steht vor allem der Risikofaktor Alter im normalem Brustdrüsengewebe über die aty- Mit Zunahme der Vorsorgeuntersuchun- Vordergrund. Positive Familienanamnese, pische duktale Hyperplasie (= ADH) sowie gen sowie der Akzeptanz der Gesellschaft Nulliparität sowie eine erhöhte Brustdichte das DCIS in ein invasives Karzinom aus. Für gegenüber Screening-Maßnahmen steigt werden in der Literatur als weitere Risiko- diese Theorie spricht, dass oftmals in dem auch die Inzidenz des DCIS an. In Öster- faktoren beschrieben1. Die Einnahme von CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020 7
Senologie Hormonersatzpräparaten dürfte aber nicht gere Raten an Tumor-Upgrading in der end- zeigte eine Studie, dass in etwa 1,9 % der mit der Entstehung eines DCIS in Zusam- gültigen Histologie des Operationspräpara- Fälle positive Lymphknoten im Sinne einer menhang stehen1. tes. Ein systematischer Review berichtet, übersehenen Invasivität in der Brust aufge- dass sich in circa 15 % der endgültigen Ope- funden werden können17. In diesen Fällen Symptome rationspräparate von initial bioptisch verifi- sollte der Operation eine Sentinellymphkno- Da das DCIS in vielen Fällen als Zufallsbe- zierten intraduktalen Karzinomen invasive tenbiopsie folgen. Im Großteil der Fälle ist fund in der Vorsorgeuntersuchung diagnos- Zellen nachweisen lassen. Der Prozentsatz dies möglich, nicht jedoch bei einer primär tiziert wird, berichten die Patientinnen zu rangiert je nach Biopsie-Technik zwischen durchgeführten Mastektomie. Ist eine Mas- diesem Zeitpunkt über keine Symptome. 13 % (vakuumassistierte Biopsie) bis 35,5 % tektomie indiziert, so ist eine SLNB in der (ultraschall-gezielte Stanzbiopsie) 9. gleichen Operation in Erwägung zu ziehen 16. In wenigen Fällen präsentieren sich die Patienten bereits initial mit Schmerzen, Eine Clipmarkierung im Rahmen der Biopsie Adjuvant einem auffälligen Palpationsbefund oder erleichtert das Auffinden der Läsion bzw. die Rezidivrisiko einer Sekretion aus der Mamille. präoperative Drahtmarkierung des Herdes und soll deshalb routinemäßig erfolgen. Ein höheres Rezidivrisiko ist in der Litera- Diagnostik tur für größere DCIS-Herde, für Tumore mit 90 bis 95 % aller DCIS werden heute im Therapie höherem pathologischen Grading sowie Rahmen einer Vorsorgemammographie Brusterhaltende Operation beim Vorhandensein von Comedonekro- entdeckt3. Pathognomonisch ist dabei das sen beschrieben18,19. Gleichzeitig steigt in Vorliegen von pleomorph-grobkörnigen, Ziel der Therapie ist das Vermeiden einer diesen Fällen nicht nur das Risiko für ein typischerweise linear-verästelt bzw. seg- Progression zur Invasivität und der damit Rezidiv, sondern auch das Risiko für einen mental-linear angeordneten Verkalkungen verbundenen Morbidität sowie Mortalität invasiven Herd. Um das Risiko hierfür zu oder feingranulären Verkalkungen, die in eines invasiven Mammakarzinoms. senken, hat die Strahlentherapie sowie die Haufen angeordnet sind. Bei hohem Kern- antiendokrine Therapie eine wichtige Rolle malignitätsgrad treten häufig Comedone- Da die brusterhaltende Therapie (BET) im im adjuvanten Setting eingenommen. krosen auf, die typischerweise verkalken Vergleich zur Mastektomie mit einer nur und radiologisch gut detektierbar sind. minimal höheren brustkrebsspezifischen Adjuvante Strahlentherapie Vergrößerungsmammographien können in 10-Jahres-Mortalität einhergeht, ist die BET der Diagnostik und Beurteilung von Mikro- das Mittel der Wahl zur operativen Sanie- Das Risiko für das Rezidiv eines DCIS oder kalzifikationen hilfreich sein. In 6 bis 47 % rung eines intradukalen Karzinoms (brust- das Auftreten eines invasiven Herdes lässt aller intraduktalen Karzinome sind aller- krebsspezifische 10-Jahres-Mortalität: BET: sich mit Hilfe der adjuvanten Radiothera- dings keine Mikrokalzifikationen aufzufin- 1,1 bis 1,9 % 10,11,12; ablative Verfahren 0 bis pie nach brusterhaltender Operation um den 4. Zusätzlich gibt es Überschneidungen 3,7 % 13,14,15). bis zu 55 % verringern. Dies konnte in den mit gutartigen Veränderungen. Nur in etwa beiden Studien NSABP-17 20 und European einem Drittel der Fälle steckt hinter einer In den aktuellen S3-Guidelines des Jahres Organization for Research and Treatment of suspekten Mikrokalzifikation auch ein DCIS. 2020 16 ist die vollständige chirurgische Cancer (EORTC) randomized phase III trial Exzision mit einem 2 mm breiten, tumor- 10853 21 gezeigt werden. Neben der Verbes- Die Sonographie