DAS LEAD-KOMPETENZMODELL - WIRKSAM FÜHREN IM KONTEXT DER DIGITALEN TRANSFORMATION
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Gr Interakt Org (2021) 52:325–339 https://doi.org/10.1007/s11612-021-00582-w HAUPTBEITRÄGE - THEMENTEIL Das LEaD-Kompetenzmodell – wirksam Führen im Kontext der digitalen Transformation Stefan L. Dörr1 · Marion Schmidt-Huber1 · Günter W. Maier2 Angenommen: 29. April 2021 / Online publiziert: 10. Juni 2021 © Der/die Autor(en) 2021 Zusammenfassung Dieser Beitrag der Zeitschrift Gruppe. Interaktion. Organisation. (GIO) stellt die Entwicklung, empirische Validierung und Anwendung des LEaD-Modells©1 (Leadership Effectiveness and Development) der Führung im Rahmen der digita- len Transformation vor. Die Auswahl und Entwicklung von Führungskräften und die dazu erforderliche evidenzbasierte Diagnostik von Führungskompetenzen stellen zentrale Herausforderungen einer modernen HR-Strategie dar, wie z. B. beidhändige Führung im Kontext der digitalen Transformation und entwicklungsorientierte Diagnostik. Im Kontext des digitalen Wandels ist „LEaD“ ein Instrument für Führungskräfte und HR-Spezialist*innen, um Transformationsprozesse durch gezieltes Kompetenzmanagement erfolgreich zu bewältigen und eine neue Führungskultur zu etablieren. Praktische Anwendungsbereiche des LEaD-Modells in Organisationen sind sowohl auf individueller (z. B. als Führungsfeedback mit Selbst- und Fremdeinschätzung) als auch organisationaler Ebene (z. B. Messung der Führungseffektivität) möglich. Dieser Beitrag beschreibt das LEaD-Modell der Führung als einen evidenzbasierten Handlungsrahmen für Führungskräfte, der Diagnose- und Interventionsmaßnahmen bietet und damit einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen und lohnens- werten Investition in Führung leistet. Schlüsselwörter Führung · Digital Leadership · Digitale Transformation · Veränderungen in der Arbeitswelt · Change Management · Kompetenzmanagement · Kompetenzen · Kompetenzmodelle · Ambidextrie · Beidhändige Führung · LEaD-Modell · Managementdiagnostik · Führungsentwicklung und -training · Führungsforschung · Evidenzbasiertes Management Beim LEaD-Modell© handelt es sich um ein geschütztes Kompetenzmodell von A47-Consulting, das zur einfacheren Lesbarkeit im Folgenden ohne Copyright-Kennzeichnung und als LEaD-Modell bzw. als LEaD bezeichnet wird. Dr. Stefan L. Dörr stefan.doerr@a47-consulting.de Dr. Marion Schmidt-Huber marion.schmidt@a47-consulting.de Prof. Dr. Günter W. Maier ao-psychologie@uni-bielefeld.de 1 A47-Consulting Unternehmensentwicklung & Managementdiagnostik, Agnesstraße 47, 80798 München, Deutschland 2 Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft, Arbeits- und Organisationspsychologie, Universität Bielefeld, Universitätsstraße 25, 33615 Bielefeld, Deutschland K
326 S. L. Dörr et al. The LEaD competence model: Leading effectively in the context of digital transformation Abstract This contribution of the magazine Group. Interaction. Organization. Journal of Applied Organizational Psychology (GIO) presents the development, empirical validation, and application of the LEaD-Model©1 (Leadership Effectiveness and De- velopment) of leadership in the context of digital transformation. The selection and development of leaders and the evidence-based diagnostics of leadership competencies required for this represent central challenges of a modern HR strat- egy, such as ambidextrous leadership in the context of digital transformation and development-oriented diagnostics. In the context of digital transformation, LEaD is a tool for managers and HR specialists to successfully manage transformation processes through targeted competence management and to establish a new leadership culture. Practical applications of the LEaD model in organizations are possible at both the individual (e.g., as leadership feedback with self-assessment and peer assessment) and organizational levels (e.g., measuring leadership effectiveness). This paper describes the LEaD model of leadership as an evidence-based framework for action by leaders that provides diagnostic and intervention measures and thus makes an important contribution to a sustainable and worthwhile investment in leadership. Keywords Digital leadership · Leadership culture · Digital transformation · New work design · Change management · Competencies · Competence management · Competency models · Management diagnostics · Leadership development · Leadership training · Leadership research · Ambidexterity · Ambidextrous management · Evidence-based management 1 Führung als wichtiger Erfolgsfaktor in der sierung fit zu machen? Das in den nachfolgenden Kapiteln digitalen Transformation näher beschriebene LEaD-Modell der Führung ist ein Rah- menmodell und unterstützendes Werkzeug bei der Auswahl Welche Rolle spielt Führung für den Unternehmenserfolg und Entwicklung von Führungskräften und gibt mit seinen in Zeiten der digitalen Transformation? Digital Leadership 18 Dimensionen wertvolle Hinweise für ein situationsan- (Dörr et al. 2018) umfasst moderne Konzepte der Führung, gemessenes Agieren der Führungskräfte in verschiedenen die neue Anforderungen an Führung im digitalen Wandel Kontexten, wie auch insbesondere dem der digitalen Trans- beschreiben. Welpe et al. (2018) formulieren mit den „Big 5 formation. des Digital Work Designs“ Kompetenzen, die mit einer neu- en Führungskultur einhergehen, welche sich unter anderem durch mehr Offenheit, Vertrauen, Kollaboration und Ge- 2 Konzeption, Entwicklung und Validierung sundheitsorientierung auszeichnet und zentrale Erfolgsfak- des LEaD-Kompetenzmodells der Führung toren darstellen, dass Unternehmen in einer globalen, dy- namischen und zunehmend vernetzten Welt die notwendige Mit der Entwicklung des LEaD-Modells wurde das Ziel ver- Agilität und Adaptionsfähigkeit entwickeln (vgl. Kauffeld folgt, ein universelles, evidenzbasiertes und zugleich pra- und Maier 2020). Die Anforderungen an Führungskräfte, xisorientiertes, flexibel anwendbares Kompetenzmodell für die sich durch die digitale Transformation ergeben, wie die Führungskräfteauswahl und -entwicklung zu konzipie- z. B. Umgang mit neuen Technologien, mehr Team- und ren. Universell bedeutet, dass es für Führungspositionen Vertrauenskultur, geteilte Führung und stärkere vernetzte auf unterschiedlichen Hierarchiestufen und in unterschiedli- Zusammenarbeit, sind aber nicht völlig neu. Führungsansät- chen Branchen eingesetzt werden kann. Flexibel bedeutet in ze wie authentische, transformationale oder charismatische diesem Zusammenhang, dass es als grundlegendes Modell Führung haben längst gezeigt, dass