DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg

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DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg
DEM KLIMAWANDEL
    BEGEGNEN
   Die Deutsche
   Anpassungsstrategie
DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg
impressum

IMprEssuM

Herausgeber: Bundesministerium für umwelt, Naturschutz und reaktorsicherheit (Bmu)
	R
	E

R              Christine Feix, Almut Nagel, Jürgen schulz, Thomas stratenwerth (Bmu)

Gestaltung:    design idee, büro für gestaltung, erfurt
Druck:         	S

Abbildungen: Titelseite: Klaus Westermann/Caro                       S
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stand:         märz 2009
1. Auflage:    10.000 exemplare

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DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg
iNHALT

         04   1. KLIMAsCHuTZ uND ANpAssuNG AN DEN KLIMAWANDEL
                 – DIE ZWEI säuLEN DEr DEuTsCHEN KLIMApoLITIK

         10   2. DEr MENsCH BEEINFLussT DAs KLIMA
                 2.1 Bereits verändert: das weltweite Klima                 12
                 2.2 Klimawandel in Deutschland                             14
                 2.3 mit unsicherheiten umgehen                             18

         20   3. DIE FoLGEN DEs KLIMAWANDELs – WAs KANN GETAN WErDEN?
                 3.1 Auswirkungen auf Natur und Gesellschaft                22
              		U
              		      Bauwesen                                              26
              		      Wasserhaushalt, Küsten- und meeresschutz              27
              		      Boden                                                 30
                      Biologische Vielfalt                                  31
              		      Landwirtschaft                                        35
              		      Wald- und Forstwirtschaft                             36
              		      Fischerei                                             37
              		E
              		      Finanzwirtschaft                                      39
              		      Verkehr                                               40
              		I
              		      Tourismuswirtschaft                                   42
                 3.2 raum- und regionalplanung sowie Bevölkerungsschutz     43
                 3.3 Die Vielfalt der regionen                              45
                 3.4 Klimaschutz und Anpassung – möglichst beides verbinden 47

         48   4. GEWussT WIE – ForsCHuNG HILFT ANpAssuNG

         56   5. ANpAssuNG GLoBAL - DEr DEuTsCHE BEITrAG
                 5.1 Was unternimmt die Weltgemeinschaft?                   58
                 5.2 Was unternimmt die Bundesregierung?                    58

         60   6. DEr WEG ZuM AKTIoNspLAN
                 6.1 informieren                                            62
                 6.2 Viele Akteure beteiligen                               63

         66   Glossar

         68   informationen im internet

                                                                                 3
DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg
KLimAsCHuTZ uND ANpAssuNG
AN DeN KLimAWANDeL – Die ZWei säuLeN
Der DeuTsCHeN KLimApOLiTiK
DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg
DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg
Das Klima ändert sich weltweit –      von Treibhausgasen verringert          sung vorsorgen: Gesellschaft und
    und damit auch die Lebensbedin-       werden, allen voran durch die          Natur sollten durch bereits abseh-
    gungen der Menschen. Wenn es          Industrieländer.                       bare Änderungen so wenig wie
    nicht gelingt, den globalen Klima-                                           möglich beeinträchtigt werden.
    wandel zu dämpfen, rechnen Ex-        Doch der Klimawandel hat be-           Wichtig ist deshalb, deren Ver-
    perten mit weit reichenden Folgen     reits begonnen. Selbst wenn es ge-     wundbarkeit (siehe Glossar – Ver-
    für Umwelt, Gesellschaft und Wirt-    lingt, das 2-Grad-Ziel zu erreichen,   wundbarkeit) zu verringern und
    schaft. Deshalb verfolgt Deutsch-     wird vieles nicht mehr sein wie        sie dabei zu unterstützen, sich
    land gemeinsam mit den Mitglied-      vorher. Ökologische, soziale und       flexibel auf die neue Lage einstel-
    staaten der Europäischen Union        wirtschaftliche Folgen sind bereits    len zu können. Auch die Chancen,
    (EU) das Ziel, den Anstieg der glo-   heute in vielen Regionen spürbar       die sich für einige Bereiche durch
    balen Durchschnittstemperatur         und werden voraussichtlich in          den Klimawandel ergeben, dürfen
    zu begrenzen. Maximal zwei Grad       den kommenden Jahren weiter            nicht verspielt werden. So können
    Celsius gegenüber dem vorindus-       zunehmen.                              zum Beispiel im Tourismus, der
    triellen Temperaturniveau halten                                             Landwirtschaft und der Umwelt-
    Experten für akzeptabel, um die       Um die Schäden möglichst gering        technik neue Möglichkeiten ent-
    Folgen beherrschbar zu halten.        zu halten, müssen wir erstens den      stehen. Wer rechtzeitig und in an-
    Um das zu erreichen, muss welt-       Klimaschutz weiter voranbringen.       gemessener Weise handelt, etwa
    weit der klimaschädliche Ausstoß      Zweitens müssen wir durch Anpas-       durch vorausschauendes Planen

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und Bauen, verhindert nicht allein
vermeidbare Schäden. Er bewahrt
auch kommende Generationen da-
vor, einen ungleich größeren Auf-
wand treiben zu müssen, um das-
selbe Ergebnis zu erzielen.

Bei alledem ist eindeutig: Anpas-
sungsmaßnahmen können Klima-
schutz nicht ersetzen. Steigen die
Temperaturen im Treibhaus Erde,
steigen auch die Kosten für An-
passungsmaßnahmen. Umgekehrt
gilt aber auch: Gelangen weniger
schädliche Klimagase in die Atmo-
sphäre, hilft das, die Anpassungs-
kosten gering zu halten. Insofern
sind Klimaschutz und Anpas-
sung an den Klimawandel un-
trennbar miteinander verbun-
den: Sie sind zwei Seiten einer
Medaille und bilden die beiden
tragenden Säulen der deutschen
Klimapolitik.

Während es beim Klimaschutz
eine bezifferbare Zielgröße gibt –
nämlich die Menge der Treib-
hausgas-Emissionen, die gemin-
dert werden muss –, ist das Ziel
von Maßnahmen zur Anpassung             Das sind komplexe Anforderun-       gegeneinander abgewogen wer-
weniger leicht fassbar: hier gilt es,   gen, bei denen nicht nur eine       den. häufig wird der Ursprungs-
die Verwundbarkeit natürlicher,         Vielzahl von Akteuren und Ent-      plan dann umgeschrieben werden
gesellschaftlicher und ökonomi-         scheidungsebenen eine Rolle spie-   müssen. Aus diesem Grund ist es
scher Systeme zu verringern. Au-        len. Es gibt auch Wechselwirkun-    notwendig, dass alle Beteiligten
ßerdem soll deren Fähigkeit ge-         gen zwischen unterschiedlichen      wissen, was die anderen tun und
fördert werden, sich auf neue Ver-      Sektoren wie etwa der Land- und     welche Ziele sie verfolgen. Nur
hältnisse einzustellen.                 der Wasserwirtschaft, so dass der   dann können Konflikte erkannt
                                        Nutzen für einen Bereich zu uner-   und ausgeräumt werden. Gerade
                                        wünschten Nebenwirkungen an-        weil das Problem so vielschichtig
                                        derswo führen kann. Die Wech-       ist, ist es unbedingt notwendig,
                                        selwirkungen müssen daher nicht     strukturiert vorzugehen und für
                                        nur aufgedeckt, sondern auftre-     Transparenz zu sorgen.
                                        tende Vor- und Nachteile auch