spielt bei der Diagnostik freien Resektionsrand mit einem Evidenz- serung des rezidivfreien Überlebens lässt des DCIS keine wesentliche Rolle. level (LoE) IIb empfohlen. sich allerdings kein positiver Effekt auf die brustkrebsspezifische Mortalität bzw. die Eine deutlich höhere Sensitivität als die Mastektomie Gesamtmortalität der Patientinnen finden. Mammographie weist die Magnetreso- Im Falle eines low-grade DCIS und der damit nanztomographie auf 5. Die Spezifität der Die Mastektomie stellt nur in Ausnahme- verbunden geringen Morbidität und Morta- Untersuchung schwankt allerdings zwi- fällen die Therapie der Wahl dar. Ist das lität, sollte der Nutzen der Radiotherapie schen 37 und 97 % 6–8. Aufgrund der gerin- Größenverhältnis von Tumor zur Brust- mit ihren möglichen Nebenwirkungen abge- geren Spezifität kommt es regelmäßig zu größe unvorteilhaft, ist mittels Ablatio und wogen werden. Die Entscheidung sollte in Überdiagnostik. Bei multizentrischen Her- (Sofort-) Rekonstruktion ein kosmetisch Abhängigkeit vom individuellen Risikoprofil den, okkulter Invasion oder zur Größenbe- besseres Ergebnis zu erzielen. Eine Mast- getroffen werden (LoE Ia) 16. stimmung ausgedehnter Läsionen spielt ektomie kann auch im Falle mehrfach posi- die MRT Untersuchung aber eine wichtige tiver Schnittränder trotz Nachresektion, bei Adjuvante endokrine Therapie Rolle. Bei radiologisch dichter Brust (ACR 3 Multizentrizität, diffusem Mikrokalk oder und 4) erscheint die Diagnostik mittels MRT bei Vorliegen einer Kontraindikation gegen Auch die adjuvante endokrine Therapie kann der Mammographie ebenfalls überlegen5. die adjuvante Bestrahlung bei high-risk- das Rezidivrisiko für ein DCIS nach bruster- Läsionen, in Erwägung gezogen werden. haltender Operation weiter senken. In der Biopsie NSABP-24 Studie wurden Patientinnen mit Präoperativ ist eine Biopsie zur Diagnose- Sentinel-Lymphknoten-Biopsie und DCIS nach brusterhaltender Operation zur sicherung empfohlen. Hierfür eignen sich Axilladissektion adjuvanten Radiotherapie mit begleitender beispielsweise vakuumassistierte Biopsie- Tamoxifentherapie oder zur RT und Placebo methoden. Das Vorhandensein invasiver Definitionsgemäß ist die Metastasierung randomisiert. Die kumulative 15-Jahres- Tumoranteile kann so mit großer Sicherheit bei einem duktalen Karzinom der Brust auf- Brustkrebsmortalität war mit 2,3 % für die ausgeschlossen werden. Im Vergleich zu grund der Tumorbiologie nicht möglich, wes- Gruppe der Patientinnen mit adjuvanter rein stereotaktischen Stanzbiopsien zeigen halb eine Sentinellymphknotenbiopsie im Strahlen- sowie antihormoneller Therapie sich bei vakuumassistierten Biopsien gerin- Allgemeinen nicht empfohlen wird. Dennoch am niedrigsten im Vergleich zu jenen Patien- 8 CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
tinnen, die entweder nur operiert oder ope- nicht operiert. In beiden Studienarmen ist 7. Morakkabati-Spitz N, Leutner C, Schild H, et al. Diagnostic usefulness of segmental and linear riert und bestrahlt wurden. Die Hinzugabe die Einnahme einer anti-endokrinen The- enhancement in dynamic breast MRI. Eur Radiol 2005; von Tamoxifen brachte demnach im Ver- rapie erlaubt. Der primäre Endpunkt ist die 15: 2010–7. gleich zur Operation plus Bestrahlung eine Rate an ipsilateralem, invasiven Brustkrebs 8. Liberman L, Morris EA, Dershaw DD, et al. Ductal enhancement on MR imaging of the breast. Am J Verbesserung des brustkrebsspezifischen in beiden Gruppen 23. Roentgenol 2003; 181: 519–25. Überlebens, die Risikoreduktion hinsichtlich 9. Bruening W, Fontanarosa J, Tipton K, Treadwell nicht-invasivem Brustkrebsrezidivrisiko ver- Zusammenfassung JR, Launders J, Schoelles K. Systematic review: comparative effectiveness of core-needle and open blieb allerdings nicht-signifikant. Das Risiko Aufgrund zunehmender Anzahl an Scree- surgical biopsy to diagnose breast lesions. Ann Intern für das Auftreten eines kontralateralen, inva- ninguntersuchungen kam es in den letzten Med. 2010 Feb 16;152(4):238-46. doi: 10.7326/0003- 4819-152-1-201001050-00190. Epub 2009 Dec 14. siven Mammakarzinoms konnte aber durch Jahren zu einer steigenden Inzidenz des 10. Wärnberg F, Garmo H, Emdin S, et al. Effect of die Hinzugabe von Tamoxifen im Vergleich DCIS. Mammographie und MRT stellen die radiotherapy after breast-conserving surgery for zur Placebogruppe signifikant gesenkt wer- Grundsäulen der Diagnostik dieser Erkran- ductal carcinoma in situ: 20 years follow-up in the randomized SweDCIS trial. J Clin Oncol 2014; 32: den (HR = 0,68, 95 % CI = 0,48 – 0,95, p = kung der Brustdrüse dar. Eine präopera- 3613-2618. 