Führungsverhalten, das konzipiert ist, das an die spezifischen Anforderungen in Un- Mitarbeitende inspiriert, empowert und Vernetzung fördert, ternehmen angepasst werden kann. Evidenzbasiert und pra- zu mehr Vertrauen und Identifikation mit der Führungs- xisorientiert bedeutet für den Prozess der Kompetenzmo- kraft (Nübold et al. 2015) und letztlich zu höherer Leistung dellierung und die Instrumentenentwicklung, ein wechsel- im Team führt (vgl. Lord et al. 2017). Für Führungskräfte seitiges praxis- und wissenschaftsorientiertes Vorgehen zu kommt es darauf an, in der digitalen Transformation die wählen, orientiert an der rationalen Konstruktionsstrategie richtige Balance zwischen Kerngeschäft und Innovation zu (Fisseni 2004) und den Anforderungen der DIN 33430 an finden. Dabei spricht man von „beidhändiger Führung“ (Pe- berufsbezogene Eignungsdiagnostik (Westhoff et al. 2005). try 2016) oder Ambidextrie (vgl. O’Reilly und Tushman Der zugrundeliegende Kompetenzbegriff im LEaD-Mo- 2013). Wie gelingt es Unternehmen, ihre Führungskräfte dell bezieht sich auf ein verhaltensnahes und performance- für den anstehenden Transformationsprozess der Digitali- orientiertes Verständnis von Kompetenz, definiert als Fä- K
Das LEaD-Kompetenzmodell – wirksam Führen im Kontext der digitalen Transformation 327 higkeiten und Verhaltensweisen einer Führungskraft, die durch persönliche Wertschätzung, Coaching und indivi- zur erfolgreichen Bewältigung von Führungsaufgaben er- duelle Förderung der Kompetenzen, Feedback und dem forderlich sind (Campion et al. 2011; Schippmann et al. Aufzeigen individueller Entwicklungsperspektiven. 2000). Dem LEaD-Modell liegt die Annahme zugrunde, Beispielitem: Die Führungskraft hilft ihren/seinen Mitar- dass über verschiedene Branchen, Hierarchieebenen und beitern Kompetenzdefizite zu erkennen und sich weiterzu- Tätigkeiten hinweg grundlegende Gemeinsamkeiten in den entwickeln. Anforderungen der Führungspositionen bestehen, die im 4. Umfeldgestaltung (Effektiv kommunizieren, Ressourcen Rahmen von Kernkompetenzen abgebildet werden können bereitstellen, Konflikte managen, Veränderungen umset- (vgl. Schippmann et al. 2000) Im Folgenden wird zunächst zen, Beziehungen managen): Die Führungskraft ist sich das LEaD-Modell im Überblick beschrieben. In den weite- der Veränderungen in ihrem Umfeld bewusst und gestal- ren Abschnitten werden die Entwicklung und theoretische tet den Kontext aktiv durch die Etablierung von Kommu- Ableitung sowie die empirische Überprüfung und Validie- nikationsprozessen, durch effektives Ressourcenmanage- rung von „LEaD“ vorgestellt. ment, die Initiierung von Konfliktlösungen und durch ge- zieltes Networking. Dadurch kreiert sie die Rahmenbe- 2.1 Beschreibung des LEaD-Modells dingungen, die für ein effektives und motiviertes Arbei- ten notwendig sind. „LEaD“ bietet einen evidenzbasierten Handlungsrahmen Beispielitem: Die Führungskraft sorgt bei einem Verän- für effektives Führungshandeln (vgl. Dörr et al. 2012, 2016, derungsprozess für das Sichtbarwerden erster Erfolge. 2017b; Schmidt-Huber et al. 2014). Im Modell werden fünf 5. Persönliche Einflussnahme (Selbstvertrauen vermitteln, übergeordnete Kompetenzfelder (mit jeweils einem Bei- Authentizität ausstrahlen, Ambiguitäten managen): Die spielitem) als zentrale Anforderungen an Führungskräfte Führungskraft überzeugt und motiviert durch persönliche beschrieben: Integrität, sie setzt vielseitige soziale Einflussstrategien situationsangemessen ein und vermittelt ihren Mitarbei- 1. Strategieorientierung (Chancen erkennen, Zukunftsper- tenden Selbstvertrauen. Bei ihrer sozialen Einflussnahme spektive formulieren, Innovationen fördern): Die Füh- legt sie Wert auf ein „authentisches Vorbildverhalten“. rungskraft richtet ihr Denken und Handeln klar an den Sie ist sich der verschiedenen Spannungsfelder und Am- Anforderungen des Markts und der Kundenbedürfnisse bivalenzen des Führungsalltags bewusst, geht mit diesen aus und stellt übergreifende Sinnzusammenhänge her. Ei- lösungsorientiert um und handelt reflektiert und gestal- ne zukunftsorientierte strategische Perspektive vermittelt tend. Mitarbeitenden Orientierung, indem das „Big Picture“ Beispielitem: Die Führungskraft macht klar wie wichtig aufgezeigt und der Fokus auf die Marktanforderungen es ist, sich hundertprozentig für eine Sache einzusetzen. und Kundenbedürfnisse gerichtet wird. Es entsteht Moti- vation durch Sinnstiftung. Beispielitem: Die Führungskraft berücksichtigt Kunden- 2.2 Theoretische Ableitung erfolgskritischer bedürfnisse und Trends bei der Entwicklung ihrer/seiner Kompetenzen Strategie. 2. Ergebnissicherung (Ziele vereinbaren, Probleme analy- Die Vielzahl empirischer Erkenntnisse und daraus resultie- sieren, Ergebnisse bewerten): Die Führungskraft leitet renden Handlungsempfehlungen im Feld der Führungsfor- in Kooperation mit den Mitarbeitenden herausfordern- schung in den letzten 25 Jahren – Hiller et al. (2011) be- de Ziele ab, analysiert Problemstellungen, definiert Ver- richten z. B. von 1161 veröffentlichten wissenschaftlichen antwortlichkeiten, initiiert Umsetzungsmaßnahmen und Arbeiten – erweisen sich für die Führungspraxis als zu un- überprüft regelmäßig die Ergebnisse. Motivation entsteht übersichtlich und mit häufig zu hoher Spezifität. In der durch Handlungsorientierung, Selbstwirksamkeit, Ergeb- Führungsforschung werden beispielsweise die vier Strän- nisorientierung und konkrete Erfolgserlebnisse. ge der eigenschaftsorientierten, verhaltensorientierten, si- Beispielitem: Die Führungskraft vereinbart beidseitig tuativen sowie charismatischen/transformationalen Ansätze getragene Ziele. voneinander unterschieden (vgl. im Überblick: Braun et al. 3. Mitarbeiter-/Teamentwicklung (Verantwortung delegie- 2017). Darüber hinaus finden in den vergangenen Jahren ren, Feedback geben, Mitarbeitende coachen, Perspek- weitere Ansätze, wie z. B. zur strategischen und authenti- tiven übernehmen): Die Führungskraft entwickelt und schen Führung, eine verstärkte Aufmerksamkeit: Aufgrund fördert einzelne Mitarbeitende und ganze Teams in ih- der markt- und wettbewerbsbedingten Veränderungen in ren Kompetenzen und unterstützt sie dabei, konstruktiv Organisationen rücken die strategischen Kompetenzen von zusammenzuarbeiten, ihre Ziele zu erfüllen und sich per- Führungskräften (z. B. Boal und Hooijberg 2001) stärker in sönlich bzw. als Team weiterzuentwickeln. Sie motiviert den Fokus. Im Rahmen neuerer Ansätze, dem sogenann- K
