Das Spital ist den Menschen im Freiamt verpflichtet

 
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Das Spital ist den Menschen im Freiamt verpflichtet
100 Jahre Kreisspital für das Freiamt in Muri

Das Spital ist den Menschen im Freiamt verpflichtet
Das Jahr 2008 hat eine besondere Bedeutung für          die Gebäude des Klosters Muri besetzte, mussten Abt
das Kreisspital für das Freiamt in Muri. Schliesslich   und Konvent ihre Heimat verlassen. Vor dem unfrei-
erreichen nur erfolgreiche Unternehmen das stolze       willigen Weggang habe der damalige Abt Adelbert
Alter von 100 Jahren. Aus Anlass des Jubiläums ist      Regli, so berichtet die Chronik, als letzten Wunsch
es von besonderem Interesse auf die Gründungs-          geäussert, dass man einen Teil des Klostergutes für
geschichte und die Entwicklung während der              die Errichtung einer humanitären Anstalt verwenden
vergangenen 100 Jahre zurückzublicken.                  möchte. Das Kloster hatte im Bereich des Armen-
                                                        wesens eine zentrale Stellung inne. Zum Armenwe-
                                                        sen gehörte damals auch die Obsorge für Kranke. Mit
Am 10. Dezember 2008 feiert das Kreisspital für das     dem Weggang der Mönche ging diese Verpflichtung
Freiamt in Muri das 100-jährige Bestehen. Der erste     verloren. Auch die Gemeinde Muri wusste um diesen
Spitalbau wurde 1908 eröffnet. In mehreren Bauetap-     Sachverhalt und forderte, dass sich der Kanton ver-
pen wurde dieser erste Spitalbau durch Neu- und         pflichtet, die bisherigen Leistungen des Klosters zu
Erweiterungsbauten veränderten Bedürfnissen ange-       übernehmen. Bereits bei der Beratung des Aufhebungs-
passt. Alle Gebäude sind auch heute noch in Betrieb.    dekretes von 1841 spielten Kompensationsmassnah-
Bei der letzten Erweiterung und Gesamtsanierung         men zu Gunsten der durch die Klosteraufhebung be-
wurde jedoch grossen Wert darauf gelegt, dass im        nachteiligten Bevölkerungsteile eine grosse Rolle.
Inneren der Gebäude keine Unterschiede bestehen.
Zimmerkomfort, Aufenthalts- und Arbeitsbedingun-
gen sind in allen Abteilungen gleichwertig, hell,       Das Klostergebäude von Muri als Kantonsspital
modern, farbenfroh, einladend. Das Spital präsentiert
sich im Jubiläumsjahr nicht nur baulich, sondern auch   Seit 1804 unterhielt der Kanton Aargau ein Spital in
medizinisch, mit einem breiten Angebot an Dienst-       Königsfelden. In diesem Spital waren Kranke und
leistungen der Notfall- und Grundversorgung, auf        Irre und zeitweilig auch Sträflinge untergebracht.
dem neusten Stand. Mehr als 21 000 Patienten wer-       Die Patienten wurden von einem einzigen Spitalarzt
den jährlich im Spital Muri behandelt und gepflegt.     betreut. Ein Assistenzarzt und das nötige Personal
                                                        unterstützten den Spitalarzt in seiner Arbeit. Die Ver-
                                                        hältnisse in den Krankenabteilungen waren völlig
Vorgeschichte                                           unzulänglich, die Heilungschancen gering. Verbesse-
                                                        rungen und Umbauten lösten das Problem nicht.
Die Geschichte über die Gründung und den Bau des        Nach 1841, dem Jahr der Klosteraufhebung, hoffte
Freiämter Spitals in Muri geht in seinem Kern zurück    man, ein leer stehendes Kloster ohne grossen Auf-
auf die Geschichte des Klosters Muri, das im Jahre      wand in ein Spital umnutzen zu können. Auch von
1027 gegründet und im Jahre 1841 vom Kanton Aar-        Muri war die Rede. Man äusserte sich davon über-
gau aufgehoben wurde. Am 13. Januar 1841 hatte der      zeugt, dass sich das Klostergebäude in Muri in allen
Aargauische Grosse Rat mehrheitlich die Aufhebung       Teilen zu einem Kantonsspital besser eigne als das
der damals bestehenden Klöster des Kantons be-          alte Franziskanerkloster in Königsfelden. Die Exper-
schlossen, darunter auch die des Klosters Muri. Die-    ten fanden aber, «das Gebäude in Muri sei zu sehr der
ser Beschluss wurde bereits am 27. Januar 1841 um-      Sonne ausgesetzt, und überdies sei die Umgebung
gesetzt. Als Oberst Frey-Herosé mit seinen Truppen      sumpfig und feucht». Der Sanitätsrat rügte die un-

