Das politische Buch im Gespräch - Zweites Halbjahr 2019 - Landeszentrale für politische ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Thomas Darnstädt Verschlusssache Karlsruhe. Die internen Akten des Bundesverfassungsgerichts Im Rahmen des aktuellen Programms unserer langjährigen Reihe Die Archive des Bundesverfassungs- »Das politische Buch im Gespräch« präsentieren wir im 2. Halb- gerichts waren so verschlossen wie jahr 41 Neuerscheinungen auf dem politischen Buchmarkt in ins- die des Vatikans. Nun endlich sind die alten Akten der großen Prozesse gesamt 46 Veranstaltungen in allen Regionen Thüringens. um die junge Demokratie des Grund- Das breite Themenspektrum und die verschiedenen Anlässe, gesetzes zugänglich. Die Karlsruher auf die wir uns beziehen, widerspiegeln unseren weit gefassten Papiere illustrieren, wie hinter den Begriff von politscher Bildung. Gemäß dem Selbstverständnis Kulissen um die Grundwerte der neu- der Landeszentrale für politische Bildung repräsentieren die en Verfassung gerungen wurde - und wie auf den Trümmern eines Staates, von uns eingeladenen Autorinnen und Autoren unterschied- der von Rassenhass und Kriegsge- liche politische Positionen. Mit unserer Lesereihe wollen wir schrei geprägt war, eine freiheitliche Neuerscheinungen und Autorinnen sowie Autoren vorstellen Gesellschaft entstehen konnte, die und zum Dialog bzw. kontroversen Gespräch einladen. sich der Menschenwürde und dem Frieden verschrieben hat. Nach Sich- tung hunderter Akten zeigt Thomas Darnstädt anhand der Debatten um Parteiverbote, Schwangerschaftsab- bruch oder Gleichberechtigung und um Polit-Intrigen wie der Spiegel-Affäre oder dem Adenauer-Fernsehen, fb.me/LandeszentraleThueringen wie die Richter in Karlsruhe die Weichen in die Zukunft Deutschlands Ansprechpartner: stellten. Leiter: Franz-Josef Schlichting, 57 32 11 700 Thomas Darnstädt, Dr. jur., geboren im Jahr des Grundgesetzes 1949, franz-josef.schlichting@tsk.thueringen.de ist Jurist und Journalist mit den Schwerpunkten Verfassungsrecht, Referat 1, stellvertretender Leiter: Polizeirecht und internationales Recht. Jahrzehntelang analysierte Peter Reif-Spirek, 57 32 11 710 und kommentierte er im Spiegel die großen Karlsruher Prozesse. Er peter.reif-spirek@tsk.thueringen.de ist Autor vielbeachteter Bücher, zuletzt erschien bei Piper »Nürnberg. Menschheitsverbrechen vor Gericht 1945«. Er lebt mit seiner Familie in Referat 2: Hamburg. Antonio Peter, 57 32 11 720 antonio.peter@tsk.thueringen.de Mittwoch, 3. Juli 2019, 18.15 Uhr Referat 3: Jena, Jena-Center, Zwätzengasse 3 Ursula Nirsberger, 57 32 11 730 ursula.nirsberger@tsk.thueringen.de Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. Referat 4: Wieland Koch, 57 32 11 740 wieland.koch@tsk.thueringen.de Landeszentrale für politische Bildung Thüringen Regierungsstraße 73, 99084 Erfurt Telefon 0361-57 32 11 701 Fax 0361-57 32 11 702 www.lzt-thueringen.de 1
Mona Krassu Claudia Weber Freitagsfische Der Pakt. Stalin, Hitler und die Geschichte einer mörderischen Allianz Nach dem zweiten Weltkrieg muss Im Zweiten Weltkrieg waren Nazi- Irma Geipel zusammen mit ihren deutschland und Stalins Sowjet- vier Kindern aus ihrer Heimat Bres- union nicht nur erbitterte Gegner, lau fliehen. Die Familie kommt in sondern vorübergehend auch Ver- einer Kleinstadt der Sowjetischen bündete. Der Pakt war mehr als das Besatzungszone unter. Dort begeg- politische Zweckbündnis, das Hitlers nen ihnen die Menschen misstrau- Überfall auf Polen erlaubte und den isch, bisweilen feindselig. Ob der Krieg für die Sowjetunion hinauszö- Vater Herbert aus der russischen gerte. Seine Wirkung blieb nicht auf Kriegsgefangenschaft heimkehren Osteuropa beschränkt, auch wenn wird, bleibt lange Zeit ungewiss. beide Mächte ihren Gewaltfuror dort entfesselten. Die junge DDR bringt weitere Kon- flikte mit sich. Der älteste Sohn Diet- Der »Hitler-Stalin-Pakt« gilt noch mar wehrt sich gegen den propa- heute meist als historischer Unfall gierten Sozialismus. Noch vor dem oder bestenfalls als Präludium zum Mauerbau flieht er in die BRD. Seine »eigentlichen« Krieg, der mit Hitlers Flucht hat Folgen für die Familie. Überfall auf die Sowjetunion begon- Irma hängt das Kreuz von der Wand nen habe. Dabei ermöglichte die Zu- ab. Die Angst bleibt. sammenarbeit der beiden Diktatoren nicht nur den Kriegsbeginn in Europa, sondern veränderte in zweiund- »Ein wunderbares und wundersames Buch. Mona Krassu erzählt meis- zwanzig Monaten die politische Landkarte des Kontinents von Grund terlich eine Geschichte, die lange nachbrennt. Unbedingt lesenswert!« auf. (Feridun Zaimoglu) Claudia Weber zeichnet auf der Grundlage von historischen Quellen Mona Krassu, geboren 1969 in Weida, lebt heute in Gera. Sie erlernte und Archivdokumenten minutiös nach, wie Hitler und Stalin zwischen den Beruf einer Wirtschaftskauffrau in der Maxhütte Unterwellenborn. 1939 und 1941 den Kontinent untereinander aufteilten, ihre Hand Die Leidenschaft für die Sprache motivierte sie jedoch, die Kunst des langer miteinander verhandelten und es schließlich zum Bruch dieses plastischen Erzählens zu erlernen. Sie besuchte mehrere Kurse an der schicksalhaften Bündnisses kam. Dabei analysiert sie die deutsch- Textmanufaktur Leipzig, zu ihren Lehrern dort gehörten Andrè Hille, sowjetische Zusammenarbeit in der Bevölkerungs- und Umsiedlungs- Clemens Meyer und Feridun Zaimoglu. Ihre Gedichte erschienen in politik und enthüllt erschreckende Aktionen gegen Kriegsflüchtlinge: mehreren Anthologien. 2016 erschien ihr Romandebüt »Alles Schafe«. gegen Juden, Polen und Ukrainer. »Freitagsfische« ist ihr zweiter Roman. Claudia Weber, geboren 1969 in Guben, ist eine deutsche Historike- Donnerstag, 22. August 2019, 20.00 Uhr rin, und seit 2014 Professorin für Europäische Zeitgeschichte an der Suhl, Kulturbaustelle, Friedrich-König-Straße 35 Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Weitere Informationen gibt Referat 4. Dienstag, 27. August 2019, 19.00 Uhr Ettersburg, Schloss Ettersburg Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 2 3