328 S. L. Dörr et al. ten „New Leadership Approach“ (vgl. Felfe 2015), wird weiteren Studien empirisch überprüft, um ein valides und darüber hinaus stärker das integrative Zusammenspiel per- reliables Messinstrument zu entwickeln und gleichzeitig sonaler, situativer, verhaltensbezogener und transformatio- die Konstruktvalidität und prädiktive Validität des Modells naler Kompetenzelemente hervorgehoben (vgl. Antonakis zu ermitteln (vgl. Schmidt-Huber et al. 2014). und House 2004; Dörr 2008). Diese Dichte an Ansätzen und Theorien erschwert die 2.4 Empirische Überprüfung des LEaD-Modells: Ableitung von anwendungsnahen Empfehlungen zu evi- Validierung und Gütekriterien denzbasierter Führungsdiagnostik und -entwicklung. Aus diesem Grund wurden für die Entwicklung der LEaD-Mo- Zunächst wurde ein umfangreicher Fragenpool mit dellinhalte wissenschaftliche Führungstheorien gesichtet, 315 Items entwickelt, der sich aus den Inhalten der theoreti- die inhaltlich relevantesten sowie hinsichtlich verschiede- schen Führungsmodelle, den Befunden aus den Behavioral ner leistungs- und einstellungsbezogener Kriterien erfolgs- Event-Interviews und aus den Erkenntnissen aus lang- wirksamsten Führungskonstrukte ausgewählt und in in- jähriger Berater- und Diagnosetätigkeit der Autor*innen haltsnahe Kategorien überführt. Diese Inhaltscluster bilden zusammensetzte. die 5 übergeordneten Kompetenzbereiche des LEaD-Mo- Anschließend wurden im Rahmen einer Prototypizitäts- dells ab: 1) Strategieorientierung, 2) Ergebniserreichung, studie mit Fachexpert*innen (Arbeits- und Organisations- 3) Mitarbeiter-/Teamförderung, 4) Umfeldgestaltung und psycholog*innen) die inhaltlich relevantesten und verständ- 5) Persönliche Einflussnahme. Zur theoriebasierten Opera- lichsten Items jeder LEaD-Kompetenz selektiert. Hierbei tionalisierung des Modells wurden daraufhin die Inhalte der spielte in erster Linie die Passung der Itemformulierung zu inkludierten Führungstheorien den übergeordneten Kompe- den Kompetenzbereichen eine Rolle (hohe Prototypizität). tenzbereichen zugeordnet (vgl. z. B. Campion et al. 2011). Der Itempool wurde durch dieses Vorgehen auf 208 Items So wurde beispielsweise Strategieorientierung mit den Di- reduziert. mensionen „Chancen erkennen“, „Zukunftsperspektiven Die darauffolgende psychometrische Überprüfung der formulieren und Innovationen treiben“ operationalisiert Items diente der weiteren Verdichtung des Fragenpools. (Überblick zur Theorieverortung siehe Schmidt-Huber Hierfür wurde das LEaD-Instrument erstmals im Rahmen et al. 2014). einer Online-Studie angewandt. Alle berufstätigen Teilneh- menden beurteilten das Verhalten ihrer Führungskraft auf 2.3 Praxisbezogene Erweiterung des LEaD-Modells: einer fünfstufigen Skala (1 = Verhalten nie erkennbar bis 5 = Verhalten regelmäßig, fast immer erkennbar). Die beur- Die Praxisrelevanz der fünf theoriebasierten LEaD-Kom- teilten Führungskräfte waren in unterschiedlichen Hierar- petenzbereiche wurde durch eine qualitative Anforderungs- chieebenen tätig (16,5 % im unteren Management, 43,7 % analyse mit Führungskräften verschiedener Hierarchiestu- im mittleren Management, 38,8 % im oberen Management). fen überprüft (Schmidt-Huber et al. 2014). Mit Behavioral- Aus den Ergebnissen der Itemanalyse wurden die 115 Items Event-Interviews (McClelland 1998) wurde der Anforde- mit den besten psychometrischen Eigenschaften selektiert rungsbezug der fünf Kompetenzbereiche validiert: Welchen (z. B. Strategieorientierung: Chancen erkennen „denkt vor- erfolgskritischen Führungssituationen begegnen Führungs- ausschauend und informiert sich über zu erwartende Ent- kräften aus unterschiedlichen Funktionen, Hierarchieebe- wicklungen im eigenen Fachgebiet“), bei inhaltskonvergen- nen und Verantwortungsbereichen? Welche Kompetenzen ten Itempaaren wurde das Item mit den günstigeren Kenn- erweisen sich – aktuell und in Zukunft – als erfolgskritisch werten ausgewählt. und wirksam zur Bewältigung der Herausforderungen? Abschließend wurde eine umfangreiche Validierungsstu- Die Auswertung der Interviews erfolgte durch eine struk- die durchgeführt, um die psychometrische Güte des Instru- turierte Inhaltsanalyse. Von Fachexpert*innen (Arbeits- und ments sowie die Erfolgsrelevanz der Dimensionen (Kri- Organisationspsycholog*innen, langjährige Management- teriumsvalidität) und den Mehrwert des Instruments bei berater*innen) konnten 83 % der gesammelten erfolgskriti- der Aufklärung von Führungserfolg gegenüber bestehen- schen Situationen dem LEaD-Modell zugeordnet werden. den Führungsinstrumenten (inkrementelle Validität) zu er- Aus den verbliebenen 17 % Führungssituationen wurde auf mitteln. praxisrelevante Lücken im LEaD-Modell geschlossen (z. B. Die Validierung und Normierung des Modells und In- die Identifikation von Problemen). Hierfür wurden weitere struments wurden im Rahmen verschiedener Veröffentli- Modelldimensionen, orientiert an empirisch relevanten Ta- chungen bereits publiziert (vgl. Dörr et al. 2017b; Schmidt- xonomien von Führungskompetenzen (Borman und Brush Huber et al. 2014; Schmidt-Huber 2011) und es liegt 1993; Fleishman et al. 1991; Tett et al. 2000), gebildet. ein standardisierter, veröffentlichter LEaD-Fragebogen als Das nunmehr theoriebasierte und praxisorientierte und im Testverfahren vor (vgl. Dörr et al. 2017a). Vor diesem ersten Schritt erprobte Kompetenzmodell wurde in drei Hintergrund wird im Folgenden auf die zentralen Ergeb- K
Das LEaD-Kompetenzmodell – wirksam Führen im Kontext der digitalen Transformation 329 Tab. 1 Auf einen Blick: ausgewählte empirische Ergebnisse der Validierungsstudie (Schmidt-Huber et al. 2014) Inhaltsvalidität & Reliabilität Itemstatistik: Die Kennwerte der Items sprechen mit Mittelwerten von 2,88 < M < 4,15 und Standardabweichungen von 0,92 < SD < 1,27 für die Differenzierungsfähigkeit des Instruments, die Trennschärfen der Items (rit > 0,54) verweisen auf die Prototypizität der Items für die konstruier- ten Dimensionen (Bühner 2006), die Faktorladungen (λ > 0,57) und Kommunalitäten (R2 > 0,32) legen zudem eine gute inhaltliche Erfassung und Homogenität der LEaD-Kompetenzen (=Dimensionen) nahe. Mithilfe der Validierungsstudie konnte der Itempool durch Selektion der psycho- metrisch besten Items weiter auf 54 Items reduziert werden. Die Ergebnisse der Validierung verweisen auf gute Reliabilitätswerte (Cronbachs Alpha für Faktoren-Ebene: 0,82 < α < 0,92; Cronbachs Alpha für Dimensionen-Ebene: 0,79 < α < 0,91). Die inhaltliche Validität wurde durch die iterative Entwicklungsstrategie sichergestellt: Für jede LEaD-Kompetenz wurden verhaltensnahe Fra- gen aus dem theoretischen Fundus und Behavioral-Event-Interviews mit Führungskräften operationalisiert. Konstruktvalidität (faktorielle Validität, konvergente & divergente Validität) Die