DAEF - Aspekte eines Standortauswahlverfahrens für ein Endlager für Wärme entwickelnde Abfälle
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DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung Aspekte eines Standortauswahlverfahrens für ein Endlager für Wärme entwickelnde Abfälle Oktober 2014
Naturwissenschaftlich-technische und sozialwissenschaftliche Aspekte eines Standortauswahl- verfahrens für ein Endlager für Wärme entwickelnde Abfälle in tiefen geologischen Formationen Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung Vorsitzender: Prof. Dr. Horst Geckeis, Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) Institut für nukleare Entsorgung Hermann-von-Helmholtz-Platz 1 76344 Eggenstein-Leopoldshafen Stellvertrender Vorsitzender: Dr. Jörg Mönig Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH Bereich Endlagersicherheitsforschung Theodor-Heuss-Straße 4 38122 Braunschweig Oktober 2014
Inhalt 1 Einleitung.................................................................................................. 2 2 Zielsetzung................................................................................................ 3 3 Vorgaben des StandAG.............................................................................. 4 4 Grundlagen für den Vergleich von Endlagerstandorten.............................. 6 4.1 Ermittlung der Basisinformationen...................................................................................... 7 4.2 Notwendigkeit von Konzeptentwicklungen........................................................................ 9 5 Prozess zur Identifizierung potenziell geeigneter Standorte.................... 10 5.1 Anforderungen an die Ausgestaltung eines Auswahlverfahrens....................................10 5.2 Beispiele für Auswahlprozesse in Europa..........................................................................14 6 Kriterien zur Identifizierung potenziell geeigneter Standorte................... 16 6.1 Herausforderungen...............................................................................................................16 6.2 Naturwissenschaftlich-technische Kriterien.....................................................................17 6.2.1 Geowissenschaftlich-technische Ausschlusskriterien......................................................17 6.2.2 Geowissenschaftlich-technische Mindestanforderungen................................................18 6.3 Sozialwissenschaftliche Kriterien.......................................................................................19 6.3.1 Perspektive des AkEnd.........................................................................................................19 6.3.2 Regelungen im Schweizer Sachplanverfahren...................................................................20 6.3.3 Einordnung der Kriterien Beteiligungsbereitschaft und Regionalentwicklung...........20 6.4 Abwägungskriterien.............................................................................................................22 6.4.1 Funktion.................................................................................................................................22 6.4.2 Geowissenschaftlich-technische und sozialwissenschaftliche Abwägungskriterien....22 6.4.3 Hierarchisierung der Abwägungskriterien........................................................................23 7 Schlussbemerkung.................................................................................. 24 Literatur..................................................................................................................................26
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung 1 Einleitung auch wissenschaftliche Fragestellungen im Hinblick auf ein Auswahlverfahren für einen Standort zur Tiefenla- Mit dem »Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standor- gerung. Die DAEF ist der Auffassung, dass die Endla- tes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioakti- gerung radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen For- ve Abfälle und zur Änderung anderer Gesetze – (Stand- mationen eine auch über sehr lange Zeiträume sichere ortauswahlgesetz – StandAG)« vom 23. Juli 2013 ist in Entsorgungsoption ist, die aus wissenschaftlicher Sicht Deutschland ein von einer breiten politischen Mehr- am besten den Ansprüchen an eine dauerhafte Lösung heit getragener Prozess gestartet worden. Er bietet gute unter Minimierung der Belastungen für zukünftige Ge- Voraussetzungen, die seit langem gesellschaftspolitisch nerationen gerecht wird. Die DAEF teilt mit anderen strittige Frage, wie zukünftig mit den in Deutschland deutschen und internationalen Gremien und Fachor- vorhandenen und bis zum Ausstieg aus der friedlichen ganisationen (z. B. Entsorgungskommission (ESK) des Nutzung der Kernenergie noch entstehenden Wärme Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau entwickelnden radioaktiven Abfällen1 umgegangen und Reaktorsicherheit (BMUB) /ESK 11/, Arbeitskreis wird, in einem wissenschaftsbasierten Verfahren zu be- Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) /AKE antworten. 02/, Europäische Kommission /EUR 11/, Kernenergie- agentur der Organisation für wirtschaftliche Zusam- In einem ersten Schritt ist gemäß StandAG die »Kom- menarbeit (OECD/NEA) /NEA 08, NEA 12/, Interna- mission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe« tionale Atomenergieorganisation (IAEO) /IAE 11/) die (Kommission) bestehend aus Vertreterinnen und Ver- Einschätzung, dass durch die geologische Tiefenlage- tretern aus der Wissenschaft, von Umweltverbänden, rung von Wärme entwickelnden Abfällen die Sicher- von Religionsgemeinschaften, von Wirtschaftsverbän- heit von Mensch und Umwelt dauerhaft nachsorgefrei den, von Gewerkschaften sowie Mitgliedern des Deut- und ohne aktive Maßnahmen gewährleistet werden schen Bundestages und von Landesregierungen im Mai kann (»passive Sicherheit«). Das vorliegende Papier 2014 konstituiert worden. Die Kommission soll andere wird sich daher schwerpunktmäßig nur mit Aspekten Möglichkeiten einer geordneten Entsorgung radioakti- dieser Option befassen. ver Abfälle als die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen betrachten sowie Vorschläge für Aus- In der öffentlichen Debatte wird darüber hinaus eine schlusskriterien und Mindestanforderungen im Hin- Reihe von anderen technischen Optionen themati- blick auf die Eignung geologischer Formationen für die siert, wie mit radioaktiven Abfällen und ausgedienten Endlagerung radioaktiver Abfälle, für Abwägungskri- Brennelementen zu verfahren ist. Dazu gehört deren terien zur Durchführung eines Standortauswahlver- langfristige Zwischenlagerung in Bauwerken an der fahrens sowie für die Einbindung der Öffentlichkeit Erdoberfläche bzw. in leicht zugänglichen Kavernen/ machen. Tunneln in geologischen Formationen. Um einen si- cheren Betrieb und dauerhaften Schutz vor einem Zu- Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung griff von Unbefugten zu gewährleisten, ist bei dieser (DAEF) ist ein Zusammenschluss von deutschen Ein- Vorgehensweise eine aktive staatliche Kontrolle der richtungen mit Forschungsaktivitäten im Bereich der Lager bis zur späteren Entscheidung, wie endgültig mit Tiefenlagerung radioaktiver Abfälle. Dazu gehören den Wärme entwickelnden radioaktiven Abfällen um- gegangen werden soll, notwendig. 