Praxisassistenz Dokumentation für Lehrpraktiker und Assistenzärzte - Weiterbildung in Hausarztpraxen - WHM FMF
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Weiterbildung in Hausarztpraxen Programm der Stiftung WHM Praxisassistenz Dokumentation für Lehrpraktiker und Assistenzärzte (Version März 2021)
Inhaltsverzeichnis 1 ZIELE DES PROGRAMMS ........................................................................................... 4 1.1 Erfüllung der Primärversorgungsaufgaben 4 1.2 Personenbezogene Betreuung 4 1.3 Spezifische Problemlösungsfähigkeiten 5 2 FINANZIERUNG DES PROGRAMMS .......................................................................... 5 3 DURCHFÜHRUNG DES PROGRAMMS ...................................................................... 6 4 AUFNAHMEBEDINGUNGEN LEHRPRAKTIKER........................................................ 8 4.1 Richtlinien für Lehrpraxen 9 4.2 Prozess - Merkmale 10 4.3 Zielsetzung 10 4.4 Finanzieller Beitrag der Lehrpraktiker 10 4.5 Versicherungsfragen 11 5 AUFNAHMEBEDINGUNGEN ASSISTENZÄRZTE .................................................... 12 5.1 Richtlinien für Assistenzärzte 13 5.2 Entschädigung des Assistenzarztes 14 5.3 Versicherungsfragen 14 6 ADMINISTRATION DES PROGRAMMS .................................................................... 15 6.1 Verlängerung der Praxisassistenz 15 6.2 Administration von nicht mitfinanzierten Praxisassistenzen 15 7 ZIELE DER WEITERBILDUNG IN HAUSARZTPRAXEN UND BEMERKUNGEN ZU DEN INHALTEN .......................................................................................................... 16 7.1 Die Beziehung zum Patienten und seinem Umfeld 16 7.2 Die hausärztliche Fachkompetenz 16 7.3 Die Praxisführung 16 7.4 Zu den Inhalten oder ”Was sollen Assistenzärzte in der Hausarztpraxis lernen?” 17 Seite 2
7.4.1 Ärztliche Tätigkeit in der Hausarztpraxis 17 7.4.2 Organisation und Administration in der Praxis 18 8 LITERATUR ZUR WEITERBILDUNG IN HAUSARZTPRAXEN ................................ 18 9 FÜR PRAXISASSISTENZ MASSGEBENDE BESTIMMUNGEN DER WEITERBILDUNGSORDNUNG SIWF/FMH ............................................................... 18 10 ARBEITSVERTRAG ................................................................................................... 21 11 VERSICHERUNGEN................................................................................................... 21 12 PFLICHTENHEFTE FÜR LEHRPRAKTIKER UND ASSISTENZARZT ..................... 21 12.1 Pflichtenheft Lehrpraktiker 21 12.2 Pflichtenheft Assistenzarzt 22 13 FORMULARE ............................................................................................................. 22 14 KURSE FÜR LEHRPRAKTIKER UND ASSISTENZÄRZTE ...................................... 22 14.1 Kurse für Lehrpraktiker 22 14.2 Kurse für Assistenzärzte 23 15 KONTAKTADRESSEN UND LINKS........................................................................... 23 15.1 Stiftung WHM 23 15.2 Medizinische Organisationen 24 15.3 Weiterbildung 24 15.4 Kurse 25 15.5 Stellen-Börsen 25 16 ANHANG ..................................................................................................................... 25 Seite 3
Programm Weiterbildung in Hausarztpraxen (Praxisassistenz) Vorbemerkung: Diese Dokumentation dient zur Information der am Praxisassistenz- Programm der Stiftung WHM interessierten Lehrpraktiker und Asssistenzärzte. Es ist laufenden Anpassungen durch die Programmleitung unterworfen. Aus diesen Informationen können keine Ansprüche irgendwelcher Art abgeleitet werden. 1 Ziele des Programms Entsprechend dem nachfolgenden Berufsbild und Aufgabenbereich der Hausärzte ist es unabding- bar, dass ein wichtiger Teil der Aus- und Weiterbildung, vor der Aufnahme einer beruflichen Tätig- keit in eigener Verantwortung als Hausarzt, im entsprechenden Berufsfeld erfolgen muss. Das Programm der Stiftung WHM will möglichst vielen künftig in der Hausarztmedizin tätigen Ärz- ten zu einer Weiterbildungsphase von wenigstens 6 Monaten in Hausarztpraxen verhelfen. Die Tätigkeit in einer Hausarztpraxis kann mit den folgenden Punkten umschrieben werden: 1.1 Erfüllung der Primärversorgungsaufgaben Hausärzte stellen in der Regel den ersten ärztlichen Kontaktpunkt im Gesundheitswesen dar und sind mit ihrem Team für eine umfassende und kontinuierliche Betreuung aller Personen zuständig, die der medizinischen Hilfe bedürfen, unabhängig von Geschlecht und Erkrankung. Sie beschrän- ken sich nicht auf die Behandlung der präsentierten Krankheit allein sondern bemühen sich, alle Gesundheitsprobleme zu erfassen und präventiv zu wirken. Sie betreuen Menschen in ihrem Um- feld, im Rahmen ihrer Familie, ihrer Gemeinschaft und ihrer Kultur. 1.2 Personenbezogene Betreuung In der Zusammenarbeit mit ihren Patienten berücksichtigen sie physische, psychische, soziale, kul- turelle und existentielle Faktoren. Sie arbeiten mit einem systemischen Ansatz, d.h. sie sehen jede Person als Teil eines Beziehungsnetzes. Die Zusammenarbeit ist abgestützt auf das durch wieder- holte Kontakte erworbene Wissen und das entstandene Vertrauensverhältnis. Durch empathische und zielgerichtete Kommunikation wird der Aufbau einer Langzeitbeziehung ermöglicht. Jede Konsultation ist dabei Teil einer gemeinsamen Geschichte. Sie gewährleisten Kontinuität der Betreuung. Wenn sie zur persönlichen Leistungserbringung nicht in der Lage sind, geben sie diese in Auftrag und koordinieren sie. Sie respektieren stets die Autonomie ihrer Patienten. Hausärzte nehmen ihre berufliche Rolle wahr, indem sie die Gesundheit ihrer Patienten fördern, Krankheiten vorbeugen, und Massnahmen zur Heilung, Betreuung oder Linderung vorschlagen. Der Ausgangspunkt der Betreuung und Be- handlung ist stets der Patient mit seinen Überzeugungen, Ängsten, Erwartungen und Bedürfnis- sen. Ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie Patienten ihre Krankheit bewältigen und betrachten, ist für den Hausarzt unverzichtbarer Teil der Behandlung ihrer Krankheit. Nach Massgabe der eigenen Fähigkeiten, der gesundheitlichen Bedürfnisse und der in der Ge- meinschaft verfügbaren Ressourcen geschieht dies entweder direkt oder durch die Leistungen an- derer Medizinalpersonen. Hausärzte nutzen die Ressourcen des Gesundheitssystems auf effizi- ente Weise durch Koordinierung der Betreuung, durch Zusammenarbeit mit anderen im Bereich der Primärversorgung tätigen Berufen, und durch das Management der Schnittstelle zu anderen Spezialgebieten, wobei sie nötigenfalls die Rolle als Interessenvertreter von Patientenanliegen übernehmen. Seite 4
