Das Spital ist den Menschen im Freiamt verpflichtet
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100 Jahre Kreisspital für das Freiamt in Muri Das Spital ist den Menschen im Freiamt verpflichtet Das Jahr 2008 hat eine besondere Bedeutung für die Gebäude des Klosters Muri besetzte, mussten Abt das Kreisspital für das Freiamt in Muri. Schliesslich und Konvent ihre Heimat verlassen. Vor dem unfrei- erreichen nur erfolgreiche Unternehmen das stolze willigen Weggang habe der damalige Abt Adelbert Alter von 100 Jahren. Aus Anlass des Jubiläums ist Regli, so berichtet die Chronik, als letzten Wunsch es von besonderem Interesse auf die Gründungs- geäussert, dass man einen Teil des Klostergutes für geschichte und die Entwicklung während der die Errichtung einer humanitären Anstalt verwenden vergangenen 100 Jahre zurückzublicken. möchte. Das Kloster hatte im Bereich des Armen- wesens eine zentrale Stellung inne. Zum Armenwe- sen gehörte damals auch die Obsorge für Kranke. Mit Am 10. Dezember 2008 feiert das Kreisspital für das dem Weggang der Mönche ging diese Verpflichtung Freiamt in Muri das 100-jährige Bestehen. Der erste verloren. Auch die Gemeinde Muri wusste um diesen Spitalbau wurde 1908 eröffnet. In mehreren Bauetap- Sachverhalt und forderte, dass sich der Kanton ver- pen wurde dieser erste Spitalbau durch Neu- und pflichtet, die bisherigen Leistungen des Klosters zu Erweiterungsbauten veränderten Bedürfnissen ange- übernehmen. Bereits bei der Beratung des Aufhebungs- passt. Alle Gebäude sind auch heute noch in Betrieb. dekretes von 1841 spielten Kompensationsmassnah- Bei der letzten Erweiterung und Gesamtsanierung men zu Gunsten der durch die Klosteraufhebung be- wurde jedoch grossen Wert darauf gelegt, dass im nachteiligten Bevölkerungsteile eine grosse Rolle. Inneren der Gebäude keine Unterschiede bestehen. Zimmerkomfort, Aufenthalts- und Arbeitsbedingun- gen sind in allen Abteilungen gleichwertig, hell, Das Klostergebäude von Muri als Kantonsspital modern, farbenfroh, einladend. Das Spital präsentiert sich im Jubiläumsjahr nicht nur baulich, sondern auch Seit 1804 unterhielt der Kanton Aargau ein Spital in medizinisch, mit einem breiten Angebot an Dienst- Königsfelden. In diesem Spital waren Kranke und leistungen der Notfall- und Grundversorgung, auf Irre und zeitweilig auch Sträflinge untergebracht. dem neusten Stand. Mehr als 21 000 Patienten wer- Die Patienten wurden von einem einzigen Spitalarzt den jährlich im Spital Muri behandelt und gepflegt. betreut. Ein Assistenzarzt und das nötige Personal unterstützten den Spitalarzt in seiner Arbeit. Die Ver- hältnisse in den Krankenabteilungen waren völlig Vorgeschichte unzulänglich, die Heilungschancen gering. Verbesse- rungen und Umbauten lösten das Problem nicht. Die Geschichte über die Gründung und den Bau des Nach 1841, dem Jahr der Klosteraufhebung, hoffte Freiämter Spitals in Muri geht in seinem Kern zurück man, ein leer stehendes Kloster ohne grossen Auf- auf die Geschichte des Klosters Muri, das im Jahre wand in ein Spital umnutzen zu können. Auch von 1027 gegründet und im Jahre 1841 vom Kanton Aar- Muri war die Rede. Man äusserte sich davon über- gau aufgehoben wurde. Am 13. Januar 1841 hatte der zeugt, dass sich das Klostergebäude in Muri in allen Aargauische Grosse Rat mehrheitlich die Aufhebung Teilen zu einem Kantonsspital besser eigne als das der damals bestehenden Klöster des Kantons be- alte Franziskanerkloster in Königsfelden. Die Exper- schlossen, darunter auch die des Klosters Muri. Die- ten fanden aber, «das Gebäude in Muri sei zu sehr der ser Beschluss wurde bereits am 27. Januar 1841 um- Sonne ausgesetzt, und überdies sei die Umgebung gesetzt. Als Oberst Frey-Herosé mit seinen Truppen sumpfig und feucht». Der Sanitätsrat rügte die un- 57
günstige Stellung des Hauptgebäudes und die abseiti- finanziellen Grundlagen zu sichern. Am 21. Februar ge Lage des Ortes. Zudem zeigten Kostenberechnun- 1904 stimmte das Aargauervolk dieser Bedingung zu. gen, dass die vorgesehenen baulichen Veränderungen Auf die Spezialdotation von Fr. 200 000.– erhoben Unsummen an Geld verschlungen hätten. Schliesslich verschiedene Seiten Ansprüche, so neben Muri wurde dieses Projekt verworfen. namentlich auch die Pflegeanstalt Gnadenthal. Die gemeinnützige Gesellschaft des Bezirks Muri lud nun In der Folge forderten oppositionelle Kreise, für wel- zu einer Delegiertenversammlung sämtlicher Gemein- che der in Dietwil ansässige Arzt und alt Grossrat Jehle den aus den Bezirken Bremgarten und Muri ein. Die das Wort führte, auf den Bau einer zentralen Kranken- Versammlungsteilnehmer wählten eine Kommission anstalt zu verzichten und die Erstellung mehrerer klei- von 15 Mitgliedern und beauftragten diese, einen Vor- nerer Krankenhäuser in allen Gegenden des Kantons schlag auszuarbeiten, wofür die Fr. 200 000.– zu ver- zu planen. Nach Jehle sollte jeder Bezirk mit einem wenden seien. Noch während der Beratungen über die eigenen Spital versehen werden. Aber auch dieser Vor- Verwendung des Dotationskapitals konnte der Regie- schlag wurde schon bald wieder auf die lange Bank rungsrat die Kommission am 12. Januar 1906 darüber geschoben. Die Bevölkerung musste weiter auf eine orientieren, dass der in Bünzen aufgewachsene Inge- Lösung der dringenden Spitalfrage warten. Erst 1864, nieur Dr. h.c. Roman Abt, wohnhaft in Luzern, für den als die Stadt Aarau versprach, eine kantonale Heil- Bau eines Freiämter Spitals in Muri Fr.100 000.