                                                                                                            57
Das Spital ist den Menschen im Freiamt verpflichtet
günstige Stellung des Hauptgebäudes und die abseiti-       finanziellen Grundlagen zu sichern. Am 21. Februar
ge Lage des Ortes. Zudem zeigten Kostenberechnun-          1904 stimmte das Aargauervolk dieser Bedingung zu.
gen, dass die vorgesehenen baulichen Veränderungen         Auf die Spezialdotation von Fr. 200 000.– erhoben
Unsummen an Geld verschlungen hätten. Schliesslich         verschiedene Seiten Ansprüche, so neben Muri
wurde dieses Projekt verworfen.                            namentlich auch die Pflegeanstalt Gnadenthal. Die
                                                           gemeinnützige Gesellschaft des Bezirks Muri lud nun
In der Folge forderten oppositionelle Kreise, für wel-     zu einer Delegiertenversammlung sämtlicher Gemein-
che der in Dietwil ansässige Arzt und alt Grossrat Jehle   den aus den Bezirken Bremgarten und Muri ein. Die
das Wort führte, auf den Bau einer zentralen Kranken-      Versammlungsteilnehmer wählten eine Kommission
anstalt zu verzichten und die Erstellung mehrerer klei-    von 15 Mitgliedern und beauftragten diese, einen Vor-
nerer Krankenhäuser in allen Gegenden des Kantons          schlag auszuarbeiten, wofür die Fr. 200 000.– zu ver-
zu planen. Nach Jehle sollte jeder Bezirk mit einem        wenden seien. Noch während der Beratungen über die
eigenen Spital versehen werden. Aber auch dieser Vor-      Verwendung des Dotationskapitals konnte der Regie-
schlag wurde schon bald wieder auf die lange Bank          rungsrat die Kommission am 12. Januar 1906 darüber
geschoben. Die Bevölkerung musste weiter auf eine          orientieren, dass der in Bünzen aufgewachsene Inge-
Lösung der dringenden Spitalfrage warten. Erst 1864,       nieur Dr. h.c. Roman Abt, wohnhaft in Luzern, für den
als die Stadt Aarau versprach, eine kantonale Heil-        Bau eines Freiämter Spitals in Muri Fr.100 000.–
anstalt zu unterstützen, sofern sie auf ihrem Boden        schenke. Von dieser Schenkung durften Fr.60 000.–
gebaut würde, kam die Sache wieder ins Rollen.             sofort für den Bau des Spitals verwendet werden,
                                                           Fr. 40 000.– wurden zur Bezahlung einer der vom
Die revidierte Kantonsverfassung von 1885 verlangte        Donator vorbehaltenen jährlichen Rente reserviert.
einen Ausbau des Wohlfahrtsstaates. In vielen Berei-       1914 schenkte er dem Spital nochmals Fr. 21 080.–.
chen vermochte der Kanton Aargau diese Vorgabe
nur mit grosser Verspätung zu erfüllen, in anderen         Diese grosszügige Vergabung ermöglichte den Durch-
wie im Gesundheitswesen relativ früh. 1872 wurde           bruch in den zähen Verhandlungen. 1906 einigte sich
die staatliche Heil- und Pflegeanstalt Königsfelden in     die Kommission darauf, Fr. 50 000.– der Anstalt Gna-
Betrieb genommen. Dieses Engagement war nicht              denthal zukommen zu lassen und Fr. 150 000.– für
nur Ausdruck eines verbesserten Gesundheitswesens,         den Bau eines Kreisspitals in Muri zu verwenden.
sondern steht auch für ein verstärktes finanzielles        Die 15er-Kommission schreibt in ihrem Bericht an
Engagement des Kantons. Länger dauerten die Be-            den Regierungsrat: «Das Geschenk von Fr. 100 000.–
mühungen um eine bessere Versorgung der Akutkran-          kam deshalb einer eigentlichen Erlösung aus schwie-
ken. Die kantonale Krankenanstalt Aarau (Kantons-          riger Sachlage gleich. Durch diesen grossen finan-
spital) wurde 1887 eröffnet. Der Bau dieser Anstalt        ziellen Zustupf war es möglich, Gnadenthal die ver-
war ein notwendiges Bedürfnis, vermochte aber den          langten Fr. 50 000.– abzugeben, ohne finanzielles
Bedürfnissen nicht zu genügen. Der Kanton Aargau           Risiko für das Kreisspital. Weil nun dadurch Gnaden-
leistete deshalb seit 1888 zusätzlich Beiträge an die      thal vorab eine Pflegeanstalt für das Freiamt wird und
neu entstehenden Gemeinde- und Bezirksspitäler             das Spital getrennt von einer etwaigen Pflegeanstalt
Zofingen (gegründet 1886), Baden (1893), Leuggern          erbaut werden kann, gestalten sich nun die Verhält-
(1897), Menziken (1902), Laufenburg (1905), Muri           nisse für die Versorgung der Kranken und Pflegebe-
(1908), Rheinfelden (1911) und Brugg (1913) sowie          dürftigen im Freiamt ausserordentlich günstig.» Am
die Tuberkulosen-Heilstätte Barmelweid (1912).             4. Februar 1906 nahmen die Gemeinden der Bezirke
                                                           Bremgarten und Muri zustimmend vom Bericht der

Grosszügige Spende und
die Gründung eines Trägerschaft

Im August 1903 formulierte eine Volksversammlung
aus dem Freiamt in einer Resolution an die aargaui-
sche Regierung das Begehren, der Staat möchte die
Brandruine des Klosters Muri übernehmen oder aber
Fr. 320 000.– aus dem Staatsgut sowie Fr. 100 000.–
aus dem Klostergut für den Bau einer humanitären An-
stalt bezahlen. Im September 1903 wies der Grosse Rat
die Wünsche des Freiamtes mit 100 gegen 41 Stimmen
zurück. Zugleich fasste er aber den Beschluss, dass die
Erweiterung der Anstalt Königsfelden und die wirksa-
me Unterstützung der Spitäler und Pflegeanstalten in
den Bezirken durch Gründungs- und Betriebsbeiträge
geplant werde. Auch dem Freiamt wurde die Ausrich-
tung einer Spezialdotation von 200 000 Franken für
eine Anstalt zugesprochen. Bedingung dafür war aber,
dass das Aargauer Volk einer so genannten Viertel-         Im Dezember 1908 wurde das Kreisspital in Muri an
mehrsteuer für die Jahre 1904/1907 zustimmte, um die       schönster Aussichtlage auf die Klosteranlage eröffnet.