1 Unter Wärme entwickelnden radioaktiven Abfällen werden ra- Die Abtrennung von langlebigen Radionukliden aus dioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung und ausgediente bestrahlten Brennelementen (Partitionierung) und de- Brennelemente verstanden. ren Umwandlung in andere Radionuklide bzw. stabile 4
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung Nuklide durch Bestrahlung in einer kerntechnischen 2 Zielsetzung Anlage (Transmutation) wird zurzeit als eine Möglich- keit diskutiert, das langfristige Gefährdungspotenzial Die DAEF möchte zu dem gemäß StandAG neu zu or- der radioaktiven Abfälle zu verringern. Bei der An- ganisierenden Verfahren für die Endlagerung Wärme wendung von Partitionierung und Transmutation ent- entwickelnder radioaktiver Abfälle in tiefen geologi- stehen erhebliche zusätzliche Mengen an nicht Wärme schen Formationen in Deutschland aufzeigen, welche entwickelnden Abfällen. Die positiven Auswirkungen wissenschaftlichen Grundlagen für die Auswahl eines auf die Langzeitsicherheit eines Endlagers für Wärme Endlagerstandorts bereits bestehen. entwickelnde Abfälle sind in internationalen und na- tionalen Studien als gering bewertet worden /FZJ 07, Dabei ist einerseits die prozedurale Gestaltung des wis- REN 14/. Der Zeitraum, für den radioaktive Abfälle senschaftsbasierten Auswahlprozesses von Bedeutung, eine Gefährdung darstellen, kann dadurch grundsätz- um den vielfältigen Anforderungen des komplexen lich nicht verkürzt werden. Verfahrens gerecht zu werden. Auf Basis des Stands der Forschung und der Erfahrungen in anderen Län- Beide hier beispielhaft aufgeführten Optionen werden dern werden Hinweise für eine entsprechende Heran- zwar häufig als mögliche Alternativen zur Endlagerung gehensweise gegeben und Herausforderungen für die in tiefen geologischen Formationen diskutiert, sie stel- Planung und Umsetzung eines Auswahlprozesses be- len aber allenfalls Zwischenschritte bis zu einer end- nannt. gültigen Entsorgungslösung dar. Am Ende wird jeweils ein geologisches Endlager für Wärme entwickelnde Ein besonderer Stellenwert kommt andererseits der Abfälle benötigt. Definition von Kriterien zum sicherheitsorientierten Ausschluss bzw. zum Vergleich von Standortregionen und Standorten zu. Dazu wird der Stand von Wissen- schaft und Technik hinsichtlich naturwissenschaftlich- technischer Kriterien2 sowie sozialwissenschaftlicher und raumplanerischer Belange zusammengefasst. Au- ßerdem wird auf besondere Herausforderungen hin- gewiesen, die sich u. a. aus der Anwendbarkeit dieser Kriterien auf die verschiedenen in Deutschland zu be- trachtenden geologischen Situationen wie Salzgestein in flacher und steiler Lagerung, Tongestein und Kristall- 2 Unter naturwissenschaftlich-technischen Kriterien werden im Wesentlichen geowissenschaftliche Kriterien verstanden, wie sie im AkEnd und im StandAG benannt sind; aber auch darüber hinausgehende technische Kriterien wie z. B.: die Tiefenlage des Endlagerbergwerkes, die sich zum einen aus Anforderungen an einen sicheren Endlagerbetrieb und zum anderen aus Zielset- zungen des Sicherheitskonzeptes für die Langzeitsicherheit des Endlagers in der Nachverschlussphase ableiten. 5
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung ingestein3 ergeben sowie aus dem Anspruch, Kriterien 3 Vorgaben des StandAG zu begründen und die damit verbundenen Ziele und Werte explizit zu machen. Nach § 1 StandAG ist es das Ziel des Standortaus- wahlverfahrens, »in einem wissenschaftsbasierten und Nach Auffassung der DAEF werden im Rahmen eines transparenten Verfahren den Standort zu finden, der die Standortauswahlverfahrens Abwägungen durchzufüh- bestmögliche Sicherheit für einen Zeitraum von 1 Million ren sowie Werteentscheidungen zu treffen sein, da ein Jahren bietet«. Die DAEF interpretiert diese Zielsetzung auf »objektivierter« wissenschaftlicher Bewertung ba- aus erkenntnistheoretischen und verfahrenspraktischen sierendes Auswahlverfahren an Grenzen stoßen wird. Gründen dahingehend, dass unter »bestmöglich« der- jenige Standort zu verstehen ist, der nach Durchfüh- Das vorliegende Papier richtet sich an alle Akteure, rung eines geordneten, auf wissenschaftlichen Kriterien die an dem Diskussionsprozess zur Entwicklung des basierenden und transparenten Verfahrens ausgewählt Standortauswahlverfahrens und der Ableitung von da- wird. für geeigneten Kriterien beteiligt sein werden bzw. sich dazu informieren wollen. Mit diesen Ausführungen Im Kapitel 3 (§§ 12 ff.) des StandAG sind zu einzelnen soll keine Präjudizierung der Beratungsergebnisse der Elementen eines schrittweisen Standortauswahlverfah- Kommission erfolgen. rens Anforderungen beschrieben und Aufgaben sowie Zuständigkeiten festgelegt. Dazu gehören: Vielmehr sollen in kurzer Form der Stand von Wis- • die Formulierung verbindlicher Verfahrensregeln, senschaft und Technik sowie der Stand der sozialwis- senschaftlichen Forschung dargestellt und notwendige • die Ermittlung in Betracht kommender Standortregi- Diskussionen über offene Fragen angeregt werden. onen und Einengung auf übertägig zu erkundende Standorte, • die übertägige Erkundung potenzieller Standorte und Einengung auf untertägig zu erkundende Standorte, • die untertägige Erkundung ausgewählter Standorte, • die Entscheidung über einen Standort für ein Endla- ger für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle. Zur Vorbereitung des Standortauswahlverfahrens wur- de eine »Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfall- stoffe« (Kommission) eingesetzt, deren Aufgaben in § 4 beschrieben sind: (1) Zur Vorbereitung des Standortauswahlverfahrens erar- beitet die Kommission einen Bericht. Sie geht in diesem Bericht 3 Für ein Endlager für Wärme entwickelnde Abfälle in Deutsch- umfassend auf sämtliche entscheidungserheblichen Fragestel- land werden vorrangig die Wirtsgesteine Salzgestein und Ton- lungen ein. Sie unterzieht dieses Gesetz einer Prüfung und un- gestein betrachtet, da sie gute Voraussetzungen bieten, dass ein terbreitet Bundestag und Bundesrat entsprechende Handlungs- einschlusswirksamer Gebirgsbereich gemäß den Sicherheitsan- forderungen des BMUB ausgewiesen werden kann. Es ist davon empfehlungen. Sie analysiert hierzu auch die Erfahrungen und auszugehen, dass auch Kristallingesteine in Deutschland disku- die Vorgehensweise anderer Staaten bei der Standortauswahl. tiert werden. 6