1.3 Spezifische Problemlösungsfähigkeiten Die Hausärzte verfügen über einen spezifischen Entscheidungsfindungsprozess, der durch die Prävalenz und Inzidenz von Krankheit in der Bevölkerung bestimmt wird. Die Häufigkeit schwerer Erkrankungen ist in der Hausarztpraxis geringer als in sekundären und tertiären Stufen der Versor- gung, da keine Vorselektion erfolgt. Dies erfordert einen spezifischen, auf Wahrscheinlichkeit ba- sierenden Prozess der Entscheidungsfindung, der auf der Kenntnis der Patienten und des Umfel- des aufbaut. Patienten suchen den Hausarzt oft beim ersten Auftreten von Symptomen auf. Die frühen Symp- tome einer Krankheit sind oft nicht spezifisch und für viele Krankheiten gleich. Das Stellen einer Diagnose kann deshalb im frühen Stadium schwierig sein. Dies bedeutet möglicherweise, dass für den Patienten wichtige Entscheidungen auf der Grundlage begrenzter Informationen getroffen wer- den müssen und dass der prädiktive Wert klinischer Untersuchungen und Tests weniger sicher ist. Risikomanagement wird unter diesen Umständen zu einem Schlüsselelement der Disziplin. Sobald ein abwendbarer gefährlicher Verlauf ausgeschlossen ist, obliegt es der Entscheidung des Arztes, weitere Entwicklungen abzuwarten und die Situation später neu zu überprüfen. Die Orientierung an den gesunden Kräften und Fähigkeiten (Salutogenese) ist dabei ein zentraler Aspekt. In den nächsten Jahren werden mit dem Praxisassistenz-Programm der Stiftung WHM aufbauend auf dem bisher Erreichten die folgenden Ziele angestrebt: Weiterer Ausbau des Netzes von geeigneten Lehrpraxen durch Information und Motivierung der Hausärzte für diese interessante Tätigkeit. Weiterführende Schulung der Lehrpraktiker nach dem Einführungskurs, um die Weiterbildungs- qualität zu sichern. Ausbau des Angebots von speziellen Kursen für die Assistenzärzte während ihrer Weiterbil- dungsphase in der Praxis. Information und Bewusstseinsbildung bei den künftigen Hausärzten, so dass das neue Angebot optimal genutzt wird. Ausarbeitung von Lernhilfen für die Assistenzärzte und zur Unterstützung der Lehrpraktiker in ihrem Lehrauftrag. Erarbeiten einer gerecht finanzierten und politisch realisierbaren definitiven Lösung für die Wei- terbildung aller künftigen Hausärzte in ihrem eigentlichen Berufsfeld, u.a. aufgrund der Erfah- rungen und der systematisch erhobenen Evaluationsdaten. Nutzung dieser Erfahrungen auch bei der Übernahme von Weiterbildungsfunktionen durch Spe- zialarztpraxen. 2 Finanzierung des Programms Das Programm Praxisassistenz wird seit Beginn durch Spendengelder finanziert, wobei diese Gel- der ausschliesslich von Ärzten kommen: Die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) bezahlt jährlich einen zweckgebundenen Pauschal-Beitrag von Fr. 650‘000 und jedes Mitglied der beiden Grundversorger-Fachgesellschaften Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM) und für Pädiatrie (SGP) trägt zusätzlich Fr. 20.- bei. Aus diesem Fonds werden die Löhne der Assistenzärzte im Programm im Umfang von 50% der Lohnkosten subventioniert, 50% werden vom Lehrpraktiker getragen. Im Vergleich zu einem be- rechneten, durchschnittlichen „schweizerischen“ Spital-Assistenzarztlohnes ist der Lohn in der Pra- xisassistenz um rund einen Fünftel reduziert. Weiter werden aus dem Programmfonds die Beratung der Assistenzärzte und Lehrpraktiker, die Schulung und die Administration des Programms finanziert. Seite 5
Mit dem von der Ärzteschaft aufgebrachten Geld können jährlich ca. 35 Praxisassistenzen à 6 Mo- nate (mit Beschäftigungsgrad 100%) bzw. rund 200 Praxisassistenz-Monate (zu 100%) mitfinan- ziert werden. Das letztlich angestrebte Ziel, eine mindestens 6-monatige Praxisassistenz für jeden künftigen Hausarzt, kann nur erreicht werden, wenn eine wesentliche Mitfinanzierung von den Kantonen, Versicherern etc. erfolgt. Es geht hier um eine wichtige Investition dieser Träger in eine kosten- günstige, bevölkerungsnahe Medizin. Die ärztliche Weiterbildung ist Teil der Grundausbildung im Hinblick auf die erst nachher mögliche selbstverantwortliche Tätigkeit. Deshalb läuft die immer wie- der gehörte Argumentation, die „Weiterbildung“ anderer Berufe werde auch nicht staatlich unter- stützt, ins Leere. Die „Weiterbildung“ in anderen Berufen entspricht im ärztlichen Bereich der „Fort- bildung“! Die Bestrebungen im Hinblick auf eine weitere finanzielle Mitträgerschaft erwiesen sich leider in der Vergangenheit trotz der durch die Evaluation belegten Notwendigkeit und Qualität des Pro- gramms als äusserst schwierig. Aufgrund von Empfehlungen der Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK sind glücklicherweise in den letzten Jahren verschiedene kantonale Projekte und Programme aufgegleist worden, wobei leider der effektive Bedarf durch diese noch immer nicht gedeckt wird. 3 Durchführung des Programms Die Administration der Praxisassistenzen wird über die Geschäftsstelle der Stiftung WHM abgewi- ckelt, bestehend aus drei Mitarbeitenden (siehe Organigramm im Anhang). Das Sekretariat ist in der Regel erste Anlaufstelle bei Fragen und organisiert die Schulungskurse für Lehrpraktiker, führt die Buchhaltung, die Lohnkonti und erledigt weitgehend die Administration. Die Geschäftsleitung klärt ab, ob Lehrpraxen und Assistenzärzte die Programm-Bedingungen erfüllen und leitet und überwacht die Arbeit des Sekretariats. Die Stiftung WHM bietet 10 Praxisassistenz-Modelle an. Die mitfinanzierte Dauer der Praxisassis- tenz beträgt bei einem Beschäftigungsgrad von 100% max. 6 Monate, bei einer Teilzeitbeschäfti- gung entsprechend länger. Eine Teilzeitanstellung muss mindestens 50% betragen, da bei gerin- gerer Teilzeittätigkeit die Weiterbildungsphase von der FMH nicht anerkannt wird. Die Auswahl der Lehrpraxen geschieht durch den Stiftungsrat, auf Vorschlag der Geschäftsleitung. Eine ausgewogene Verteilung auf die 4 landessprachlichen Regionen sowie Stadt, Kleinstadt, Land wird angestrebt. Es besteht kein Anspruch auf eine Programm-Teilnahme! Der Stiftungsrat, bestehend aus Vertre- tern aus den Stifterorganisationen SGAIM, SGP, KHM, FMH und VSAO, entscheidet ohne Rekurs- möglichkeit. Bei Erfüllung der Programm-Bedingungen durch Lehrpraktiker und Assistenzarzt und Genehmi- gung des Gesuchs vom Stiftungsrat finanziert die Stiftung WHM die Hälfte der Kosten für den im Programm üblichen Lohn des Assistenzarztes mit (inkl. Arbeitgeber-Beiträge an die Sozialversi- cherungen). Die andere Hälfte der Kosten übernimmt der Lehrpraktiker. Für eine Vollzeitanstellung wurde im WHM-Programm Praxisassistenz gesamtschweizerisch der- selbe Lohn von Fr. 5‘850.-- (inkl. Anteil 13. Monatslohn und Gratifikation) ausbezahlt. Dieser Lohn basierte auf den Spital-Assistenzarztlöhnen in den Kantonsspitälern, jeweils gewichtet nach der Einwohnerzahl des Kantons. Von dem so errechneten durchschnittlichen „schweizerischen“ Assis- tenzarztlohn im Spital, wurden im WHM-Programm 75% bezahlt. Neu erhalten die Assistenzärzte im WHM-Programm einen Bruttolohn von Fr. 6‘500.-- (inkl. Anteil 13. Monatslohn und Gratifikation), wobei die Stiftung WHM 50% des Lohnes mitfinanziert. Der Lehrpraktiker ist natürlich frei, seinem Assistenzarzt einen höheren Lohn anzubieten, wobei er für die vollständige Lohn-Differenz (inkl. Arbeitgeber-Beiträge) selber aufkommen muss. Seite 6