Sabine Rennefanz Monika Stenzel, Ulrike Jackwerth Mutter to go He, du Glückliche! 29 Lebensgeschichten Sabine Rennefanz war fünfzehn, als Fast vierzig Jahre nach dem bahnbre- sie in Maxie Wanders »Guten Mor- chenden Interview-Buch »Guten Mor- gen, du Schöne« von den Kämpfen gen, du Schöne« von Maxie Wander las, die berufstätige Frauen am Ar- befragten die Autorinnen Monika beitsplatz, zu Hause und mit sich Stenzel und Ulrike Jackwerth ost- selbst auszufechten hatten. Als deutsche Großmütter, Töchter und sie selber Mutter wurde, war sie Enkelinnen, wie sie heute ihr Leben erstaunt, wie wenig sich bewegt meistern, was sie glücklich macht, hatte. Die Frauen kämpfen noch was Heimat für sie bedeutet. immer an den gleichen Fronten, es Wie haben sie die umwälzenden ge- sind sogar noch neue hinzugekom- sellschaftlichen Veränderungen nach men: die Sehnsucht nach Perfekti- 1989 erlebt, wie sich in der »west- on und immerwährendem Glück. In lichen Realität« zurechtgefunden? ihren Kolumnen untersucht Sabine Und was bedeuten die gesellschaft- Rennefanz mit Witz und Schärfe die lichen und biografischen Umbrüche Freuden, Zumutungen und Kämpfe für die nachfolgende Generation? moderner Mütter. Sie sucht Antwor- In spannenden, unterhaltsamen und ten auf große Fragen: Warum wer- oftmals berührenden Porträts wer- den Männer und Frauen ungleich den die Frauen und ihre Geschichten vorgestellt, kann man Anteil neh- behandelt? Warum fordern Frauen nicht mehr? Wie soll sich jemals men an ihren Erfahrungen und Erlebnissen. etwas ändern? »Ich sitze am Schreibtisch und schaue auf meine Toch- ter, die noch nicht ahnt, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Es wäre Monika Stenzel, geboren in Halle (Saale). Abschluss an der Hochschu- schön, wenn sie und ihr Bruder es irgendwann einmal unvorstellbar le für Schauspielkunst »Ernst Busch«. 1981 stellte sie einen Antrag auf finden, dass es solche Zeiten der Ungleichheit gegeben hat.« Ausreise und verließ 1984 mit ihrer Familie die DDR. Seitdem lebt sie in Berlin und arbeitete als freie Schauspielerin an verschiedenen Thea- Sabine Rennefanz, 1974 in Beeskow geboren, studierte Politologie in tern der Republik. 2012 begann sie zu schreiben. »He, du Glückliche!« Berlin und Hamburg. Sie arbeitet seit 1993 als Journalistin, seit 2001 ist ihre erste Veröffentlichung. als Redakteurin für die Berliner Zeitung, für die sie mehrere Jahre aus London schrieb. Für ihre journalistische Arbeit wurde sie mehrfach Ulrike Jackwerth, geboren in Wiener Neustadt/Österreich. Schauspiel- ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis und dem Deutschen studium an der Universität für Musik und darstellende Kunst »Mozar- Reporterpreis. Ihr erstes Buch, »Eisenkinder« erschien 2013 und stand teum« in Salzburg. Seit 1984 lebt sie in Berlin, arbeitet als Schauspie- mehrere Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. lerin und Regisseurin an zahlreichen Theatern im deutschsprachigen Raum und seit 2014 auch als Dozentin und Coach für Schauspiel. Donnerstag, 5. September 2019, 16.00 Uhr 1987 begegneten sich Ulrike Jackwerth und Monika Stenzel bei einer Jena, Evangelisches Gemeindehaus Mitte, gemeinsamen Produktion und arbeiteten seitdem mehrfach erfolg- August-Bebel-Straße 17 reich zusammen. Weitere Informationen gibt Referat 3. Donnerstag, 5. September 2019, 19.00 Uhr Walldorf, Kressehof, Kressehof 1 Freitag, 6. September 2019, 19.00 Uhr Bad Salzungen, Stadt- und Kreisbibliothek, Kurhausstraße 12 Weitere Informationen gibt Referat 3. 4 5
Hannes Bahrmann Georg Cremer Venezuela. Die gescheiterte Revolution Deutschland ist gerechter, als wir meinen. Eine Bestandsaufnahme Venezuela unter Staatschef Hugo Wer unsere Debatten verfolgt, der liest Chávez sollte für den »Sozialismus viel über soziale Kälte, ständig wach- des 21. Jahrhunderts« stehen. Der sende Ungleichheit, prekäre Jobs oder Ex-Militär wollte das Erbe des süd- den Zerfall der Mitte. Aber wieweit sind amerikanischen Unabhängigkeits- diese schrillen Töne von den Fakten ge- kämpfers Simón Bolivar antreten deckt? Viele sind überzeugt, der Sozi- und mit dem erdölreichen Land die alstaat werde kontinuierlich abgebaut; Speerspitze »revolutionärer« Bewe- dabei arbeiten weit mehr Menschen im gungen in Lateinamerika darstel- Sozialbereich als früher. Wenn das, was len. Insbesondere zu Kuba baute der Sozialstaat leistet, schlecht gere- Chávez eine enge Beziehung mit det wird, wenn positive reformerische gegenseitigen Abhängigkeiten auf. Schritte kaum wahrgenommen werden, Seit Chávez‘ Tod im Jahr 2013 setzt dann nützt das den populistischen Kräf- Nicolás Maduro dessen Kurs – in- ten, die der Politik unterstellen, sich klusive Personenkult und autoritärer nicht um »die Belange des Volkes« zu Herrschaftstechniken – unverändert kümmern. Wenn wir unsere Demokratie fort. Nach etwa zwei Jahrzehnten stärken wollen, ist eine realistischere unter der sozialistischen Regierung Diskussion über die sozialen Verhält- scheint Venezuela kurz vor dem Kol- nisse in Deutschland unerlässlich. Denn in Wahrheit sahen wir in den laps. Die wirtschaftliche und soziale letzten Jahren keinen herzlosen Sozialabbau, sondern den Versuch der Lage ist höchst prekär. Hyperinflation, niedrige Löhne, dramatische Politik, den Sozialstaat auch in Zukunft zu sichern. Im Niedergangsdis- Versorgungsengpässe und ein drastisches Ausmaß an Gewaltkrimi- kurs droht Sozialpolitik die breite politische Unterstützung zu verlie- nalität kennzeichnen das Leben im Land. Hannes Bahrmann zeichnet ren, ohne die sie nicht handeln kann. die von Korruption, manipulierten Wahlen, Klientelismus und Misswirt- schaft geprägten Entwicklungen unter den Regierungen Chávez und Georg Cremer war von 2000 bis 2017 Generalsekretär des Deutschen Maduro nach und zieht eine ernüchternde Bilanz Caritasverbands e.V. Zuvor war er viele Jahre in der Entwicklungszu- sammenarbeit tätig. Cremer ist habilitierter Volkswirt und lehrt als apl. Hannes Bahrmann, Jahrgang 1952, Studium der Geschichte und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg. Er be- Lateinamerikawissenschaften in Rostock; danach Journalist bei Rund- teiligt sich regelmäßig an der Debatte zum deutschen Sozialstaat. funk, Zeitungen und Nachrichtenagenturen; seit 1984 regelmäßig Rei- sen nach Lateinamerika. Autor zahlreicher Sachbücher zur Geschichte Donnerstag, 12. September 2019, 19.00 Uhr Mittelamerikas und der DDR-Politik. Erfurt, Bildungsstätte St. Martin, Farbengasse 2 Dienstag, 10. September 2019, 19.00 Uhr Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. Erfurt, Kleine Synagoge, An der Stadtmünze 4 Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 6 7