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung (2) Die Kommission soll Vorschläge erarbeiten (3) Die Kommission arbeitet mit Forschungseinrichtungen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Bildung 1. zur Beurteilung und Entscheidung der Frage, ob an- und Forschung und des Bundesministeriums für Wirtschaft stelle einer unverzüglichen Endlagerung hoch radioak- und Technologie zusammen. Die Kommission kann wissen- tiver Abfälle in tiefen geologischen Formationen andere schaftliche Erkenntnisse der zuständigen obersten Bundes- Möglichkeiten einer geordneten Entsorgung dieser Ab- und Landesbehörden heranziehen. Sie kann im Rahmen fälle wissenschaftlich untersucht und bis zum Abschluss ihrer Arbeit Sachverständige anhören und externe wissen- der Untersuchungen die Abfälle in oberirdischen Zwi- schaftliche Gutachten beauftragen. schenlagern aufbewahrt werden sollen. (4) Die Kommission legt ihren Bericht dem Deutschen 2. für die Entscheidungsgrundlagen (allgemeine Sicher- Bundestag, dem Bundesrat sowie der Bundesregierung vor. heitsanforderungen an die Lagerung, geowissenschaft- Der Bericht ist Grundlage für die Evaluierung dieses Gesetzes liche, wasserwirtschaftliche und raumplanerische Aus- durch den Bundestag. schlusskriterien und Mindestanforderungen im Hinblick auf die Eignung geologischer Formationen für die End- (5) Die Ausschlusskriterien, die Mindestanforderungen, die lagerung sowie wirtsgesteinsspezifische Ausschluss- und Abwägungskriterien und die weiteren Entscheidungsgrundla- Auswahlkriterien für die möglichen Wirtsgesteine Salz, gen werden von der Kommission als Empfehlungen erarbeitet Ton und Kristallin, wirtsgesteinsunabhängige Abwä- und vom Deutschen Bundestag als Gesetz beschlossen. gungskriterien und die Methodik für die durchzuführen- den vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen), Die Kommission soll den Bericht gemäß § 3, Satz 5 StandAG bis Ende 2015, spätestens bis Mitte 2016, be- 3. für Kriterien einer möglichen Fehlerkorrektur (An- schließen. forderungen an die Konzeption der Lagerung insbe- sondere zu den Fragen der Rückholung, Bergung, und Das vorliegende Papier befasst sich insbesondere mit Wiederauffindbarkeit der radioaktiven Abfälle sowie Fragestellungen, die den § 4 Satz (2) Punkte 2 bis 5 be- der Frage von Rücksprüngen im Standortauswahlver- treffen. fahren), 4. für Anforderungen an die Organisation und das Ver- fahren des Auswahlprozesses und für die Prüfung von Alternativen, 5. für Anforderungen an die Beteiligung und Information der Öffentlichkeit sowie zur Sicherstellung der Transpa- renz sowie gesellschaftspolitische und technisch-wissenschaftliche Fragen erörtern und dabei Empfehlungen zum Umgang mit bisher getroffenen Entscheidungen und Festlegungen in der Endlagerfrage aussprechen und internationale Erfahrun- gen und daraus folgende Empfehlungen für ein Lagerkonzept analysieren. 7
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung 4 Grundlagen für den Vergleich von End- liche Funktionen übernehmen und daher ihre Wirkung nur lagerstandorten mit standortspezifischen Sicherheitsanalysen dargestellt und vergleichend bewertet werden kann.« Das Standortauswahlverfahren wird sich nicht allein auf einen Vergleich der geologischen Merkmale ver- Unabhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung des schiedener potenzieller Standorte beschränken kön- Standortauswahlverfahrens wird schrittweise eine Ein- nen. Vielmehr können aus Sicht der DAEF nur End- engung auf potenziell geeignete Standorte erfolgen. lagersysteme4 miteinander verglichen werden. Ein Zunächst werden voraussichtlich die in Deutschland Endlagersystem umfasst das Endlagerbergwerk mit nicht in Frage kommenden Großräume ausgeschlos- seinen technischen Komponenten sowie den geotech- sen, wobei geowissenschaftliche Informationen eine nischen und geologischen Barrieren in der jeweiligen hervorgehobene Rolle spielen werden. Dann werden geologischen Gesamtsituation. Der AKEnd betont in Regionen mit vorteilhaften geologischen Gegebenhei- seinem Abschlussbericht /AKE 02/, »dass nur ein voll- ten identifiziert und anschließend in diesen Regionen ständiges und abgestimmtes Barrierensystem den Einschluss zunächst Standortgebiete und nachfolgend Standorte der Schadstoffe im Endlager dauerhaft gewährleisten kann«. ausgewiesen. Er empfiehlt, »dass zunächst eine günstige geologische Ge- samtsituation auszuwählen ist, deren Barrierewirkung durch Bei jedem einzelnen Schritt des Auswahlverfahrens angepasste technische Barrieren ergänzt werden kann«. werden Entscheidungen jeweils nur auf Basis von Vergleichen von Endlagersystemen getroffen werden Im Bericht »Konzeptionelle und sicherheitstechnische können. Das bedeutet, dass auch stets mindestens Fragen der Endlagerung radioaktiver Abfälle. Wirtsge- eine vorläufige Planung für ein Endlagerbergwerk in steine im Vergleich« /BFS 05/ kommt das Bundesamt den verschiedenen betrachteten Wirtsgesteinen bzw. für Strahlenschutz zu einer ähnlichen Sichtweise und Standortgebieten notwendig ist. Grundlagen dafür schreibt in seinen zusammenfassenden Schlussfolge- sind: rungen u. a.: »Die Untersuchungen haben gezeigt, dass für • Informationen zu Menge, Art und Eigenschaften der alle in Deutschland relevanten Wirtsgesteinsformationen radioaktiven Abfälle, angepasste Endlagerkonzepte entwickelt werden können. Da die Verhältnisse auch innerhalb einer Wirtsgesteinsfor- • Kenntnisse der geologischen Gegebenheiten in den mation z. T. starken Schwankungen unterliegen, kann ein potenziellen Standortregionen bzw. an den Standor- Vergleich nur standortspezifisch erfolgen und ist daher erfor- ten sowie derlich. Insbesondere die Diskussionen zur Bewertung und • Vorstellungen zu einem jeweils darauf zugeschnitte- zum Vergleich von Barrierensystemen und zum damit ver- nen Sicherheitskonzept in Verbindung mit einem bundenen Isolationszeitraum haben dies verdeutlicht. Dabei technischen Endlagerkonzept. ist zu berücksichtigen, dass einzelne Barrieren unterschied- Entsprechende Informationen müssen in den ein- zelnen Verfahrensschritten im jeweils erforderlichen 4 Das Endlagersystem ist in den Sicherheitsanforderungen an Tiefgang vorliegen oder sind zu erarbeiten, bevor im die Endlagerung wärmeentwickelnder radioaktiver Abfälle Rahmen des Auswahlverfahrens Entscheidungen, z. B. des BMUB /BMU 10/ wie folgt definiert: »Das Endlagersystem bezüglich eines Ausschlusses von potenziellen Stand- besteht aus dem Endlagerbergwerk, dem einschlusswirksamen ortregionen oder Standorten, getroffen werden können. Gebirgsbereich und aus den diesen Gebirgsbereich umgebenden oder überlagernden geologischen Schichten bis zur Erdoberfläche, soweit sie sicherheitstechnisch bedeutsam und damit im Sicher- heitsnachweis zu berücksichtigen sind.« 8