KLIMASChUTZ UND ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL – DIE ZWEI SÄULEN DER DEUTSChEN KLIMAPoLITIK                       7
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Die Bundesregierung                   Die Bundesregierung                    diese Gefahren eintreten? Erkennt-
    weist den Weg                         im Dialog                              nisse und Informationen müssen
                                                                                 demzufolge verständlich aufbe-
    Einen solch strukturierten Pro-       Die Folgen des Klimawandels zu         reitet, gut zugänglich und gezielt
    zess will die Bundesregierung mit     bewältigen ist eine gesamtgesell-      abrufbar sein. Außerdem sollte
    der Deutschen Anpassungsstrate-       schaftliche Aufgabe, entsprechend      klar sein, welche Gegenmaßnah-
    gie (DAS) fördern. Mit ihrer Un-      liegt die Verantwortung auf vie-       men möglich sind und wer jeweils
    terschrift unter die Klimarahmen-     len Schultern. Die Deutsche An-        zuständig ist.
    konvention hatte sie sich 1992        passungsstrategie soll den Pro-
    auch verpflichtet, einen nationa-     zess strukturieren und aufzeigen,      Bei der Frage, wie sich das welt-
    len Anpassungsplan zu entwickeln      wo der Bund Schwerpunkte setzt.        weite Klima ändern wird, stützt
    und fortlaufend zu aktualisieren.     Auch die Bundesländer sind be-         sich die Bundesregierung derzeit
                                          reits in unterschiedlichen Berei-      auf die Vorhersagen, die der Welt-
    Die Bundesregierung versteht die      chen aktiv, in einigen Ländern         klimarat IPCC (Intergovernmental
    Deutsche Anpassungsstrategie          liegen schon handlungsleitlinien       Panel on Climate Change) 2007 in
    als Rahmen in einem mittelfristi-     vor (siehe „Informationen im In-       seinem vierten Sachstandsbericht
    gen Prozess, bei dem Bund, Län-       ternet“, Seite 70/71). Die Bundesre-   veröffentlicht hat. Wie es für ein-
    der, Kommunen und viele weitere       gierung schlägt mit der Deutschen      zelne Regionen aussehen wird, ist
    gesellschaftliche Akteure zusam-      Anpassungsstrategie vor, wie der       dagegen noch weitaus weniger
    mentragen, wo und wie gehandelt       Dialog gestaltet werden kann.          klar. Dennoch lassen sich inzwi-
    werden muss, um spätere Schäden                                              schen auch hier Trends beschrei-
    zu vermeiden. Darauf aufbauend                                               ben, weil unterschiedliche Model-
    sollen konkrete Maßnahmen ent-                                               lierungen zu ähnlichen Ergebnis-
                                          Weiterforschen und                     sen kommen.
    wickelt und umgesetzt werden.
                                          bereits handeln
    Andere europäische Staaten ge-                                               Der vorliegende Bericht zeigt in
    hen ähnlich vor, und auch die EU-     Wer planen und vorsorgen soll,         einer zusammenfassenden Be-
    Kommission hat für April 2009 ein     braucht umfassende Informatio-         standsaufnahme, welche Konse-
    Weißbuch zum Thema Anpassung          nen. Das gilt für Privatleute, Wis-    quenzen für Mensch, Wirtschaft
    angekündigt. Im Weißbuch sollen       senschaftler/innen, Unternehmer/       und Umwelt erwartet werden. Da-
    – aufbauend auf den Grundgedan-       innen, Verwaltungsmitarbeiter/         bei wird deutlich, dass noch er-
    ken des Grünbuchs der EU-Kom-         innen und Politiker/innen glei-        heblicher Forschungsbedarf be-
    mission vom Juni 2007 – Aufga-        chermaßen. Damit sie Anpassungs-       steht. Doch auch wenn heute die
    ben und handlungsmöglichkeiten        maßnahmen an den Klimawandel           Rechnung vielfach mit mehreren
    auf der Ebene der Europäischen        entwickeln können, sind sie auf        Unbekannten gemacht werden
    Union konkretisiert werden.           fundierte und fortlaufend aktuali-     muss, ist Abwarten keine option.
                                          sierte Forschungsergebnisse an-        Um vorzusorgen, müssen Anpas-
    Auf dem Weg der Anpassungsstra-       gewiesen: Welche Änderungen            sungsmaßnahmen jetzt angegan-
    tegie orientiert sich die Bundesre-   kommen auf bestimmte Regionen          gen werden. Wichtig dabei ist, sie
    gierung an den folgenden Grund-       zu, welche Gefahren drohen, und        so flexibel anzulegen, dass sie bei
    sätzen.                               wie wahrscheinlich ist es, dass        einer großen Spannbreite von Kli-

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DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg
mafolgen funktionieren und an            International Verant-                 ist der Einfluss auf die Wande-
spätere Erkenntnisse und Erforder-                                             rungs- oder Migrationspolitik un-
nisse angepasst werden können.
                                         wortung übernehmen                    mittelbar. Die Deutsche Anpas-
                                                                               sungsstrategie setzt sich auch mit
                                         In vielen Teilen der Welt wird
                                                                               diesen Fragen auseinander.
                                         sich der Klimawandel weit folgen-
Maßschneidern –                          schwerer auswirken als in Deutsch-
am besten vor Ort                        land. Gleichzeitig sind die Mög-
                                         lichkeiten, sich zu wappnen – ins-    Nachhaltigkeit und An-
Für manche Branchen und Regio-           besondere für die Menschen in         passung ergänzen sich
nen Deutschlands eröffnet der Kli-       Entwicklungsländern – viel gerin-
mawandel neue Chancen, andere            ger als bei uns. Deshalb ist Anpas-   Die Deutsche Anpassungsstrategie
werden vor schwierige herausfor-         sung ein zunehmend wichtiger As-      ist Teil der Nachhaltigkeitspolitik
derungen gestellt. Entsprechend          pekt der bilateralen und interna-     der Bundesregierung und darin
müssen auch die Anpassungsmaß-           tionalen Zusammenarbeit. Neben        eingebettet. Anpassung und Nach-
nahmen ganz unterschiedlich aus-         der weltweiten Reduzierung der        haltigkeit ergänzen sich inhaltlich.
fallen. oft wissen die Leute vor ort     Treibhausgas-Emissionen steht das     Besonders offensichtlich ist dies
am besten, was genau für ihren           Thema Anpassung bei den inter-        beim Thema „Klima und Energie“
Fall sinnvoll ist, während die Bun-      nationalen Klimaverhandlungen         – einem der vier Schwerpunkte
desebene hier vorwiegend unter-          inzwischen ganz oben auf der Pri-     im aktuellen Fortschrittsbericht
stützend und flankierend wirken          oritätenliste.                        der Bundesregierung zur Nationa-
kann. Deshalb setzt die Bundesre-                                              len Nachhaltigkeitsstrategie. Doch
gierung darauf, die Eigenverant-         Auch in der entwicklungs-, sicher-    auch für andere Politikfelder ist
wortung und die Anpassungskapa-          heits- und umweltpolitischen Zu-      die Deutsche Anpassungsstrategie
zitäten vor ort zu stärken.              sammenarbeit spielt der Anpas-        ein wichtiger Faktor. Dazu zählt
                                         sungsaspekt inzwischen eine zent-     der Erhalt der biologischen Viel-
                                         rale Rolle. Wenn mehr Menschen        falt oder die Förderung ländlicher
                                         aufgrund zunehmender Stürme           Räume, um nur zwei Beispiele zu
Mehrere Fliegen                          und Überschwemmungen oder             nennen.
mit einer Klappe                         aufgrund von häufigeren Dürren
                                         dauerhaft ihre heimat verlassen,
Anpassungsmaßnahmen sollten
kosteneffizient sein und ihr Auf-
wand in vernünftigem Verhältnis
zu den Risiken stehen, die sie absi-
chern. Außerdem sollten sie nicht
isoliert entwickelt werden, son-
dern möglichst gleichzeitig noch
weitere sinnvolle Ziele verfolgen.
Denn was dem einen nützt, kann
dem anderen schaden. Deshalb
müssen alle Maßnahmen stets im
Blick behalten, dass sie auch Aus-
wirkungen auf andere Lebens- und
Wirtschaftsbereiche haben kön-
nen. Bestenfalls lässt sich bei recht-
zeitigem Austausch eine Lösung
finden, die für alle gut oder zumin-
dest für niemanden schlecht ist.

KLIMASChUTZ UND ANPASSUNG AN DEN KLIMAWANDEL – DIE ZWEI SÄULEN DER DEUTSChEN KLIMAPoLITIK                             9
DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN - Die Deutsche Anpassungsstrategie - Stadt Regensburg
Der meNsCH BeeiNFLussT DAs KLimA
menschliche Einflüsse zurück. Vor                decken schrumpfen weltweit, der
     2.1 Bereits verändert:               allem seit 1950 zeigt die Trendkur-              Meeresspiegel stieg im 20. Jahr-
     das weltweite Klima                  ve steil nach oben. Auf der Nord-                hundert um durchschnittlich
                                          halbkugel lagen die Durchschnitts-               17 Zentimeter.
                                          temperaturen in der zweiten Jahr-
     In den vergangenen 100 Jahren ist    hunderthälfte sehr wahrscheinlich
     es auf der Erde wärmer geworden.     höher als während jedes anderen                  Das erwartet der
     Seit Anfang des 20. Jahrhunderts     50-Jahr-Zeitraums in den vergan-
     stieg die globale Jahresmitteltem-   genen 500 Jahren. Wahrscheinlich                 Weltklimarat
     peratur um 0,74 Grad Celsius (°C).   überstiegen sie sogar die Werte
     Der Weltklimarat, der auch unter     der letzten 1300 Jahre oder sogar                Entlässt die Menschheit weiter un-
     seiner englischen Abkürzung IPCC     eines noch längeren Zeitraumes.                  gebremst klimaschädliche Gase in
     bekannt ist, führt das mit „sehr     (Quelle: Intergovernmental Panel                 die Atmosphäre, erwarten Wissen-
     hoher Wahrscheinlichkeit“ – das      on Climate Change, IPCC 2007,                    schaftlerinnen und Wissenschaft-
     heißt mit einer Wahrscheinlich-      SPM WG I, S.10, dt. Fassung)                     ler einen Temperaturanstieg bis
     keit von mehr als 90 Prozent – auf   Gebirgsgletscher und Schnee-

