LANDTAGS NACHRICHTEN - Landtag MV
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
LANDTAG LANDTAGS NACHRICHTEN Mecklenburg-Vorpommern 11. März 2/ 2021 www.landtag-mv.de +++ Neustart nach der Krise +++ Landtag lehnt Gaskraftwerk in MV ab +++ Debatte über Lockerungen für Geimpfte +++ Gesetz fürs Carsharing +++ Bessere Schulung für Seiteneinsteiger +++ Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt +++ Schülerwettbewerb „30 Jahre Friedliche Revolution 1989“ +++
2 I n h a l t 3 AUS DEM PLENUM Aktuelle Stunde “Neustart nach der Krise: Wirtschaft zügig hochfahren, Arbeitsplätze sichern” (auf Antrag der Fraktion der SPD) 4 - 10 Auszüge aus der Jochen Schulte (SPD), Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, Original-Debatte Dirk Lerche (AfD), Bernhard Wildt (CDU), Henning Foerster (DIE LINKE) 11 - 19 Berichte Klimaschutz bekommt kein eigenes Gesetz 1600 Euro fürs Pflegeheim Landtag lehnt Gaskraftwerk in MV ab Debatte über Lockerungen für Geimpfte Es braucht weiter Geduld 20 - 22 Meldungen Land plant Gesetz fürs Carsharing Rechtssicherheit für Beitragspflicht Bessere Schulung für Seiteneinsteiger Im Notfall nur Briefwahl Zwei Milliarden Euro für Unis und Hochschulen Ausschüsse dürfen per Video tagen Auszahlung von Wirtschaftshilfen Corona bestimmt Wahlregeln 23 - 24 Gesetzgebung Laufende und abgeschlossene Gesetzgebung 25 - 27 AUS DEN AUSSCHÜSSEN Ostseeparlamentarierkonferenz Zweckentfremdungsgesetz M-V Lehrer im Seiteneinstieg Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt Umweltpreis 27 - 29 Schülerwettbewerb „30 Jahre Friedliche Revolution 1989“ Das Schloss vor 30 Jahren Titelfoto: Uwe Sinnecker 30 - 31 Es gab mehr direkte Reaktionen - Zwei Journalisten blicken zurück auf die Anfänge des Landtages 32 PANORAMA Chronik Impressum Herausgeber: Layout: Uwe Sinnecker Namentlich gekennzeichnete Beiträge Landtag mecklenburg-Vorpommern geben nicht in jedem Fall die Meinung des - Öffentlichkeitsarbeit - Druck: produktionsbüro TINUS Herausgebers wieder. Schloss, Lennéstraße 1, 19053 Schwerin Gedruckt auf Recyclingpapier Alle Abbildungen sind urheberrechtlich Fon: 0385 / 525-2113, Fax 525-2151 geschützt. Nachdruck nur mit schriftlicher E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@landtag-mv.de Zugunsten des Leseflusses und aus Platz- Genehmigung des Herausgebers. Internet: www.landtag-mv.de gründen haben wir bei der Bezeichnung von Menschengruppen manchmal nur die Die LANDTAGSNACHRICHTEN können redaktion: Referat Öffentlichkeitsarbeit, männliche Form verwendet. In solchen kostenlos bezogen werden. Bestellungen Anna-Maria Leistner Fällen ist die weibliche Form mitgedacht. sind an den Herausgeber zu richten. Redaktionsschluss 19. Februar 2021 LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A k t u e l l e S t u n d e 3 Wirtschaft nach der Krise Abgeordnete diskutieren über Möglichkeiten für einen gelingenden Neustart „Wir haben bis auf Weiteres wegen der Corona-Krise geschlossen.“ So oder so ähnlich lesen sich die Zettel an den Schaufenstern vieler Ge- schäfte. Gut ein Jahr, nachdem der erste Corona-Fall in Deutschland fest- gestellt wurde, und nach langen Mo- naten des Lockdowns fragen sich viele Unternehmen und Beschäftigte: Wann wird es weitergehen? Und wie Foto: Uwe Sinnecker soll der Neustart gelingen? Die An- sichten der Landespolitik tauschten Landeshilfen in Höhe von 550 Millionen Holger Arppe (fraktionslos) appellierte die Abgeordneten in einer Aktuellen Euro bewilligt worden. Die Landesregie- daran, die von der DEHOGA ausgear- Stunde aus. Sie sprachen unter ande- rung setze alles daran, die Wirtschaft beiteten Vorschläge für einen Neustart rem über staatliche Zuschüsse, die Bä- wieder auf Touren zu bringen. „Ich bin der Branche nicht zu ignorieren. Gast- derverkaufsordnung, beschleunigte sehr zuversichtlich, dass wir an die gute stätten, Restaurants, Hotels und Cafés Investitionen und eine Marketingkam- wirtschaftliche Lage vor Corona an- hätten „gegen jede Vernunft und jede pagne für MV. Auf die Agenda gesetzt knüpfen können.