Joachim Käppner Kati Naumann 1918. Aufstand für die Freiheit. Was uns erinnern lässt Die R evolution der Besonnenen Die Revolution der Arbeiter und Sol- 1977: Das Zuhause der vier- daten von 1918 – eine historische zehnjährigen Christine ist das Chance für ein demokratisches ehemals mondäne Hotel Wal- Deutschland, die nicht genutzt wur- deshöh am Rennsteig im Thü- de. Ziel der Revolutionäre war nicht, ringer Wald. Seit der Teilung nach russischem Vorbild ein bol- Deutschlands liegt es hinter schewistisches Regime zu errichten, Stacheldraht in der Sperrzone sondern den Krieg zu beenden und direkt an der Grenze. Schon die Freiheit zu erringen. Das Aufbe- lange findet kein Wanderer gehren in Deutschland blieb verhält- mehr den Weg dorthin. Ohne nismäßig friedlich, bis die von der Passierschein darf niemand SPD geführte Übergangsregierung, das Waldstück betreten, irgend- der »Rat der Volksbeauftragten«, mit wann fahren weder Postauto der alten Heeresführung ein Bünd- noch Krankenwagen mehr dort nis schloss, statt sie umgehend ab- hinauf. Fast scheint es, als habe zusetzen. Die Radikalisierung des die DDR das Hotel und seine Be- Protestes bis zu den »Weihnachts- wohner vergessen. kämpfen« 1918 war eine Folge. Die 2017: Die junge Milla findet ab- Einbindung anti-demokratischer Eli- seits der Wanderwege im Thü- ten aus Militär und Verwaltung wurde zu einer schweren Hypothek für ringer Wald einen überwucher- die erste deutsche Republik und verfestigte zugleich die Spaltung der ten Keller und stößt auf die Geschichte des Hotels Waldeshöh. Dieser Arbeiterbewegung. besondere Ort lässt sie nicht los, sie spürt Christine auf, um mehr zu Joachim Käppner wertet Quellen und neueste Forschungsergebnisse erfahren. Die Begegnung verändert beide Frauen: Während die eine aus und zeichnet ein gerechteres Bild der Arbeiter und Matrosen, die lernt, Erinnerungen anzunehmen, findet die andere Trost im Loslassen. eine Welt aus den Angeln hoben und den Weg in die Weimarer Demo- kratie öffneten. Kati Naumann wurde 1963 in Leipzig geboren. In Sonneberg, im ehe- maligen Sperrgebiet im Thüringer Wald, verbrachte sie einen Groß- Joachim Käppner, promovierter Historiker, ist Redakteur und Autor bei teil ihrer Kindheit. Die studierte Museologin schrieb bereits mehrere der »Süddeutschen Zeitung«. Zuletzt erschienen von ihm im Berlin Ver- Romane sowie Songtexte für verschiedene Künstler und das Libretto lag »Die Familie der Generäle. Eine deutsche Geschichte« (2007) und zu dem Musical Elixier (Musik von Tobias Künzel). Sie verfasste Dreh- »Berthold Beitz. Die Biographie« (2010). bücher für Kindersendungen und entwickelte mehrere Hörspiel- und Buchreihen für Kinder. Kati Naumann lebt mit ihrer Familie in Leipzig Dienstag, 17. September 2019, 19.00 Uhr und London. Gotha, Historischer Saal des Tivoli, Am Tivoli 3 Dienstag, 24. September 2019, 19.00 Uhr Weitere Informationen gibt Referat 1. Judenbach, Ali Kurt Baumgarten Museum, Alte Handelsstraße 83 Mittwoch, 25. September, 19.30 Uhr Apolda, Hotel am Schloss, Jenaer Str. 25 Weitere Informationen gibt Referat 4. 8 9
Gerhard Bause Marianne Bechhaus-Gerst & Joachim Zeller (Hrsg) Ohne Ruhe rollt das Meer. Gedichte und Erinnerungen Deutschland postkolonial? Die Gegenwart der imperialen Vergangenheit Es war nur eine Protesterklärung. Der Der Umgang mit der Kolonialgeschichte, erste Protest im Eichsfeld. Was es für die hierzulande lange im Schatten der ein jung verheiratetes Ehepaar bedeu- Aufarbeitung des Nationalsozialismus tet, unter einer Diktatur der Willkür und des Holocaust stand, unterliegt ge- ausgesetzt, inhaftiert und verurteilt zu genwärtig einem grundlegenden Wandel. werden, davon erzählt dieses Buch. Zwar zählt auch Deutschland faktisch zu den postkolonialen Gesellschaften Euro- Der DDR-Staat ließ, um die SED-Herr- pas, doch ist diese Tatsache kaum in das schaft nicht zu gefährden, Tausende Bewusstsein der Menschen und in das von Andersdenkenden von der Stasi in Handeln der Politik vorgedrungen. politische Gefängnisse und Zuchthäu- ser einsperren, misshandeln und psy- In den vergangenen Jahren haben sich chisch quälen. zahlreiche zivilgesellschaftliche Initi- ativen gegründet, um die notwendige Die Gedichte zeigen in beeindrucken- Auseinandersetzung um eine Dekoloni- den Bildern die Zersetzung, den physi- sierung der globalen und lokalen Macht- schen und psychischen Terror, dem die verhältnisse voranzubringen. Inhaftierten ausgesetzt waren, aber auch die nicht enden wollenden Schuldgefühle des Autors über die Mitinhaftierung seiner Frau. Eine Trendwende weg vom Vergessen und Verdrängen der kolonialen Vergangenheit bedeutete auch die 2016/17 im Deutschen Histori- Gerhard Bause, geboren 1961 in Leinefelde, verheiratet, zwei Kinder, schen Museum in Berlin gezeigte Ausstellung »Deutscher Kolonialis- wurde im Februar 1988 gemeinsam mit seiner Frau und drei Freunden mus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart«. Aufhorchen ließ wegen einer Protesterklärung inhaftiert und verurteilt. Erst während nicht zuletzt die Initiative der Berliner Landesregierung, zusammen des Umbruchs im November 1989 wurde er durch Amnestiebeschluss mit dem Bund eine zentrale Gedenkstätte als Lern- und Erinnerungsort aus der Sonderhaftanstalt Bautzen II entlassen. Obwohl die Wende zum deutschen Kolonialismus in der Bundeshauptstadt einrichten zu eingeleitet war, musste er innerhalb von 48 Stunden die DDR verlas- wollen. sen. Ein letzter Willkürakt der Stasi. Nach einer Einführung in diese Debatte stellt Joachim Zeller ausge- Freitag, 20. September 2019, 19.00 Uhr wählte Aktionen und Projekte zur Weiterentwicklung einer postkolo- Heilbad Heiligenstadt, Altes Rathaus, Ratsgasse 9 nialen Gedenkkultur in Deutschland vor. Angesprochen werden dabei auch die aktuellen Debatten um den Völkermord an den Herero und Dienstag, 15. Oktober 2019, 18.30 Uhr Nama und die koloniale Beutekunst im geplanten Berliner Humboldt- Geisa, Haus auf der Grenze Forum. Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. Joachim Zeller wurde in Swakopmund/Namibia geboren und promo- vierte in Berlin mit einer Arbeit zur (post-)kolonialen Erinnerungskultur. Dienstag, 24. September 2019, 19.00 Uhr Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7 Weitere Informationen gibt Referat 1. 10 11