                                          Entwicklung der Durchschnittstemperaturen 1850 - 2005 (Abbildung 1)
                                          so entwickelten sich weltweit die Durchschnittstemperaturen von 1850 bis 2005 (blaue
                                          Linie). Der lineare Trend seit 1850 (schwarze Linie), seit 1900 (gelbe Linie) und seit 1950
                                          (rote Linie) wird immer steiler. Die Trendkurve (polynomische Anpassung der Zeitreihe)
                                          zeigt den dramatischen Anstieg seit ende der siebziger Jahre (schwarze Kurve).
                                          Datenquellen: www.metoffice.gov.uk/hadobs sowie Deutscher Wetterdienst (DWD)

12                                            DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – die Deutsche Anpassungsstrategie
Auch die Stärke und die Vertei-
                                                                                     lung der Niederschläge werden
                                                                                     sich sehr wahrscheinlich ändern:
                                                                                     Während es in höheren Breiten
                                                                                     vermutlich feuchter wird, regnet
                                                                                     es in den meisten subtropischen
                                                                                     Landregionen weniger. Damit
zum Ende des Jahrhunderts um            schmilzt weiter, und einige Model-           würde sich ein Trend fortsetzen,
1,8 bis 4,0 Grad Celsius (°C) – eini-   le gehen davon aus, dass es in der           der bereits zu beobachten ist.
ge Experten halten sogar 6,4 Grad       zweiten hälfte unseres Jahrhun-
Celsius für möglich.                    derts während des Sommers fast               Darüber hinaus berechnen die Kli-
                                        ganz verschwindet. Unter ande-               mamodelle voraus, dass hitzewel-
Am wärmsten wird es vermutlich          rem dadurch könnte der Meeres-               len, lokale Starkniederschläge und
über dem Festland und in den            spiegel steigen – bis zum Jahr               Wirbelstürme häufiger und noch
Polarregionen. Das arktische Eis        2100 um 18 bis 59 Zentimeter.                heftiger werden könnten.

                                        Erwärmung der Erdoberfläche – szenarien (Abbildung 2)
                                        so stark erwärmt sich die erdoberfläche in den szenarien A2, A1B und B1 (siehe Glossar
                                        – sres-szenarien). Wären die Treibhausgas-emissionen auf dem Niveau des Jahres 2000
                                        eingefroren worden, wäre die orange Linie zu erwarten gewesen. Die grauen Balken rechts
                                        zeigen die wahrscheinliche Bandbreite des Temperaturanstiegs, wie sie die sechs sres-
                                        szenarien prognostizieren (ipCC 2007).

DER MENSCh BEEINFLUSST DAS KLIMA                                                                                                  13
2.2 Klimawandel                       wurde in Mecklenburg-Vorpom-                  wesentlich voller werden als frü-

     in Deutschland                        mern nur ein Plus von 0,4 Grad
                                           Celsius gemessen.
                                                                                         her, ist es im Juli und August
                                                                                         durchschnittlich trockener. Zwar
                                                                                         registrierten die Forscherinnen
     Seit 1901 ist die Durchschnittstem-   Zudem regnet es inzwischen mehr.              und Forscher in den Wintermona-
     peratur in Deutschland um knapp       Um etwa neun Prozent nahmen                   ten ebenfalls mehr Niederschläge
     0,9 Grad Celsius (°C) gestiegen.      die Niederschläge seit Anfang des             – doch das ist wegen der großen
     Von 1990 bis 1999 registrierten       20. Jahrhunderts zu, haben die Me-            Unterschiede von Jahr zu Jahr sta-
     die Meteorologen das wärmste          teorologinnen und Meteorologen                tistisch noch nicht eindeutig.
     Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts.       festgestellt. Besonders feucht war es         Bei alldem gibt es regional große
     Vor allem im Südwesten Deutsch-       in den vergangenen 15 Jahren – mit            Unterschiede. So nahm die Gesamt-
     lands zeigten die Thermometer         nur vier Ausnahmen.                           regenmenge vor allem in West-
     höhere Werte – im Saarland wa-                                                      deutschland in den letzten Jahren
     ren es durchschnittlich 1,2 Grad      Während heutzutage die Regen-                 zu, während sie sich in ostdeutsch-
     Celsius mehr im Jahr. Dagegen         tonnen im Frühjahr bis zum Juni               land kaum verändert hat. Aller-

                                           Entwicklung der Durchschnittstemperaturen 1961 - 1990 in °C (Abbildung 3)
                                           so entwickelte sich die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland (blaue Kurve), der
                                           lineare Trend (orange Linie) und die Trendkurve (gestrichelte rote Linie). Der mittelwert
                                           der Jahre 1961 bis 1990 gilt als referenzwert, um Abweichungen zu berechnen (rosa Linie).
                                           Quelle: DWD, 2007, www.dwd.de/presse

14                                             DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSChE ANPASSUNGSSTRATEGIE
dings regnet es dort im Winter
mehr – und im Sommer weniger.

In Deutschlands
Zukunft blicken
Und wie geht es weiter? Die glo-      werden auch Verfahren zur Re-                 res räumliches Gitter mit Abstän-
balen Klimamodelle sind zu grob-      gionalisierung eingesetzt. Einige             den von bisher minimal zehn Kilo-
maschig, um daraus genaue regio-      übertragen beobachtete Klima-                 metern. Für Deutschland werden
nale Vorhersagen abzuleiten. Min-     informationen von Klimastationen              heute die vier regionalen Klima-
destens 120 Kilometer breit ist die   in die Zukunft, andere verfeinern             modelle REMo, CLM, WETTREG
horizontale Gitterweite, manch-       die weltweiten Berechnungen                   und STAR (siehe Glossar – Regio-
mal betragen die Abstände sogar       mit hilfe von physikalisch-nume-              nales Klimamodell) genutzt.
mehr als 200 Kilometer. Deshalb       rischen Verfahren auf ein kleine-

                                      Erwärmung der Erdoberfläche in °C – szenarien (Abbildung 4)
                                      so ändert sich nach Berechnungen der regionalmodelle remO und WeTTreG die Jahres-
                                      mitteltemperatur in Deutschland in den szenarien A2, A1B und B1 (siehe Glossar – sres-
                                      szenarien) – verglichen mit dem mittelwert aus den Jahren 1961 bis 1990. Das Globalmodell
                                      eCHAm 5 liefert die eingangsdaten.

DER MENSCh BEEINFLUSST DAS KLIMA                                                                                                  15
Welchen Temperaturanstieg die                                       Jahren des Jahrhunderts könnten               derts in den Mittelgebirgsregio-
     zwei regionalen Klimamodelle                                        es dann sogar 1,5 bis 3,5 Grad                nen von Rheinland-Pfalz, hessen
     (REMo und WETTREG) für                                              mehr sein als im Referenzzeitraum             und im Nordosten Bayerns bis zu
     Deutschland erwarten, zeigt Ab-                                     1961 bis 1990.                                70 Prozent mehr Wasser vom him-
     bildung 4. Die Klimawissenschaft-                                                                                 mel kommen könnte.
     lerinnen und -wissenschaftler ha-                                   Besonders deutlich könnte sich
     ben dabei jeweils mit den gleichen                                  der Klimawandel bei den Nieder-               Die Vergleichsstudien von WETT-
     drei Emissionsszenarien des Welt-                                   schlägen bemerkbar machen. Ver-               REG und REMo nehmen an, dass
     klimarats gerechnet, so dass die                                    mutlich bleiben die Mengen zwar               das Thermometer künftig an drei-
     Ergebnisse vergleichbar sind. Der                                   aufs Jahr gerechnet einigermaßen              mal so vielen Tagen über 30 Grad
     Trend ist eindeutig: Es wird sehr                                   konstant. Doch im Sommer kann                 zeigen könnte wie zwischen 1961
     wahrscheinlich insbesondere im                                      es künftig bis zu 40 Prozent weni-            und 1990 (siehe www.umwelt-
     Winter wärmer. Um wie viel Grad                                     ger regnen. Davon besonders stark             bundesamt.de/klimaschutz/index.
     hängt vor allem davon ab, wie                                       betroffen könnte erneut der Süd-              htm). Außerdem erwarten die Ex-
     stark die Menschheit das Treib-                                     westen sein. Der Winter könnte                perten, dass Wolkenbrüche künf-
     haus Erde weiter anheizt. Die Ex-                                   dagegen – je nach Modell – null               tig noch mehr Regen bringen
     perten rechnen im Jahresdurch-                                      bis 40 Prozent mehr Niederschlag              könnten als heute. Bei Stürmen
     schnitt mit einem Plus von 0,5 bis                                  bringen. Das Modell WETTREG                   sind sie sich noch zu unsicher, um
     1,5 Grad Celsius für den Zeitraum                                   geht sogar davon aus, dass in den             klare Aussagen zu treffen.
     2021 und 2050. In den letzten 30                                    Wintern zum Ende dieses Jahrhun-

                                                                         Vergleich der Modellrechnungen: Jahresmitteltemperatur (Abbildung 5)
                                                                         so ändern sich laut den regionalen Klimamodellen remO, CLm, WeTTreG und sTAr die jähr-
                                                                         lichen Durchschnittstemperaturen, wenn die menschheit so viele Klimagase ausstößt wie
                                                                         im szenario A1B. Die oberen Bilder zeigen die Berechnungen für die periode 2021 bis 2050,
                                                                         die Bilder unten für den Zeitraum 2071 bis 2100. Der Nullpunkt errechnet sich wieder aus
                                                                         dem referenzzeitraum 1961 bis 1990.