“ Faktenlage“ schließen müssen. „Viele hatte das Thema die SPD-Fraktion. stehen am Rande der Existenz, des exis- Dirk Lerche (AfD) warf der Politik vor, tentiellen Zusammenbruchs.“ Die wirtschaftliche Situation werde sich die Krise mit Entscheidungen aus dem nach der Krise nicht schlagartig verbes- Bauch heraus am Leben zu halten und Henning Foerster (DIE LINKE) mahnte, sern, betonte Jochen Schulte (SPD). Die damit jeden Tag Wirtschaftsexistenzen nach der Krise nicht einfach zur Tages- Landesregierung müsse deshalb auch zu vernichten. Seine Vorschläge, um der ordnung überzugehen. „Die Pandemie dann weiter an der Seite der betrof- Wirtschaft zu helfen: CO2-Steuer, EEG- hat wie unter einem Brennglas offenge- fenen Unternehmen stehen. Er regte an, Umlage und bürokratische Regelungen legt, wo die größten Baustellen sind.“ Er Programme mit der Mittelstandsbank wie die Bonpflicht abschaffen. Die Lauf- plädierte unter anderem für eine wei- oder der Bürgschaftsbank MV zu verlän- zeiten der Kern- und Kohlekraftwerke tere Marketingkampagne im Tourismus, gern oder neu aufzulegen und gegebe- verlängern. Die Euro-7-Norm verhin- einen Zuschuss für saisonverlängernde nenfalls auch über verlorene Zuschüsse dern. Und die Bäderverkaufsordnung und damit auch arbeitsplatzerhaltende nachzudenken. „MV wird das aber nicht für zwei Jahre in eine Einzelhandel-Ret- Maßnahmen, einen armutsfesten Ver- alleine leisten können. Wir brauchen da- tungsverordnung umwidmen. gabemindestlohn, für eine Wirtschafts- bei auch die finanzielle Unterstützung förderung, die Unternehmen für gute des Bundes und der Europäischen Uni- Keine der Einschränkungen werde aus Arbeitsbedingungen und Tariflöhne be- on.“ Zum Beispiel über eine Investitions- dem Bauch heraus getroffen, wider- lohne, eine Industriestrategie und mehr offensive, die auch neue Schulden nicht sprach Bernhard Wildt (CDU). Jede Arbeitsplätze im Bereich Gesundheit ausschließe. Entscheidung sei geleitet von wissen- und Pflege. schaftlichen Erkenntnissen und Sach- Die Corona-Krise verlange der Wirt- verstand. Das gelte auch für Öffnungs- schaft sehr viel ab, sagte Ministerpräsi- perspektiven. Er halte es für wichtig, dentin Manuela Schwesig (SPD). „Das Wirtschaft und Bürgern mit einer Art ist eine große Zumutung für alle Betrof- Belastungsmoratorium Zuversicht zu fenen, das wissen wir.“ Bund und Land vermitteln. Das würde bedeuten: keine nähmen deshalb sehr viel Geld für Un- neuen Steuern, keine neuen Regulie- terstützungen in die Hand. „Wir kämp- rungen. Darüber hinaus schlug er vor, fen um jedes Unternehmen, wir kämp- als Landtag darauf hinzuwirken, Investi- fen um jeden Arbeitsplatz in unserem tionen durch einfachere Planungspro- Land.“ Bislang seien in MV Bundes- und zesse zu beschleunigen. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
4 A k t u e l l e S t u n d e Jochen Schulte, SPD: von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hinstellt und sagt, […] nach- dem die Demonstrantinnen und Demonstranten […] in Russ- „Was wir nicht land verhaftet worden sind, jetzt […] muss ein Baustopp der Ostseepipeline Nord Stream 2 durchgesetzt werden, dann machen können, ist, ist Frau Baerbock und all denjenigen, die sie unterstützen – und damit schließt sich […] der Kreis zur […] Aktuellen die Unternehmerinnen Stunde – […] gar nicht klar, was sie da […] fordert. Die Men- schen, die dort auf die Straße gehen, demonstrieren für ei- und Unternehmen nen Rechtsstaat, sie demonstrieren gegen politische Willkür. Was Frau Baerbock fordert, ist in der letzten Konsequenz die alleine zu lassen.