Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen

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Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
P.b.b. Zulassungsnummer: 05Z036134M, Verlagspostamt: 1090 Wien

Chirurgie             Mitteilungen des Berufsverbandes Österreichischer Chirurgen (BÖC)
                      und der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie (ÖGCH)

                      Mammakarzinom
                      How I do it: Leberchirurgie
                      Prävention postoperativer Wundinfektionen

                                                                                          3|2020
Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
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Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
Inhalt

     Inhalt
     4    Editorial
     5    Genetische Abklärung beim familiär bedingten Mammakarzinom
          AutorInnen: D. Schörghofer, K. Rötzer, G. Uyanik, Wien

     7    DCIS
          Autorinnen: Dr. Kerstin Wimmer, Dr. Veronika Riegler, Wien

     10   Netzunterstützte Sofortrekonstruktion
          mit Implantaten nach Mastektomie
          Autor: P. Schrenk, Linz

     12

     13
          How I do it – Leberchirurgie/Leberresektion
          Autoren: T. Gruenberger, T. Hoblaj, V. Mazari, P. Jonas, Wien

          How I do it – Leberchirurgie/Leberresektion
          Autor: S. Stättner, Vöcklabruck
                                                                                                    11
     16   How I do it – Was ist vor und während der Leberresektion zu beachten?
          Autor: M. Linecker, H. Petrowsky, Zürich

     17   Portrait
          Autorinnen: Dr. Christina Bogensperger, Innsbruck;
          Univ. Prof. Dr. Freyja-Maria Smolle-Jüttner, Graz

     18   Lebensqualität nach Mammakarzinom
          Autorin: E. Schlitter, E.Ehrenfellner-Lugstein; Vöcklabruck

     20   Prävention von postoperativen Wundinfektionen wichtiger denn je –
          Neue DFP-Fortbildung über präoperative Patientendekontamination

     22
          Autor: C. Klaus, Wien

          Rotation Teil 2
          Autor: C. Pizzera, Graz
                                                                                                   12
     ÖGCH
     24   Protokoll der Vollversammlung der
          Österreichischen Gesellschaft für Chirurgie ÖGCH
     26   Hospitation – Postdoctoral Research Fellowship
          am Toronto General Hospital
          Autorin: D. Kollmann, Wien

     30   Personalia – In Memoriam Prim. iR Dr. med. Franz Xaver Stöger
     32
                                                                                                   14
          Personalia – In Memoriam Prof. Friedrich Stelzner

     Service
     35   Termine der BÖC Akademie
     36   Terminkalender
     37   Impressum
     38   Ihre Ansprechpartner

                                                                                  CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020   3
Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
Editorial

ed
Sehr geehrte Kolleginnen!
Sehr geehrte Kollegen!

Seit Monaten bestimmt die COVID-Pandemie unseren Alltag und stellt vor allem medizinische
Einrichtungen vor Herausforderungen. Die Unsicherheit was noch kommen wird – oder auch
nicht – und die damit verbundenen politischen Entscheidungen sind für alle medizinischen
Bereich Tätigen belastend. Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung muss jedoch
für uns stets oberste Priorität haben. Dies betrifft nicht nur die ärztliche Tätigkeit, sondern
auch unseren Umgang mit sozialen Kontakten.

Seit Anbeginn der Pandemie beobachten wir die Entwicklungen sorgfältig. Obwohl zum
gegenwärtigen Zeitpunkt die Abhaltung der Tagung unter den vorgeschriebenen Auflagen
möglich wäre, haben wir uns aufgrund der neuesten Entwicklungen dazu entschlossen den
diesjährigen 20. Österreichische Chirurgentag und das 10. Forum Niedergelassener Chirurgen
im November zu verschieben. Wir möchten uns bei Ihnen, unseren Industriepartnern und
Ausstellern für Ihr Verständnis und Ihre Treue bedanken. Bitte merken Sie sich den geplanten
neuen Termin von 25. bis 27. März 2021 vor.

In der Zwischenzeit möchten wir Sie auf die bereits erfolgreich laufenden Webinare der
BÖC-Akademie hinweisen. Das aktuelle Programm bis zum Jahresende finden sie in der
heutigen Ausgabe der Zeitschrift.

Um Ihnen die Wartezeit auf den Chirurgentag zu verkürzen, wird es am 12. und 13. Novem-
ber 2020 jeweils ein Spezial-Webinar zu den Themen „Cholezystektomie“ und „Anastomosen“
geben.

Nutzen Sie diese digitalen Möglichkeiten der Fortbildung und des Netzwerkens!

Bleiben Sie gesund!

Ihr

Sebastian Roka

KORRESPONDENZADRESSE

                 Prim. Univ. Doz. Dr. Sebastian Roka
                 Präsident BÖC
                 Alser Straße 4
                 1090 Wien
                 E-Mail: sekretariat@boec.at
                 www.boec.at

4     CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
Senologie

d
Genetische Abklärung beim
familiär bedingten Mammakarzinom
AutorInnen: D. Schörghofer1, K. Rötzer1,2, G. Uyanik1,2
1
  Zentrum für Medizinische Genetik, Hanusch-Krankenhaus, Wien
2
  Medizinische Fakultät, Sigmund Freud Privatuniveristät, Wien

Der Nachweis erblich bedingter Ursachen für Brustkrebs hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Neben einer
therapeutischen Konsequenz für die von Brustkrebs betroffenen Personen, ergeben sich auch bedeutende Konsequenzen für deren
Familienangehörige. Für diese eröffnet sich die Möglichkeit eines individuellen, auf ihre genetische Prädisposition zugeschnittenen
Früherkennungsprogramms und ggf. auch vorbeugende Maßnahmen.

Man nimmt an, dass etwa 5–10 % der Brust-        Tabelle 1: Indikationen zur Einleitung einer molekulargenetischen Diagnostik auf BRCA1
krebserkrankungen eine genetische Ursa-          und BRCA2-Mutationen
che zu Grunde liegt [1, 2]. Am häufigsten fin-
den sich Mutationen in den beiden Genen         Familiäre Indikation
BRCA1 und BRCA2, die für bis zur Hälfte der
                                                Erfüllt, wenn zumindest einer der nachfolgenden Punkte zutrifft:
erblich bedingten Brustkrebsfälle verant-
wortlich sind. Mutationen in BRCA1 und          3 Fälle von Brustkrebs* in der Familie, unabhängig vom Alter
BRCA2 führen jedoch nicht nur zu einem          2 Fälle von Brustkrebs* in der Familie, davon einer vor dem 51. Lebensjahr
gesteigerten Brustkrebsrisiko von bis zu ca.    1 Fall von Brustkrebs in der Familie, vor dem 36. Lebensjahr
85 %, sondern erhöhen auch das Risiko für
                                                1 Fall von Brustkrebs und 1 Fall von Eierstockkrebs in der Familie, unabhängig vom Alter
das Auftreten anderer Krebserkrankungen
[2]. Für Frauen ist hierbei insbesondere        2 Fälle von Eierstockkrebs in der Familie, unabhängig vom Alter
das gesteigerte Risiko für Eierstockkrebs       1 Fall von männlichem Brustkrebs in der Familie, unabhängig vom Alter
(bis ca. 45 %) erwähnenswert. Männer
                                                Therapeutische Indikation
haben neben einem gesteigerten Risiko
für Brustkrebs auch ein erhöhtes Risiko         Erfüllt, wenn zumindest einer der nachfolgenden Punkte zutrifft:
für Prostatakarzinome (bis ca. 40 %) [3].       TNBC (triple negativer Brustkrebs)
Für beide Geschlechter gilt außerdem eine
                                                Metastasierter, hormonrezeptor-positiver, Her2neu-negativer Brustkrebs
Risikosteigerung für Pankreaskarzinome,
welches aber unter 10 % liegt [4].              Eierstockkrebs