Wiebke Eden Steffen Mensching Die Schatten eines Jahres Schermanns Augen Als die engagierte Friedensaktivistin Eben noch war Rafael Schermann in Mathilde mit achtundsiebzig Jahren der Wiener Caféhaus-Szene ein bun- nach einer Sitzblockade zur Strafar- ter Hund, bekannt mit Gott und der beit in einem Park verdonnert wird, Welt von Adolf Loos, Oskar Kokoschka, rückt die Presse an. Sie erzählt von Magnus Hirschfeld bis zu Else Lasker- ihren Anfängen als Pazifistin, und Schüler, Herwarth Walden, Ehrenstein, plötzlich steht ihr eine Zeit vor Au- Döblin, Bruckner, Eisenstein, Stanis- gen, über die sie nie gesprochen hat: lawski, Piscator… Selbst der scharfzün- Ihr Jahr in Barcelona, zu Beginn des gige Karl Kraus erhoffte sich von Scher- Zweiten Weltkriegs, als sie jung und manns graphologischer Begabung verliebt war und zur Spionin wurde. beim Deuten von Briefhandschriften Der Roman, eine Mischung aus Spi- entscheidende Hilfe in seinem Liebes- onage, Zeit- und Liebesgeschichte, werben um Sidonie Nádherný… Und ist nicht nur hochaktuell, weil er von jetzt landet dieser schillernde Mann der Wandlung einer Frau erzählt, völlig abgerissen und todkrank als Ge- der erst allmählich die Konsequenz fangener am Ende der Welt, hundert- ihrer eigenen politischen Haltung fünfzig Kilometer östlich von Kotlas an bewusst wird. Immer mehr ältere wie junge Menschen gehen heu- der Bahntrasse nach Workuta im Lager te wieder auf Demos – ein Blick zurück auf verschiedene Phasen der Artek. Sofort zieht einer, der aus Hand- Friedensbewegung ist amüsant und zugleich e rmunternd. Hinzu ent- schriften Vorhersagen ableiten kann, außerordentliches Interesse auf führt der Roman in einen noch wenig ausgeleuchteten Abschnitt der sich, ob nun das des Lagerkommandanten (selbst der kann nicht si- deutsch-spanischen Geschichte: als eine Enklave von nazitreuen Deut- cher sein, ob er morgen Chef eines größeren Lagers sein oder man ihn schen in Barcelona zunächst Franco unterstützt, mit dem beginnenden erschießen wird) oder das seiner Mitgefangenen, »achthundert Män- Zweiten Weltkrieg jedoch misstrauisch wird, da allmählich jeder jeden ner, zweihundert Frauen. Eine echte sowjetische Großfamilie… jeder aushorcht, in der Ungewissheit, wie sich die Loyalitäten im Ernstfall weiß alles vom anderen und wünscht ihm die Krätze an den Hals«. Und behaupten. dann behauptet Schermann noch, kein Russisch zu können, und be- ansprucht einen Übersetzer. Steffen Mensching stellt ihm den jungen Wiebke Edens hochaktueller, spannender Roman wirft die Frage auf, deutschen Kommunisten Otto Haferkorn an die Seite. Das ungleiche wie ein Mensch in etwas hineingeraten kann, dessen Konsequenzen Paar, mal Herr und Knecht, mal Don Quijote und Sancho Pansa, kämpft nicht absehbar sind. ums Überleben unter brutalen, absurden Verhältnissen im mörderi- schen Räderwerk des zwanzigsten Jahrhunderts. Wiebke Eden wurde 1968 in Jever geboren und arbeitete nach Zei- tungsvolontariat und Germanistikstudium als freie Journalistin. Sie ver- Steffen Mensching, geb. 1958 in Berlin (Ost), studierte an der HU öffentlichte zwei Porträtbände über schreibende Frauen, »Keine Angst Berlin Kulturwissenschaft und arbeitete viele Jahre als freiberuflicher vor großen Gefühlen« und »Im Gespräch: Journalistinnen« (200x, 200y, Autor, Schauspieler, Clown und Regisseur. Bekannt wurde er vor allem edition ebersbach). 2008 erschien ihr Roman »Die Zeit der roten Früch- durch die Clownsprogramme, die er mit seinem Partner Hans-Eckardt te« (Arche Verlag). Dabei fand ihre knappe, eindringliche Sprache wie Wenzel auf die Bühne gebracht hat (u. a. »Letztes aus der DaDaeR«, die genaue Beobachtung ihrer Figuren große Beachtung. Neben Texten 1983 - 1989). Seit der Spielzeit 2008/09 ist Steffen Mensching Inten- in Anthologien veröffentlichte sie im Bübül Verlag Berlin die Erzählun- dant am Theater Rudolstadt. gen »Das Liebespaar« (2015) und »Udo« (2017). Wiebke Eden lebt in Berlin und gibt Schreibwerkstätten für Kinder und Erwachsene. Donnerstag, 26. September 2019, 19.00 Uhr Weimar, Stadtbücherei, Steubenstraße 1 Donnerstag, 26. September 2019, 19.00 Uhr Ilmenau, Universitätsbibliothek, Langewiesener Straße 37 Weitere Informationen gibt Referat 4. Weitere Informationen gibt Referat 3. 12 13
Katerina Poladjan Anja Baumheier Hier sind Löwen Kastanienjahre Die alte Bibel ihrer Familie an der Zwei Orte gibt es, die für Elise Hei- Schwarzmeerküste ist das Einzige, mat bedeuten: Paris, wo sie seit über was den Geschwistern Anahid und 20 Jahren eine kleine Boutique im Hrant auf ihrer Flucht bleibt. Doch in Montmartre führt; und Peleroich, den Wirren von Mord und Vertreibung das verschlafene Dorf an der meck- des 20. Jahrhunderts geht das Buch lenburgischen Ostseeküste. Hier verloren. wächst sie in den 60er Jahren auf, hier lernt sie Henning und Jakob Hundert Jahre später ist die Restaura- kennen, die bei-den Lieben ihres torin Helen in Armenien. Ihr wird ein Lebens. Henning, der Fels in der Heil-Evangeliar anvertraut. »Hrant will Brandung, den sie seit Kindertagen nicht aufwachen«, hat jemand an den kennt, Jakob, der Frau-enschwarm, Seitenrand gekritzelt. Helen taucht der Künstler werden will und wie ein in die Rätsel des alten Buches, in sie davon träumt, einmal den Eif- das moderne Jerewan, verliebt sich in felturm zu sehen. Eine fatale Drei einen Mann und folgt schließlich den ecksbeziehung voller Geheimnisse Zeichen der Vergangenheit auf eine - bis Jakob eines Tages spurlos aus Reise an die Schwarzmeerküste. Elises Leben verschwindet. Als Elise nach vielen Jahren in ihr Heimatdorf Katerina Poladjan wurde in Moskau geboren, wuchs in Rom und Wien zurückkehrt, taucht sie tief ein in ihre auf und lebt in Deutschland. Sie schreibt Theatertexte und Essays, auf eigene Vergangenheit und in die Geschichte von Peleroich, wo ihre ihr Prosadebüt »In einer Nacht, woanders« folgte »Vielleicht Marseille« Eltern sich kurz nach Gründung der DDR kennenlernen… und gemeinsam mit Henning Fritsch schrieb sie den literarischen Rei- Anja Baumheier erzählt von einem malerischen Dorf und dem Schick- sebericht »Hinter Sibirien«. Sie war für den Alfred-Döblin-Preis nomi- sal seiner Bewohner zwischen Gründung der DDR, Mauerbau und niert wie auch für den European Prize of Literature und nahm 2015 bei Nach-Wendezeit. den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt teil. Für »Hier sind Löwen« erhielt sie Stipendien des Deutschen Literaturfonds, des Anja Baumheier wurde 1979 in Dresden geboren und hat ihre Kind- Berliner Senats und von der Kulturakademie Tarabya in Istanbul. heit in der DDR verbracht. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Berlin und arbeitet als Lehrerin für Französisch und Spanisch an einer Berliner Dienstag, 1. Oktober 2019, 18.00 Uhr Schule. 2018 erschien mit »Kranichland« ihr erster Roman. Erfurt, Europäisches Informations-Zentrum, Regierungsstr. 72 Mittwoch, 4. Oktober 2019, 19.00 Uhr Weitere Informationen gibt Referat 4. Bad Salzungen, Stadt- und Kreisbibliothek, Kurhausstraße 12 Weitere Informationen gibt Referat 4. 14 15