– anstalt zu unterstützen, sofern sie auf ihrem Boden schenke. Von dieser Schenkung durften Fr.60 000.– gebaut würde, kam die Sache wieder ins Rollen. sofort für den Bau des Spitals verwendet werden, Fr. 40 000.– wurden zur Bezahlung einer der vom Die revidierte Kantonsverfassung von 1885 verlangte Donator vorbehaltenen jährlichen Rente reserviert. einen Ausbau des Wohlfahrtsstaates. In vielen Berei- 1914 schenkte er dem Spital nochmals Fr. 21 080.–. chen vermochte der Kanton Aargau diese Vorgabe nur mit grosser Verspätung zu erfüllen, in anderen Diese grosszügige Vergabung ermöglichte den Durch- wie im Gesundheitswesen relativ früh. 1872 wurde bruch in den zähen Verhandlungen. 1906 einigte sich die staatliche Heil- und Pflegeanstalt Königsfelden in die Kommission darauf, Fr. 50 000.– der Anstalt Gna- Betrieb genommen. Dieses Engagement war nicht denthal zukommen zu lassen und Fr. 150 000.– für nur Ausdruck eines verbesserten Gesundheitswesens, den Bau eines Kreisspitals in Muri zu verwenden. sondern steht auch für ein verstärktes finanzielles Die 15er-Kommission schreibt in ihrem Bericht an Engagement des Kantons. Länger dauerten die Be- den Regierungsrat: «Das Geschenk von Fr. 100 000.– mühungen um eine bessere Versorgung der Akutkran- kam deshalb einer eigentlichen Erlösung aus schwie- ken. Die kantonale Krankenanstalt Aarau (Kantons- riger Sachlage gleich. Durch diesen grossen finan- spital) wurde 1887 eröffnet. Der Bau dieser Anstalt ziellen Zustupf war es möglich, Gnadenthal die ver- war ein notwendiges Bedürfnis, vermochte aber den langten Fr. 50 000.– abzugeben, ohne finanzielles Bedürfnissen nicht zu genügen. Der Kanton Aargau Risiko für das Kreisspital. Weil nun dadurch Gnaden- leistete deshalb seit 1888 zusätzlich Beiträge an die thal vorab eine Pflegeanstalt für das Freiamt wird und neu entstehenden Gemeinde- und Bezirksspitäler das Spital getrennt von einer etwaigen Pflegeanstalt Zofingen (gegründet 1886), Baden (1893), Leuggern erbaut werden kann, gestalten sich nun die Verhält- (1897), Menziken (1902), Laufenburg (1905), Muri nisse für die Versorgung der Kranken und Pflegebe- (1908), Rheinfelden (1911) und Brugg (1913) sowie dürftigen im Freiamt ausserordentlich günstig.» Am die Tuberkulosen-Heilstätte Barmelweid (1912). 4. Februar 1906 nahmen die Gemeinden der Bezirke Bremgarten und Muri zustimmend vom Bericht der Grosszügige Spende und die Gründung eines Trägerschaft Im August 1903 formulierte eine Volksversammlung aus dem Freiamt in einer Resolution an die aargaui- sche Regierung das Begehren, der Staat möchte die Brandruine des Klosters Muri übernehmen oder aber Fr. 320 000.– aus dem Staatsgut sowie Fr. 100 000.– aus dem Klostergut für den Bau einer humanitären An- stalt bezahlen. Im September 1903 wies der Grosse Rat die Wünsche des Freiamtes mit 100 gegen 41 Stimmen zurück. Zugleich fasste er aber den Beschluss, dass die Erweiterung der Anstalt Königsfelden und die wirksa- me Unterstützung der Spitäler und Pflegeanstalten in den Bezirken durch Gründungs- und Betriebsbeiträge geplant werde. Auch dem Freiamt wurde die Ausrich- tung einer Spezialdotation von 200 000 Franken für eine Anstalt zugesprochen. Bedingung dafür war aber, dass das Aargauer Volk einer so genannten Viertel- Im Dezember 1908 wurde das Kreisspital in Muri an mehrsteuer für die Jahre 1904/1907 zustimmte, um die schönster Aussichtlage auf die Klosteranlage eröffnet. 58
man sich nach anderen Bauplätzen umgesehen. Im April 1906 besichtigte die Baukommission neun Bau- plätze, die in Muri für einen Spitalbau infrage kamen. Als man auf den heutigen Platz kam, so berichtet die Chronik, sei die ganze Kommission ob dem wunder- baren Blick auf die Klosteranlage und in die Alpen so ergriffen gewesen, dass einhellig beschlossen wurde, hier in den Boden, der einst im Klosterbesitz war, den Grundstein für das Freiämter Spital zu legen. Nach weiteren Verhandlungen fand die Offerte der Gebrü- der Leonz, Alois und Heinrich Gabler, die für das Spital im Kapffeld 92,82 Aren Bauland zum Preis Mit dem ersten Erweiterungsbau von 1932 erhielt von Fr. 6945.– anboten, Zustimmung. das Kreisspital Muri den dringend benötigten Lift. Ursprünglich wollte man ein Spital für 25 bis 30 Pa- tienten bauen. Während den Beratungen vermochte 15er-Kommission Kenntnis.» Gleichzeitig wurden aber der Gedanke, dass der Bau für 35 bis 40 oder gar die Statuten genehmigt. Für die Trägerschaft wurde 45 Patienten gebaut werden sollte, immer mehr zu die Rechtsform einer Stiftung gewählt. Zur Gründung überzeugen. Die Baukosten (ohne Mobiliar) wurden stand nun ein Gründungskapital von Fr. 250 000.– zur auf Fr.150 000.– veranschlagt. Anfang 1907 stimmte Verfügung, davon Fr. 210 000.