0,023). Die kumulative 15-Jahres-Inzidenz tive, histologische Diagnosesicherung ist 11. Narrod SA, Iqbal J, Giannakeas V, et al. Breast Cancer für kontralateralen Brustkrebs war 7,3 % in ebenso wie die brusterhaltende Opera- Mortality After a Diagnosis of Ductal Carcinoma In Situ. JAMA Oncol 2015; 1 (7): 888-896. der Gruppe der Studienpatienten, während tion anzustreben. Im Falle ausgedehnter 12. Correa C, McGale P, Taylor C, et al. Early Breast Cancer eine Rate von 10,8 % in der Placebo-Gruppe Befunde bzw. bei Verdacht auf Invasivität Trialists’ Collaborative Group (EBCTCG): Overview gefunden wurde 22. kann die Entfernung des Sentinellymph- of the randomized trial of radiotherapy in ductal carcinoma in situ (DCIS) of the breast. J Natl Cancer knotens in Erwägung gezogen werden. Eine Inst Monogr 2010; 162–77. Aufgrund des relativ geringen Nutzens adjuvante antihormonelle und/oder Radio- 13. Ernster VL, Barclay J, Kerlikowske K, et al. Mortality sollte die Indiktion zur antihormonellen therapie ist derzeit zur Risikoreduktion among women with ductal carcinoma in situ of the breast in the population-based Surveillance Therapie individuell abgewogen werden. eines nicht-invasiven aber auch invasiven Epidemiology and End Results program. Arch Intern Rezidivs empfohlen. Ob diese Therapie bei Med 2000; 160: 953–8. Krebsvorstufe und Überdiagnostik Risikokonstellationen mit niedrigem Risiko 14. Bradley SJ, Weaver DW, Bouwman DL. Alternatives in the surgical management of in situ breast cancer: a Da das DCIS einer nicht-obligaten Vorläufer- entfallen kann, wird in derzeit laufenden meta-analysis of outcome. Am Surg 1990; 56: 428–32 Läsion des invasiven Brustkrebs entspricht, Studien untersucht. ■ 15. Silverstein MJ, Cohlan BF, Gierson ED, et al. Duct stellt sich die Frage wie aggressiv muss die- carcinoma in situ: 227 cases without microinvasion. Eur J Cancer 1992; 28: 630–4. ser im Regelfall nicht aggressive Tumor the- 16. S3-Leitlinie Mammakarzinom| Version 4.2 | rapiert werden. Bisher gibt es keine Daten REFERENZEN: Februar 2020. S.44-45. Über: https://www.awmf. dazu, welche onkologischen Ergebnisse bei 1. Beth A Virnig 1 , Todd M Tuttle, Tatyana Shamliyan, org/uploads/tx_szleitlinien/032-045OLk_S3_ Robert L Kane. Ductal carcinoma in situ of the breast: Mammakarzinom_2020-02.pdf Patientinnen erreicht werden können, die a systematic review of incidence, treatment, and 17. Veronesi P, Intra M, Vento AR, et al. Sentinel lymph keine adjuvante Therapie erhalten. Diese outcomes. J Natl Cancer Inst. 2010 Feb 3;102(3):170-8. node biopsy for localised ductal carcinoma in situ? Frage stellt sich vor allem für jene Patientin- doi: 10.1093/jnci/djp482. Epub 2010 Jan 13. Breast 2005; 14. 520–2. 2. Statistik Austria. Krebsinzidenz und Krebsmortalität in 18. Christopher I Li 1, Kathleen E Malone, Babette S nen mit einem low-grade DCIS. Das COMET Österreich. www.statistik.at. 2008. Saltzman, Janet R Daling. Risk of invasive breast trial widmet sich genau diesem Diskussi- 3. Dershaw DD, Abramson A, Kinne DW. Ductal carcinoma among women diagnosed with ductal onspunkt und wird in den nächsten Jahren carcinoma in situ: mammographic findings and carcinoma in situ and lobular carcinoma in situ, clinical implications. Radiology 1989; 170: 411–5. 1988–2001. Cancer. 2006 May 15;106(10):2104-12 Auskunft darüber liefern. Es handelt sich 4. Holland R, Hendriks JH, Vebeek AL, et al. Extent, 19. Kerlikowske K, Molinaro A, Cha I, et al. Characteristics hierbei um eine Phase III Studie, die 1200 distribution, and mammographic/histological associated with recurrence among women with Patientinnen mit einem low-grade DCIS ein- correlations of breast ductal carcinoma in situ. Lancet ductal carcinoma in situ treated by lumpectomy. J 1990; 335: 519–22. Natl Cancer Inst. 2003;95(22):1692–1702 schließen soll. Die Patientinnen werden 1:1 5. Hwang ES, Kinkel K, Esserman LJ, Lu Y, Weidner N, 20. Fisher B, Dignam J, Wolmark N, et al. Lumpectomy zu einer Therapie nach lokalen Standards Hylton NM. Magnetic resonance imaging in patients and radiation therapy for the treatment of intraductal (OP, RT, ET) oder zu aktiver Observanz diagnosed with ductal carcinoma- in-situ: value in breast cancer: findings from National Surgical the diagnosis of residual disease, occult invasion, and Adjuvant Breast and Bowel Project B-17. J Clin randomisiert. In der Gruppe der aktiven multicentricity. Ann Surg Oncol. 