“ Abschaffung des Rechtsstaates und die Ersetzung durch po- litische Willkür. […] (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) Foto: Uwe Sinnecker Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn man kritisch gegenüber Nord Stream 2 steht. Man kann […] die Frage aufwerfen, ob wir diese Pipeline für die Energieversorgung Deutschlands und Europas brauchen. […] Aber was man nicht […] darf, […] ist, zu sagen, wir haben zwar ein […] auf der Grundlage demokratisch legitimierter Gesetze […] durchgeführtes Verfahren, das zur Genehmigung eines In- frastrukturvorhabens […] geführt hat […], aber diese Ent- scheidung nicht etwa vor ordentlichen Gerichten anzugrei- fen, sondern zu sagen, jetzt muss sich Politik hinstellen, über den Rechtsstaat hinwegsetzen, über die entsprechenden Genehmigungen hinwegsetzen und aus politischen Grün- den […] sagen, dieses Vorhaben muss gestoppt werden. Das […] es ist genau heute vor einem Jahr gewesen, am […] ist genau das, wogegen die Menschen in Russland auf 27.01.2020, als in Bayern der erste Corona-Fall […] festgestellt die Straße gegangen sind. worden ist, […] keiner von uns hat, […] damit gerechnet und es nur ansatzweise geahnt, welche Konsequenzen auf uns (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) alle zukommen würden – weder, was das soziale Leben an- geht, noch, was die Frage der wirtschaftlichen und mate- […] was man auch für unser Land daraus lernen muss […]: riellen Auswirkungen, nicht nur für Unternehmerinnen und Egal, worüber man redet […], wie man der Wirtschaft wieder Unternehmen, auch für die […] Beschäftigten mit sich brin- helfen kann, auf die Beine zu kommen, […] damit die Bürge- gen wird. […] rinnen und Bürger eine wirklich effektive Chance nach der Corona-Krise für einen Neustart in ein soziales, in ein wirt- Aber […] ich will […] deutlich an dieser Stelle sagen […], dass schaftliches Leben haben –, […] alles, was wir machen, muss es jedem Menschen zu jeder Zeit überall auf dieser Welt […] unter der Prämisse Rechtsstaat laufen. […] gestattet sein muss, friedlich für seine Meinung zu demons- trieren und diese Meinung auch gegenüber denjenigen, die Alles, was wir machen, muss den Menschen auf der Grund- gewählt worden sind oder die regieren, entsprechend zum lage eines demokratisch legitimierten Rechtsstaates dienen, Ausdruck zu bringen. […] und die Menschen und die Unternehmerinnen und Unter- nehmen und deren Beschäftigte haben ein Recht darauf, (Beifall vonseiten der Fraktionen dass das, was sie dann auch rechtmäßig bekommen, können der SPD, CDU und DIE LINKE) sie auch hinterher behalten, ohne dass es aus politischen Gründen infrage gestellt wird […]. […] So richtig es ist, sich klar und deutlich dagegen zu po- sitionieren, dass Menschen, weil sie ein Recht in Anspruch (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) nehmen, ihre Meinung zu äußern, […] nicht verhaftet wer- […] den dürfen, so schlimm ist es – und ich benutze diesen Aus- (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) druck ausdrücklich und bewusst – […], wenn Politikerinnen […] und Politiker in anderen Ländern […] das Eintreten für Men- (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – schenrechte dafür missbrauchen wollen – […] der Ausdruck Unruhe bei Horst Förster, AfD) ist bewusst gewählt –, dass sie ihre […] politischen Vorstel- (…)[…] lungen damit verknüpfen. (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU) Wenn sich eine Politikerin, […] zum Beispiel Frau Baerbock, […] LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e 5 Foto: Uwe Sinnecker (Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU) […] das DEHOGA-Papier, erarbeitet wird, ist ein guter, […] […] richtiger Schritt, […] weil es ein Beitrag ist aus der Mitte der (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU) Wirtschaft, […] der Gesellschaft zur Problemfindung und zur […] Problemlösung. (Präsidentin Birgit Hesse spricht bei abgeschaltetem Mikrofon.) (Horst Förster, AfD: Das muss man dann […] aber an den Maßnahmen erkennen können!) (Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU und Thomas Würdisch, SPD) Wir können das nur gemeinsam machen und wir werden es auch nur so machen können, dass wir mit allen Beteiligten […] das ist die Stärke dieses Landes […] gewesen, dass wir dieser Gesellschaft […] diesen Diskussionsprozess fortfüh- trotz unterschiedlichster Position bei vielen Fragen immer ren, um Lösungen zu finden. eine gemeinsame Position […] gefunden haben. Und das