Bei einer Vollzeitanstellung ist eine Stellvertretung durch den Assistenzarzt (ohne direkte Betreu- ung durch den Lehrpraktiker) im ersten Monat der Praxisassistenz (bei Teilzeitanstellung entspre- chend länger) sowie in der letzten Woche nicht zulässig. Die Vertretungszeit darf pro 6 Monate Praxisassistenz nicht mehr als 4 Wochen gem. Beschäftigungsgrad ausmachen, d.h. max. 3 1/3 Stellvertretungstage pro Arbeitsmonat (WBO Art.34). Somit sind max. 20 unbetreute Stellvertre- tungstage zulässig. Die Lohnkosten an Stellvertretungstagen werden nicht vom Programm mitfi- nanziert und gehen daher voll zu Lasten des Lehrpraktikers. Zur besonderen Regelung der Stell- vertretung in Gruppenpraxen siehe Kap. 4.4. Zur Vorbereitung von Lehrpraktikern auf eine Praxisassistenz werden jährlich mehrere deutsch- sowie zwei französisch-sprachige Einführungskurse durchgeführt. Die Schulung der Lehrpraktiker wird durch eine Gruppe von Hausärzten gewährleistet, welche in den Bereichen Kommunikation und Didaktik besonders geschult sind. In diesem 2-tägigen, interaktiven Einführungskurs wird jeder Lehrpraktiker auf die Aufgabe als Weiterbildner in seiner Praxis vorbereitet. Bisher haben rund 1‘000 Lehrpraktiker diesen Einfüh- rungskurs absolviert. Am vermehrt weiterführende Kurse im Modulsystem angeboten werden. Aus- serdem sollen weitere Möglichkeiten für den Erfahrungsaustausch unter den Lehrärzten eröffnet werden. Von Assistenzärzten im WHM-Programm Praxisassistenz wird erwartet, dass sie mindestens einen von jährlich vier deutschsprachigen Praxisführungskursen der Stiftung WHM besuchen. Die Kurse von jeweils einem Tag Dauer ermöglichen den Erfahrungsaustausch über die Arbeit in der Praxis und bereichern die Praxisassistenz-Erfahrung. Am Ende der Praxisassistenz muss der Lehrpraktiker für den Assistenzarzt ein FMH-Zeugnis und ein FMH-Evaluationsprotokoll mit Zusatzblättern ausfüllen und mit dem Assistenzarzt besprechen. Die programmeigene Begleitevaluation hat eine wichtige Bedeutung: Nach Ende der Praxisassis- tenz werden Lehrpraktiker, Assistenzarzt und Medizinische Praxisassistentin (MPA) von der Stif- tung WHM zur webbasierten Evaluation zwecks Beurteilung der Praxisassistenz eingeladen. Die Stiftung WHM kann einsehen, wie die Praxisassistenz gelaufen ist und ob die von ihr gesetzten Qualitätskriterien erfüllt wurden. Danach werden die Angaben in anonymisierter Form vom IML (Institut für Medizinische Lehre) in Bern ausgewertet zwecks externer wissenschaftlicher Evalua- tion. Die sehr detaillierte Evaluation der ersten drei Pilotjahre hat ergeben, dass die Praxisassistenz für die künftigen Hausärzte nötig ist, dass sie wirksam ist und dass sie allgemein sowohl von den As- sistenzärzten als auch von den Lehrpraktikern sehr positiv beurteilt wird. Die Notwendigkeit einer Weiterbildungsphase in der Hausarztpraxis ergibt sich aus der Tatsache, dass die Assistenzärzte sowohl gemäss ihrer Selbstbeurteilung als auch gemäss der Fremdbeur- teilung durch die Lehrpraktiker vor der Praxisassistenz nur über knapp genügende, in einzelnen Bereichen aber ungenügende Fähigkeiten verfügten, wichtige hausarztspezifische Aufgaben zu übernehmen. Nach der Praxisassistenz ergab sich demgegenüber eine signifikant bessere Einstu- fung dieser Fähigkeiten. Damit konnte die Wirksamkeit belegt werden. Die Lernsituation in der Pra- xisassistenz wurde bezüglich mehrerer Dimensionen als eindeutig besser gegenüber einer durch- schnittlichen Spitalassistenz eingestuft1 Die Nachfolge-Evaluationen konnten belegen, dass der in der Pilotphase erreichte hohe Standard des Programms gehalten wurde. 1 B. Rindlisbacher, M. Battaglia: Weiterbildung in Hausarztpraxen. Aufbau und Durchführung des dreijährigen Pilotpro- jektes 1. Juli 1998 – 30. Juni 2001, SAEZ 2002, 83:Nr.9, S.407-9 (französisch SAEZ 2002, 83:Nr.14 S. 643-5) P. Schläppi, D. Hofer, R. Bloch: Lernform Praxisassistenz bewährt sich. Evaluation des dreijährigen Pilotprojektes „Wei- terbildung in Hausarztpraxen (Praxisassistenz)“ des Kollegiums für Hausarztmedizin KHM in Zusammenarbeit mit FMH, VSAO und SAMW, SAEZ 2002, 83:Nr.9, S.410-6 (französisch SAEZ 2002, 83:Nr.14 S. 646-53) Seite 7
4 Aufnahmebedingungen Lehrpraktiker Der administrative Ablauf bis zur Aufnahme einer Lehrpraxis in das Programm Praxisassistenz der Stiftung WHM ist wie folgt: Ein interessierter Praktiker muss sich vom SIWF/FMH als Lehrpraktiker anerkennen lassen und einwilligen, dass die beim SIWF/FMH im Hinblick auf diese Anerkennung eingereichten Unterlagen der Geschäftsleitung übermittelt werden (siehe Formular Einwilligung zur Einsicht SIWF/FMH- Anerkennungsunterlagen im Anhang). Falls er den Einführungskurs für Lehrpraktiker noch nicht absolviert hat, kann er sich auf der Homepage der Stiftung WHM (www.whm-fmf.ch) online für ei- nen Kurs anmelden (siehe Formular Programm Einführungskurs für Lehrpraktiker im Anhang). Nach Absolvieren dieses Kurses, Anerkennung durch SIWF/FMH und Klärung allfälliger weiterer Fragen wird der Praktiker gegebenenfalls auch von der Stiftung WHM als Lehrpraktiker anerkannt. Um konkret eine Praxisassistenz zu organisieren, bewährt es sich am besten, wenn der Lehrprakti- ker selbständig für die von ihm gewünschte Zeit mittels Inserat in der Ärztezeitung, im nahe gele- genen Spital etc. einen Assistenzarzt sucht, welcher die Bedingungen (vgl. Kap.5) erfüllt. Auch kann er ein online-Inserat aufgeben unter www.fmhjob.ch. Ausserdem bietet die Vereinigung der Jungen Hausärztinnen und -ärzte Schweiz (JHaS) auf Ihrer Homepage eine unentgeltliche Job- börse mit Praxisassistenz- und Stellenangeboten an. Vor dem Entscheid für eine Praxisassistenz, was je nach Beschäftigungsgrad des Assistenzarztes eine 4- bis 12-monatige, sehr enge Zusammenarbeit bedeutet, wird dringend empfohlen, zumin- dest einen „Schnuppertag“ durchzuführen und gemeinsam die „Chemie“ und die gegenseitigen Er- wartungen gut zu klären. Lehrpraktiker und Assistenzarzt müssen dann zusammen ein Aufnahmegesuch für die Mitfinanzie- rung der Praxisassistenz durch die Stiftung WHM (mit dem Formular Gesuch um Mitfinanzierung einer