              Modellvergleich: Jahresmitteltemperatur
                                                         für 2021/2050
                         änderung im Vergleich zu 1961/1990
              für 2071/2100   Emissionsszenario A1B

             Datenquelle: remO: mpi-m i.A. des umweltbundesamtes, 2006 / CLm: mpi-m/maD i.A. des BmBF, 2007 / WeTTreG:
             meteo research i.A. des umweltbundesamtes, 2006 / sTAr: piK potsdam, 2007

16                                                                           DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSChE ANPASSUNGSSTRATEGIE
Modellvergleich: Mittlere Niederschlagsmenge im sommer (Abbildung 6)
                                                                    S

         Modellvergleich: mittlere Niederschlagsmenge – sommer
                                                    für 2021/2050
                    änderung im Vergleich zu 1961/1990
         für 2071/2100   Emissionsszenario A1B

         Datenquelle: remO: mpi-m i.A. des umweltbundesamtes, 2006 / CLm: mpi-m/maD i.A. des BmBF, 2007 / WeTTreG:
         meteo research i.A. des umweltbundesamtes, 2006 / sTAr: piK potsdam, 2007

                                                                    Modellvergleich: Mittlere Niederschlagsmenge im Winter (Abbildung 7)

        Modellvergleich: mittlere Niederschlagsmenge – Winter
                                                    für 2021/2050
                    änderung im Vergleich zu 1961/1990
         für 2071/2100   Emissionsszenario A1B

         Datenquelle: remO: mpi-m i.A. des umweltbundesamtes, 2006 / CLm: mpi-m/maD i.A. des BmBF, 2007 / WeTTreG:
         meteo research i.A. des umweltbundesamtes, 2006 / sTAr: piK potsdam, 2007

DER MENSCh BEEINFLUSST DAS KLIMA                                                                                                           17
2.3 mit unsicherheiten                 Um mit diesen Unsicherheiten
                                            umzugehen und dabei handlungs-
                                                                                   Wie geht die Bundes-
     umgehen                                fähig zu bleiben, wurden Emissi-       regierung vor?
                                            onsszenarien vereinbart, die der
     „Prognosen sind schwierig, beson-      Weltklimarat definiert hat. Diese      Die Bundesregierung wird bei
     ders wenn sie die Zukunft betref-      Szenarien beschreiben mögliche         ihren Planungen und Entschei-
     fen“, soll schon der Schriftsteller    Entwicklungen der menschlichen         dungen die Spannbreiten und Un-
     Mark Twain gesagt haben. Wer           Gesellschaft und unserer Umwelt.       sicherheiten einkalkulieren und
     über die Zukunft spricht, hat stets    Sie bilden die Randbedingungen         sich nicht auf einzelne Modell-
     Unsicherheiten zu berücksichti-        für die Klimamodellierung. Doch        ergebnisse stützen. Eine Zusam-
     gen. Bei den globalen und regi-        klar ist: Die Modelle können immer     menschau von verschiedenen Mo-
     onalen Klimamodellen bedeutet          nur Annäherungen an die Wirk-          dellierungsergebnissen wird die
     das: Mehrere schwer abzuschät-         lichkeit sein, denn das echte Klima    Basis für Entscheidungen bieten.
     zende Faktoren könnten sich letzt-     ist weitaus komplizierter. Sämtliche   Der globale Wandel vollzieht sich
     endlich gegenseitig ausgleichen –      Faktoren des Systems „Klima“ abzu-     durch gesellschaftliche Än-de-
     oder auch aufaddieren.                 bilden ist unmöglich.                  rungen und den Klimawan-
                                                                                   del sehr rasch. Daher ist es künftig
     Wie viele Treibhausgase künftig        Je ferner man in die Zukunft blickt    nicht mehr sinnvoll, von der Ver-
     in die Atmosphäre gelangen wer-        und je kleiner der regionale Aus-      gangenheit auf die Zukunft zu
     den, hängt von vielen Einflüssen       schnitt ist, desto unsicherer wer-     schließen, wie es bisher ausreich-
     ab und ist insofern nicht vorher-      den die Prognosen. Dagegen er-         te. Wahrscheinliche und mögliche
     sagbar. hier spielt hinein, wie sich   höht sich die Wahrscheinlichkeit,      Entwicklungen müssen jetzt mit-
     Bevölkerung, Wirtschaft und Ener-      die Wirklichkeit zu treffen, wenn      bedacht werden. Die Bundesre-
     giepreise entwickeln, wie das Land     mehrere Modelle übereinander ge-       gierung wird Anpassung so anle-
     genutzt wird und inwieweit sich        legt werden können. In Deutsch-        gen, dass sie auch bei unterschied-
     Technologien für geringen Treib-       land gibt es immerhin vier Regi-       lichen Entwicklungen des Klimas
     hausgas-Ausstoß durchsetzen kön-       onalmodelle, mit denen jeweils         mit hoher Wahrscheinlichkeit ihr
     nen. Auch ist derzeit nicht sicher     drei Emissionsszenarien durchge-       Ziel erreicht.
     zu bestimmen, wie klimawirksam         rechnet wurden. Weitere Berech-
     verschiedene Treibhausgas-Emissi-      nungen werden folgen.
     onen tatsächlich sind.

18                                             DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSChE ANPASSUNGSSTRATEGIE
So sollte künftig geplant werden –
                                   zum Beispiel in der Wasserwirtschaft
                                   Zu bevorzugen sind Maßnahmen,       schließlich sind synergien anzu-
                                   die flexibel sind und bei denen     streben – also zu nutzen, dass un-
                                   nachgesteuert werden kann. so       terschiedliche faktoren zusam-
                                   sollte der technische hochwasser-   menwirken und eine Maßnahme
                                   schutz – zum beispiel durch Dei-    in unterschiedlichen bereichen
                                   che – durch hochwasservorsorge      eine gewünschte Wirkung bringt.
                                   ergänzt werden. Dazu gehört, in     Dem Wasser mehr raum zu ge-
                                   überschwemmungsgefährdeten          ben, indem flächen von bebauung
                                   bereichen hochwasserangepasst       oder Versiegelung freigehalten
                                   zu bauen, regenwasser zu versi-     werden, fördert beispielsweise die
                                   ckern und hochwasser-Warnsys-       Grundwasserneubildung. Zugleich
                                   teme einzurichten.                  trägt dies aber auch dazu bei, dass
                                                                       ein hochwasser nicht noch zusätz-
                                   außerdem sollte gefördert wer-      lich durch den direkten abfluss
                                   den, was extremereignisse wie       von versiegelten flächen genährt
                                   hoch- und niedrigwasser abmil-      wird oder dass keine zusätzlichen
                                   dert. Dies ist möglich, wenn alte   Werte wie häuser oder unterneh-
                                   flussarme wieder angeschlossen      men in Überschwemmungsgebie-
                                   oder Deiche rückverlegt werden.     ten angesiedelt werden.

                                                                                     Donau mit altem Flussarm

Der Mensch beeinflusst Das KliMa                                                                                19
Die FOLGeN Des KLimAWANDeLs –
     WAs KANN GeTAN WerDeN?

20
21
Der Klimawandel zeigt sich                                                  bedingt zu berücksichtigen. Die
        in vielfältiger Form                                                        Auswirkungen des Klimawandels
                                                                                    müssen gesamtheitlich betrachtet
        ˘ Manche Veränderungen durch den Klimawandel entwickeln                     und Lösungen ebenso erarbeitet
        sich stetig und sind daher überwiegend mittelfristig spürbar: Bäu-          werden. Orientierungspunkt sollte
        me blühen zeitiger im Jahr, und Vögel brüten früher. In vielen Re-          dabei stets die Nachhaltigkeit sein,
        gionen müssen die Menschen im Winter bereits weniger heizen.                das heißt solche Lösungen zu fin-
                                                                                    den, die gleichzeitig für Natur, Ge-
        ˘ Starkregen, Stürme und Sturmfluten, extreme Hitze- und lange              sellschaft und Wirtschaft zukunfts-
        Trockenperioden werden voraussichtlich häufiger und extremer                fähig sind.
        auftreten als früher und können zu mehr Hoch- oder Niedrig-
        wasser, Waldbränden und Hitzestress führen.