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung 4.1 Ermittlung der Basisinformationen Eine weitere Grundlage für ein Standortauswahlverfah- ren sind ausreichende Kenntnisse zu den geologischen Menge und Art der radioaktiven Abfälle, die endge- Gegebenheiten in den potenziellen Standortregionen lagert werden müssen, sowie ihre Wärmeleistung be- und an den später zu definierenden Standorten. Dabei stimmen den mindestens erforderlichen Raumbedarf. ist davon auszugehen, dass für alle zu betrachtenden Dieser ist je nach betrachteter Gesteinsformation und Standortregionen und Standorte in Deutschland Infor- gewähltem Einlagerungskonzept unterschiedlich. Je mationen in unterschiedlichem Tiefgang und Detail- höher die thermische Belastbarkeit und die Wärmeleit- lierungsgrad vorliegen. Ein als fair6 empfundenes Aus- fähigkeit eines Gesteins bzw. der geotechnischen Barri- wahlverfahren muss diesem Aspekt Rechnung tragen, eren5 ist, desto enger können die Abfälle im Endlager indem genügend Zeit eingeräumt wird, um die Kennt- gelagert werden. nisse über die geologischen Gegebenheiten in den ver- schiedenen zu betrachtenden Standortregionen durch Nach der Entscheidung, die Nutzung der Kernenergie zusätzliche Untersuchungen von Verfahrensschritt zu in Deutschland bis zum Jahr 2022 zu beenden, und der Verfahrensschritt zu vertiefen. Das bedeutet, dass der Festlegung von verbindlichen Restlaufzeiten für die erforderliche Kenntnisstand sich aus den Anforderun- Leistungsreaktoren lassen sich die Art und Menge an gen des jeweiligen Verfahrensschrittes und den zu tref- Wärme entwickelnden radioaktiven Abfällen, ihr Ra- fenden Entscheidungen ableitet. Die Informationen zu dionuklidinventar und ihre thermischen Eigenschaften den Standortregionen bzw. Standorten werden damit in sehr guter Näherung ermitteln /PEI 12/. Diese Da- im Laufe des Auswahlverfahrens für eine immer klei- ten sind also weitestgehend bekannt und können den nere Anzahl von potenziellen Standorten immer de- Betrachtungen für ein Standortauswahlverfahren zu taillierter. Aus Sicht der DAEF ist es erforderlich, dass Grunde gelegt werden. Zu den radioaktiven Abfällen, potenzielle Standortregionen oder Standorte nicht auf die in einem Endlager für Wärme entwickelnde Abfälle Basis einer unzureichenden Datenlage ausgeschlossen zu berücksichtigen sind, gehören werden, damit das Ergebnis des Standortauswahlver- • bestrahlte Brennelemente aus Leistungsreaktoren, fahrens mehrheitlich als fair empfunden wird. • radioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung aus-Neben diesen Informationen basiert die für die Ver- gedienter Brennelemente aus deutschen Kernkraft- gleiche von Endlagersystemen erforderliche Vorpla- werken im Ausland sowie aus der Wiederaufarbei- nung des Endlagerbergwerks auf einem spezifischen tungsanlage in Karlsruhe, Sicherheitskonzept für jede Standortregion bzw. für • bestrahlte Brennelemente aus Versuchs- und Proto- jeden Standort. Ein Sicherheitskonzept beschreibt, typkernkraftwerken sowie Forschungsreaktoren und durch welche geologischen Gegebenheiten und tech- nischen Maßnahmen die geforderte Sicherheit für ein • weitere radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Endlager an dieser Stelle erreicht und langfristig ge- Wärmeentwicklung, für die kein anderes Endlager zur Verfügung steht oder vorgesehen wird. 6 Unter einem fairen Auswahlverfahren versteht die DAEF einen Prozess, dessen Ergebnis nachvollziehbar auf Basis objektiver 5 Der Begriff »geotechnische Barriere« bezeichnet technische Entscheidungen unter Anwendung verbindlicher, vor der Ent- Verfüll- und Verschlussmaßnahmen, die im Zusammenwirken scheidung festgelegter und veröffentlichter Regeln erzielt wird, mit dem umgebenden Wirtsgestein ihre Barrierefunktion aus- der transparent sowie unter Beteiligung Betroffener durchge- üben. Davon zu unterscheiden sind »technische Barrieren« wie führt wird. Dies stellt aus Sicht der DAEF die Voraussetzung z. B. Abfallbehälter, die direkt und unabhängig von der geologi- dafür dar, dass das Ergebnis des Auswahlverfahrens von der schen Umgebung ihre Barrierewirkung entfalten. Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen wird. 9
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung währleistet werden kann. Sicherheitskonzepte werden die verschiedenen Wirtsgesteine sehr unterschiedlich zunächst in allgemeiner Form unter Berücksichtigung sein. Im Kristallingestein wird auf Grund seiner von wirtsgesteinsspezifischer Merkmale entwickelt. Mit Natur aus gegebenen Klüftigkeit den technischen und zunehmenden Kenntnissen zu den regionalen bzw. geotechnischen Barrieren eine deutlich größere Be- standortspezifischen geologischen Gegebenheiten wer- deutung zugesprochen als dies beim Tongestein oder den diese Sicherheitskonzepte dann weiterentwickelt. Salzgestein der Fall ist. Dabei muss jedes Sicherheitskonzept die geltenden gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen er- füllen. Ein zentrales Element der Sicherheitsanforderungen für die Endlagerung wärmeentwickelnder radioakti- ver Abfälle /BMU 10/ ist der sogenannte einschluss- wirksame Gebirgsbereich (ewG), der als ein Ansatz- punkt für den Nachweis der sicheren Endlagerung an einem Standort dient. Das Konzept des ewG wurde vom Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) entwickelt und beschrieben /AKE 02/. In den letzten Jahren wurde dieser Ansatz in verschiedenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in Deutsch- land hinsichtlich seiner generellen Anwendbarkeit in Endlagerkonzepten und Sicherheitsbewertungen mit positiven Ergebnissen geprüft. Der ewG soll über den in den Sicherheitsanforderungen festgelegten Nach- weiszeitraum von 1 Million Jahre hinweg seine sicher- heitsrelevanten Eigenschaften erhalten. Mit dem Kon- zept des ewG wird der Schwerpunkt auf den Einschluss der Radionuklide durch geologische und geotechni- sche Barrieren in einigen 100 Metern gelegt. Der fest- gelegte Nachweiszeitraum basiert auf Überlegungen des AkEnd im Hinblick auf die Prognostizierbarkeit der Entwicklung geologischer Systeme. Auch im Schweizer Sachplanverfahren spielt die Be- wertung der Eigenschaften des ewG eine wesentliche Rolle für die Beurteilung von Standortmöglichkeiten / BFE 08/. Die DAEF ist überzeugt, dass in Deutschland Standorte ausgewiesen werden können, die einen ewG bieten, und schätzt unter dieser Prämisse ein, dass der ewG-Ansatz für eine Standortauswahl unter den geo- logischen Bedingungen Deutschlands den Stand der Wissenschaft darstellt. Die Bedeutung der einzelnen Barrieren für die Einschlussfunktion kann dabei für 10