2003;10(4):381–388. Oncol. 1998;16(2):441–452. Observanz werden die Patientinnen bis 6. Orel SG, Mendonca MH, Reynolds C, et al. MR imaging 21. EORTC Breast Cancer Cooperative Group; EORTC of ductal carcinoma in situ. Radiology 1997; 202: Radiotherapy Group, Bijker N, Meijnen P, Peterse JL, zum bioptischen Nachweis der Invasivität 413–20. Bogaerts J, Van Hoorebeeck I, Julien JP, Gennaro M, Rouanet P, Avril A, Fentiman IS, Bartelink H, Rutgers EJ. Breast-conserving treatment with or without KORRESPONDENZADRESSE radiotherapy in ductal carcinoma-in-situ: ten-year results of European Organisation for Research and Treatment of Cancer randomized phase III trial 10853- Dr. Kerstin Wimmer -a study by the EORTC Breast Cancer Cooperative Group and EORTC Radiotherapy Group. J Clin Oncol. Medizinische Universität Wien 2006 Jul 20;24(21):3381-7. Universitätsklinik für Chirurgie © MedUni Wien / Matern 22. Wapnir IL, Dignam JJ, Fisher B, Mamounas EP, Währinger Gürtel 18–20 Anderson SJ, Julian TB, Land SR, Margolese RG, Swain SM, Costantino JP, Wolmark N.J. Long-term out- 1090 Wien comes of invasive ipsilateral breast tumor recurrenc- E-Mail: kerstin.wimmer@meduniwien.ac.at es after lumpectomy in NSABP B-17 and B-24 random- ized clinical trials for DCIS. Natl Cancer Inst. 2011 Mar 16;103(6):478-88 23. E Shelley Hwang, Terry Hyslop Thomas Lynch, OÄ Dr. Veronika Riegler Elizabeth Frank Donna Pinto, Desiree Basila, Deborah Hanusch-Krankenhaus Wien Collyar, Antonia Bennett, Celia Kaplan, Shoshana Heinrich-Collin-Straße 30 Rosenberg, Alastair Thompson, Anna Weiss, Ann Partridge. The COMET (Comparison of Operative 1140 Wien versus Monitoring and Endocrine Therapy) trial: a E-Mail: veronika.riegler@oegk@at phase III randomised controlled clinical trial for low- risk ductal carcinoma in situ (DCIS) J Open. 2019 Mar 12;9(3):e026797. CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020 9
Senologie Netzunterstützte Sofortrekonstruktion mit Implantaten nach Mastektomie Autor: P. Schrenk, Linz Die Sofortrekonstruktion der Brust ist die Wiederherstellung in Form und Größe unmittelbar nach Mastektomie. Sie hat keinen nachteiligen Einfluss auf Lokalrezidiv und Überleben, verzögert notwendige postoperative Therapien nicht, erhöht aber die Lebensqualität der Patientin und spart Kosten. Sie kann entweder mit Eigengewebe oder mit Implantaten durchgeführt werden. Die Sofortrekonstruktion mit Implantaten Operative Technik im Bereich der Inframammärfalte an die hat mit Einführung der Netze eine Renais- Die Mastektomie wird unter Erhalt des Haut- Thoraxwandfaszie genäht und kranial sance erlebt und macht derzeit etwa 80 % mantels und Areolenkomplexes (Nipple nach Einbringen des Implantates mit der der Sofortrekonstruktionen aus. (1,2) Kon- sparing mastectomy – NSM) oder mit Unterkante des Muskels vernäht (Abb. 2). traindikationen sind das inflammatorische Entfernung desselben (Skin sparing mas- Bei großer Brust mit ausgeprägter Ptosis Karzinom, eine unvollständige Entfernung tectomy – SSM) durchgeführt. Die Schnitt- wird eine hautreduzierende Mastektomie des Tumors, starke Raucher, eine vorange- führung sollte so gewählt werden, dass ein (mit / ohne Erhalt der Brustwarze, freierem gangene Radiatio (z.B. nach brusterhalten- optimaler Zugang zum Tumor und retroare- Brustwarzentransfer) durchgeführt. Dabei der Operation), ausgeprägte Adipositas und olären Bereich gegeben ist. Persönlich wird kann aus dem inferioren Hautanteil ein der- unrealistische Vorstellungen der Patientin eine Inzision lateral der Areola bevorzugt. moglandulärer Lappen geformt werden, der bezüglich des möglichen kosmetischen Die Inzision in der Inframammärfalte ist bei zusätzlich zum Netz Stabilität verleiht. Resultates. Die geplante Postmastektomie- kleiner, nicht ptotischer Brust zu präferie- bestrahlung ist eine relative Kontraindika- ren, da die resultierende Narbe kaum sicht- Tropfenförmige Implantate werden bevor- tion. Die ideale Patientin für die Operation bar ist. Dieser Zugang bietet bei größeren zugt verwendet. Neue B-Lite Implantate ist jene mit kleiner oder mittelgroßer Brust und ptotischen brüsten einen schlechteren weisen bei gleichem Volumen ein Drittel ohne oder mittelgradiger Ptosis. Zugang zum retroareolären und kranialen weniger an Gewicht auf. Brustbereich mit der Gefahr, dass entweder Die Netze Brustgewebe