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Das Spital ist den Menschen im Freiamt verpflichtet
man sich nach anderen Bauplätzen umgesehen. Im
                                                           April 1906 besichtigte die Baukommission neun Bau-
                                                           plätze, die in Muri für einen Spitalbau infrage kamen.
                                                           Als man auf den heutigen Platz kam, so berichtet die
                                                           Chronik, sei die ganze Kommission ob dem wunder-
                                                           baren Blick auf die Klosteranlage und in die Alpen so
                                                           ergriffen gewesen, dass einhellig beschlossen wurde,
                                                           hier in den Boden, der einst im Klosterbesitz war, den
                                                           Grundstein für das Freiämter Spital zu legen. Nach
                                                           weiteren Verhandlungen fand die Offerte der Gebrü-
                                                           der Leonz, Alois und Heinrich Gabler, die für das
                                                           Spital im Kapffeld 92,82 Aren Bauland zum Preis
Mit dem ersten Erweiterungsbau von 1932 erhielt            von Fr. 6945.– anboten, Zustimmung.
das Kreisspital Muri den dringend benötigten Lift.
                                                           Ursprünglich wollte man ein Spital für 25 bis 30 Pa-
                                                           tienten bauen. Während den Beratungen vermochte
15er-Kommission Kenntnis.» Gleichzeitig wurden             aber der Gedanke, dass der Bau für 35 bis 40 oder gar
die Statuten genehmigt. Für die Trägerschaft wurde         45 Patienten gebaut werden sollte, immer mehr zu
die Rechtsform einer Stiftung gewählt. Zur Gründung        überzeugen. Die Baukosten (ohne Mobiliar) wurden
stand nun ein Gründungskapital von Fr. 250 000.– zur       auf Fr.150 000.– veranschlagt. Anfang 1907 stimmte
Verfügung, davon Fr. 210 000.– für den Bau des             die Spitalkommission der Projekterweiterung zu und
neuen Spitals. Die Leitung, Verwaltung und Aufsicht        auch der Regierungsrat genehmigte das Projekt. Mit
wurden an eine Spitalkommission von 15 Mitgliedern         den Bauarbeiten konnte im März 1907 begonnen
übertragen. Neun Mitglieder wurden von den Abge-           werden. Noch während der Bauarbeiten wurde das
ordneten der Gemeinderäte der Bezirke Muri und             Projekt immer wieder geändert. Dies hatte eine deut-
Bremgarten gewählt und je zwei vom Regierungsrat,          liche Kostenüberschreitung zur Folge. Aus diesen
der Freiämter Ärztegesellschaft und den gemeinnützi-       Gründen wurde beschlossen für das Mobiliar unter
gen Gesellschaften der beiden Bezirke. Die konsti-         den Frauen und Töchtern des Freiamtes eine freiwilli-
tuierende Sitzung fand am 30. März 1906 in Muri            ge Sammlung zu veranstalten. «Der Erfolg bewies,
statt. Zugleich wurde eine Baukommission gewählt.          dass der Gedanke ein recht glücklicher war. In 30 Ge-
                                                           meinden wurden Fr. 13 098.20 zusammengebracht.»
                                                           Eine zweite Sammlung bei auswärts wohnenden Mu-
Planung und Bau des Kreisspitals                           rianern und Wohltätern ergab Fr. 1150.–. Die Arbeits-
                                                           schulkommission von Muri besorgte die Anschaffung
Bereits im Vorfeld wurden verschiedene Projektideen        und Herstellung der Lingerie. Sämtliche Wäsche
entworfen, so das Projekt für den Ankauf und Umbau         wurde von Frauen aus den beiden Bezirken Bremgar-
der Don-Bosco-Anstalt für Fr. 120 000.–, das Projekt       ten und Muri genäht und dem Spital geschenkt. Der
für den Umbau des südlichen Klosterflügels für Fr.         Bau wurde Anfang Dezember 1908 fertig gestellt.
130 000.– bis Fr. 142 000.– und schliesslich das Pro-      Die Bauabrechnung schloss wie folgt ab:
jekt für einen Neubau nach den Plänen des Luzerner
Architekten Hanauer für Fr. 108 000.–. In Abwägung         Einnahmen
aller Vor- und Nachteile hat sich die Spitalkommission     Dotation Kanton Aargau                 Fr.   150 000.––
schliesslich für die Neubauvariante ausgesprochen.         Legat Dr. Roman Abt                    Fr.    60 000.––
Damit war die Grundlage für den Bau des Spitals            Ergebnis der Sammlungen Frauenverein   Fr.    13 098.20
gelegt. Mit der Planung für den Bau des neuen Spi-         Auswärtige Freiämter                   Fr.     1 150.––
tals wurde Architekt Wilhelm Hanauer aus Luzern            Zinsertrag                             Fr.     2 231.40
beauftragt. Architekt Hanauer hatte in Muri bereits        Erlös aus Heu- und Emdgras             Fr.       120.––
verschiedene Bauprojekte begleitet (Umbau des Kon-         Einnahmen total                        Fr.   226 599.60
ventschulhauses und der Don-Bosco-Anstalt). Ebenso
lag von ihm bereits eine erste Projektskizze vor. Noch     Baukosten
im gleichen Jahr sollte auch über den Bauplatz ent-        Bauplatz                               Fr. 6 960.––
schieden werden. Die Gemeinde Muri zeigte sich als         Wasserversorgung                       Fr. 3 967.20
Standortgemeinde erfreut und mit dem Bauvorhaben           Gartenanlage                           Fr. 3 013.22
solidarisch. Sie erklärte sich bereit, die Gerichtshaus-   Spitalgebäude und Installationen       Fr. 180 482.30
matte unentgeltlich als Bauplatz zur Verfügung zu          Honorar Architekt                      Fr. 8 500.––
stellen. Dieser Platz wurde aber als ungenügend            Innere Einrichtungen                   Fr. 24 960.73
bezeichnet. Wegen der steilen Hanglage und dem             Baukosten total                        Fr. 227 883.45
ungünstigen Baugrund befürchtete man hohe Kosten           Passiv-Saldo                           Fr. 1 283.85
für Erdbewegungen und für den Bau der Fundamente.
Zudem sei die Orientierung gegen Süden erschwert.          Am 6. und 8. Dezember stand das Spital zur Besichti-
Ebenso wäre das Spital von nahe gelegenen Gebäu-           gung offen. In der Chronik lesen wir: «Der Besuch
den überhöht, «daher müssten die Läden geschlossen         war ein überaus zahlreicher, zeitweise herrschte ein
oder Vorhänge gezogen werden». Schon vorher hatte          eigentliches Gedränge im Hause, ein Beweis, welch