                                               * Frauen mit beidseitigem Brustkrebs zählen wie 2 Frauen mit Brustkrebs in der Familie
Die Entscheidung zur Durchführung
einer genetischen Abklärung auf BRCA1-
und BRCA2-Mutationen hängt von der             Bei Erfüllung der Kriterien sollte betroffe-                ten. Beachtenswert ist hierbei, dass sich
Gesamtanzahl der an Brust- und / oder          nen PatientInnen bzw. deren Familienan-                    das Tumorspektrum der einzelnen Gene
Eierstockkrebs erkrankten Personen einer       gehörigen eine genetische Untersuchung                     voneinander unterscheidet. So führen bei-
Familie ab, deren Alter zum Zeitpunkt der      angeboten werden. Neben einer Analyse                      spielsweise Mutationen im TP53-Gen zur
Ersterkrankung und deren Geschlecht.           auf BRCA1- und BRCA2-Mutationen, sollte                    Ausprägung des Li-Fraumeni-Syndroms,
Daneben werden für die Beurteilung             bei Vorliegen einer familiären Indikation                  einem Tumorsyndrom welches unter ande-
zur Durchführung einer Testung auch            auch eine Abklärung auf weitere, mit                       rem mit einem deutlich gesteigerten Risiko
noch histologische Eigenschaften sowie         Brustkrebs assoziierte Gene erwogen wer-                   für Sarkome, Tumore der Nebennieren,
therapeutische Überlegungen berück-            den. Hierbei sind insbesondere die Gene                    Leukämien und Hirntumoren verbunden
sichtigt. Die aktuell geltenden Testkrite-     ATM, CHEK2, NBN, PALB2, PTEN und TP53                      ist [8]. Mutationen im PTEN-Gen führen
rien sind in Anlehnung an die Leitlinien       erwähnenswert, welche gemeinsam mit                        hingegen zum sogenannten Cowden-
der Österreichischen Gesellschaft für          BRCA1 und BRCA2 als Brustkrebskonsen-                      Syndrom, mit einem erhöhten Risiko für
Gynäkologie und Geburtshilfe [5], der deut-    susgene zusammengefasst werden und                         Schilddrüsenkrebs, Endometriumkarzi-
schen Krebsgesellschaft [6] und den NCCN       bei Vorliegen einer Indikation routinemä-                  nom, Nierenkrebs und Colonkarzinom.
Guidelines [7] in Tabelle 1 aufgelistet.       ßig zur Abklärung angeboten werden soll-                   Neben den Konsensusgenen sind auch

                                                                                                                    CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020    5
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Senologie

noch die Gene CDH1, welches mit einem          erwartenden Brustkrebsrisiko einer Muta-        geachtet werden. Denn auch die Durchfüh-
erhöhten Risiko für diffuses Magenkarzi-        tion ab. Liegt eine Mutation in einem Gen       rung einer genetischen Analyse alleine,
nom und lobulärem Brustkrebs verbunden         der Hochrisikogruppe, wird im Allgemei-         wie auch natürlich die Mitteilung des
ist, sowie STK11, in dem Mutationen zum        nen eine Mastektomie gegenüber der              Ergebnisses können mit einem hohen
Auftreten des Peutz-Jeghers-Syndrom füh-       brusterhaltenden Operation bevorzugt.           psychischen Stress verbunden sein. Aus
ren, erwähnenswert [8].                        Den betroffenen Patientinnen sollte              diesem Grund sollte vor der Durchführung
                                               zudem auch eine Operation der kontra-           einer genetischen Diagnostik ein umfas-
Je nach Gen gelten dementsprechend unter-      lateralen Seite angeboten werden [5, 6,         sendes humangenetisches Beratungsge-
schiedliche Früherkennungsmaßnahmen,           9]. Bei Mutationen in den Genen der Mit-        spräch, im Rahmen derer auch eine aus-
die auf das Tumorspektrum des jeweiligen       telrisikogruppe, wird hingegen eine brus-       reichende psychologische Betreuung zur
Gens sowie auch auf die in einer Familie       terhaltende Operation angestrebt und            Verfügung stehen sollte, erfolgen.
aufgetretenen Tumorerkrankungen zuge-          eine Operation der kontralateralen Seite
schnitten sind. Für Trägerinnen einer BRCA1-   nicht routinemäßig angeboten. In Einzel-        Für die zukünftige Betreuung von Patien-
oder BRCA2-Mutation werden ab dem 25.          fällen kann jedoch, wenn sich ein erhöhtes      tinnen mit Brustkrebs oder auch anderen
Lebensjahr regelmäßige, jährliche Brust-       Risiko aus der Familienanamnese ablei-          Krebserkrankungen ist ein weiterer Anstieg
MRT-Untersuchungen empfohlen, ergänzt          ten lässt, die Indikation zur Mastektomie       der Bedeutung der genetischen Diagnos-
durch ebenfalls jährliche Mammographien        der betroffenen Seite und einer Operation        tik nicht nur für deren Angehörigen son-
ab dem 35. Lebensjahr [5, 7]. Zusätzlich       der kontralateralen Seite gestellt werden.      dern vor allem auch für die Behandlung
empfehlen sich ab dem 35. Lebensjahr           Neben dem Einfluss auf das chirurgische          der Patientinnen selbst zu erwarten. Eine
halbjährliche Vaginalultraschalluntersu-       Vorgehen, kann der Nachweis einer BRCA1-        Auseinandersetzung mit dem Thema der
chungen als Früherkennungsmaßnhame             oder BRCA2-Mutation auch einen Einfluss          Genetik und die gezielte Zuführung von
bezüglich Eierstockkrebs. Für Männer           auf die (chemo-)therapeutische Planung          Patientinnen zur genetischen Diagnostik
empfiehlt sich neben einer regelmäßigen        haben. Bei Brustkrebspatientinnen in            bei entsprechender Indikation ist für die
Abtastung der Brust, die Aufnahme in die       fortgeschrittenem Stadium eröffnet sich          behandelnden Ärzte daher von zunehmen-
Prostatakrebsfrüherkennung ab dem 40.          durch den Nachweis einer BRCA1- oder            der Wichtigkeit.                         ■
Lebensjahr.                                    BRCA2-Mutation die Möglichkeit einer the-
                                               rapeutischen Intervention mittels PARP-
Des Weiteren gelten je nach Gen auch           Inhibitoren [10].
unterschiedliche Vorsorge- und Behand-
lungmaßnahmen. Im Allgemeinen unter-           Die Entscheidung für eine kontralaterale        REFERENZEN:
scheidet man zwischen einer Hochri-            Mastektomie bei Patientinnnen sowie aber        1. Honrado E, Benitez J, Palacios J: The molecular
                                                                                                  pathology of hereditary breast cancer: genetic
siko- und einer Mittelrisikogruppe. Zur        vor allem auch die beidseitige, prophy-            testing and therapeutic implications. Modern
Hochrisikogruppe zählen die Gene BRCA1,        laktische Mastektomie für Familienange-            pathology : an official journal of the United States
BRCA2, PTEN und TP53, das Risiko, an           hörige kann eine große psychologische              and Canadian Academy of Pathology, Inc 2005,
                                                                                                  18(10):1305-1320.
Brustkrebs zu erkranken, beträgt hier über     Belastung für die Betroffenen darstellen.        2. Meindl A, Ramser J, Hauke J, Hahnen E: Genetik
40 %. Die Mittelrisikogruppe umfasst die       Zu berücksichtigen ist, dass in etwa 20 %          des familiären Brust- und Eierstockkrebses:
Gene ATM, CHEK2, NBN und PALB2, bei            der Patientinnen mit dem Ergebnis der              Paneldiagnostik – Möglichkeiten und Grenzen.
                                                                                                  medgen 2015, 27:202–210.
denen das Brustkrebsrisiko bei 40 % oder       Mastektomie und dem daran anschlie-             3. Schörghofer D, Uyanik G, Rötzer K: Genetik des
darunter liegt. Trägerinnen einer Muta-        ßenden Brustaufbau unzufrieden sind                Prostatakarzinoms. J Urol Urogynäkol AT 2019,
tion in einem der Gene aus der Hochri-         [11, 12]. Auch unter jenen Frauen, die mit         26:107–113.
                                                                                               4. Teller P, Kramer RK: Management of the
sikogruppe sollte als prophylaktische          dem Ergebnis der Mastektomie grund-                asymptomatic BRCA mutation carrier. The
Maßnahme die Entfernung beider Brüste          sätzlich zufrieden sind, berichten etwa            application of clinical genetics 2010, 3:121-131.
angeboten werden [4–7]. Hierdurch kann         die Hälfte von negativen Erfahrungen,           5. Singer CF, Tea MK, Pristauz G, Hubalek M, Rappaport
                                                                                                  C, Riedl CC, Helbich TH: Kurzzusammenfassung
eine Risikoreduktion für das Auftreten         bzw. geben an, mit für sie unerwarteten            der Leitlinie zur Prävention und Früherkennung
von Brustkrebs auf unter 10 % erwirkt wer-     Nebenwirkungen konfrontiert worden zu              von Brust- und Eierstockkrebs bei
                                                                                                  Hochrisikopatientinnen, insbesondere bei
den. Zusätzlich sollte Trägerinnen einer       sein [12]. Prinzipiell scheint der Anteil der
                                                                                                  Frauen aus HBOC (Hereditary Breast and
BRCA1- oder BRCA2-Mutation auch eine           Unzufriedenheit bei Frauen, die eine bila-         Ovarian Cancer) Familien (Up-date der Leitlinie
prophylaktische Entfernung der beiden          terale, prophylaktische Brustoperation in          aus dem Jahr 2012). Österreichische Gesellschaft für
                                                                                                  Gynäkologie und Geburtshilfe 2016.
Adnexen angeboten werden, wodurch das          Anspruch nahmen, höher zu sein als bei
                                                                                               6. Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche
Eierstockkrebsrisiko auf unter 1 % gesenkt     von Brustkrebs betroffenen Patientinnen,            Krebsgesellschaft DK, AWMF): S3-Leitlinie
werden kann. Bei Vorliegen einer Mutation      die sich zur kontralateralen Mastektomie           Früherkennung, Diagnose, Therapie und
                                                                                                  Nachsorge des Mammakarzinoms, Version 4.3.
in einem Gen aus der Mittelrisikogruppe        entschieden haben [12]. Für den behan-             (2020, AWMF Registernummer: 032-045OL, http://
wird eine prophylaktische Operation im         delnden Arzt gilt es, die Vor- und Nachteile       www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/
Allgemeinen nicht empfohlen. Je nach           der unterschiedlichen Behandlungsmög-              mammakarzinom/ (abgerufen am: 04.09.2020)).
                                                                                               7. Daly BM, Pilarski R, Berry PM, Buys SS, Friedman S,
Familienanamnese kann jedoch, sofern           lichkeiten genau mit den Ratsuchenden              Garber EJ, Hutton LM, Kauff DN, Khan S, Klein C
sich aus dieser ein höheres als erwartetes     zu besprechen, um eine individualisierte           et al: Genetic/Familial High-Risk Assessment:
Risiko ableiten lässt, eine Indikation zur     und autonome Entscheidungsfindung der               Breast and Ovarian, Version 3.2019. National
                                                                                                  Comprehensive Cancer Network (NCCN) 2019.
prophylaktischen Operation im Einzefall        Ratsuchenden zu ermöglichen.                    8. Shulman LP: Hereditary breast and ovarian cancer
gestellt werden.                                                                                  (HBOC): clinical features and counseling for
                                               Aber auch vor Einleitung einer geneti-             BRCA1 and BRCA2, Lynch syndrome, Cowden
                                                                                                  syndrome, and Li-Fraumeni syndrome. Obstetrics
Auch das weitere Vorgehen in der Behand-       schen Diagnostik sollte bereits auf die            and gynecology clinics of North America 2010,
lung von bereits von Brustkrebs betrof-        Auswirkung des Ergebnisses für die Rat-            37(1):109-133, Table of Contents.
fenen Personen hängt vor allem vom zu          suchenden und ihre Familienangehörigen