zurück bleibt oder die Blut- Ein intraoperativer Gefrierschnitt vom Seit etwa 15 Jahren werden Netze in der Brus- versorgung beeinträchtigt wird. Bereits vor- retroareolären Bereich kann eine Tumo- trekonstruktion mit Implantaten verwendet. handene Narben sollen in die Planung der rinfiltration der Brustwarze weitgehend (1) Sie bedecken das vor oder hinter dem Inzision miteinbezogen werden. ausschließen. Erreicht der Tumor den Brustmuskel eingebrachte Implantat, wir- Nippel-Areolenkomplex (NAC) nicht, kann ken wie ein innerer unterstützender BH und In den Hautmantel wird ein Implantat ein- dieser ohne Nachteil einer erhöhten Rezi- vermindern dadurch den Druck des Implan- gebracht und mit einem Netz in der Position divrate erhalten werden. Ist keine ausrei- tates auf die Haut. Sie erlauben eine exak- stabilisiert. Ist der Hautmantel definiert chende Blutversorgung gegeben, besteht tere Positionierung des Implantates, größere kann das Implantat ohne Netz eingebracht die Möglichkeit eines freien NAC Transfers. Implantatvolumina, eine betontere Ptosis werden. Dies birgt jedoch die Gefahr einer Eine Präkonditionierung des NAC (Abhe- und ein verbessertes kosmetisches Resul- Dislokation oder Rotation des Implantates ben von dem darunterliegenden Gewebe tat. (2) Vorbehalte bestehen hinsichtlich und direkten Druck auf den Hautmantel. (4) in Lokalnarkose) etwa 2–3 Wochen vor der der höheren Komplikationsrate und Kosten. geplanten Mastektomie kann die Durchblu- Grundsätzlich werden biologischen Materia- Wurde bisher das Implantat meistens hinter tung verbessern. lien (lebende Zellen werden durch verschie- den M. pectoralis nach Ablösen desselben dene Arbeitsschritte entfernt) aus der Haut eingebracht (subpectorale Lage), wird nun Intraoperativ wird die Qualität der Haut- von Schweinen, Rindern und verstorbener vermehrt die präpectorale Lage gewählt. lappendurchblutung mit Drucktest und Menschen von synthetischen Netzen (resor- Der Musculus pectoralis major wird dabei Indocyanid Grün Test auf Vitalität beurteilt bierbar oder nicht resorbierbar) unterschie- nicht abgelöst, was mit wesentlich gerin- und schlecht durchblutete Areale entfernt. den. Netze fungieren als Baugerüst, welche geren Schmerzen und einem natürlicheren Der Sentinel Lymphknoten wird über den das Implantat umhüllen. Sie werden von kör- kosmetischen Resultat verbunden ist. Das Zugang zur Mastektomie entfernt. Intra- pereigenem Gewebe durchwachsen und ver- Implantat wird komplett oder partiell in operativ erhält die Patientin eine antibio- leihen so Stabilität. Diese ist vor allem in der ein Netz eingehüllt und mit Nähten kranial tische Abschirmung und zumindest eine ersten Phase nach der Operation erwünscht, und lateral fixiert. (Abb. 1) Voraussetzung Saugdrainage. Die Entlassung erfolgt mit um die ausgedünnten Mastektomielappen ist ein gut durchbluteter Hautlappen. Eine liegender Drainage, die entfernt wird, wenn vor dem Druck des Implantates zu schützen retropectorale Lage des Implantates wen- an 2 aufeinanderfolgenden Tagen weniger und eine Hautnekrose zu vermeiden. (3) den wir bei kleinen, nicht ptotischen Brüs- als 20cc gefördert werden. Unmittelbar Die Netze unterscheiden sich hinsichtlich ten an, da sich bei diesen ein präpectoral postoperativ wird ein Stütz BH ohne Gurt Verträglichkeit, biomechanischen Eigen- plaziertes Implantat kosmetisch ungünstig angelegt. Operationen zur angleichenden schaften, Integration und Kosten. Das ideale unter der Haut abzeichnet. Dabei wird der Symmetrie erfolgen in gleicher Operation Netz sollte formbar, aber mechanisch stabil, M. pectoralis major im inferioren Bereich oder besser ab 6 Monate danach. rasch integrierbar und preisgünstig sein. von der Thoraxwand abgetrennt, das Netz 10 CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