– für den Bau des die Spitalkommission der Projekterweiterung zu und neuen Spitals. Die Leitung, Verwaltung und Aufsicht auch der Regierungsrat genehmigte das Projekt. Mit wurden an eine Spitalkommission von 15 Mitgliedern den Bauarbeiten konnte im März 1907 begonnen übertragen. Neun Mitglieder wurden von den Abge- werden. Noch während der Bauarbeiten wurde das ordneten der Gemeinderäte der Bezirke Muri und Projekt immer wieder geändert. Dies hatte eine deut- Bremgarten gewählt und je zwei vom Regierungsrat, liche Kostenüberschreitung zur Folge. Aus diesen der Freiämter Ärztegesellschaft und den gemeinnützi- Gründen wurde beschlossen für das Mobiliar unter gen Gesellschaften der beiden Bezirke. Die konsti- den Frauen und Töchtern des Freiamtes eine freiwilli- tuierende Sitzung fand am 30. März 1906 in Muri ge Sammlung zu veranstalten. «Der Erfolg bewies, statt. Zugleich wurde eine Baukommission gewählt. dass der Gedanke ein recht glücklicher war. In 30 Ge- meinden wurden Fr. 13 098.20 zusammengebracht.» Eine zweite Sammlung bei auswärts wohnenden Mu- Planung und Bau des Kreisspitals rianern und Wohltätern ergab Fr. 1150.–. Die Arbeits- schulkommission von Muri besorgte die Anschaffung Bereits im Vorfeld wurden verschiedene Projektideen und Herstellung der Lingerie. Sämtliche Wäsche entworfen, so das Projekt für den Ankauf und Umbau wurde von Frauen aus den beiden Bezirken Bremgar- der Don-Bosco-Anstalt für Fr. 120 000.–, das Projekt ten und Muri genäht und dem Spital geschenkt. Der für den Umbau des südlichen Klosterflügels für Fr. Bau wurde Anfang Dezember 1908 fertig gestellt. 130 000.– bis Fr. 142 000.– und schliesslich das Pro- Die Bauabrechnung schloss wie folgt ab: jekt für einen Neubau nach den Plänen des Luzerner Architekten Hanauer für Fr. 108 000.–. In Abwägung Einnahmen aller Vor- und Nachteile hat sich die Spitalkommission Dotation Kanton Aargau Fr. 150 000.–– schliesslich für die Neubauvariante ausgesprochen. Legat Dr. Roman Abt Fr. 60 000.–– Damit war die Grundlage für den Bau des Spitals Ergebnis der Sammlungen Frauenverein Fr. 13 098.20 gelegt. Mit der Planung für den Bau des neuen Spi- Auswärtige Freiämter Fr. 1 150.–– tals wurde Architekt Wilhelm Hanauer aus Luzern Zinsertrag Fr. 2 231.40 beauftragt. Architekt Hanauer hatte in Muri bereits Erlös aus Heu- und Emdgras Fr. 120.–– verschiedene Bauprojekte begleitet (Umbau des Kon- Einnahmen total Fr. 226 599.60 ventschulhauses und der Don-Bosco-Anstalt). Ebenso lag von ihm bereits eine erste Projektskizze vor. Noch Baukosten im gleichen Jahr sollte auch über den Bauplatz ent- Bauplatz Fr. 6 960.–– schieden werden. Die Gemeinde Muri zeigte sich als Wasserversorgung Fr. 3 967.20 Standortgemeinde erfreut und mit dem Bauvorhaben Gartenanlage Fr. 3 013.22 solidarisch. Sie erklärte sich bereit, die Gerichtshaus- Spitalgebäude und Installationen Fr. 180 482.30 matte unentgeltlich als Bauplatz zur Verfügung zu Honorar Architekt Fr. 8 500.–– stellen. Dieser Platz wurde aber als ungenügend Innere Einrichtungen Fr. 24 960.73 bezeichnet. Wegen der steilen Hanglage und dem Baukosten total Fr. 227 883.45 ungünstigen Baugrund befürchtete man hohe Kosten Passiv-Saldo Fr. 1 283.85 für Erdbewegungen und für den Bau der Fundamente. Zudem sei die Orientierung gegen Süden erschwert. Am 6. und 8. Dezember stand das Spital zur Besichti- Ebenso wäre das Spital von nahe gelegenen Gebäu- gung offen. In der Chronik lesen wir: «Der Besuch den überhöht, «daher müssten die Läden geschlossen war ein überaus zahlreicher, zeitweise herrschte ein oder Vorhänge gezogen werden». Schon vorher hatte eigentliches Gedränge im Hause, ein Beweis, welch 59
einer Röntgenanlage aber auch mit einer Tobzelle. Schutzengel wachten Bereits im Jahre 1908 wurde mit dem Kloster Ingen- bohl ein Vertrag abgeschlossen, denn die Inbetrieb- Die Chronik berichtet von einem ganz besonde- nahme des Spitals wäre ohne Mitarbeit von Ordens- ren Abenteuer, das die drei Ordensschwestern an schwestern nicht vorstellbar gewesen. Schwester ihrem ersten Heiligen Abend im Spital erlebt Vinzenzia als Oberin, Schwester Ildephonsa als haben: «Gegen 5 Uhr Abends brachte man ein Köchin und Schwester Ludolfa als Kranken- und junges Mädchen ins Spital. Nach ärztlichem Operationsschwester war die Aufgabe übertragen, Zeugnis konnte die Krankheit nicht recht festge- das Spital fertig einzurichten und die Inbetriebnahme stellt werden. Kaum nach drei Stunden zeigten vorzubereiten. Die Spitaloberin besorgte auch das sich deutliche Anzeichen, dass die Patientin geis- Rechnungswesen. Bis Ende Jahr durften bereits teskrank sei. Um jedwelcher Unruhe vorzubeu- 14 Patienten im Spital behandelt und gepflegt werden. gen während der Nacht, nahmen die drei Schwes- tern den Muth, die schon tobende Person in die In den ersten Jahren seines Bestehens war das Spital Tobzelle zu verbringen. Der Transport ging gut, weitgehend eine medizinische Anstalt. So weisen die doch wehe wie die Schwestern sich noch mit der ersten Betriebsjahre auch lediglich 100 bis 150 Ope- Kranken beschäftigten, stiess der Wind die Zel- rationen pro Jahr aus. Die ärztliche Betreuung der lentüre zu. Schonungslos waren die armen Patienten war den Landärzten aus dem engeren Ein- Schwestern bei der Geisteskranken eingeschlos- zugsgebiet anvertraut. Die Spitalärzte arbeiteten sen, denn die Türe hatte von innen kein Schloss. nebenamtlich: es waren dies Dr. Paul Ruepp, Arzt in Alles Rufen und Klopfen war vergebens. Es blieb Merenschwand, verantwortlich für die Chirurgie und nichts übrig als einen Plan zu fassen wie die Türe die Geburtshilfe sowie Dr. Burkard Nietlispach und zu öffnen sei. Nicht lange währte es, fing eine sein Nachfolger Dr. Hugo Keller, Ärzte in Muri, ver- der Schwestern an mit dem Taschenmesser ein antwortlich für die Medizin. Loch durch die schwere harthölzerne Türe zu bohren. Bald war ihr Messer vollens unbrauchbar Die finanziellen Mittel für den Betrieb des