        ˘ Schließlich ist mit einer zunehmenden Klimavariabilität (sie-
                                                                                    3.1 Auswirkungen auf
        he Glossar – Klimavariabilität) zu rechnen. Das bedeutet, dass die          Natur und Gesellschaft
        zeitlichen und räumlichen Schwankungen des Klimas zunehmen.
        Auch das kann kurzfristig enorme Schäden verursachen, wenn                  Der Klimawandel kann vielfältige
        Dürren beispielsweise in so kurzen Abständen auftreten, dass sie            Auswirkungen haben. Bisher kön-
        Land- und Forstwirtschaft überfordern.                                      nen diese Folgen oft nur qualita-
                                                                                    tiv – also nicht mit messbaren Da-
                                                                                    ten – beschrieben oder aber durch
                                                                                    Modellannahmen vorhergesagt
                                                                                    werden. Um Veränderungen nach-
     Die Folgen des Klimawandels sind       von anderen langfristigen Verän-        zuweisen, ist deshalb ein auf Dau-
     regional sehr unterschiedlich und      derungen, zum Beispiel der Be-          er angelegtes Klimafolgen-Monito-
     können sich negativ, aber durch-       völkerungsentwicklung oder der          ring notwendig. Ob Anpassungs-
     aus auch positiv auswirken. An-        Siedlungsstruktur. Da sich solche       maßnahmen erfolgreich sind, lässt
     haltende Trockenperioden bedro-        Faktoren auch wechselseitig be-         sich ebenfalls nur durch zuverläs-
     hen einerseits Ernten, andererseits    einflussen, gilt es, dies in den ver-   sige Datenreihen kontrollieren.
     gedeihen aufgrund neuer klimati-       schiedenen Politikbereichen un-
     scher Bedingungen jetzt auch Sor-
     ten, für die es vorher zu nass oder
     zu kalt war. An der deutschen
     Nord- und Ostseeküste wird mit
     durchschnittlich höheren Tempe-
     raturen gerechnet, und die Touris-
     musbranche geht von einer länge-
     ren Saison aus. Gleichzeitig ist die
     Wintersaison in den Alpen durch
     Schneemangel gefährdet, andere
     Arten des Tourismus geraten hier
     in den Blickpunkt.

     Wie sich Wirtschaft, Gesellschaft
     und Umwelt entwickeln, hängt
     allerdings nicht allein vom Kli-
     mawandel ab, sondern ebenso

22                                             DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSCHE ANPASSUNGSSTRATEGIE
Bundesländer haben ein Biomonitoring-
                                        System entwickelt
                                        Unter der Federführung von Schleswig-Holstein, Baden-Württem-
                                        berg und Hessen haben die Bundesländer ein Klima-Biomonito-
                                        ring-System entwickelt. Es soll zum einen helfen, dass Frühwarn-
                                        signale wahrgenommen werden. Zum anderen können Verbän-
                                        de oder andere Interessierte Datensammlungen und Auswertun-
                                        gen nutzen, um damit anschließend weiterzuarbeiten.
Unsere Gesundheit
                                        Das Konzept wurde im Jahr 2006 mit allen Bundesländern, dem
Durch den Klimawandel können            Umweltbundesamt, dem Bundesamt für Naturschutz und dem
möglicherweise sowohl Infektio-         Deutschen Wetterdienst abgestimmt. Die erprobten und abgesi-
nen als auch nicht übertragbare         cherten Beobachtungsmethoden sind eine solide und gut geeig-
Krankheiten wie Herz-Kreislauf-         nete Grundlage für die Praxis. In mehreren Bundesländern lau-
Erkrankungen und Allergien zu-          fen bereits konkrete Projekte.
nehmen. Darüber hinaus ist zu
befürchten, dass mehr Menschen
verletzt werden, wenn extreme        Wärmeres Klima kann auch dazu         starben allein in Deutschland rund
Wetterereignisse – wie Stürme und    führen, dass sich zum Beispiel die    7.000 Menschen an Herzinfarkt,
Hochwasser – häufiger auftreten.     „asiatische Tigermücke“ bei uns       Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nie-
                                     etabliert – sie überträgt unter an-   renversagen, Atemwegsproblemen
                                     derem das Dengue-Fieber. Auch         und Stoffwechselstörungen als Fol-
Infektionen breiten                  der durch Sandmücken übertrage-       ge der hitzebedingten Belastungen.
sich aus                             ne Krankheitserreger der Leishma-
                                     niose wurde bereits nachgewiesen.     An der Ostseeküste und in Binnen-
In einem milden Klima können                                               seen fördern milde Temperaturen,
sich nicht nur bereits vorhandene                                          verknüpft mit Nährstoffanreiche-
Krankheitserreger besser ausbrei-    Extremwetter und nicht                rungen, die Blüte giftiger Blaual-
ten. Auch bisher in Deutschland      übertragbare Krankheiten              gen. Durch den Kontakt mit den
nicht heimische Erreger könnten                                            Blaualgen können nicht nur Haut-,
sich hier neu ansiedeln. Bei stei-   Starkniederschläge, Hochwasser,       Magen- und Darmirritationen,
genden Temperaturen verderben        Stürme, Lawinen und Erdrutsche        sondern unter Umständen sogar
Lebensmittel außerdem schneller      können Menschen verletzen oder        schwere Gesundheitsschäden an
und führen so häufiger zu Magen-     sogar töten. Im Hitzesommer 2003      der Leber auftreten.
Darm-Infektionen – etwa durch
Salmonellen.

Bereits vorhandene Krankheitser-
reger, die sich möglicherweise in
einem milderen Klima besser aus-
breiten, sind Hantaviren, die von
Nagetieren, oft durch Rötelmäu-
se, übertragen werden. Eine An-
steckung beispielsweise über die
Ausscheidungen der Tiere kann
zu Fieber bis hin zu Nierenversa-
gen führen. Ein anderes Beispiel
sind Borrelien oder Frühsommer-
Meningo-Enzephalitis-Viren (FSME-
Viren), deren Überträger Zecken
sind. Diese finden bei wärmeren
Jahrestemperaturen günstigere Le-
bensbedingungen vor.

DIE FOLGEN DES KLIMAWANDELS – WAS KANN GETAN WERDEN?                                                            23
Weiterhin möglich wäre als Folge       aufgrund einer verstärkten Son-      nur die bestehenden Überwa-
     des Klimawandels ein weiterer An-      neneinstrahlung erhöhen. Nicht       chungssysteme anzupassen, son-
     stieg allergischer Erkrankungen,       zuletzt beeinträchtigen auch ne-     dern es geht auch darum zu ver-
     insbesondere aufgrund einer ver-       gative Veränderungen von Erho-       stehen, wie sich klimasensitive
     änderten Verteilung von Pollen.        lungsräumen und des Stadtklimas      Krankheitserreger oder deren
     Das Bundesministerium für Ernäh-       das Wohlbefinden. Inwieweit aller-   Überträger bei uns verhalten und
     rung, Landwirtschaft und Verbrau-      dings die Erwärmung der Atmo-        ausbreiten. Darauf aufbauend
     cherschutz hat 2007 einen Akti-        sphäre tatsächlich einen Einfluss    müssen die Expertinnen und Ex-
     onsplan gegen Allergien gestartet,     auf nicht übertragbare Krankhei-     perten überlegen, wie sie solche
     um den Alltag von Allergikerinnen      ten in Deutschland hat oder in Zu-   Infektionen besser erkennen kön-
     und Allergikern zu erleichtern.        kunft haben wird, ist zum jetzigen   nen, wie sie infizierte Menschen
     hier ist allen voran das vom Julius-   Zeitpunkt noch unbekannt.            am besten behandeln und ob sich
     Kühn-Institut (JKI) koordinierte                                            möglicherweise Impfstoffe entwi-
     Programm Ambrosia zu nennen                                                 ckeln lassen.
     (siehe www.jki.bund.de/ambrosia).      Vorsorge braucht
                                            Information                          Bei den nicht übertragbaren Krank-
     Es ist auch mit einem verstärkten                                           heiten ist zu beachten, dass sie in
     Auftreten von Atembeschwerden          Um Gefahren durch eingeschlepp-      der Regel nicht allein den Folgen
     zu rechnen, die durch bodenna-         te Krankheitserreger in den Griff    des Klimawandels zugeschrieben
     hes ozon während sommerlicher          zu bekommen, müssen Fachbehör-       werden dürfen. Auch der persön-
     hochdruck-Wetterlagen begüns-          den und Forschungsinstitutionen      liche Lebensstil und das eigene
     tigt werden. Darüber hinaus könn-      zusammenarbeiten und gemein-         Gesundheitsverhalten wie Ernäh-
     te sich das Risiko für hautkrebs       sam vorsorgen. Dabei sind nicht      rungs- und Bewegungsgewohnhei-
                                                                                 ten, Tabak- und Alkoholkonsum
                                                                                 oder die Lärmbelastung im Wohn-
                                                                                 gebiet beeinflussen die individuel-
                                                                                 le Gesundheit. Um die negativen
                                                                                 Auswirkungen des Klimawandels
                                                                                 auf die menschliche Gesundheit
                                                                                 abschätzen und wirksame Maß-
                                                                                 nahmen ergreifen zu können, gilt
                                                                                 es daher, gezielt Daten zu erheben
                                                                                 und diese auszuwerten sowie die
                                                                                 wichtigen Ergebnisse an Fachleu-
                                                                                 te und die Öffentlichkeit zu ver-
                                                                                 mitteln.