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Das Spital ist den Menschen im Freiamt verpflichtet
einer Röntgenanlage aber auch mit einer Tobzelle.
        Schutzengel wachten                               Bereits im Jahre 1908 wurde mit dem Kloster Ingen-
                                                          bohl ein Vertrag abgeschlossen, denn die Inbetrieb-
     Die Chronik berichtet von einem ganz besonde-        nahme des Spitals wäre ohne Mitarbeit von Ordens-
     ren Abenteuer, das die drei Ordensschwestern an      schwestern nicht vorstellbar gewesen. Schwester
     ihrem ersten Heiligen Abend im Spital erlebt         Vinzenzia als Oberin, Schwester Ildephonsa als
     haben: «Gegen 5 Uhr Abends brachte man ein           Köchin und Schwester Ludolfa als Kranken- und
     junges Mädchen ins Spital. Nach ärztlichem           Operationsschwester war die Aufgabe übertragen,
     Zeugnis konnte die Krankheit nicht recht festge-     das Spital fertig einzurichten und die Inbetriebnahme
     stellt werden. Kaum nach drei Stunden zeigten        vorzubereiten. Die Spitaloberin besorgte auch das
     sich deutliche Anzeichen, dass die Patientin geis-   Rechnungswesen. Bis Ende Jahr durften bereits
     teskrank sei. Um jedwelcher Unruhe vorzubeu-         14 Patienten im Spital behandelt und gepflegt werden.
     gen während der Nacht, nahmen die drei Schwes-
     tern den Muth, die schon tobende Person in die       In den ersten Jahren seines Bestehens war das Spital
     Tobzelle zu verbringen. Der Transport ging gut,      weitgehend eine medizinische Anstalt. So weisen die
     doch wehe wie die Schwestern sich noch mit der       ersten Betriebsjahre auch lediglich 100 bis 150 Ope-
     Kranken beschäftigten, stiess der Wind die Zel-      rationen pro Jahr aus. Die ärztliche Betreuung der
     lentüre zu. Schonungslos waren die armen             Patienten war den Landärzten aus dem engeren Ein-
     Schwestern bei der Geisteskranken eingeschlos-       zugsgebiet anvertraut. Die Spitalärzte arbeiteten
     sen, denn die Türe hatte von innen kein Schloss.     nebenamtlich: es waren dies Dr. Paul Ruepp, Arzt in
     Alles Rufen und Klopfen war vergebens. Es blieb      Merenschwand, verantwortlich für die Chirurgie und
     nichts übrig als einen Plan zu fassen wie die Türe   die Geburtshilfe sowie Dr. Burkard Nietlispach und
     zu öffnen sei. Nicht lange währte es, fing eine      sein Nachfolger Dr. Hugo Keller, Ärzte in Muri, ver-
     der Schwestern an mit dem Taschenmesser ein          antwortlich für die Medizin.
     Loch durch die schwere harthölzerne Türe zu
     bohren. Bald war ihr Messer vollens unbrauchbar      Die finanziellen Mittel für den Betrieb des Spitals
     geworden, so begann die zweite und dann die          waren bescheiden. Sehr dankbar wurden deshalb
     dritte Schwester zu bohren und zwar sollte auf       die zahlreichen, teils recht bedeutenden Legate, Ge-
     die äussere Klinge gezielt werden. Mit vereinten     schenke und Vergabungen entgegengenommen. Die
     Kräften und strenger Arbeit von drei Stunden war     Chronik schildert eindrücklich wie sehr das Spital auf
     das Loch durch und zwar liniengerade auf die         diese Vergabungen angewiesen war, um Anschaffun-
     Klinge. Schon begann Hoffnung in ihnen sich zu       gen und spätere Erweiterungsbauten zu finanzieren.
     regen, nun aber mit was die Klinge erreichen?        Bereits 1912 wurde ein Freibettenfonds eingerichtet,
     Die liebevolle göttliche Vorsehung fügte es, dass    um durch Übernahme eines Teils oder der ganzen
     eine der Schwestern einen langen Bleistift in der    Spitalkosten, finanzielle Not zu lindern und Personen
     Tasche hatte, sie probierten und ehe gedacht,        zu entlasten, die nicht in der Lage sind, die ordentli-
     sprang die Zellentüre mit einem lauten Freuden-      chen Spitalkosten zu bezahlen. Die Äufnung des
     geschrei auf. Wie es diesen guten Schwestern zu      Fondskapitals erfolgte ausschliesslich durch private
     Muthe war, lässt sich denken. Es war nun nachts      Spenden. Einen besonderen Stellenwert hatte stets
     11 Uhr geworden. Das Haus stand offen, alle          auch die Weihnachtsfeier inne. Sammlungen bei der
     Lichter brannten, Schwerkranke und Operierte         Bevölkerung erlaubten der Spitalleitung die Patienten
     harrten bangend auf die Schwestern, die sie lange    am Weihnachtsfest zu beschenken.
     schon vermissten. Doch es war kein Unglück
     geschehen, die Schutzengel des Hauses hielten        1912 gründeten die aargauischen Regionalspitäler
     treulich Wache.»                                     den Verband der Aargauischen Krankenhäuser
                                                          (VAKA). Auch das Kreisspital für das Freiamt trat
                                                          dem Verband bei. Man wollte die Position der Re-
                                                          gionalspitäler im Kanton Aargau stärken. Dies ins-
grosses Interesse die Bevölkerung am neuen Spital         besondere gegenüber dem scheinbar privilegierten
hat. Allgemein hörte man nur Lob über den sehr            Kantonsspital Aarau. Heute ist die VAKA ein allseits
schönen, überaus praktisch eingerichteten Bau.» Am        anerkannter und geschätzter Partner. Vom «kämpferi-
10. Dezember 1908 fand eine bescheidene Eröff-            schen Bezirksspitälerverband» hat sich die VAKA im
nungsfeier statt und am 16. Dezember 1908 konnte          Verlauf ihrer Geschichte zum kantonalen Interessen-
das Spital dem Betrieb übergeben werden. Acht Tage        vertreter der stationären öffentlich subventionierten
nach der grossen Eröffnungsfeier, am 18. Dezember         Leistungserbringer mit Schwerpunkt Akut- und Spe-
1908, wurde der erste Patient mit Ross und Wagen          zialversorgung, Rehabilitation und Krankenheime
zum Spital gefahren und eingeliefert.                     entwickelt. Als solcher stellt er seinen Mitgliedern
                                                          eine breite Dienstleistungspalette in den Bereichen
                                                          Gesundheitspolitik, Wissensmanagement, Kommuni-
Betriebliche Entwicklung                                  kation und Managementsupport zur Verfügung.

Für die damalige Zeit stand ein modernes Kranken-         Wie sehr die Leistungen des Spitals sowie die Arbeit
haus bereit, ausgestattet mit einem Operationssaal,       der Ärzte, der Ordensschwestern und mit dem Wachsen

60
werden. Bis 1991 hatte stets eine Ordensschwester
                                                          die Aufgaben der Spitaloberin inne. Wir erinnern uns
                                                          an 16 hochqualifizierte Persönlichkeiten, die uns
                                                          das Kloster Ingenbohl für diesen Aufgabenbereich
                                                          jeweils nach Muri gesandt hat.