ist, […] weswegen wir – Land, Landesregierung, Landtag – […] (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) relativ gut […] bisher durch die Krise gekommen sind. […] was wir nicht machen können, ist, die Unternehmerin- Was ich mir wünsche […], auch als Botschaft […] an die Men- nen und Unternehmen […] alleine […] zu lassen nach dem schen, an die Unternehmen, […] an deren Beschäftigte […], Motto: Jetzt ist die Krise vorbei, jetzt könnt ihr alleine zuse- ist, dass das […] weiterhin so vonstattengeht, auch in der hen, wie ihr da durchkommt. Das wird nicht funktionieren Zeit, die sich […] an die eigentliche Krise anschließt, […] […]. (Heiterkeit bei Bernhard Wildt, CDU) (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) […] auch dann wird es noch Probleme […] geben, die sich […] aus der Corona-Krise ergeben. Und auch da haben die Men- schen im Land darauf einen Anspruch, dass wir das mög- (Zuruf von Bernhard Wildt, CDU) lichst gemeinsam und konstruktiv machen. […] Wir müssen uns […] überlegen, was wir machen kön- […] jedes Papier, das von Kammern, […] von Verbänden, wie nen. […] da sollten wir, und das ist eine ausdrückliche Bitte LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
6 A k t u e l l e S t u n d e […] meiner Fraktion auch an die Landesregierung, […] ob Ministerpräsidentin Manuela Schwesig: man […] bestehende Programme gemeinsam mit Mittel- standsbank oder mit Bürgschaftsbank M-V zielgerichtet ver- „Ohne Industriearbeitsplätze längert oder […] auflegt, um kleinere und mittelständische Unternehmen […] zu unterstützen. Das kann […] eine Finan- hat Mecklenburg-Vorpom- zierung von Betriebsmitteln sein, das können […] kreditnahe Produkte sein mit Nachhang- und Eigenkapitalcharakter […]. mern keine wirtschaftliche […] ich will da der Prüfung […] nicht vorgreifen, […] ob man Perspektive.“ […] an der einen oder anderen Stelle der kleinteiligen Wirt- Foto: Uwe Sinnecker schaft in unserem Land auch mit staatlichen Mitteln […] un- terstützend unter die Arme greift. […] was nicht dazu führen kann, […] dass wir am Ende bei Unternehmen, die betriebs- wirtschaftlich nicht lebensfähig sein werden, dann […] nur den Sterbeprozess verlängern. […] (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) […] egal, was wir machen […], wir müssen zusehen, dass wir auch im Interesse der Beschäftigten bestmöglich aus der Kri- se kommen. […] Und wir müssen auch ehrlich sein, dort, wo es immense wirtschaftliche Schwierigkeiten gibt, da muss man vielleicht […] eine Art Sanierungsmediation mit den Unternehmen, mit den Gläubigern, mit den Schuldnern ma- chen, um […] auszuloten, kann ich dieses Unternehmen […] Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir haben noch aus der Insolvenzfalle führen […]. M-V wird das nicht von Anfang an gesagt, es ist unsere Aufgabe, mit einem alleine leisten können. […] wir brauchen […] dabei […] fi- Dreiklang durch diese Corona-Krise zu kommen, die Ge- nanzielle Unterstützung des Bundes und der Europäischen sundheit der Menschen zu schützen, aber eben auch die Union. […] Wirtschaft und unsere Arbeitsplätze zu schützen und den sozialen Zusammenhalt. (Wolfgang Waldmüller, CDU: Einzelmeinung.) Und von Anfang an haben wir unsere Wirtschaft, unsere […] Arbeitsplätze in der Corona-Krise nicht alleingelassen. Wir unterstützen die Unternehmen und versuchen, die Arbeits- (Heiterkeit bei Wolfgang Waldmüller, CDU: plätze zu sichern. Wir nehmen sehr viel Geld in die Hand Einzelmeinung.) für unsere industriellen Kerne, ebenso für die Kleinst- und Kleinunternehmern, mittelständische Betriebe bis zu ganz […] Es ist richtig, dass man Schulden nicht machen soll, ein- großen Betrieben, damit die Produktion erhalten bleibt hier fach, um konsumtive Ausgaben zu finanzieren. Aber […] was in Mecklenburg-Vorpommern, damit die Unternehmen er- wir überlegen müssen, ist […], ob wir auch nach der aktu- halten bleiben und die Arbeitsplätze. Und ich sage es hier ellen Krise […] Mittel brauchen über Schulden, die der Bund ganz klar: Wir kämpfen um jedes Unternehmen, wir