Praxisassistenz im Anhang) stellen. Dieses Aufnahmegesuch muss in der Regel 5 - 6 Mo- nate, spätestens aber 3 Monate vor Beginn der vorgesehenen Praxisassistenz eingereicht sein. Anderenfalls muss der Lehrpraktiker mit Kürzungen in der Mitfinanzierung rechnen. Dieses Auf- nahmegesuch gilt gleichzeitig rechtlich als vertragliche Vereinbarung zwischen Lehrpraktiker und Assistenzarzt, die vorgesehene Praxisassistenz zu den aktuell gültigen Programm-Bedingungen durchzuführen. Nach Genehmigung des Aufnahmegesuchs durch den WHM-Stiftungsrat (siehe Organigramm im Anhang) erhalten Lehrpraktiker und Assistenzarzt eine entsprechende Mitteilung. Danach gilt es, Praxispersonal, Patienten und evtl. auch Kollegen im Notfalldienstkreis schrittweise über die ge- plante Assistenz zu informieren. Rechtzeitig vor dem Start wird der Arbeitsvertrag WHM-Lehrpraktiker-Assistenzarzt (vgl. Kap.10) abgeschlossen. Dieser wird von der Geschäftsstelle der Stiftung WHM ausgefertigt und dem Lehr- praktiker in 3 Exemplaren zur Unterschrift durch ihn und den Assistenzarzt zugestellt. Zieht sich einer der beiden Gesuchsteller nach Erstellen des Arbeitsvertrages aus dem Praxisassistenz-Pro- gramm zurück, schuldet er der Stiftung WHM für die entstandenen Umtriebe eine Pauschale von Fr. 250.--. Da die vorhandenen Mittel beschränkt sind, besteht kein Anspruch auf Aufnahme ins Programm, auch wenn alle Bedingungen erfüllt sind. Der Stiftungsrat mit Vertretern aus SGAIM, SGP, KHM, FMH und VSAO bzw. dessen Ausschuss entscheidet abschliessend, d.h. es besteht keine Rekurs- möglichkeit. Es wird auch auf eine anteilmässig möglichst gerechte Verteilung auf die Fächer und die Sprachregionen geachtet, weiter sind die im Kapitel 0 unter Punkt 5 dargestellten Kriterien für die Assistenzärzte beim Entscheid massgebend. Seite 8
4.1 Richtlinien für Lehrpraxen Der Lehrpraktiker muss im Rahmen des WHM-Programms folgende Voraussetzungen und Krite- rien erfüllen: 1. Facharzttitel für Allgemeinmedizin, (Allgemeine) Innere Medizin oder Kinder- und Jugendmedi- zin (Praktischer Arzt ist ausgeschlossen) 2. Mindestens zwei Jahre Praxiserfahrung 3. SIWF/FMH-Anerkennung als Lehrpraktiker 4. Einwilligung, dass die beim SIWF/FMH im Hinblick auf die Anerkennung als Lehrpraktiker ein- gereichten Unterlagen der Leitung des WHM-Programms Praxisassistenz übermittelt werden 5. Teilnahme am Lehrpraktiker-Kurs vor (!) Beginn der Praxisassistenz 6. Die Schwerpunkttätigkeit muss Schulmedizin sein; Hausarzttätigkeit in Spezialgebieten ist max. zu 40% möglich. Spezialisierung als Haupttätigkeit ist ausgeschlossen. 7. Die Praxisinfrastruktur muss entsprechend den Anforderungen von SGAIM, SGP (z.B. eigenes Sprechzimmer für Assistenzarzt, eigenes Praxislabor oder die Möglichkeit, dass der Assistenz- arzt in einem andern Labor selber arbeiten kann) und entsprechend den FMH-Anforderungen (Weiterbildungsordnung WBO, vgl. Kap.7) sein. 8. Praxisgrösse: Pro 100%-Stelle des Lehrpraktikers und pro Arbeitswoche dürfen nicht mehr als 150 bis max. 180 Konsultationen (inkl. Hausbesuche) anfallen, damit genügend Zeit für die Lehrtätigkeit bleibt. Hingegen müssen bei einem Anstellungsgrad von 100% mind. 10 Konsultationen pro Arbeits- tag für den Assistenzarzt gewährleistet sein, damit er genügend lernen kann (im Durchschnitt über die ganze Praxisassistenz-Dauer exkl. Stellvertretung). In einer Phase von mindestens 14 Tagen müssen 20 Konsultationen pro Tag (in Supervisionsstufe 1 oder 0) gewährleistet sein. 9. In Gruppenpraxen muss ein verantwortlicher Lehrpraktiker (und nach Möglichkeit ein Stellver- treter, der ebenfalls als Lehrpraktiker anerkannt ist und den Einführungskurs besucht hat) be- stimmt werden. 10. Durchführung von mindestens einem „Schnuppertag“ mit dem Assistenzarzt und schriftliche Lernziel-Vereinbarung über die Lerninhalte vor (!) Beginn der Praxisassistenz 11. Durchführung von monatlichen formativen Gesprächen über den Verlauf der Praxisassistenz und die festgelegten Ziele. Die Ergebnisse müssen in schriftlicher Form in einem Protokoll fest- gehalten werden (Checkliste/Flowsheet). Als Hilfe dazu können unter Evaluation verschiedene Fragebogen heruntergeladen werden. 12. Übertragung der Verantwortung gemäss den im Lehrpraktiker-Kurs vermittelten Supervisions- stufen, je nach Erfahrung und nach Anforderungen des Falles. 13. Die Arbeitszeit des Assistenzarztes darf die Präsenzzeit des Lehrarztes nicht wesentlich über- schreiten (mit Ausnahme der Praxisvertretung). Die Stellvertretungszeit (ohne direkte Betreuung durch den Lehrpraktiker) darf pro 6 Monate Praxisassistenz nicht mehr als 4 Wochen gem. Beschäftigungsgrad ausmachen, d.h. max. 3 1/3 Stellvertretungstage pro Arbeitsmonat (WBO Art.34). Somit sind max. 20 unbetreute Stell- vertretungstage zulässig. Auch muss in diesen Fällen ein anderer Hausarzt auf Abruf verfügbar sein. 14. Ein von der Stiftung WHM ausgefertigter und mitunterzeichneter Arbeitsvertrag regelt den Bei- trag des Lehrpraktikers an den Assistenzarzt-Lohn sowie Arbeitszeit, Versicherungen, Kündi- gungsfrist, Ferien, etc. und beinhaltet die Pflichtenhefte für Lehrpraktiker und Assistenzarzt. 15. Die Teilnahme an lokalen und regionalen Fortbildungsveranstaltungen und die Teilnahme an strukturierten, speziell für die Weiterbildung der Assistenzärzte vom Kollegium für Hausarztme- dizin (KHM) organisierten oder anerkannten Kursen soll ermöglicht werden. 16. Mitarbeit bei der webbasierten Programm-Evaluation (1 Befragung für den Lehrpraktiker und 1 Befragung für die MPA) 17. Die Mitfinanzierung einer Praxisassistenz ist bei Verwandtschaft ersten Grades (z.B. Vater und Tochter) ausgeschlossen. Seite 9
4.2 Prozess - Merkmale Die Arbeitsbedingungen werden geregelt durch einen Arbeitsvertrag (vgl. Kap.10) mit Pflichtenhef- ten für Lehrpraktiker und Assistenzarzt. Vor Beginn der Praxisassistenz werden die Ziele in einem gemeinsamen Lehrvertrag festgehalten. Monatliche formative gegenseitige Evaluations- und Zielgespräche (Assistenzarzt/Lehrarzt) wer- den in einem Protokoll festgehalten (Checkliste/Flowsheet). Als Hilfe dazu können von der Home- page der Stiftung WHM (www.whm-fmf.ch) - Fragebogen zur Selbstevaluation heruntergeladen werden. Der Lehrpraktiker verpflichtet sich und seine Praxisangestellten, die im Rahmen des Programms vorgesehene Evaluation mitzumachen. Teilnahme an lokalen und regionalen Fortbildungsveranstaltungen und die Teilnahme an struktu- rierten, speziell für die Weiterbildung der Assistenzärzte von der Stiftung WHM organisierten oder anerkannten Kursen soll ermöglicht werden. Die Teilnahme an einem von der Stiftung WHM ange- botenen Praxisführungs-Kursen ist für den Assistenzarzt obligatorisch. Das stufenweise Übertragen von Verantwortung kann durch die folgenden 5 Supervisionsstufen beschrieben werden: 5 = Zuschauer 4 = unter direkter Beobachtung 3 = vor Entscheidungen fragen 2 = regelmässiger, mindestens täglicher Report/Bericht 1 = Assistenzarzt selbständig, Lehrer auf Pikett 0 = Selbständige Vertretung (Stellvertreter des Lehrpraktikers auf Abruf) Der Umgang mit diesen Supervisionsstufen wird im Schulungskurs für Lehrpraktiker speziell be- sprochen und geübt (siehe Supervisionsstufen im Anhang). Eine besondere Stellung nimmt dabei die Supervisionsstufe 4 ein, da sie verbunden mit adäquatem Feedback ein besonderes Lernpo- tential bietet und gezielt gefördert werden muss. Die im Rahmen des Arbeitsplatz-basierten Asses- sments durchzuführenden Mini-CEX finden auf Stufe 4 statt mit anschliessendem Feedback. Bei der täglichen Praxisarbeit gibt es einen Wechsel auf und ab in den Stufen, je nach Schwierig- keit der Situation. 