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung 4.2 Notwendigkeit von Konzeptentwicklungen Endlagerprojektes an einem bereits gewählten Stand- ort. Aus Sicht der DAEF können diese Empfehlungen Aufbauend auf den wirtsgesteins- und später stand- aber sinngemäß auch auf ein Standortauswahlverfah- ortspezifischen Sicherheitskonzepten wird unter Be- ren übertragen werden. rücksichtigung der geltenden gesetzlichen und regu- latorischen Anforderungen eine vorläufige Planung Sicherheitskonzept, Endlagerkonzept und Endlage- – ein Konzept – für ein Endlagerbergwerk an dem rauslegung berücksichtigen Vorteile von Wirtsgestei- betrachteten Standort entwickelt. Ein solches techni- nen und Standortspezifika und kompensieren ggf. sches Endlagerkonzept beinhaltet Beschreibungen und weniger vorteilhafte Eigenschaften, wie z. B. die Klüf- zeichnerische Darstellungen der wesentlichen über- tigkeit von Wirtsgesteinen. Damit werden anhand von und untertägigen Komponenten und Anlagen für den Sicherheitsuntersuchungen nicht nur der Standort, Transport und die Einlagerung der Wärme entwickeln- sondern immer auch das Sicherheitskonzept und das den Abfälle sowie Abschätzungen zu der geometri- Endlagerkonzept bzw. die Endlagerauslegung bewer- schen Ausdehnung des Endlagerbergwerks. tet. Änderungen von Konzepten und Auslegungen können zu günstigeren oder weniger günstigen Ergeb- Eine detaillierte Planung des Endlagerbergwerkes, der nissen von Sicherheitsuntersuchungen führen. Bei der erforderlichen technischen Komponenten und Anlagen Bewertung, ob ein Endlagersystem sicherheitstechni- sowie der Verfahren und Techniken zur Errichtung, sche Vorteile gegenüber einem anderen aufweist, ist zum Betrieb und zum Verschluss des Endlagers – eine darauf zu achten, dass die Endlagersysteme auf einem Endlagerauslegung – kann darauf aufbauend in weite- vergleichbaren Tiefgang geplant sind und im entspre- ren Schritten des Standortauswahlprozesses erfolgen. chenden Maß die jeweils beste verfügbare Technologie Detaillierte Planungen für ein Endlager für Wärme ent- eingesetzt wird. wickelnde Abfälle sind in Deutschland bislang nur für Salzstandorte in steiler Lagerung durchgeführt worden /BOL 12/. Für die Endlagerung in den Wirtsgesteinen Tonstein und Kristallin in Deutschland wurden dage- gen nur Konzepte ohne konkreten Standortbezug ent- wickelt. In Finnland, Schweden (in beiden Ländern Wirtsgestein: Kristallin) und in Frankreich (Wirtsge- stein: Tonstein) sind die Endlagerprojekte für Wärme entwickelnde Abfälle so weit fortgeschritten, dass für den jeweils festgelegten Standort detaillierte Endlager- planungen vorliegen. Inwieweit solche Planungen auf deutsche Verhältnisse übertragbar sind und ggf. im Standortauswahlprozess genutzt werden können, ist je- doch im Einzelfall zu prüfen. Der Tiefgang der Planungen hängt von dem jeweiligen Kenntnisstand über die geologische Gesamtsituation eines Standortes und damit von der Phase ab, in der sich der Auswahlprozess befindet. Die dazu vorliegen- den internationalen Empfehlungen (/IAE 11/, /EPS 14/) beziehen sich zwar nur auf die Realisierung eines 11
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung 5 Prozess zur Identifizierung 5.1 Anforderungen an die Ausgestaltung potenziell geeigneter Standorte eines Auswahlverfahrens Aus Sicht der DAEF stellt ein gestuftes, auf wissen- Für ein Standortauswahlverfahren, das den aktuellen schaftlichen Kriterien basierendes, transparentes und sozialwissenschaftlichen Forschungsstand berücksich- faires Standortauswahlverfahren eine angemessene tigt und ein Kernelement der Entscheidungsfindung Vorgehensweise zur Identifizierung von potenziell ge- darstellt, sind nach Ansicht der DAEF die folgenden eigneten Standorten für ein Endlager für Wärme ent- drei wesentlichen Aspekte zu berücksichtigen: wickelnde radioaktive Abfälle dar. 1. Die Standortauswahl ist Teil eines längeren Verfah- Durch den AkEnd wurden 2002 erste Vorschläge zum rens, das von der konzeptionellen Grundentscheidung Ablauf eines Auswahlverfahrens in Deutschland erar- und über die Standortauswahl bis zur Errichtung eines beitet /AKE 02/. In der Schweiz werden seit 2008 im Endlagers einschließlich der Betriebs- und der Ver- Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager (SGT) schlussphase eines Endlagers reicht. je ein Standort für ein Tiefenlager für schwach und mittel radioaktive Abfälle sowie für hoch radioaktive 2. Für dieses Standortauswahlverfahren ist ein »integ- Abfälle gesucht (einschließlich der Option, beide Tie- rierender Prozess« zu etablieren, der die technisch-na- fenlager am selben Standort zu errichten). Bei der Ent- turwissenschaftlichen mit den sozialen Aspekten pro- wicklung des Schweizer Auswahlverfahrens wurde eine duktiv verknüpft und der auf einem Satz von eingangs ganze Reihe von Elementen des AkEnd-Vorschlags be- festgelegten Verfahrensregeln basiert und als »lernen- rücksichtigt. Gleichzeitig wird mit dem Sachplan-Ver- des System« angelegt ist. Dabei sollte die Zielsetzung fahren auf ein in der Schweiz etabliertes Instrument der des Gesamtverfahrens stets im Blick behalten werden. Raumplanung zurückgegriffen. Allerdings zeigt sich in der Schweiz ebenso wie beispielsweise in Schweden 3. Um die Verantwortung für die anstehenden Entsor- und Frankreich, dass Auswahlverfahren in verschie- gungsaufgaben wahrzunehmen, ist das Gesamtverfah- denen Ländern nicht einem einheitlichen Muster fol- ren auf eine Verwirklichung in planbaren Zeiträumen gen sondern von den jeweiligen gesellschaftlichen und auszulegen. rechtlichen Verhältnisse sowie der nationalen Historie und Kultur abhängig sind. Dazu gehören u. a. die Ver- Der »integrierende Prozess«, der aus Sicht der For- fasstheit des jeweiligen nationalen Regierungssystems schung7 notwendig ist, kann aus Sicht der DAEF da- (inkl. vorgesehener Öffentlichkeitsbeteiligung und durch gefördert werden, dass von Anfang an unter- Anforderungen an die Transparenz), der Grad des ge- schiedliche Wissensbestände aus den verschiedenen sellschaftlichen Widerspruchs gegen Entsorgungsvor- haben und der Stand der politisch-gesellschaftlichen (Streit-)Kultur. Allerdings lassen sich aufbauend auf 7 Im AkEnd-Bericht wird hierzu Folgendes gesagt: »Von Ausnah- men abgesehen ist in anderen Ländern bei der Standortauswahl dem Stand der sozialwissenschaftlichen Forschung eine Entwicklung hin zu klareren Verfahrensstrukturen mit und Erkenntnissen in verschiedenen Ländern einige ausgeprägtem schrittweisen Vorgehen, mit systematischer Ein- Anforderungen an die Ausgestaltung eines Auswahl- beziehung sozialwissenschaftlicher Aspekte – neben den früher verfahrens zusammenfassend benennen. dominierenden geowissenschaftlichen Aspekten – und mit früh- zeitiger (verbindlicher) Einbindung der Öffentlichkeit bzw. inte- ressierter/ betroffener Gruppen und Personen in das Verfahren zu erkennen. (...) Der internationale Vergleich bestärkt auch das Vorgehen des AkEnd bei der Kriterienentwicklung.« /AKE 02, Seite 51f./; siehe auch /COW 07, Seite 15/ und /KER 14/. 12