                                                          Das grosse Mass an Einsatz und Mitsorge der vielen
                                                          Ordensschwestern kann nur mit grosser Dankbarkeit
                                                          gewürdigt werden. Ohne geschickte Führung des Spi-
                                                          tals durch die jeweiligen Spitaloberinnen und ohne die
                                                          beispielhafte und tüchtige Arbeit der Mitschwestern,
                                                          wäre dem Spital kaum ein so grosses Mass an Ver-
                                                          trauen entgegengebracht worden. All diese Arbeiten
                                                          der Ordensschwestern wurden während Jahrzehnten
Die beiden letzten Ingenbohler Schwestern, Sr. Dami-      gegen ein äusserst bescheidenes Entgelt erbracht. Von
en Wellig und Sr. Erna Lisa Widmer, verlassen das         Lohnkosten weitgehend entlastet, waren dem Spital in
Spital auf Ende 2008.                                     den Gründerjahren dadurch diejenigen finanziellen
                                                          Möglichkeiten gegeben, um betriebliche Verbesserun-
                                                          gen vornehmen und sogar bauliche Erweiterungen
des Spitals, die Arbeit aller Mitarbeitenden, geschätzt   finanziell verkraften zu können. Erst ab 1964 war es
wurden, zeigt die kontinuierliche Zunahme der Zahl        möglich den Ordensschwestern für ihre Dienste eine
behandelter Patienten. Das Kapital des Spitals waren,     angemessene Besoldung zu vergüten. Das Engagement
sind und bleiben die Menschen. Waren es anfänglich        der Ordensschwestern blieb bis zum heutigen Tag er-
lediglich 8 Personen, so sind es heute mehr als 450       halten. Die Zahl der in Muri mitarbeitenden Ordens-
Mitarbeitende, die durch hervorragende Arbeit, mit        schwestern ging in den vergangenen 30 Jahren aber
Einsatz und Engagement, jeden Tag neu Vertrauen           kontinuierlich zurück. Im Jubiläumsjahr sind es noch
schaffen und die Zukunft des Unternehmens sichern.        zwei Schwestern, welche Ende Jahr Muri leider nun
                                                          ebenfalls verlassen und ins Mutterhaus zurückkehren.
Ursprünglich arbeiteten die Spitalärzte nebenamtlich
im Spital. 1934 folgte der Wechsel zum Chefarzt-
system. Der hauptamtliche Chirurg war nun für alle        Permanente Erneuerung
Abteilungen verantwortlich. Ab 1968 erfolgte die
Aufgliederung der Fachgebiete, indem neu die eigen-       Die Verpflichtung zur permanenten Erneuerung und
ständigen Abteilungen Innere Medizin (1968), Chi-         Neuausrichtung finden wir in den Berichten über die
rurgie und Geburtshilfe-Gynäkologie (1976) geschaf-       betriebliche Entwicklung bestätigt. Mit dieser Ent-
fen wurden. Die Verantwortung wurde je einem              wicklung, zurückzuführen auf eine starke Zunahme
vollamtlichen Chefarzt übertragen. Ab 1988 wurde          der Patienten, musste der Ausbau Schritt halten. So
ebenso für die Anästhesie (1988) und die Radiologie       wurden die Spitalbauten in den folgenden Jahren
(1992) das Chefarztsystem eingeführt. Die Arbeit          immer wieder erneuert, veränderten Bedürfnissen
dieses spezialisierten Teams von Generalisten und         angepasst und erweitert. Bereits 1912 sah sich das Spi-
Spezialisten der medizinischen Grund- und Notfall-        tal veranlasst, ein Ökonomiegebäude zu bauen. Der
versorgung wird durch die partnerschaftliche Zusam-       Spitalvorstand schreibt dazu im Jahresbericht: «Wir
menarbeit mit Fachspezialisten, welche als Beleg-         sind nun genötigt, ein besonderes Ökonomiegebäude
oder Konsiliarärzte im Spital mitarbeiten, ergänzt.       zu bauen, da es ohne ein solches nicht mehr geht. In
                                                          demselben soll untergebracht werden eine Wäscherei,
                                                          das Leichen- und Sezierzimmer, Wagenlokal, Holz-
100 Jahre Mitarbeit von Ordensschwestern                  raum, Grümpelkammer und ein Zimmer für den Haus-
aus dem Mutterhaus Ingenbohl                              diener.» Dieses Ökonomiegebäude (heute Bau VI)
                                                          kann 1914 dem Spitalbetrieb übergeben werden.
Seit der Eröffnung des Spitals im Jahre 1908 haben        Grosse Sorgen bereitete der Kriegsausbruch und die
ununterbrochen Ingenbohler Schwestern im Spital           Mobilmachung im August 1914. Die Sorge der
mitgearbeitet. Mit dem Spital feiern deshalb auch die     Schwestern galt der Frage, ob genügend Lebensmittel
Ordensschwestern ihr 100-jähriges Wirken im Kreis-        und Verbandstoffe zur Verfügung stehen werden. Zu-
spital für das Freiamt. Sie waren lange Jahre nicht       sätzlich mussten auch Betten für die Behandlung und
nur für den Pflegebereich, sondern für gar alles im       Pflege von Militärpersonen zur Verfügung gestellt
Spital verantwortlich. Sie betreuten mit wenigen          werden. In dieser schwierigen Zeit begann man einen
Hilfskräften auch die Aufgaben des Haus- und Öko-         Garten für den Anbau von Gemüse, Kartoffeln und
nomiedienstes und selbst die Buchhaltung. Ihnen           Beeren anzulegen, um einen möglichst grossen
oblag die Leitung des gesamten Hauses. Erst mit dem       Selbstversorgungsgrad zu erreichen. Zudem wurden
Stellenantritt des ersten vollamtlichen Chefarztes im     ab 1917 in den Gemeinden jeweils im Herbst regel-
Jahre 1934 und mit dem Stellenantritt des ersten voll-    mässig und erfolgreich freiwillige Sammlungen für
amtlichen Direktors im Jahre 1964 konnte diese            Gemüse, Kartoffeln und Obst durchgeführt. Um die
Gesamtverantwortung auf mehrere Schultern verteilt        Selbstversorgung weiter zu erhöhen wurden 1920

                                                                                                              61
zwei Schweineställe gebaut. Das Halten von Schwei-                   alte Spitalgebäude umgebaut und dem neu entstande-
nen erlaubte alle Küchenabfälle sinnvoll zu verwerten                nen Gebäudeteil angepasst. 1932 kann der Spitalbe-
und die Spitalküche mit Schweinefleisch zu versor-                   trieb im erweiterten Spitalgebäude aufgenommen
gen. Jedes Jahr fand eine «Hausmetzgete» statt.                      werden. Die Baukosten betrugen 772 205 Franken.
Ebenso wurde 1921 ein Hühnerhaus erbaut und der
Hühnerhof vergrössert. Die Eier waren in der Spital-
küche ebenfalls sehr begehrt.                                        Erster vollamtlicher Chefarzt nach 26 Jahren

