DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020

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DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
DAS OPERNHAUS

in Kooperation mit   Theater an der Wien Magazin
                     November | Dezember 2020
DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
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DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
INHALT                                             EDITORIAL

                                                   Liebe Leserin, lieber Leser!
   5     Artist in residence                       Unter Einhaltung sämtlicher Sicherheitsvorkehrungen konnten wir nach Monaten der not-
		       Florian Boesch                            wendigen Zurückgezogenheit die neue Saison im Theater an der Wien und in der Kam-
                                                   meroper eröffnen. Dass Sie, wertes Publikum, großes Interesse an unseren Produktionen
 6 Oper im November                                gezeigt haben und wir gemeinsam alle behördlichen Auflagen erfüllen konnten, zeigt, wie
		 Le nozze di Figaro                              sehr wir uns alle nach Kunst und Kultur gesehnt haben. Wir durften in den vergange-
                                                   nen Wochen auch erfahren, dass diese Sehnsucht auch unter erschwerten Bedingungen
                                                   erfüllbar ist, wenn Vernunft neue Regeln erfordert. Und!, dass Sie, wertes Publikum, bei
 9 Premiere in der Kammeroper                      großartigen Produktionen wie Porgy and Bess im Oktober in solchem Umfang ins Theater
		 Giasone von Francesco Cavalli
                                                   an der Wien strömten, dass wir innerhalb kurzer Zeit ausverkauft waren. Ich bin sicher, Sie
                                                   können sich vorstellen, welch gigantisches Puzzle es war, alle 40 schwarzen SängerInnen
12       Oper im Dezember                          von vier Kontinenten und unser 60-köpfiges Kammerorchester special extended auf einen
		       Jean-Philippe Rameaus Platée              Nenner zu bringen.
                                                   Im November geht es gleich mit einem außergewöhnlichen Debüt weiter: Zum ersten Mal
15Kabarett in der Hölle                            wendet sich Alfred Dorfer als Regisseur der Oper zu. Mit klassischer Musik ist der viel-
		Reif für die Insel                               fältige Wiener Künstler aufgewachsen, im Theater an der Wien wird er seine langjährigen
                                                   theatralen Erfahrungen in den Dienst von Mozarts Meisterwerk Le nozze di Figaro stellen.
17       Oper konzertant                           Für die optimale musikalische Umsetzung sorgen Stefan Gottfried und der Concentus Mu-
		       Händels Pasticcio Oreste                  sicus Wien.
                                                   Mit der Partie des Grafen Almaviva wird der Artist in residence Florian Boesch seine erste
                                                   Hauptrolle in dieser Saison übernehmen. Seit der Neueröffnung des Theater an der Wien
18 Beethoven 250                                   als Opernhaus hat der Bassbariton dank seiner Vielfältigkeit und seiner Spielfreude die
		 Egmont & Fidelio
                                                   Ästhetik des Hauses entscheidend mitgeprägt. In der kommenden Saison wird Florian
                                                   Boesch seine Vielfältigkeit auch in Händels Saul, in Schuberts Winterreise und im Projekt
19 Oratorium                                       Himmelerde unter Beweis stellen.
		Händels Messiah                                  In einer Publikumsbefragung, welche Werke noch einmal szenisch gezeigt werden sollten,
                                                   war Robert Carsens Inszenierung von Rameaus Platée eine der drei meist gewünschten
20Kinder an der Wien                               Produktionen. Dirigent William Christie, der bei der ersten Aufführungsserie aus gesund-
		Figaro und die Detektiv*innen                    heitlichen Gründen absagen musste, wird bei der Neueinstudierung im Dezember die mu-
                                                   sikalische Leitung seines Ensembles Les arts florissants übernehmen, und auch Marcel
21 JET Specials                                    Beekman, ohne den diese Produktion kaum denkbar wäre, kehrt in der Titelrolle der eitlen
		 Der Fall Straus                                 Nymphe Platée an die Wienzeile zurück. Mit („Bess“) Jeanine De Bique haben wir eine
                                                   faszinierende La Folie besetzt.
                                                   Ich hoffe, dass unsere Vorstellungen wie geplant stattfinden können, und bedanke mich
22 Stay Safe im Theater an der Wien                bei Ihnen für Ihr Verständnis für notwendige Einschränkungen in schwierigen Zeiten. Vor
		COVID-19-Prävention
                                                   allem bleiben Sie gesund.

23       Ensemble: Alle Künstlerinnen              Herzlichst Ihr
		       & Künstler im Überblick

                                                   Intendant Roland Geyer

Sta|gio|ne,
 die, -, -n: „Jahreszeit“
1. Spielzeit eines Operntheaters 2. Ensemble
eines Operntheaters. Kennzeichnend für den
Stagionebetrieb ist, dass ein Stück über eine
längere Zeit gespielt wird. Je eine Inszenierung    AGRANA. FiNGeRspitzeNGeFühl FüR KultuR
wird über mehrere Abende oder Wochen                ZUCKER. STÄRKE. FRUCHT. - mit diesen drei Standbeinen ist AGRANA weltweit erfolgreich tätig, doch auch das kulturelle Leben in
                                                    Österreich hat viel zu bieten. Mit unserem Fingerspitzengefühl für Kultur sorgen wir mit Engagement dafür, dass es auch so bleibt.
hintereinander angesetzt, es kommen nur             AGRANA ist Hauptsponsor des Theater an der Wien.                                                                     AGRANA.COM
frisch geprobte Inszenierungen zur Aufführung.                                                                                                       DeR NAtüRliche MehRweRt
DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
DIE VEREINIGTEN BÜHNEN WIEN
DANKEN IHREN PARTNERN,
FREUNDEN UND FÖRDERERN
Das Jahr 2020 stellt die Vereinigten Bühnen Wien, genauso wie alle anderen
Kulturinstitutionen vor ganz besondere Herausforderungen! Umso dankbarer
sind wir für die großzügige Unterstützung unserer langjährigen Partner,
die uns auch in diesen schwierigen Zeiten zur Seite stehen!

HAUPTSPONSOR                                     HAUPTSPONSOR
RAIMUND THEATER & RONACHER                       THEATER AN DER WIEN
Wiener Städtische                                Agrana

GOLDEN CIRCLE                 SILVER CIRCLE
Austria Trend Hotels          Casinos Austria
Card Complete                 De’Longhi
Epamedia                      Dentsu Aegis Network
Gerngross                     Flughafen Wien
John Harris Fitness           Industriellenvereinigung Wien
Kulturformat                  MAC Cosmetics
Ottakringer                   Neuroth
Peugeot                       ÖBB
                              Schlumberger/Hochriegl
                              VAMED
                              Waagner Biro

ELISABETH –                   SPONSOR DER                     SPONSOREN
IN SCHLOSS SCHÖNBRUNN         KAMMEROPER                      JUGEND AN DER WIEN
Austria Trend Hotels          BUWOG                           Pat & Marcus Meier
Peugeot                                                       Martin Schlaff
Wiener Städtische

4
                                                                                   vbw.at
DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
ARTIST IN RESIDENCE

Spektrum des
künstlerischen Schaffens
Bassbariton Florian Boesch prägt diese Saison

                                                                 individuelle Vergegenwärtigung des berühmten Liedzy-
                                                                 klus’, den Schubert 1827 zu komponieren begann, als er
                                                                 bereits unheilbar an Syphilis erkrankt war. Mit der Mu-
                                                                 sicbanda Franui und dem Theaterkollektiv Familie Flötz
                                                                 gestaltet Florian Boesch das Maskenmusiktheater Him-
                                                                 melerde. Neu arrangierte Lieder von Franz Schubert, Ro-
                                                                 bert Schumann oder Gustav Mahler konfrontieren uns
                                                                 mit der eigenen Vergänglichkeit, wollen aber auch von
                                                                 der Sehnsucht nach dem Lebendigen erzählen. Denn
                                                                 Menschen können tot sein, ohne es zu bemerken, wäh-
                                                                 rend es vom Friedhof zum Tanzboden meist nur ein
                                                                 paar Schritte sind.