Uta Bretschneider Sascha Lange Heimat. Räume, Gefühle, Konjunkturen Meuten, Swings & Edelweißpiraten: Jugend kultur und Opposition im Nationalsozialismus Der Band beleuchtet das Thema Ob Swingjugend, Edelweißpiraten, »Heimat« in seiner Vielfalt und Meuten, Fahrtenstenze in Hamburg, Vieldeutigkeit. Vielmehr versteht Köln, Leipzig, Berlin, München und sich die Publikation als Einladung, anderswo – überall in Deutschland dem Thema Heimat bewusst nach- gründeten sich zwischen 1933 zugehen und eine ganz persönli- und 1945 Jugendgruppen, die sich che Definition dessen, was Heimat dem NS-Regime verweigerten und ist, sein soll und kann, zu finden, stattdessen ihre eigenen Subkul- zu erweitern oder zu hinterfragen. turen pflegten. Mit eigenem Dress- Heimat hat Konjunktur. Sie ist allge- code, eigenen Liedern und eigener genwärtig als politisches Thema, als Freizeitgestaltung, autonom und literarisches Sujet, als wissenschaft- selbstbestimmt. Dafür scheute man lich beachtetes Konzept, als Marke auch nicht die direkte Konfrontati- »Heimat« sowie in den Dingwelten on mit der Hitlerjugend und drängte unseres Alltags. Heimat ist eine viel- stellenweise sogar deren Einfluss dimensionale Projektionsfläche, ein zurück, mit Flugblättern, Anti-Nazi- Sehnsuchtsort und ein umstrittenes Graffitis, Überfällen auf HJ-Heime Konstrukt. Die Tatsache, dass jede – nicht nur in Großstädten, sondern und jeder von uns etwas zum Thema auch in der Provinz. beizutragen vermag, dass wir alle in gewisser Form und zumindest für uns selbst Expertinnen und Experten in Sachen Heimat sind Erstmalig bietet ein Buch eine breite Übersicht über oppositionelles bzw. Widerstandsverhalten von Jugendlichen während der NS-Zeit. Der Uta Bretschneider, Dr. phil., ist Direktorin des Hennebergischen Muse- Fokus liegt dabei auf selbstbestimmten, informellen Gruppen, die sich ums Kloster Veßra. Von ihr erschien ebenfalls bei der Landeszentrale aufgrund persönlicher Sympathien sowie kultureller Vorlieben für Mu- für politische Bildung »Neue Heimat Thüringen? Flüchtlinge und Ver- sik und Kleidung zusammengeschlossen haben. Demgegenüber wird triebene um 1945«. die Entwicklung der Hitlerjugend aufgezeigt und ihr Scheitern an der Aufgabe, die gesamte deutsche Jugend zu führen. Donnerstag, 10. Oktober 2019, 18.00 Uhr Suhl, Volkshochschule »Karl Mundt«, Meininger Str. 89 Sascha Lange wurde 1971 geboren und lebt seither in Leipzig. Er ist gelernter Theatertischler, ungelernter Musiker, motivierter Autor und Weitere Informationen gibt Referat 2. promovierter Historiker mit dem Schwerpunkt Jugendkulturen. Neben Ausflügen in die Belletristik veröffentlichte Sascha Lange 2013 zusam- men mit Dennis Burmeister »Depeche Mode MONUMENT«, die bislang umfassendste Werkschau über die britische Popband. Mittwoch, 16. Oktober 2019, 19.00 Uhr Gera, Stadt- und Regionalbibliothek Gera, Puschkinplatz 7 Weitere Informationen gibt Referat 4. 16 17
Timo Lochocki Felix Bohr Die Vertrauensformel. So gewinnt unsere Die Kriegsverbrecherlobby – Bundesdeutsche Demokratie ihre Wähler zurück Hilfe für im Ausland inhaftierte NS-Täter Die Umfragewerte der etablierten Par- Unmittelbar nach dem Zweiten Welt- teien bröckeln, im Aufschwung sind krieg waren in zahlreichen west- die politischen Ränder, insbesonde- europäischen Ländern NS-Kriegs- re Rechtsaußen. Ein Rezept dagegen verbrecher inhaftiert. Im Zuge der scheint es nicht zu geben. Westbindung der Bundesrepublik wurden die meisten von ihnen ent- Der Politologe Timo Lochocki wider- lassen. Lediglich in Italien und den spricht: Dem Erstarken des Populis- Niederlanden verblieben insgesamt mus lässt sich mit den Mitteln der fünf Deutsche im Gefängnis: der repräsentativen Demokratie begeg- SS-Mann Herbert Kappler, als Kom- nen. Seine internationale Forschung mandeur der Sicherheitspolizei ver- ermöglicht ihm den Vergleich mit an- antwortlich für das Massaker in den deren westlichen Staaten (u.a. Groß- Ardeatinischen Höhlen, sowie die britannien, Frankreich, USA, Schwe- »Vier von Breda«, die maßgeblich an den, die Niederlande). Er kommt zu der Ermordung der niederländischen verblüffenden Ergebnissen und räumt Juden beteiligt gewesen waren. fundiert mit zahlreichen Missverständ- Hochrangige deutsche Politiker, un- nissen auf, die die Debatte blockieren. ter ihnen die Bundeskanzler Brandt Waren Rechtspopulisten vor einigen und Schmidt, setzten sich für ihre Jahren noch politische Randphänomene, stehen sie nun als wichtige Freilassung ein. Treiber des wiederaufflammenden Nationalismus im Scheinwerfer- Felix Bohr zeichnet das westdeutsche Engagement für die im Aus- licht. Und das vollkommen zu recht. Diese Parteien – oder besser: land inhaftierten NS-Täter nach. Er zeigt, wie sich aus Netzwerken unser Umgang mit ihnen – wird unsere Zukunft auf Jahrzehnte bestim- von Kirchenverbänden, Veteranenvereinigungen und Diplomaten eine men. Großbritannien und die USA geben uns warnende Beispiele für einflussreiche Interessenvertretung formierte, die rechtliche und ma- den Erfolg von Rechtspopulisten. Deutschland ist in der glücklichen terielle Hilfe leistete. Während Opfer des NS-Regimes um gesellschaft- Lage, aus den Fehlern der Volksparteien in anderen westlichen Demo- liche Anerkennung und Entschädigung kämpften, organisierte die kratien lernen zu können. Umso größer ist unsere Verantwortung, sol- Lobby Unterstützung für die Kriegsverbrecher auf höchster politischer che Verhältnisse zu verhindern. Ebene. Auf der Grundlage bislang mitunter nicht zugänglicher Quellen wirft Bohr einen umfassenden Blick auf ein bisher kaum bekanntes Ka- Timo Lochocki, Dr. phil, geboren 1985, studierte Interdisziplinäre pitel bundesdeutscher Vergangenheitspolitik. Sozialwissenschaften in Deutschland, den USA und Norwegen. 2014 promovierte er an der Humboldt Universität Berlin zu den Gründen für Felix Bohr, Historiker und Journalist, arbeitet als Redakteur beim den Auf- und Abstieg rechtspopulistischer Parteien in Westeuropa. »Spiegel«. Seine materialreiche Studie liefert eine eindrucksvolle und Lochocki ist Universitätsdozent für Politische Kommunikation und Eu- zugleich schockierende Übersicht, auf welche Hilfen und Strukturen ropäische Politik an der Humboldt Universität und James Knox Batten die nationalsozialistischen Kriegsverbrecher in der Bundesrepublik Visiting Professor am Davidson College, North-Carolina. zurückgreifen konnten. Montag, 21. Oktober 2019, 18.30 Uhr Dienstag, 22. Oktober 2019, 19.00 Uhr Weimar, Stadtbücherei, Steubenstraße 1 Erfurt, Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7 Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. Weitere Informationen gibt Referat 1. 18 19