                                                                                 Bund und Länder sollten darüber
                                                                                 hinaus sowohl die Bevölkerung
                                                                                 allgemein sowie einzelne Risiko-
                                                                                 gruppen – wie Kinder und Ältere
                                                                                 – als auch Multiplikatoren wie das
                                                                                 medizinische Personal, Pflegekräf-
                                                                                 te und die Beschäftigten im Kata-
                                                                                 strophenschutz über grundsätz-

                                                                                 Vorsorgeuntersuchung gegen Hautkrebs

24                                             DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSChE ANPASSUNGSSTRATEGIE
liche Vorsorgemöglichkeiten ge-       Menschen zu Schaden kommen.          wie „Kälteinseln“. Deshalb sollten
genüber Folgen des Klimawandels       Der Deutsche Wetterdienst (DWD)      Kommunen darauf verzichten, Frei-
informieren. Zum Beispiel sollte      informiert die Länder und bei Be-    flächen durch neue Straßen, Park-
verstärkt darüber aufgeklärt wer-     darf auch die Landkreise über be-    plätze und häuser zu versiegeln.
den, wie hitzeschäden am besten       vorstehende hitzeperioden oder
zu vermeiden sind. Das Robert-        drohenden Starkregen. Damit die      Darüber hinaus müssen insbeson-
Koch-Institut beschäftigt sich im     Nachrichten rechtzeitig in Kran-     dere Krankenhäuser sowie Pflege-
Auftrag des Bundes mit diesen Fra-    kenhäusern, Kindertagesstätten und   und Seniorenheime dafür sorgen,
gen. Darüber hinaus werden die        beim Katastrophenschutz ankom-       dass ihre Gebäude ausreichend
Auswirkungen des Klimawandels         men, muss der Informationsfluss      gegen Kälte und hitze gedämmt
im Aktionsprogramm Umwelt und         noch weiter verbessert werden.       sind und sie über klimafreund-
Gesundheit (APUG) aufgegriffen.                                            liche – also möglichst passive –
Dieses Aktionsprogramm wird von                                            Kühlmöglichkeiten verfügen.
den drei Bundesministerien getra-     Gesundheit braucht
gen, die für Umwelt, Gesundheit       eine gute Umgebung
und Verbraucherschutz zuständig
sind (www.apug.de). Insbesondere      Architektur sowie Stadt- und Land-
die Information der Öffentlichkeit    schaftsplanung haben einen gro-
und eine verbesserte Zusammen-        ßen Einfluss darauf, ob sich die
arbeit der zuständigen Stellen sind   Wärme – vor allem in bebauten
zentrale Zielsetzungen des Pro-       Gebieten – staut. Um hitzestress
gramms.                               zu verhindern, sollten insbesonde-
                                      re in Ballungszentren offene, un-
Gut funktionierende Frühwarn-         verbaute Frischluftkorridore exis-
systeme mindern die Risiken, dass     tieren. Auch Grünanlagen wirken

DIE FoLGEN DES KLIMAWANDELS – WAS KANN GETAN WERDEN?                                                            25
Niedrigenergiehaus in Nordrhein-Westfalen

     S

26                                               DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSChE ANPASSUNGSSTRATEGIE
Wasserhaushalt,
Küsten- und
Meeresschutz
Der Wasserhaushalt in Deutsch-
land könnte künftig auf vielfälti-
ge Weise vom Klimawandel be-
troffen sein: Es ist mittelfristig mit
Veränderungen bei den Wasser-
mengen und der Gewässergüte zu
rechnen. Veränderte Regen- und
Schneemengen übers Jahr führen           Deichbau an der Elbe
zu veränderten Grundwasserstän-
den und veränderten Abflussmen-
gen. Ändert sich der Wasserstand
in den Flüssen und Bächen, beein-        Folgen für den Wasserhaushalt
flusst das außerdem die Wasser-          ˘ Häufigere und heftigere Starkniederschläge werden erwar-
qualität – was wiederum wegen            tet. Das Hochwasserrisiko steigt damit voraussichtlich. Und wenn
der Fische und anderer Lebewe-           es künftig weniger schneit, fließen die winterlichen Niederschläge
sen wie auch hinsichtlich der Auf-       rascher ab. Auch Sturmfluten könnten zunehmen.
bereitung von Trinkwasser zu be-
achten ist. Hinzu kommt ein wahr-        ˘ Aufgrund der prognostizierten zunehmenden, meist sommer-
scheinlich steigendes Risiko durch       lichen Trockenheiten könnten Flüsse und Bäche häufiger wenig
Extremereignisse wie Hochwas-            Wasser führen. Frühere Schneeschmelzen in den Alpen verrin-
ser, Sturmfluten oder Dürren. Und        gern in Rhein und Donau den Ausgleich der Niedrigwasserzeiten
schließlich könnten sich dadurch         während der Sommermonate. Neben ökologischen Schäden sind
die bereits bestehenden regiona-         auch Probleme für die Kühlwasserversorgung und die Schifffahrt
len Unterschiede, wie viel Wasser        zu erwarten.
zur Verfügung steht, verstärken.
                                         ˘ Die Wasserqualität von Grund- und Oberflächenwasser ist be-
Das Zusammenspiel der Gewässer-          droht. Starkregen und Hochwasser können Pestizide, Dünger, In-
nutzungen ist komplex. Folglich          dustriechemikalien und Krankheitserreger aus Kanalisationen in
sind auch die Erfordernisse viel-        Gewässer schwemmen.
fältig, wie sich Wasserwirtschaft,
Hochwasser- und Küstenschutz an          ˘ Wenn sich die Flüsse und Seen erwärmen, sinkt ihr Sauerstoff-
den Klimawandel anpassen müs-            gehalt. Für darin lebende Tiere und Pflanzen bedeutet dies Stress
sen. Für den Vollzug zuständig           – zusätzlich zum ohnehin schon niedrigen Wasserstand. Außer-
sind für alle diese Bereiche die         dem lösen sich bei höheren Temperaturen leichter Schadstoffe,
Bundesländer.                            die vorher an Sedimente gebunden waren.

                                         ˘ Es ist nicht auszuschließen, dass es zeitlich und regional be-
                                         grenzt zu Engpässen bei der Trinkwasserversorgung kommt.
                                         Auch ein höherer Aufwand bei der Aufbereitung ist einzukalkulieren.