4.3 Zielsetzung Der Assistenzarzt soll 1. kompetent während wenigstens 2 Wochen auf Supervisionsstufe 1 oder 0 ca. 20 Konsultatio- nen pro Tag übernehmen.2 2. einen fundierten Einblick in Praxisalltag, Praxismanagement und Praxisökonomie erhalten. (Für die detaillierten Lernziele siehe Kap.7) 4.4 Finanzieller Beitrag der Lehrpraktiker Im Vergleich zu einem berechneten, durchschnittlichen schweizerischen Assistenzarzt-Spitallohn unabhängig vom Weiterbildungsjahr ist der Lohn in der Praxisassistenz um ca. einen Fünftel redu- ziert. Der Assistenzarzt-Lohn im Programm beträgt aktuell monatlich Fr. 6‘500.-- brutto (inkl. 13.Monatslohn und Gratifikation). Die Stiftung WHM finanziert 50% dieses Lohnes (zuzüglich Arbeitgeber-Beiträge an die Sozialver- sicherungen). Der Lehrpraktiker übernimmt die anderen 50% des Lohnes (zuzüglich Arbeitgeber- Beiträge an die Sozialversicherungen), d.h. rund Fr. 3‘690.- / Monat (Stand Jahr 2013). Als Aus- gleich für den Lohnverzicht des Assistenzarztes gilt in der Lehrpraxis eine Wochenarbeitszeit von 43 Stunden (bis max. 50 Stunden) und die Weiterbildung soll gegenüber der Dienstleistung stärker gewichtet sein als an einer durchschnittlichen Spitalstelle. 2 Eine mehrtägige Phase mit selbständiger Vertretung soll nicht am Schluss der Praxisassistenz stehen, sondern in einer anschliessenden Phase der Zusammenarbeit aufgearbeitet werden können. Deshalb die Bestimmung, dass die letzte Woche der Weiterbildungsphase nicht Vertretung sein darf. Seite 10
Wenn der Assistenzarzt einen üblicherweise an diesem Tag in der Praxis tätigen Arzt vertritt, gilt dies als Stellvertretung (mit oder ohne direkte Betreuung). Bei einer selbständigen Stellvertretung (ohne Betreuung durch den Lehrpraktiker) gemäss Supervi- sionsstufe 0 von einem Tag und mehr (siehe im Anhang) entfällt der Grundlohn-Beitrag von 50% der Stiftung WHM zu Lasten des Lehrpraktikers. Diese Regelung gilt auch in einer Gruppenpraxis bei Vertretung des Lehrpraktikers, selbst wenn der Assistenzarzt von einem anderen Arzt der Gruppe (ohne Anerkennung als Lehrpraktiker im Programm) betreut wird („Stellvertretung ohne di- rekte Betreuung“). Wenn in einer Gruppenpraxis der Assistenzarzt einen anderen Arzt vertritt, aber weiterhin vom an- erkannten Lehrpraktiker betreut wird (Supervisionsstufe 1-5), beschränkt sich der Beitrag der Stif- tung WHM auf 10% (statt 50%) der Grund-Lohnkosten, der Rest ist von der Praxis aufzubringen („Stellvertretung mit Betreuung“). Die entsprechenden Angaben über die Stellvertretungstage sind auf den jeweils mit dem Arbeits- vertrag verschickten Listen der Stellvertretungstage einzutragen und monatlich bei der Stiftung WHM einzureichen. Im ersten Monat der Praxisassistenz (bei Teilzeit-Anstellung entsprechend länger) und in der letz- ten Woche ist keine Vertretung durch den Assistenzarzt zulässig. Die Vertretungszeit (ohne direkte Betreuung durch den Lehrpraktiker) darf pro 6 Monate Praxisassistenz nicht mehr als 4 Wochen gem. Beschäftigungsgrad ausmachen, d.h. max. 3 1/3 Stellvertretungstage pro Arbeitsmonat (WBO Art.34). Somit sind max. 20 unbetreute Stellvertretungstage zulässig. Auch muss in diesen Fällen ein anderer Hausarzt auf Abruf verfügbar sein. Lehrpraktiker und Assistenzarzt sind frei, einen höheren als im WHM-Programm vorgesehenen Lohn zu vereinbaren. Der Lehrpraktiker muss in diesem Falle für die vollständige Lohn-Differenz (inkl. Arbeitgeber-Beiträge) selber aufkommen. Die Assistenzarzt-Löhne werden monatlich von der Stiftung WHM ausbezahlt. Der Lehrpraktiker muss seinen Beitrag an die Lohnkosten ebenfalls monatlich an die Stiftung WHM überweisen. Am Schluss der Praxisassistenz wird eine abschliessende Abrechnung inkl. Abrechnung allfälliger Stellvertretungstage und der Spesen gemacht. Es ist möglich, die Praxisassistenz im Programm über die maximal mitfinanzierten 6 Monate hin- aus weiter zu führen. Die gesamten Lohnkosten für die weiteren Monate werden dann voll dem Lehrpraktiker in Rechnung gestellt. Zusätzlich wird von der Stiftung WHM ein Beitrag an die Kos- ten der Programm-Administration erhoben (bei einem Anstellungsgrad von 100% Fr. 150.-- / Mo- nat; bei einem geringeren Anstellungsgrad ist der Beitrag entsprechend reduziert). Nach Absprache ist es zwecks administrativer Entlastung des Lehrpraktikers möglich, die Admi- nistration von vollständig durch den Lehrpraktiker finanzierten Praxisassistenzen über die Pro- grammadministration der Stiftung WHM abzuwickeln und damit vom Versicherungspaket der Stif- tung WHM zu profitieren. Je nach Situation wird dafür eine Administrations-Entschädigung in Rechnung gestellt (vgl. Kap.6). 4.5 Versicherungsfragen Die Versicherungen sind geregelt durch ein Kollektivpaket (vgl. Kap.11). Es umfasst AHV/IV/EO/ALV (medisuisse St.Gallen), Pensionskasse (Vorsorgestiftung des VSAO), obligatori- sche Unfallversicherung gemäss UVG, Krankentaggeld (ab dem 60.Tag versichert), subsidiäre Be- rufs-Haftpflichtversicherung und eine Dienstfahrten-Kaskoversicherung für den zu Dienstfahrten benützten Personenwagen des Lehrpraktikers bzw. des Assistenzarztes. Auf Wunsch kann zusätzlich eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen werden. Seite 11
