LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV

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LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
LANDTAG                       LANDTAGS
                                       NACHRICHTEN
          Mecklenburg-Vorpommern

                                                                                                11. März
                                                                                                 2/ 2021
                                                                                      www.landtag-mv.de

+++ Neustart nach der Krise +++ Landtag lehnt Gaskraftwerk in MV ab +++ Debatte über Lockerungen für Geimpfte
    +++ Gesetz fürs Carsharing +++ Bessere Schulung für Seiteneinsteiger +++ Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt
    +++ Schülerwettbewerb „30 Jahre Friedliche Revolution 1989“ +++
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
2                         I n h a l t

                                  3           AUS DEM PLENUM
                                               Aktuelle Stunde                   “Neustart nach der Krise: Wirtschaft zügig hochfahren, Arbeitsplätze sichern”
                                                                                 (auf Antrag der Fraktion der SPD)

                              4 - 10          Auszüge aus der                    Jochen Schulte (SPD), Ministerpräsidentin Manuela Schwesig,
                                              Original-Debatte                   Dirk Lerche (AfD), Bernhard Wildt (CDU), Henning Foerster (DIE LINKE)

                             11 - 19                Berichte                     Klimaschutz bekommt kein eigenes Gesetz
                                                                                 1600 Euro fürs Pflegeheim
                                                                                 Landtag lehnt Gaskraftwerk in MV ab
                                                                                 Debatte über Lockerungen für Geimpfte
                                                                                 Es braucht weiter Geduld

                             20 - 22              Meldungen                      Land plant Gesetz fürs Carsharing
                                                                                 Rechtssicherheit für Beitragspflicht
                                                                                 Bessere Schulung für Seiteneinsteiger
                                                                                 Im Notfall nur Briefwahl
                                                                                 Zwei Milliarden Euro für Unis und Hochschulen
                                                                                 Ausschüsse dürfen per Video tagen
                                                                                 Auszahlung von Wirtschaftshilfen
                                                                                 Corona bestimmt Wahlregeln

                             23 - 24            Gesetzgebung                     Laufende und abgeschlossene Gesetzgebung

                             25 - 27      AUS DEN AUSSCHÜSSEN                    Ostseeparlamentarierkonferenz
                                                                                 Zweckentfremdungsgesetz M-V
                                                                                 Lehrer im Seiteneinstieg
                                                                                 Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt
                                                                                 Umweltpreis

                             27 - 29         Schülerwettbewerb                    „30 Jahre Friedliche Revolution 1989“

                                         Das Schloss vor 30 Jahren
Titelfoto: Uwe Sinnecker

                             30 - 31                                             Es gab mehr direkte Reaktionen - Zwei Journalisten blicken zurück auf die
                                                                                 Anfänge des Landtages

                                 32               PANORAMA
                                                    Chronik

                           Impressum
                           Herausgeber:                                        Layout: Uwe Sinnecker                       Namentlich gekennzeichnete Beiträge
                           Landtag mecklenburg-Vorpommern                                                                  geben nicht in jedem Fall die Meinung des
                           - Öffentlichkeitsarbeit -                           Druck: produktionsbüro TINUS                Herausgebers wieder.
                           Schloss, Lennéstraße 1, 19053 Schwerin              Gedruckt auf Recyclingpapier                Alle Abbildungen sind urheberrechtlich
                           Fon: 0385 / 525-2113, Fax 525-2151                                                              geschützt. Nachdruck nur mit schriftlicher
                           E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@landtag-mv.de        Zugunsten des Leseflusses und aus Platz-    Genehmigung des Herausgebers.
                           Internet: www.landtag-mv.de                         gründen haben wir bei der Bezeichnung
                                                                               von Menschengruppen manchmal nur die        Die LANDTAGSNACHRICHTEN können
                           redaktion: Referat Öffentlichkeitsarbeit,           männliche Form verwendet. In solchen        kostenlos bezogen werden. Bestellungen
                           Anna-Maria Leistner                                 Fällen ist die weibliche Form mitgedacht.   sind an den Herausgeber zu richten.
                                                                                                                           Redaktionsschluss 19. Februar 2021

                           LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
A k t u e l l e           S t u n d e          3

Wirtschaft
nach der Krise
Abgeordnete diskutieren
über Möglichkeiten für einen
gelingenden Neustart

    „Wir haben bis auf Weiteres wegen
der Corona-Krise geschlossen.“ So
oder so ähnlich lesen sich die Zettel
an den Schaufenstern vieler Ge-
schäfte. Gut ein Jahr, nachdem der
erste Corona-Fall in Deutschland fest-
gestellt wurde, und nach langen Mo-
naten des Lockdowns fragen sich
viele Unternehmen und Beschäftigte:
Wann wird es weitergehen? Und wie                                                                                 Foto: Uwe Sinnecker
soll der Neustart gelingen? Die An-
sichten der Landespolitik tauschten         Landeshilfen in Höhe von 550 Millionen      Holger Arppe (fraktionslos) appellierte
die Abgeordneten in einer Aktuellen         Euro bewilligt worden. Die Landesregie-     daran, die von der DEHOGA ausgear-
Stunde aus. Sie sprachen unter ande-        rung setze alles daran, die Wirtschaft      beiteten Vorschläge für einen Neustart
rem über staatliche Zuschüsse, die Bä-      wieder auf Touren zu bringen. „Ich bin      der Branche nicht zu ignorieren. Gast-
derverkaufsordnung, beschleunigte           sehr zuversichtlich, dass wir an die gute   stätten, Restaurants, Hotels und Cafés
Investitionen und eine Marketingkam-        wirtschaftliche Lage vor Corona an-         hätten „gegen jede Vernunft und jede
pagne für MV. Auf die Agenda gesetzt        knüpfen können.“                            Faktenlage“ schließen müssen. „Viele
hatte das Thema die SPD-Fraktion.                                                       stehen am Rande der Existenz, des exis-
                                            Dirk Lerche (AfD) warf der Politik vor,     tentiellen Zusammenbruchs.“
Die wirtschaftliche Situation werde sich    die Krise mit Entscheidungen aus dem
nach der Krise nicht schlagartig verbes-    Bauch heraus am Leben zu halten und         Henning Foerster (DIE LINKE) mahnte,
sern, betonte Jochen Schulte (SPD). Die     damit jeden Tag Wirtschaftsexistenzen       nach der Krise nicht einfach zur Tages-
Landesregierung müsse deshalb auch          zu vernichten. Seine Vorschläge, um der     ordnung überzugehen. „Die Pandemie
dann weiter an der Seite der betrof-        Wirtschaft zu helfen: CO2-Steuer, EEG-      hat wie unter einem Brennglas offenge-
fenen Unternehmen stehen. Er regte an,      Umlage und bürokratische Regelungen         legt, wo die größten Baustellen sind.“ Er
Programme mit der Mittelstandsbank          wie die Bonpflicht abschaffen. Die Lauf-    plädierte unter anderem für eine wei-
oder der Bürgschaftsbank MV zu verlän-      zeiten der Kern- und Kohlekraftwerke        tere Marketingkampagne im Tourismus,
gern oder neu aufzulegen und gegebe-        verlängern. Die Euro-7-Norm verhin-         einen Zuschuss für saisonverlängernde
nenfalls auch über verlorene Zuschüsse      dern. Und die Bäderverkaufsordnung          und damit auch arbeitsplatzerhaltende
nachzudenken. „MV wird das aber nicht       für zwei Jahre in eine Einzelhandel-Ret-    Maßnahmen, einen armutsfesten Ver-
alleine leisten können. Wir brauchen da-    tungsverordnung umwidmen.                   gabemindestlohn, für eine Wirtschafts-
bei auch die finanzielle Unterstützung                                                  förderung, die Unternehmen für gute
des Bundes und der Europäischen Uni-        Keine der Einschränkungen werde aus         Arbeitsbedingungen und Tariflöhne be-
on.“ Zum Beispiel über eine Investitions-   dem Bauch heraus getroffen, wider-          lohne, eine Industriestrategie und mehr
offensive, die auch neue Schulden nicht     sprach Bernhard Wildt (CDU). Jede           Arbeitsplätze im Bereich Gesundheit
ausschließe.                                Entscheidung sei geleitet von wissen-       und Pflege.
                                            schaftlichen Erkenntnissen und Sach-
Die Corona-Krise verlange der Wirt-         verstand. Das gelte auch für Öffnungs-
schaft sehr viel ab, sagte Ministerpräsi-   perspektiven. Er halte es für wichtig,
dentin Manuela Schwesig (SPD). „Das         Wirtschaft und Bürgern mit einer Art
ist eine große Zumutung für alle Betrof-    Belastungsmoratorium Zuversicht zu
fenen, das wissen wir.“ Bund und Land       vermitteln. Das würde bedeuten: keine
nähmen deshalb sehr viel Geld für Un-       neuen Steuern, keine neuen Regulie-
terstützungen in die Hand. „Wir kämp-       rungen. Darüber hinaus schlug er vor,
fen um jedes Unternehmen, wir kämp-         als Landtag darauf hinzuwirken, Investi-
fen um jeden Arbeitsplatz in unserem        tionen durch einfachere Planungspro-
Land.“ Bislang seien in MV Bundes- und      zesse zu beschleunigen.