Spitals geworden, so begann die zweite und dann die waren bescheiden. Sehr dankbar wurden deshalb dritte Schwester zu bohren und zwar sollte auf die zahlreichen, teils recht bedeutenden Legate, Ge- die äussere Klinge gezielt werden. Mit vereinten schenke und Vergabungen entgegengenommen. Die Kräften und strenger Arbeit von drei Stunden war Chronik schildert eindrücklich wie sehr das Spital auf das Loch durch und zwar liniengerade auf die diese Vergabungen angewiesen war, um Anschaffun- Klinge. Schon begann Hoffnung in ihnen sich zu gen und spätere Erweiterungsbauten zu finanzieren. regen, nun aber mit was die Klinge erreichen? Bereits 1912 wurde ein Freibettenfonds eingerichtet, Die liebevolle göttliche Vorsehung fügte es, dass um durch Übernahme eines Teils oder der ganzen eine der Schwestern einen langen Bleistift in der Spitalkosten, finanzielle Not zu lindern und Personen Tasche hatte, sie probierten und ehe gedacht, zu entlasten, die nicht in der Lage sind, die ordentli- sprang die Zellentüre mit einem lauten Freuden- chen Spitalkosten zu bezahlen. Die Äufnung des geschrei auf. Wie es diesen guten Schwestern zu Fondskapitals erfolgte ausschliesslich durch private Muthe war, lässt sich denken. Es war nun nachts Spenden. Einen besonderen Stellenwert hatte stets 11 Uhr geworden. Das Haus stand offen, alle auch die Weihnachtsfeier inne. Sammlungen bei der Lichter brannten, Schwerkranke und Operierte Bevölkerung erlaubten der Spitalleitung die Patienten harrten bangend auf die Schwestern, die sie lange am Weihnachtsfest zu beschenken. schon vermissten. Doch es war kein Unglück geschehen, die Schutzengel des Hauses hielten 1912 gründeten die aargauischen Regionalspitäler treulich Wache.» den Verband der Aargauischen Krankenhäuser (VAKA). Auch das Kreisspital für das Freiamt trat dem Verband bei. Man wollte die Position der Re- gionalspitäler im Kanton Aargau stärken. Dies ins- grosses Interesse die Bevölkerung am neuen Spital besondere gegenüber dem scheinbar privilegierten hat. Allgemein hörte man nur Lob über den sehr Kantonsspital Aarau. Heute ist die VAKA ein allseits schönen, überaus praktisch eingerichteten Bau.» Am anerkannter und geschätzter Partner. Vom «kämpferi- 10. Dezember 1908 fand eine bescheidene Eröff- schen Bezirksspitälerverband» hat sich die VAKA im nungsfeier statt und am 16. Dezember 1908 konnte Verlauf ihrer Geschichte zum kantonalen Interessen- das Spital dem Betrieb übergeben werden. Acht Tage vertreter der stationären öffentlich subventionierten nach der grossen Eröffnungsfeier, am 18. Dezember Leistungserbringer mit Schwerpunkt Akut- und Spe- 1908, wurde der erste Patient mit Ross und Wagen zialversorgung, Rehabilitation und Krankenheime zum Spital gefahren und eingeliefert. entwickelt. Als solcher stellt er seinen Mitgliedern eine breite Dienstleistungspalette in den Bereichen Gesundheitspolitik, Wissensmanagement, Kommuni- Betriebliche Entwicklung kation und Managementsupport zur Verfügung. Für die damalige Zeit stand ein modernes Kranken- Wie sehr die Leistungen des Spitals sowie die Arbeit haus bereit, ausgestattet mit einem Operationssaal, der Ärzte, der Ordensschwestern und mit dem Wachsen 60
werden. Bis 1991 hatte stets eine Ordensschwester die Aufgaben der Spitaloberin inne. Wir erinnern uns an 16 hochqualifizierte Persönlichkeiten, die uns das Kloster Ingenbohl für diesen Aufgabenbereich jeweils nach Muri gesandt hat. Das grosse Mass an Einsatz und Mitsorge der vielen Ordensschwestern kann nur mit grosser Dankbarkeit gewürdigt werden. Ohne geschickte Führung des Spi- tals durch die jeweiligen Spitaloberinnen und ohne die beispielhafte und tüchtige Arbeit der Mitschwestern, wäre dem Spital kaum ein so grosses Mass an Ver- trauen entgegengebracht worden. All diese Arbeiten der Ordensschwestern wurden während Jahrzehnten Die beiden letzten Ingenbohler Schwestern, Sr. Dami- gegen ein äusserst bescheidenes Entgelt erbracht. Von en Wellig und Sr. Erna Lisa Widmer, verlassen das Lohnkosten weitgehend entlastet, waren dem Spital in Spital auf Ende 2008. den Gründerjahren dadurch diejenigen finanziellen Möglichkeiten gegeben, um betriebliche Verbesserun- gen vornehmen und sogar bauliche Erweiterungen des Spitals, die Arbeit aller Mitarbeitenden, geschätzt finanziell verkraften zu können. Erst ab 1964 war es wurden, zeigt die kontinuierliche Zunahme der Zahl möglich den Ordensschwestern für ihre Dienste eine behandelter Patienten. Das Kapital des Spitals waren, angemessene Besoldung zu vergüten. Das Engagement sind und bleiben die Menschen. Waren es anfänglich der Ordensschwestern blieb bis zum heutigen Tag er- lediglich 8 Personen, so sind es heute mehr als 450 halten. Die Zahl der in Muri mitarbeitenden Ordens- Mitarbeitende, die durch hervorragende Arbeit, mit schwestern ging in den vergangenen 30 Jahren aber Einsatz und Engagement, jeden Tag neu Vertrauen kontinuierlich zurück. Im Jubiläumsjahr sind es noch schaffen und die Zukunft des Unternehmens sichern. zwei Schwestern, welche Ende Jahr Muri leider nun ebenfalls verlassen und ins Mutterhaus zurückkehren. Ursprünglich arbeiteten die Spitalärzte nebenamtlich im Spital. 