kämpfen und die Länder aufmachen können, um […] eine Investiti- um jeden Arbeitsplatz in unserem Land! Wir tun das, damit onsoffensive […] zu finanzieren […]. wir auch nach der Krise sofort Anschluss haben und damit (Am Rednerpult leuchtet die rote Lampe.) unsere Wirtschaft und die Arbeitsplätze eben auch gesund durch die Krise kommen. […] Und das sollte insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wohnen, Verkehr und […] Digitales sein. […] Eine ganz große Hilfe ist das Kurzarbeitergeld, das der Bund seit vielen Monaten zur Verfügung stellt, damit eben Unter- (Heiterkeit bei Horst Förster, AfD) nehmen nicht ihre Mitarbeiter entlassen müssen. Und ich weiß, dass es für viele gerade in unserem Land schwer ist, […] mit dem Kurzarbeitergeld über die Runden zu kommen, aber Kurzarbeit mit Kurzarbeitergeld ist immer noch besser (Beifall vonseiten der Fraktionen als Arbeitslosigkeit, und es ist ein wichtiges Instrument. Wir der SPD und CDU) werden uns weiter als Land dafür einsetzen, dass das beste- hen bleibt. (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD) Sehr geehrte Damen und Herren, ich will ganz klar sagen, LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e 7 Dirk Lerche, AfD: „Wir benötigen Arbeitskräfte im Gesundheitswesen, in der Pflege, bei den Gesundheitsämtern.“ Fotos: Uwe Sinnecker Der Bereich vor dem Plenarsaal wird von Fernsehteams für Interviews genutzt. Sehr geehrte Präsidentin! […] Liebe Landsleute! „Neustart nach der Krise: Wirtschaft zügig hochfahren, Arbeitsplätze sichern“ – da frage ich mich: Wie lange geht die Krise noch? dass ich sehr zuversichtlich bin, trotz dieser schwierigen Si- Wer hat die Dauer der Krise zu verantworten? Wen betraf oder tuation, dass wir an die gute wirtschaftliche Lage vor Corona betrifft die Krise? […] Wie wollen wir in Zukunft leben? Akzep- anknüpfen können und für weitere Verbesserungen sorgen tieren wir die Natur heute und setzen auf Forschung und Wei- können. […] terentwicklung der Medizin für zukünftige Generationen? […] Wenn wir diese Fragen […] beantworten, ist die Krise vorbei Ich will ein Schlaglicht darauf werfen, wo unsere Zukunfts- und wir können analysieren, welche Wirtschaftsbranchen es branchen liegen. Wir haben einen starken Tourismus. Und wie schlimm getroffen hat. Mecklenburg-Vorpommern war Tourismusland, Mecklen- burg-Vorpommern bleibt Tourismusland, und ich bin ganz Die Nahrungsmittelindustrie lief weiter, die Land-, Forst- und zuversichtlich, dass der Tourismusbereich eine sehr gute Pers- Fischereiwirtschaft ebenso. Die Hoch- und Tiefbaubranche pektive hat, […]. hat es bis jetzt auch nicht getroffen, ebenso der Maschinen- bau und die IT-Branche. Letztere und auch die Transportbran- Ohne Industriearbeitsplätze hat Mecklenburg-Vorpommern che haben Zuwächse. Verlierer der Krise sind die Werftindu- keine wirtschaftliche Perspektive, und deshalb ist es wich- strie, welche auf Kreuzfahrttourismus gesetzt hat, und ihre tig, dass wir gerade versuchen, industrielle Markenkerne wie Zulieferer, die komplette Tourismusbranche, die Gastronomie zum Beispiel den Schiffbau zu erhalten. […] und ein großer Teil des Einzelhandels sowie viele Dienstleister und Freizeit- beziehungsweise Kulturunternehmen. Jeden Letzter Punkt, sehr geehrte Damen und Herren: Natürlich Tag, mit dem wir politisch diese Krise am Leben erhalten, wollen wir auch in Arbeitsplätze der Zukunft investieren […]. Unser Land ist immer vorangegangen, wenn es darum ging, (Unruhe bei Thomas Krüger, SPD, zum Beispiel in erneuerbare Energien zu investieren. […] und Wolfgang Waldmüller, CDU) Wir wollen der Standort werden, der nicht nur Wasserstoff- produktion erforscht, sondern auch Wasserstoff produziert, werden Wirtschaftsexistenzen vernichtet. Die Zahl der zu- und zwar so, dass es perspektivisch bezahlbar ist für Privat- künftigen Insolvenzen […] wird ständig höher. Und dann trifft haushalte und für die Industrie. Damit sind auch industrielle es auch irgendwann das Handwerk […]. Wir, die AfD-Fraktion, Ansiedlungen möglich. Das ist auch eine Zukunftsbranche haben Sie, meine Damen und Herren, oft genug aufgefordert, für Mecklenburg-Vorpommern, in die wir weiter investieren. diese Art von Lockdown und damit die Krise zu beenden. Aber Sie entscheiden ja lieber aus dem Bauch heraus und wundern (Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – sich, dass die Zahl der Infizierten weiterhin stabil bleibt. Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Funktioniert nicht!) (Sebastian Ehlers, CDU: Die Zahl geht runter.) LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