6   CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
9. Boughey JC, Attai DJ, Chen SL, Cody HS, Dietz JR,
    Feldman SM, Greenberg CC, Kass RB, Landercasper
                                                         KORRESPONDENZADRESSEN
    J, Lemaine V et al: Contralateral Prophylactic
    Mastectomy (CPM) Consensus Statement from
    the American Society of Breast Surgeons: Data
                                                                         Dr. David Schörghofer, PhD
    on CPM Outcomes and Risks. Annals of surgical                        Zentrum für Medizinische Genetik, Hanusch Krankenhaus
    oncology 2016, 23(10):3100-3105.                                     Heinrich Collin Straße 30
10. Robson ME, Tung N, Conte P, Im SA, Senkus E, Xu                      1140 Wien
    B, Masuda N, Delaloge S, Li W, Armstrong A et al:
    OlympiAD final overall survival and tolerability                      E-Mail: hkh.medgen@oegk.at
    results: Olaparib versus chemotherapy
    treatment of physician’s choice in patients with
    a germline BRCA mutation and HER2-negative
    metastatic breast cancer. Annals of oncology :
    official journal of the European Society for Medical                   OÄ Dr. Katharina Rötzer, PhD
    Oncology 2019, 30(4):558-566.                                        für Medizinische Genetik, Hanusch Krankenhaus
11. Frost MH, Schaid DJ, Sellers TA, Slezak JM, Arnold                   Heinrich Collin Straße 30
    PG, Woods JE, Petty PM, Johnson JL, Sitta DL,
    McDonnell SK et al: Long-term satisfaction and                       1140 Wien
    psychological and social function following                          E-Mail: hkh.medgen@oegk.at
    bilateral prophylactic mastectomy. Jama 2000,
    284(3):319-324.
12. Altschuler A, Nekhlyudov L, Rolnick SJ, Greene
    SM, Elmore JG, West CN, Herrinton LJ, Harris EL,
    Fletcher SW, Emmons KM et al: Positive, negative,                    Prim. Univ. Prof. Dr. Gökhan Uyanik
    and disparate--women’s differing long-term                            Zentrum für Medizinische Genetik, Hanusch Krankenhaus
    psychosocial experiences of bilateral or
    contralateral prophylactic mastectomy. The                           Heinrich Collin Straße 30
    breast journal 2008, 14(1):25-32.                                    1140 Wien
                                                                         E-Mail: hkh.medgen@oegk.at

DCIS
Autorinnen: Dr. Kerstin Wimmer, Dr. Veronika Riegler, Wien

Das duktale Carcinoma in situ (DCIS) ist eine proliferative Veränderung des Brustdrüsengewebes, die sich auf die Milchgänge
beschränkt ohne die Basalmembran zu durchbrechen. Daher verfügt das DCIS nicht über die Fähigkeit zu metastasieren. Häufig
wird es als Brustkrebsvorstufe bezeichnet, es stellt allerdings eine sogenannte nicht-obligate Vorläufer-Läsion dar.

In Österreich steigt die Inzidenz des DCIS jährlich an. Dies ist aufgrund der steigenden Screeningzahlen sowie der steigenden
Akzeptanz der Gesellschaft gegenüber Vorsorgeuntersuchungen zu erklären. Im Jahr 2016 entsprachen 17,5 % aller Mammakarzinome
einem DCIS. Die Risikofaktoren decken sich mit jenen des Mammakarzinoms, wobei das Alter einen der wichtigsten Risikofaktoren
beim DCIS darstellt1. Die höchste Inzidenz dieser Erkrankung findet sich zwischen dem 70. und 79. Lebensjahr.

Das DCIS – Begriffserklärung                              invasiven Mammakarzinom nach Erlangen          reich entsprachen laut Statistik Austria im
Die Abkürzung DCIS steht für duktales Carci-             der Invasivität dieselben tumorbiologischen    Jahre 2016 17,5 % der Mammakarzinome
noma in situ. Bereits der Name beschreibt,               Charakteristika (Rezeptorstatus, Grading,      einem DCIS2. Eine Reduktion der invasi-
dass sich die Zellveränderungen der Epi-                 Proliferationsmarker sowie spezifische          ven Fälle findet sich dadurch allerdings
thelzellen auf die Milchgänge beschränken                Mutationen) gefunden werden können, wie        nicht. Dies lässt sich am ehesten dadurch
und die Basalmembran lichtmikroskopisch                  in dem zuvor vorliegenden DCIS.                erklären, dass das DCIS zwar als eine Prä-
nicht durchbrochen wird. Somit sind die Kri-                                                            kanzerose gilt, allerdings nur ein kleiner
terien zur Invasivität nicht erfüllt und dem             Das DCIS wird anhand seiner Morphologie        Anteil in ein invasives, klinisch manifestes
DCIS fehlt daher die Fähigkeit zur Meta-                 in niedrige (low grade), mittlere (interme-    Mammakarzinom übergegangen wäre.
stasenbildung. Trotz alledem stellt das                  diate) und hohe (high grade) Kernmaligni-
DCIS eine nicht-obligate Precursor-Läsion                tät eingeteilt. Diese Einteilung erlaubt ein   Die Risikofaktoren, die zur Entstehung
des invasiven Brustkrebs dar. Das traditi-               Einschätzen der Aggressivität des Tumors       eines DCIS beitragen, decken sich größ-
onelle Entstehungsmodell nach Wellings                                                                  tenteils mit jenen des Mammakarzinoms.
und Jensen geht von einer Progression von                Epidemiologie und Risikofaktoren               Hier steht vor allem der Risikofaktor Alter im
normalem Brustdrüsengewebe über die aty-                 Mit Zunahme der Vorsorgeuntersuchun-           Vordergrund. Positive Familienanamnese,
pische duktale Hyperplasie (= ADH) sowie                 gen sowie der Akzeptanz der Gesellschaft       Nulliparität sowie eine erhöhte Brustdichte
das DCIS in ein invasives Karzinom aus. Für              gegenüber Screening-Maßnahmen steigt           werden in der Literatur als weitere Risiko-
diese Theorie spricht, dass oftmals in dem               auch die Inzidenz des DCIS an. In Öster-       faktoren beschrieben1. Die Einnahme von

                                                                                                                CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020         7
Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
Senologie