fünffaktorielle Struktur des LEaD-Kompetenzmodells wurde empirisch im Rahmen der Schmid-Leimann-Prozedur (Verfahren zur Analyse der Interitemkorrelationen) sowie durch konfirmatorische Faktorenanalysen bestätigt (RMSEA = 0,046, CFI = 0,93, TLI = 0,92 und NFI = 0,90). Die Interkorrelationen der Kompetenzen liegen mit r = 0,18 bis r = 0,75 (p < 0,001) in einem akzeptablen Bereich, sodass die Existenz von Kon- struktredundanzen ausgeschlossen werden kann (Bühner 2006). Im Durchschnitt teilen die Kompetenzen 37,9 % der Konstruktvarianz. Die LEaD-Kompetenzen wurden weiterhin von den Teilnehmenden von ineffektiven Verhaltensweisen ihrer Führungskräfte klar abgegrenzt, erkennbar in signifikanten Korrelationen mit den Skalen Laissez Faire und Management by Exception passive des Multifactor Leadership Ques- tionnaire (MLQ, Felfe und Goihl 2002; r = –0,47 bis –0,71). Die substantiell höheren Zusammenhänge der Kompetenzen mit inhaltsnahen Skalen von Messinstrumenten mit einer ähnlichen Zielsetzung – Transformational Leadership Inventory (TLI) und Managerial Practices Survey (MPS), (Felfe und Goihl 2002; Podsakoff et al. 1990; Kim und Yukl 1995) – belegen die Konstruktvalidität des Modells und Fragebogens (r = –0,46 bis 0,68). Gleichzeitig verweist die Höhe der geteilten Konstruktvarianzen mit publizierten Instrumenten darauf, dass mit LEaD keine Replikation be- stehender Instrumente vorliegt, sondern ein eigenständiges Modell und Instrument entwickelt wurde: Die geteilte Varianz mit dem TLI beträgt 40,6 %, mit dem MPS 32,1%. Kriteriumsvalidität Für die Kriteriumsvalidität des LEaD-Fragebogens sprechen die substantiellen Zusammenhänge der einzelnen LEaD-Dimensionen mit verschie- denen subjektiven motivationalen Erfolgsvariablen (Extra-Anstrengung (R2 = 0,61), Zufriedenheit mit der Führungskraft (R2 = 0,79), Effektivität der Führungskraft (R2 = 0,81), affektives Commitment (R2 = 0,40)), subjektiven leistungsbezogenen Erfolgskriterien (Gruppenleistung (R2 = 0,27), Innovationsverhalten (R2 = 0,19), individuelle Leistung (R2 = 0,07)) sowie dem zunehmend bedeutsameren Kriterium des Stresserlebens der Mit- arbeiter (R2 = 0,25) sowie. Auch mit objektiven Erfolgsvariablen, wie z. B. 1-Item-Messung zu Fehlzeiten (R2 = 0,05) und zur variablen Vergü- tung (R2 = 0,16), resultieren teilweise signifikante Zusammenhänge. Mit Ausnahme einer LEaD-Kompetenz („Probleme analysieren“) erweisen sich alle anderen LEaD-Kompetenzen im Rahmen von schrittweisen Regressionen bei mindestens einem Erfolgsmaß als statistisch bedeutsame Prädiktoren: Die höchste Erfolgsrelevanz weisen dabei die Kompe- tenzen „Zukunftsperspektive vermitteln“ (Strategieorientierung), „Verantwortung delegieren“, „Feedback geben“, „Perspektiven übernehmen“ (Mitarbeiter-/Teamentwicklung), „Ressourcen bereitstellen“ (Umfeldgestaltung) und „Authentizität vermitteln“ (persönliche Einflussnahme) auf. Die zunehmende Bedeutung veränderungsorientierter Einflussstrategien zeigt sich vor allem darin, dass die LEaD-Kompetenzen „Zukunftsper- spektiven aufzeigen“, „Innovationen treiben“ und „Veränderungen managen“ signifikante Prädiktoren von Innovationsleistung und auch affekti- vem Commitment, emotionaler Bindung zum Unternehmen, darstellen. Es konnten keine systematischen Unterschiede in den Zusammenhängen zwischen den LEaD-Dimensionen und den Erfolgsmaßen zwischen unterschiedlichen Hierarchieebenen ermittelt werden. Die LEaD-Kompetenzen klären im Vergleich zu anderen bewährten Instrumenten zur Messung von Führungsverhalten (TLI und MPS) inkremen- telle Varianzanteile zwischen 1 bis 20 % auf, d. h. liefern hinsichtlich verschiedener Erfolgsmaße der Führung einen höheren Prognosewert. Die Interraterübereinstimmungen zwischen den Urteilen der Mitarbeitenden je einer Führungskraft (N = 184, 21 Teams) beträgt rwg(3) = 0,76 bis 0,92, die Intra-Klassenkorrelationswerte liegen bei einem durchschnittlichen ICC(1) von 0,31 sowie einem durchschnittlichen ICC(2) von 0,74. Die Ergebnisse weisen auf eine hohe Übereinstimmung der Mitarbeiterurteile und eine ausreichende Differenzierung der Kompetenzen zwischen den Teams hin. Der Kennwert ICC(1) drückt aus, mit welcher Genauigkeit im Durchschnitt ein*e einzelne*r Mitarbeiter*in das Führungsver- halten beurteilt. Der Wert ICC(2) repräsentiert die Schätzung der Reliabilität der Gruppendurchschnitte. In der Regel fällt ICC(2) höher aus als ICC(1), da gemittelte Werte mehrerer Beurteiler*innen individuelle Fehleranteile ausgleichen können (vgl. Bliese 2000). Die Validierungsstichprobe (N = 765) setzt sich aus Teilnehmenden unterschiedlichster Branchen (v. a. Finanzdienstleistung, Gesundheits- und Sozialwesen, Industrie, Information & Kommunikation, Dienstleistung), Hierarchieebenen (22,2 % unterstes, 43,1 % mittleres, 34,7 % oberstes Management) und Tätigkeitsfeldern zusammen, die jeweils die LEaD-Kompetenzen ihrer aktuellen oder ehemaligen Führungskraft einschätzen (Online-Fragebogen, Dauer ca. 30 min, 227 Items) K
330 S. L. Dörr et al. Tab. 2 Ökonomie, Handhabbarkeit & Akzeptanz des LEaD-Modells Organisation mit dem LEaD-Modell in Einklang zu brin- Ökonomie & Handhabbarkeit gen oder spezifische Kompetenzdimensionen des Unterneh- Das Kompetenzmodell umfasst 5 Kompetenzbereiche und 18 Kompe- mens als Erweiterung zu LEaD aufzunehmen (Praxisbei- tenzen, die mit einem Fragebogen („LEaD-Feedback“) mit 54 Items spiel siehe Dörr et al. 2016). (3 Items je Kompetenz) erhoben werden können. In Praxiseinsätzen wird LEaD in enger Zusammenarbeit Die Befragungsdauer von ca. 15 bis 20 min für das LEaD-Feedback mit den Anwender*innen bzw. dem Unternehmen vor dem im Selbst- und Fremdbild ermöglicht ökonomische Befragungspro- zesse und wird mit externer Unterstützung bedarfsorientiert gesteuert Hintergrund des jeweils verfolgten Umsetzungsziels gestal- und begleitet. tet. Vor dem Einsatz erfolgt eine umfassende Situations- Die Erhebungssoftware zum Online-Fragebogen kann flexibel genutzt und Bedarfsanalyse, unabhängig vom Anwendungsfeld des werden und ermöglichen eine unkomplizierte Kommunikation mit Modells. Ein typischer Einsatzbereich ist das Führungsfeed- den Teilnehmenden. back, das in 90-Grad bis 360-Grad-Varianten zur Verfügung Die Inhalte können modular variiert werden und sichern damit die steht und in Form eines Online-Befragungsprozesses ge- Anschlussfähigkeit an unternehmensspezifische Leitbilder und beste- hende Kompetenzmodelle. steuert werden kann (vgl. Dörr et al. 2017a, b). Akzeptanz Im Rahmen der Anwendung von LEaD wird zudem der Evidenzbasierte und erfolgskritische Kompetenzbereiche des LEaD- Anspruch verfolgt, auch den klassischen Anforderungen an Modells