8 A k t u e l l e S t u n d e […] Womit wollen Sie denn nun nach der irgendwann auf- Und bedenken Sie, was ich anfangs gesagt habe – ich komme hörenden Krise einen Wirtschaftsanschub oder besser einen zum letzten Satz –: Wir müssen uns dran gewöhnen, mit Wirtschaftsboom, um all die Schulden zurückzuzahlen, finan- den Viren zu leben. Bei den Krankenhauskeimen hat man in zieren? Die AfD-Fraktion kann Ihnen sagen, liebe Landesre- Deutschland bisher auch wenig unternommen, keine Billion gierung, lockergemacht und nimmt in Kauf, dass im Jahr zwischen (Minister Harry Glawe: Na?) 10.000 und 20.000 Patienten mit oder daran versterben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. […] schaffen Sie die verrückte CO2-Steuer ab, die Unterneh- men wie Verbraucher belastet! (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos) (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD) Schaffen Sie die EEG-Umlage ab und verlängern Sie die Lauf- Bernhard Wildt, CDU: zeiten der bisherigen Kern- und Kohlekraftwerke, die gün- stigen Strom produzieren! „Ich glaube Mecklenburg- (Unruhe vonseiten der Fraktionen Vorpommern hat in dieser der SPD und CDU) Corona-Krise deutliche Dann bleibt bei Unternehmern, die keine Ausnahme bei der EEG-Umlage haben – und das sind die meisten in Mecklen- Sympathiepunkte burg-Vorpommern, gerade bei den Verlierern –, nämlich mehr hängen. gewonnen.“ (Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Foto: Uwe Sinnecker Zuruf aus dem Plenum: Jawoll!) Verhindern Sie die Euro-7-Norm! Schaffen Sie die Bürokratie wie die hirnrissige Bonpflicht ab! (Zuruf von Thomas Krüger, SPD) […] Und was Sie hier in M-V tun können, Herr Krüger: (Thomas Krüger, SPD: Jaja!) Widmen Sie für ein bis zwei Jahre die Bäderverkaufsordnung in Einzelhandel-Rettungsverordnung, und zwar in ganz Me- cklenburg-Vorpommern, um! Corona geht uns allen gewaltig auf die Nerven […] und die Maßnahmen gegen Corona. Das haben wir hier gemeinsam, (Zuruf von Thomas Krüger, SPD) […] Und deswegen ist es ganz normal und ganz richtig, dass wir hier in der Landesregierung und im Landtag selbst da- […] Machen Sie den Menschen wieder Mut, nach draußen zu rüber nachdenken, wie kommen wir aus dieser Krise wieder gehen, und verbreiten nicht immer Panik! hinaus […]. […] Das 400-Köpfe-Unternehmen Miltenyi Biotec in Tete- Aber um in die Normalität zu kommen, brauchen wir zwei row produziert Peptide für die Impfstoffforschung. […] Dort Grundvoraussetzungen. könnte auch eventuell Impfstoffproduktion laufen, per Lizenz. Also setzen Sie Fördergelder gezielt ein! Das Erste ist, dass wir Corona in gewisser Weise besiegen müssen […]. Deswegen gebietet es die Vernunft, […], immer Und wenn uns eines diese Krise gelehrt hat: Wir benötigen Maßnahmen zu ergreifen, das Virus einzu […] dämmen […]. Arbeitskräfte im Gesundheitswesen, in der Pflege, bei den Und die Maßnahmen der Landesregierung und der Bundes- Gesundheitsämtern, und keine Gleichstellungsbeauftragten, regierung gehen genau in diese Richtung. Gendersternchenforscher/-innen oder -außen, Die zweite Grundvoraussetzung ist, dass wir die Substanz un- [… ] seres Landes nicht beschädigen. Die Substanz, damit meine ich die Unternehmen, die Arbeitsplätze, die wir haben. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e 9 […] wir möchten so viele Unternehmen wie möglich am Le- dass wir die Wirtschaft und auch die privaten Bürger […] ben erhalten, und das ist eben entscheidend, um nach der nicht weiter belasten, dass schon diese Zuversicht auch ver- Krise wieder auf einen Wachstumspfad zurückzukommen, mittelt wird, es gibt eine Art Belastungsmoratorium, keine um auch wieder Arbeitsplätze aufzubauen, […]. neuen Steuern, keine neuen Regeln, Auch hier sind die Landesregierung und auch die Bundesre- (Zuruf von Horst Förster, AfD) gierung sehr aktiv. Es gibt eine Fülle von Hilfsprogrammen, […]. Und insofern muss sich jetzt der Blick tatsächlich nach […], dass man dort alle Wachstumskräfte fördert und nicht vorne richten in die Perspektive: Wie kommen wir anschlie- versucht, irgendetwas abzuwürgen. ßend wieder aus dieser Situation heraus, was passiert dann? (Beifall vonseiten der Fraktion der CDU). […] Von daher sind diese Perspektivpläne – und auch die Touristiker bei uns im Land haben einen ähnlichen Plan ja Ein zweiter Punkt, den ich für genauso wichtig halte, […], entwickelt […] sehr detailliert aufgelistet, was können wir am 20. November im Bundestag wurde ein Investitions- wann machen und wie kommen wir Schritt für Schritt he- beschleunigungsgesetz beschlossen, […] es geht darum, raus. Und es ist ganz wichtig, dass dort keine Termine dran- bestimmte Planungsprozesse zu verkürzen, um bestimmte stehen. […], sondern es sind eben Voraussetzungen zu erfül- Maßnahmen schneller durchführen zu können. […] Und len. Und das bringt eine Transparenz in den ganzen Prozess. auch wir hier im Landtag könnten darüber nachdenken, Es ist nämlich genau nicht so, wie Sie sagen, Herr Lerche, inwiefern wir die Investitionen beschleunigen können, in- es ist kein Bauchgefühl, sondern es ist geleitet von wissen- wiefern wir Maßnahmen schneller umsetzen können, sozu- schaftlichen Erkenntnissen, es ist geleitet von Sachverstand sagen die PS schneller auf die Straße kriegen, denn es ist ja und dann eben auch transparent, logisch, konsequent und alles da, das Geld haben wir bereitgestellt, die Ideen sind da, konsistent. Das sind die Maßnahmen, die wir dort vorantrei- […]. ben wollen. Dann war im Wirtschaftsausschuss vor wenigen Wochen (Beifall vonseiten der Fraktionen das Landesmarketing zu Gast. […] Ich glaube Mecklenburg- der SPD und CDU – Zuruf von Dirk Lerche, AfD) Vorpommern hat in dieser Corona-Krise deutliche Sympa- thiepunkte gewonnen. […] die Menschen kommen gerne Und so kann man sagen, das sind im Prinzip zwei kommuni- zu uns, nicht nur als Urlauber, sondern zunehmend auch zierende Röhren: auf der einen Seite die Zahl der Infektionen, junge Leute, die bei uns leben und arbeiten wollen. Und der Inzidenz, die runtergeht, und auf der anderen Seite die diese Stärken […] müssen wir noch weiter ausspielen. Das Lockerungen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Landesmarketing wird das tun, und das begrüßen wir au- Lebens, die damit eben dann wieder einhergehen. […] ßerordentlich […]. Und wir wissen spätestens seit Ludwig Erhard, Wirtschaft ist Ein wichtiger Punkt ist angesprochen worden, wenn es zu mindestens 50 Prozent Psychologie. Es geht auch darum, um die Zukunftsindustrien geht, um […] Forschung und wie sind die Erwartungshaltungen der Konsumenten, der Entwicklung. An der Stelle möchte ich mich noch mal aus- Bürger, aber auch der Unternehmen, wie schätzt man die drücklich auch bei Harry Glawe bedanken, der das Thema Zukunft ein, möchte man lieber sparen oder möchte man Transferbeauftragte umgesetzt hat. lieber investieren, möchte man lieber die Kapazitäten aus- bauen oder ist man ängstlich und hält sich weiter zurück. Und da ist es ganz wichtig […], genau diese Zuversicht […] zu vermitteln, diesen Mut rüberzubringen. […] wir brauchen handfeste Maßnahmen. […] Ich glaube, es ist sehr wichtig, Fotos: Uwe Sinnecker Fotografen nutzen die Möglichkeit, das Sitzungsgeschehen im Plenarsaal von Viele Bereiche des Plenarsaals werden regelmäßig desinfiziert. der Lobby aus durch die Glastüren zu dokumentieren. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