5 Aufnahmebedingungen Assistenzärzte Der an einer Weiterbildungsperiode in einer Hausarztpraxis interessierte Assistenzarzt kommt als potentieller Praxisassistenzarzt für das WHM-Programm in Frage, wenn er die untenstehenden Kriterien erfüllt. Den Lehrpraktiker muss er selber suchen. Um einen Lehrpraktiker für die gewünschte Zeitperiode zu finden, bewährt es sich am besten, wenn er diesen in seinem Umfeld oder aufgrund des SIWF Registers von zertifizierten Weiterbil- dungsstätten sucht. In diesem Register sind sämtliche vom SIWF/FMH anerkannten Lehrpraktiker nach Facharzttitel und Kantonen zu finden. Die speziell gekennzeichneten Lehrpraktiker haben den von der Stiftung WHM geforderten Einführungskurs für Lehrpraktiker besucht. Der Assistenz- arzt kann sich natürlich auch auf ein Stelleninserat in der Schweizerischen Ärztezeitung (oder on- line unter www.fmhjob.ch) melden oder selbst ein Inserat aufgeben. Das Aufgeben bzw. Lesen von Inseraten auf www.fmhjob.ch ist für Assistenzärzte kostenlos. Auch die Vereinigung der Jungen Hausärztinnen und -ärzte Schweiz (JHaS) bietet auf Ihrer Homepage eine unentgeltliche Jobbörse mit Praxisassistenz- und Stellenangeboten an. Vor dem Entscheid für eine Praxisassistenz wird dringend empfohlen, mindestens einen „Schnup- pertag“ beim Lehrpraktiker durchzuführen und gemeinsam die gegenseitigen Erwartungen gut zu klären (Arbeitsstil, stimmt „Chemie“?, geplante Ferien bzw. Abwesenheiten und Stellvertretungen, geplanter Ablauf der Praxisassistenz bezüglich Supervisionsstufen etc., Lernziele). Denn je nach Beschäftigungsgrad des Assistenzarztes bedeutet eine Praxisassistenz eine 4- bis 12-monatige, sehr enge Zusammenarbeit mit dem Lehrpraktiker. Kommt es zu einer Einigung zwischen Assistenzarzt und Lehrpraktiker, kann mit dem entspre- chenden Formular (Gesuch um Mitfinanzierung einer Praxisassistenz) ein Aufnahmegesuch für die Mitfinanzierung durch das WHM-Programm Praxisassistenz gestellt werden. Es kommen dafür 10 Praxisassistenz-Modelle in Frage. Das Aufnahmegesuch muss in der Regel 5 bis 6 Monate, spä- testens aber 3 Monate vor Beginn der vorgesehenen Praxisassistenz eingereicht sein. Anderen- falls müssen Lehrpraktiker und Assistenzarzt mit Kürzungen in der Mitfinanzierung rechnen. Die- ses Aufnahmegesuch gilt gleichzeitig rechtlich als vertragliche Vereinbarung zwischen Lehrpraktiker und Assistenzarzt, die vorgesehene Praxisassistenz zu den aktuell gültigen Pro- grammbedingungen durchzuführen. Nach Genehmigung des Aufnahmegesuchs durch den WHM-Stiftungsrat kann der Arbeitsvertrag WHM-Lehrpraktiker-Assistenzarzt (Kap. 10) abgeschlossen werden. Dieser wird von der Ge- schäftsstelle der Stiftung WHM ausgefertigt und dem Lehrpraktiker in 3 Exemplaren zur Unter- schrift durch ihn und den Assistenzarzt zugestellt. Zieht sich einer der beiden Gesuchsteller nach Erstellen des Arbeitsvertrages aus dem Praxisassistenz-Programm zurück, schuldet er der Stiftung WHM für die entstandenen Umtriebe eine Pauschale von Fr. 250.--. Da die vorhandenen Mittel beschränkt sind, besteht kein Anspruch auf Aufnahme ins Programm, auch wenn alle Bedingungen erfüllt sind. Der Stiftungsrat mit Vertretern aus SGAIM, SGP, KHM, FMH und VSAO bzw. dessen Ausschuss entscheidet abschliessend, d.h. es besteht keine Rekurs- möglichkeit. Es wird auch auf eine anteilmässig möglichst gerechte Verteilung auf die Fächer und die Sprachregionen geachtet, weiter sind die im Kapitel 0 dargestellten Kriterien für die Assistenz- ärzte massgebend. Seite 12
5.1 Richtlinien für Assistenzärzte Der Assistenzarzt muss im Rahmen des WHM-Programms folgende Voraussetzungen erfüllen bzw. sich an folgende Richtlinien halten: 1. Eidgenössisches Arztdiplom (in Ausnahmefällen ist eine Aufnahme ins Programm mit ausländi- schem Arztdiplom möglich, sofern eine Anerkennungsbestätigung vom BAG vorliegt und bis zum Beginn der Praxisassistenz mind. 2 Jahre SIWF/FMH anerkannte Weiterbildung à 100% (umgerechnet) in der Schweiz absolviert wurde). 2. FMH-Mitgliedschaft 3. Das anvisierte Weiterbildungsziel muss ein Facharzt-Titel in Allgemeine Innere Medizin oder Kinder- und Jugendmedizin (Grundversorgertitel) sein. 4. Der Assistenzarzt muss vor Antritt einer Praxisassistenz mindestens 2, max. aber 7 Jahre klini- sche, patientenbezogene und von der FMH anerkannte Weiterbildung absolviert haben (bei ei- nem (umgerechneten) Beschäftigungsgrad von 100%.) Assistenzärzte mit Weiterbildungsziel Allgemeine Innere Medizin müssen mind. 1 Jahr Innere Medizin (ambulant oder stationär) absolviert haben, Assistenzärzte mit Weiterbildungsziel Kin- der- und Jugendmedizin mind. 2 Jahre Weiterbildung in diesem Fachgebiet. 5. Der Assistenzarzt darf vorgängig max. 3 Monate FMH-anerkannte Praxisassistenz absolviert haben. Dabei spielt es keine Rolle, bei wem er die Praxisassistenz gemacht hat bzw. wie diese finanziert wurde. Je 2 Monate FMH-anerkannte Praxisvertretung werden als 1 Monat Praxisas- sistenz angerechnet. Die Stiftung WHM finanziert dann nur noch so viele Monate mit, bis der Assistenzarzt total 6 Monate (zu 100%) absolviert hat. 6. Wenn sich mehr Kandidaten melden als Praxisstellen finanziert werden können, hat erste Prio- rität, wer noch keine Praxisassistenz absolviert hat. Priorität wird danach dem Kandidaten mit der längeren klinischen Weiterbildung (bis zu 5 Jahre) gegeben. Andererseits werden Kandida- ten, welche die Anforderungen für einen FMH-Titel schon erfüllen, nur bei genügendem Ange- bot an Praxisstellen und genügenden Geldreserven zugelassen. 7. Durchführung von mindestens einem „Schnuppertag“ beim Lehrpraktiker und schriftliche Lern- ziel-Vereinbarung über die Lerninhalte vor (!) Beginn der Praxisassistenz 8. Durchführung von monatlichen formativen Gesprächen über den Verlauf der Praxisassistenz und die festgelegten Ziele. Die Ergebnisse müssen in schriftlicher Form in einem Protokoll fest- gehalten werden (Checkliste/Flowsheet). Als Hilfe dazu können unter Evaluation verschiedene Fragebogen zur Selbstevaluation von Praxisassistenzarzt und Lehrpraktiker heruntergeladen werden. 9. Der Assistenzarzt verpflichtet sich, bei der im Rahmen des WHM-Programms vorgesehenen webbasierten Evaluation mitzumachen. 10. Der Assistenzarzt muss bis zum Erreichen des Facharzttitels und Zustellung des entsprechen- den Belegs an die Stiftung WHM jede Adressänderung melden. Die Stiftung WHM darf jeder- zeit die aktuelle Adresse bei der FMH erfragen. 11. Ein von der Stiftung WHM ausgefertigter und mitunterzeichneter Arbeitsvertrag regelt Lohn, Ar- beitszeit, Versicherungen, Kündigungsfrist, Ferien, etc. und beinhaltet die Pflichtenhefte für Lehrpraktiker und Assistenzarzt (vgl. Kap.10). 12. Die Teilnahme an mindestens einem der viermal jährlich von der Stiftung WHM angebotenen Praxisführungs-Kurse ist obligatorisch. 13. Die Mitfinanzierung einer Praxisassistenz ist bei Verwandtschaft ersten Grades (z.B. Mutter und Sohn) ausgeschlossen. 14. Arbeitet der Assistenzarzt zu 50% im Spital und will daneben noch 50% Praxisassistenz ma- chen, wird die Praxisassistenz in der Regel nicht mitfinanziert (50% + 50% ≠ 100%, ständiger Rollenwechsel). Seite 13