1934 folgte der Wechsel zum Chefarzt- system. Der hauptamtliche Chirurg war nun für alle Permanente Erneuerung Abteilungen verantwortlich. Ab 1968 erfolgte die Aufgliederung der Fachgebiete, indem neu die eigen- Die Verpflichtung zur permanenten Erneuerung und ständigen Abteilungen Innere Medizin (1968), Chi- Neuausrichtung finden wir in den Berichten über die rurgie und Geburtshilfe-Gynäkologie (1976) geschaf- betriebliche Entwicklung bestätigt. Mit dieser Ent- fen wurden. Die Verantwortung wurde je einem wicklung, zurückzuführen auf eine starke Zunahme vollamtlichen Chefarzt übertragen. Ab 1988 wurde der Patienten, musste der Ausbau Schritt halten. So ebenso für die Anästhesie (1988) und die Radiologie wurden die Spitalbauten in den folgenden Jahren (1992) das Chefarztsystem eingeführt. Die Arbeit immer wieder erneuert, veränderten Bedürfnissen dieses spezialisierten Teams von Generalisten und angepasst und erweitert. Bereits 1912 sah sich das Spi- Spezialisten der medizinischen Grund- und Notfall- tal veranlasst, ein Ökonomiegebäude zu bauen. Der versorgung wird durch die partnerschaftliche Zusam- Spitalvorstand schreibt dazu im Jahresbericht: «Wir menarbeit mit Fachspezialisten, welche als Beleg- sind nun genötigt, ein besonderes Ökonomiegebäude oder Konsiliarärzte im Spital mitarbeiten, ergänzt. zu bauen, da es ohne ein solches nicht mehr geht. In demselben soll untergebracht werden eine Wäscherei, das Leichen- und Sezierzimmer, Wagenlokal, Holz- 100 Jahre Mitarbeit von Ordensschwestern raum, Grümpelkammer und ein Zimmer für den Haus- aus dem Mutterhaus Ingenbohl diener.» Dieses Ökonomiegebäude (heute Bau VI) kann 1914 dem Spitalbetrieb übergeben werden. Seit der Eröffnung des Spitals im Jahre 1908 haben Grosse Sorgen bereitete der Kriegsausbruch und die ununterbrochen Ingenbohler Schwestern im Spital Mobilmachung im August 1914. Die Sorge der mitgearbeitet. Mit dem Spital feiern deshalb auch die Schwestern galt der Frage, ob genügend Lebensmittel Ordensschwestern ihr 100-jähriges Wirken im Kreis- und Verbandstoffe zur Verfügung stehen werden. Zu- spital für das Freiamt. Sie waren lange Jahre nicht sätzlich mussten auch Betten für die Behandlung und nur für den Pflegebereich, sondern für gar alles im Pflege von Militärpersonen zur Verfügung gestellt Spital verantwortlich. Sie betreuten mit wenigen werden. In dieser schwierigen Zeit begann man einen Hilfskräften auch die Aufgaben des Haus- und Öko- Garten für den Anbau von Gemüse, Kartoffeln und nomiedienstes und selbst die Buchhaltung. Ihnen Beeren anzulegen, um einen möglichst grossen oblag die Leitung des gesamten Hauses. Erst mit dem Selbstversorgungsgrad zu erreichen. Zudem wurden Stellenantritt des ersten vollamtlichen Chefarztes im ab 1917 in den Gemeinden jeweils im Herbst regel- Jahre 1934 und mit dem Stellenantritt des ersten voll- mässig und erfolgreich freiwillige Sammlungen für amtlichen Direktors im Jahre 1964 konnte diese Gemüse, Kartoffeln und Obst durchgeführt. Um die Gesamtverantwortung auf mehrere Schultern verteilt Selbstversorgung weiter zu erhöhen wurden 1920 61
zwei Schweineställe gebaut. Das Halten von Schwei- alte Spitalgebäude umgebaut und dem neu entstande- nen erlaubte alle Küchenabfälle sinnvoll zu verwerten nen Gebäudeteil angepasst. 1932 kann der Spitalbe- und die Spitalküche mit Schweinefleisch zu versor- trieb im erweiterten Spitalgebäude aufgenommen gen. Jedes Jahr fand eine «Hausmetzgete» statt. werden. Die Baukosten betrugen 772 205 Franken. Ebenso wurde 1921 ein Hühnerhaus erbaut und der Hühnerhof vergrössert. Die Eier waren in der Spital- küche ebenfalls sehr begehrt. Erster vollamtlicher Chefarzt nach 26 Jahren Als erste Zufahrtsstrasse zum neu erbauten Spital 1934 wurde Dr. med. Emil Heller zum ersten voll- diente der Katzenbachweg. Schon bald stellt man amtlichen Chefarzt des Spitals gewählt. Als Chirurg aber fest, dass dieser den Anforderungen nicht zu ent- übernimmt er die Verantwortung für die chirurgisch- sprechen vermag. Nach langwierigen Verhandlungen gynäkologische und geburtshilfliche Abteilung. Mit beschliesst man im Jahre 1925 eine neue Zufahrts- diesem bedeutenden Schritt wuchs das Ansehen des strasse, die vorallem eine gute und kürzere Verbin- Spitals weiter und seine Leistungen steigerten sich. dung zum Dorf und dem Bahnhof bringen soll, zu bauen (heutige Spitalstrasse). So ist es nicht verwunderlich, dass sich in den Dreissi- gerjahren erneuter Platzmangel bemerkbar machte, Da sich in den Zwanzigerjahren erneut immer mehr diesmal vor allem im bestehenden Ökonomiegebäude ein Platzmangel im bestehenden Spitalgebäude und in der Personalunterkunft. Im Bericht über das bemerkbar macht, beschliesst die Spitalkommission Betriebsjahr 1936 schreibt der Spitalvorstand: «Die 1926 einen Erweiterungsbau mit Bettenlift und Ge- Um- und Neubauten lassen sich nicht länger aufschie- bärabteilung zu erstellen. Im Jahresbericht schreibt ben. Die Wäschereieinrichtung ist infolge des vergrös- die Spitalkommission u.a. «Wir benötigen vorab serten Betriebes zu klein geworden und in gleicher Platz für ungefähr 20 weitere Krankenbetten in Zim- Weise die Unterkunftsräume der Krankenschwestern. mern von 1, 2 bis höchstens 4 Betten, für bessere Die Geburtsabteilung, die im Altbau untergebracht Wohnungen der Schwestern und der Angestellten so- war, muss aus hygienischen Gründen disloziert wer- wie geeignetere Räumlichkeiten für die Operationen den. Nicht minder drängt sich eine Änderung des bis- und die Röntgeneinrichtungen. Ein Sitzungszimmer herigen Zustandes hinsichtlich des Toten- und Sezier- ist