Hormonersatzpräparaten dürfte aber nicht       gere Raten an Tumor-Upgrading in der end-          zeigte eine Studie, dass in etwa 1,9 % der
mit der Entstehung eines DCIS in Zusam-        gültigen Histologie des Operationspräpara-         Fälle positive Lymphknoten im Sinne einer
menhang stehen1.                               tes. Ein systematischer Review berichtet,          übersehenen Invasivität in der Brust aufge-
                                               dass sich in circa 15 % der endgültigen Ope-       funden werden können17. In diesen Fällen
Symptome                                       rationspräparate von initial bioptisch verifi-      sollte der Operation eine Sentinellymphkno-
Da das DCIS in vielen Fällen als Zufallsbe-    zierten intraduktalen Karzinomen invasive          tenbiopsie folgen. Im Großteil der Fälle ist
fund in der Vorsorgeuntersuchung diagnos-      Zellen nachweisen lassen. Der Prozentsatz          dies möglich, nicht jedoch bei einer primär
tiziert wird, berichten die Patientinnen zu    rangiert je nach Biopsie-Technik zwischen          durchgeführten Mastektomie. Ist eine Mas-
diesem Zeitpunkt über keine Symptome.          13 % (vakuumassistierte Biopsie) bis 35,5 %        tektomie indiziert, so ist eine SLNB in der
                                               (ultraschall-gezielte Stanzbiopsie) 9.             gleichen Operation in Erwägung zu ziehen 16.
In wenigen Fällen präsentieren sich die
Patienten bereits initial mit Schmerzen,       Eine Clipmarkierung im Rahmen der Biopsie          Adjuvant
einem auffälligen Palpationsbefund oder         erleichtert das Auffinden der Läsion bzw. die        Rezidivrisiko
einer Sekretion aus der Mamille.               präoperative Drahtmarkierung des Herdes
                                               und soll deshalb routinemäßig erfolgen.            Ein höheres Rezidivrisiko ist in der Litera-
Diagnostik                                                                                        tur für größere DCIS-Herde, für Tumore mit
90 bis 95 % aller DCIS werden heute im         Therapie                                           höherem pathologischen Grading sowie
Rahmen einer Vorsorgemammographie              Brusterhaltende Operation                          beim Vorhandensein von Comedonekro-
entdeckt3. Pathognomonisch ist dabei das                                                          sen beschrieben18,19. Gleichzeitig steigt in
Vorliegen von pleomorph-grobkörnigen,          Ziel der Therapie ist das Vermeiden einer          diesen Fällen nicht nur das Risiko für ein
typischerweise linear-verästelt bzw. seg-      Progression zur Invasivität und der damit          Rezidiv, sondern auch das Risiko für einen
mental-linear angeordneten Verkalkungen        verbundenen Morbidität sowie Mortalität            invasiven Herd. Um das Risiko hierfür zu
oder feingranulären Verkalkungen, die in       eines invasiven Mammakarzinoms.                    senken, hat die Strahlentherapie sowie die
Haufen angeordnet sind. Bei hohem Kern-                                                           antiendokrine Therapie eine wichtige Rolle
malignitätsgrad treten häufig Comedone-         Da die brusterhaltende Therapie (BET) im           im adjuvanten Setting eingenommen.
krosen auf, die typischerweise verkalken       Vergleich zur Mastektomie mit einer nur
und radiologisch gut detektierbar sind.        minimal höheren brustkrebsspezifischen              Adjuvante Strahlentherapie
Vergrößerungsmammographien können in           10-Jahres-Mortalität einhergeht, ist die BET
der Diagnostik und Beurteilung von Mikro-      das Mittel der Wahl zur operativen Sanie-          Das Risiko für das Rezidiv eines DCIS oder
kalzifikationen hilfreich sein. In 6 bis 47 %   rung eines intradukalen Karzinoms (brust-          das Auftreten eines invasiven Herdes lässt
aller intraduktalen Karzinome sind aller-      krebsspezifische 10-Jahres-Mortalität: BET:         sich mit Hilfe der adjuvanten Radiothera-
dings keine Mikrokalzifikationen aufzufin-       1,1 bis 1,9 % 10,11,12; ablative Verfahren 0 bis   pie nach brusterhaltender Operation um
den 4. Zusätzlich gibt es Überschneidungen     3,7 % 13,14,15).                                   bis zu 55 % verringern. Dies konnte in den
mit gutartigen Veränderungen. Nur in etwa                                                         beiden Studien NSABP-17 20 und European
einem Drittel der Fälle steckt hinter einer    In den aktuellen S3-Guidelines des Jahres          Organization for Research and Treatment of
suspekten Mikrokalzifikation auch ein DCIS.     2020 16 ist die vollständige chirurgische          Cancer (EORTC) randomized phase III trial
                                               Exzision mit einem 2 mm breiten, tumor-            10853 21 gezeigt werden. Neben der Verbes-
Die Sonographie spielt bei der Diagnostik      freien Resektionsrand mit einem Evidenz-           serung des rezidivfreien Überlebens lässt
des DCIS keine wesentliche Rolle.              level (LoE) IIb empfohlen.                         sich allerdings kein positiver Effekt auf die
                                                                                                  brustkrebsspezifische Mortalität bzw. die
Eine deutlich höhere Sensitivität als die      Mastektomie                                        Gesamtmortalität der Patientinnen finden.
Mammographie weist die Magnetreso-                                                                Im Falle eines low-grade DCIS und der damit
nanztomographie auf 5. Die Spezifität der       Die Mastektomie stellt nur in Ausnahme-            verbunden geringen Morbidität und Morta-
Untersuchung schwankt allerdings zwi-          fällen die Therapie der Wahl dar. Ist das          lität, sollte der Nutzen der Radiotherapie
schen 37 und 97 % 6–8. Aufgrund der gerin-     Größenverhältnis von Tumor zur Brust-              mit ihren möglichen Nebenwirkungen abge-
geren Spezifität kommt es regelmäßig zu         größe unvorteilhaft, ist mittels Ablatio und       wogen werden. Die Entscheidung sollte in
Überdiagnostik. Bei multizentrischen Her-      (Sofort-) Rekonstruktion ein kosmetisch            Abhängigkeit vom individuellen Risikoprofil
den, okkulter Invasion oder zur Größenbe-      besseres Ergebnis zu erzielen. Eine Mast-          getroffen werden (LoE Ia) 16.
stimmung ausgedehnter Läsionen spielt          ektomie kann auch im Falle mehrfach posi-
die MRT Untersuchung aber eine wichtige        tiver Schnittränder trotz Nachresektion, bei       Adjuvante endokrine Therapie
Rolle. Bei radiologisch dichter Brust (ACR 3   Multizentrizität, diffusem Mikrokalk oder
und 4) erscheint die Diagnostik mittels MRT    bei Vorliegen einer Kontraindikation gegen         Auch die adjuvante endokrine Therapie kann
der Mammographie ebenfalls überlegen5.         die adjuvante Bestrahlung bei high-risk-           das Rezidivrisiko für ein DCIS nach bruster-
                                               Läsionen, in Erwägung gezogen werden.              haltender Operation weiter senken. In der
Biopsie                                                                                           NSABP-24 Studie wurden Patientinnen mit
Präoperativ ist eine Biopsie zur Diagnose-     Sentinel-Lymphknoten-Biopsie und                   DCIS nach brusterhaltender Operation zur
sicherung empfohlen. Hierfür eignen sich       Axilladissektion                                   adjuvanten Radiotherapie mit begleitender
beispielsweise vakuumassistierte Biopsie-                                                         Tamoxifentherapie oder zur RT und Placebo
methoden. Das Vorhandensein invasiver          Definitionsgemäß ist die Metastasierung             randomisiert. Die kumulative 15-Jahres-
Tumoranteile kann so mit großer Sicherheit     bei einem duktalen Karzinom der Brust auf-         Brustkrebsmortalität war mit 2,3 % für die
ausgeschlossen werden. Im Vergleich zu         grund der Tumorbiologie nicht möglich, wes-        Gruppe der Patientinnen mit adjuvanter
rein stereotaktischen Stanzbiopsien zeigen     halb eine Sentinellymphknotenbiopsie im            Strahlen- sowie antihormoneller Therapie
sich bei vakuumassistierten Biopsien gerin-    Allgemeinen nicht empfohlen wird. Dennoch          am niedrigsten im Vergleich zu jenen Patien-