                                                                                   LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
4                   A k t u e l l e          S t u n d e

                    Jochen Schulte, SPD:                                               von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hinstellt und sagt, […] nach-
                                                                                       dem die Demonstrantinnen und Demonstranten […] in Russ-
                    „Was wir nicht                                                     land verhaftet worden sind, jetzt […] muss ein Baustopp der
                                                                                       Ostseepipeline Nord Stream 2 durchgesetzt werden, dann
                    machen können, ist,                                                ist Frau Baerbock und all denjenigen, die sie unterstützen
                                                                                       – und damit schließt sich […] der Kreis zur […] Aktuellen
                    die Unternehmerinnen                                               Stunde – […] gar nicht klar, was sie da […] fordert. Die Men-
                                                                                       schen, die dort auf die Straße gehen, demonstrieren für ei-
                    und Unternehmen                                                    nen Rechtsstaat, sie demonstrieren gegen politische Willkür.
                                                                                       Was Frau Baerbock fordert, ist in der letzten Konsequenz die
                    alleine zu lassen.“                                                Abschaffung des Rechtsstaates und die Ersetzung durch po-
                                                                                       litische Willkür. […]

                                                                                                   (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)
    Foto: Uwe Sinnecker

                                                                                       Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn man kritisch
                                                                                       gegenüber Nord Stream 2 steht. Man kann […] die Frage
                                                                                       aufwerfen, ob wir diese Pipeline für die Energieversorgung
                                                                                       Deutschlands und Europas brauchen. […] Aber was man
                                                                                       nicht […] darf, […] ist, zu sagen, wir haben zwar ein […]
                                                                                       auf der Grundlage demokratisch legitimierter Gesetze […]
                                                                                       durchgeführtes Verfahren, das zur Genehmigung eines In-
                                                                                       frastrukturvorhabens […] geführt hat […], aber diese Ent-
                                                                                       scheidung nicht etwa vor ordentlichen Gerichten anzugrei-
                                                                                       fen, sondern zu sagen, jetzt muss sich Politik hinstellen, über
                                                                                       den Rechtsstaat hinwegsetzen, über die entsprechenden
                                                                                       Genehmigungen hinwegsetzen und aus politischen Grün-
                                                                                       den […] sagen, dieses Vorhaben muss gestoppt werden. Das
                    […] es ist genau heute vor einem Jahr gewesen, am                  […] ist genau das, wogegen die Menschen in Russland auf
                    27.01.2020, als in Bayern der erste Corona-Fall […] festgestellt   die Straße gegangen sind.
                    worden ist, […] keiner von uns hat, […] damit gerechnet und
                    es nur ansatzweise geahnt, welche Konsequenzen auf uns                         (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)
                    alle zukommen würden – weder, was das soziale Leben an-
                    geht, noch, was die Frage der wirtschaftlichen und mate-           […] was man auch für unser Land daraus lernen muss […]:
                    riellen Auswirkungen, nicht nur für Unternehmerinnen und           Egal, worüber man redet […], wie man der Wirtschaft wieder
                    Unternehmen, auch für die […] Beschäftigten mit sich brin-         helfen kann, auf die Beine zu kommen, […] damit die Bürge-
                    gen wird. […]                                                      rinnen und Bürger eine wirklich effektive Chance nach der
                                                                                       Corona-Krise für einen Neustart in ein soziales, in ein wirt-
                    Aber […] ich will […] deutlich an dieser Stelle sagen […], dass    schaftliches Leben haben –, […] alles, was wir machen, muss
                    es jedem Menschen zu jeder Zeit überall auf dieser Welt […]        unter der Prämisse Rechtsstaat laufen. […]
                    gestattet sein muss, friedlich für seine Meinung zu demons-
                    trieren und diese Meinung auch gegenüber denjenigen, die           Alles, was wir machen, muss den Menschen auf der Grund-
                    gewählt worden sind oder die regieren, entsprechend zum            lage eines demokratisch legitimierten Rechtsstaates dienen,
                    Ausdruck zu bringen. […]                                           und die Menschen und die Unternehmerinnen und Unter-
                                                                                       nehmen und deren Beschäftigte haben ein Recht darauf,
                                    (Beifall vonseiten der Fraktionen                  dass das, was sie dann auch rechtmäßig bekommen, können
                                      der SPD, CDU und DIE LINKE)                      sie auch hinterher behalten, ohne dass es aus politischen
                                                                                       Gründen infrage gestellt wird […].
                    […] So richtig es ist, sich klar und deutlich dagegen zu po-
                    sitionieren, dass Menschen, weil sie ein Recht in Anspruch                     (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)
                    nehmen, ihre Meinung zu äußern, […] nicht verhaftet wer-           […]
                    den dürfen, so schlimm ist es – und ich benutze diesen Aus-                    (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)
                    druck ausdrücklich und bewusst – […], wenn Politikerinnen          […]
                    und Politiker in anderen Ländern […] das Eintreten für Men-                    (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD –
                    schenrechte dafür missbrauchen wollen – […] der Ausdruck                            Unruhe bei Horst Förster, AfD)
                    ist bewusst gewählt –, dass sie ihre […] politischen Vorstel-      (…)[…]
                    lungen damit verknüpfen.                                                     (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU –
                                                                                                   Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)
                    Wenn sich eine Politikerin, […] zum Beispiel Frau Baerbock,        […]

                    LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
A u s     d e m        P l e n u m / A u s z ü g e            a u s     d e r      O r i g i n a l - D e b a t t e                   5

                                                                                                               Foto: Uwe Sinnecker

              (Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)                […] das DEHOGA-Papier, erarbeitet wird, ist ein guter, […]
[…]                                                            richtiger Schritt, […] weil es ein Beitrag ist aus der Mitte der
         (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)           Wirtschaft, […] der Gesellschaft zur Problemfindung und zur
[…]                                                            Problemlösung.
                    (Präsidentin Birgit Hesse
            spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.)                         (Horst Förster, AfD: Das muss man dann
[…]                                                                     aber an den Maßnahmen erkennen können!)
          (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU
                 und Thomas Würdisch, SPD)                     Wir können das nur gemeinsam machen und wir werden es
                                                               auch nur so machen können, dass wir mit allen Beteiligten
[…] das ist die Stärke dieses Landes […] gewesen, dass wir     dieser Gesellschaft […] diesen Diskussionsprozess fortfüh-
trotz unterschiedlichster Position bei vielen Fragen immer     ren, um Lösungen zu finden.
eine gemeinsame Position […] gefunden haben. Und das ist,
[…] weswegen wir – Land, Landesregierung, Landtag – […]                    (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)
relativ gut […] bisher durch die Krise gekommen sind.
                                                               […] was wir nicht machen können, ist, die Unternehmerin-
Was ich mir wünsche […], auch als Botschaft […] an die Men-    nen und Unternehmen […] alleine […] zu lassen nach dem
schen, an die Unternehmen, […] an deren Beschäftigte […],      Motto: Jetzt ist die Krise vorbei, jetzt könnt ihr alleine zuse-
ist, dass das […] weiterhin so vonstattengeht, auch in der     hen, wie ihr da durchkommt. Das wird nicht funktionieren
Zeit, die sich […] an die eigentliche Krise anschließt, […]    […].

             (Heiterkeit bei Bernhard Wildt, CDU)                          (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

[…] auch dann wird es noch Probleme […] geben, die sich        […]
aus der Corona-Krise ergeben. Und auch da haben die Men-
schen im Land darauf einen Anspruch, dass wir das mög-                        (Zuruf von Bernhard Wildt, CDU)
lichst gemeinsam und konstruktiv machen.
                                                               […] Wir müssen uns […] überlegen, was wir machen kön-
[…] jedes Papier, das von Kammern, […] von Verbänden, wie      nen. […] da sollten wir, und das ist eine ausdrückliche Bitte

                                                                                LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
6   A k t u e l l e          S t u n d e

    […] meiner Fraktion auch an die Landesregierung, […] ob         Ministerpräsidentin Manuela Schwesig:
    man […] bestehende Programme gemeinsam mit Mittel-
    standsbank oder mit Bürgschaftsbank M-V zielgerichtet ver-      „Ohne Industriearbeitsplätze
    längert oder […] auflegt, um kleinere und mittelständische
    Unternehmen […] zu unterstützen. Das kann […] eine Finan-       hat Mecklenburg-Vorpom-
    zierung von Betriebsmitteln sein, das können […] kreditnahe
    Produkte sein mit Nachhang- und Eigenkapitalcharakter […].      mern keine wirtschaftliche
    […] ich will da der Prüfung […] nicht vorgreifen, […] ob man    Perspektive.“
    […] an der einen oder anderen Stelle der kleinteiligen Wirt-