Als erste Zufahrtsstrasse zum neu erbauten Spital                    1934 wurde Dr. med. Emil Heller zum ersten voll-
diente der Katzenbachweg. Schon bald stellt man                      amtlichen Chefarzt des Spitals gewählt. Als Chirurg
aber fest, dass dieser den Anforderungen nicht zu ent-               übernimmt er die Verantwortung für die chirurgisch-
sprechen vermag. Nach langwierigen Verhandlungen                     gynäkologische und geburtshilfliche Abteilung. Mit
beschliesst man im Jahre 1925 eine neue Zufahrts-                    diesem bedeutenden Schritt wuchs das Ansehen des
strasse, die vorallem eine gute und kürzere Verbin-                  Spitals weiter und seine Leistungen steigerten sich.
dung zum Dorf und dem Bahnhof bringen soll, zu
bauen (heutige Spitalstrasse).                                       So ist es nicht verwunderlich, dass sich in den Dreissi-
                                                                     gerjahren erneuter Platzmangel bemerkbar machte,
Da sich in den Zwanzigerjahren erneut immer mehr                     diesmal vor allem im bestehenden Ökonomiegebäude
ein Platzmangel im bestehenden Spitalgebäude                         und in der Personalunterkunft. Im Bericht über das
bemerkbar macht, beschliesst die Spitalkommission                    Betriebsjahr 1936 schreibt der Spitalvorstand: «Die
1926 einen Erweiterungsbau mit Bettenlift und Ge-                    Um- und Neubauten lassen sich nicht länger aufschie-
bärabteilung zu erstellen. Im Jahresbericht schreibt                 ben. Die Wäschereieinrichtung ist infolge des vergrös-
die Spitalkommission u.a. «Wir benötigen vorab                       serten Betriebes zu klein geworden und in gleicher
Platz für ungefähr 20 weitere Krankenbetten in Zim-                  Weise die Unterkunftsräume der Krankenschwestern.
mern von 1, 2 bis höchstens 4 Betten, für bessere                    Die Geburtsabteilung, die im Altbau untergebracht
Wohnungen der Schwestern und der Angestellten so-                    war, muss aus hygienischen Gründen disloziert wer-
wie geeignetere Räumlichkeiten für die Operationen                   den. Nicht minder drängt sich eine Änderung des bis-
und die Röntgeneinrichtungen. Ein Sitzungszimmer                     herigen Zustandes hinsichtlich des Toten- und Sezier-
ist vorgesehen, ebenso ein besserer Tagraum für die                  zimmers auf. Die Lösung wird in der Weise gesucht,
Männerabteilung. Der Einbau eines Liftes ist drin-                   dass die Wäscherei aus dem bestehenden Ökonomie-
gend notwendig. Ganz neu wird die Errichtung einer                   gebäude herausgenommen und in diesem ein würdiges
Wöchnerinnenabteilung mit freundlichen Zimmern                       Toten- und Sezierzimmer eingebaut und zugleich in
für Frauen und Kinder sein.» Mit den Bauarbeiten                     nördlicher Richtung vom Spital ein neues Ökonomie-
kann 1930 begonnen werden. Gleichzeitig wurde das                    gebäude (Personalhaus Bau 2, 2001 abgebrochen)
                                                                     errichtet wird, in dem die Wäscherei und Glätterei
                                                                     untergebracht und im ersten Stock die Kranken-
          Patienten*    Aufenthalt        Personal-    Aufwand       schwestern platziert werden. Ein unterirdischer Gang
 Jahr     und Säuglinge in Tagen          stellen **   in Fr. 1000   wird dieses Ökonomiegebäude mit dem Spital verbin-
                                                                     den. Die Tuberkuloseabteilung im Ostflügel des Spi-
 1910          219            52,2             8             24      tals wird bis auf Weiteres suspendiert und in diesen
 1915          301            48,8            11             39      Räumen die Geburtsabteilung untergebracht. Im West-
 1920          373            44,8            13             79      flügel des Spitals sind Kindersäle für Knaben und
 1925          387            38,7            17             68      Mädchen vorgesehen, der Dachstock wird ausgebaut
 1930          640            27,8            18             84      und Terrassen angelegt.» So bringt das Jahr 1937
 1935        1 202            26,8            40            192      erneut rege Bautätigkeit ins Spitalareal. 1938 können
 1940        1 589            22,7            49            252      die Bauarbeiten vollendet und die neu entstandenen
 1945        2 026            20,1            55            383      Bauten dem Spitalbetrieb übergeben werden. Die
 1950        1 897            17,2            60            573      Baukosten betrugen 302 060 Franken.
 1955        2 013            16,5            68            670
 1960        2 330            17,2            78            625
 1965        2 972            15,6           111          1 710      Gründung des Freiämter Spitalvereins
 1970        3 863            15,5           205          4 766
 1975        3 451            14,3           212          9 066      Um dem Spital eine dringend notwendige, zusätzli-
 1980        4 381            12,2           230         12 258      che Einnahmequelle zu erschliessen, wurde 1944 der
 1985        4 408            11,4           246         16 801      Freiämter Spitalverein gegründet. Die Mitglieder ver-
 1990        4 325            11,4           272         23 145      pflichteten sich, einen Jahresbeitrag von drei bis fünf
 1995        4 886             8,9           261         30 027      Franken zu bezahlen. Diese Institution sollte sich
 2000       13 437             8,3           285         37 908      über all die folgenden Jahre als sehr segensreich ent-
 2005       17 663             6,6           322         47 231      wickeln. Der Freiämter Spitalverein bildet heute ein
 2007       20 697             6,2           328         51 273      Diskussionsforum für ehemalige und zukünftige Pati-
 * ab 1996 inkl. Zahl der ambulant behandelten Patienten             entinnen und Patienten sowie für weitere Personen,
 ** Vollzeitstellen ohne Stellen für Beleg- und Konsiliarärzte       die am Spitalgeschehen und der erfolgreichen Weiter-
                                                                     entwicklung des Kreisspitals interessiert sind. Der

62
1937 brachte erneut rege Bautätigkeit; mit dem Anbau von Terrassen wurde der Altbau dem Neubau angepasst.

Verein hat sich zur Aufgabe gemacht, das Kreisspital     Spitäler und die Subventionierung der regionalen
zu fördern und in seinen Aktivitäten zum Wohle der       Heilanstalten. Eine kantonale Spitalplanung wurde
Bevölkerung des Freiamtes zu unterstützen.               erst mit den Expertenberichten 1961 und 1968 des
                                                         Gesundheitsdepartementes in die Wege geleitet. Sie
Noch immer musste eine grössere Zahl der Angestell-      fanden ihren Niederschlag im Spitalgesetz 1964 und
ten im Spitalgebäude selbst untergebracht werden.        im neuen Spitalgesetz 1971. Das Spitalgesetz 1964
Der Spitalvorstand schreibt dazu in seinem Bericht für   schaffte die Rechtsgrundlage für den Ausbau des
das Jahr 1945: «Die andauernd starke Belastung des       Kantonsspitals Aarau zum eigentlichen Spezialitäten-
Krankenhauses mit Patienten hat Vorstand und Spital-     spital und für die Inangriffnahme der Planung des
kommission veranlasst, sich nach Unterkunftsmög-         zweiten Kantonsspitals in Baden. Desgleichen ermög-
lichkeiten für Personal und Schwestern umzusehen.        lichte es die Planung und den Ausbau für die regiona-
Es wurden Pläne und Kostenberechnung für die Auf-        len Krankenhäuser und die Heilbäder. Der enorme
stockung des Personalhauses ausgearbeitet.» Mit der      Finanzbedarf für das Spitalwesen verlangte zwingend
Vollendung der Bauarbeiten im Jahre 1947 fand die        einen gezielten und koordinierten Einsatz der Mittel.
bauliche Entwicklung ihren vorläufigen Abschluss.
                                                         Im Vertrauen auf einen dereinst positiven Entscheid
Am 13. Juni 1956 legte der Spitalvorstand dem Stif-      des Kantons und die Zustimmung des Aargauer Volkes
tungsrat die Frage vor, wie das Freiämter Kreisspital    zum neuen Spitalgesetz wurde in den Jahren 1956 bis
die vielfältig sich abzeichnenden Zukunftsprobleme       1964 zielstrebig an der Verwirklichung des Auftrages
zu lösen gedenke. Die rege Beratung endete mit dem       gearbeitet. Am 15. März 1964 hat das Aargauervolk
bedeutsamen Auftrag zu einer grosszügigen und            nahezu einstimmig dem neuen Spitalgesetz zugestimmt
modernen Gesamtkonzeption, aus der dann die zu-          und damit die Grundlage zur Finanzierung der geplan-
künftigen Spitalbedürfnisse der Region befriedigt        ten Neubauten geschaffen. Dank dieser Vorarbeiten
werden können. Es brauchte Mut, ein solches Ziel         war es möglich, am 9. September 1964 den Spatenstich
erreichen zu wollen, waren doch viele Fragen offen       für die Erweiterung und Gesamtsanierung des Spitals
und vor allem die Frage der Finanzierung unklar. Der     feierlich zu begehen. Es galt, den Trend der Zukunft zu
Wille nach einer Gesamtkonzeption für die Erweite-       erkennen und die Spitalprobleme nach diesen Erkennt-
rung und Sanierung des Spitals fand sehr rasch wohl-     nissen neu zu überdenken und zu lösen. Dies war eine
wollende Unterstützung seitens aller kantonalen In-      der belastenden Arbeiten aller Entscheidungsgremien.
stanzen. Sie nahmen mit der Spitalbehörde die ersten     Die Baukosten betrugen 22 Mio. Franken.
Hürden und bewährten sich in allen Phasen, angefan-
gen von der Projektierung bis zur Bauvollendung, als     Mit der Inbetriebnahme der Neu- und Erweiterungs-
aufgeschlossene Partner. Durch die Beschäftigung         bauten (1967 Personalhaus und Wirtschaftstrakt, 1968
mit dem «Sonderfall Muri» wuchs aber auch im kan-        Bettentrakt Ost mit neuer Operations- und Radiologie-
tonalen Raum die Erkenntnis nach Ordnung und             abteilung, 1969 Bettentrakt West) und der Anstellung
Abgrenzung all der sich formulierenden Bedürfnisse       eines zweiten vollamtlichen Chefarztes für die intern-
im Spital- und Anstaltssektor. Es zeigte sich, dass      medizinische Abteilung, konnte die Leistungsfähigkeit
ohne massive Unterstützung durch den Kanton die          nochmals ganz wesentlich angehoben und die Attrakti-
anstehenden Bedürfnisse zur zeitgemässen Erneue-         vität des Spitals deutlich verbessert werden. Die ab
rung der Infrastruktur nicht gelöst werden können.       1968, mit der Wahl eines zweiten Chefarztes eingelei-
                                                         tete Reorganisation der Abteilungen konnte nun weiter-
Bis Anfang der 60er-Jahre nahm der Staat, abgesehen      geführt und 1976 mit der Wahl des dritten Chefarztes
von den zwei kantonalen Krankenhäusern (Kantons-         für die gynäkologisch-geburtshilfliche Abteilung abge-
spital Aarau und Psychiatrische Klinik Königsfelden),    schlossen werden. Diese Entwicklung wuchs im
wenig Einfluss auf die Spitalplanung. Er beschränkte     Gleichschritt mit den Erwartungen und Ansprüchen der
sich auf den notwendigen Ausbau der staatseigenen        zuweisenden Ärzte und der Bevölkerung. Die Spitallei-