8   CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
Chirurgie - Berufsverband Österreichischer Chirurgen
tinnen, die entweder nur operiert oder ope-       nicht operiert. In beiden Studienarmen ist                   7. Morakkabati-Spitz N, Leutner C, Schild H, et al.
                                                                                                                                            Diagnostic usefulness of segmental and linear
                         riert und bestrahlt wurden. Die Hinzugabe         die Einnahme einer anti-endokrinen The-                          enhancement in dynamic breast MRI. Eur Radiol 2005;
                         von Tamoxifen brachte demnach im Ver-             rapie erlaubt. Der primäre Endpunkt ist die                      15: 2010–7.
                         gleich zur Operation plus Bestrahlung eine        Rate an ipsilateralem, invasiven Brustkrebs                  8. Liberman L, Morris EA, Dershaw DD, et al. Ductal
                                                                                                                                            enhancement on MR imaging of the breast. Am J
                         Verbesserung des brustkrebsspezifischen            in beiden Gruppen 23.                                            Roentgenol 2003; 181: 519–25.
                         Überlebens, die Risikoreduktion hinsichtlich                                                                   9. Bruening W, Fontanarosa J, Tipton K, Treadwell
                         nicht-invasivem Brustkrebsrezidivrisiko ver-      Zusammenfassung                                                  JR, Launders J, Schoelles K. Systematic review:
                                                                                                                                            comparative effectiveness of core-needle and open
                         blieb allerdings nicht-signifikant. Das Risiko     Aufgrund zunehmender Anzahl an Scree-                            surgical biopsy to diagnose breast lesions. Ann Intern
                         für das Auftreten eines kontralateralen, inva-    ninguntersuchungen kam es in den letzten                         Med. 2010 Feb 16;152(4):238-46. doi: 10.7326/0003-
                                                                                                                                            4819-152-1-201001050-00190. Epub 2009 Dec 14.
                         siven Mammakarzinoms konnte aber durch            Jahren zu einer steigenden Inzidenz des
                                                                                                                                        10. Wärnberg F, Garmo H, Emdin S, et al. Effect of
                         die Hinzugabe von Tamoxifen im Vergleich          DCIS. Mammographie und MRT stellen die                           radiotherapy after breast-conserving surgery for
                         zur Placebogruppe signifikant gesenkt wer-         Grundsäulen der Diagnostik dieser Erkran-                        ductal carcinoma in situ: 20 years follow-up in the
                                                                                                                                            randomized SweDCIS trial. J Clin Oncol 2014; 32:
                         den (HR = 0,68, 95 % CI = 0,48 – 0,95, p =        kung der Brustdrüse dar. Eine präopera-
                                                                                                                                            3613-2618.
                         0,023). Die kumulative 15-Jahres-Inzidenz         tive, histologische Diagnosesicherung ist                    11. Narrod SA, Iqbal J, Giannakeas V, et al. Breast Cancer
                         für kontralateralen Brustkrebs war 7,3 % in       ebenso wie die brusterhaltende Opera-                            Mortality After a Diagnosis of Ductal Carcinoma In
                                                                                                                                            Situ. JAMA Oncol 2015; 1 (7): 888-896.
                         der Gruppe der Studienpatienten, während          tion anzustreben. Im Falle ausgedehnter                      12. Correa C, McGale P, Taylor C, et al. Early Breast Cancer
                         eine Rate von 10,8 % in der Placebo-Gruppe        Befunde bzw. bei Verdacht auf Invasivität                        Trialists’ Collaborative Group (EBCTCG): Overview
                         gefunden wurde 22.                                kann die Entfernung des Sentinellymph-                           of the randomized trial of radiotherapy in ductal
                                                                                                                                            carcinoma in situ (DCIS) of the breast. J Natl Cancer
                                                                           knotens in Erwägung gezogen werden. Eine                         Inst Monogr 2010; 162–77.
                         Aufgrund des relativ geringen Nutzens             adjuvante antihormonelle und/oder Radio-                     13. Ernster VL, Barclay J, Kerlikowske K, et al. Mortality
                         sollte die Indiktion zur antihormonellen          therapie ist derzeit zur Risikoreduktion                         among women with ductal carcinoma in situ of
                                                                                                                                            the breast in the population-based Surveillance
                         Therapie individuell abgewogen werden.            eines nicht-invasiven aber auch invasiven                        Epidemiology and End Results program. Arch Intern
                                                                           Rezidivs empfohlen. Ob diese Therapie bei                        Med 2000; 160: 953–8.
                         Krebsvorstufe und Überdiagnostik                  Risikokonstellationen mit niedrigem Risiko                   14. Bradley SJ, Weaver DW, Bouwman DL. Alternatives in
                                                                                                                                            the surgical management of in situ breast cancer: a
                         Da das DCIS einer nicht-obligaten Vorläufer-      entfallen kann, wird in derzeit laufenden                        meta-analysis of outcome. Am Surg 1990; 56: 428–32
                         Läsion des invasiven Brustkrebs entspricht,       Studien untersucht.                      ■                   15. Silverstein MJ, Cohlan BF, Gierson ED, et al. Duct
                         stellt sich die Frage wie aggressiv muss die-                                                                      carcinoma in situ: 227 cases without microinvasion.
                                                                                                                                            Eur J Cancer 1992; 28: 630–4.
                         ser im Regelfall nicht aggressive Tumor the-                                                                   16. S3-Leitlinie Mammakarzinom| Version 4.2 |
                         rapiert werden. Bisher gibt es keine Daten        REFERENZEN:                                                      Februar 2020. S.44-45. Über: https://www.awmf.
                         dazu, welche onkologischen Ergebnisse bei         1. Beth A Virnig 1 , Todd M Tuttle, Tatyana Shamliyan,           org/uploads/tx_szleitlinien/032-045OLk_S3_
                                                                              Robert L Kane. Ductal carcinoma in situ of the breast:        Mammakarzinom_2020-02.pdf
                         Patientinnen erreicht werden können, die             a systematic review of incidence, treatment, and          17. Veronesi P, Intra M, Vento AR, et al. Sentinel lymph
                         keine adjuvante Therapie erhalten. Diese             outcomes. J Natl Cancer Inst. 2010 Feb 3;102(3):170-8.        node biopsy for localised ductal carcinoma in situ?
                         Frage stellt sich vor allem für jene Patientin-      doi: 10.1093/jnci/djp482. Epub 2010 Jan 13.                   Breast 2005; 14. 520–2.
                                                                           2. Statistik Austria. Krebsinzidenz und Krebsmortalität in   18. Christopher I Li 1, Kathleen E Malone, Babette S
                         nen mit einem low-grade DCIS. Das COMET              Österreich. www.statistik.at. 2008.                           Saltzman, Janet R Daling. Risk of invasive breast
                         trial widmet sich genau diesem Diskussi-          3. Dershaw DD, Abramson A, Kinne DW. Ductal                      carcinoma among women diagnosed with ductal
                         onspunkt und wird in den nächsten Jahren             carcinoma in situ: mammographic findings and                   carcinoma in situ and lobular carcinoma in situ,
                                                                              clinical implications. Radiology 1989; 170: 411–5.            1988–2001. Cancer. 2006 May 15;106(10):2104-12
                         Auskunft darüber liefern. Es handelt sich         4. Holland R, Hendriks JH, Vebeek AL, et al. Extent,         19. Kerlikowske K, Molinaro A, Cha I, et al. Characteristics
                         hierbei um eine Phase III Studie, die 1200           distribution, and mammographic/histological                   associated with recurrence among women with
                         Patientinnen mit einem low-grade DCIS ein-           correlations of breast ductal carcinoma in situ. Lancet       ductal carcinoma in situ treated by lumpectomy. J
                                                                              1990; 335: 519–22.                                            Natl Cancer Inst. 2003;95(22):1692–1702
                         schließen soll. Die Patientinnen werden 1:1       5. Hwang ES, Kinkel K, Esserman LJ, Lu Y, Weidner N,         20. Fisher B, Dignam J, Wolmark N, et al. Lumpectomy
                         zu einer Therapie nach lokalen Standards             Hylton NM. Magnetic resonance imaging in patients             and radiation therapy for the treatment of intraductal
                         (OP, RT, ET) oder zu aktiver Observanz               diagnosed with ductal carcinoma- in-situ: value in            breast cancer: findings from National Surgical
                                                                              the diagnosis of residual disease, occult invasion, and       Adjuvant Breast and Bowel Project B-17. J Clin
                         randomisiert. In der Gruppe der aktiven              multicentricity. Ann Surg Oncol. 2003;10(4):381–388.          Oncol. 1998;16(2):441–452.
                         Observanz werden die Patientinnen bis             6. Orel SG, Mendonca MH, Reynolds C, et al. MR imaging       21. EORTC Breast Cancer Cooperative Group; EORTC
                                                                              of ductal carcinoma in situ. Radiology 1997; 202:             Radiotherapy Group, Bijker N, Meijnen P, Peterse JL,
                         zum bioptischen Nachweis der Invasivität
                                                                              413–20.                                                       Bogaerts J, Van Hoorebeeck I, Julien JP, Gennaro M,
                                                                                                                                            Rouanet P, Avril A, Fentiman IS, Bartelink H, Rutgers
                                                                                                                                            EJ. Breast-conserving treatment with or without
                         KORRESPONDENZADRESSE                                                                                               radiotherapy in ductal carcinoma-in-situ: ten-year
                                                                                                                                            results of European Organisation for Research and
                                                                                                                                            Treatment of Cancer randomized phase III trial 10853-
                                           Dr. Kerstin Wimmer                                                                               -a study by the EORTC Breast Cancer Cooperative
                                                                                                                                            Group and EORTC Radiotherapy Group. J Clin Oncol.
                                           Medizinische Universität Wien                                                                    2006 Jul 20;24(21):3381-7.
                                           Universitätsklinik für Chirurgie
© MedUni Wien / Matern

                                                                                                                                        22. Wapnir IL, Dignam JJ, Fisher B, Mamounas EP,
                                           Währinger Gürtel 18–20                                                                           Anderson SJ, Julian TB, Land SR, Margolese RG, Swain
                                                                                                                                            SM, Costantino JP, Wolmark N.J. Long-term out-
                                           1090 Wien                                                                                        comes of invasive ipsilateral breast tumor recurrenc-
                                           E-Mail: kerstin.wimmer@meduniwien.ac.at                                                          es after lumpectomy in NSABP B-17 and B-24 random-
                                                                                                                                            ized clinical trials for DCIS. Natl Cancer Inst. 2011 Mar
                                                                                                                                            16;103(6):478-88
                                                                                                                                        23. E Shelley Hwang, Terry Hyslop Thomas Lynch,
                                           OÄ Dr. Veronika Riegler                                                                          Elizabeth Frank Donna Pinto, Desiree Basila, Deborah
                                           Hanusch-Krankenhaus Wien                                                                         Collyar, Antonia Bennett, Celia Kaplan, Shoshana
                                           Heinrich-Collin-Straße 30                                                                        Rosenberg, Alastair Thompson, Anna Weiss, Ann
                                                                                                                                            Partridge. The COMET (Comparison of Operative
                                           1140 Wien                                                                                        versus Monitoring and Endocrine Therapy) trial: a
                                           E-Mail: veronika.riegler@oegk@at                                                                 phase III randomised controlled clinical trial for low-
                                                                                                                                            risk ductal carcinoma in situ (DCIS) J Open. 2019 Mar
                                                                                                                                            12;9(3):e026797.