                                                                 LE NOZZE DI FIGARO
                                                                 Musik von Wolfgang Amadeus Mozart
                                                                 Libretto von Lorenzo Da Ponte
                                                                 Musikalische Leitung: Stefan Gottfried
                                                                 Regie: Alfred Dorfer
                                                                 Premiere: 12. November 2020
Florian Boesch

      Seit der Wiedereröffnung als neues Opernhaus der
                                                                 EGMONT & FIDELIO
                                                                 anlässlich des 250. Geburtstages
      Stadt Wien hat Florian Boesch wie kein anderer Sänger
                                                                 von Ludwig van Beethoven
      das Profil und die Qualität des Theater an der Wien in
                                                                 28. November 2020
      Opern aller Epochen geprägt. Boesch übernahm Titel-
      partien in Uraufführungen wie Bernhard Langs I Hate
      Mozart, gewann den vermeintlich bekannten Partien          WINTERREISE
      des Dr. Falke und des Frosch in der Fledermaus völlig      Liederzyklus von Franz Schubert
      neue Aspekte ab und brillierte als Barockexperte in Hän-   nach Gedichten von Wilhelm Müller (1827)
      dels Radamisto oder Orlando ebenso wie in Messiah.         29. Jänner 2021
      Florian Boesch, einer der spielfreudigsten Schauspieler
      unter den Opernsängern, ist aber auch ein gefragter
      Liedinterpret und Konzertsänger. Als Artist in residence
                                                                 HIMMELERDE
                                                                 von Familie Flöz und Musicbanda Franui
      wird Boesch dieses Spektrum seines künstlerischen
                                                                 nach Werken von Franz Schubert, Robert Schumann,
      Schaffens auch an der Wienzeile präsentieren. In fünf
                                                                 Gustav Mahler, Anton Webern u.a.
      unterschiedlichen Produktionen wird er in dieser Sai-
                                                                 26. Februar 2021
      son im Theater an der Wien zu erleben sein. In den
      szenischen Produktionen von Le nozze di Figaro im No-
      vember und Saul im April übernimmt er die Hauptrolle       SAUL
      des Conte di Almaviva und die Titelrolle. Ebenso im No-    Oratorium in drei Akten (1739)
      vember würdigt Florian Boesch als Sprecher und Sän-        Musik von Georg Friedrich Händel
      ger im Programm Egmont & Fidelio den 250. Geburtstag       Libretto von Charles Jennens
      von Ludwig van Beethoven.                                  Musikalische Leitung: Christopher Moulds
      Als Liedsänger stellt Boesch seinen persönlichen Zu-       Regie: Claus Guth
      gang zu Schuberts Winterreise vor. Er sucht dabei seine    Premiere: 16. April 2021

                                                                                                              STAGIONE #2 | 5
DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
OPER IM NOVEMBER

    Komik ist die Königsdisziplin
    Le nozze di Figaro: Alfred Dorfer über seine erste Opernregie

                                                                           beeindruckendste. Der Oper kann man sich zwar an-
                                                                           nähern, aber eigentlich kann man keine Vollendung
                                                                           erreichen, weil die Ausgewogenheit aller notwendiger
                                                                           Komponenten ein Ideal bleibt.

                                                                           Wie kam es zu Le nozze di Figaro im Theater an der
                                                                           Wien?
                                                                           Als mich Roland Geyer gefragt hat, ob ich mir eine
                                                                           Operninszenierung vorstellen könnte, habe ich sehr
                                                                           lange gezögert. Ich glaube, dass der Respekt vor der
                                                                           Kreativität anderer Menschen immer im Vordergrund
                                                                           stehen sollte. Respektlosigkeit bedeutet auch, Dinge zu
                                                                           kritisieren, die man nicht versteht, und das mündet in
                                                                           Dummheit. Respekt ist eine verschwindende Qualität
                                                                           der Gegenwart, und Respekt ist größer als Toleranz, die
                                                                           uns zu keiner Wahrnehmung zwingt. Meine Überlegung
                                                                           war, ob ich mich mit einer Operninszenierung nicht an
                                                                           etwas vergreife, was meine Kindheit ausgemacht hat.
                                                                           Die Hochzeit des Figaro auf deutsch war die Musik des
                                                                           Gemeindebaus, wo ich aufgewachsen bin. Daher habe
                                                                           ich mich gefragt, ob es überhaupt angemessen ist, die-
                                                                           sen Auftrag anzunehmen.

                                                                           Sie haben den Auftrag schließlich angenommen. Wie defi-
                                                                           nieren Sie Ihre Aufgabe?
                                                                           Meine Aufgabe sehe ich darin, meine Erfahrung in Rol-
                                                                           lengestaltung und Regie, Komik und Rhythmus in den
                                                                           Dienst dieser Produktion zu stellen. Ich glaube, dass
                                                                           Opernregie eine Dienstleistung ist. Im Musiktheater
    Alfred Dorfer                                                          steht für mich das Theater im Dienst der Musik. Re-
                                                                           gie ist eigentlich eine junge Profession und ich finde
            Ihre Vorliebe für klassische Musik ist bekannt, was hat Sie    es persönlich falsch, dass in den vergangenen Jahren
            dazu bewogen, ihre erste Opernregie anzunehmen?                der Regie eine überbordende Bedeutung zugeschrie-
            Für mich sind zwei Formen von Theater am faszinie-             ben wurde. Ohne die Kampfbegriffe der Werktreue oder
            rendsten, einerseits die richtig große Form und ande-          des Regietheaters aus dem Säckchen zu ziehen, finde
            rerseits die ganz reduzierte Form, die ich gut kenne: Ein      ich, dass die Regie im Theater nicht das Wesentliche
            Mensch steht auf der Bühne und erschafft eine Welt,            ist und im Musiktheater schon gar nicht. Mir geht es
            die satirisch, musikalisch, literarisch, generell vielfältig   darum, die Sänger auf der Bühne und die Musiker im
            sein kann. Dieses teatro povero übt auf mich ein große         Orchestergraben mit ihrer jahrhundertealten Erfahrung
            Faszination aus, weil die Darsteller wie in der Clownerie      aus Kunstfertigkeit und Handwerk angemessen zu un-
            ganz auf sich selbst angewiesen sind. Die andere Seite         terstützen und meinen Input hinzuzufügen, der aber im
            des Theaters kannte ich bislang nur passiv und es fas-         Sinn der Sache sein muss. Das ist mein Zugang zu Le
            ziniert mich, dass ähnlich wie beim Film verschiedene          nozze di Figaro. Es gibt aber natürlich andere Werke der
            Departments unterschiedlicher künstlerischer Tätigkeit         Opernliteratur, die eine andere Qualität haben, und da-
            zusammengeführt werden und ein Gesamtkunstwerk,                her einen anderen Zugang erfordern.
            auch wenn das ein abgedroschener Begriff ist, insinu-
            iert wird. Das hat mich interessiert und von den gro-          Darf ich als Advocatus Diaboli zur Rettung der Regie ein-
            ßen Theaterformen finde ich das Musiktheater die               werfen, dass eine Oper schnell langweilig wird, wenn eine

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DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
Inszenierung eine konzertante Aufführung mit Bewegung         im Mittelpunkt stehe. Mozart hingegen war ein durchaus
ist?                                                          politischer Mensch, dessen Bibliothek zahlreiche aufkläreri-
Von einer uninszenierten Wiedergabe des Figaro ist            sche Schriften enthielt. Wo würden Sie die Oper in diesem
nicht die Rede. Ich lehne mich jetzt ein bißchen aus          Spannungsfeld zwischen Liebe und Revolution verankern?
dem Fenster. Es geht mir darum, dass ich als jahrzehn-        Dieses Stück enthält, was ich sehr schätze, das Po-
telanger Opernbesucher kaum etwas ärgerlicher finde           litische im Persönlichen. Wenn vom Politkabarett ge-
als dumme Regieideen. Ein wunderbares neues Kon-              sprochen und so getan wird, als ob unser Leben aus-
zept über eine Oper zu stülpen, das nach zehn Minuten         schließlich aus Politik und Politikern besteht, dann wird
nicht mehr funktioniert, halte ich für anmaßend. The-         völlig außer Acht gelassen, wie politisch der Alltag ist.
ater ist keine Konzeptkunst und eine Oper muss sich           Mozart und Da Ponte ist im aufgeklärten Umfeld des
nicht in ein Konzept hineinbiegen lassen. Theater sollte      Josephinischen Wiens die Politisierung des Alltäglichen
auch nicht kopflastig sein. Ich möchte keinen Hirnaus-        gelungen. Sie hatten während der gemeinsamen Arbeit
wurf abliefern, denn eine Inszenierung ist keine Semi-        mit Sicherheit viel Spaß bei der Untergrabung adeliger
nararbeit. Diesen Irrtum möchte ich vermeiden, und            Autoritäten. Das war eine bewusste Provokation. Sie
meine persönliche Meinung ist, dass mich intellektuelle       wussten aber auch, dass sie sich in Wien auf einem
Konzepte in der Oper langweilen.                              annähernd sicheren Terrain befanden. Wie ich es lese,
                                                              ist der Figaro ein ständiges Oszillieren zwischen diesen
Mozart trug Le nozze di Figaro als komische Oper in sein      zwei Ebenen des Politischen und des Privaten.
Werkverzeichnis ein. Wie lustig finden Sie diese doppelbö-
dige Geschichte?                                              Florian Boesch übernimmt die Rolle des Grafen Almavi-
Ich halte Komik für die Königsdisziplin des Theaters.         va. Unter Sängern gilt er als besonders spielfreudig. Welche
Komik ist am schwierigsten und scheitert daher auch           Anforderungen stellen Sie an das Ensemble?
oft. Gute Komik nimmt automatisch die Tragik mit.             Ich habe anfangs den Wunsch an das Theater an der
Umgekehrt geschieht das selten. Mein Ansatz ist daher,        Wien geäußert, dass ich mit ausgezeichneten Schau-
nicht zwingend komisch sein zu wollen, sondern die            spielern arbeiten möchte, weil das für mich modernes
Wahrheit mit all ihren Brüchen zu erzählen. Der Bruch         Musiktheater ausmacht. Die Zeiten mit Tenorpflöcken
zwischen Darstellung und Realität erzeugt Ironie, die         in der Bühnenmitte, mit denen ich aufgewachsen bin,
wörtlich nichts anderes als Heuchelei bedeutet. Aller-        sind vorbei. Vom ersten Probentag an habe ich gese-
dings muss den Beheuchelten, also dem Publikum, der           hen, dass mein Wunsch in Erfüllung gegangen ist. Alle
Unterschied zwischen Erzähltem und Gemeintem klar             Mitglieder im Cast können singen und spielen, verfügen
sein, und das fällt vielen Menschen unheimlich schwer.        über eine wunderbare Flexibilität. Als Regisseur sehe
Diese Brüche und Zwischenräume sind sicher von Da             ich es als meine Aufgabe an, möglichst viele Farben aus
Ponte und Mozart bewusst intendiert worden.                   den einzelnen Figuren herauszuholen. Wir streben das
                                                              unmögliche Ziel an, dass niemand im Publikum auf die
In Le nozze di Figaro findet weder die im Titel erwähnte      Übertitel schauen muss, um der Handlung folgen zu
Hochzeit statt, noch scheint Figaro die Hauptfigur zu sein.   können. Ich habe nach der Matura im Theater an der
Wen sehen Sie als eigentlich treibende Kraft der Handlung     Wien La grande magia von Eduardo De Filippo in der
an?                                                           Inszenierung von Giorgio Strehler auf Italienisch gese-
Es gibt zwei Hauptfiguren. Dramaturgisch ist es der           hen. Ich sprach damals zwar kein Wort Italienisch, habe
Graf, ohne den das Stück nicht stattfinden würde. Er ist      aber alles verstanden. Theater kann in der übersprachli-
der hierarchische Aufhänger, um den sich alle Stränge         chen Verständlichkeit die Kraft der Musik haben und das
verwickeln, selbst wenn er abwesend ist. Die Hauptrolle       würde ich besonders im Musiktheater gerne herstellen.
der Herzen aber ist natürlich Susanna. Beide Figuren
haben zwar nicht die meisten Arien, das sind Figaro           In Le nozze di Figaro führte Beaumarchais die Handlung
oder Cherubino, tragen aber die Handlung.                     von Il barbiere di Siviglia fort. Wie wichtig ist Ihnen die
                                                              Vorgeschichte einzelner Figuren?
Le nozze di Figaro wurde im 20. Jahrhundert lange als un-     Die interessanteste der Vorgeschichten ist sicher die
politisches Werk aufgeführt, in dem das Spiel um Gefühle      Wandlung der Rosina zur Contessa. Ihr Aufstieg wird