Christian Schüle Thomas Thieme, Frank Quilitzsch Heimat. Ein Phantomschmerz Ich Hoeneß Kohl Derzeit verändert sich Heimat so ra- Im Mittelpunkt des Bandes »Ich sant, wie wir es noch nie zuvor erlebt Christian Hoeneß Kohl«, der zum 70. Ge- haben. Politische, wirtschaftliche und Schüle burtstag des Schauspielers Thomas soziale Grenzen lösen sich auf. Die Thieme erschien, steht das Verhält- Welt wird immer unüberschaubarer, nis zwischen Theater und anderen und die Zahl derjenigen wächst, die gesellschaftlichen Bereichen. Vor einen Verlust an Sicherheit und Ge- allem werden Bezugspunkte zwi- borgenheit beklagen. »Wie können wir diese Herausforderung bestehen?«, fragt Christian Schüle in seiner Zeitdia- Hei mat schen Bühne und Schauspielerei einerseits und Fußball andererseits gesucht. Das Buch beruht auf den Ein Phantom- gnose. Er begibt sich in den deutschen schmerz rasanten, kurzweiligen, schlagfer- Alltag, erkundet die Erwartungen, Be- tigen Zeitungsinterviews, die facet- fürchtungen der Deutschen und hinter- tenreich das Leben des umtriebi- fragt kritisch ihre Traditionen. Sein Re- gen Theater- und Film-Stars Thieme sümee: Der Verlust von Heimat ist ein beleuchten und seine Einstellung Phantomschmerz – denn die Betrof- zu Fragen der Zeit erkennen lassen. fenen, die Hiesigen wie die Fremden, Vor allem Thiemes Rolle als Kanzler verklären das Vergangene und sind der deutschen Einheit Helmut Kohl kaum bereit, die gegenwärtigen Mög- und als gefallener Fußballgott Uli lichkeiten zu sehen. Denn die gibt es, wie Christian Schüle gewohnt Hoeneß rückten ins Zentrum der Befragung. Der ausgeglichene Schlag- eindrucksvoll zeigt. abtausch zwischen Thieme und Quilitzsch führt unweigerlich in die Verlängerung, im Nachspiel jonglieren dann der Bühnenkünstler Thie- Christian Schüle: Jahrgang 1970, geboren in Friedrichshafen am Bo- me und der Ballkünstler Günter Netzer zwischen Faust und Fußball. densee, Studium der Philosophie, Soziologie und Politischen Wissen- Zur Buchpremiere haben Thomas Thieme und Autor Frank Quilitzsch schaft in München und Wien, war fünf Jahre Redakteur und Autor im bereits Ende 2018 in Jena gelesen. Die seinerzeit verpflichtete Jenaer Dossier der Wochenzeitung DIE ZEIT und kündigte mit Mitte 30 aus frei- Trainerlegende Hans Meyer musste kurzfristig absagen, weshalb das en Stücken, um mehr Eigenzeit zu haben und den Alltag nach seinen Match noch einmal neu angesetzt wird. Bedürfnissen zu strukturieren. Der Härte des freien Marktes trotzend, arbeitet er bis heute erfolgreich als Schriftsteller und Essayist sowie als Thomas Thieme, geboren 1948 in Weimar, ist ein gefragter deutscher Publizist für Zeitungen, Magazine und den ARD-Hörfunk. Seine Texte Schauspieler für Bühne, Film und Fernsehen, der auch erfolgreich als wurden mehrfach ausgezeichnet, und seine Bücher befassen sich mit Sprecher für Hörspiele und Hörbücher arbeitet. Deutschland, dem Gesellschaftsvertrag der Republik, der Kultur von Menschen- und Todeswürde und der Suche nach Gerechtigkeit. Seit Frank Quilitzsch, geboren 1957 in Halle/Sachsen-Anhalt arbeitet seit April 2015 lehrt er im Fachbereich Kulturwissenschaft an der Universi- 1991 als Kulturredakteur bei der Thüringischen Landeszeitung. Er ver- tät der Künste in Berlin. öffentlichte eine Reihe von Büchern und ist Vorstandsmitglied im Ver- band deutscher Schriftsteller/Thüringen. Donnerstag, 24. Oktober 2019, 10.00 Uhr Hans Meyer, geboren in 1942 in Briesen (Sudetenland) war Fußball- Waltershausen, Rathaus, Rathaussaal, Markt 1 spieler und später erfolgreicher -trainer. Die Trainerlegende ist heute u.a. Kolumnist beim Magazin für Fußballkultur »11freunde«. Weitere Informationen gibt Referat 3. Montag, 28. Oktober 2019, 19.03 Uhr Jena, Volksbad, Knebelstraße 10 Weitere Informationen gibt Referat 4. 20 21
Jana Simon Ulrike Müller Unter Druck. Wie Deutschland sich verändert Bauhaus-Frauen. Meisterinnen in Kunst, Handwerk und Design Die deutsche Wirtschaft wächst, die Als das Staatliche Bauhaus 1919 von Welt bewundert Deutschland für sei- Walter Gropius in Weimar gegründet ne Kraft, Stabilität und Weltoffenheit. wurde, geschah dies mit dem Ziel, Hand- Zugleich schrumpft die Mittelschicht, werk und Kunst zu verbinden. Die künst- der Reichtum ist ungleicher verteilt lerischen Arbeiten von ungewöhnlichen als noch vor zwei Jahrzehnten. Jeder Frauen wurden lange nicht beachtet oder sechste Deutsche ist armutsgefähr- waren im Laufe der Jahrzehnte völlig in det, die sozialen Aufstiegschancen Vergessenheit geraten. »Ihr Eindringen sind so gering wie in kaum einem an- in andere Bereiche setzte ein großes deren westlichen Land. Die rechtspo- Selbstbewusstsein voraus, zudem muss- pulistische AfD erzielt bei Wahlen ten sie in ihrer Arbeit besser sein als ihre zweistellige Ergebnisse und sitzt nun männlichen Kollegen«, so beschreibt im Bundestag. Ein großer Teil der Ulrike Müller eine Situation, die Frauen Deutschen steht unter erheblichem auch heute noch alltäglich erleben. Das Druck. Was bedeutet das für das Buch würdigt erstmals die Leistung der Frauen am Bauhaus in allen Leben Einzelner und für das ganze gestalterischen Bereichen und stellt in einfühlsamen Porträts Leben Land? Anhand verschiedener Lebens- und Schaffen vor. geschichten zeichnet die Journalistin Jana Simon ein differenziertes Bild Ulrike Müller, Dr., studierte Kirchenmusik, Philosophie, Theologie und Deutschlands, das die politische, soziale und wirtschaftliche Wucht Literaturwissenschaft in Hamburg und promovierte 1989 über Else der Veränderungen eindrücklich wiedergibt. Einige Protagonisten sind: Lasker-Schüler. Seit 1992 lebt sie in Weimar und ist dort als Reiseleite- der frühere EZB-Direktor Jörg Asmussen, der heute Investmentbanker rin, Museumspädagogin, freie Referentin und Autorin tätig. Außerdem ist; ein Polizist aus Thüringen; eine alleinerziehende Krankenschwes- tritt sie mit musikalisch-literarischen Salonprogrammen auf. ter; eine »Influencerin« und der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland. Freitag, 1. November 2019, 19.00 Uhr Jana Simon war von 1998 bis 2004 Reporterin beim »Tagesspiegel«. Probstzella, Rathaus, Markt 8 Seit 2004 ist sie Autorin bei der »Zeit« in Berlin. Für ihre Reportagen erhielt sie zahlreiche Preise, u.a. den Theodor-Wolff-Preis, den Axel- Weitere Informationen gibt Referat 3. Springer-Preis und den Deutschen Reporterpreis. Ihr Buch »Sei den- noch unverzagt. Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf« (2013) war ein Bestseller. Für ihre Arbeit hat sie den Deutschen Reporterpreis 2018 gewonnen und wurde vom medium magazin in der Kategorie »Reportage« zur Journalistin des Jahres 2018 gewählt. Dienstag, 29. Oktober 2019, 19.00 Uhr Weimar, Stadtbücherei, Steubenstraße 1 Weitere Informationen gibt Referat 4. 22 23