DIE FOLGEN DES KLIMAWANDELS – WAS KANN GETAN WERDEN?                                                           27
Flussgebiete                           sprechende Maßnahmenprogram-         lichst gut umzusetzen. Ferner ko-
     bewirtschaften                         me zu entscheiden hat, sollte auf-   ordiniert der Bund die deutsche
                                            grund der bestehenden Unsicher-      Position in den internationalen
     Die europäische Wasserrahmen-          heiten diejenigen Alternativen       Flussgebieten, an denen Deutsch-
     richtlinie hat zum Ziel, den guten     wählen, die bei unterschiedlichen    land Flächenanteile besitzt – Do-
     Zustand aller Gewässer zu errei-       Klimafolgen gut und sicher funk-     nau, Rhein, oder, Ems, Elbe, Maas
     chen. Dazu ist eine integrierte Be-    tionieren und die die natürliche     und Mosel. Der Bund unterstützt
     wirtschaftung von Flussgebieten        Anpassungsfähigkeit der Gewäs-       zudem die Länder durch die Ge-
     festgelegt, die sowohl den Schutz      ser erhalten oder stärken. Dazu      meinschaftsaufgabe „Verbesse-
     als auch die Nutzungen der Ge-         gehört zum Beispiel, Auen zu re-     rung der Agrarstruktur und des
     wässer einbezieht – auch über          naturieren oder Rückhalteflächen     Küstenschutzes“ (GAK), damit
     Staatsgrenzen hinweg. ob die be-       für hochwasser auszuweisen. Ein      sie Maßnahmen im Binnenland
     reits bestehenden Monitoring-Pro-      wichtiger Schritt in Richtung An-    und an der Küste umsetzen kön-
     gramme der Wasserrahmenrichtli-        passung soll mit dem neuen Was-      nen. Darüber hinaus fördert der
     nie ausreichen, die Auswirkungen       serhaushaltsgesetz gemacht wer-      Bund Küstenschutzmaßnahmen,
     des Klimawandels auf die Gewäs-        den. In dem Gesetz soll festgelegt   die durch den Klimawandel not-
     ser zu erfassen, muss noch geprüft     werden, dass eine Mindestwasser-     wendig werden, im Zeitraum von
     werden. Die ebenfalls europäische      führung in Flüssen und Bächen        2009 bis 2025 mit zusätzlichen
     hochwasserrisiko-Managementricht-      gewährleistet werden muss. Das       380 Millionen Euro.
     linie hat zum Ziel, die Risiken, die   könnte auch dazu führen, dass die
     durch Überflutungen und hochwas-       Entnahme von Wasser zeitweise
     ser entstehen können, zu verringern    eingeschränkt wäre.                  Infrastruktur anpassen
     und Schäden zu mindern.
                                            Der Bund unterstützt Forschungs-     Wie angemessene Kanalsysteme,
     Wer in den Flussgebieten über          vorhaben, um die Wasserrahmen-       Wasserspeicher und Anlagen zur
     Bewirtschaftungspläne, hochwas-        richtlinie und die hochwasser-       Trinkwasseraufbereitung künftig
     sermanagementpläne und ent-            risiko-Managementrichtlinie mög-     aussehen, hängt von vielen Fakto-
                                                                                 ren ab. Neben dem Klimawandel
                                                                                 ist auch zu beachten, wie sich die
                                                                                 Bevölkerung entwickelt oder wie
                                                                                 künftig die Landflächen genutzt
                                                                                 werden. Ziel muss es sein, zu ver-
                                                                                 meiden, dass in Trockenzeiten
                                                                                 Versorgungsengpässe auftreten,
                                                                                 das Wasser verkeimt oder Misch-
                                                                                 kanalisationen, die häusliche Ab-
                                                                                 wässer und Abfluss von versiegel-
                                                                                 ten Flächen abführen, bei Starkre-
                                                                                 gen überlaufen. Um das zu verhin-
                                                                                 dern, sieht der Entwurf des neu-
                                                                                 en Wasserhaushaltsgesetzes vor,
                                                                                 dass Niederschlagswasser künftig
                                                                                 ortsnah versickert, verrieselt oder
                                                                                 über eine Kanalisation ohne Ver-
                                                                                 mischung mit Schmutzwasser in
                                                                                 ein Gewässer eingeleitet wird.
                                                                                 Talsperren und Rückhaltebecken

28                                             DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSChE ANPASSUNGSSTRATEGIE
Küstenschutz auf der insel sylt

speichern nicht nur Trinkwasser,
sondern erzeugen oft auch Strom.
Außerdem lassen sich mit ihnen
die Wasserstände talabwärts regu-
lieren, so dass Niedrig- und hoch-
wassersituationen ausgeglichen
werden können. Damit auch in
Zeiten des Klimawandels all das
möglich bleibt, müssen Talsperren
entsprechend zeitlicher und räum-
licher Anforderungen betrieben
werden.

Wasser effizient nutzen

Insgesamt wird es in Deutschland
auch künftig genug Wasser geben.       gen können. Die Bundesregierung       Auch hier greifen europäische und
Allerdings kann es in manchen Ge-      kann die unterschiedlichen Akteu-     nationale Aktivitäten ineinander:
genden vorkommen, dass es eine         re und die Bevölkerung allgemein      Im Juli 2008 trat die europäische
Weile lang zu wenig Grundwasser        informieren. Im besten Fall aber      Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie
oder oberflächenwasser gibt, um        stellen die Gemeinden und Städte      in Kraft. Deutschland hat im okto-
gleichzeitig alle Nutzer zufrieden     vor ort fest, wo es konkrete Gefah-   ber 2008 die Europäische Meeres-
zu stellen. In diesen Fällen kann es   renstellen gibt. Und sie informie-    schutzstrategie durch eine Natio-
sinnvoll sein, die Nachfrage bes-      ren Bürgerinnen, Bürger und Be-       nale Strategie für die nachhaltige
ser zu koordinieren. Grundsätzlich     triebe darüber, was sie beitragen     Nutzung und den Schutz der Mee-
sollten Unternehmen und Kraft-         können, um diese Gefahren vor-        re konkretisiert. Zentrales Anlie-
werke für ihre Produktion oder die     sorglich zu entschärfen, und was      gen dabei ist, alle Politikbereiche
Kühlung prüfen, ob Techniken ver-      sie bei Starkregen am besten tun      einzubeziehen, die in irgendeiner
wendet können, die Wasser effizi-      sollten. Darüber hinaus können        Form die biologische Vielfalt im
ent verwenden, oder ob beispiels-      Satzungen vorschreiben, Rückstau-     Meer beeinträchtigen.
weise Regenwasser für Produkti-        klappen für Gebäudeanschlüsse
onsabschnitte in der Industrie ge-     einzubauen. Auch kann es erfor-       Darüber hinaus arbeitet Deutsch-
nutzt werden kann. Auch in der         derlich sein, die Kanalisation um-    land im Rahmen der internationa-
Landwirtschaft existieren längst       zubauen, um Überflutungen zu          len Zusammenarbeit zum Schutz
Methoden für eine verlustarme Be-      verhindern.                           von Nordostatlantik (oSPAR) und
wässerung. Außerdem kann gerei-                                              ostsee (hELCoM) seit Jahren da-
nigtes und mikrobiologisch ein-                                              ran, dem Klimawandel in der Mee-
wandfreies Abwasser auf Felder ge-     Meere weltweit schützen               resschutzpolitik Rechnung zu tra-
bracht werden.                                                               gen. Die Bundesregierung drängt
                                       Das Treibhausgas Kohlendioxid in      darauf, gut geführte und ausrei-
                                       der Atmosphäre ist ein Grund da-      chend große Schutzgebiete einzu-
Vorsorge gegen Hoch-                   für, dass die Meere wärmer wer-       richten. Weil Tiere und Pflanzen
wasser unterstützen                    den, versauern und der Meeres-        dort vor beeinträchtigenden Akti-
                                       spiegel ansteigt. hierdurch wer-      vitäten geschützt werden, können
Starkregen lässt sich weder verhin-    den Ökosysteme verändert und          sie dort besser überleben, obwohl
dern noch lässt sich die genaue        viele Arten beeinträchtigt. Alle      die Auswirkungen des Klimawan-
Zeit oder der exakte ort vorhersa-     Maßnahmen, die den Treibhaus-         dels hier ansonsten genauso hoch
gen, wann und wo der Starkregen        gasausstoß reduzieren, dienen da-     sind. Bund und Länder haben im
niederprasselt. oft bleibt ein Stra-   mit auch dem Meeresschutz. Sie        Rahmen von hELCoM und oSPAR
ßenzug weiter entfernt vollkom-        sind auch deshalb besonders not-      bereits mehrere Regionen be-
men trocken. Deshalb ist es wich-      wendig, weil die Meeres-Ökosyste-     nannt, die zum Netzwerk gut ge-
tig, im Vorfeld zu klären, wie sich    me insbesondere durch Fischerei       führter Meeresschutzgebiete ge-
die Leute im Fall von kurzfristi-      und Stoffeinträge ohnehin schon       hören werden, so wie es auf dem
gen Überschwemmungen am bes-           stark belastet sind.                  Weltnachhaltigkeitsgipfel in Jo-
ten verhalten und wie sie vorsor-                                            hannesburg 2002 beschlossen wur-
                                                                             de. Bis 2010 sollen diese Rückzugs-
                                                                             gebiete eingerichtet sein.