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung akademischen Disziplinen, aber auch Wissensbestände Fortschritt des Verfahrens entwickelt. Ein lernendes der organisierten Interessengruppen (aus Wirtschaft, System bietet somit die Möglichkeit der Anpassung und Politik, Zivilgesellschaft) und der interessierten Öf- Revision auf der konzeptionellen und ausführungsbe- fentlichkeit systematisch einbezogen werden. Hierbei zogenen Ebene, ohne die allgemeinen Grundsätze des sollten auch Austauschprozesse angestoßen und der Verfahrens außer Kraft zu setzen. Das StandAG weist Informationsfluss unter den beteiligten Akteuren auf- nach ersten Analysen (siehe /SME 14/) als Gesetzesrah- rechterhalten werden, um zu rational begründbaren men zwar in diese Richtung. In der Ausgestaltung des Entscheidungen zu gelangen. Mit der pluralistischen Gesamtprozesses und insbesondere der Ausgestaltung Besetzung bietet die Kommission günstige Vorausset- der Öffentlichkeitsbeteiligung sowie der systematischen zungen, um einen integrierenden Prozess dieser Art zu Integration wichtiger Elemente des Entscheidungshan- einem frühen Zeitpunkt der Standortauswahl zu etab- delns besteht jedoch Präzisierungsbedarf. lieren. Das StandAG eröffnet die Möglichkeit, ab Planungs- Ein »lernendes System« ist in der Lage, neue im Verfah- beginn des Standortauswahlverfahrens eine frühzeiti- rensverlauf entstehende Erkenntnisse und Einflüsse zu ge Einbindung zentraler betroffener und interessierter berücksichtigen sowie diese gegebenenfalls in den Pro- Akteure zu realisieren und geeignete Verfahren für zess zu integrieren und umzusetzen. Dies setzt voraus, die Beteiligung auf der nationalen und den regionalen dass der Prozess auf einem mehrstufigen Regelungssys- Ebenen während aller Schritte der Standortauswahl tem aufbaut. Dieses kann beispielsweise aus den drei (und darüber hinaus) zu entwickeln. Dabei kann im folgenden Stufen bestehen: Sinne des »lernenden Systems« zunächst ein Rahmen definiert werden, innerhalb dessen eine anforderungs- 1. »Allgemeine Grundsätze« sind Prinzipien und ver- gerechte und an den Zielen des Auswahlverfahrens bindlich definierte Regeln, die frühzeitig vereinbart orientierte Fortentwicklung der Beteiligungsprozesse und über die gesamte Dauer des Standortauswahlver- erfolgt. Aus Sicht der DAEF wären dabei der jeweilige fahrens unverändert bleiben sollen. Verfahrensschritt und die Bedürfnisse der beteiligten Interessengruppen und der interessierten sowie der 2. »Konzeptionelle Anforderungen (technologisch und von Entscheidungen betroffenen Öffentlichkeit zu be- prozedural)« konkretisieren die Grundsätze des Ver- rücksichtigen (z. B. /BFE 11/). fahrens und sollten an neue Erkenntnisse im Verfah- rensverlauf anpassbar sein, ohne beliebig zu werden. In einem gestuften Standortauswahlprozess kann es Die Handlungsfähigkeit der Akteure bleibt hierbei in verschiedenen Schritten zum Ausschluss oder zur gewahrt, wenn neben den gesetzlich definierten Ver- Rückstellung von potenziellen Standortregionen oder fahrensschritten Haltepunkte innerhalb dieser Verfah- Standorten kommen. Wenn keine Ausschlusskrite- rensschritte festgelegt werden. Diese sichern einerseitsrien verletzt und die Mindestanforderungen erfüllt ein hohes Maß an Flexibilität, definieren jedoch auch werden, erfolgen solche Entscheidungen auf Basis der andererseits das zielgerichtete Fortführen des Prozes- Untersuchungsbefunde für die potenziellen Standorte ses. Die Festlegung der Haltepunkte erfolgt innerhalb und der qualitativen und quantitativen Ergebnisse von des Standortauswahlprozesses, spätestens am Anfang Sicherheitsuntersuchungen und -bewertungen unter des jeweiligen Verfahrensschrittes, durch Aushandlung Anwendung von wissenschaftlich-technischen und der beteiligten Akteure. raumplanerischen sowie sozialwissenschaftlichen Ab- wägungskriterien. Das heißt auch, dass Standorte nur 3. »Detaillierte Ausführungsregeln« definieren konkrete auf Basis belastbarer Befunde zu den im jeweiligen Aus- Details der Projektrealisierung und werden mit dem wahlschritt geforderten Anforderungen ausgeschlossen 13
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung werden dürfen und nicht etwa, weil nicht genügend Da- Rahmen für die Entscheidungsvorbereitung und die ten im Vergleich zu anderen Standorten vorliegen. Entscheidung selbst zu setzen. Die Vereinbarungen zum Prozess sollten möglichst von allen Beteiligten Der Prozess zur kriteriengestützten Entscheidungsfin- mitgetragen werden. dung, bei dem quantitative und qualitative Befunde zu einer Gesamtaussage für einen Standort aggregiert 2. Transparenz, Ergebnisoffenheit und Nachvollzieh- werden, muss rechtzeitig – soweit möglich vor Beginn barkeit des Prozesses und der Entscheidungsfindung des Standortauswahlverfahrens – entwickelt werden. sind zentrale Anforderungen, die in allen Stufen des In diesem Zusammenhang sind auch die Gremien zur Verfahrens festgeschrieben werden sollten. Dazu gehört Einbeziehung der Öffentlichkeit, die an dem Auswahl- auch das Benennen entscheidungsrelevanter Interessen verfahren beteiligt sind, und die Beratungsgremien der und Werte, die in Abwägungsprozessen nachvollzieh- Ministerien zu benennen und ihre jeweiligen Rollen bar zu berücksichtigen sind. und Zuständigkeiten zu definieren. Weltweit gibt es nach Kenntnis der DAEF bisher keine abschließende 3. Dazu gehört auch die Festlegung, welche zivilgesell- Umsetzung eines Kriterienkataloges für eine derartige schaftlichen Akteure neben weiteren Stakeholdern9 in kriteriengesteuerte systematische Einengung von po- den verschiedenen Verfahrensschritten in jedem Fall tenziellen Standorten mit dem Ziel der