Christian Schüle Emilia Smechowski Wir haben die Zeit. Rückkehr nach Polen Denkanstöße für ein gutes Leben Wir leben immer länger und bleiben Lange glaubten wir im Westen: lange gesund. Wir hätten also allen Polen ist frei und demokratisch, Grund, uns Zeit zu lassen. Aber wem ein junges europäisches Land im gelingt das schon? Noch nie fühlten Start-up-Modus. Dann wählte die sich so viele Menschen in Deutsch- Mehrheit rechtskonservativ – und land überfordert und erschöpft. Sich unser Bild zerbrach. Für Emilia von zu vielen widersprüchlichen Smechowski ist Polen Heimat Anforderungen und Angeboten ge- – eine Heimat, die sie als Kind jagt zu fühlen, ist beinahe schon verließ und in die sie nun zurück- ein Markenzeichen unserer Gesell- kehrt, um dort zu leben, als Bür- schaft. Gibt es einen Ausstieg aus gerin des Landes. Sie beschreibt dieser permanenten Rushhour? Der eine zerrissene Nation: Der Riss Philosoph Christian Schüle liefert geht durch die Familien, er ist prä- jede Menge Anstöße für eine Neuord- sent, wenn beim Sonntagsessen nung des Denkens: Wie lassen sich über Politik gestritten oder ge- prägende Faktoren unseres Lebens schwiegen wird. Smechowski er- - Arbeit Familie, Freizeit - in Einklang zählt vom Alltag voller Widersprü- bringen? Ist es planbar und gestalt- che, sie spricht mit Politikern wie bar, das gute Leben von morgen? Bauern, um zu verstehen: Was ist seit 1989 passiert, dass so viele Christian Schüle, Jahrgang 1970, geboren in Friedrichshafen am Bo- Menschen nicht mehr an den Wert densee, Studium der Philosophie, Soziologie und Politischen Wis- der Freiheit glauben? In Polen finden im Herbst 2019 richtungsweisen- senschaft in München und Wien, war fünf Jahre Redakteur und Autor de Parlamentswahlen statt: Emilia Smechowski, Deutsche und Polin, im Dossier der Wochenzeitung »Die Zeit« und kündigte mit Mitte 30 porträtiert ein zerrissenes Land. Die Buchvorstellung findet in Zusam- aus freien Stücken, um mehr Eigenzeit zu haben und den Alltag nach menarbeit mit der Deutsch-Polnischen-Gesellschaft Thüringen statt. seinen Bedürfnissen zu strukturieren. Der Härte des freien Marktes trotzend, arbeitet er bis heute erfolgreich als Schriftsteller und Essay- Emilia Smechowski, 1983 in Polen geboren, floh mit ihrer Familie ist sowie als Publizist für Zeitungen, Magazine und den ARD-Hörfunk. 1988 nach Westberlin. Sie arbeitet als freie Autorin und Reporterin, Seine Texte wurden mehrfach ausgezeichnet, und seine Bücher befas- u. a. für Süddeutsche Zeitung und Die Zeit. Für ihre Reportagen wurde sen sich mit Deutschland, dem Gesellschaftsvertrag der Republik, der sie vielfach preisgekrönt, u. a. mit dem Deutschen Reporterpreis. 2017 Kultur von Menschen- und Todeswürde und der Suche nach Gerechtig- erschien von ihr Buch »Wir Strebermigranten«. Nach einem Jahr in Dan- keit. Seit April 2015 lehrt er im Fachbereich Kulturwissenschaft an der zig lebt sie nun wieder in Berlin. Universität der Künste in Berlin. Dienstag, 5. November 2019, 19.30 Uhr Montag, 4. November 2019, 19.00 Uhr Jena, Schillers Gartenhaus, Schillergäßchen 2 Meiningen, Volkshochschule »Eduard Weitsch« Schmalkalden-Meiningen, Klostergasse 1 Weitere Informationen gibt Referat 4. Weitere Informationen gibt Referat 3. 24 25
Christoph Dieckmann Sascha Lange & Dennis Burmeister Mein Abendland – Geschichten deutscher Behind The Wall. DEPECHE MODE-Fankultur in Herkunft der DDR Nichts, was Christoph Dieckmann Depeche Mode gehören zu schreibt, ist erfunden. Dieser uner- den langlebigsten Bands der müdliche Chronist der »Zeit« erlebt schnelllebigen Popmusik-Ära sein »Abendland«. Ein Kind ver- der 1980er-Jahre. Und sie haben schwindet, dann ein Staat. Die DDR- bis heute die treuesten Fans. Nationalmannschaft ersteht neu, in »Behind the Wall« erzählt die Dresden demonstriert das Volk – wie Geschichte dieser besonderen 1989? Der greise Helmut Schmidt er- Fankultur in den 1980ern – hin- klärt, er könne drei Jahrzehnte in die ter der Mauer, in der DDR. Sascha Zukunft blicken und ein Jahrtausend Lange und Dennis Burmeister zurück. Dieckmann erzählt Gegen- haben sich nach ihrem 2013 wart als Herkunft aus Europas »Leit- erschienenen Bestseller »Depe- kulturen« Nationalismus und Krieg. che Mode Monument« diesmal Er führt nach Verdun, Exjugoslawien mit dem Phänomen der Fans und an die Gräber der Roten Armee. von Depeche Mode in der DDR Er folgt den Brüdern Grimm, Rosa beschäftigt. Unmengen unveröf- Luxemburg und Willy Brandt. Er fährt fentlichter Fotos und Dokumente mit der Eisenbahn ins »Morgenland«, wurden gesichtet und mit zahlrei- von Istanbul bis Teheran. Und er chen Fans, Konzertveranstaltern, predigt auf der Wartburg über das Fremde. »Mein Abendland« ist ein Fanzine-Herausgebern, Fanclub-Betreibern und anderen Zeitzeugen lebenspralles Buch über unsere Identitäten, der eigenen Geschichte gesprochen. Entstanden ist ein bislang unbekannter Einblick in das In- bewusst und weltoffen. 30 Jahre nach der demokratischen Revolution nere einer Jugendkultur und das Alltagsleben in der DDR. Gleichzeitig liest Christoph Dieckmann Texte in der Erinnerungskluft zwischen Alex- ist »Behind the Wall« auch eine Coming-of-Age-Geschichte. Eine Do-It- Demo und Mauerfall. Und natürlich darf das Thema Musik nicht fehlen. Yourself-Geschichte. Eine Musik-Geschichte. Eine Geschichte über De- Ein neuer gemeinsamer Band mit dem Fotografen Harald Hauswald peche Mode. Eine Geschichte, die zeigt, dass sich Jugendliche in Ost über die Konzerte von Cocker, Dylan und Springsteen in der DDR erzählt und West in den 1980er-Jahren viel ähnlicher waren, als sie es selbst von der Freiheitskraft des Rock ´n´ Roll, der die versteinerten Verhält- damals wussten. Und doch waren sie anders – wegen der gesellschaft- nisse zum Tanzen bringen konnte: »Dem Umbruch klang Musik voran. lichen Umstände. »Behind the Wall« erzählt die Geschichte von einem Die großen Westkonzerte in der DDR waren Glasnost-Glockenspiele, Mauerfall lange vor dem Mauerfall. Und von einer ungewöhnlichen und bis dem SED-Staat die Stunde schlug«, so Christoph Dieckmann. langlebigen Liebe der Fans zu ihrer Band. Christoph Dieckmann, Filmvorführer, Studium der Theologie, Vikar, Sascha Lange wurde 1971 geboren und lebt seither in Leipzig. Er ist Medienreferent, Publizist in Berlin; 1990 Auszeichnung durch das gelernter Theatertischler, ungelernter Musiker, motivierter Autor und World-Press-Institute in St. Paul (Minnesota); seit 1990 Autor der ZEIT, promovierter Historiker mit dem Schwerpunkt Jugendkulturen. Neben 1992 Internationaler Publizistik-Preis von Klagenfurt, 1993 Theodor- Ausflügen in die Belletristik veröffentlichte Sascha Lange 2013 zusam- Wolff-Preis, 1994 Egon-Erwin-Kisch-Preis, 1996 Friedrich-Märker-Preis men mit Dennis Burmeister »Depeche Mode MONUMENT«, die bislang für Essayistik; Veröffentlichungen u.a.: »Freiheit, die ich meine. Unbe- umfassendste Werkschau über die britische Popband. herrschte Geschichten« (2012), »Like a Rolling Stone. Dylan, Cocker, Springsteen – Weltstars in der DDR«(2018). Samstag, 9. November, 19.00 Uhr Erfurt, »Frau Korte«, Nordbahnhof, Magdeburger Allee 179 Donnerstag, 7. November 2019, 19.30 Uhr Neustadt an der Orla, Stadtbibliothek, Gerberstraße 2 Weitere Informationen gibt Referat 1. Weitere Informationen gibt Referat 1. 26 27