vorgesehen, ebenso ein besserer Tagraum für die zimmers auf. Die Lösung wird in der Weise gesucht, Männerabteilung. Der Einbau eines Liftes ist drin- dass die Wäscherei aus dem bestehenden Ökonomie- gend notwendig. Ganz neu wird die Errichtung einer gebäude herausgenommen und in diesem ein würdiges Wöchnerinnenabteilung mit freundlichen Zimmern Toten- und Sezierzimmer eingebaut und zugleich in für Frauen und Kinder sein.» Mit den Bauarbeiten nördlicher Richtung vom Spital ein neues Ökonomie- kann 1930 begonnen werden. Gleichzeitig wurde das gebäude (Personalhaus Bau 2, 2001 abgebrochen) errichtet wird, in dem die Wäscherei und Glätterei untergebracht und im ersten Stock die Kranken- Patienten* Aufenthalt Personal- Aufwand schwestern platziert werden. Ein unterirdischer Gang Jahr und Säuglinge in Tagen stellen ** in Fr. 1000 wird dieses Ökonomiegebäude mit dem Spital verbin- den. Die Tuberkuloseabteilung im Ostflügel des Spi- 1910 219 52,2 8 24 tals wird bis auf Weiteres suspendiert und in diesen 1915 301 48,8 11 39 Räumen die Geburtsabteilung untergebracht. Im West- 1920 373 44,8 13 79 flügel des Spitals sind Kindersäle für Knaben und 1925 387 38,7 17 68 Mädchen vorgesehen, der Dachstock wird ausgebaut 1930 640 27,8 18 84 und Terrassen angelegt.» So bringt das Jahr 1937 1935 1 202 26,8 40 192 erneut rege Bautätigkeit ins Spitalareal. 1938 können 1940 1 589 22,7 49 252 die Bauarbeiten vollendet und die neu entstandenen 1945 2 026 20,1 55 383 Bauten dem Spitalbetrieb übergeben werden. Die 1950 1 897 17,2 60 573 Baukosten betrugen 302 060 Franken. 1955 2 013 16,5 68 670 1960 2 330 17,2 78 625 1965 2 972 15,6 111 1 710 Gründung des Freiämter Spitalvereins 1970 3 863 15,5 205 4 766 1975 3 451 14,3 212 9 066 Um dem Spital eine dringend notwendige, zusätzli- 1980 4 381 12,2 230 12 258 che Einnahmequelle zu erschliessen, wurde 1944 der 1985 4 408 11,4 246 16 801 Freiämter Spitalverein gegründet. Die Mitglieder ver- 1990 4 325 11,4 272 23 145 pflichteten sich, einen Jahresbeitrag von drei bis fünf 1995 4 886 8,9 261 30 027 Franken zu bezahlen. Diese Institution sollte sich 2000 13 437 8,3 285 37 908 über all die folgenden Jahre als sehr segensreich ent- 2005 17 663 6,6 322 47 231 wickeln. Der Freiämter Spitalverein bildet heute ein 2007 20 697 6,2 328 51 273 Diskussionsforum für ehemalige und zukünftige Pati- * ab 1996 inkl. Zahl der ambulant behandelten Patienten entinnen und Patienten sowie für weitere Personen, ** Vollzeitstellen ohne Stellen für Beleg- und Konsiliarärzte die am Spitalgeschehen und der erfolgreichen Weiter- entwicklung des Kreisspitals interessiert sind. Der 62
1937 brachte erneut rege Bautätigkeit; mit dem Anbau von Terrassen wurde der Altbau dem Neubau angepasst. Verein hat sich zur Aufgabe gemacht, das Kreisspital Spitäler und die Subventionierung der regionalen zu fördern und in seinen Aktivitäten zum Wohle der Heilanstalten. Eine kantonale Spitalplanung wurde Bevölkerung des Freiamtes zu unterstützen. erst mit den Expertenberichten 1961 und 1968 des Gesundheitsdepartementes in die Wege geleitet. Sie Noch immer musste eine grössere Zahl der Angestell- fanden ihren Niederschlag im Spitalgesetz 1964 und ten im Spitalgebäude selbst untergebracht werden. im neuen Spitalgesetz 1971. Das Spitalgesetz 1964 Der Spitalvorstand schreibt dazu in seinem Bericht für schaffte die Rechtsgrundlage für den Ausbau des das Jahr 1945: «Die andauernd starke Belastung des Kantonsspitals Aarau zum eigentlichen Spezialitäten- Krankenhauses mit Patienten hat Vorstand und Spital- spital und für die Inangriffnahme der Planung des kommission veranlasst, sich nach Unterkunftsmög- zweiten Kantonsspitals in Baden. Desgleichen ermög- lichkeiten für Personal und Schwestern umzusehen. lichte es die Planung und den Ausbau für die regiona- Es wurden Pläne und Kostenberechnung für die Auf- len Krankenhäuser und die Heilbäder. Der enorme stockung des Personalhauses ausgearbeitet.» Mit der Finanzbedarf für das Spitalwesen verlangte zwingend Vollendung der Bauarbeiten im Jahre 1947 fand die einen gezielten und koordinierten Einsatz der Mittel. bauliche Entwicklung ihren vorläufigen Abschluss. Im Vertrauen auf einen dereinst positiven Entscheid Am 13. Juni 1956 legte der Spitalvorstand dem Stif- des Kantons und die Zustimmung des Aargauer Volkes tungsrat die Frage vor, wie das Freiämter Kreisspital zum neuen Spitalgesetz wurde in den Jahren 1956 bis die vielfältig sich abzeichnenden Zukunftsprobleme 1964 zielstrebig an der Verwirklichung des Auftrages zu lösen gedenke. Die rege Beratung endete mit dem gearbeitet. Am 15. März 1964 hat das Aargauervolk bedeutsamen Auftrag zu einer grosszügigen und nahezu einstimmig dem neuen Spitalgesetz zugestimmt modernen Gesamtkonzeption, aus der dann die zu- und damit die Grundlage zur Finanzierung der geplan- künftigen Spitalbedürfnisse der Region befriedigt ten Neubauten geschaffen. Dank dieser Vorarbeiten werden können. Es brauchte Mut, ein solches Ziel war es möglich, am 9. September 1964 den Spatenstich erreichen zu wollen, waren doch viele Fragen offen für die Erweiterung und Gesamtsanierung des Spitals und vor allem die Frage der Finanzierung unklar. Der feierlich zu begehen. Es galt, den Trend der Zukunft zu Wille nach einer Gesamtkonzeption für die Erweite- erkennen und die Spitalprobleme nach diesen Erkennt- rung und Sanierung des Spitals fand sehr