vermeiden. Größere Defekte erfordern eine Entfernung von Netz und Implantat und Ersatz mit autologem Gewebe. Ein Wechsel der präpectoralen Lage nach retropectoral erfolgt bei Hautnekrosen, schlechter Kosmetik (sichtbares Rippling bei dünnem Hautlappen) oder Kapselfib- rose. Die Lageveränderung von retro- nach präpectoral kann bei störender Animation (Mitbewegung des Musculus pectoralis Abb. 1: Präpektorale Implantatlage bei major) erfolgen. Abb. 2: Retropektorale Implantatlage nach NSM. Das hautreduzierender NSM. Das Implantat ist komplett in Netz ist in an der Thoraxwand und am Unterrand des ein TIGRR Netz gehüllt. M. pectoralis major fixiert. Die vorbestrahlte Brust ist auf Grund der hohen Rate an Wundnekrosen mit Verlust des Implantates und des meist schlechten kosmetischen Ergebnisses eine Kontraindi- kation zur Sofortrekonstruktion mit Implan- taten. (5) Ist eine Postmastektomiebestrah- lung geplant ist mit einer erhöhte Rate an Kapselfibrosen (17–70 %), Wundnekrosen (bis 50 %), Implantatverlusten (20–50 %) und schlechter Kosmetik zu rechnen. Im eigenen Patientengut lag die Rate an Implantatverlusten nach vorangegangener Radiatio bei 18,4 %, verglichen mit 3,5 %, Abb. 3: 54 jährige Patientin mit einem multizentrischem Karzinom der rechten Brust. SSM mit retropektoraler wenn keine Radiatio erfolgte. Kann eine Sofortrekonstruktion mit Implantat und Netz a) präoperativ b) Postoperatives Ergebnis. Nippel-Areolen Rekonstruktion rechts. Auf Grund eines Malignoms der linken Brust wurde 1 Jahr nach Erstoperation eine Bestrahlung nach Mastektomie nicht aus- hautreduzierende NSM mit Implantatrekonstruktion in retropectoraler Lage durchgeführt. geschlossen werden und wird dennoch eine Sofortrekonstruktion gewünscht, scheint die Verwendung polyurethanbeschichteter Implantate, Lipofilling vor Bestrahlung und die präpectorale Plazierung des Implanta- tes günstig zu sein. (6) Eigene Zahlen Von März 2008 bis Juni 2020 wurde an unserer Abteilung bei 724 Patienten eine Sofortrekonstruktion mit Implantat durch- geführt (Malignom 459, Hochrisiko 265; NSM 398, SSM 326; mit Netz 674, ohne Abb. 4: 67 jährige Patientin, Mammakarzinom links. Sofortrekonstruktion mit Implantat und Netz in präpektoraler Netz 50). In 5,4 % (Hochrisiko) bzw. 6,1 % Lage über einen Schnitt in der Inframammärfalte. a) präoperativ b) postoperatives Ergebnis nach 6 Jahren (Tumor) musste das Implantat wieder ent- fernt werden, wobei sich hier eine deutliche Komplikationen ptotischen Brüsten, schweren Implantaten Lernkurve zeigte (OP Technik, Erfahrung, Eine strenge Patientenselektion und sorg- (> 500cc), vorangegangene Radiatio und Patientenselektion). (Abb. 3, 4) fältige Operationstechnik minimieren das zu starker Ausdünnung des subdermalen Auftreten möglicher Komplikationen. Die Gefäßplexus. Während eine oberflächliche Zusammenfassung schwerwiegendste Komplikation ist eine Nekrose ein Zuwarten unter antibiotischer Die Qualität des Hautmantels nach Mastek- Minderdurchblutung des Mastektomielap- Abschirmung erlaubt, sollte eine Vollhaut- tomie und eine strenge Patientenselek- pens, die zur Nekrose und zum Verlust des nekrose frühzeitig exzidiert und auf ein tion sind entscheidend für den Erfolg Implantates führen kann. Das Risiko dafür kleineres Implantat gewechselt werden, einer Sofortrekonstruktion mit Implantat. ist erhöht bei Rauchern, Adipositas, großen um einen Totalverlust des Implantates zu Bedingt durch die individuelle Behandlung fehlen prospektiv randomisierte Daten, die die operative Technik, Implantatlage, Netze KORRESPONDENZADRESSE und Komplikationen vergleichen. ■ Univ. Doz. Dr. Peter Schrenk REFERENZEN: BrustkompetenzZentrum – Chirurgie 2, 1. Breuing K.H. (2005): Ann PLast Surg 55(3): 232-239. Kepleruniklinikum, Med Campus III. 2. Cabalag M.S. et al. (2016): Gland Surg 5(2): 158-73. Krankenhausstrasse 9 3. Novitsky Y.W. (2012): Plast Reconstr Surg 130 (suppl 2):9s-17s. 4021 Linz 4. Macadam S.A. (2012): Can J Plast Surg 20(2): 75-89. 5. Potter S. et al. (2019): Lancet Oncol 20(2):254-66. E-Mail: Peter.schrenk@kepleruniklinikum.at 6. Sinnott C.J. et al. (2018): Ann Surg Oncol 25(10):2899-2908. CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020 11
How I do it How I do it – Leberchirurgie/Leberresektion Auswahl von Patienten, Testung der Leberfunktion, potentielle Hypertrophiemassnahmen, Zugang, Resektion/Dissektion Autoren: T. Gruenberger, T. Hoblaj, V. Mazari, P. Jonas, Wien Patientenauswahl, Pringle Manöver „fit“ für eine Leberresektion Die Unterbindung des arteriellen und por- Neben der Bild gebenden Resektabilität ist talvenösen Zustroms zur Leber wird indi- die Komorbidität ein wesentlicher Faktor, viduell angewandt. Die Anlage erfolgt mit der die Operabilität definiert. Die heute einem Mersilene Band, das mit Hilfe eines seltene Kontraindikation für eine grosse Plastik-Tourniquet intermittierend zugezo- Leberresektion ist praktisch nie basierend gen wird. Die übliche Pringle Zeit beträgt auf den früher üblichen cardio-pulmonalen 15 Minuten Verschluss, 5 Minuten Reper- Komorbiditäten, sondern praktisch immer fusion. Diese Anwendung kann mehrmals im