                                                                                                                                 Foto: Uwe Sinnecker
    schaft in unserem Land auch mit staatlichen Mitteln […] un-
    terstützend unter die Arme greift. […] was nicht dazu führen
    kann, […] dass wir am Ende bei Unternehmen, die betriebs-
    wirtschaftlich nicht lebensfähig sein werden, dann […] nur
    den Sterbeprozess verlängern. […]

                 (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

    […] egal, was wir machen […], wir müssen zusehen, dass wir
    auch im Interesse der Beschäftigten bestmöglich aus der Kri-
    se kommen. […] Und wir müssen auch ehrlich sein, dort, wo
    es immense wirtschaftliche Schwierigkeiten gibt, da muss
    man vielleicht […] eine Art Sanierungsmediation mit den
    Unternehmen, mit den Gläubigern, mit den Schuldnern ma-
    chen, um […] auszuloten, kann ich dieses Unternehmen […]        Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir haben
    noch aus der Insolvenzfalle führen […]. M-V wird das nicht      von Anfang an gesagt, es ist unsere Aufgabe, mit einem
    alleine leisten können. […] wir brauchen […] dabei […] fi-      Dreiklang durch diese Corona-Krise zu kommen, die Ge-
    nanzielle Unterstützung des Bundes und der Europäischen         sundheit der Menschen zu schützen, aber eben auch die
    Union. […]                                                      Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze zu schützen und den
                                                                    sozialen Zusammenhalt.
             (Wolfgang Waldmüller, CDU: Einzelmeinung.)
                                                                    Und von Anfang an haben wir unsere Wirtschaft, unsere
    […]                                                             Arbeitsplätze in der Corona-Krise nicht alleingelassen. Wir
                                                                    unterstützen die Unternehmen und versuchen, die Arbeits-
               (Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU:            plätze zu sichern. Wir nehmen sehr viel Geld in die Hand
                             Einzelmeinung.)                        für unsere industriellen Kerne, ebenso für die Kleinst- und
                                                                    Kleinunternehmern, mittelständische Betriebe bis zu ganz
    […] Es ist richtig, dass man Schulden nicht machen soll, ein-   großen Betrieben, damit die Produktion erhalten bleibt hier
    fach, um konsumtive Ausgaben zu finanzieren. Aber […] was       in Mecklenburg-Vorpommern, damit die Unternehmen er-
    wir überlegen müssen, ist […], ob wir auch nach der aktu-       halten bleiben und die Arbeitsplätze. Und ich sage es hier
    ellen Krise […] Mittel brauchen über Schulden, die der Bund     ganz klar: Wir kämpfen um jedes Unternehmen, wir kämpfen
    und die Länder aufmachen können, um […] eine Investiti-         um jeden Arbeitsplatz in unserem Land! Wir tun das, damit
    onsoffensive […] zu finanzieren […].                            wir auch nach der Krise sofort Anschluss haben und damit
    (Am Rednerpult leuchtet die rote Lampe.)                        unsere Wirtschaft und die Arbeitsplätze eben auch gesund
                                                                    durch die Krise kommen.
    […] Und das sollte insbesondere in den Bereichen Bildung,
    Gesundheit, Wohnen, Verkehr und […] Digitales sein. […]         Eine ganz große Hilfe ist das Kurzarbeitergeld, das der Bund
                                                                    seit vielen Monaten zur Verfügung stellt, damit eben Unter-
                    (Heiterkeit bei Horst Förster, AfD)             nehmen nicht ihre Mitarbeiter entlassen müssen. Und ich
                                                                    weiß, dass es für viele gerade in unserem Land schwer ist,
    […]                                                             mit dem Kurzarbeitergeld über die Runden zu kommen,
                                                                    aber Kurzarbeit mit Kurzarbeitergeld ist immer noch besser
                    (Beifall vonseiten der Fraktionen               als Arbeitslosigkeit, und es ist ein wichtiges Instrument. Wir
                            der SPD und CDU)                        werden uns weiter als Land dafür einsetzen, dass das beste-
                                                                    hen bleibt.

                                                                                (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

                                                                    Sehr geehrte Damen und Herren, ich will ganz klar sagen,

    LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
A u s         d e m          P l e n u m / A u s z ü g e                       a u s     d e r      O r i g i n a l - D e b a t t e                                     7

                                                                                Dirk Lerche, AfD:

                                                                                „Wir benötigen Arbeitskräfte
                                                                                im Gesundheitswesen,
                                                                                in der Pflege, bei den
                                                                                Gesundheitsämtern.“

                                                                                                                                                 Fotos: Uwe Sinnecker
Der Bereich vor dem Plenarsaal wird von Fernsehteams für Interviews genutzt.
                                                                                Sehr geehrte Präsidentin! […] Liebe Landsleute! „Neustart
                                                                                nach der Krise: Wirtschaft zügig hochfahren, Arbeitsplätze
                                                                                sichern“ – da frage ich mich: Wie lange geht die Krise noch?
dass ich sehr zuversichtlich bin, trotz dieser schwierigen Si-                  Wer hat die Dauer der Krise zu verantworten? Wen betraf oder
tuation, dass wir an die gute wirtschaftliche Lage vor Corona                   betrifft die Krise? […] Wie wollen wir in Zukunft leben? Akzep-
anknüpfen können und für weitere Verbesserungen sorgen                          tieren wir die Natur heute und setzen auf Forschung und Wei-
können. […]                                                                     terentwicklung der Medizin für zukünftige Generationen? […]
                                                                                Wenn wir diese Fragen […] beantworten, ist die Krise vorbei
Ich will ein Schlaglicht darauf werfen, wo unsere Zukunfts-                     und wir können analysieren, welche Wirtschaftsbranchen es
branchen liegen. Wir haben einen starken Tourismus. Und                         wie schlimm getroffen hat.
Mecklenburg-Vorpommern war Tourismusland, Mecklen-
burg-Vorpommern bleibt Tourismusland, und ich bin ganz                          Die Nahrungsmittelindustrie lief weiter, die Land-, Forst- und
zuversichtlich, dass der Tourismusbereich eine sehr gute Pers-                  Fischereiwirtschaft ebenso. Die Hoch- und Tiefbaubranche
pektive hat, […].                                                               hat es bis jetzt auch nicht getroffen, ebenso der Maschinen-
                                                                                bau und die IT-Branche. Letztere und auch die Transportbran-
Ohne Industriearbeitsplätze hat Mecklenburg-Vorpommern                          che haben Zuwächse. Verlierer der Krise sind die Werftindu-
keine wirtschaftliche Perspektive, und deshalb ist es wich-                     strie, welche auf Kreuzfahrttourismus gesetzt hat, und ihre
tig, dass wir gerade versuchen, industrielle Markenkerne wie                    Zulieferer, die komplette Tourismusbranche, die Gastronomie
zum Beispiel den Schiffbau zu erhalten. […]                                     und ein großer Teil des Einzelhandels sowie viele Dienstleister
                                                                                und Freizeit- beziehungsweise Kulturunternehmen. Jeden
Letzter Punkt, sehr geehrte Damen und Herren: Natürlich                         Tag, mit dem wir politisch diese Krise am Leben erhalten,
wollen wir auch in Arbeitsplätze der Zukunft investieren […].
Unser Land ist immer vorangegangen, wenn es darum ging,                                        (Unruhe bei Thomas Krüger, SPD,
zum Beispiel in erneuerbare Energien zu investieren. […]                                       und Wolfgang Waldmüller, CDU)
Wir wollen der Standort werden, der nicht nur Wasserstoff-
produktion erforscht, sondern auch Wasserstoff produziert,                      werden Wirtschaftsexistenzen vernichtet. Die Zahl der zu-
und zwar so, dass es perspektivisch bezahlbar ist für Privat-                   künftigen Insolvenzen […] wird ständig höher. Und dann trifft
haushalte und für die Industrie. Damit sind auch industrielle                   es auch irgendwann das Handwerk […]. Wir, die AfD-Fraktion,
Ansiedlungen möglich. Das ist auch eine Zukunftsbranche                         haben Sie, meine Damen und Herren, oft genug aufgefordert,
für Mecklenburg-Vorpommern, in die wir weiter investieren.                      diese Art von Lockdown und damit die Krise zu beenden. Aber
                                                                                Sie entscheiden ja lieber aus dem Bauch heraus und wundern
              (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD –                         sich, dass die Zahl der Infizierten weiterhin stabil bleibt.
                Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD:
                         Funktioniert nicht!)                                            (Sebastian Ehlers, CDU: Die Zahl geht runter.)