                                                                                                               STAGIONE #2 | 7
DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
zwar zwischen den beiden Stücken nicht erzählt, aber           würde sie ihm verzeihen und ihn zurücknehmen, würde
    ich denke, sie ist in Umstände hinein gewachsen, die           sie ihre Würde beleidigen. Ich bin kein Musikwissen-
    ihr nicht behagen. Sie mag zwar die Vorzüge ihrer Posi-        schafter und mir kann gerne widersprochen werden,
    tion, fühlt sich aber nicht wohl. Eigentlich hat sie keine     aber für mich erzählt Mozarts Musik, dass die Gräfin
    Beschäftigung außer Gattin zu sein.                            den Grafen verlässt. Dieses Finale zeigt nicht, wie alle
                                                                   Beteiligten fröhlich feiern gehen, sondern verbreitet
    Laut Michael O’Kelly, ein Sänger der Uraufführung, war         eine gebrochene Fröhlichkeit.
    das Sextett im dritten Akt Mozarts Lieblingsszene. Darin
    wird eine familiäre Untiefe offenbart: Figaro ist der unehe-
    liche Sohn von Marcellina, die zuvor von ihm die Ehe ver-
    langt hat. Ist das lustig oder schrecklich?                        LE NOZZE DI FIGARO
    Ich finde dieses Sextett lustig, vielleicht kafkaesk lustig,
    denn schrecklich ist diese Situation eben auch. Eine
                                                                       Commedia per musica in vier Akten (1786)
    Frau, die zwanzig Jahre älter ist als Figaro, borgt ihm
    Geld und fordert, dass er sie heiratet, wenn er es nicht           Musik von Wolfgang Amadeus Mozart
    zurückzahlen kann. Was muss in dieser Beziehung zu-                Libretto von Lorenzo Da Ponte
    vor geschehen sein, damit es überhaupt zu dieser Situa-            Nach der Komödie La folle journée ou Le mariage de Figaro
    tion kommen konnte? Die beiden scheinen sich zumin-                von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais
    dest nicht fremd gewesen zu sein und dieses Sextett
                                                                       In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
    läutet eine gewaltige Wendung in der Handlung ein.
    Der Ödipus-Komplex war keine Erfindung von Freud,                  Musikalische Leitung        Stefan Gottfried
    er hat die Menschheit seit Jahrtausenden begleitet. Ein            Inszenierung                Alfred Dorfer
    Verhältnis zwischen einer älteren Frau mit einem jun-              Ausstattung                 Christian Tabakoff
    gen Mann ist auch heute noch ein Tabu. Oder denken                 Licht                       Benedikt Zehm
    wir daran, dass im dritten Akt enttarnt wird, dass der             Choreografie                Kateryna Sokolova
    Graf nicht nur junge, sondern auch sehr junge Frauen
                                                                       ll Conte di Almaviva        Florian Boesch
    mag. Auf alle diese Möglichkeiten blickt Mozart in sei-
                                                                       La Contessa di Almaviva     Cristina Pasaroiu
    ner Musik aber ebenso genial wie großherzig.
                                                                       Susanna                     Giulia Semenzato
                                                                       Figaro                      Robert Gleadow
    Das letzte Wort Almavivas im Finale lautet „perdono“.
                                                                       Cherubino                   Katie Coventry
    Seine Untergebenen haben ihn überlistet, aber wofür ent-
                                                                       Marcellina                  Enkelejda Shkosa
    schuldigt er sich, immerhin ist er der Graf ?
                                                                       Bartolo                     Maurizio Muraro
    Almaviva entschuldigt sich schon einmal im zweiten
                                                                       Basilio                     Andrew Owens
    Akt bei Susanna. Er hat offenbar allen Grund dazu, sich
                                                                       Don Curzio                  Johannes Bamberger
    öfter zu entschuldigen. Ich denke, es handelt sich um
                                                                       Barbarina                   Ekin Su Paker
    eine weit verbreitete Männerphantasie, dass ein Sei-
                                                                       Antonio                     Ivan Zinoviev
    tensprung die eheliche Liebe neu aufleben lassen kann.
    Darin steckt eine offensichtliche Sehnsucht nach den               Concentus Musicus Wien
    Gegensätzen der Nestwärme einerseits und dem flir-                 Arnold Schoenberg Chor
    renden Abenteuer andererseits. Frauen aber bemerken
                                                                       Neuproduktion des Theater an der Wien
    in den allermeisten Fällen, wenn sie betrogen werden,
    auch wenn sie es nicht aussprechen. Die Gräfin sagt                PREMIERE
    auch nicht: „Ich verzeihe dir“, sondern lediglich „Ja“.            Donnerstag, 12. November 2020, 19.00 Uhr
    Sie legt sich nicht fest, sondern geht einen Zwischen-
                                                                       AUFFÜHRUNGEN
    weg. Sie ist im Reinen mit dem Grafen, aber nach den
                                                                       14. / 16. / 19. / 21. / 23. November 2020, 19.00 Uhr
    jahrelangen Demütigungen, die sie erfahren muss-
    te, hat sie beschlossen, ihn zu verlassen. Es erfordert            EINFÜHRUNGSMATINEE
    auch Größe von ihr, den Grafen gehen zu lassen. Doch               Sonntag, 8. November 2020, 11.00 Uhr

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DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
PREMIERE IN DER KAMMEROPER

Unerhörte Argonauten
Regisseur Georg Zlabinger über Francesco Cavallis Pionierwerk Giasone

     Francesco Cavallis Giasone stammt aus der frühesten
     Phase der damals neuen Gattung Oper und wurde 1649
     uraufgeführt. Was zeichnet dieses Pionierwerk des frühen
     Barock aus?
     Das Besondere oder, wenn man so will, Unerhörte des
     Werkes kann vielleicht in dessen Verwandtschaft zum
     Karnevalesken ausgemacht werden: Die Hauptsaison
     für Theater fiel Mitte des 17. Jahrhunderts mit dem über-
     aus populären Karneval von Venedig zusammen und so
     sind auch die Produktions- und Rezeptionsumstände
     des Giasone vor diesem Hintergrund zu begreifen. Die
     Oper ist geprägt von (selbst)ironischer Spielfreude,
     subversivem Schwung, formaler und inhaltlicher Hete-
     rogenität, plastisch charakterisierten Figuren zwischen
     Parodie und bis ins Abgründig-Amoralische reichender
     Seelenschau (vor allem bemerkenswert die stark ausge-
     stalteten Protagonistinnen) und nicht zuletzt dem pro-
     duktiven Ineinandergreifen von Musik und Text – alles
     Zutaten, die für die erfolgreiche Aufnahme durch ein
     unterhaltungsfreudiges Publikum im barocken Italien
     eine Rolle spielen mussten.