Zusammenhang mit einem metaboli- wiederholt werden. Zumeist ist ein Pringle schen Syndrom und/oder einer extensiv bei geschädigten Lebern notwendig, da es langen als palliativ geführten Chemothe- bei diesen im Rahmen der Dissektion zu rapie1. Das Alter per se stellt keine Kont- verstärkter venöser Blutung kommt, die bei raindikation dar, so ist auch eine grosse Pringle-Anwendung signifikant reduziert Resektion bei fiten 80+ Jährigen üblich. werden kann. Zugang präOP Staging Der Zugang zur Abdominalhöhle und bei Ist mittels Staging CT, die eine arterielle der Leberchirurgie zum rechten Oberbauch und portalvenöse Phase zeigt, eine poten- wird an unserem Zentrum offenen seit mitt- tielle Resektabilität gegeben, sollte jede lerweile 6 Jahren immer über eine mediane präoperative Diagnostik auch eine LeberMR Oberbauchlaparotomie etabliert. Wir haben mit Leber spezifischem Kontrastmittel Parenchym sparende Leberresektion bei multiplen diesen Zugang bei nahezu 700 Leberre- beinhalten. Mit einer MR kann sowohl bei colorectalen Lebermetastasen mit Cusa über mediane sektionen aus zwei wesentlichen Gründen Indikation Metastasenresektion als auch Laparotomie gewählt: eine deutlich frühere Mobilität der bei Primärtumoren eine deutlich bessere Patienten durch den vollständigen Erhalt Darstellung des Erkrankungsausmasses der gesamten Abdominalmuskulatur und erfolgen. Wir führen das MR unmittelbar vor Die Leberchirurgie umfasst heute ein die wesentlich geringere Rate an Narben- der Operation durch, um zB nach Indukti- breites Spektrum von Eingriffen, die klein hernien. Beim laparoskopische Zugang onschemotherapie den maximalen Benefit (=minor) bei limitierter Resektion von richtet sich die Portplazierung nach der des Downsizing zu sehen. Zusätzlich kann Metastasen sein können, aber auch sehr Lokalisation der Lebertumore und umfasst bei der Anwendung von Primovist® die Spät- gross (=major) mit Entfernung von bis zu in der Mehrzahl der Fälle 2 Zwölfer-Trokere phase als Leberfunktionsparameter heran- 80 % des originären Lebergewebes bei (für Kamera und Stapling Devices) und gezogen werden2. ausgedehnten Primärtumoren oder gros- 3–5 fünf Millimeter Trokare (für Halteinst- ser Anzahl von Metastasen. Wichtig ist zu rumente, Bipolare und Sealing Device). allererst die richtige Indikationsstellung am Leberfunktionsmessung besten im Rahmen eines interdisziplinä- Essentiell in der Auswahl von Operations- ren Tumorboards gefolgt von dem richtigen Dissektionstechnik kandidaten ist neben der suffizienten prä- Timing abhängig von vorangegangener Che- Zur Durchtrennen des Lebergewebes ver- operativen Bildgebung die Abschätzung der motherapie oder vorab notwendiger Aug- wenden wir bei allen Resektionen eine Kom- Leberfunktion. Damit kann das Ausmass mentation von initial zu kleiner Restleber. bination aus Cusa (Ultraschalldissektor), des individuell tolerierten Volumsverlust Vor allem grosse Leberchirurgie sollte in bipolarer Pinzette und einem Sealing Device, ausreichend abgeschätzt werden und die einem spezialisierten Zentrum durchge- wobei das Sealing Device zur Durchtrennen postOP Leberdysfunktion vermieden wer- führt werden, weil dort durch die Expertise von kleinen bis mittelgrossen Pedikeln ver- den. An unserem Zentrum haben wir seit 3 aller am perioperativen Setting Beteiligter wendet wird und grosse Pedikel entweder Jahren komplett von der über Jahre ange- ein Erkennen von potentiellen intraoperati- mit resorbierbarem Nahtmaterial (e.g. 4–0 wandten ICG-Clearance Messung auf die ven aber vor allem postoperativen Kompli- PDS) oder Staplern versorgt werden. Clips Limax Messung umgestellt und mit dem kationen zu jedem Zeitpunkt gegeben ist (resorbierbare) werden nur mehr in der lapa- cut-off von 315 µg/kg/h sehr gute Erfah- (Vermeiden des failure to rescue). roskopischen Leberchirurgie verwendet. rung gesammelt3. Bei schlechter initialer 12 CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