ermöglichen eine breite Anwendbarkeit und tragen zur Ak- Ökonomie, Handhabbarkeit und Akzeptanz von Testverfah- zeptanz unter den Anwendern bei (hoher Grad an Plausibilität) – ren nachzukommen (vgl. Tab. 2). Der bereits mehrjähri- darüber hinaus werden die Standards zur Umsetzung von Führungs- ge Einsatz des LEaD-Modells hat gezeigt, dass Anwen- feedback berücksichtigt (vgl. London 2003): der*innen neben dessen inhaltlicher Ausgestaltung beson- Die Anonymität für Feedbackgebende schafft die Basis für offene Rückmeldungen. ders auch den praxisorientierten Ansatz schätzen. Durch die externe Steuerung des Befragungsprozesses sind die Rück- Abschließend gibt Abb. 1 einen Überblick über den ge- meldungen vertraulich und nicht verfälschbar. samten Entwicklungsprozess des LEaD-Modells: Zunächst Die gewährleistete Prozesstransparenz für alle Beteiligten gibt Sicher- wurden verschiedene erfolgsversprechende Führungskon- heit zum Umgang mit den Daten, den Ergebnissen und Rückmelde- zepte integriert und im Rahmen wissenschaftlicher Studien prozessen. auf deren Validität und Anwendungsflexibilität hin über- Feedback zum Ergebnisbericht unterstützt den konstruktiven Umgang prüft. Aus den Validierungsstudien wurden dann die Inhal- mit den Ergebnissen und fördert die Nachhaltigkeit der Umsetzung. te des LEaD-Modells schrittweise präzisiert und evidenzba- Beratung zu Einbindung der Feedbackgebenden in die Ergebnisrück- meldung unterstützt Informationstransparenz, fördert Kooperations- siert verdichtet. Die Anwendung in der Praxis erfolgt anfor- prozesse und sorgt für einen verantwortungsvollen Umgang mit den derungsbezogen und ermöglicht die Durchführung diagnos- Befragungsergebnissen. tischer Maßnahmen, wie z. B. dem bereits beschriebenen Führungsfeedback oder einem Managementaudit sowie die inhaltliche Ausgestaltung von Entwicklungsinterventionen nisse der Validierung zur Überprüfung der Gütekriterien wie Coachingmaßnahmen, Trainingsformate und Beratung eingegangen (Tab. 1). zu Change-Management. Das evidenzbasierte LEaD-Modell und der LEaD-Fra- gebogen erfüllen wesentliche wissenschaftliche Anforde- rungen (z. B. Gütekriterien der Reliabilität und Validität 3 Veränderungen in der Arbeitswelt mit sowie Orientierung an Standards für psychologisches Tes- Auswirkungen auf die Führung ten) und praktische Anforderungen (z. B. Ökonomie, Ak- zeptanz, Adaptabilität an Anforderungen, Aufzeigen von Die Arbeitswelt wird, unabhängig von Branche und Orga- Ansatzpunkten für Interventionen, etc., vgl. z. B. Kauffeld nisationsziel, virtueller, flexibler und schneller (Maier et al., und Paulsen 2018). Die 18 LEaD-Dimensionen wurden tä- 2020). Dabei lassen Entwicklungen im Bereich der Robotik tigkeits- und branchenübergreifend konzipiert und können (Steil und Maier 2017, 2020), der Nutzung von AR-Brillen für verschiedene Führungspositionen und Hierarchieebenen im betrieblichen Alltag (vgl. z. B. Bentler et al. 2019; Paru- eingesetzt werden. Durch die theoretische Verankerung des zel et al. 2020) oder der zunehmenden Digitalisierung des Modells steht ein erprobtes Kompetenzmodell zur Verfü- Auftragsdurchlaufs (Schlicher et al. im Druck) nur erahnen, gung, das sowohl evidenzbasierte als auch praxisrelevante wie die Arbeitswelt von morgen aussieht. Der Fokus über Inhalte kondensiert integriert. Der Umfang des LEaD-Mo- die Auswirkungen der „neuen“ Technologien lag bislang dells lässt dabei organisationsspezifische Erweiterungen zu, vornehmlich auf den Mitarbeiter*innen (vgl. z. B. Ötting sodass spezielle Anforderungen, Kulturspezifika und Rah- et al. 2020a) und (noch) nicht so sehr auf den Führungs- menbedingungen von Organisationen oder Führungsposi- kräften. tionen berücksichtigt werden können, wie z. B. die Begriff- Schon seit einiger Zeit kursieren Schätzungen darüber, lichkeiten der Führungsleitsätze/des Führungsmodells einer wie viele Berufe in der Arbeitswelt der Digitalisierung zum K
Das LEaD-Kompetenzmodell – wirksam Führen im Kontext der digitalen Transformation 331 Abb. 1 Entwicklung und An- wendung des LEaD-Kompe- tenzmodells im Überblick Opfer fallen; die ersten Zahlen fielen teilweise erschreckend matisierungsmöglichkeit an (https://job-futuromat.iab.de/). hoch aus. Beispielsweise schätzen Frey und Osborne in ih- Das Dilemma bei der zunehmenden Digitalisierung besteht rer Studie (2017), dass 47 % der Beschäftigten in den USA darin, dass Beschäftigte inzwischen oftmals mit Angst auf Tätigkeitsprofile mit einem hohen Risiko für Automatisie- diese sich abzeichnenden Veränderungen reagieren (Pfaf- rung aufweisen. Vergleichbare Schätzungen für Deutsch- finger et al. 2020). Des Weiteren wird vielfach behauptet, land fallen nicht ganz so hoch aus (vgl. z. B. im Überblick: dass Organisationen, die den Anschluss an den Trend der Diewald et al. 2020). Zwar wird in vielen dieser Schätzun- Digitalisierung versäumen, langsamer, unflexibler und un- gen betont, dass vor allem geringer Qualifizierte von den wissender als die digitalen Vorreiter seien und damit mit- Veränderungen stark betroffen seien, doch nach aktuellen tel- bis langfristig aus dem Markt verdrängt würden (vgl. Einschätzungen bleiben auch die Tätigkeiten von Führungs- O’Reilly und Tushman 2016). kräften nicht unberührt von dieser Entwicklung: Die Ab- Führungsaufgaben werden von der zunehmenden Di- frage zum Automatisierungspotenzial von Gruppen- bzw. gitalisierung nicht verschont bleiben. Betroffen sind die Teamleiter*innen zeigt beispielsweise eine 33 %ige Auto- Führungsaufgaben dadurch, dass sie vollständig substi- K
332 S. L. Dörr et al. tuiert werden, Führungskräfte durch digitale Technologie um, über das Teams gebildet und geführt wurden (Larson unterstützt werden (digitale Assistenten) oder sich neue und DeChurch 2020). Aufgabenfelder bzw. -inhalte abzeichnen. Ein an Bedeu- Schwarzmüller et al. (2015) haben in einer Studie zu den tung zunehmendes Aufgabenfeld ist dabei sicherlich, di- Herausforderungen für Organisationen in der digitalisierten gitale Veränderungen im eigenen Umfeld zu bewältigen, Welt, wie z. B. zunehmende Flexibilisierung, Demokratisie- entsprechende Technologie erfolgreich im eigenen Be- rung und Konnektivität, entsprechende neue Anforderungen reich einzuführen, dabei vorhandene Aufgabenfelder im an Führungskräfte abgeleitet (vgl. Welpe et al. 2018). Bei- Team neuzugestalten und vor allen Dingen die eigenen spielsweise werden Regelungen der Zusammenarbeit und Teammitglieder bei der Einführung der neuen Technolo- Delegation von Arbeitsaufgaben an Bedeutung gewinnen, gie zu unterstützen und sie für die Nutzung der neuen damit ein eigenverantwortliches Handeln