     Giasone wurde im Teatro S. Cassiano in Venedig aufge-
     führt, das als erstes öffentliches Opernhaus gilt. Von kon-
     servativen akademischen Kreisen wurde die Oper als Sinn-
     bild der „venezianischen Dekadenz“ kritisiert. Was hat den     Georg Zlabinger
     Zorn dieser Intellektuellen erregt?
     Die teils radikalen Neuerungen der jungen veneziani-          mythologischen Stoffen, antiken Dramensequenzen
     schen Oper bedeuteten zwangsläufig auch einen Bruch           und Handlungsmustern zeitgenössischer, überwiegend
     mit dramentheoretischen Konventionen und Reinheits-           spanischer Komödien sozusagen zu montieren. Eine
     geboten: Unter anderem werden in Giasone Spielarten           solche innovative Mischform stellt auch Giasone dar:
     der Tragödie und der Komödie permanent vermengt,              Mehrere Sagenmotive und Protagonisten wie zum Bei-
     Standesunterschiede und gesellschaftliche, vor allem          spiel die Argonautenfahrt, die Beziehung zwischen Ja-
     zwischengeschlechtliche Hierarchien verlieren in den          son und Medea, das Exil der Hypsipyle, der athenische
     Interaktionen der Figuren jegliche Bedeutung, die so-         König Aigeus oder die Figur des Orest werden mitein-
     genannten aristotelischen Einheiten von Ort und Zeit          ander produktiv gemacht und frei umgestaltet. Dadurch
     können nur mit einiger Phantasie nachvollzogen wer-           ergeben sich parodistische Effekte, aber auch eine ori-
     den, und die Handlung gerät durch eine Vielzahl von           ginelle, poetische Verfremdung der mit bestimmten Er-
     Charakteren und Erzählsträngen zu einem bunten, po-           wartungshaltungen verknüpften Stoffe.
     lyphonen Gebilde.
                                                                   Mit Medeas Hilfe gelingt es Giasone, das Goldene Vlies
     Die Geschichte stammt aus der antiken Mythologie und          vom Altar Jupiters zu rauben. In der Mythologie ist das
     erzählt vom Argonauten Jason und seiner Suche nach dem        Vlies das Fell eines goldenen Widders, der fliegen und spre-
     Goldenen Vlies. Wie haben Cavalli und der Librettist Cico-    chen kann. Heute wissen wir aber auch, dass im Kaukasus
     gnini diese bekannte Vorlage für ihre Bedürfnisse in Giaso-   tatsächlich Schaffelle verwendet wurden, um Goldstaub
     ne adaptiert?                                                 aus den Flüssen zu waschen. Diese Felle schimmerten da-
     Im experimentierfreudigen Opernschaffen dieser Zeit           her golden. Wie deuten Sie in Ihrer Inszenierung das be-
     galt es als übliche Praxis, ein Stück aus unterschiedlichen   rühmte Goldene Vlies?

                                                                                                                    STAGIONE #2 | 9
DAS OPERNHAUS - Theater an der Wien Magazin November | Dezember 2020
Rafał Tomkiewicz                                          Valentina Petraeva

        GIASONE                                               Obwohl das Goldene Vlies in dieser Ausführung eine
                                                              eher untergeordnete Rolle spielt – wir erfahren nur
                                                              recht wenig über dessen politische Bedeutung oder die
         Drama musicale in drei Akten (1649)
                                                              Umstände und Konsequenzen des Raubes; auch bleibt
         Musik von Francesco Cavalli                          offen, was mit dem Vlies letztendlich passiert – so um-
         Libretto vonGiacinto Andrea Cicognini                schwebt es die Beziehungs- und Handlungsmotive der
                                                              Figuren doch stets wie eine Art Sinnbild für das nicht
         In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
                                                              immer zu erreichende Objekt der Begierden, Sehnsüch-
         Musikalische Leitung        Benjamin Bayl            te und Wunschträume.
         Inszenierung                Georg Zlabinger
         Bühne                       Martin Zlabinger         Medea und Giasone sind neben der Geschichte vom Golde-
         Kostüm                      Angelika Pichler         nen Vlies vor allem durch den angeblichen Kindermord der
         Licht                       Franz Tscheck            Medea in Korinth ein tragisch-berühmtes Liebespaar. Wie
                                                              nähern Sie sich dem Anfang dieser Beziehung?
         Giasone                     Rafał Tomkiewicz
                                                              Natürlich drängt sich in Hinblick auf den tragischen
         Medea                       Valentina Petraeva
                                                              und ungemein stark rezipierten Ausgang der Medea-
         Isifile                     Ekaterina Protsenko
                                                              Geschichte eine analytische Durchleuchtung ursächli-
         Besso 	                     Ivan Zinoviev
                                                              cher Konfliktpotenziale auf. Zumal die von Cavalli und
         Alinda 	                    Miriam Kutrowatz
                                                              Cicognini präsentierte Handlung aber einen alternati-
         Egeo 	                      Andrew Morstein
                                                              ven Verlauf nimmt und ein Happy End mit den Paarun-
         Ercole                      Benjamin Chamandy
                                                              gen Medea und Egeo sowie Giasone und Isifile vorsieht,
         Bach Consort Wien                                    muss die bekannte, im Kindermord gipfelnde Ge-
                                                              schichtsvariante ausgeblendet werden. Man kann sich
         Neuproduktion des Theater an der Wien
                                                              der Liebesaffäre zweier, quasi unbestimmter Figuren
         in der Kammeroper
                                                              annähern, also ohne voreingenommenen Blick und als
         PREMIERE                                             wüsste man gar nichts von einer potenziell tragischen
         Sonntag, 29. November 2020, 19.00 Uhr                Entwicklung.

         AUFFÜHRUNGEN
                                                              Auf dem Weg nach Kolchis hat Giasone mit Königin Isifile
         4. / 6. / 10. / 12. / 19. Dezember 2020, 19.00 Uhr
                                                              auf Lemnos Zwillinge gezeugt. Auf der Flucht treffen Gia-
         5. / 8. / 10. / 12. Jänner 2021, 19.00 Uhr
                                                              sone und Isifile wieder aufeinander. Wie charakterisieren
         EINFÜHRUNGSMATINEE                                   Sie Isifile, die zunächst von Giasone für Medea verlassen
         Sonntag, 29. November 2020, 11.00 Uhr                worden war?

10
Was Librettist und Komponist mit der aus erzähleri-          emotionales Umdenken und selbstbestimmtes, verant-
                             schen Gründen praktischen Einführung der Figur Isifile       wortungsvolles Entscheiden der Figuren.
                             in die Handlung erreichen, ist tatsächlich bemerkens-
                             wert: Isifile durchleidet ein ganz ähnliches Geschick wie    Die eigentliche Handlung wurde ursprünglich von einem
                             – im gewohnten Narrativ – Medea und zeichnet so als          Prolog der Götter eingeleitet und durch komische Neben-
                             eine Art Spiegelbild ein mögliches, schlimmes Schicksal      handlungen und Figuren, die der Tradition des italienischen
                             für Medea voraus. Beide sind Königstöchter, gehen eine       Karnevals dienten, unterbrochen. Wie gehen Sie mit diesen
                             Beziehung mit Jason ein, gebären ihm Zwillinge, wer-         Elementen für Ihre Fassung in der Kammeroper um?
                             den verlassen und landen in einer Extremsituation im         Wiewohl für eine Fassung in der Kammeroper gewisse
                             gesellschaftlichen Abseits. Dass Isifile letztlich Giasone   Verdichtungen notwendig sind, sollen doch die für die
                             für sich zurückgewinnen kann, und Medea durch einen          Stückatmosphäre maßgeblichen Elemente in übertra-
                             Blick in den eigenen Abgrund zur Rückkehr und Treue          gener Form erhalten bleiben: Dazu gehören natürlich
                             zu Egeo bewegt wird, vermag dieses aber zu verhindern.       die rahmenbildende Handlung der Götter, welche nach
                                                                                          Lust und Laune über die Figurenschicksale zu verfügen
                             Die barocke Oper war noch von der Konvention zum Lieto       meinen, das wichtige Motiv des Traumes als übersinn-
                             fine, dem glücklichen Ende, geprägt. Wie erreichen Cavalli   liche Sphäre und Möglichkeit der Realitätsflucht oder
                             und Cicognini dieses Happy End?                              der alles auf den Kopf stellende Geist des Karnevals in
                             Was erst wie eine Art dramaturgisch erzwungener Deus         Gestalt exzentrischer, von Konsequenzen für ihr Tun
                             ex machina-Effekt erscheint (schlussendlich obsiegt          mehr oder weniger befreiter Figuren – welche der früh-
                             der Wille Amors gegenüber dem der anderen Götter),           barocken Oper allesamt zu ihrer besonderen Komik,
                             stellt sich bei näherer Betrachtung vielmehr als eine        Freizügigkeit, Verspieltheit und nicht zuletzt poetisch-
                             menschenbewirkte Versöhnung dar: durch Läuterung,            magischen Künstlichkeit verhelfen.
Foto © Monika Rittershaus