                                                                                                 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
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8   A k t u e l l e          S t u n d e

    […] Womit wollen Sie denn nun nach der irgendwann auf-          Und bedenken Sie, was ich anfangs gesagt habe – ich komme
    hörenden Krise einen Wirtschaftsanschub oder besser einen       zum letzten Satz –: Wir müssen uns dran gewöhnen, mit
    Wirtschaftsboom, um all die Schulden zurückzuzahlen, finan-     den Viren zu leben. Bei den Krankenhauskeimen hat man in
    zieren? Die AfD-Fraktion kann Ihnen sagen, liebe Landesre-      Deutschland bisher auch wenig unternommen, keine Billion
    gierung,                                                        lockergemacht und nimmt in Kauf, dass im Jahr zwischen
                     (Minister Harry Glawe: Na?)                    10.000 und 20.000 Patienten mit oder daran versterben. – Ich
                                                                    danke für die Aufmerksamkeit.
    […] schaffen Sie die verrückte CO2-Steuer ab, die Unterneh-
    men wie Verbraucher belastet!                                               (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD
                                                                                   und Holger Arppe, fraktionslos)
                (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD –
                     Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

    Schaffen Sie die EEG-Umlage ab und verlängern Sie die Lauf-     Bernhard Wildt, CDU:
    zeiten der bisherigen Kern- und Kohlekraftwerke, die gün-
    stigen Strom produzieren!                                       „Ich glaube Mecklenburg-
                   (Unruhe vonseiten der Fraktionen                 Vorpommern hat in dieser
                         der SPD und CDU)
                                                                    Corona-Krise deutliche
    Dann bleibt bei Unternehmern, die keine Ausnahme bei der
    EEG-Umlage haben – und das sind die meisten in Mecklen-         Sympathiepunkte
    burg-Vorpommern, gerade bei den Verlierern –, nämlich
    mehr hängen.                                                    gewonnen.“
                (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD –

                                                                                                                               Foto: Uwe Sinnecker
                    Zuruf aus dem Plenum: Jawoll!)

    Verhindern Sie die Euro-7-Norm! Schaffen Sie die Bürokratie
    wie die hirnrissige Bonpflicht ab!

                    (Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

    […]
    Und was Sie hier in M-V tun können, Herr Krüger:

                      (Thomas Krüger, SPD: Jaja!)

    Widmen Sie für ein bis zwei Jahre die Bäderverkaufsordnung
    in Einzelhandel-Rettungsverordnung, und zwar in ganz Me-
    cklenburg-Vorpommern, um!                                       Corona geht uns allen gewaltig auf die Nerven […] und die
                                                                    Maßnahmen gegen Corona. Das haben wir hier gemeinsam,
                    (Zuruf von Thomas Krüger, SPD)                  […] Und deswegen ist es ganz normal und ganz richtig, dass
                                                                    wir hier in der Landesregierung und im Landtag selbst da-
    […] Machen Sie den Menschen wieder Mut, nach draußen zu         rüber nachdenken, wie kommen wir aus dieser Krise wieder
    gehen, und verbreiten nicht immer Panik!                        hinaus […].

    […] Das 400-Köpfe-Unternehmen Miltenyi Biotec in Tete-          Aber um in die Normalität zu kommen, brauchen wir zwei
    row produziert Peptide für die Impfstoffforschung. […] Dort     Grundvoraussetzungen.
    könnte auch eventuell Impfstoffproduktion laufen, per Lizenz.
    Also setzen Sie Fördergelder gezielt ein!                       Das Erste ist, dass wir Corona in gewisser Weise besiegen
                                                                    müssen […]. Deswegen gebietet es die Vernunft, […], immer
    Und wenn uns eines diese Krise gelehrt hat: Wir benötigen       Maßnahmen zu ergreifen, das Virus einzu […] dämmen […].
    Arbeitskräfte im Gesundheitswesen, in der Pflege, bei den       Und die Maßnahmen der Landesregierung und der Bundes-
    Gesundheitsämtern, und keine Gleichstellungsbeauftragten,       regierung gehen genau in diese Richtung.
    Gendersternchenforscher/-innen oder -außen,
                                                                    Die zweite Grundvoraussetzung ist, dass wir die Substanz un-
    [… ]                                                            seres Landes nicht beschädigen. Die Substanz, damit meine
                                                                    ich die Unternehmen, die Arbeitsplätze, die wir haben.

    LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
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A u s        d e m          P l e n u m / A u s z ü g e                      a u s       d e r         O r i g i n a l - D e b a t t e                                       9

[…] wir möchten so viele Unternehmen wie möglich am Le-                       dass wir die Wirtschaft und auch die privaten Bürger […]
ben erhalten, und das ist eben entscheidend, um nach der                      nicht weiter belasten, dass schon diese Zuversicht auch ver-
Krise wieder auf einen Wachstumspfad zurückzukommen,                          mittelt wird, es gibt eine Art Belastungsmoratorium, keine
um auch wieder Arbeitsplätze aufzubauen, […].                                 neuen Steuern, keine neuen Regeln,

Auch hier sind die Landesregierung und auch die Bundesre-                                          (Zuruf von Horst Förster, AfD)
gierung sehr aktiv. Es gibt eine Fülle von Hilfsprogrammen,
[…]. Und insofern muss sich jetzt der Blick tatsächlich nach                  […], dass man dort alle Wachstumskräfte fördert und nicht
vorne richten in die Perspektive: Wie kommen wir anschlie-                    versucht, irgendetwas abzuwürgen.
ßend wieder aus dieser Situation heraus, was passiert dann?
                                                                                             (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU).
[…] Von daher sind diese Perspektivpläne – und auch die
Touristiker bei uns im Land haben einen ähnlichen Plan ja                     Ein zweiter Punkt, den ich für genauso wichtig halte, […],
entwickelt […] sehr detailliert aufgelistet, was können wir                   am 20. November im Bundestag wurde ein Investitions-
wann machen und wie kommen wir Schritt für Schritt he-                        beschleunigungsgesetz beschlossen, […] es geht darum,
raus. Und es ist ganz wichtig, dass dort keine Termine dran-                  bestimmte Planungsprozesse zu verkürzen, um bestimmte
stehen. […], sondern es sind eben Voraussetzungen zu erfül-                   Maßnahmen schneller durchführen zu können. […] Und
len. Und das bringt eine Transparenz in den ganzen Prozess.                   auch wir hier im Landtag könnten darüber nachdenken,
Es ist nämlich genau nicht so, wie Sie sagen, Herr Lerche,                    inwiefern wir die Investitionen beschleunigen können, in-
es ist kein Bauchgefühl, sondern es ist geleitet von wissen-                  wiefern wir Maßnahmen schneller umsetzen können, sozu-
schaftlichen Erkenntnissen, es ist geleitet von Sachverstand                  sagen die PS schneller auf die Straße kriegen, denn es ist ja
und dann eben auch transparent, logisch, konsequent und                       alles da, das Geld haben wir bereitgestellt, die Ideen sind da,
konsistent. Das sind die Maßnahmen, die wir dort vorantrei-                   […].
ben wollen.
                                                                              Dann war im Wirtschaftsausschuss vor wenigen Wochen
                 (Beifall vonseiten der Fraktionen                            das Landesmarketing zu Gast. […] Ich glaube Mecklenburg-
          der SPD und CDU – Zuruf von Dirk Lerche, AfD)                       Vorpommern hat in dieser Corona-Krise deutliche Sympa-
                                                                              thiepunkte gewonnen. […] die Menschen kommen gerne
Und so kann man sagen, das sind im Prinzip zwei kommuni-                      zu uns, nicht nur als Urlauber, sondern zunehmend auch
zierende Röhren: auf der einen Seite die Zahl der Infektionen,                junge Leute, die bei uns leben und arbeiten wollen. Und
der Inzidenz, die runtergeht, und auf der anderen Seite die                   diese Stärken […] müssen wir noch weiter ausspielen. Das
Lockerungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen                       Landesmarketing wird das tun, und das begrüßen wir au-
Lebens, die damit eben dann wieder einhergehen. […]                           ßerordentlich […].

Und wir wissen spätestens seit Ludwig Erhard, Wirtschaft ist                  Ein wichtiger Punkt ist angesprochen worden, wenn es
zu mindestens 50 Prozent Psychologie. Es geht auch darum,                     um die Zukunftsindustrien geht, um […] Forschung und
wie sind die Erwartungshaltungen der Konsumenten, der                         Entwicklung. An der Stelle möchte ich mich noch mal aus-
Bürger, aber auch der Unternehmen, wie schätzt man die                        drücklich auch bei Harry Glawe bedanken, der das Thema
Zukunft ein, möchte man lieber sparen oder möchte man                         Transferbeauftragte umgesetzt hat.
lieber investieren, möchte man lieber die Kapazitäten aus-
bauen oder ist man ängstlich und hält sich weiter zurück.
Und da ist es ganz wichtig […], genau diese Zuversicht […]
zu vermitteln, diesen Mut rüberzubringen. […] wir brauchen
handfeste Maßnahmen. […] Ich glaube, es ist sehr wichtig,
                                                                                                                                                      Fotos: Uwe Sinnecker

Fotografen nutzen die Möglichkeit, das Sitzungsgeschehen im Plenarsaal von    Viele Bereiche des Plenarsaals werden regelmäßig desinfiziert.
der Lobby aus durch die Glastüren zu dokumentieren.