DIE FoLGEN DES KLIMAWANDELS – WAS KANN GETAN WERDEN?                                                                  29
Boden
     Den Boden beobachten                                               Wie sich Böden entwickeln und
                                                                        was dort wächst, hängt sehr stark
     Wer Veränderungen des Bodens feststellen will, muss regelmäßig     vom Klima ab. Mit dem Klimawan-
     messen. Jahrzehntelange Datenreihen sind notwendig, um Klima-      del können Starkregen zunehmen,
     folgen zu dokumentieren. Auch für die Erfolgskontrolle braucht     die Temperatur steigt an. Und fe-
     man ein solches Monitoring.                                        gen starke Stürme übers Land, be-
                                                                        einflusst das nicht nur den Nähr-
     Die Qualität von Böden wird schon seit längerem ermittelt – etwa   stoff- und Wasserkreislauf, son-
     durch die „Bodenzustandserhebung Wald“ (BZE II) oder die Bo-       dern auch die Millionen von Mik-
     denschätzung. Deren Untersuchungsergebnisse liefern eine wich-     roorganismen, die sich in jedem
     tige Informationsgrundlage, wenn es zu erforschen gilt, wie sich   streichholzschachtelgroßen Stück
     ein bestimmtes Klima auf den Boden auswirkt und welche Anpas-      Erde befinden – und damit Hu-
     sungsmaßnahmen sinnvoll sind. Allerdings sind die unterschiedli-   musbildung, Kohlenstoffbindung
     chen Monitoring-Systeme bisher noch wenig vernetzt und die Da-     und Erosion. Wird das Land und
     ten nicht immer vergleichbar. Bund und Länder sollten gemein-      der Boden standortangepasst ge-
     sam dafür sorgen, dass sich das ändert.                            nutzt, kann das negative Effekte
                                                                        durch den Klimawandel begren-
     Darüber gilt es gezielt weiterzuforschen. Um regional passgenaue   zen. Das Bundesministerium für
     Lösungen zu ermöglichen, muss die Wissenschaft prozessorien-       Bildung und Forschung hat daher
     tierte Modelle entwickeln, die aufdecken, wie das Zusammenspiel    einen neuen Förderschwerpunkt
     von Klimaveränderungen, Landnutzung und Boden aussieht (sie-       „Nachhaltiges Landmanagement“
     he unter „Das Land nachhaltig nutzen“, Seite 54).                  eingerichtet.

                                                                        Land-, Forst- und Wasserwirtschaft,
                                                                        Naturschutz und Raumplanung
                                                                        beeinflussen stark, wie der Boden
                                                                        genutzt wird und wie er dadurch
                                                                        beschaffen ist. Um angemessene
                                                                        Anpassungsmaßnahmen an den
                                                                        Klimawandel zu entwickeln, wer-
                                                                        den geeignete Daten benötigt.

                                                                        Damit sich verschiedene Nutzer
                                                                        nicht in die Quere kommen, disku-
                                                                        tieren Bund und Länder Schutzzie-
                                                                        le und Anpassungsstrategien und
                                                                        schließen sowohl Vertreterinnen
                                                                        und Vertreter der Land-, Forst- und
                                                                        Wasserwirtschaft als auch des Na-
                                                                        turschutzes sowie der Atmosphä-
                                                                        ren- und Klimaforschung in ihre
                                                                        Arbeiten ein. So sollen bestmögli-
                                                                        che Lösungen, die alle Belange an-
                                                                        gemessen berücksichtigen, entwi-
                                                                        ckelt werden.

30                                        DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSCHE ANPASSUNGSSTRATEGIE
Biologische Vielfalt                    Menschen eingeschleppte Arten         wachsende Rohstoffe und der Bau
                                        ausbreiten.                           von Verkehrswegen konkurrieren
Der Klimawandel hat die biologi-                                              mit Naturschutzräumen um knap-
sche Vielfalt (siehe Glossar – Biolo-   Negative Folgen sind besonders        pe Flächen. hier wird es darauf
gische Vielfalt) oder Biodiversität     für viele Pflanzen und Tiere der      ankommen, dass die Bundesregie-
in den letzten Jahren bereits verän-    Gebirgs- und Küstenregionen zu        rung, aber auch staatliche Akteure
dert: Sardinen leben in der Nord-       erwarten: Wer bereits oben lebt,      wie Länder und Kommunen sowie
see, Vogel- und Fischschwärme           kann nicht in noch höhere Lagen       nichtstaatliche Akteure die Ziele
verschieben ihre Reisezeiten und        ausweichen. Dauerhafte Überflu-       der Nationalen Strategie zur biolo-
-ziele. Manche Arten breiten sich       tung und Erosion gefährden das        gischen Vielfalt sowie des Bundes-
aus, andere werden seltener oder        Wattenmeer. Und auch für Arten,       naturschutzgesetzes konsequent
verschwinden – was wieder Folgen        die sich auf Feuchtgebiete oder       verfolgen. Darüber hinaus sorgen
hat für andere. Kurzum: Die vielfäl-    kleinräumige Sonderstandorte spe-     viele nationale und internationale
tigen Abhängigkeiten in Ökosyste-       zialisiert haben oder über eine ge-   Gesetze dafür, dass weniger Schad-
men wandeln sich.                       ringe Anpassungsfähigkeit verfü-      und Nährstoffe in die Ökosysteme
                                        gen, sieht es schlecht aus.           gelangen, weil viele Tier- und Pflan-
Wissenschaftlerinnen und Wis-                                                 zenarten nicht damit zurechtkommen.
senschaftler schätzen, dass in den      Neben den unmittelbaren Effek-
nächsten Jahrzehnten durch Kli-         ten des Klimawandels wird sich
maänderungen bis zu 30 Prozent          auch die Landnutzung verändern
der derzeit in Deutschland leben-       – und das wirkt sich wiederum
den Tier- und Pflanzenarten aus-        stark auf Lebensräume aus. Neue
sterben. Gleichzeitig werden sich       Deiche, eine Ausweitung der land-
natürlich zuwandernde oder von          wirtschaftlichen Flächen für nach-

DIE FoLGEN DES KLIMAWANDELS – WAS KANN GETAN WERDEN?                                                                  31
Synergien suchen                     Gene hinzukommen. Zum ande-           meinsame Arbeitsgruppe des Bun-
                                          ren müssen Tiere und Pflanzen         desumweltministeriums und des
     Synergien anzustreben heißt zu       ausweichen können, wenn sich          Bundesministeriums für Verkehr,
     nutzen, dass unterschiedliche Fak-   die Bedingungen in einer Region       Bau und Stadtentwicklung be-
     toren zusammenwirken und eine        für sie verschlechtern. Wer die Le-   schäftigt sich bereits heute damit,
     Maßnahme in unterschiedlichen        bensräume einer Art, die Biotope,     wie sich das umsetzen lässt. Ge-
     Bereichen eine gewünschte Wir-       verbindet, trägt deshalb dazu bei,    plant ist außerdem, in dieser Fra-
     kung bringt. Demzufolge sollten      dass sich natürliche Systeme an-      ge enger mit den Nachbarstaaten
     Bund und Länder prüfen, wo sich      passen und stärken können. Die        zu kooperieren.
     gegenseitig ergänzendes Zusam-       Einrichtung solcher Vernetzungen
     menwirken von Naturschutz, Kli-      ist Sache der Bundesländer. Sie
     maschutz und Klimaanpassung          sollten hier sowohl eng mit Akteu-    Schutzgebiete weiter-
     nutzen lässt, um die Biodiversität   ren vor ort als auch auf EU-Ebene     entwickeln
     zu erhalten. So speichern Feucht-    zusammenarbeiten.
     gebiete oder Moore nicht nur Koh-                                          Bund und Länder sollten analysie-
     lendioxid (Co2), sondern puffern     Nach wie vor werden aber immer        ren, wie das bestehende Schutzge-
     bei Starkregen auch Überschwem-      noch weitere Flächen bebaut und       bietssystem an die Anforderungen
     mungen ab. In diese Richtung zie-    natürliche Verbindungen von Bio-      durch den Klimawandel angepasst
     len zum einen die Nationalen Stra-   topen gekappt. Siedlungs-, Infra-     werden kann. Das Schutzgebiets-
     tegien zur biologischen Vielfalt     struktur- und Verkehrsplanungen       system Natura 2000 bietet bereits
     und zur Nachhaltigkeit, zum ande-    müssen hier umsichtiger werden.       Rückzugs- und Anpassungsräu-
     ren aber auch die Pläne der Kom-     Zurzeit läuft ein Forschungspro-      me an Land und im Meer als auch
     mission der Europäischen Union       jekt, das im Jahr 2009 ein Konzept    nutzungsfreie Gebiete und leistet
     (EU) und des EU-Parlaments, den      erstellen soll, um die Vernetzung     somit einen wichtigen Beitrag, um
     Verlust der biologischen Vielfalt    von Lebensräumen bei der Pla-         negative Auswirkungen des Klima-
     bis 2010 zu stoppen. Das Bundes-     nung überregionaler Straßen bes-      wandels auf die biologische Viel-
     ministerium für Ernährung, Land-     ser zu berücksichtigen. Eine ge-      falt zu verringern.
     wirtschaft und Verbraucherschutz
     hat darüber hinaus konkrete Maß-
     nahmen vorgeschlagen, wie die
     Agrobiodiversität, das heißt die
     biologische Vielfalt der Landwirt-
     schaft, erhalten und nachhaltig
     genutzt werden kann.

     Lebensräume verbinden

     Viele Arten brauchen ausreichend
     Platz, um auf Dauer bestehen zu
     können. Zum einen schrumpft auf
     engem Raum die genetische Viel-
     falt innerhalb der Arten, weil die
     Lebensgemeinschaft einer Art nur
     klein sein kann und keine frischen

32                                           DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN – DIE DEUTSChE ANPASSUNGSSTRATEGIE
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