                            Mit den Gutscheinen des Theater an der Wien (ab € 10,-) schenken Sie Familie und FreundInnen eine
                            Musiktheater-Vielfalt auf höchstem künstlerischen Niveau. Die Gutscheine sind für alle Eigenproduktionen
                            des Theater an der Wien sowie alle Vorstellungen des Theater an der Wien in der Kammeroper gültig!
                            Erhältlich online unter www.theater-wien.at oder an der Tageskasse des Theater an der Wien,
                            Linke Wienzeile 6, 1060 Wien (Mo-Sa 10 -18 Uhr).
                                                                                                                                        STAGIONE #2 | 11
OPER IM DEZEMBER

     Weder Sterbliche noch
     Götter werden geschont
     Robert Carsen und William Christie realisieren Rameaus Platée
     mit Marcel Beekman in der Titelrolle

          Platée habe ihn schon immer fasziniert, sagte Regisseur        einem Mann dargestellt, und keineswegs ein Mann, der
          Robert Carsen anlässlich der Theater an der Wien-Pre-          vorgibt, eine Frau zu sein. Mit anderen Worten, Platée
          miere von Jean-Philippe Rameaus Ballet bouffon im Jahr         ist schauspielerisch und musikalisch eine Travestierolle,
          2014, „weil sich hier Emotion und bissige Satire mit ei-       kein Transvestit im heutigen und soziologischen Sinn.“
          nem Stil vereinen, der, so einzigartig er ist, auf den fest-
          gefügten Konventionen des französischen Theaters im
          18. Jahrhundert basiert. Konventionen, die zum Beispiel            PLATÉE
          erklären, warum jeder Akt mit einem choreografischen
          Divertissement schließt. Diese Formgebundenheit, die
                                                                             Ballet bouffon in einem Prolog und drei Akten (1749)
          den Aufbau von Barockwerken regelt, liebe ich sehr. Sie
          bietet uns das genaue Gegenteil des modernen Realis-               Musik von Jean-Philippe Rameau
          mus und lässt doch Parallelen zu der Formauflösung                 Libretto von Jacques Autreau
          erkennen, die unsere postmoderne Epoche in ihr künst-              revidiert von Adrien-Joseph Valois d’Orville und Balot de Sovot
          lerisches Schaffen einbringt. Das ist einer der Gründe,
                                                                             In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
          weshalb führende Theaterbetriebe heute wieder Ballett-
          opern auf die Bühne bringen können.“                               Musikalische Leitung           William Christie
          In einer Publikumsbefragung, welche erst einmal auf-               Inszenierung                   Robert Carsen
          geführten Produktionen des Theater an der Wien in                  Ausstattung                    Gideon Davey
          den abschließenden zwei Jahren der Intendanz Roland                Licht                          Robert Carsen & Peter van Praet
          Geyers wiederaufgenommen werden sollten, war Car-                  Choreografie                   Nicolas Paul
          sens Deutung von Platée eine der drei meistgenann-                 Dramaturgie                    Ian Burton
          ten Inszenierungen. William Christie, der bei der ers-
                                                                             Platée                         Marcel Beekman
          ten Spielserie das Pult aus gesundheitlichen Gründen
                                                                             La Folie                       Jeanine De Bique
          seinem langjährigen musikalischen Wegbegleiter Paul
                                                                             Mercure / Thespis              Cyril Auvity
          Agnew überlassen musste, wird für die Wiederaufnah-
                                                                             Cithéron / Momus               Marc Mauillon
          me das von ihm gegründete Spezialistenensemble Les
                                                                             Jupiter                        Edwin Crossley-Mercer
          Arts Florissants leiten. Den aus Kanada stammenden
                                                                             Clarine / Amour                Emmanuelle de Negri
          Regisseur und den Dirigenten mit US-amerikanischen
                                                                             Junon                          Emilie Renard
          Wurzeln eint ihre nordamerikanische Herkunft und ihre
                                                                             Thalie                         Ilona Revolskaya
          frankophile Ader, beide sind nach Paris gezogen und
                                                                             Momus / Satyre                 Padraic Rowan
          wurden für ihre künstlerische Arbeit in die französische
          Ehrenlegion aufgenommen.                                           Les Arts Florissants
          Die Titelpartie und Travestierolle der Nymphe Platée,              Arnold Schoenberg Chor
          die von Rameau bewusst für einen hohen Tenor ge-
                                                                             Neueinstudierung der Theater an der Wien-Produktion von 2014
          schrieben wurde, wird wiederum vom niederländischen
          Tenor Marcel Beekman verkörpert. Beekman war, eben-                PREMIERE
          falls unter der Regie von Robert Carsen, in Monteverdis            Montag, 14. Dezember 2020, 19.00 Uhr
          L’incoronazione di Poppea als Poppeas dralle Amme Ar-
                                                                             AUFFÜHRUNGEN
          nalte schon einmal in einer Travestierolle an der Wien-
                                                                             16. / 18. / 20. / 29. / 31. Dezember 2020, 19.00 Uhr
          zeile zu sehen und machte auch als plumpe Nymphe
          Platée eine großartige Figur. Robert Carsen ist es wich-           EINFÜHRUNGSMATINEE
          tig zu betonen, „dass Platée sehr wohl eine Frau ist, von          Sonntag, 13. Dezember 2020, 11.00 Uhr

12
Marcel Beekman in der Titelrolle der Sumpfnymphe Platée

       Jean-Philippe Rameau war der umstrittenste Komponist        Der Göttervater ist überzeugt, dass Juno die Lächer-
       seiner Zeit und ein streitbarer Musiktheoretiker. Mit       lichkeit ihrer Eifersucht erkennt, wenn sie die groteske
       seinen Opern löste er im 18. Jahrhundert hitzige Aus-       Scheinbraut erst erblickt. Die eitle Nymphe ist von den
       einandersetzungen zwischen den traditionsbewussten          Avancen Jupiters geschmeichelt und geht begeistert auf
       Anhängern Lullys und seiner eigenen Werke aus. Er           sie ein. Bis zur Hochzeit, gebietet Jupiter, soll die Zeit
       beteiligte sich selbst mehrfach an diesen Querelles, um     mit festlichen Divertissements überbrückt werden.
       seine musiktheoretischen Erkenntnisse gegen Kritiker        Platée wurde 1745 am Hof von Versailles uraufgeführt,
       zu verteidigen, und bei jedem seiner neuen Werke fla-       fiel als repräsentative Hochzeitsoper durch, und wurde
       ckerten die Auseinandersetzungen wieder auf.                dann aber ab 1759 in Paris zu einem der erfolgreichs-
       Rameaus erste komische Oper, zunächst als Ballettko-        ten Stücke Rameaus, bis sein Werk im 19. Jahrhundert
       mödie später als Comédie lyrique bezeichnet, basiert        wieder in Vergessenheit fiel. Claude Debussy mahnte,
       auf dem Libretto Platée ou Junon jalouse von Jacques Au-    dass man sich unerklärlich lange überhaupt nicht mehr
       treau und wurde von Adrien-Joseph Le Valois d’Orville       an Rameau, an seinen Charme und an seine strenge,
       für die endgültige Fassung überarbeitet. Für einmal war     doch so feine Form erinnere, und fand keine Entschul-
       Göttervater Jupiter treu und doch wütet die eifersüchti-    digung dafür, dass man die Tradition Rameaus, dessen
       ge Gattin Juno. Um die Göttin von ihrer Eifersucht zu       Werk angefüllt sei mit Funden von fast einzigartigem
       befreien, hecken Mercure und Cithéron eine List aus. Ju-    Rang, im 19. Jahrhundert vergessen konnte. Erst zu Be-
       piter gibt vor, sich in die liebestolle, ebenso unansehn-   ginn der 20. Jahrhunderts wurden die Werke des Erneu-
       liche wie eitle Sumpfnymphe Platée verliebt zu haben.       erers der französischen Barockmusik wiederentdeckt.