                                                                                                                                                   CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020                     9
Senologie

Netzunterstützte Sofortrekonstruktion
mit Implantaten nach Mastektomie
Autor: P. Schrenk, Linz

Die Sofortrekonstruktion der Brust ist die Wiederherstellung in Form und Größe unmittelbar nach Mastektomie. Sie hat keinen
nachteiligen Einfluss auf Lokalrezidiv und Überleben, verzögert notwendige postoperative Therapien nicht, erhöht aber die
Lebensqualität der Patientin und spart Kosten. Sie kann entweder mit Eigengewebe oder mit Implantaten durchgeführt werden.

Die Sofortrekonstruktion mit Implantaten           Operative Technik                              im Bereich der Inframammärfalte an die
hat mit Einführung der Netze eine Renais-          Die Mastektomie wird unter Erhalt des Haut-    Thoraxwandfaszie genäht und kranial
sance erlebt und macht derzeit etwa 80 %           mantels und Areolenkomplexes (Nipple           nach Einbringen des Implantates mit der
der Sofortrekonstruktionen aus. (1,2) Kon-         sparing mastectomy – NSM) oder mit             Unterkante des Muskels vernäht (Abb. 2).
traindikationen sind das inflammatorische           Entfernung desselben (Skin sparing mas-        Bei großer Brust mit ausgeprägter Ptosis
Karzinom, eine unvollständige Entfernung           tectomy – SSM) durchgeführt. Die Schnitt-      wird eine hautreduzierende Mastektomie
des Tumors, starke Raucher, eine vorange-          führung sollte so gewählt werden, dass ein     (mit / ohne Erhalt der Brustwarze, freierem
gangene Radiatio (z.B. nach brusterhalten-         optimaler Zugang zum Tumor und retroare-       Brustwarzentransfer) durchgeführt. Dabei
der Operation), ausgeprägte Adipositas und         olären Bereich gegeben ist. Persönlich wird    kann aus dem inferioren Hautanteil ein der-
unrealistische Vorstellungen der Patientin         eine Inzision lateral der Areola bevorzugt.    moglandulärer Lappen geformt werden, der
bezüglich des möglichen kosmetischen               Die Inzision in der Inframammärfalte ist bei   zusätzlich zum Netz Stabilität verleiht.
Resultates. Die geplante Postmastektomie-          kleiner, nicht ptotischer Brust zu präferie-
bestrahlung ist eine relative Kontraindika-        ren, da die resultierende Narbe kaum sicht-    Tropfenförmige Implantate werden bevor-
tion. Die ideale Patientin für die Operation       bar ist. Dieser Zugang bietet bei größeren     zugt verwendet. Neue B-Lite Implantate
ist jene mit kleiner oder mittelgroßer Brust       und ptotischen brüsten einen schlechteren      weisen bei gleichem Volumen ein Drittel
ohne oder mittelgradiger Ptosis.                   Zugang zum retroareolären und kranialen        weniger an Gewicht auf.
                                                   Brustbereich mit der Gefahr, dass entweder
Die Netze                                          Brustgewebe zurück bleibt oder die Blut-       Ein intraoperativer Gefrierschnitt vom
Seit etwa 15 Jahren werden Netze in der Brus-      versorgung beeinträchtigt wird. Bereits vor-   retroareolären Bereich kann eine Tumo-
trekonstruktion mit Implantaten verwendet.         handene Narben sollen in die Planung der       rinfiltration der Brustwarze weitgehend
(1) Sie bedecken das vor oder hinter dem           Inzision miteinbezogen werden.                 ausschließen. Erreicht der Tumor den
Brustmuskel eingebrachte Implantat, wir-                                                          Nippel-Areolenkomplex (NAC) nicht, kann
ken wie ein innerer unterstützender BH und         In den Hautmantel wird ein Implantat ein-      dieser ohne Nachteil einer erhöhten Rezi-
vermindern dadurch den Druck des Implan-           gebracht und mit einem Netz in der Position    divrate erhalten werden. Ist keine ausrei-
tates auf die Haut. Sie erlauben eine exak-        stabilisiert. Ist der Hautmantel definiert      chende Blutversorgung gegeben, besteht
tere Positionierung des Implantates, größere       kann das Implantat ohne Netz eingebracht       die Möglichkeit eines freien NAC Transfers.
Implantatvolumina, eine betontere Ptosis           werden. Dies birgt jedoch die Gefahr einer     Eine Präkonditionierung des NAC (Abhe-
und ein verbessertes kosmetisches Resul-           Dislokation oder Rotation des Implantates      ben von dem darunterliegenden Gewebe
tat. (2) Vorbehalte bestehen hinsichtlich          und direkten Druck auf den Hautmantel. (4)     in Lokalnarkose) etwa 2–3 Wochen vor der
der höheren Komplikationsrate und Kosten.                                                         geplanten Mastektomie kann die Durchblu-
Grundsätzlich werden biologischen Materia-         Wurde bisher das Implantat meistens hinter     tung verbessern.
lien (lebende Zellen werden durch verschie-        den M. pectoralis nach Ablösen desselben
dene Arbeitsschritte entfernt) aus der Haut        eingebracht (subpectorale Lage), wird nun      Intraoperativ wird die Qualität der Haut-
von Schweinen, Rindern und verstorbener            vermehrt die präpectorale Lage gewählt.        lappendurchblutung mit Drucktest und
Menschen von synthetischen Netzen (resor-          Der Musculus pectoralis major wird dabei       Indocyanid Grün Test auf Vitalität beurteilt
bierbar oder nicht resorbierbar) unterschie-       nicht abgelöst, was mit wesentlich gerin-      und schlecht durchblutete Areale entfernt.
den. Netze fungieren als Baugerüst, welche         geren Schmerzen und einem natürlicheren        Der Sentinel Lymphknoten wird über den
das Implantat umhüllen. Sie werden von kör-        kosmetischen Resultat verbunden ist. Das       Zugang zur Mastektomie entfernt. Intra-
pereigenem Gewebe durchwachsen und ver-            Implantat wird komplett oder partiell in       operativ erhält die Patientin eine antibio-
leihen so Stabilität. Diese ist vor allem in der   ein Netz eingehüllt und mit Nähten kranial     tische Abschirmung und zumindest eine
ersten Phase nach der Operation erwünscht,         und lateral fixiert. (Abb. 1) Voraussetzung     Saugdrainage. Die Entlassung erfolgt mit
um die ausgedünnten Mastektomielappen              ist ein gut durchbluteter Hautlappen. Eine     liegender Drainage, die entfernt wird, wenn
vor dem Druck des Implantates zu schützen          retropectorale Lage des Implantates wen-       an 2 aufeinanderfolgenden Tagen weniger
und eine Hautnekrose zu vermeiden. (3)             den wir bei kleinen, nicht ptotischen Brüs-    als 20cc gefördert werden. Unmittelbar
Die Netze unterscheiden sich hinsichtlich          ten an, da sich bei diesen ein präpectoral     postoperativ wird ein Stütz BH ohne Gurt
Verträglichkeit, biomechanischen Eigen-            plaziertes Implantat kosmetisch ungünstig      angelegt. Operationen zur angleichenden
schaften, Integration und Kosten. Das ideale       unter der Haut abzeichnet. Dabei wird der      Symmetrie erfolgen in gleicher Operation
Netz sollte formbar, aber mechanisch stabil,       M. pectoralis major im inferioren Bereich      oder besser ab 6 Monate danach.
rasch integrierbar und preisgünstig sein.          von der Thoraxwand abgetrennt, das Netz

10    CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
vermeiden. Größere Defekte erfordern eine
                                                                                                                  Entfernung von Netz und Implantat und
                                                                                                                  Ersatz mit autologem Gewebe.