                                                                                                             63
In den Jahren 1967 bis 1969 konnten die Erweiterungsbauten (Personalhaus, Wirtschaftstrakt, Bettentrakt Ost
mit neuer Operations- und Radiologieabteilung und Bettentrakt West) in Betrieb genommen werden.

tung zeigte sich überzeugt, dass dieses Wachstum wei-     bes bewilligt. 1989 wurde der Baukredit für die GOPS
tergehen wird, ja weitergehen muss, solange vom Spital    bewilligt und mit den Bauarbeiten begonnen. Die
eine zeitgemässe, sichere und qualitativ hochstehende     neuen Räume für die Physiotherapie durften 1990 in
medizinische Grund- und Notfallversorgung erwartet        Betrieb genommen werden. Die Fertigstellung der
wird. Die Zielsetzung lag dabei aber weniger in der       Bauarbeiten für die GOPS verzögerten sich hingegen
Ausrichtung nach Grössenwachstum als vielmehr in          bis 1995. Die Baukosten betrugen 16,1 Mio. Franken.
der Verpflichtung nach permanenter Qualitätsverbesse-
rung und Qualitätskontrolle. Auf der Linie dieser Stra-   Das Spital verstand die Verpflichtung zum Bau der
tegie wurde 1988 auch für die Anästhesie und 1992 für     GOPS lediglich als unabdingbare Vorausleistung. Das
die Radiologie das Chefarztsystem eingeführt.             vitale Interesse galt der Sanierung des Gesamtspitals.
                                                          Die Bemühungen des Spitals, Antworten auf diese
                                                          dringende Frage zu finden, dauerten inzwischen
Geschützte Operationsstelle                               bereits 10 Jahre. 1991 konnte der bewilligte Projekt-
nur für reduzierte zivile Nutzung zugelassen              wettbewerb endlich ausgeschrieben werden. Pla-
                                                          nungsgrundlage bildet das mehrfach überarbeitete,
14 Jahre nach Inbetriebnahme der Neubauten machten        inzwischen aber allseits genehmigte Raum- und
sich im Spitalalltag erneut räumliche und bauliche        Funktionsprogramm. Die Spitalträgerschaft freute
Engpässe bemerkbar. 1981 hat die Spitalleitung in         sich sehr über das Ergebnis und das Siegerprojekt.
einer Analyse auf die Schwachstellen und Unzuläng-
lichkeiten, die im Spitalbetrieb zu Engpässen führten,
hingewiesen. Diese Standortbestimmung sollte als          Zukunft des Kreisspitals in Gefahr
Entscheidungsgrundlage für eine prospektive Investi-
tionsplanung dienen. Zur gleichen Zeit beauftragte der    Der unerwartete Entscheid des Regierungsrates, den
Kanton das Spital, den Bau einer unterirdischen Ge-       Neubau nicht ausführen zu dürfen, sorgte für grosse
schützten Operationsstelle (GOPS) mit vier Opera-         Enttäuschung. War angesichts der leeren Kantonskas-
tionssälen, 500 Patienten- und 200 Personalbetten, zu     se ein vorläufiger Realisierungsstopp noch halbwegs
planen. Die Spitalleitung sah die Chance, durch eine      verständlich, blieb völlig unverständlich, dass auch
möglichst weitgehende zivile Nutzung dieser Anlage,       jede Weiterplanung und Überarbeitung des Baupro-
Lösungen für die dringendsten Raumbedürfnisse des         jektes abgelehnt wurde. Enttäuscht und entmutigt
Akutspitals zu finden. Leider fand diese Vision keine
Zustimmung. Die GOPS durfte nur mit einer stark
reduzierten zivilen Nutzung für Archiv- und Lager-
räume geplant werden. Gleichzeitig sollte ein Verbin-
dungstrakt mit TWS-Schutzräumen und der Bau einer
neuen Physiotherapieabteilung realisiert werden.

Stets äusserten die Spitalbehörden die Überzeugung,
dass mit dem Bau der GOPS auch die betrieblichen
Bedürfnisse und Anliegen geprüft und in die Planung
mit einbezogen werden müssen. Um dieses dringende
Anliegen zu unterstreichen, wurde 1986 eine umfas-
sende Konzept- und Bedarfsplanung erarbeitet. 1987
hat der Regierungsrat von der Konzept- und Bedarfs-
planung Kenntnis genommen sowie das Raum- und
Funktionsprogramm für die etappenweise Sanierung
des Akutspitals gutgeheissen. Gleichzeitig hat er einen   Das Spital erstrahlt im Jubiläumsjahr in neuem
Kredit für die Durchführung eines Projektwettbewer-       Glanz und mit einem starken Innenleben!