                                                                                                                STAGIONE #2 | 13
Szenenfoto aus der Produktion 2014

            Für Regisseur Robert Carsen sind die Bezüge in einer      Austria Presse Agentur. „Carsen und sein Ausstatter
            Satire konkreter als in einer Komödie, deren Aussage      Gideon Davey verlegen das diabolische Spiel der Götter
            universell seien: „Sie lässt sich also viel schwieriger   um Jupiter mit der trampeligen Nymphe Platée, die als
            umsetzen. Platée hat neben Voltaires Candide, der rund    Lockobjekt für die eifersüchtige Juno dient, in das Ta-
            anderthalb Jahrzehnte später entstand, als das andere     bleau einer modernen Gesellschaft aus Hipstern und
            Meisterwerk der Aufklärung zu gelten. Beide wollen auf    Partypeople. Dafür wurden die schönsten Mitglieder
            etwas hinweisen und zum Nachdenken anregen, ohne          des Arnold Schoenberg Chors versammelt, die eine
            jemanden zu schonen, ,weder Sterbliche noch Götter‘,      schauspielerische Meisterleistung vollbringen. Jupiter
            heißt es im Prolog zu Platée. Die Satire umfasst also     kommt als Karl Lagerfeld mit echter Katze im Arm und
            weitere Bereiche: die klassische Bildung, die Gesetze     umschwirrt von Fotografen auf die Bühne. Als Pendant
            der Gattung, das höfische Leben. Was davon verstehen      zu ihm ist seine Gattin Juno als Coco Chanel gestylt.“
            wir heute? Wenn man dem Kern dieser Oper gerecht          „Das Werk behandelt eine menschliche Schwäche, die
            werden will, müssen wir die Satire des Dargebotenen       Eitelkeit, und die Grausamkeit der Götter“, sagt dazu
            auf unser eigenes Bezugssystem übertragen – ein wei-      Regisseur Robert Carsen. „Wenn Satire darin besteht,
            terer Grund, der in dem Werk selbst angelegt ist und      dagegen zu lachen und ein gewisses Maß an Grausam-
            mich bewogen hat, es in unsere Zeit zu übertragen.“       keit voraussetzt, so geht es in der Komödie darum, mit-
            Mit seiner modernen Deutung gelang Carsen in den          zulachen, und ich versuche, beide Aspekte miteinander
            Worten der Kritik ein „Bonbonbunter Barock-Videoclip      in Einklang zu bringen, indem ich hervorhebe, welche
            als Publikumshit“: „Jean-Philippe Rameaus barockes        große Bedeutung dieses Thema heute in unseren west-
            Gesamtkunstwerk Platée mutiert in der Regie von Ro-       lichen Gesellschaften hat, in denen Image, Anschein,
            bert Carsen zum poppigen Videoclip“, schrieb die          Fashion dominieren.“

14
KABARETT IN DER HÖLLE

Gibraltar und Mazzesinsel
Georg Wacks und das Kabarettensemble der Hölle sind Reif für die Insel

     Seit einem Jahrzehnt präsentieren Georg Wacks und         nix zu lachen gibt“, sagte Fritz Grünbaum lange vor
     das seit zehn Jahren unveränderte Ensemble aktuelle       der Corona-Pandemie, der das Kabarett in der Hölle
     Kabarettprogramme im Sinn der historischen Auffüh-        mit Humor in ihrem mittlerweile zwölften Programm
     rungspraxis im Souterrain des Theater an der Wien,        entgegenzutreten versucht. Dass die Aufführungen des
     dem ehemaligen Kabarett „Die Hölle“. Mit dem Walzer       Jubiläumsprogramms ohne Pause und Buffet auskom-
     Mephistos Höllenrufe von Johann Strauss wurde 1906        men müssen, kann die Qualität der Darbietungen nicht
     das dem französischen Cabaret und von großteils jü-       beeinflussen.
     dischen Künstlern getragene Etablissement eröffnet.       In der Ausstattung von Stefan Fleischhacker und Elena
     In der Hölle traten Fritz Grünbaum, Karl Farkas, Hans     Schreiber, die ganz im Zeichen der Visionen von Paul
     Moser, Hugo Wiener oder Mela Mars auf, Franz Lehár        Gauguin steht und sich an den prachtvollen Eiern des
     und der junge Robert Stolz schrieben einaktige Varieté-   Peter Carl Fabergé orientiert, schwankt das Programm
     operetten. 1938 wurden die Künstler der Hölle beraubt,    zwischen dem Eindruck des Aufbruchs und des Ab-
     vertrieben und ermordet. Fritz Grünbaum und Fritz         schieds. Zwischen Gibraltar und Honolulu, Zanzibar und
     Beda-Löhner waren die bekanntesten Opfer. Hugo Wie-       Mazzesinsel, Fisch und Chips und Bing Crosby führt
     ner und Karl Farkas konnten entkommen.                    das Ensemble das Publikum in die schöne und bizarre
     „Ein Conférencier ist einer, der dem Publikum mög-        Welt des historischen Kabaretts. Christoph Wagner-
     lichst heiter zu erklären versucht, dass es heutzutag’    Trenkwitz trifft als Rotkäppchen auf die scharfe Wölfin,
                                                               Martin Thoma findet sein fünftes Element und aus Irland
                                                               findet sich die Volks- und Kampftanztruppe Very Good
     REIF FÜR DIE INSEL                                        Friday ein. Traditionell sorgen das feinfühlige Ensemble
                                                               „Albero Verde“ für die musikalische und Marie-Theres
     Kabarett in der Hölle
                                                               Arnbom mit der Ausstellung „Perfides Albion – Exil in
     Konzeption & Regie      Georg Wacks                       Großbritannien“ für die visuelle Begleitung des Abends.
     Ausstattung             Stefan Fleischhacker
                             & Elena Schreiber
     Licht                   Franz Tscheck

     Mit: Elena Schreiber, Stefan Fleischhacker,
     Martin Thoma, Georg Wacks,
     Christoph Wagner-Trenkwitz

     Ensemble „Albero Verde“:
     Violine             Daniela Preimesberger,
                         Eszter Augusztinovicz
     Cello               Ruth Ferlic
     Klarinette          Reinhold Brunner
     Klavier             Christina Renghofer

     Ausstellung             Marie-Theres Arnbom

     Eine Produktion der Armin Berg Gesellschaft im
     Auftrag des Theater an der Wien in Zusammenarbeit
     mit dem Letzten Erfreulichen Operntheater LEO

     PREMIERE
     Mittwoch, 4. November 2020, 20.00 Uhr

     AUFFÜHRUNGEN
     6. / 7. / 8. / 9. November 2020, 20.00 Uhr
     1. / 2. / 3. / 4. / 7. Dezember 2020, 20.00 Uhr
     keine Pause                                                Reif für die Insel-Ensemble

                                                                                                           STAGIONE #2 | 15
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16                                   Alle Ausstattungsdetails sind modellabhängig serienmäßig, nicht verfügbar oder gegen Aufpreis erhältlich. Symbolfoto.
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OPER KONZERTANT

Mit großem Applaus
Händels Pasticcio Oreste nach Euripides’ berühmter Tragödie

     Zu Beginn der Saison 1734 war Händel in London ein-       Obwohl Händel den Oreste als eigenständiges und
     mal mehr gezwungen, ein neues Opernunternehmen            vollwertiges Drama betrachtete und die Praxis des Pas-
     zu begründen. Sein Pachtvertrag im Haymarket Theatre      ticcio im Barock weit verbreitet war, wurde das Werk
     war abgelaufen und das Theater sollte fortan von seiner   zweieinhalb Jahrhunderte lang vollständig ignoriert.
     Konkurrenz, der Opera of the Nobility, bespielt werden,   Erst 1988 wurde es bei den Händelfestspielen in Halle
     die zudem sämtliche in London beliebten Sängerinnen       wiederentdeckt und 1991 in die historisch-kritische Ge-
     und Sänger engagiert hatte. Händel wechselte in das       samtausgabe der Händel-Werke aufgenommen.
     neue Covent Garden Theatre und stellte unter großem
     Zeitdruck das Pasticcio Oreste aus seinen eigenen Wer-
     ken zusammen, die er im Verlauf von 27 Jahren kom-
     poniert hat.
     Die Handlung folgt einem Libretto von Giovanni Gual-
     berto Barlocci nach Euripides’ Drama Iphigenie bei den
     Taurern, benennt aber nicht wie später bei Gluck und
     Goethe Iphigenie, sondern ihren Bruder als Titelfigur.
     Das Händel-Pasticcio weist in der Besetzung deutliche
     Abweichungen zum antiken Mythos und zur späteren
     Goethe-Version auf, die der Pragmatik des Opernbe-
     triebs geschuldet waren. In Oreste dient Iphigenie auf
     Tauris ebenfalls als Priesterin, ihr Bruder Orest aber
     trifft allein ein. Sein Freund Pylades folgt mit Orests
     Frau Hermione, die bei Euripides noch nicht enthalten
     ist und als Rolle für Händels Primadonna Anna Maria
     Strada konzipiert wurde.
     In Anwesenheit von König Georg II. wurde Oreste am
     18. Dezember 1734 im Covent Garden Theatre zwar
     „mit großem Applaus“ uraufgeführt, brachte es im An-
     schluss aber auf nur zwei weitere Folgevorstellungen.