                                                                                                  LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
10                      A u s      d e m        P l e n u m / A u s z ü g e             a u s   d e r     O r i g i n a l - D e b a t t e

                        Henning Foerster, DIE LINKE:                                     Wenn wir in Sachen gute Löhne und mehr Wertschöpfung
                                                                                         endlich vorankommen wollen, benötigen wir auch eine
                        „In Sachen Digitalisierung                                       Industriestrategie. Es ist sattsam bekannt, dass Industrie
                                                                                         grundsätzlich für hoch qualifizierte Arbeitsplätze, ein at-
                        braucht es endlich                                               traktives Lohnniveau und innovative Produkte steht. Mo-
                                                                                         dernste Technologien bieten ja nicht nur im verarbeiten-
                        eine Strategie.“                                                 den und produzierenden Gewerbe die Aussicht auf eine
                                                                                         hohe Wertschöpfung, sondern auch die Aussicht auf gute
                                                                                         Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Und eine solche
     Fotos: Uwe Sinnecker

                                                                                         Strategie muss natürlich die Erfahrungen mit der aktuellen
                                                                                         Corona-Pandemie aufgreifen und darüber hinaus die de-
                                                                                         mografischen Herausforderungen, die Abkehr von Kohlen-
                                                                                         stoff im Energiesektor und die schon angesprochene Digi-
                                                                                         talisierung berücksichtigen.

                        Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! […]

                        Die Pandemie hat wie unter einem Brennglas offengelegt,
                        wo die größten Baustellen sind. Viele Probleme […] waren
                        ja schon vor dem Frühjahr 2020 existent und wurden durch
                        Corona letztlich nur verschärft. Einrichtungen des Kinder-
                        und Jugendtourismus klagen seit Langem über jahrelangen
                        Investitionsstau und die mangelnde Unterstützung des Lan-
                        des. Die Ausbeutung von ausländischen Werkvertragsarbei-
                        tern beschäftigte den Landtag schon in der letzten Wahlpe-
                        riode. Niedriglöhne und atypische Beschäftigung sind ein
                        Dauerbrenner in diesem Land und schlagen in Krisenzeiten
                        nun natürlich auch bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes
                        durch. Der Fachkräftemangel stellt Krankenhäuser und
                        Pflegeheime schon seit Langem vor große Probleme. Sai-
                        sonarbeit ist auch nach 30 Jahren Tourismusboom in Meck-
                        lenburg-Vorpommern immer noch ein Problem für viele
                        Tausend Beschäftigte. Die Tarifflucht der Arbeitgeber im Ein-
                        zelhandel sorgt seit der Jahrtausendwende dafür, dass ein
                        signifikanter Teil der Verkäuferinnen nach ver.di-Angaben
                        trotz Arbeit arm ist. Der Arbeitsschutz wurde jahrelang so
                        stiefmütterlich behandelt, dass im Durchschnitt noch alle
                        20 Jahre mal ein Inspekteur vorbeikommt. […] Und die
                        Versäumnisse beim Breitbandausbau sowie beim Mobil-
                        funkausbau erinnern zuweilen an den Vorspann der Serie
                        „Raumschiff Enterprise“:

                                    (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

                        Planet Mecklenburg, unendliche Weiten, wir schreiben das
                        Jahr 2021. Homeoffice ist für viele Beschäftigte immer noch      In der Debatte haben noch weitere Redner gesprochen.
                        keine Option. […] In Sachen Digitalisierung braucht es end-      Die vollständigen Redebeiträge finden Sie zum Nachle-
                        lich eine Strategie, die den Namen auch verdient. Es gilt,       sen auf der Website des Landtags (Parlamentsdokumente/
                        Schwerpunkte zu setzen, statt überall ein bisschen mitzu-        Plenarprotokolle) oder zum Nachhören auf dem YouTube-
                        spielen, […]. Besser wäre es, Vorhaben zu priorisieren und       Kanal unter www.landtag-mv.de
                        konsequent umzusetzen.

                        LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
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Klimaschutz
bekommt kein
eigenes Gesetz
DIE LINKE scheitert mit Vorstoß
für verbindlichere Regelungen

   Was MV für den Klimaschutz tut?
Zu wenig, meint DIE LINKE: Zwischen
1991 und 2017 habe das Land seine
Treibhausgasemissionen gerade ein-
mal um 0,8 Prozent gesenkt. Eine Ur-
sache dafür sieht die Oppositionsfrak-
tion in viel zu unverbindlichen
Regelungen. Sie regte deshalb an,
dem Beispiel anderer Bundesländer
zu folgen und ein Klimaschutzgesetz
zu verabschieden. Einen entspre-
chenden Entwurf brachte die Fraktion      Mit Stromerzeugung mittels Windkraftanlagen soll wie hier an der Autobahn 24 südlich von Schwerin der
                                          Anteil der CO2 -Emissionen reduziert werden.                                           Foto: Jens Büttner
im Januar zur ersten Lesung ein. Er
sieht vor, gemessen an 1990, den Aus-     effektivsten zum Klimaschutz beitragen                Das Ziel, bis 2050 ein klimaneutrales
stoß von Treibhausgasen bis 2030 um       können.“ Dazu gehöre auch ein kosten-                 Bundesland zu sein, würde er unter-
65 Prozent und bis 2040 um 85 Pro-        loser ÖPNV, mehr Wald, mehr ökolo-                    schreiben. Der Weg dahin sei momen-
zent zu reduzieren und bis 2050 eine      gischer Landbau und mehr erneuerbare                  tan allerdings etwas beschwerlich. Die
Klimaneutralität anzustreben. Der Ge-     Energien im Gebäudesektor. „Hier wol-                 Energiewende gelinge nun mal nicht
setzentwurf erwartet von der Landes-      len wir bis 2050 einen klimaneutralen                 mit einem Schnipsen oder Zaubern.
regierung bis 2022 ein Energie- und       Gebäudebestand erreichen. Und das
Klimakonzept sowie von Kreisen und        geht nur, wenn wir den privaten Be-                   „Wenn man hier so zuhört, möchte man
Gemeinden eigene Klimaschutzstra-         reich mit einbeziehen.“ Die Umsetzung                 meinen, in der nächsten Legislaturperi-
tegien und Wärmekonzepte. Darüber         der Ziele soll von einem neu zu bilden-               ode brauchen wir hier gar keine Grünen
hinaus richtet er seinen Blick auch auf   den Klimarat begleitet werden. Und sie                – denn wir haben ja die Linken“, mein-
Gebäudeeigentümer, Landwirtschaft         müsse sozial gerecht verlaufen, betonte               te Christoph Grimm (AfD). Er warf den
und Förderprogramme. Vertiefend           Schwenke.                                             Linken vor, sich als „CO2-Streber“ aufzu-
beraten wird der Entwurf jedoch                                                                 spielen und bereits Wahlkampf zu be-
nicht: Die Landtagsmehrheit stimmte       Dass ein Gesetz den Klimaschutzzielen                 treiben. „Mit ihrem Gesetzentwurf will
gegen eine Überweisung in die Aus-        des Landes mehr Verbindlichkeit verlei-               DIE LINKE grüne Stimmen einsammeln,
schüsse.                                  hen würde, wies Energieminister Christian             denn Klimahysterie und Trendanalyse
                                          Pegel (SPD) nicht von der Hand. Eine                  lassen hier auf fette Beute hoffen.“ Die
„Die Zahlen sprechen eine eindeu-         derart vielschichtige Regelung aber                   geplanten Verschärfungen kämen einer
tige Sprache“, resümierte Dr. Mignon      noch in dieser Legislaturperiode auf den              „Ökodiktatur“ gleich und würden in der
Schwenke (DIE LINKE): Mit einem unver-    Weg zu bringen, sei nicht realistisch. „Ich           Konsequenz viel Wohlstandsverzicht
bindlichen Aktionsplan komme der Kli-     befürchte, dass wir an der Stelle nicht bis           bedeuten. Wärmeanalysen, Monitoring,
maschutz in MV nicht voran. „Deshalb      zum Ende kommen werden.“ Anders als                   klimaneutrale Gebäudebestände: „Wer
lassen Sie uns ein Klimaschutzgesetz      DIE LINKE würde er inhaltlich auch nicht              trägt hierfür eigentlich die Kosten?“ Ob
mit ambitionierten Minderungszielen       auf Thüringen blicken, sondern auf die                Strompreis, Heizkosten oder Mobili-
auf den Weg bringen!“ Die einzelnen       viel detaillierteren Regelungen von                   tät: Die Bundesbürger müssten schon
Schritte soll die Landesregierung mit     Hamburg. Größere Städte und Gemein-                   jetzt für die Energiewende sehr tief
breiter Beteiligung aus Wissenschaft,     den in MV hätten bisweilen bereits aus                in die Tasche greifen. „Wollen Sie, dass
Wirtschaft, Vereinen und Bürgern er-      eigenem Antrieb Klimaschutzstrategien                 Energie zum Luxusgut wird?“ Dass der
arbeiten und in einem Energie- und        und Wärmeschutzkonzepte entwickelt.                   Gesetzentwurf bei den Emissionsein-
Klimakonzept bündeln. „Unser Gesetz-      Alle Kommunen, unabhängig von ihrer                   sparungen über die Vorgaben der Bun-
entwurf schreibt nicht jede Einzelmaß-    Größe, zu entsprechenden Konzepten                    desregierung hinaus gehe, sei „ein Stück
nahme fest. Er steckt den Rahmen ab       zu verpflichten? „Ich bin mir bei unserer             aus dem Tollhaus“. Mit Energiepolitik
und konzentriert sich auf Schwerpunkt-    spezifischen Gemeindestruktur nicht si-               wie dieser schaffe sich Deutschland als
bereiche, die nach unserer Meinung am     cher, ob sich das so durchhalten ließe.“              Industrienation ab.