64
musste die Spitalleitung zur Kenntnis nehmen, dass      Präsidenten
die bisherige Planung und das überdurchschnittliche     Josef Koller, Pfarrer, Muri                         1909–1918
Engagement in dieser Frage, eher einem Treten an Ort    Jakob Nietlispach, Nationalrat, Muri                     1918
oder einem Gehen im Kreis, einer Beschäftigungsthe-     Josef Hohler, Pfarrer, Muri                         1919–1928
                                                        Severin Meier, Pfarrer, Muri                        1928–1931
rapie, denn einem Fortschreiten, hin auf die so drin-
                                                        Dr. Gustav Küchler, Fürsprech, Muri                 1931–1951
gend notwendige Realisierung der anstehenden Inves-
                                                        Julian Koch, Direktor, Villmergen                   1951–1963
titionsplanung war. Die erfolgreiche Zukunft und das    Hans Käppeli, Bankdirektor, Muri                    1963–1994
Weiterbestehen des Freiämter Spitals schien zu diesem   Dr. Benno Weber, Gerichtspräsident, Merenschwand    1994–2002
Zeitpunkt ernsthaft gefährdet zu sein.                  Peter Wertli, alt Regierungsrat, Wohlen             2002–

Trotz grosser Enttäuschung, wiederholter Rückschlä-     Direktion
ge und widerlicher Umstände liessen sich die Spital-    Heinrich Oftinger, Kaufmann, Muri im Nebenamt 1908–1920
                                                        Johann Käppeli, Bankverwalter, Muri im Nebenamt 1920–1957
behörden aber nicht entmutigen. Sie wollten unter
                                                        Hans Käppeli, Bankdirektor, Muri    im Nebenamt 1957–1963
allen Umständen erreichen, dass es für das Kreisspi-    Hans Wey, Spitaldirektor, Muri                  1964–2006
tal für das Freiamt eine Zukunft gibt und dass die      Marco Beng, Spitaldirektor, Berikon             2006–
Vorteile eines Regionalspitals für die Freiämter
Bevölkerung erhalten bleiben. Es blieb unbestritten,    Chefärzte
dass im Spital Investitionen notwendig sind, die mehr   Chirurgie (bis 1976 inkl. Geburtshilfe)
als nur Renovationsarbeiten beinhalten. Mit der Be-     Dr. med. Paul Ruepp, Merenschwand im Nebenamt       1909–1934
willigung eines Planungskredites hat dann auch der      Dr. med. Emil Heller, Muri                          1934–1949
                                                        Dr. med. Othmar von Matt, Muri                      1950–1974
Regierungsrat die Notwendigkeit von baulichen
                                                        Dr. med. Hans Martin Strebel, Muri                  1974–1996
Sanierungsmassnahmen erneut bestätigt.                  Dr. med. Christian Sartoretti, Muri                 1997–2007
                                                        Dr. med. Paul Beuchat, Muri                               2007
                                                        Dr. med. Gerfried Teufelberger, Lenzburg            2008–
Durchbruch und erfolgreicher Weg in die Zukunft
                                                        Medizin
Das Spital wusste sich in diesen Bemühungen durch       Dr. med. Burkart Nietlispach, Muri im Nebenamt      1909–1919
                                                        Dr. med. Hugo Keller, Muri            im Nebenamt   1919–1948
die Region getragen. 1998 gelang endlich der Durch-
                                                        vakant (durch chirurgische Chefärzte betreut)       1948–1968
bruch. Der Regierungsrat stimmte der neuen Projekt-     Dr. med. Rolf Schmid, Muri                          1968–1994
vorlage zu und mit der Beschlussfassung durch den       Dr. med. Johannes Brühwiler, Muri                   1995–2001
Grossen Rat am 19. Januar 1999 war der Weg für die      Dr. med. Fritz Kocher, Untersiggenthal              2001–
Realisierung des lang erkämpften Bauprojektes end-
lich frei. Am 2. Juli 2001 feierte das Spital mit dem   Gynäkologie-Geburtshilfe
Spatenstich den Beginn der Bauarbeiten. Bereits         Dr. med. Felix Grob, Muri                           1976–1998
2003 durfte der neue Behandlungstrakt mit der neuen     Dr. med. Alfred Schleiss, Muri                      1999–
Notfallstation, Röntgeninstitut, OP-Abteilung und
                                                        Anästhesie
Gebärabteilung dem Betrieb übergeben werden, 2004       Dr. med. Lorenz Nussbaumer, Muri                    1988–1991
der vollständig neu gestaltete Bettentrakt Ost und      Dr. med. Stefan Rafaisz, Muri                       1991–2008
2005 fand die Gesamtsanierung mit der Inbetriebnah-     Dr. med. Christian Schönholzer                      2008–
me des ebenfalls vollständig neu gestalteten Betten-
hauses West ihren Abschluss. Mit einer eindrückli-      Radiologie
chen Feier wie auch mit einem frohen Personalfest       Dr. med. Dragoljub Pisteljic, Muri                  1992–
wurde die Einweihung im Januar 2005 gebührend
                                                        Spitaloberinnen/Ordensschwestern
gefeiert. Die Baukosten betrugen 47,1 Mio. Franken.     Sr. Vinzenzia                                       1908–1910
                                                        Sr. Mathilde                                        1910–1916
Auf dem Weg in das zweite Jahrhundert seines Beste-     Sr. Petrona Naef                                    1916–1922
hens warten erneut grosse Herausforderungen auf das     Sr. Ludolfina Kiefer                                1922–1928
Spital. Optimierungspotenzial will erkannt und ge-      Sr. Erica Waibl                                     1928–1934
nutzt werden, die Nutzung von Synergien darf nicht      Sr. Adulfa Müller                                   1934–1935
bloss als Selbstverständlichkeit wahrgenommen, son-     Sr. Illydia Fürer                                   1935–1943
                                                        Sr. Barnabas Schönbächler                           1943–1949
dern muss als Verpflichtung gelebt werden. Zu die-
                                                        Sr. Pascalina Schöpfer                              1949–1950
sem Kontext gehört die Gründung und der Beitritt zur    Sr. Luitberga                                       1950–1951
Argovia Spital-Allianz (ASA) im Jahre 2002, der         Sr. Emmerich Mattle                                 1951–1957
Beitritt zum Gesundheits-Netz Aargau Ost im Jahre       Sr. Edelwalda Haulitschek                           1957–1963
2007 sowie die im Jahr 2006, auf Basis einer freiwil-   Sr. Oswitha Thenen                                  1963–1969
ligen Kooperation mit dem Kantonsspital Baden, neu      Sr. Elisabeth Wohlgensinger                         1969–1978
eröffnete Dialysestation. Durch den Ausbau von          Sr. Johannita Sommer                                1978–1985
                                                        Sr. Adelmuth Ackermann                              1985–1991
Netzwerken mit geeigneten Partnern muss die
Zusammenarbeit gestärkt und die Aufgabenteilung in
                                                        Leiterinnen Pflegedienst
der Spezialisierung zu einem Ganzen gewoben wer-        Corina Schneider-Sciucchetti                        1991–1993
den. Das Spital ist und bleibt den Menschen im Frei-    Marianne Strebel-Janssen                            1993–1997
amt verpflichtet.                                       Ruth Engeler-Luginbühl                              1998–
                  Hans Wey, ehemaliger Direktor, Muri

                                                                                                                    65
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