Leberfunktion kann durch ein so genanntes Wachsen des FLR induziert wird und man Zusammenfassend ist die Leberresektion Leberfasten binnen 4 Wochen eine zumeist die ZweitOP (Resektion des Tumor tra- heute im interdisziplinär trainierten Setting ausreichende Verbesserung erzielt werden. genden Leberanteils) zumeist nach 10–14 ein sicherer Eingriff geworden, bei dem die Tagen durchführen kann; dies ist deutlich onkologische Sinnhaftigkeit und das poten- früher als bei PVE, wo man zumindest 4 tielle OP-Risiko einer notwendigen Gross- Verfahren zur Volumssteigerung Wochen bis zur ausreichenden Hypertro- resektion adäquat eingeschätzt und durch Hat man früher immer die Grösse der phie des FLR warten muss. Die neueste etablierte Methoden erfolgreich reduziert notwenigen Leberresektion diskutiert, gerade international im Dragon I trial werden kann. weiss man heute dass essentiell für eine getestete Methode ist die Kombination ausreichende postOP Leberfunktion das von PVE mit gleichzeitigem Verschluss der Ausmass des verbleibenden Lebervolumen Lebervene(n) des Tumor tragenden Leber- REFERENZEN: ist. Die Grösse dieses „future liver remnant anteils, wobei hierbei die Hypertrophie des 1. Gruenberger, Th. et al. (2015): AnnOncol 26 (4): 702-08 2. Wibmer, A et al. (2013): Radiology 269 (3): 777-86 (FLR)“ ist abhängig vom der Funktion des FLR nahezu gleich schnell wie bei ALPPS 3. Stockman, M et al. (2009): AnnSurg 250 (1): 119-25 verbleibenden Leberanteils und sollte bei bei deutlich geringerer Morbidität erfolgt4. 4. Laurent, C et al. (2020): AnnSurg 272 (2): 199-205 gesunder Leber min. 25 % des Gesamt- volumens betragen, bei erkrankter oder Langzeit Chemotherapie vorbehandelter Leber (= länger als 3 Monate) 40 %. Ist das FLR kleiner gibt es aktuell 3 Methoden um KORRESPONDENZADRESSE es zu vergrößern: die längst verwendete ist sicher die simple perkutane Pfortader- Prim. Prof. Dr. Thomas Gruenberger embolisation (PVE) des zu resezierenden Abteilung Chirurgie Leberanteils; die zweite wegen ihrer initial Klinik Favoriten hohen Morbidität viel diskutierte Methode HPB-Zentrum, Wiener Gesundheitsverbund ist ALPPS, wobei bei der ErstOP zusätzlich Kundratstraße 3 zum Verschluss der Pfortader des zu rese- 1100 Wien zierenden Leberanteils die Leber in der E-Mail: tgruenberger@icloud.com intendierten Dissektionslinie gespalten wird, wodurch ein deutlich schnelleres How I do it – Leberchirurgie/Leberresektion Autor: S. Stättner, Vöcklabruck Die Leberchirurgie hat sich in den letzten taktischen Ablationsmethoden zu messen Zugang. Tumore die linksseitig lokalisiert 30 Jahren dramatisch positiv verändert. haben. sind, können auch gut über eine mediane Patientenoptimierung, verbesserte Dia- Inzision operiert werden. In letzter Zeit for- gnostik und perioperatives Management cieren wir den minimal invasiven Zugang mit enhanced recovery Programmen (ERAS) Zugang (hier ist momentan eine etwa 40 % Rate führten in der Metastasenchirurgie zu Bei der konventionellen Leberresektion machbar). fast null Mortalität (1). Im multimodalen ist aufgrund der Lage des Organs im Sub- Management entwickelte sich ein onko- phrenium und der eventuell notwendigen chirurgischer Paradigmenwechsel – es vaskulären Kontrolle vor allem bei zentral Pringle Manöver zählt, was übrig bleibt. Die klinisch größte gelegenen Tumoren ein subkostaler Zugang Die vaskuläre Kontrolle ist eine notwendige Herausforderung stellt das postoperative und Einsatz von soliden statischen Retrak- und einfache Maßnahme, die nicht nur die Leberversagen dar, welches eine breite Ver- toren notwendig. Während wir früher den Sicherheit erhöht, sondern die Resektions- laufsform aufweisen kann und bei schwe- klassischen J-shape Schnitt angewendet phase auch deutlich beschleunigen kann, ren Verläufen für über 50 % der Mortalität haben, sind wir seit einigen Jahren auf da in einem quasi blutleeren Feld operiert verantwortlich ist. Dies gilt besonders für die L-Inzision umgestiegen. Für die explo- wird. Unbeeinflusst bleibt durch eine allei- Primärtumore mit zusätzlicher Parenchym rative Phase genügt der mediane Zugang, nige „Inflow“ Kontrolle naturgemäß die Erkrankung. Methoden der quantitativen der nach Ausschluss onkologischer Inope- venöse („outflow“) Komponente, die wiede- und qualitativen Funktionsbestimmung rabilitätskriterien nach rechts subkostal rum von der Anästhesie beeinflusst werden und präoperative Volumssteigerung sind erweitert wird. Abhängig vom subkostalen kann. Weniger erfahrenen Leberchirurgen daher von besonderer praktischer Bedeu- Winkel, reicht bei weiter unterer Thorax- würde ich immer den Tourniquet um das tung. Zukünftig werden sich minimal inva- Apertur meist die Durchtrennung der Rectus Ligamentum hepatoduodenale empfehlen, sive Techniken mit perkutanen stereo- abdominis Muskulatur für einen sicheren auch in der minimal invasiven Technik. Die CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020 13
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