                                                                                           LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
12   A u s      d e m        P l e n u m / B e r i c h t e

     „DIE LINKE will offensichtlich im landes-      die ökonomischen Grundlagen unseres         Zu wenig Zeit für ausführliche Bera-
     politischen Streben als Klassenbeste her-      Wohlstandes“. Seine Vermutung: „Es          tungen? Das Argument ließ Dr. Mignon
     vorgehen und die Grünen links überho-          geht den Akteuren gar nicht um die          Schwenke (DIE LINKE) nicht gelten.
     len“, sagte Dietmar Eifler (CDU). Er sprach    Sache, sondern um den Umbau der Ge-         Der Landtag habe sich in der heutigen
     von einem „Übermaß an Regelungen“,             sellschaft.“                                Sitzung schließlich auch mit anderen
     das in nahezu alle Lebensbereiche ein-                                                     Gesetzen in erster Lesung befasst. „Die
     greife und zusätzliche Belastungen für         Die SPD stand einem Klimaschutzgesetz       müssen wir ja auch ausführlich und
     Wirtschaft, Bürger und Verwaltung mit          für MV grundsätzlich offen gegenüber.       gründlich diskutieren.“ Viele Punkte aus
     sich bringe. Aus seiner Sicht unnötige         Einer Überweisung in die Ausschüsse         dem vorgeschlagenen Klimaschutzge-
     Belastungen: Die bestehenden Vorga-            könne seine Fraktion aber trotzdem          setz seien außerdem bereits an anderen
     ben von Bund, Land und der EU reichten         nicht zustimmen, machte Thomas              Stellen ausführlich im Parlament disku-
     aus, um Klimaschutz effektiv und flexibel      Würdisch geltend. Er führte dafür zwei      tiert worden. „Das ist überhaupt nichts,
     umzusetzen. „Ein weiteres Strangulieren        Gründe an. Erstens: fehlendes Einver-       was Ihnen jetzt völlig neu vom Himmel
     all der Bereiche wird es mit meiner Frak-      nehmen mit dem Koalitionspartner.           fallen dürfte.“ Ihre Fraktion werde jetzt
     tion nicht geben.“ MV sei kein typisches       Zweitens: inhaltliche Bedenken. „Natür-     nicht still auf die zweite Lesung des Ge-
     Industrieland. „Wir haben keine rauchen-       lich wäre es hervorragend, wenn wir in      setzentwurfs warten. „Wir werden eine
     den Schornsteine.“ Er sprach den Linken        jedem Landkreis und in jeder Gemein-        eigene Anhörung machen. Und ich lade
     ab, es mit dem Gesetzentwurf ernst zu          de Klimaschutzstrategien hätten.“ Viele     schon heute die Grünen des Landes ein,
     meinen – andernfalls hätten sie ihn nicht      von ihnen könnten das personell aber        dazu mit beizutragen.“
     erst zum Ende der Legislaturperiode ein-       gar nicht leisten. Die Finanzierung lade
     gebracht. Die augenscheinliche Vorlage,        der Gesetzentwurf beim Land ab, wie         Die Mehrheit des Landtags lehnte es ab,
     das Klimaschutzgesetz von Thüringen,           das bezahlt werden soll, bleibe offen. Er   den Gesetzentwurf zu weiteren Bera-
     gebe es schließlich schon seit 2018. Sei-      sehe hier noch großen Beratungsbedarf       tung in die Ausschüsse zu überweisen.
     ner Meinung nach wolle sich DIE LINKE          – der bis zum Ende der Legislatur nicht     Damit wird er spätestens nach drei Mo-
     lediglich auf Kosten von Wirtschaft, Ver-      zu bewältigen sei. „Unserer Auffassung      naten zur zweiten Lesung auf die Tages-
     brauchern und Verwaltung profilieren.          nach ist es mit Blick auf die notwendige    ordnung gesetzt.
                                                    Beteiligung der zahlreichen Betroffenen
     „Sie suggerieren hier, unser kleines Land      nicht möglich, den Gesetzentwurf in         Gesetzentwurf DIE LINKE
     könne die Welt quasi im Alleingang ret-        gut 125 Tagen in den Ausschüssen            Drucksache 7/5737
     ten“, wandte Holger Arppe (fraktions-          zu beraten und dann zur letzten ord-
     los) gegen den Gesetzentwurf ein. „Das         nungsgemäß geplanten Sitzung im Juni
     winzige Minus in MV bei den Treibhaus-         wieder hier im Landtag aufzurufen.“ Ziel
     gasemissionen würde umgehend wett-             seiner Fraktion sei, ein solches Gesetz
     gemacht durch ein leichtes Aufdrehen           mit Nachdruck zu Beginn der nächsten
     in Amerika oder anderswo.“ Die Kosten          Legislaturperiode anzupacken.
     hierzulande wären immens, der Einfluss
     auf das Klima gleich null. Das Gesetz ret-
     te nicht das Klima, sondern „stranguliert

        Stichwort: Klimaneutralität                           Stichwort: Klimaschutzziele
     Klimaneutralität bedeutet, dass ein             Der Bund verabschiedete Ende 2019          Bundesverwaltung bis 2030 klimaneu-
     Produkt oder eine Tätigkeit keine kli-          ein Klimaschutzgesetz für Deutschland.     tral zu organisieren. Das Bundesgesetz
     maschädigende Wirkung hat. Dies
                                                     Ausgangspunkt ist das Pariser Klimaab-     erlaubt es den Ländern ausdrücklich,
     kann auf zwei Wegen erreicht wer-
                                                     kommen, das vorsieht, den globalen         eigene Klimaschutzgesetze zu erlassen.
     den. Zum einen, indem man bei der
                                                     Temperaturanstieg auf unter zwei Grad      Diese Bundesländer haben bislang da-
     Herstellung eines Produktes oder der
                                                     Celsius zu begrenzen. Das Bundesge-        von Gebrauch gemacht: Hamburg, Nie-
     Ausübung einer Tätigkeit so gut es
                                                     setz schreibt fest, die Treibhausgase-     dersachsen, Schleswig-Holstein, Berlin,
     geht Treibhausgase vermeidet. Zum
                                                     missionen in Deutschland bis 2030 um       Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Rhein-
     anderen, indem ausgestoßene Gase
                                                     mindestens 55 Prozent zu senken. Der       land-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern
     an anderer Stelle durch Klimaschutz-
                                                     Ausgangswert dafür ist das Jahr 1990.      und Bremen. Andere Bundesländer –
     projekte entsprechend kompensiert
                                                     Im Fokus der Handlungsfelder liegen        Hessen und Sachsen-Anhalt zum Bei-
     werden – zum Beispiel durch Emissi-
                                                     die Bereiche Energiewirtschaft, Indus-     spiel – haben ihre Ziele in Klimaschutz-
     onshandel. (Quellen: Bundesregierung
                                                     trie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft     plänen oder -konzepten verankert. Der
     und Deutsche Umwelthilfe)
                                                     und Abfallwirtschaft. Begleitend dazu      Gesetzentwurf der Linken in MV orien-
                                                     wurde ein Expertenrat eingerichtet. Der    tiert sich laut Antragsteller maßgeblich
                                                     Bund setzt sich im Gesetz zum Ziel, die    am Gesetz von Thüringen.

     LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A u s      d e m       P l e n u m / B e r i c h t e                  13

1600 Euro
fürs
Pflegeheim
Eigenanteile steigen / DIE LINKE
drängt auf Entlastungen

In einem Pflegeheim zu leben, wird
für Bewohner in MV von Jahr zu Jahr
teurer. Zum Jahresbeginn mussten sie
im Schnitt monatlich 1622 Euro bezah-
len. Damit ist der Eigenanteil basierend
auf den Zahlen des VDEK (Verband der
Ersatzkassen e.V.) binnen Jahresfrist
um 180 Euro gestiegen. Zum Vergleich:
Die Durchschnittsrente in MV liegt bei
1200 Euro. Viele sind auf Sozialhilfe
angewiesen. DIE LINKE forderte, diese
Spirale zu stoppen. Der von Bundesge-
sundheitsminister Spahn vorgelegte
Gesetzentwurf für eine Pflegereform
geht ihnen dabei nicht weit genug.
Sie forderte die Landesregierung auf,
die in den Eigenanteilen enthaltenen
Investitionskosten in voller Höhe zu
übernehmen und die Ausbildungs-
zuschläge landesweit auf maximal 50
Euro zu begrenzen. Mit Blick auf die an-
gestrebte Pflegereform hält sie es für
geboten, die pflegebedingten Kosten
zunächst auf 400 Euro zu begrenzen         Heimaufenthalt entfallen. „Wie viele sind     Deckelung werde für die Menschen in
und ab 2022 gänzlich abzuschaffen.         denn drei Jahre in einem Alten- und Pfle-     MV kaum spürbar sein, weil die entspre-
Die Koalitionsfraktionen lehnten Extra-    geheim?“ Er kritisierte, dass die Ende 2019   chenden Eigenanteile im Schnitt unter
Kosten für das Land ab und verwiesen       gegründete Bund-Länder-Arbeitsgrup-           den avisierten Beträgen lägen. Hier müs-
auf den Bund.                              pe zur Weiterentwicklung der Pflege-          se nachverhandelt werden. Dem Land
                                           versicherung noch nicht einmal getagt         die Investitions- und Ausbildungskosten
Die Eigenanteile seien ein Fass ohne Bo-   habe. „Das ist ein Unding.“                   aufzudrücken, lehnte er ab. Das wären
den und kürzlich erneut gestiegen, hob                                                   jährlich mindestens 90 Millionen Euro.
Torsten Koplin (DIE LINKE) hervor. Sum-    Pflegebedürftig zu werden, berge für          Ausgaben, die mit Blick auf die Pande-
men zwischen 1700 und 2000 Euro seien      viele Bürger ein Armutsrisiko, pflichtete     mie-Kosten nicht stemmbar seien. „Sie
auch in MV keine Seltenheit mehr. „Mir     Energieminister Christian Pegel (SPD) in      wissen, wie sehr das Land sich strecken
ist kein anderer Lebensbereich bekannt,    Vertretung für Sozialministerin Stefanie      muss, um diese Maßnahmen zu finanzie-
der in der kurzen Frist solch eine Teu-    Drese (SPD) bei. „Die bisherige Pflege-       ren.“
erungsrate aufweist wie die stationäre     versicherung stößt hier an ihre Grenzen.“
Heimunterbringung.“ Hier sei dringender    Die Sozialministerin trete diesbezüglich      „Man erkennt eine Gesellschaft, wie sie
Handlungsbedarf geboten, auch seitens      seit Langem für Verbesserungen ein, so        mit ihren Jungen und wie sie mit ihren
der Landespolitik. Immerhin machten        Pegel. „Aber das kann MV leider nicht al-     Alten umgeht, habe ich mal gehört.
die Investitionskosten rund ein Drittel    lein bewerkstelligen.“ Hier sei der Bund      Und da glänzt Deutschland nicht“, mein-
des Eigenanteils aus. Der Gesetzentwurf    gefragt. Dieser habe bislang aber keine       te Thomas de Jesus Fernandes (AfD).
der Bundesregierung bringe in seiner       Kooperationsbereitschaft gezeigt. „Viel-      Familien mit hohen Eigenanteilen zu
jetzigen Form kaum eine Entlastung         mehr legte das Bundesgesundheitsmini-         schröpfen, komme einer Enteignung im
für Bürger in MV. Darin sollen die pfle-   sterium Ende 2020 ein Eckpunktepapier         Alter gleich. Natürlich seien solche Ent-
gebedingten Kosten erst bei 700 Euro       vor, das nicht mit den Ländern abge-          lastungen auch eine Frage des Geldes.
gedeckelt werden und nach drei Jahren      stimmt war.“ Die darin vorgeschlagene         Eine Diskussion, die man auf Kosten

                                                                                    LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
14   A u s      d e m        P l e n u m / B e r i c h t e

         Stichwort: Pflegereform                    der Pflegekräfte, der Allgemeinheit, der     raum. „Mecklenburg-Vorpommern hat
                                                    Solidarität oder unkontrollierter Ein-       Corona-bedingt 2,85 Milliarden Euro
     Bundesgesundheitsminister         Jens
                                                    wanderung führen könne. „Sie müssen          Schulden gemacht. Damit werden wir in
     Spahn (CDU) hat für 2021 eine Pfle-
     gereform angekündigt und Ende des              entscheiden, was der richtige Weg ist.“      den nächsten Jahren umgehen müssen.“
     vergangenen Jahres ein Eckpunkte-              Auch seine Fraktion halte es für wichtig,    Er betonte, dass ein Teil der steigenden
     papier dazu vorgelegt. Das sieht un-           den medizinischen Anteil in der Pflege       Eigenanteile auch auf bessere Löhne für
     ter anderem vor, den Eigenanteil für           von der Pflege- auf die Krankenkasse         Pflegekräfte zurückzuführen sei. „Das ist
     die stationäre Pflege auf maximal 700          zu übertragen. „Da entsteht wesentlich       ja ein Stück weit Ursache und Wirkung“
     Euro zu begrenzen und eine Zeit von            mehr Planungssicherheit und die Kosten       und bedinge einander. Im Gegensatz
     drei Jahren. Danach soll der Eigenan-          kommen da hin, wo sie auch hingehö-          zur CDU sprach er sich dafür aus, die
     teil komplett entfallen.                       ren.“ Er berichtete aber auch von Leuten,    medizinische Behandlungspflege den
     Dieser Eigenanteil für Pflege umfasst          die wegen der Pflegekosten aus anderen       Krankenkassen zuzuordnen. „Das wäre
     nicht die Kosten für Unterkunft und            Bundesländern nach MV gezogen seien.         für die Leute und die Einrichtungen eine
     Verpflegung und liegt in MV zumeist            „Hier laufen wir Gefahr, dass wir noch zu-   deutliche Entlastung.“ Er sei gespannt,
     unter 700 Euro. Der Bund plant zudem,          sätzlich überaltern oder vielleicht unsere   inwieweit der Bund die Länder bei den
     die Länder bei den Investitionskosten          eigenen Pflegeheime überlasten.“             Investitionskosten in die Pflicht nehmen
     stärker in die Pflicht zu nehmen – in-                                                      werde.
     dem sie für jeden pflegebedürftigen            Maika Friemann-Jennert (CDU) warb
     Heimbewohner einen monatlichen                 um eine gesamtheitliche Lösung. Um           Torsten Koplin (DIE LINKE) würdigte die
     Zuschuss von 100 Euro zahlen. In               die Beiträge für die Pflegeversicherung      sachbezogene Debatte. „Inhaltlich hatte
     MV liegen die Investitionskosten im            auf einem stabilen Niveau zu halten,         ich mich darauf eingestellt, dass Sie ein
     Schnitt bei rund 340 Euro.                     habe man sich bei ihrer Einführung 1995      Genervtsein zum Ausdruck bringen.“
                                                    ganz bewusst gegen eine Vollversiche-        Enttäuscht sei er aber darüber, wie sehr
                                                    rung entschieden. Davon abzurücken,          die Koalition darauf baue, dass der Bund
          Stichwort: Eigenanteile                   würde die Beiträge für Arbeitnehmer          die Probleme löse. „Das Eckpunktepapier
     Wer gesetzlich oder privat pflege-             und Arbeitgeber rasant steigen lassen.       ist beschriebenes Papier und möglicher-
     versichert ist, hat Anspruch auf Leis-         „Das lehnen wir vor dem Hintergrund          weise diskussionswürdig, löst aber das
     tungen aus der Pflegeversicherung.             der Generationengerechtigkeit und            Problem nicht.“ Die durchschnittliche
     Wie hoch diese sind, richtet sich              auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ab.“   Rente in MV habe im vergangenen Jahr
     nach dem Pflegegrad. Die Kosten für            Die medizinische Behandlung in die Zu-       1207 Euro betragen – ein Plus zum Vor-
     eine stationäre Pflege sind in der Re-         ständigkeit der Krankenkassen zu legen,      jahr von 50 Euro. „Die Renten steigen
     gel aber höher als der Zuschuss der            würde ebenfalls zu höheren Beiträgen         bei Weitem nicht in dem Maße wie die
     Pflegekassen. Diese Differenz müs-             führen. Bei den Vorschlägen für die Lan-     Eigenanteile.“ Dass 36 Prozent der Heim-
     sen die Pflegebedürftigen selbst               desebene bleibe DIE LINKE eine Ant-          bewohner auf soziale Hilfen angewiesen
     bezahlen. Dieser sogenannte Eigen-             wort darauf schuldig, wie das finanziert     seien, könne niemanden kalt lassen. Vor
     anteil setzt sich aus verschiedenen            werden solle. „Bitte verstehen Sie mich      dem Hintergrund, dass offenkundig der
     Posten zusammen. Dazu gehören                  nicht falsch: Auch ich möchte, dass Pfle-    Bund in der Arbeitsgruppe mit den Län-
     Unterkunft, Verpflegung, Investiti-            geheimbewohnerinnen und -bewohner            dern mauere, appellierte er an die Mini-
     onskosten sowie ein sogenannter                nach einem langen Arbeitsleben nicht         sterpräsidentin, bei der Bundeskanzlerin
     einrichtungseinheitlicher Eigenanteil.         auf Sozialhilfe angewiesen sein müssen.      ein Engagement von Minister Spahn ein-
     Letzterer ist eine Pauschale, die inner-       Eine Entlastung auf der einen Seite darf     zufordern.
     halb eines Heimes für alle Bewohner            jedoch nicht dazu führen, dass auf der
     gleich hoch ist, unabhängig vom                anderen Seite unverhältnismäßige Belas-      Ministerpräsidentin Manuela Schwesig
     Pflegegrad. Auch Kosten für die Aus-           tungen entstehen.“ Handlungsgrundla-         (SPD) versicherte, das Thema mit nach
     bildung von Personal können auf die            ge für ihre Fraktion werde deshalb die       Berlin zu nehmen und kündigte an, ge-
     Heimbewohner umgelegt werden.                  Pflegereform des Bundes sein.                gebenenfalls auch eine Bundesratsiniti-
     Und natürlich individuelle Zusatzleis-                                                      ative zu prüfen. Das Land stärker in die
     tungen wie Einzelbettzimmer. Im Bun-           Jörg Heydorn (SPD) machte darauf auf-        Pflicht zu nehmen, hielte sie ordnungs-
     desdurchschnitt betrugen die Eigen-            merksam, dass 36 Prozent der Menschen        politisch und finanziell für problema-
     anteile zum Jahresbeginn 2068 Euro.            in stationären Pflegeeinrichtungen von       tisch. „Das würde uns überfordern.“
     Den statistisch gesehen niedrigsten            Sozialhilfe abhängig seien. „Das ist eine
     Betrag müssen Pflegeheimbewohner               Sache, die kann keiner wollen. Das ist       DIE LINKE, die AfD und die beiden frakti-
     in Sachsen-Anhalt zahlen: 1465 Euro.           auch gegen das erklärte Ziel der Pflege-     onslosen Abgeordneten stimmten dem
     Danach folgt MV mit 1622 Euro. Am              versicherung.“ Das Gros der Änderungs-       Antrag zu. SPD und CDU lehnten ihn ab.
     teuersten ist eine Heimunterbringung           möglichkeiten liege aber auf der Bundes-
     in Nordrhein-Westfalen: Hier liegt der         ebene. Eine der wenigen Stellschrauben,      Antrag DIE LINKE
     Durchschnitt laut VDEK bei 2460 Euro.          an denen MV selber drehen könnte, wä-        Drucksache 7/5741
     (Quelle: www.vdek.com)                         ren die Investitionskosten. Dafür gebe
                                                    es derzeit aber keinen Handlungsspiel-

     LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A u s         d e m          P l e n u m / B e r i c h t e                                              15

Landtag lehnt

                                                                                                                                                          Foto: Jens Büttner
Gaskraftwerk
in MV ab
AfD warnt vor Zusammenbruch
der Stromversorgung

   Die AfD sorgt sich um die Strom-
versorgung in MV. Ihre Argumentati-
on: Der Anteil erneuerbarer – und da-
mit auch wetterabhängiger – Energien
steigt. Der Strombedarf auch. Der
gleichzeitige Ausstieg aus Kern- und
Kohleenergie ist beschlossen. Damit
steige das Risiko von Blackouts, also       Im Hafen von Mukran lagern die Rohre für die Erdgaspipeline Nord Stream 2. Diese soll einmal russisches Gas
                                            nach Lubmin transportieren.
großflächigen Stromausfällen. Um
dem entgegenzuwirken, schlug die            „Wir sind weit von jeder Katastrophe                   dass die Landesregierung Bedenken
Oppositionsfraktion vor, ein Gaskraft-      weg“, widersprach Energieminister                      gegen Gaskraftwerke habe. Der Minis-
werk zu errichten. Ihre Forderung an        Christian Pegel (SPD). Die jährliche                   ter habe in der Fragestunde aber auch
die Landesregierung: Die dafür nöti-        Stromunterbrechung befinde sich auf                    deutlich gemacht, dass derzeit gar kei-
gen Rahmenbedingungen zu schaf-             einem historisch niedrigen Wert. Bun-                  ne Anträge zum Bau von Gaskraftwer-
fen und entsprechende Vorhaben mit          desweit liege er bei 12,2 Minuten. In                  ken vorlägen. „Also erschließt es sich mir
zügigen Verwaltungsentscheiden zu           MV, dem Bundesland mit der höchsten                    auch nicht, in welcher Weise das Minis-
unterstützen. Der Antrag fand keine         Dichte an erneuerbaren Energien, seien                 terium oder die Landesregierung da tä-
Mehrheit im Parlament.                      es sogar nur 10,3 Minuten. „Die resultie-              tig werden soll oder könnte.“ So lange
                                            ren im Übrigen nicht aus ausgefallenen                 kein Antrag da sei, könne man darüber
 Die Bundesrepublik steuere auf eine zu-    Kraftwerken, sondern im Regelfall aus                  auch nicht entscheiden. Weshalb es
nehmend gefährliche Lage zu, warnte         zu großen Baggerschaufeln, die zu tief                 notwendig sein soll, die Rahmenbedin-
Christoph Grimm (AfD). Die Gefahr           im Boden waren, oder aus einer Lei-                    gungen zu ändern, könne er ebenfalls
eines Blackouts sei real und wachse         tung, die nicht im Plan stand.“ Auch der               nicht erkennen. „Von daher werden wir
stetig. Als Beispiel verwies er auf den     8. Januar habe überhaupt nichts mit                    Ihren Antrag ablehnen.“
8. Januar 2021. An diesem Tag sei die       erneuerbaren Energien zu tun gehabt.
Netzfrequenz schlagartig von knapp          Hier seien binnen 14 Sekunden schlicht                 Holger Arppe (fraktionslos) betonte,
über 50 Hertz auf 49,7 Hertz gesunken.      große, konventionelle Kraftwerke in                    dass erneuerbare Energien auch noch
Um Schwankungen wie diese auszu-            Südosteuropa ausgefallen. „Das kriegt                  aus einer anderen Sicht problema-
gleichen, werde die Schwungmasse            auch kein Gaskraftwerk in 14 Sekunden                  tisch werden könnten: Ohne Wind kein
großer Generatoren benötigt. „Wind-         hochgefahren.“ Er sprach sich dafür aus,               Strom. „Der kommt dann woanders her,
energieanlagen oder gar Photovoltaik        Gaskraftwerke vor allem dort zu bauen,                 aus französischen, polnischen oder nie-
sind dazu nicht in der Lage. Je größer      wo es nicht genügend erneuerbare En-                   derländischen Atomkraftwerken.“ Weht
also der Anteil dieser Energieformen,       ergien gebe. „Das ist insbesondere der                 der Wind dann wieder, werde plötzlich
umso kleiner die Fähigkeit des Netzes,      Süden und der Südwesten unserer Re-                    extrem viel Strom in die Netze gedrückt.
sich quasi selbst zu heilen.“ Um die Ver-   publik.“                                               Auch das befördere einen Blackout. „Die
sorgung abzusichern, benötige MV des-                                                              Bundesregierung ist sich offensichtlich
halb möglichst schnell ein modernes         Dietmar Eifler (CDU) kritisierte, dass die             des Umstandes bewusst, dass wir in
Gaskraftwerk, vorzugsweise in Lubmin.       AfD den Stromausfall in Südosteuropa                   Zukunft Probleme mit der Stromversor-
„Gaskraftwerke sind aufgrund ihrer tech-    zum Anlass für den Antrag nehme, ihn                   gung bekommen werden.“ Andernfalls
nischen Eigenschaften besonders dafür       dann aber im Raum stehen lasse, ohne                   hätte sie kein „Stromrationierungsge-
geeignet, kurzzeitig Schwankungen bei       Ursache und Ausgangssituation näher                    setz“ auf den Weg gebracht. Er meint
Photovoltaik- oder Windenergieanlagen       zu erläutern. Die Bundesnetzagentur                    damit das Erneuerbare-Energien-Ge-
auszugleichen.“ MV befände sich damit       habe deutlich gesagt, dass die Versor-                 setz, das unter anderem für Gebäude
in guter Gesellschaft, denn auch Bayern,    gungssicherheit in Deutschland nicht                   und Anlagen Smart-Meter vorsieht
Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rhein-         gefährdet gewesen sei. „Das ist auch                   – und damit, so Arppe, kontrollierte
land-Pfalz, Brandenburg, Schleswig-         noch mal eine ganz wichtige Feststel-                  Stromausfälle ermögliche.
Holstein und Niedersachsen planten          lung im Zusammenhang mit diesem
oder bauten bereits solche Anlagen.         Antrag.“ Er könne auch nicht erkennen,

                                                                                              LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
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