Identifizierung zu beteiligen sind. Für die Beteiligten wird Verfahrens- des Standortes, der die bestmögliche Sicherheit bietet. klarheit dadurch erreicht, dass zu Beginn geklärt ist, welcher Gestaltungsspielraum bei der jeweiligen Be- Um diese kriteriengesteuerte Auswahl eines potenziel- teiligungsmaßnahme für welchen Akteur vorgesehen len Standortes robust abzuarbeiten, bedarf es neben ist und welche Rechte und Pflichten damit verbunden technischer Kriterien verschiedener prozeduraler Re- sind. gelungen, die ein ausreichendes Maß an Robustheit8 der Entscheidungen und Qualität des Verfahrens si- 4. Die Schnittstellen zwischen informellen Beratungs- cherstellen. Folgende Aspekte sind hierbei relevant, prozessen und verbindlichen Entscheidungen sind die zum Teil im StandAG benannt sind aber weiterer zu Beginn eines jeden einzelnen Verfahrensschrittes Konkretisierung bedürfen: eindeutig zu benennen sowie das Zusammenspiel der verschiedenen Akteure bei Bedarf zu optimieren. Dies 1. Das komplexe und über viele Jahre dauernde Ver- trägt dazu bei, die Interessengruppen, die interessierte fahren bis zur Bereitstellung eines Endlagers erfordert Öffentlichkeit und potenziell betroffene Akteure als Un- einen klar strukturierten Prozess. Verbindliche, ein- terstützer für den schrittweisen Entscheidungsprozess deutig definierte Grundsätze des Verfahrens, Prüf- und zu gewinnen. Entscheidungspunkte sowie ebenso definierte Rollen- zuweisungen der beteiligten Institutionen und Akteure sind geeignet, den Prozess zu strukturieren und den 9 Unter Stakeholdern verstehen wir etablierte, organisierte In- teressensverbände, die in offiziellen Entscheidungsprozessen aufgrund ihrer bedeutenden Rolle im Institutionengefüge miteinbezogen werden. Als zivilgesellschaftliche Akteure be- zeichnen wir demgegenüber Akteure, die nicht unmittelbar in 8 Unter Robustheit verstehen wir an dieser Stelle Nachvollzieh- Entscheidungsprozessen involviert sein müssen, die jedoch ein barkeit, auf einer guten Wissensgrundlage, unter Einbeziehung spezifisches Interesse am Thema aufweisen. Während sich Sta- von unterschiedlichen Wissensbeständen und Interessenslagen, keholder durch einen hohen Organisationsgrad auszeichnen, die auch ein reflektiertes Bewusstsein über Nichtwissen und weisen zivilgesellschaftliche Akteure einen niedrigen Grad der Unsicherheiten einschließen. Organisiertheit auf. 14
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung 5. Bei der Umsetzung des Verfahrens gemäß StandAG, Dokumentation der Ergebnisse und des Vorgehens, mit insbesondere nach Abschluss der zeitlich befristeten Ar- dem es zu diesen kam. beit der Kommission, können unabhängige nationale und regionale Begleitgremien die Umsetzung des Ver- Die Aufgabe, »Prozessqualität« bei der Entscheidungs- fahrens unterstützen und die eingebrachten Entschei- findung herzustellen, ist eine große Herausforderung. dungsgrundlagen auf ihre Qualität hin prüfen und be- Angesichts des hohen Misstrauens in Teilen der Öffent- werten. Empfehlenswert ist außerdem die Einrichtung lichkeit gegenüber Wissenschaft, Regierungsorganisa- eines professionellen unparteiischen Konfliktmanage- tionen, Energiewirtschaft und Interessenverbänden ments. kommt der Sicherstellung der Prozessqualität eine her- ausragende Bedeutung für das Gelingen des Standort- 6. Bei einem auf geologische Erkundungen und Er- auswahlverfahrens zu. Dazu bedarf es auch einschlägi- kenntnisse angewiesenen Projekt können naturgemäß ger vertrauensbildender Maßnahmen von allen Seiten. nicht alle Entscheidungsgrundlagen eingangs im Detail definiert werden. Auch wird es im Laufe eines schritt- Bisher mangelt es in Deutschland im Kontext der weisen Vorgehens wiederholt zu »Entscheidungen unter Standortauswahl an Erfahrungen (1) hinsichtlich der Bedingungen der Unsicherheit/Ungewissheit« kommen. Verwirklichung von Prozessen zur frühzeitigen Bera- Der methodische Umgang mit diesen Problemlagen ist tung zentraler Planungen und Konzepte mit Interes- angepasst an den jeweiligen Verfahrensschritt festzulegen. sengruppen und (2) hinsichtlich der Entwicklung von Verfahrenselementen und -kriterien in einem integrie- 7. Die Bewohner potenzieller Standortregionen bzw. renden Prozess, der die verschiedenen wissenschaftli- deren Vertreter haben erfahrungsgemäß Bedarf, sich in chen Disziplinen sowie die Wissensbestände der Inter- der komplexen Materie durch Experten ihres Vertrau- essengruppen einschließt. ens beraten zu lassen. Dafür sind die Randbedingungen festzulegen, nach denen eine unabhängige Beratung in Die DAEF empfiehlt, dass die Kommission sich bei jedem Fall sichergestellt wird. ihren Überlegungen an den hier genannten Anfor- derungen orientiert, um eine belastbare Basis für die 8. Nachbarstaaten, die durch die Auswahl von geeigne- Durchführung des Standortauswahlverfahrens für ein ten Standortregionen betroffen sein könnten, sind früh- Endlager für Wärme entwickelnde Abfälle zu schaffen. zeitig in das Verfahren einzubeziehen. Expertendissens und Expertenkonflikte sind während der Standortauswahl und in späteren Phasen nicht nur nicht auszuschließen, sondern vielmehr mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu erwarten. Daher wäre es von Vorteil, wenn diese Uneinigkeiten transparent ge- macht werden und unter Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit (z. B. auf nationalen Workshops oder Hearings) behandelt werden. Formen der Aufarbeitung von Expertendissens werden in bisherigen Standort- auswahlverfahren weder gefordert noch ausreichend berücksichtigt. Prozesse der »Schließung« solcher De- batten und Konflikte besitzen für das Gesamtverfah- ren ebenso ein hohes Maß an Bedeutung wie auch die 15