                                                                                                                  Ein Wechsel der präpectoralen Lage nach
                                                                                                                  retropectoral erfolgt bei Hautnekrosen,
                                                                                                                  schlechter Kosmetik (sichtbares Rippling
                                                                                                                  bei dünnem Hautlappen) oder Kapselfib-
                                                                                                                  rose. Die Lageveränderung von retro- nach
                                                                                                                  präpectoral kann bei störender Animation
                                                                                                                  (Mitbewegung des Musculus pectoralis
Abb. 1: Präpektorale Implantatlage bei
                                                                                                                  major) erfolgen.
                                                          Abb. 2: Retropektorale Implantatlage nach NSM. Das
hautreduzierender NSM. Das Implantat ist komplett in      Netz ist in an der Thoraxwand und am Unterrand des
ein TIGRR Netz gehüllt.                                   M. pectoralis major fixiert.                             Die vorbestrahlte Brust ist auf Grund der
                                                                                                                  hohen Rate an Wundnekrosen mit Verlust
                                                                                                                  des Implantates und des meist schlechten
                                                                                                                  kosmetischen Ergebnisses eine Kontraindi-
                                                                                                                  kation zur Sofortrekonstruktion mit Implan-
                                                                                                                  taten. (5) Ist eine Postmastektomiebestrah-
                                                                                                                  lung geplant ist mit einer erhöhte Rate an
                                                                                                                  Kapselfibrosen (17–70 %), Wundnekrosen
                                                                                                                  (bis 50 %), Implantatverlusten (20–50 %)
                                                                                                                  und schlechter Kosmetik zu rechnen. Im
                                                                                                                  eigenen Patientengut lag die Rate an
                                                                                                                  Implantatverlusten nach vorangegangener
                                                                                                                  Radiatio bei 18,4 %, verglichen mit 3,5 %,
Abb. 3: 54 jährige Patientin mit einem multizentrischem Karzinom der rechten Brust. SSM mit retropektoraler       wenn keine Radiatio erfolgte. Kann eine
Sofortrekonstruktion mit Implantat und Netz a) präoperativ b) Postoperatives Ergebnis. Nippel-Areolen
Rekonstruktion rechts. Auf Grund eines Malignoms der linken Brust wurde 1 Jahr nach Erstoperation eine            Bestrahlung nach Mastektomie nicht aus-
hautreduzierende NSM mit Implantatrekonstruktion in retropectoraler Lage durchgeführt.                            geschlossen werden und wird dennoch eine
                                                                                                                  Sofortrekonstruktion gewünscht, scheint
                                                                                                                  die Verwendung polyurethanbeschichteter
                                                                                                                  Implantate, Lipofilling vor Bestrahlung und
                                                                                                                  die präpectorale Plazierung des Implanta-
                                                                                                                  tes günstig zu sein. (6)

                                                                                                                  Eigene Zahlen
                                                                                                                  Von März 2008 bis Juni 2020 wurde an
                                                                                                                  unserer Abteilung bei 724 Patienten eine
                                                                                                                  Sofortrekonstruktion mit Implantat durch-
                                                                                                                  geführt (Malignom 459, Hochrisiko 265;
                                                                                                                  NSM 398, SSM 326; mit Netz 674, ohne
Abb. 4: 67 jährige Patientin, Mammakarzinom links. Sofortrekonstruktion mit Implantat und Netz in präpektoraler   Netz 50). In 5,4 % (Hochrisiko) bzw. 6,1 %
Lage über einen Schnitt in der Inframammärfalte. a) präoperativ b) postoperatives Ergebnis nach 6 Jahren          (Tumor) musste das Implantat wieder ent-
                                                                                                                  fernt werden, wobei sich hier eine deutliche
Komplikationen                                            ptotischen Brüsten, schweren Implantaten                Lernkurve zeigte (OP Technik, Erfahrung,
Eine strenge Patientenselektion und sorg-                 (> 500cc), vorangegangene Radiatio und                  Patientenselektion). (Abb. 3, 4)
fältige Operationstechnik minimieren das                  zu starker Ausdünnung des subdermalen
Auftreten möglicher Komplikationen. Die                   Gefäßplexus. Während eine oberflächliche                 Zusammenfassung
schwerwiegendste Komplikation ist eine                    Nekrose ein Zuwarten unter antibiotischer               Die Qualität des Hautmantels nach Mastek-
Minderdurchblutung des Mastektomielap-                    Abschirmung erlaubt, sollte eine Vollhaut-              tomie und eine strenge Patientenselek-
pens, die zur Nekrose und zum Verlust des                 nekrose frühzeitig exzidiert und auf ein                tion sind entscheidend für den Erfolg
Implantates führen kann. Das Risiko dafür                 kleineres Implantat gewechselt werden,                  einer Sofortrekonstruktion mit Implantat.
ist erhöht bei Rauchern, Adipositas, großen               um einen Totalverlust des Implantates zu                Bedingt durch die individuelle Behandlung
                                                                                                                  fehlen prospektiv randomisierte Daten, die
                                                                                                                  die operative Technik, Implantatlage, Netze
KORRESPONDENZADRESSE                                                                                              und Komplikationen vergleichen.          ■

                    Univ. Doz. Dr. Peter Schrenk
                                                                                                                  REFERENZEN:
                    BrustkompetenzZentrum – Chirurgie 2,
                                                                                                                  1.   Breuing K.H. (2005): Ann PLast Surg 55(3): 232-239.
                    Kepleruniklinikum, Med Campus III.                                                            2.   Cabalag M.S. et al. (2016): Gland Surg 5(2): 158-73.
                    Krankenhausstrasse 9                                                                          3.   Novitsky Y.W. (2012): Plast Reconstr Surg 130 (suppl 2):9s-17s.
                    4021 Linz                                                                                     4.   Macadam S.A. (2012): Can J Plast Surg 20(2): 75-89.
                                                                                                                  5.   Potter S. et al. (2019): Lancet Oncol 20(2):254-66.
                    E-Mail: Peter.schrenk@kepleruniklinikum.at                                                    6.   Sinnott C.J. et al. (2018): Ann Surg Oncol 25(10):2899-2908.

                                                                                                                            CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020                       11
How I do it

How I do it – Leberchirurgie/Leberresektion
Auswahl von Patienten, Testung der Leberfunktion,
potentielle Hypertrophiemassnahmen, Zugang, Resektion/Dissektion

Autoren: T. Gruenberger, T. Hoblaj, V. Mazari, P. Jonas, Wien

                                                     Patientenauswahl,                              Pringle Manöver
                                                     „fit“ für eine Leberresektion                   Die Unterbindung des arteriellen und por-
                                                     Neben der Bild gebenden Resektabilität ist     talvenösen Zustroms zur Leber wird indi-
                                                     die Komorbidität ein wesentlicher Faktor,      viduell angewandt. Die Anlage erfolgt mit
                                                     der die Operabilität definiert. Die heute       einem Mersilene Band, das mit Hilfe eines
                                                     seltene Kontraindikation für eine grosse       Plastik-Tourniquet intermittierend zugezo-
                                                     Leberresektion ist praktisch nie basierend     gen wird. Die übliche Pringle Zeit beträgt
                                                     auf den früher üblichen cardio-pulmonalen      15 Minuten Verschluss, 5 Minuten Reper-
                                                     Komorbiditäten, sondern praktisch immer        fusion. Diese Anwendung kann mehrmals
                                                     im Zusammenhang mit einem metaboli-            wiederholt werden. Zumeist ist ein Pringle
                                                     schen Syndrom und/oder einer extensiv          bei geschädigten Lebern notwendig, da es
                                                     langen als palliativ geführten Chemothe-       bei diesen im Rahmen der Dissektion zu
                                                     rapie1. Das Alter per se stellt keine Kont-    verstärkter venöser Blutung kommt, die bei
                                                     raindikation dar, so ist auch eine grosse      Pringle-Anwendung signifikant reduziert
                                                     Resektion bei fiten 80+ Jährigen üblich.        werden kann.