5.2 Entschädigung des Assistenzarztes Im Vergleich zu einem berechneten, durchschnittlichen schweizerischen Assistenzarzt-Spitallohn ist der Lohn in der Praxisassistenz um ca. einen Fünftel reduziert. Der Assistenzarzt-Lohn im Pro- gramm beträgt aktuell monatlich Fr. 6‘500.-- brutto (inkl. 13.Monatslohn und Gratifikation). Die Stiftung WHM finanziert 50% dieses Lohnes (zuzüglich Arbeitgeber-Beiträge für die Sozialver- sicherungen). Der Lehrpraktiker übernimmt die anderen 50% (inkl. Arbeitgeber-Beiträge). Als Aus- gleich für den Lohnverzicht des Assistenzarztes gilt in der Lehrpraxis eine Wochenarbeitszeit von 43 Stunden (bis max. 50 Stunden) und die Weiterbildung soll gegenüber der Dienstleistung stärker gewichtet sein als an einer durchschnittlichen Spitalstelle. Im Falle einer selbständigen Stellvertretung (ohne Betreuung durch den Lehrpraktiker) gemäss Su- pervisionsstufe 0 von einem Tag und mehr (siehe Supervisionsstufen im Anhang) werden die vol- len Lohnkosten vom Lehrpraktiker selber getragen. Dies gilt auch in einer Gruppenpraxis bei Ver- tretung des Lehrpraktikers, selbst wenn der Assistenzarzt von einem anderen Arzt der Gruppe (ohne Anerkennung als Lehrpraktiker im Programm) betreut wird („Stellvertretung ohne direkte Be- treuung“). Wenn in einer Gruppenpraxis der Assistenzarzt einen anderen Arzt vertritt, aber weiterhin vom an- erkannten Lehrpraktiker betreut wird (Supervisionsstufe 1-5) finanziert die Stiftung WHM 10% (statt 50%) der Lohnkosten mit, der Rest ist von der Praxis aufzubringen („Stellvertretung mit Betreu- ung“). Die entsprechenden Angaben über die Stellvertretungstage sind auf den jeweils mit dem Arbeits- vertrag verschickten Listen der Stellvertretungstage einzutragen und monatlich bei der Stiftung WHM einzureichen. Im ersten Monat der Praxisassistenz (bei Teilzeit-Anstellung entsprechend länger) und in der letz- ten Woche ist keine Vertretung durch den Assistenzarzt zulässig. Die Vertretungszeit (ohne direkte Betreuung durch den Lehrpraktiker) darf pro 6 Monate Praxisassistenz nicht mehr als 4 Wochen gem. Beschäftigungsgrad ausmachen, d.h. max. 3 1/3 Stellvertretungstage pro Arbeitsmonat (WBO Art.34). Somit sind max. 20 unbetreute Stellvertretungstage zulässig. Auch muss in diesen Fällen ein anderer Hausarzt auf Abruf verfügbar sein. Lehrpraktiker und Assistenzarzt sind frei, einen höheren als im WHM-Programm vorgesehenen Lohn zu vereinbaren. Der Lehrpraktiker muss in diesem Falle für die vollständige Lohn-Differenz (inkl. Arbeitgeber-Beiträge) selber aufkommen. Die Assistenzarzt-Löhne werden monatlich von der Stiftung WHM ausbezahlt. Die Spesen werden am Ende der Praxisassistenz abgerechnet. Sie werden in der Regel mit dem letzten Lohn ausbe- zahlt. 5.3 Versicherungsfragen Die Versicherungen sind geregelt durch ein Kollektivpaket (vgl. Kap.11). Es umfasst AHV/IV/EO/ALV (medisuisse St.Gallen), Pensionskasse (Vorsorgestiftung des VSAO), obligatori- sche Unfallversicherung gemäss UVG, Krankentaggeld (ab dem 60.Tag versichert), Berufs-Haft- pflichtversicherung und eine Dienstfahrten-Kaskoversicherung für den zu Dienstfahrten benützten Personenwagen des Lehrpraktikers bzw. des Assistenzarztes. Auf Wunsch kann zusätzlich eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen werden. Seite 14
6 Administration des Programms Die administrativen und buchhalterischen Aufgaben von der Erstellung des Vertrages (inkl. diver- sen Vertragsunterlagen) bis zur abschliessenden Evaluation werden von der Geschäftsstelle der Stiftung WHM übernommen. Nach Rücksendung des von Lehrpraktiker und Assistenzarzt unter- schriebenen Arbeitsvertrages sowie weiteren nötigen Angaben (bisherige Pensionskasse, Zah- lungsadresse, usw.) erledigt die Stiftung WHM insbesondere auch die folgenden Aufgaben: Erfas- sung der Personalien und Meldung des Lohnempfängers bei den verschiedenen Versicherungen des programmeigenen Kollektivpakets (AHV-Ausgleichskasse, Pensionskasse, Unfall-, Kranken- taggeld-, Haftpflicht- und Kasko-Versicherung), Abklärung von allfälligen Kinderzulagen und Quel- lensteuer-Abzügen, monatliche Lohnabrechnungen (ev. mit weiteren Vergütungen und Spesen), Veranlassung der Lohnzahlung, Abrechnungen z. H. der Versicherungen (AHV/IV/EO/ALV, Pensi- onskasse, Unfall, Krankentaggeld, Haftpflicht, Auto-Vollkasko), Schlussrechnung z.H. des Lehr- praktikers inkl. Berechnung der finanziellen Folgen von Abwesenheiten des Lehrpraktikers (Stell- vertretung durch den Assistenzarzt), Ausstellung von Lohnausweisen. 6.1 Verlängerung der Praxisassistenz Nach Ablauf der mitfinanzierten Praxisassistenz-Dauer von max. 6 Monaten (bei Vollzeitanstellung - bei Teilzeitanstellung entsprechend länger) besteht die Möglichkeit, die Praxisassistenz im Rah- men des WHM-Programms administrativ weiter zu führen: Dabei werden die gesamten Lohnkos- ten (inkl. Arbeitgeber-Beiträge) vom Lehrpraktiker selber getragen. Für diese Dienstleistung wird von der Stiftung WHM bei einem Anstellungsgrad von 100% ein Beitrag von Fr. 150.-- / Monat an die Administration erhoben (bei einem geringeren Anstellungsgrad ist der Beitrag entsprechend reduziert). 6.2 Administration von nicht mitfinanzierten Praxisassistenzen Zur Entlastung des Lehrpraktikers bietet die Stiftung WHM die oben genannten administrativen Ar- beiten auch dann an, wenn ein Mitfinanzierungs-Gesuch abgelehnt wird: Wenn sich Lehrpraktiker und Assistenzarzt an eines der 10 angebotenen Modelle halten (Beginn und Dauer der Praxisas- sistenz, vorgegebener oder höherer Lohn sowie Beschäftigungsgrad des Assistenzarztes – siehe Gesuch um Mitfinanzierung einer Praxisassistenz), erfolgt die administrative Abwicklung der Praxi- sassistenz unentgeltlich. Anderenfalls entstehen dem Lehrpraktiker bei einer Vollzeitanstellung des Assistenzarztes administrative Kosten von Fr. 300.--/Monat (bei Teilzeitanstellung sind die erhobe- nen Kosten entsprechend reduziert). Die Administration umfasst das Ausarbeiten des Arbeitsver- trags, die Organisation des ganzen Versicherungspakets, die monatlichen Lohnzahlungen sowie die Schlussrechnung z.H. des Lehrpraktikers. Seite 15