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung 5.2 Beispiele für Auswahlprozesse in Europa ortentscheidung. Für Forsmark wurde aufgrund der dort höheren Wärmeleitfähigkeit des Wirtsgesteins An drei Beispielen soll hier deutlich gemacht werden, eine geringere Endlagergröße ermittelt. Insbesondere dass Auswahlprozesse weltweit nicht standardisiert daraus resultierten niedrigere Gesamtkosten als für sind. Vielmehr spielen länderspezifische Randbedin- Laxemar, wobei in der Kostenschätzung die durch gungen eine herausragende Rolle. den Transport der derzeit in der Nähe von Laxemar zwischengelagerten Kernbrennstoffe nach Forsmark • In Schweden hat die zuständige Endlagerorganisati- höheren Transportkosten berücksichtigt wurden. on SKB im März 2011 den Standort Forsmark (Alter- native war Laxemar in der Gemeinde Oskarshamn) • In Frankreich wurde die Entscheidung über die Ent- für die Endlagerung ausgedienter Kernbrennstoffe sorgung hoch radioaktiver Abfälle per Gesetz geregelt vorgeschlagen10. Es handelte sich um die Entschei- (1991 und 2006). Das Gesetz von 1991 (»Loi Batail- dung zwischen zwei Standorten, für die in beiden le«) wurde verabschiedet, nachdem bereits ein Anlauf Fällen eine Einlagerung nach demselben Endlager- zur Auswahl eines Standortes für ein Untertagelabor konzept in kristallines Wirtsgestein vorgesehen war. im Kristallingestein an heftigen Auseinandersetzun- Lediglich die konkrete Endlagerauslegung wäre für gen mit betroffenen Bevölkerungsgruppen geschei- die beiden Standorte – abhängig z. B. von der Lage tert war. In einem durch das Gesetz vorgegebenen, von Störungszonen – unterschiedlich ausgefallen. gestuften Verfahren ist Öffentlichkeitsbeteiligung Dabei leisten die technischen Barrieren einen höhe- vorgesehen sowie eine jährliche Berichtspflicht an ren Beitrag zum Einschluss der Schadstoffe als die das Parlament, das letztendlich auch das weitere Vor- geologische Barriere. Entsprechend, und weil beide gehen beschließt. Recht früh entschied man sich für schwedische Standorte prinzipiell geeignet waren, die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle in tiefen waren Unterschiede der Geologie auch weniger si- geologischen Formationen mit Rückholbarkeitsop- cherheitsrelevant als dies bei einem Vergleich von tion und gegen eine Langzeitzwischenlagerung. Da- Endlagersystemen mit unterschiedlichen Wirtsge- neben wird in Frankreich auch die Entwicklung der steinen (Steinsalz, Tonstein, Granit) der Fall sein Transmutationstechnologie als Ergänzung zur bereits könnte. Die Entscheidung für den Standort Forsmark großtechnisch betriebenen Wiederaufarbeitung aus- wurde zwar von Sicherheitsanalysen ausgehend, aber gedienter Kernbrennstäbe weiterverfolgt. Im Gesetz weitgehend qualitativ-argumentativ begründet. Bei über das Management der radioaktiven Abfälle von der Standortentscheidung sprachen für Forsmark u. 2006 wird die Endlagerung in tiefen geologischen a. die geringere Häufigkeit wasserführender Klüfte Formationen mit Rückholbarkeitsoption formal als und eine höhere Wärmeleitfähigkeit des Wirtsge- Entsorgungsweg für die hoch radioaktiven Abfälle steins. Niedrigere Gebirgsspannungen und eine ge- festgelegt. Ein Antrag für ein solches Lager soll bis ringere hydraulische Leitfähigkeit im oberflächen- 2015 gestellt und die Errichtung bis 2025 abgeschlos- nahen Bereich sprachen dagegen für Laxemar. Auch sen sein. Aus drei Standorten in drei Wirtsgesteinen Kostenerwägungen spielten eine Rolle bei der Stand- (Tonmergel, Granit, Tonstein) wurde nicht zuletzt auch wegen der aus dem Departement Meuse/Haute Marne signalisierten positiven Haltung der Callovo 10 Der Vorschlag wurde durch die SKB formal durch die Einrei- Oxford Tonstein als Wirtsgestein ausgewählt. Auch chung eines Antrags für eine Errichtungsgenehmigung bestä- hier fiel die Entscheidung nicht anhand vorab klar de- tigt. Die behördliche Bestätigung der Standortauswahl wird erst durch die Annahme des Antrags auf Errichtungsgeneh- finierter Kriterien. Jedoch wurde den beiden anderen migung durch die zuständige atomrechtliche Behörde und den Standorten eine ungünstigere seismische Situation »Environmental Court« erfolgen. (Tonmergel) bzw. eine ausgeprägte Klüftigkeit des Ge- 16
DAEF Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung steins (Granit) attestiert, die letztlich zur Auswahl des mittelaktiven Abfällen in Frage, wobei dafür zum Teil Tonsteins im Pariser Becken als favorisierter Formati- andere, weniger tief liegende Gesteinsformationen be- on führten. Gegenwärtig erfolgt die Endlagerplanung trachtet werden. Das aktuelle Endlagerkonzept sieht für den ausgewählten Standort in der Nähe der Ort- eine Rückholbarkeitsoption sowie die Einrichtung schaft Bure für die über- und untertägigen Anlagen eines Pilotendlagers vor, in dem die Entwicklung des innerhalb eines Bereichs mit einer Ausdehnung von Endlagersystems über einen gewissen Zeitraum beob- 30 km². Die ausführende Organisation, Andra, hatte achtet werden kann. In allen Schritten des Verfahrens der Regierung 2009 diesen Bereich unter dem Namen finden Instrumente der Öffentlichkeitsbeteiligung An- ZIRA (zone d’intérêt pour la reconnaissance appro- wendung. Derzeit wird über die Konzeption möglicher fon) vorgeschlagen. Dieser wiederum liegt innerhalb Oberflächeneinrichtungen für einen Endlagerstand- des 2005 ausgewiesenen 250 km²-Bereichs, auf den ort diskutiert und die nächste Phase – die eigentliche laut Andra die Ergebnisse des unterirdischen Labors Standortauswahl – vorbereitet. in Bure übertragen werden können. Die aufgeführten Beispiele zeigen, dass wissenschaft- • Dem Schweizer Sachplanverfahren, welches die liche Kriterien mit unterschiedlicher Bedeutungszu- Standortauswahl für geologische Tiefenlager in der schreibung und im unterschiedlichen Maße zu Grunde Schweiz regelt /BFE 08/, liegt ein Kriterienkatalog lagen. Kriteriendefinitionen und -anwendungen sind zugrunde, der 13 allgemein formulierte Kriterien oftmals Resultat eines langwierigen Entwicklungspro- zur Standortevaluation hinsichtlich Sicherheit und zesses, in dem der Auswahlprozess festgelegt wird, wo- technischer Machbarkeit in vier Kriteriengruppen bei sich im Zuge der Implementierung Anpassungen umfasst. Die Kriteriengruppen betreffen die Eigen- ergeben können. Letztendlich sind die Rolle von und schaften des Wirtsgesteins bzw. des einschlusswirk- der Umgang mit Kriterien immer im Kontext der je- samen Gebirgsbereiches, die Langzeitstabilität, die weiligen nationalen Gegebenheiten zu sehen. Zuverlässigkeit der geologischen Aussagen bezüglich Charakterisierbarkeit, Explorierbarkeit und Prognos- tizierbarkeit der geologischen Verhältnisse und die bautechnische Eignung des Wirtgesteins inklusive der Möglichkeit der untertägigen Erschließung, wobei die zu beurteilenden Aspekte das gesamte Endlagerkon- zept im Blickfeld haben müssen. Im Interesse eines flexiblen Verfahrens sollten allgemeine Kriterien und Regeln zwar vorab festgelegt werden, möglicherwei- se notwendige Spezifizierungen jedoch erst vor dem jeweiligen Verfahrensschritt erfolgen /LEU 13/. Das Sachplanverfahren ist ein im Schweizer Raumpla- nungsgesetz verankertes Planungs- und Koordinati- onsinstrument des Schweizer Bundes. Im Jahr 2011 hat der Schweizer Bundesrat zum Abschluss der Etappe 1 der Auswahl von Opalinuston als Wirtsgestein für die Tiefenlagerung hoch radioaktiver Abfälle und drei Re- gionen, in denen ein möglicher Standort ausgewählt werden kann, zugestimmt. Jedes dieser drei Standort- gebiete käme auch für die Lagerung von schwach- und 17
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