Igal Avidan Manuela Lenzen Mod Helmy: Wie ein arabischer Arzt in Berlin Künstliche Intelligenz. Juden vor der Gestapo rettete Was sie kann & was uns erwartet Mohammed (Mod) Helmy, 1901 im Künstliche Intelligenz (KI) steht für heute sudanesischen Khartum als Maschinen, die können, was der Sohn eines ägyptischen Majors ge- Mensch kann: hören und sehen, boren, kommt 1922 zum Medizinstu- sprechen, lernen, Probleme lösen. In dium nach Berlin. Nach 1933 sieht manchem sind sie inzwischen nicht er sich als junger Arzt rassistischen nur schneller, sondern auch besser Anfeindungen ausgesetzt und gerät, als der Mensch. Wie funktionieren politisch motiviert, mehrfach in Haft. diese klugen Maschinen? Bedrohen Aus Angst um sein physisches und sie uns, machen sie uns gar überflüs- wirtschaftliches Überleben biedert er sig? Die Journalistin und KI-Expertin sich den Nationalsozialisten an – bis Manuela Lenzen erklärt anschaulich, im Frühjahr 1942 die junge Anna in was Künstliche Intelligenz schon heu- seiner Praxis steht. Sie stammt aus te kann und was uns in naher Zukunft einer befreundeten jüdischen Familie erwartet. und ist unmittelbar von der Deportati- on und dem sicheren Tod bedroht. Ge- Manuela Lenzen hat in Philosophie meinsam mit anderen Helfern gelingt promoviert und schreibt als freie Wis- es dem Muslim Helmy, unter Gefahr für senschaftsjournalistin über Digitali- das eigene Leben Anna zu retten: Er fingiert ihren Übertritt zum Islam sierung. Künstliche Intelligenz und und eine Hochzeit nach muslimischem Ritus, beschäftigt sie als an- Kognitionsforschung u. a. für FAZ, NZZ, Psychologie Heute, Bild der geblich ägyptische Hilfe in seiner Praxis und hilft ihr und ihren Famili- Wissenschaft sowie Gehirn und Geist. enmitgliedern in wechselnden Verstecken der Gestapo zu entkommen. Als erstem Araber überhaupt verlieh die israelische Holocaust-Gedenk- Dienstag, 12. November 2019, 19.00 Uhr stätte Yad Vashem 2013 Mod Helmy posthum die Medaille »Gerechter Greiz, Stadt- und Kreisbibliothek Greiz, Kirchplatz 4, unter den Völkern«. Igal Avidan erzählt die zeitlos aktuelle Geschichte des mutigen ägyptischen Arztes, der sich unter Todesgefahr religiösen Mittwoch, 13. November 2019, 19.30 Uhr Grenzen und fanatischem Hass entgegenstellte, um Menschenleben Gera, Stadt- und Regionalbibliothek Gera, Puschkinplatz 7 zu retten. Weitere Informationen gibt Referat 2. Igal Avidan, 1962 in Tel Aviv geboren, hat in Israel Englische Literatur und Informatik und dann in Berlin Politikwissenschaft studiert. Seit 1990 arbeitet der Nahostexperte als freier Berichterstatter aus Berlin für israelische und deutsche Zeitungen und Hörfunksender. Montag, 11. November 2019, 19.00 Uhr Weimar, Stadtbücherei, Steubenstraße 1 Weitere Informationen gibt das Leitungsreferat. 28 29
Julius H. Schoeps Jutta Koslowski Düstere Vorahnungen. Deutschlands Juden am Aus dem Leben der Familie Bonhoeffer. Vorabend der Katastrophe Die Aufzeichnungen von Dietrich Bonhoeffers jüngster Schwester Susanne Dreß Wie konnte es dazu kommen? Wie ha- Dieses Buch macht ein einzigarti- ben die Juden die Ereignisse vor und ges Dokument zum ersten Mal der nach der sogenannten Machtübernah- Öffentlichkeit zugänglich. Susanne me durch Hitler und die Nationalsozia- Dreß, die jüngste Schwester Dietrich listen wahrgenommen? Wie haben sie Bonhoeffers, hat ihre Lebenserinne- auf die systematische Ausgrenzung rungen aufgezeichnet: Von der Kind- reagiert? Wurde der organisierte Mas- heit im Kaiserreich über den Ersten senmord, wie von manchen vermutet, Weltkrieg und die Räterepublik bis bereits in den Anfängen des Hitler- zum Nazi-Regime und die Zeit des Regimes vorgedacht? Mit diesen und Wiederaufbaus reicht ihre Biographie. anderen Fragen zur Lage der deut- Ihr Werk spiegelt die enormen Wand- schen Juden in den Anfangsjahren des lungen wider, welche sich in diesem NS-Regimes beschäftigt sich der Pots- Zeitraum vollzogen haben. In einem damer Historiker Julius H. Schoeps in eigenwilligen und höchst anschau- »Düstere Vorahnungen«. Er bezieht lichen Stil stellt Susanne Dreß die sich dabei, neben der einschlägigen großbürgerliche Familie vor Augen, Forschung, vor allem auf Lebens- der Bonhoeffer entstammte. Das ver- zeugnisse, also Erinnerungen, Tagebücher, Briefwechsel und andere traute Bild erhält so viele neue unbe- Ego-Dokumente, die die Reaktionen der Juden u.a. auf den NS-Terror kannte Nuancen. Ein Dokument von großem zeitgeschichtlichem Wert im Alltag, auf die Verdrängung aus dem Kultur-, Wirtschafts- und Be- und zugleich eine fesselnde Lektüre. rufsleben, auf den Raub und die Arisierung von Eigentum behandeln. Jutta Koslowski, Dr. theol., geboren 1968, ist evangelische Pfarrerin Julius H. Schoeps ist Historiker und Politikwissenschaftler. Studium und Lehrbeauftragte an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. der Geschichte, Geistesgeschichte, Politik- und Theaterwissenschaft in Zahlreiche Veröffentlichungen zu den Themen ökumenische Theologie Erlangen und Berlin. 1974–1991 Professor für Politische Wissenschaft und interreligiösen Dialog. Sie ist Mitglied in der Internationalen Bon- und Direktor des Salomon Ludwig Steinheim Instituts für deutsch-jü- hoeffer-Gesellschaft und lebt mit ihrer Familie im Kloster Gnadenthal. dische Geschichte an der Universität Duisburg; 1991–2007 Professor für Neuere Geschichte (Schwerpunkt deutsch-jüdische Geschichte) an Donnerstag, 14. November 2019, 20.00 Uhr der Universität Potsdam; zahlreiche Gastprofessuren in den USA, Is- Jena, Evangelische Studierendengemeinde, rael, Großbritannien und weiteren europäischen Ländern. 1993–1997 August-Bebel-Straße 17a Gründungsdirektor des Jüdischen Museums der Stadt Wien. Seit 1992 Gründungsdirektor des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch- Weitere Informationen gibt Referat 3. jüdische Studien an der Universität Potsdam. Mittwoch, 13. November 2019, 19.00 Uhr Meiningen, Literaturmuseum Baumbachhaus, Burggasse 22 Weitere Informationen gibt Referat 2. 30 31
Sie können auch lesen