     ORESTE
     Opernpasticcio in drei Akten (1734)

     Musik von Georg Friedrich Händel
     Libretto nach Giovanni Gualberto Barlocci

     Konzertante Aufführung in italienischer Sprache

     Musikalische Leitung   Maxim Emelyanychev
     Oreste                 Franco Fagioli
     Ermione                Julia Lezhneva
     Ifigenia               Lydia Teuscher
     Pilade                 Krystian Adam
     Toante                 Renato Dolcini
     Filotete               Francesca Ascioti

     Il pomo d’oro

     Sonntag, 15. November 2020, 19.00 Uhr, keine Pause         Franco Fagioli

                                                                                                          STAGIONE #2 | 17
BEETHOVEN 250

     Sehnsucht nach Freiheit                                                                                          250
     Festkonzert zu Ehren des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven

          Eine Pandemie macht auch vor Titanen nicht halt und
          die Feierlichkeiten anlässlich des 250. Geburtstages von
          Beethoven konnten nicht mehr zur Gänze stattfinden.
          Nach der Uraufführung von Christian Josts Egmont
          konnte die bereits erarbeitete Inszenierung des Fidelio
          nur noch als Fernsehaufzeichnung realisiert werden.
          Vor Beethovens Geburtstag, den er am 16. Dezember
          begangen hätte, ehren der Dirigent Stefan Gottfried, die
          US-amerikanische Sopranistin Nicole Chevalier und der
          Artist in residence Florian Boesch den Jubilar mit des-
          sen Schauspielmusik zu Goethes Egmont und ausge-
          wählten Arien aus Fidelio. In Goethes Graf Egmont fand
          Beethoven seinen Idealtypus des Freiheitskämpfers

          EGMONT & FIDELIO
          Konzert anlässlich des 250. Geburtstages
          von Ludwig van Beethoven                                    Nicole Chevalier

          EGMONT
                                                                     und zu einer Aufführung im Wiener Burgtheater 1810
          Schauspielmusik zu Goethes Trauerspiel Egmont
                                                                     komponierte er eine zehnteilige Schauspielmusik. Flori-
          Klärchen             Nicole Chevalier
                                                                     an Boesch wird als Sprecher fungieren und Nicole Che-
          Sprecher             Florian Boesch
                                                                     valier verleiht Klärchen ihre Stimme.
          FIDELIO                                                    Beethovens einzige Oper Fidelio wurde 1805 im Theater
          aus der Oper in zwei Akten                                 an der Wien uraufgeführt, dem einzigen Opernhaus, in
          Rocco                 Florian Boesch                       dem er jemals angestellt war. Stefan Gottfried hat
          Leonore               Nicole Chevalier                     Beethovens einzige Oper zum zehnjährigen Bestehen
                                                                     des Theater an der Wien als Opernhaus 2016 bereits
          Musikalische Leitung Stefan Gottfried
                                                                     geleitet und übernimmt auch für dieses Jubiläum das
          Concentus Musicus Wien
                                                                     Dirigat. Der Gefangenenchor bildet dann als in Musik
          Arnold Schoenberg Chor
                                                                     gesetzte Sehnsucht nach Freiheit den würdigen Ab-
          Samstag, 28. November 2020, 19.00 Uhr, keine Pause         schluss des Geburtstagsprogramms.

          LOOKING 4 LUDWIG – WEITERE VORSTELLUNGEN

          Monodrama mit Musik von Ludwig van Beethoven

          Buch: Christoph Wagner-Trenkwitz, Ksenija Zadravec
          Szenische Einrichtung: Ksenija Zadravec
          Mit: Georg Wacks, Anita Rosati, Ivan Zinoviev,
          Maxim Tzekov | Flöte: Vanessa Gasser
          Gitarre: Anna Lesjak | Akkordeon: Bojana Popovicki
          Klavier: Christina Renghofer
          Hartmann Quartett: Maxim Tzekov, Emil Geber,
          Nicolás Bernal-Montaña, Domonkos Hartmann

          27. November 2020 / 15. Dezember 2020, 18.30 Uhr

18
ORATORIUM

Ringen um den Glauben
Robert King leitet Händels berühmtes Oratorium Messiah

     Georg Friedrich Händel zählt zu den wenigen Kompo-        Händel, der gerade eine gesundheitliche Krise über-
     nisten der Geschichte, dessen Musik seit seinem Tod       standen hatte, fühlte sich von Jennens Text persönlich
     bis heute kontinuierlich aufgeführt wird. Diese dauer-    bewegt, und er soll das Oratorium in nur 24 Tagen
     hafte Beliebtheit wurzelt aber weniger in seinen Opern,   komponiert haben. In der abstrakten Szenenabfolge
     die großteils erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt      wird das Ringen um den Glauben zum zentralen The-
     wurden, sondern hauptsächlich in seinen Chören. Bei       ma und Händel findet dazu überwältigende Klänge für
     eigenen Händelfesten wurden im 19. Jahrhundert Chö-       menschliche Ängste und Schuldgefühle, für die Hoff-
     re von 300 Mitwirkenden und Orchester mit 250 Musi-       nung und schließlich für die prophezeite Erlösung. Die
     zierenden gebildet. Der berühmteste dieser Chöre, das     Uraufführung während einer Konzertreise im irischen
     bekannte „Hallelujah“, stammt aus Händels Oratorium       Dublin wurde zwar erfolgreich aufgenommen, erzeug-
     Messiah und wurde vielfach medial wiederverwertet.        te aber auch heftige Kontroversen, ob man ein Stück
     In der Saison 1740 versuchte Händel in seinem sechs-      mit biblischen Texten auf einer Theaterbühne mit einem
     ten Lebensjahrzehnt noch einmal das Interesse des         weltlichen Chor überhaupt zeigen darf. Händels Musik
     Londoner Publikums an der italienischen Oper zu we-       behielt die Oberhand, seit den 1750er-Jahren hält der
     cken, doch seine Bestrebungen waren vergebens. Die        nicht enden wollende Siegeszug seines Oratoriums un-
     Begeisterung an der Themse galt bereits der Gattung       gebrochen an.
     des Oratoriums, in der Händel 1739 mit seinem Saul
     einen ersten Erfolg feiern konnte. Das Libretto hatte
     der vermögende Grundbesitzer und Händel-Verehrer
     Charles Jennens verfasst, der ihm 1741 unaufgefordert
     ein weiteres Libretto namens Messiah zusandte. Das
     wie ein theologisches Pamphlet aufgebaute Werk er-
     zählt keine chronologische Geschichte und die Titel-
     figur kommt überhaupt nicht vor. Dem gläubigen Jen-
     nens lag vielmehr daran, in der Gegenüberstellung des
     Alten mit dem Neuen Testament aufzuzeigen, dass Je-
     sus tatsächlich der Messias im Sinn der prophetischen
     Voraussagen ist.

     MESSIAH
     Oratorium in drei Teilen (1742)

     Musik von Georg Friedrich Händel
     Libretto von Charles Jennens

     Konzertante Aufführung in englischer Sprache

     Musikalische Leitung   Robert King
     Sopran                 Carolyn Sampson
     Alt                    Hilary Summers
     Tenor                  Joshua Ellicott
     Bass                   Matthew Brook

     Choir of The King’s Consort
     The King’s Consort

     Donnerstag, 17. Dezember 2020, 19.00 Uhr                   Carolyn Sampson

                                                                                                         STAGIONE #2 | 19
KINDER AN DER WIEN

     Susanna verzweifelt gesucht
     Premiere von Figaro und die Detektiv*innen

          Die neue Produktion in der erfolgreichen Serie der Kin-   Berührungsängste die Musik Mozarts für eine kindge-
          deropern des Theater an der Wien wendet sich ganz         rechte Aufführung adaptiert. Der Text stammt von Ca-
          dem Hausgott Mozart zu und verbindet Le nozze di          therine Leiter, Leiterin der Jugendarbeit des Theater an
          Figaro mit Figuren aus der Entführung aus dem Serail.     der Wien, und die Inszenierung erarbeitet wie bei Papa-
          Corona bedingt muss auf eine interaktive Wanderung        gena jagt die Fledermaus Anna Katharina Bernreitner auf
          durch das Haus verzichtet werden, stattdessen finden      der von Hannah Rosa Öllinger und Manfred Rainer ge-
          die Abenteuer im Kopf und die Vorstellungen auf der       stalteten Bühne. Die musikalische Leitung übernehmen
          Bühne des Theater an der Wien statt, auf der mittels      alternierend Raphael Schluesselberg und Viktor Mit-
          Videoprojektion ein ganzes Haus gezeigt wird und fünf     rewski.
          Räume abwechselnd bespielt werden können.
          Alle Räume befinden sich im Anwesen des Grafen Alma-
          viva aus Le nozze di Figaro, wo die Hochzeit zwischen
          seinem Friseur Figaro und der Gärtnerin Susanna an-
                                                                    FIGARO & DIE DETEKTIV*INNEN
          steht. Zu Beginn misst Figaro wie bei Mozart vergnügt     Krimioper für Kinder ab 6 Jahren
          das Zimmer aus, doch dann vermisst er Susanna, die
                                                                    Musik von Wolfgang Amadeus Mozart
          plötzlich verschwunden ist. Der Graf beschwichtigt sei-
          nen Friseur, die Gärtnerin liebe Pflanzen mehr als Män-   Konzept & Text: Anna Bernreitner & Catherine Leiter
          ner und werde wieder auftauchen.                          Arrangements: Leonard Eröd
          Figaro misstraut seinem adeligen Arbeitgeber und          Musikalische Leitung: Raphael Schluesselberg
          wendet sich an das Detektivbüro der Bassa-Bande, die      & Viktor Mitrevski | Inszenierung: Anna Bernreitner
          nach Figuren aus der Entführung aus dem Serail gestal-    Ausstattung: Hannah Rosa Oellinger & Manfred Rainer
          tet sind. Koko, Blondchen und Belmonte übernehmen         Mit: Michael Fischer, Anita Rosati, Barbara Angermaier,
          die Ermittlungen und lösen auf der Suche nach der ver-    Said Gobechiya, Christina Sidak, Johanna Krokovay,
          schwundenen Susanna Rätsel um Rätsel. Die Kinder im       Marcell Krokovay
          Publikum können aktiv mitraten und der Lösung aller
                                                                    PREMIERE
          Geheimnisse auf die Spur kommen.
                                                                    Sonntag, 22. November 2020, 11.00 Uhr
          Nach der erfolgreichen Abenteuerreise Papagena jagt
          die Fledermaus haben Anna Katharina Bernreitner und       AUFFÜHRUNGEN
          Catherine Leiter eine weitere Oper verfasst, die ohne     19. / 20. / 22. / 23. / 27. / 28. / 30. Dezember 2020