                                                     Zugang                                         präOP Staging
                                                     Der Zugang zur Abdominalhöhle und bei          Ist mittels Staging CT, die eine arterielle
                                                     der Leberchirurgie zum rechten Oberbauch       und portalvenöse Phase zeigt, eine poten-
                                                     wird an unserem Zentrum offenen seit mitt-      tielle Resektabilität gegeben, sollte jede
                                                     lerweile 6 Jahren immer über eine mediane      präoperative Diagnostik auch eine LeberMR
                                                     Oberbauchlaparotomie etabliert. Wir haben      mit Leber spezifischem Kontrastmittel
Parenchym sparende Leberresektion bei multiplen      diesen Zugang bei nahezu 700 Leberre-          beinhalten. Mit einer MR kann sowohl bei
colorectalen Lebermetastasen mit Cusa über mediane   sektionen aus zwei wesentlichen Gründen        Indikation Metastasenresektion als auch
Laparotomie
                                                     gewählt: eine deutlich frühere Mobilität der   bei Primärtumoren eine deutlich bessere
                                                     Patienten durch den vollständigen Erhalt       Darstellung des Erkrankungsausmasses
                                                     der gesamten Abdominalmuskulatur und           erfolgen. Wir führen das MR unmittelbar vor
Die Leberchirurgie umfasst heute ein                 die wesentlich geringere Rate an Narben-       der Operation durch, um zB nach Indukti-
breites Spektrum von Eingriffen, die klein            hernien. Beim laparoskopische Zugang           onschemotherapie den maximalen Benefit
(=minor) bei limitierter Resektion von               richtet sich die Portplazierung nach der       des Downsizing zu sehen. Zusätzlich kann
Metastasen sein können, aber auch sehr               Lokalisation der Lebertumore und umfasst       bei der Anwendung von Primovist® die Spät-
gross (=major) mit Entfernung von bis zu             in der Mehrzahl der Fälle 2 Zwölfer-Trokere    phase als Leberfunktionsparameter heran-
80 % des originären Lebergewebes bei                 (für Kamera und Stapling Devices) und          gezogen werden2.
ausgedehnten Primärtumoren oder gros-                3–5 fünf Millimeter Trokare (für Halteinst-
ser Anzahl von Metastasen. Wichtig ist zu            rumente, Bipolare und Sealing Device).
allererst die richtige Indikationsstellung am                                                       Leberfunktionsmessung
besten im Rahmen eines interdisziplinä-                                                             Essentiell in der Auswahl von Operations-
ren Tumorboards gefolgt von dem richtigen            Dissektionstechnik                             kandidaten ist neben der suffizienten prä-
Timing abhängig von vorangegangener Che-             Zur Durchtrennen des Lebergewebes ver-         operativen Bildgebung die Abschätzung der
motherapie oder vorab notwendiger Aug-               wenden wir bei allen Resektionen eine Kom-     Leberfunktion. Damit kann das Ausmass
mentation von initial zu kleiner Restleber.          bination aus Cusa (Ultraschalldissektor),      des individuell tolerierten Volumsverlust
Vor allem grosse Leberchirurgie sollte in            bipolarer Pinzette und einem Sealing Device,   ausreichend abgeschätzt werden und die
einem spezialisierten Zentrum durchge-               wobei das Sealing Device zur Durchtrennen      postOP Leberdysfunktion vermieden wer-
führt werden, weil dort durch die Expertise          von kleinen bis mittelgrossen Pedikeln ver-    den. An unserem Zentrum haben wir seit 3
aller am perioperativen Setting Beteiligter          wendet wird und grosse Pedikel entweder        Jahren komplett von der über Jahre ange-
ein Erkennen von potentiellen intraoperati-          mit resorbierbarem Nahtmaterial (e.g. 4–0      wandten ICG-Clearance Messung auf die
ven aber vor allem postoperativen Kompli-            PDS) oder Staplern versorgt werden. Clips      Limax Messung umgestellt und mit dem
kationen zu jedem Zeitpunkt gegeben ist              (resorbierbare) werden nur mehr in der lapa-   cut-off von 315 µg/kg/h sehr gute Erfah-
(Vermeiden des failure to rescue).                   roskopischen Leberchirurgie verwendet.         rung gesammelt3. Bei schlechter initialer

12     CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020
Leberfunktion kann durch ein so genanntes      Wachsen des FLR induziert wird und man         Zusammenfassend ist die Leberresektion
Leberfasten binnen 4 Wochen eine zumeist       die ZweitOP (Resektion des Tumor tra-          heute im interdisziplinär trainierten Setting
ausreichende Verbesserung erzielt werden.      genden Leberanteils) zumeist nach 10–14        ein sicherer Eingriff geworden, bei dem die
                                               Tagen durchführen kann; dies ist deutlich      onkologische Sinnhaftigkeit und das poten-
                                               früher als bei PVE, wo man zumindest 4         tielle OP-Risiko einer notwendigen Gross-
Verfahren zur Volumssteigerung                 Wochen bis zur ausreichenden Hypertro-         resektion adäquat eingeschätzt und durch
Hat man früher immer die Grösse der            phie des FLR warten muss. Die neueste          etablierte Methoden erfolgreich reduziert
notwenigen Leberresektion diskutiert,          gerade international im Dragon I trial         werden kann.
weiss man heute dass essentiell für eine       getestete Methode ist die Kombination
ausreichende postOP Leberfunktion das          von PVE mit gleichzeitigem Verschluss der
Ausmass des verbleibenden Lebervolumen         Lebervene(n) des Tumor tragenden Leber-        REFERENZEN:
ist. Die Grösse dieses „future liver remnant   anteils, wobei hierbei die Hypertrophie des    1.   Gruenberger, Th. et al. (2015): AnnOncol 26 (4): 702-08
                                                                                              2.   Wibmer, A et al. (2013): Radiology 269 (3): 777-86
(FLR)“ ist abhängig vom der Funktion des       FLR nahezu gleich schnell wie bei ALPPS        3.   Stockman, M et al. (2009): AnnSurg 250 (1): 119-25
verbleibenden Leberanteils und sollte bei      bei deutlich geringerer Morbidität erfolgt4.   4.   Laurent, C et al. (2020): AnnSurg 272 (2): 199-205
gesunder Leber min. 25 % des Gesamt-
volumens betragen, bei erkrankter oder
Langzeit Chemotherapie vorbehandelter
Leber (= länger als 3 Monate) 40 %. Ist das
FLR kleiner gibt es aktuell 3 Methoden um       KORRESPONDENZADRESSE
es zu vergrößern: die längst verwendete
ist sicher die simple perkutane Pfortader-
                                                                 Prim. Prof. Dr. Thomas Gruenberger
embolisation (PVE) des zu resezierenden
                                                                 Abteilung Chirurgie
Leberanteils; die zweite wegen ihrer initial
                                                                 Klinik Favoriten
hohen Morbidität viel diskutierte Methode
                                                                 HPB-Zentrum, Wiener Gesundheitsverbund
ist ALPPS, wobei bei der ErstOP zusätzlich                       Kundratstraße 3
zum Verschluss der Pfortader des zu rese-                        1100 Wien
zierenden Leberanteils die Leber in der                          E-Mail: tgruenberger@icloud.com
intendierten Dissektionslinie gespalten
wird, wodurch ein deutlich schnelleres

How I do it – Leberchirurgie/Leberresektion
Autor: S. Stättner, Vöcklabruck

Die Leberchirurgie hat sich in den letzten     taktischen Ablationsmethoden zu messen         Zugang. Tumore die linksseitig lokalisiert
30 Jahren dramatisch positiv verändert.        haben.                                         sind, können auch gut über eine mediane
Patientenoptimierung, verbesserte Dia-                                                        Inzision operiert werden. In letzter Zeit for-
gnostik und perioperatives Management                                                         cieren wir den minimal invasiven Zugang
mit enhanced recovery Programmen (ERAS)        Zugang                                         (hier ist momentan eine etwa 40 % Rate
führten in der Metastasenchirurgie zu          Bei der konventionellen Leberresektion         machbar).
fast null Mortalität (1). Im multimodalen      ist aufgrund der Lage des Organs im Sub-
Management entwickelte sich ein onko-          phrenium und der eventuell notwendigen
chirurgischer Paradigmenwechsel – es           vaskulären Kontrolle vor allem bei zentral     Pringle Manöver
zählt, was übrig bleibt. Die klinisch größte   gelegenen Tumoren ein subkostaler Zugang       Die vaskuläre Kontrolle ist eine notwendige
Herausforderung stellt das postoperative       und Einsatz von soliden statischen Retrak-     und einfache Maßnahme, die nicht nur die
Leberversagen dar, welches eine breite Ver-    toren notwendig. Während wir früher den        Sicherheit erhöht, sondern die Resektions-
laufsform aufweisen kann und bei schwe-        klassischen J-shape Schnitt angewendet         phase auch deutlich beschleunigen kann,
ren Verläufen für über 50 % der Mortalität     haben, sind wir seit einigen Jahren auf        da in einem quasi blutleeren Feld operiert
verantwortlich ist. Dies gilt besonders für    die L-Inzision umgestiegen. Für die explo-     wird. Unbeeinflusst bleibt durch eine allei-
Primärtumore mit zusätzlicher Parenchym        rative Phase genügt der mediane Zugang,        nige „Inflow“ Kontrolle naturgemäß die
Erkrankung. Methoden der quantitativen         der nach Ausschluss onkologischer Inope-       venöse („outflow“) Komponente, die wiede-
und qualitativen Funktionsbestimmung           rabilitätskriterien nach rechts subkostal      rum von der Anästhesie beeinflusst werden
und präoperative Volumssteigerung sind         erweitert wird. Abhängig vom subkostalen       kann. Weniger erfahrenen Leberchirurgen
daher von besonderer praktischer Bedeu-        Winkel, reicht bei weiter unterer Thorax-      würde ich immer den Tourniquet um das
tung. Zukünftig werden sich minimal inva-      Apertur meist die Durchtrennung der Rectus     Ligamentum hepatoduodenale empfehlen,
sive Techniken mit perkutanen stereo-          abdominis Muskulatur für einen sicheren        auch in der minimal invasiven Technik. Die

                                                                                                       CHIRURGIE · Ausgabe 3/2020                    13
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