und effektives Ar- Technologie zu gewinnen. Ebenfalls ein neues Feld dürfte beiten gewährleistet wird. In Interviews mit Führungskräf- es dabei auch sein, hybride Teams zu führen. Nicht nur ten und Expert*innen fanden Schwarzmüller et al. (2016) technikorientierte Publikationen (vgl. z. B. Seeber et al. drei besondere Schwerpunkte, wie sich das „Mindset“ und 2020), sondern mittlerweile auch in der Führungsforschung das Verhalten effektiver Führung in Zukunft verändern müs- wird davon ausgegangen, dass es in Zukunft auch hybride sen: Teams (zusammengesetzt aus Menschen und weitgehend 1. Zuallererst sind von Führungskräften veränderte Ein- gleichberechtigten technischen Agenten) geben wird (vgl. flussstrategien gefordert: Sie müssen mehr Macht abge- z. B. Larson und DeChurch 2020), die auch geführt werden ben, Autonomie fördern und eine Zusammenarbeitskul- müssen. tur von Vertrauen und Partizipation stärken. Digital vermittelt Führung über entsprechende Kom- 2. Weiterhin rückt beziehungsförderliches Verhalten stärker munikationsplattformen, wie z. B. e-leadership (Avolio in den Fokus, was z. B. bei agiler Team- und Projektarbeit et al. 2000), war in dieser Entwicklung lediglich ein erster eine zentrale Bedeutung spielt: Führungskräfte müssen Zwischenschritt. Bei diesen Formen digital vermittelter stärker auf individuelle Bedürfnisse eingehen und Wert- Führung hatte die Technologie keinen eigenständigen Bei- schätzung für Personen, deren Expertise, Arbeitsstile trag bei der Erledigung von Führungsaufgaben (Wesche und Kompetenzen vermitteln. Eine übergreifende Zu- und Sonderegger 2019), sondern war lediglich ein Medi- Tab. 3 Exemplarische marktbezogene und technische Entwicklungen in übergeordneten Kompetenzfeldern von Führungskräften Übergeordnete Kompetenzfelder im LEaD- Marktbezogene und technologische Entwicklungen Modell Strategieorientierung: Roboter als Vorstandsmitglied: Zolfagharifard (2014) Chancen erkennen, Zukunftsperspektiven Großer Anteil der Tätigkeiten von Non-Executive Directors kann durch KI unterstützt oder formulieren, Innovationen fördern ersetzt werden: Jesuthasan und Ganu (2019) Diskussion von Vor- und Nachteilen der Integration von KI in den Vorstand: Hilb (2020) Neue Geschäftsmodelle durch Ambidextrie: O’Reilly und Tushman (2016) Ergebnissicherung: Algorithmisches, datengetriebenes Management (Ziele vorgeben, Leistung bewerten): Lee Ziele vereinbaren, Probleme analysieren, et al. (2015) Ergebnisse bewerten Roboter geben Ziele vor und ermuntern zur Einhaltung: Geiskkovitch et al. (2015) Roboter weisen Aufgaben zu: Gombolay et al. (2014) Aufgabenverteilung und Entscheidung über Trainings (Gedankenexperimente): Ötting und Maier (2018, 2021) Entscheidung über Urlaub: Schlicker et al. (2021) Mitarbeiter-/Teamentwicklung: Einsatz von Augmented Reality (AR) statt erfahrener Person (z. B. Meister, Ausbilder, Verantwortung delegieren, Feedback geben, Schichtleiter) zum Anlernen von Beschäftigten: z. B. Neumann et al. (2020); Ometov et al. Mitarbeiter coachen, Perspektiven übernehmen (2021); Palmarini et al. (2018) KI unterstütztes virtuelles Bewerbertraining, inkl. Feedback: Langer et al. (2016) Umfeldgestaltung: Teamzusammensetzung Algorithmus-gesteuert unterstützen: MyDreamTeam (s. Larson und Effektiv kommunizieren, Ressourcen DeChurch 2020) bereitstellen, Konflikte managen, Personalauswahl unterstützt durch KI: z. B. Langer et al. (2020a, b) Veränderungen umsetzen, Beziehungen managen Führungskräfte müssen in Zukunft verstärkt den Wandel gestalten: z. B. Schein und von Ameln (2019); Ötting et al. (2020b) Persönliche Einflussnahme: „Agiles Mindset“ der Führung durch mehr Zusammenarbeitskultur, beziehungsförderliches Selbstvertrauen vermitteln, Authentizität aus- Verhalten und agiles Management notwendig: Welpe et al. (2018) strahlen, Ambiguitäten managen K
Das LEaD-Kompetenzmodell – wirksam Führen im Kontext der digitalen Transformation 333 sammenarbeit – weg von „Silos“ – erfordert ein stärkeres es kein völlig neues Phänomen, dass die Einführung neuer Teambuilding. Technologien bestehende Rollen in Organisationen in Fra- 3. Schließlich kommt Führungskräften eine immer stärkere ge stellt und sie teilweise neu ausgehandelt werden müssen Rolle als „Enabler“ zu, um erhöhte Kompetenzanforde- (vgl. z. B. eine Studie zur Einführung von CT-Geräten in rungen zu managen: Dabei führen sie Mitarbeitende und Radiologischen Abteilungen von Krankenhäusern: Barley Teams stärker auf Distanz, bündeln die Leistungen zu- 1986). Neu an den aktuellen Technologien ist, dass sie sich nehmend in diversen Teams. mit (z. B. Roboter) oder ohne (z. B. KI, Bots) Körperlichkeit sehr flexibel an neue Situationen anzupassen beginnen. Die in diesem Zusammenhang wachsende Bedeutung der Was zeigt die exemplarische Übersicht in Tab. 3? Ers- geteilten Führung stellt keinen Gegensatz zu klassischer tens wird deutlich, dass alle Führungsebenen, begonnen mit Führung durch eine Person dar. Empirisch konnte gezeigt Team- und Schichtleiter*innen bis hin zum Top-Manage- werden, dass vertikale Führung den Einfluss geteilter Füh- ment und der Geschäftsführungsebene von diesen Entwick- rung sogar verstärken kann (Grille et al. 2015). lungen betroffen sind. Zweitens zeigt sich, dass viele Kom- Weitere Kompetenzanforderungen entstehen inhaltlich petenzfelder betroffen sind: Insofern als technische Agenten durch neue Geschäfts- und Vertriebsmodelle und tech- schon Vorstandsmitglieder sind, ist die Strategieorientie- nologisch durch neue Methoden- und IT-Anforderungen. rung betroffen. Ziele vereinbaren, Aufgaben verteilen und Führungskräfte müssen in der Lage sein, neben dem Kern- der Personaleinsatz wird in mehr oder weniger großem Um- geschäft neue innovative Geschäftsmodelle zu entdecken fang KI-unterstützt gesehen und die Auswirkungen analy- und zu entwickeln. O’Reilly und Tushman (2016) ha- siert – insofern ist die Ergebnissicherung betroffen. Auch ben in dem Ansatz der Ambidextrie die Herausforderung im Bereich der Mitarbeiterentwicklung kommen neue Tech- an Führung beschrieben, die zunächst ambivalenten Fä- nologien zum Einsatz, z. B. beim Anlernen von Beschäftig- higkeiten „to exploit“ (Kerngeschäft der Organisation zu ten in der Produktion durch KI-gestützte AR-Technologie. managen) und „to explore“ (Innovationsleistungen zu för- Neben der verstärkten Kompetenzförderung müssen Füh- dern) gleichzeitig managen zu können. Unternehmen, so rungskräfte stärker Autonomie fördern und mit agilen Me- die Autoren, die effizient und ökonomisch wirtschaften, thoden die übergreifende Zusammenarbeit fördern. Auch sind nicht zwangsläufig auch in der Lage, neue