rasch wohl- nissen neu zu überdenken und zu lösen. Dies war eine wollende Unterstützung seitens aller kantonalen In- der belastenden Arbeiten aller Entscheidungsgremien. stanzen. Sie nahmen mit der Spitalbehörde die ersten Die Baukosten betrugen 22 Mio. Franken. Hürden und bewährten sich in allen Phasen, angefan- gen von der Projektierung bis zur Bauvollendung, als Mit der Inbetriebnahme der Neu- und Erweiterungs- aufgeschlossene Partner. Durch die Beschäftigung bauten (1967 Personalhaus und Wirtschaftstrakt, 1968 mit dem «Sonderfall Muri» wuchs aber auch im kan- Bettentrakt Ost mit neuer Operations- und Radiologie- tonalen Raum die Erkenntnis nach Ordnung und abteilung, 1969 Bettentrakt West) und der Anstellung Abgrenzung all der sich formulierenden Bedürfnisse eines zweiten vollamtlichen Chefarztes für die intern- im Spital- und Anstaltssektor. Es zeigte sich, dass medizinische Abteilung, konnte die Leistungsfähigkeit ohne massive Unterstützung durch den Kanton die nochmals ganz wesentlich angehoben und die Attrakti- anstehenden Bedürfnisse zur zeitgemässen Erneue- vität des Spitals deutlich verbessert werden. Die ab rung der Infrastruktur nicht gelöst werden können. 1968, mit der Wahl eines zweiten Chefarztes eingelei- tete Reorganisation der Abteilungen konnte nun weiter- Bis Anfang der 60er-Jahre nahm der Staat, abgesehen geführt und 1976 mit der Wahl des dritten Chefarztes von den zwei kantonalen Krankenhäusern (Kantons- für die gynäkologisch-geburtshilfliche Abteilung abge- spital Aarau und Psychiatrische Klinik Königsfelden), schlossen werden. Diese Entwicklung wuchs im wenig Einfluss auf die Spitalplanung. Er beschränkte Gleichschritt mit den Erwartungen und Ansprüchen der sich auf den notwendigen Ausbau der staatseigenen zuweisenden Ärzte und der Bevölkerung. Die Spitallei- 63
In den Jahren 1967 bis 1969 konnten die Erweiterungsbauten (Personalhaus, Wirtschaftstrakt, Bettentrakt Ost mit neuer Operations- und Radiologieabteilung und Bettentrakt West) in Betrieb genommen werden. tung zeigte sich überzeugt, dass dieses Wachstum wei- bes bewilligt. 1989 wurde der Baukredit für die GOPS tergehen wird, ja weitergehen muss, solange vom Spital bewilligt und mit den Bauarbeiten begonnen. Die eine zeitgemässe, sichere und qualitativ hochstehende neuen Räume für die Physiotherapie durften 1990 in medizinische Grund- und Notfallversorgung erwartet Betrieb genommen werden. Die Fertigstellung der wird. Die Zielsetzung lag dabei aber weniger in der Bauarbeiten für die GOPS verzögerten sich hingegen Ausrichtung nach Grössenwachstum als vielmehr in bis 1995. Die Baukosten betrugen 16,1 Mio. Franken. der Verpflichtung nach permanenter Qualitätsverbesse- rung und Qualitätskontrolle. Auf der Linie dieser Stra- Das Spital verstand die Verpflichtung zum Bau der tegie wurde 1988 auch für die Anästhesie und 1992 für GOPS lediglich als unabdingbare Vorausleistung. Das die Radiologie das Chefarztsystem eingeführt. vitale Interesse galt der Sanierung des Gesamtspitals. Die Bemühungen des Spitals, Antworten auf diese dringende Frage zu finden, dauerten inzwischen Geschützte Operationsstelle bereits 10 Jahre. 1991 konnte der bewilligte Projekt- nur für reduzierte zivile Nutzung zugelassen wettbewerb endlich ausgeschrieben werden. Pla- nungsgrundlage bildet das mehrfach überarbeitete, 14 Jahre nach Inbetriebnahme der Neubauten machten inzwischen aber allseits genehmigte Raum- und sich im Spitalalltag erneut räumliche und bauliche Funktionsprogramm. Die Spitalträgerschaft freute Engpässe bemerkbar. 1981 hat die Spitalleitung in sich sehr über das Ergebnis und das Siegerprojekt. einer Analyse auf die Schwachstellen und Unzuläng- lichkeiten, die im Spitalbetrieb zu Engpässen führten, hingewiesen. Diese Standortbestimmung sollte als Zukunft des Kreisspitals in Gefahr Entscheidungsgrundlage für eine prospektive Investi- tionsplanung dienen. Zur gleichen Zeit beauftragte der Der unerwartete Entscheid des Regierungsrates, den Kanton das Spital, den Bau einer unterirdischen Ge- Neubau nicht ausführen zu dürfen, sorgte für grosse schützten Operationsstelle (GOPS) mit vier Opera- Enttäuschung. War angesichts der leeren Kantonskas- tionssälen, 500 Patienten- und 200 Personalbetten, zu se ein vorläufiger Realisierungsstopp noch halbwegs planen. Die Spitalleitung sah die Chance, durch eine verständlich, blieb völlig unverständlich, dass auch möglichst weitgehende zivile Nutzung dieser Anlage, jede Weiterplanung und Überarbeitung des Baupro- Lösungen für die dringendsten Raumbedürfnisse des jektes abgelehnt wurde. Enttäuscht und entmutigt Akutspitals zu finden. Leider fand diese Vision keine Zustimmung. Die GOPS durfte nur mit einer stark reduzierten zivilen Nutzung für Archiv- und Lager- räume geplant werden. Gleichzeitig sollte ein Verbin- dungstrakt mit TWS-Schutzräumen und der Bau einer neuen Physiotherapieabteilung realisiert werden. Stets äusserten die Spitalbehörden die Überzeugung, dass mit dem Bau der GOPS auch die betrieblichen Bedürfnisse und Anliegen geprüft und in die Planung mit einbezogen werden müssen. Um dieses dringende Anliegen zu unterstreichen, wurde 1986 eine umfas- sende Konzept- und Bedarfsplanung erarbeitet. 1987 hat der Regierungsrat von der Konzept- und Bedarfs- planung Kenntnis genommen sowie das Raum- und Funktionsprogramm für die etappenweise Sanierung des Akutspitals gutgeheissen. Gleichzeitig hat er einen Das Spital erstrahlt im Jubiläumsjahr in neuem Kredit für die Durchführung eines Projektwettbewer- Glanz und mit einem starken Innenleben! 64