7 Ziele der Weiterbildung in Hausarztpraxen und Bemerkungen zu den Inhalten 7.1 Die Beziehung zum Patienten und seinem Umfeld Eine Grundlage für die Arbeit in der Hausarztpraxis bildet die kommunikative ärztliche Kompetenz, diese beinhaltet die Fähigkeit: effizient eine Anamnese zu erheben, in deren Verlauf auch die relevanten, weniger vordergrün- digen Zusammenhänge erfasst werden und bei der auch die nicht verbalen Signale des Patien- ten bewusst zur Informationsgewinnung genutzt werden, dem Patienten (in der Pädiatrie auch den Eltern) die erarbeitete Beurteilung bzw. Diagnose und die sich daraus ergebenden Konsequenzen verständlich zu erklären, um so sein Vertrauen und seine Mitarbeit bei der weiteren Abklärung und Behandlung zu gewinnen, den Patienten im Sinne der Prävention und Gesundheitserziehung soweit nötig zu Verhaltens- änderungen zu motivieren, mit weiteren an der Betreuung beteiligten Personen den Kontakt so zu gestalten, so dass eine gute Zusammenarbeit erreicht und die relevanten Informationen präzis vermittelt werden, chronisch kranke und sterbende Patienten und ihre Angehörigen zu begleiten, während Hausbesuchen die Umwelteinflüsse (psychosoziale und ökologische) zu erfassen und für die Beurteilung und das Procedere zu berücksichtigen 7.2 Die hausärztliche Fachkompetenz Die spezifische ärztliche Kompetenz in einer Hausarztpraxis umfasst besonders die Fähigkeit: angepasst an Art und Schwere der Gesundheitsstörung die massgebenden Informationen zu erheben wobei insbesondere ein abwendbarer gefährlicher Verlauf ausgeschlossen bzw. recht- zeitig erkannt werden muss, ausgehend von den frisch erhobenen und den aus den Krankenunterlagen bekannten Informati- onen eine fundierte Beurteilung bzw. Diagnose zu erarbeiten, welche den somatischen und psy- chischen Zustand sowie die soziale Situation des Patienten einbezieht, einen Behandlungs- oder Nachbehandlungsplan aufzustellen, wobei die Persönlichkeit des Pa- tienten, seine Lebenssituation und die mit ihm früher gemachten Erfahrungen, sowie die zu er- wartenden Risiken und Kosten zu berücksichtigen sind, die Behandlung durchzuführen, soweit dies mit den zur Verfügung stehenden Mitteln möglich ist, und soweit sinnvoll in die Behandlung das Angebot der weiteren medizinischen und sozialen Dienste einzubeziehen und mit den entsprechenden Stellen zusammenzuarbeiten, die eigenen Möglichkeiten und Grenzen realistisch einzuschätzen und wenn nötig den Patien- ten zeitgerecht an die zuständige spezialisierte Stelle zur Abklärung und/oder Behandlung zu überweisen und dabei die relevanten Informationen mitzuliefern. Bei Praxisnotfällen aller Fachgebiete die oben dargestellten Schritte in angemessen knapper Art und kurzer Zeit zu durchlaufen. Auch am Telefon das Problem eines Patienten zu erfassen und ihn zu beraten. Die Arbeitsfähigkeit unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Patienten zu beurtei- len. 7.3 Die Praxisführung Die Aufgabe, selbständig eine Hausarztpraxis zu führen, setzt die Fähigkeit voraus: die sich aus dem Praxisbetrieb ergebenden administrativen und organisatorischen Aufgaben wahrzunehmen, beziehungsweise in geeigneter Art zu delegieren, die Qualität der eigenen Arbeit kritisch zu reflektieren und durch dauernde Fortbildung zu ge- währleisten. als Vorgesetzter die Mitarbeiter in ihrer Tätigkeit zu motivieren, zu überwachen und deren Quali- tät sicherzustellen. Seite 16
7.4 Zu den Inhalten oder ”Was sollen Assistenzärzte in der Hausarztpraxis lernen?” Dem Assistenzarzt soll vor allem das Spezifische der Hausarztpraxis vermittelt werden. Wie diese Weiterbildung im Detail organisiert ist, hängt von den konkreten Möglichkeiten und Erfahrungen des Praxisinhabers einerseits und von den Zielvorstellungen des Assistenzarztes andererseits ab. Beide Partner müssen sich genügend Zeit nehmen, um gemeinsam Ziele und Vorgehen zu be- sprechen. 7.4.1 Ärztliche Tätigkeit in der Hausarztpraxis (Siehe auch die Umschreibung der Tätigkeit des Hausarztes auf Seite 4.) Die Assistenzärzte erhalten Einblick in das Spektrum von Krankheiten und Befindlichkeitsstörun- gen der Patienten einer Hausarztpraxis und können lernen, Frühstadien von Erkrankungen zu er- kennen. In der Hausarztpraxis müssen die Assistenzärzte zu jedem auftauchenden Problem "ad hoc" einen ersten Entscheid fällen, auch wenn bezüglich Diagnose und Prozedere noch nicht alles klar ist. Sie sollen die spezifische Arbeitsmethodik und Denkweise erlernen, wie man Bagatellerkrankungen ohne grossen Aufwand diagnostiziert und therapiert und wie man aus diesen die Krankheiten mit abwendbar gefährlichem Verlauf herausfiltert. Sie behandeln in der Praxis oft erstmals Patienten in ihrem angestammten Lebensbereich, „ihrem Biotop“. Die Patienten sind eingespannt in ihr gewohntes Netz von Beziehungen und Verpflichtun- gen und werden dadurch geprägt. Sie müssen eine bestimmte Rolle erfüllen oder müssen aus die- ser Rolle dispensiert und ev. ersetzt werden. In der Praxis muss stärker und häufiger als im Spital nebst der somatischen auch die psychische und soziale Seite der kranken Person erfasst und be- rücksichtigt werden. Nur so wird z.B. die Motivation zur Therapietreue möglich, welche im Alltags- leben gerade für Langzeitpatienten und Patienten mit mehreren Gesundheitsstörungen schwierig sein kann. Die Assistenzärzte können Hausbesuche machen und werden dabei mit den diesbezüglichen Prob- lemen konfrontiert (Notwendigkeit, Dringlichkeit, Möglichkeiten und Grenzen des Hausbesuches). Sie kommen mit anderen Diensten der „Grundversorgung“ in Kontakt: z.B. Gemeindeschwestern, Spitex-Organisation, verschiedenen therapeutischen Institutionen, Sozialdiensten, Pfarrern, Alko- holfürsorge, Mütter- und Säuglingsberatung, sowie Beratungsstellen von verschiedenen Ligen. Bei Spitaleinweisungen erleben sie den Kontakt mit den Spitalärzten von der anderen Seite – in der Rolle des Hausarztes. Die Assistenzärzte müssen auch damit zurechtkommen, dass sie verhältnismässig viele Patienten pro Tag sehen. Sie müssen sich auf jeden wieder frisch einstellen und mit dem entstehenden Zeit- druck fertig werden. Die Assistenzärzte müssen in angemessenem Ausmass die Vieldeutigkeit und Ungewissheit einer Situation, eines Gesundheitsproblems ertragen, ohne unnötige (Kosten verursachende) Massnah- men zu veranlassen. Dabei muss ein Spürsinn dafür entwickelt werden, wann man nicht zuwarten darf, sondern eine genaue Abklärung forcieren muss, um eine allfällig gefährliche Krankheit zu er- kennen. Es geht um Fragen der ökonomischen Praxisführung: Welche Untersuchungen, wann, wie oft? Die Assistenzärzte sollen lernen, was auf dem Gebiet der primären und sekundären Prävention in einer Hausarztpraxis sinnvoll ist und wie dies den Patienten vermittelt werden kann. Die Assistenzärzte sollen merken, wo sie selber Lücken in ihrer Weiterbildung haben. Ergänzend sollen sie sich ein Bild machen von den Bedürfnissen der Hausärzte nach Fortbildung und konkreten Möglichkeiten, diese zu befriedigen. Bei zunehmender Selbständigkeit und Verantwortung wird die Arbeit in der Hausarztpraxis für die Assistenzärzte zu einer umfassenden Erfahrung. Die Lehrprak- tiker sollen ihnen helfen, diese zu sichten, zu ordnen und zu reflektieren. Seite 17
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