innovative bei der Gestaltung des Umfelds kommt KI zum Einsatz, Geschäftsfelder zu entwickeln und zu etablieren. Im Ge- z. B. für die Zusammenstellung optimaler Teams, oder die genteil: Eine hohe ökonomische Effizienz kann sich sogar Personalauswahl wird durch KI unterstützt und die Folgen als hinderlich oder unvereinbar mit einer Innovationskul- davon untersucht. Drittens zeigt sich hinsichtlich der Per- tur erweisen. O’Reilly und Tushman (2016) heben vier sönlichen Einflussnahme, dass einerseits eine neues „Mind- Erfolgsfaktoren hervor, wie Ambidextrie im Unternehmen set“ der Führung gefragt ist, aber andererseits noch kaum umgesetzt werden kann. Zunächst bedarf es 1) einer klaren technologische Entwicklungen ausgemacht werden konn- strategischen Ausrichtung, die sich auf eine Entwicklung ten, die diesen Kompetenzbereich betreffen. innovativer Geschäftsfelder fokussiert, neue Märkte er- schließt und neue Kompetenzen hierfür aufbaut. Darüber hinaus erfordert Ambidextrie 2) ein klares Commitment 4 Implikationen für die Praxis des Top Managements hinsichtlich finanzieller, organisato- rischer und personeller Anforderungen. Es bedarf 3) einer Der Kontext der digitalen Transformation erfordert eine strukturellen Architektur in Unternehmen, die es mög- Führungskultur, in der Führungskräfte verstärkt den Wan- lich macht, beide Geschäftsstrategien (to exploit und to del gestalten (Ötting et al. 2020b), wie eine Studie mit Ex- explore) simultan umzusetzen, jedoch in unabhängigen pert*innen aus KMU zeigt. In dieser Rolle als „Change organisatorischen Einheiten. Die gemeinsame Identität für Leader“ (vgl. Bohn et al. 2015) und Gestalter*innen sind sie das Unternehmen wird durch 4) eine übergreifende Vision verstärkt gefordert, „Brücken zu bauen, übergreifende Zu- und Kultur geschaffen. In vielen Projekten hat sich ge- sammenarbeit herzustellen, Mitarbeitende zu befähigen und zeigt, dass neben einer einheitlich kommunizierten Vision, zu inspirieren“ (vgl. Preusser und Bruch 2014). Das bedeu- Strategie und übergreifenden Werten auch eine ausgeprägte tet, dass es neben der Berücksichtigung der sich vermehrt Konfliktfähigkeit vom gesamten Management gefordert ist. ändernden Kompetenzen der Beschäftigten (vgl. z. T. Schli- Im Folgenden soll kurz darstellt werden, welche Kompe- cher et al. im Druck) genauso wichtig sein wird, auch die tenzfelder klassischer Führungskräfte durch aktuelle markt- sich daraus ändernden Kompetenzen von Führungskräften bezogene und technische Entwicklungen der Digitalisie- im Fokus zu behalten und nicht zu vernachlässigen. Dabei rung tangiert werden, indem exemplarisch gezeigt wird, ist besonders darauf zu achten, dass nicht nur die aktuellen, welche digitalen Entwicklungen sich aktuell in diesen klas- sondern auch die zukünftigen Kompetenzen der Führung sischen Feldern abzeichnen (vgl. Tab. 3). Grundsätzlich ist ermittelt werden (vgl. Kato-Beiderwieden et al. im Druck). K
334 S. L. Dörr et al. Abb. 2 „Beidhändige Führung“ TRADITIONELLE FÜHRUNG LEaD-KOMPETENZEN DIGITAL LEADERSHIP mit dem LEaD-Modell im Span- nungsfeld von Traditioneller Kerngeschä vorantreiben < Strategieentwicklung> Innovaon fördern Führung und Digital Leadership (“exploit”) Marktchancen erkennen, Zukunsperspekven formulieren (“explore”) Innovaon treiben Top-Down Prozesse Boom-up Prozesse Im Fokus sind lineare Planungsprozesse und kaskaden- Im Fokus stehen Opportunitäten zu nutzen und itera- förmige Umsetzungsprozesse, zentrale Anweisungen ve Prozesse und Co-Kreaon zu ermöglichen, z.B. in und Entscheidungen liegen im Management - das Ma- Form von agilen Methoden - das Management führt nagement hat Definionsmacht durch Inspiraon und „Ermöglichung“ Vorgabe und Kontrolle < Ergebniserreichung > Selbstverantwortung stärken Einzelziele / -leistung Ziele vereinbaren, Probleme analysieren, Ergebnisse bewerten Teamziele / -leistung Zentral sind klare Ziel- und Jahresplanungen in festge- Es kommt vor allem auf flexible Planungsprozesse an: legten Beurteilungszeiträumen: Führungskräe steuern, Führungskräe fördern Selbststeuerung, konnuierli- planen und kontrollieren Ergebnisse, sie vermeiden che Reflexion der Qualität und Ergebnisse und lernen Fehler aus Fehlern Management (transakonal) < Mitarbeiter-/Teamentwicklung > Leadership (transformaonal) „Silodenken“ Verantwortung delegieren, Feedback geben, Mitarbeitende übergreifende coachen, Perspekven übernehmen Zusammenarbeit Führung geschieht in erster Linie durch Planung, Anwei- Führung meint in erster Linie Empowerment und sung und Kontrolle, Informaonen fließen von oben Coaching, Verantwortung zu übertragen und offenes nach unten, Lernen erfolgt vorwiegend durch zentrale Feedback zu geben, Informaon und Wissen zu teilen, Weiterbildungsangebote; Leistung steht vor individuel- Selbstlernprozesse anzustoßen, Leistung und Acht- len Bedürfnissen samkeit für Gesundheit sowie Work-Life-Balance im Blick zu behalten Effizienz und Stabilität < Umfeldgestaltung> Wachstum & Veränderung Problemorienerung Effekv kommunizieren, Ressourcen bereitstellen, Konflikte Lösungsorienerung managen, Veränderungen umsetzen, Beziehungen managen Im Vordergrund steht Risikominimierung durch hohen Innovaon entsteht durch Experimeneren und Nut- Kostendruck, wenig Spielraum für Kreavität und Inno- zen von Opportunitäten, der Anwendung agiler Me- vaon durch formale Kommunikaonswege und Kon- thoden wie z.B. Scrum und einer konstrukven Fehler- fliktvermeidung – die Führungskra arbeitet „im Sys- lernkultur – die Führungskra arbeitet „am System“ tem“ (Change Controller) (Change Leader), macht Erfolge sichtbar und betrach- tet Konflikte als Chance Hierarchie- < Persönliche Einflussnahme > Beziehungs- und und Posionsmacht Selbstvertrauen vermieln, Authenzität ausstrahlen, Ambigui- Expertenmacht tät managen Formelle Macht und hierarchische Entscheidungen ste- Transparente und verbindliche Werte und Rollen stär- hen im Vordergrund mit der Gefahr, Intransparenz und ken eine Vertrauenskultur durch Beteiligung, dynami- Abgrenzungen zu erzeugen – der individuelle Machter- sche Entscheidungen, die Mut zum Risiko ermöglichen halt und die Angst vor Konsequenzen führen dazu, dass – Führungskräe handeln authensch, empathisch Führungskräe omals Risiko, Unsicherheit und Ambi- und sind in der Lage, Zielkonflikte zu managen valenz vermeiden Mit dem LEaD-Modell steht dafür ein unternehmensunab- gehend davon, ob eher ein traditionelles oder ein digitales hängiges Kompetenzmodell zur Verfügung, das auch die Führungsverhalten situativ erforderlich und zielführend ist. zukünftigen Kompetenzen berücksichtigt und abbildet. Die aktuell im Rahmen der