musste die Spitalleitung zur Kenntnis nehmen, dass Präsidenten die bisherige Planung und das überdurchschnittliche Josef Koller, Pfarrer, Muri 1909–1918 Engagement in dieser Frage, eher einem Treten an Ort Jakob Nietlispach, Nationalrat, Muri 1918 oder einem Gehen im Kreis, einer Beschäftigungsthe- Josef Hohler, Pfarrer, Muri 1919–1928 Severin Meier, Pfarrer, Muri 1928–1931 rapie, denn einem Fortschreiten, hin auf die so drin- Dr. Gustav Küchler, Fürsprech, Muri 1931–1951 gend notwendige Realisierung der anstehenden Inves- Julian Koch, Direktor, Villmergen 1951–1963 titionsplanung war. Die erfolgreiche Zukunft und das Hans Käppeli, Bankdirektor, Muri 1963–1994 Weiterbestehen des Freiämter Spitals schien zu diesem Dr. Benno Weber, Gerichtspräsident, Merenschwand 1994–2002 Zeitpunkt ernsthaft gefährdet zu sein. Peter Wertli, alt Regierungsrat, Wohlen 2002– Trotz grosser Enttäuschung, wiederholter Rückschlä- Direktion ge und widerlicher Umstände liessen sich die Spital- Heinrich Oftinger, Kaufmann, Muri im Nebenamt 1908–1920 Johann Käppeli, Bankverwalter, Muri im Nebenamt 1920–1957 behörden aber nicht entmutigen. Sie wollten unter Hans Käppeli, Bankdirektor, Muri im Nebenamt 1957–1963 allen Umständen erreichen, dass es für das Kreisspi- Hans Wey, Spitaldirektor, Muri 1964–2006 tal für das Freiamt eine Zukunft gibt und dass die Marco Beng, Spitaldirektor, Berikon 2006– Vorteile eines Regionalspitals für die Freiämter Bevölkerung erhalten bleiben. Es blieb unbestritten, Chefärzte dass im Spital Investitionen notwendig sind, die mehr Chirurgie (bis 1976 inkl. Geburtshilfe) als nur Renovationsarbeiten beinhalten. Mit der Be- Dr. med. Paul Ruepp, Merenschwand im Nebenamt 1909–1934 willigung eines Planungskredites hat dann auch der Dr. med. Emil Heller, Muri 1934–1949 Dr. med. Othmar von Matt, Muri 1950–1974 Regierungsrat die Notwendigkeit von baulichen Dr. med. Hans Martin Strebel, Muri 1974–1996 Sanierungsmassnahmen erneut bestätigt. Dr. med. Christian Sartoretti, Muri 1997–2007 Dr. med. Paul Beuchat, Muri 2007 Dr. med. Gerfried Teufelberger, Lenzburg 2008– Durchbruch und erfolgreicher Weg in die Zukunft Medizin Das Spital wusste sich in diesen Bemühungen durch Dr. med. Burkart Nietlispach, Muri im Nebenamt 1909–1919 Dr. med. Hugo Keller, Muri im Nebenamt 1919–1948 die Region getragen. 1998 gelang endlich der Durch- vakant (durch chirurgische Chefärzte betreut) 1948–1968 bruch. Der Regierungsrat stimmte der neuen Projekt- Dr. med. Rolf Schmid, Muri 1968–1994 vorlage zu und mit der Beschlussfassung durch den Dr. med. Johannes Brühwiler, Muri 1995–2001 Grossen Rat am 19. Januar 1999 war der Weg für die Dr. med. Fritz Kocher, Untersiggenthal 2001– Realisierung des lang erkämpften Bauprojektes end- lich frei. Am 2. Juli 2001 feierte das Spital mit dem Gynäkologie-Geburtshilfe Spatenstich den Beginn der Bauarbeiten. Bereits Dr. med. Felix Grob, Muri 1976–1998 2003 durfte der neue Behandlungstrakt mit der neuen Dr. med. Alfred Schleiss, Muri 1999– Notfallstation, Röntgeninstitut, OP-Abteilung und Anästhesie Gebärabteilung dem Betrieb übergeben werden, 2004 Dr. med. Lorenz Nussbaumer, Muri 1988–1991 der vollständig neu gestaltete Bettentrakt Ost und Dr. med. Stefan Rafaisz, Muri 1991–2008 2005 fand die Gesamtsanierung mit der Inbetriebnah- Dr. med. Christian Schönholzer 2008– me des ebenfalls vollständig neu gestalteten Betten- hauses West ihren Abschluss. Mit einer eindrückli- Radiologie chen Feier wie auch mit einem frohen Personalfest Dr. med. Dragoljub Pisteljic, Muri 1992– wurde die Einweihung im Januar 2005 gebührend Spitaloberinnen/Ordensschwestern gefeiert. Die Baukosten betrugen 47,1 Mio. Franken. Sr. Vinzenzia 1908–1910 Sr. Mathilde 1910–1916 Auf dem Weg in das zweite Jahrhundert seines Beste- Sr. Petrona Naef 1916–1922 hens warten erneut grosse Herausforderungen auf das Sr. Ludolfina Kiefer 1922–1928 Spital. Optimierungspotenzial will erkannt und ge- Sr. Erica Waibl 1928–1934 nutzt werden, die Nutzung von Synergien darf nicht Sr. Adulfa Müller 1934–1935 bloss als Selbstverständlichkeit wahrgenommen, son- Sr. Illydia Fürer 1935–1943 Sr. Barnabas Schönbächler 1943–1949 dern muss als Verpflichtung gelebt werden. Zu die- Sr. Pascalina Schöpfer 1949–1950 sem Kontext gehört die Gründung und der Beitritt zur Sr. Luitberga 1950–1951 Argovia Spital-Allianz (ASA) im Jahre 2002, der Sr. Emmerich Mattle 1951–1957 Beitritt zum Gesundheits-Netz Aargau Ost im Jahre Sr. Edelwalda Haulitschek 1957–1963 2007 sowie die im Jahr 2006, auf Basis einer freiwil- Sr. Oswitha Thenen 1963–1969 ligen Kooperation mit dem Kantonsspital Baden, neu Sr. Elisabeth Wohlgensinger 1969–1978 eröffnete Dialysestation. Durch den Ausbau von Sr. Johannita Sommer 1978–1985 Sr. Adelmuth Ackermann 1985–1991 Netzwerken mit geeigneten Partnern muss die Zusammenarbeit gestärkt und die Aufgabenteilung in Leiterinnen Pflegedienst der Spezialisierung zu einem Ganzen gewoben wer- Corina Schneider-Sciucchetti 1991–1993 den. Das Spital ist und bleibt den Menschen im Frei- Marianne Strebel-Janssen 1993–1997 amt verpflichtet. Ruth Engeler-Luginbühl 1998– Hans Wey, ehemaliger Direktor, Muri 65
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