20
JET SPECIALS

Jahresausklang
Mit dem Jungen Ensemble ins neue Jahr

    Auch ein Krisenjahr endet am 31. Dezember und klingt       Um nicht mit der berühmten Walzerdynastie Strauss
    in der Kammeroper an zwei Abenden mit Musik von            verwechselt zu werden, kürzte der in Wien geborene
    Leo Fall und Oscar Straus aus. Am Silvesterabend tref-     Oscar Strauss seinen Nachnamen um einen Buchsta-
    fen sich fünf Singles in einer Bar. Sie debattieren über   ben. Mit der Wagnerparodie Die lustigen Nibelungen fei-
    Liebe und Treue und erzählen sich von geplatzten Träu-     erte er seinen ersten Operettenerfolg in Wien. Der aus
    men und vom Glück, das zum Greifen nah schien. Man         einer jüdischen Familie stammende Straus musste 1939
    debattiert über die Liebe, über Treue und Untreue, über    emigrieren und floh über Paris nach Hollywood. Nach
    das, was war und was sein könnte. Die Musik zu die-        seiner Rückkehr verlieh ihm die Stadt Wien einen Eh-
    sem Szenario stammt von Leo Fall und Oscar Straus          renring, bevor Straus 1954 in Bad Ischl verstarb.
    aus der Silbernen Wiener Operettenära und stellt nach
    dem Programm Kálmán gegen Lehár das zweite JET Spe-
    cial dar, das sich dieser Epoche widmet.
    Leo Fall wurde am Wiener Konservatorium ausgebildet,
    war in Berlin, Hamburg und Köln tätig, eher er in die
    Donaumetropole zurückkehrte. Seinen ersten Erfolg
    erlebte Fall mit der Operette Der fidele Bauer in Mann-
    heim. Fall, der neben seinen Operettenerfolgen stets
    auch Opernpläne verfolgt hatte, starb 1925 nach einer
    Südamerika-Tour überraschend im 53. Lebensjahr in
    Wien.

    DER FALL STRAUS
    Ein Operetten-Abend mit Musik
    von Leo Fall und Oscar Straus

    Szenische Einrichtung: Anna Katharina Bernreitner
    Mit: Valentina Petraeva, Miriam Kutrowatz,
    Andrew Morstein, Ivan Zinoviev
    Wiener Salonmusiker | Dirigent: Christoph Huber

    30. Dezember 2020, 19.00 Uhr
                                                                Miriam Kutrowatz, Ivan Zinoviev, Valentina Petraeva, Andrew Morstein
    31. Dezember 2020, 17.00 Uhr

    TOD EINES PUDELS – WEITERE VORSTELLUNGEN

                                                               Satirischer Liederabend

                                                               Mezzosopran           Angelika Kirchschlager
                                                               Satiriker             Alfred Dorfer
                                                               Klavier               Elizabete Šīrante

                                                               Musik von Ludwig van Beethoven,
                                                               Franz Schubert, Robert Schumann,
                                                               Johannes Brahms, Georges Bizet,
                                                               Gustav Mahler, Erich Wolfgang Korngold u.a.

                                                               13. Dezember 2020, 19.00 Uhr | 9. März 2021, 19.00 Uhr
                                                               9. April 2021, 19.00 Uhr | 8. Juni 2021, 19.00 Uhr, keine Pause

                                                                                                           STAGIONE #2 | 21
DAS COVID-19-PRÄVENTIONSKONZEPT DER VEREINIGTEN BÜHNEN WIEN

     # STAYSAFE
     im Theater an der Wien
     Maßnahmen zu Ihrer Sicherheit, Stand: 19. Oktober 2020
          Die Gesundheit unseres Publikums steht für uns an           sowie telefonisch bei Wien-Ticket unter +43 (0)1 58885-
          oberster Stelle. Wir haben alle notwendigen Maßnahmen       111 unter Angabe der gewünschten Kategorie bestellt
          getroffen, um Ihren Besuch bei uns im Theater an der        werden. Die endgültige Zuteilung der Karten mit detail-
          Wien und in der Kammeroper so sicher wie möglich zu ge-     lierter Information erfolgt spätestens 2 Wochen vor der
          stalten. Ihr Opernbesuch liegt uns am Herzen und wir        gewünschten Vorstellung.
          freuen uns sehr, Sie wieder bei uns begrüßen zu dürfen!
                                                                      ALLGEMEINE SICHERHEITS-
          IHRE SITZPLÄTZE                                             UND HYGIENERICHTLINIEN
          Kategoriebuchung: Aus organisatorischen Gründen             • Der Mindestabstand von 1 Meter ist
          und um eine COVID-19-konforme Sitzplatzvergabe ein-           soweit möglich einzuhalten.
          zuhalten, ermöglichen wir aktuell die Ticketbuchung         • Wir bitten Sie die Mund-Nasen-Schutz-Pflicht im
          für den Großteil der Vorstellungen 2020 nur nach Kate-        gesamten Theater – auch während der Vorstellung –
          gorie. Bitte wählen Sie beim Kauf Ihrer Tickets Ihre ge-      einzuhalten. Dies gilt auch für BesucherInnen mit
          wünschte Kategorie aus – die Sitzplätze werden recht-         Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht.
          zeitig vor der Veranstaltung gesetzt und Sie erhalten bis   • Bitte waschen Sie sich regelmäßig die Hände
          spätestens 24 Stunden vor der Vorstellung per E-Mail          mit Seife und zögern Sie nicht, unsere zahlreichen
          die Tickets mit Ihren COVID-19-konformen Sitzplätzen.         Desinfektionsspender zu nutzen.
          Alle Sitzplätze werden nach Buchungs-Gruppen (von
          maximal vier Personen) zugewiesen. BesucherInnen,           UNSER WEGELEITSYSTEM
          die einer Besuchergruppe angehören, werden neben-           Je nach Sitzplatz ist Ihnen demnach ein bestimmter Ein-
          einandersitzen. Zwischen den Besuchergruppen wird           gang (A-H) in einem farblich markierten Sektor (Gelb,
          links und rechts ein Sitzplatz frei gelassen.               Rot, Blau, Grün, Weiß) zugewiesen. Nutzen Sie diesen
          Saalplanbuchung: Darüber hinaus können kurzfristig          für das Betreten und Verlassen des Theaters. Wir bitten
          (ein bis zwei Wochen) vor der jeweiligen Vorstellung        Sie, sich während Ihres Veranstaltungsbesuchs inner-
          Sitzplätze via Saalplanbuchung erworben werden - die-       halb Ihrer zugewiesenen Farbbereiche aufzuhalten.
          se werden einzeln mit seitlichem Abstand zugewiesen.
          Sie erhalten direkt bei der Buchung Ihre print@home         Abendkassa: PINK, Eingang B (Ausgang A)
          Tickets per Mail zugeschickt.                               Erster Rang: BLAU, Eingang C
                                                                      Rollstuhlfahrer/innen: GRAU, Eingang C
          Bitte weisen Sie in beiden Fällen Ihr print@home Ticket     Parkett/Parterre: GELB, Eingang E
          ausgedruckt beim Einlass ins Theater vor. Wir bitten Sie,   Hölle: ROT, Eingang E
          Ihren Sitzplatz nicht zu wechseln. Als COVID-19-Prä-        Zweiter Rang: GRÜN, Eingang G
          vention können bis auf Weiteres keine Stehplätze an-        Dritter Rang: WEISS, Eingang H
          geboten werden. Wir öffnen unsere Häuser bereits eine
          Stunde vor Vorstellungsbeginn für Sie. Auch der Zu-         Zugang zu den Eingängen:
          schauerraum ist um diese Zeit bereits geöffnet, sodass      A bis E über die Linke Wienzeile
          Sie schon frühzeitig Ihre Plätze einnehmen können. Wir      G & H über die Millöckergasse
          bitten um Verständnis, dass kein Nacheinlass möglich        Ihren Farbcode finden Sie
          ist!                                                        auch auf Ihrem Ticket.

          VERKAUFSSTART EINZELKARTEN 2021                             Einen Übersichtsplan
          Der Einzelkartenverkauf für die Vorstellungen ab            der Eingänge und
          1. Jänner 2021 bis Ende der Spielzeit 20/21 beginnt am      weitere Infos finden Sie
          16. November 2020. Einzelkarten können ab diesem            unter vbw.at/staysafe
          Zeitpunkt im Onlineshop, an den Vorverkaufsstellen          oder scannen Sie
          (Tageskassa Theater an der Wien, Wien-Ticket Pavillon)      den QR-Code.

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