digitalen Transformation In Abb. 2 werden die LEaD-Kompetenzen im Sinne ei- als digital Leadership bezeichneten Führungsansätze (vgl. ner „beidhändigen Führung“ im Spannungsfeld von tradi- Buhse 2012, 2014; Dörr et al. 2018) favorisieren ein Füh- tioneller Führung und Führung in digitalem Wandel (Di- rungsverhalten, das stärker dem New Leadership Approach gital Leadership) aufgezeigt. Dieses Spannungsfeld ist für entspricht. Das Konzept der Ambidextrie oder beidhän- Führungskräfte ein Balanceakt, der sie vor die Herausfor- digen Führung (O’Reilly und Tushman 2016) steht dabei derung stellt, zum einen das aktuelle Kerngeschäft effektiv für ein „sowohl als auch-Prinzip“ der Führung, bei dem zu managen und zum anderen flexibel und innovativ neue ein aufgaben- und ergebnisorientiertes mit einem visionär- Geschäftsmodelle zu entwickeln. Diese Führungskomple- beziehungsorientiertem Führungsverhalten ausbalanciert xität wird auch mit „beidhändiger Führung“ umschrieben wird, um die ökonomische Effizienz und innovative Trans- (Dörr et al. 2018; Petry 2016). Im Vordergrund steht dabei formation im Unternehmen zu erreichen. immer ein situationsgerechtes Ausbalancieren des indivi- Wirksames Führungsverhalten kann mithilfe des LEaD- duellen Führungsverhaltens (vgl. Grote et al. 2009), aus- Modells in der Unternehmenspraxis im Sinne einer „ent- K
Das LEaD-Kompetenzmodell – wirksam Führen im Kontext der digitalen Transformation 335 wicklungsorientierten Diagnostik“ (vgl. Dörr et al. 2016) ob die bisherige Anforderungen ablösenden Kompetenzen sowohl gemessen als auch entwickelt werden. Die Anwen- nicht lediglich methodisch unzulänglich gekelterter „alter dung in der Praxis erfolgt dabei auf individueller und orga- Wein in neuen Schläuchen“ sind (vgl. hier z. B. Ebner nisationaler Ebene: et al. 2018; Sarges 2006). Inzwischen sind neben prak- Auf individueller Ebene als tischen Erfordernissen auch wissenschaftsnahe Kriterien bei der Entwicklung berücksichtigt worden, nach solchen Feedbackinstrument zum Führungsverhalten mit bis zu Kriterien können Benchmarks durchgeführt werden (vgl. 4 Fremdperspektiven (90°-/180°-/270°-/360°-Feedback), Liebenow et al. 2020) und wir glauben mit der Entwicklung Instrument zur Identifikation von Potenzialen und Ent- des LEaD-Modells einen Beitrag dazu geleistet zu haben. wicklungsbedarfen im Rahmen der Führungskräfteaus- Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass effektive wahl und -entwicklung, z. B. als Management-Audit, Führung gerade im Kontext des digitalen Wandels ein Informationsquelle bei Potenzialeinschätzungsverfahren Schlüsselfaktor für den Unternehmenserfolg bleibt. Ein zur Steigerung der prognostischen Validität und „Return on Leadership“ wird jedoch nur erzielt werden, Instrument zur Veränderungsmessung und Erfolgskon- wenn effektive Führung als „harte Währung“ verstanden trolle für effektive Führung. wird und Unternehmen in die professionelle Auswahl und Auf organisationaler Ebene zur Entwicklung ihrer Führungskräfte investieren (Avolio et al. 2010). Das evidenzbasierte LEaD-Modell bietet in diesem Beschreibung von Soll-Anforderungen zu erwarteten Zusammenhang ein praxistaugliches Instrumentarium für Führungskompetenzen, die Auswahl und Entwicklung von Führungskräften, die im inhaltlichen Gestaltung von Führungsentwicklungspro- Spannungsfeld von ökonomischer Effizienz und innovativer grammen, Transformation handeln. Gestaltung von Change-Management-Prozessen, Evaluierung und Identifikation von Verbesserungspoten- Funding Open Access funding enabled and organized by Projekt zialen der bestehenden Führungskultur von Unternehmen DEAL. oder einzelnen Unternehmensbereichen sowie Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Na- Erstellung unternehmens- und positionsübergreifender mensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nut- Benchmarks zu Führungskompetenzen. zung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprüng- Eine Erweiterung der Messung von Führungskompeten- lichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zen in der Praxis könnte künftig durch eine verstärkte Dia- zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. gnostik implizierter Motive erzielt werden (vgl. Jacobs und McClelland 1994). Untersuchungen zum sog. „Leadership Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial Motiv Pattern“ zeigten, dass sich vor allem das sozialisierte unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das be- Machtmotiv günstig auf den Führungserfolg auswirkt (vgl. treffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz McClelland und Boyatzis 1982). Jüngere Studien heben vor steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschrif- allem die Bedeutung des immer wichtiger werdenden Be- ten erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des ziehungsmotivs (vgl. z. B. Steinmann et al. 2015, 2020, Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. 2016) hervor, da Führungskräfte in Zeiten zunehmender Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation Veränderungen stärker gefordert sind, vertrauensvolle Ko- auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de. operationen aufzubauen. Insofern ist es sinnvoll, die Mes- sung von Kompetenzen mittels des LEaD-Modells um die Literatur Diagnose impliziter Motive zu erweitern, wie erste Anwen- dungen in der Praxis zeigen (Dörr et al. 2016). Antonakis, J., & House, R. J. (2004). On instrumental leadership: beyond transactions and transformations. Omaha: UNL Gallup Leadership Institute Summit. Avolio, B. J., Kahai, S., & Dodge, G. E. (2000). E-leadership: Impli- 5 Fazit cations for theory, research, and practice. Leadership Quarterly, 11(4), 615–668. https://doi.org/10.1016/S1048-9843(00)00062- X. Nach einer ersten „wilden“ Anfangsphase mit der Entwick- Avolio, B. J., Avey, J. B., & Quisenberry, D. (2010). Estimating re- lung vieler unternehmensspezifischer Kompetenzmodelle turn on leadership development investment. Leadership Quarter- beginnt seit einigen Jahren auch eine wissenschaftliche ly, 21(4), 633–644. https://doi.org/10.1016/j.leaqua.2010.06.006. Barley, S. R. (1986). Technology as an occasion for structuring: Evi- Aufarbeitung der zunächst aus der Praxis heraus entstande- dence from observations of CT scanners and the social order of nen Kompetenzmodellierung. Die frühe Entwicklung wurde radiology departments. Administrative Science Quarterly, 31(1), in Deutschland – vor allem aus akademischer Perspekti- 78–108. https://doi.org/10.2307/2392767. ve – zurückhaltend und kritisch mit der Frage verbunden, K
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