10 A u s d e m P l e n u m / A u s z ü g e a u s d e r O r i g i n a l - D e b a t t e Henning Foerster, DIE LINKE: Wenn wir in Sachen gute Löhne und mehr Wertschöpfung endlich vorankommen wollen, benötigen wir auch eine „In Sachen Digitalisierung Industriestrategie. Es ist sattsam bekannt, dass Industrie grundsätzlich für hoch qualifizierte Arbeitsplätze, ein at- braucht es endlich traktives Lohnniveau und innovative Produkte steht. Mo- dernste Technologien bieten ja nicht nur im verarbeiten- eine Strategie.“ den und produzierenden Gewerbe die Aussicht auf eine hohe Wertschöpfung, sondern auch die Aussicht auf gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Und eine solche Fotos: Uwe Sinnecker Strategie muss natürlich die Erfahrungen mit der aktuellen Corona-Pandemie aufgreifen und darüber hinaus die de- mografischen Herausforderungen, die Abkehr von Kohlen- stoff im Energiesektor und die schon angesprochene Digi- talisierung berücksichtigen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! […] Die Pandemie hat wie unter einem Brennglas offengelegt, wo die größten Baustellen sind. Viele Probleme […] waren ja schon vor dem Frühjahr 2020 existent und wurden durch Corona letztlich nur verschärft. Einrichtungen des Kinder- und Jugendtourismus klagen seit Langem über jahrelangen Investitionsstau und die mangelnde Unterstützung des Lan- des. Die Ausbeutung von ausländischen Werkvertragsarbei- tern beschäftigte den Landtag schon in der letzten Wahlpe- riode. Niedriglöhne und atypische Beschäftigung sind ein Dauerbrenner in diesem Land und schlagen in Krisenzeiten nun natürlich auch bei der Höhe des Kurzarbeitergeldes durch. Der Fachkräftemangel stellt Krankenhäuser und Pflegeheime schon seit Langem vor große Probleme. Sai- sonarbeit ist auch nach 30 Jahren Tourismusboom in Meck- lenburg-Vorpommern immer noch ein Problem für viele Tausend Beschäftigte. Die Tarifflucht der Arbeitgeber im Ein- zelhandel sorgt seit der Jahrtausendwende dafür, dass ein signifikanter Teil der Verkäuferinnen nach ver.di-Angaben trotz Arbeit arm ist. Der Arbeitsschutz wurde jahrelang so stiefmütterlich behandelt, dass im Durchschnitt noch alle 20 Jahre mal ein Inspekteur vorbeikommt. […] Und die Versäumnisse beim Breitbandausbau sowie beim Mobil- funkausbau erinnern zuweilen an den Vorspann der Serie „Raumschiff Enterprise“: (Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE) Planet Mecklenburg, unendliche Weiten, wir schreiben das Jahr 2021. Homeoffice ist für viele Beschäftigte immer noch In der Debatte haben noch weitere Redner gesprochen. keine Option. […] In Sachen Digitalisierung braucht es end- Die vollständigen Redebeiträge finden Sie zum Nachle- lich eine Strategie, die den Namen auch verdient. Es gilt, sen auf der Website des Landtags (Parlamentsdokumente/ Schwerpunkte zu setzen, statt überall ein bisschen mitzu- Plenarprotokolle) oder zum Nachhören auf dem YouTube- spielen, […]. Besser wäre es, Vorhaben zu priorisieren und Kanal unter www.landtag-mv.de konsequent umzusetzen. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e 11 Klimaschutz bekommt kein eigenes Gesetz DIE LINKE scheitert mit Vorstoß für verbindlichere Regelungen Was MV für den Klimaschutz tut? Zu wenig, meint DIE LINKE: Zwischen 1991 und 2017 habe das Land seine Treibhausgasemissionen gerade ein- mal um 0,8 Prozent gesenkt. Eine Ur- sache dafür sieht die Oppositionsfrak- tion in viel zu unverbindlichen Regelungen. Sie regte deshalb an, dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen und ein Klimaschutzgesetz zu verabschieden. Einen entspre- chenden Entwurf brachte die Fraktion Mit Stromerzeugung mittels Windkraftanlagen soll wie hier an der Autobahn 24 südlich von Schwerin der Anteil der CO2 -Emissionen reduziert werden. Foto: Jens Büttner im Januar zur ersten Lesung ein. Er sieht vor, gemessen an 1990, den Aus- effektivsten zum Klimaschutz beitragen Das Ziel, bis 2050 ein klimaneutrales stoß von Treibhausgasen bis 2030 um können.“ Dazu gehöre auch ein kosten- Bundesland zu sein, würde er unter- 65 Prozent und bis 2040 um 85 Pro- loser ÖPNV, mehr Wald, mehr ökolo- schreiben. Der Weg dahin sei momen- zent zu reduzieren und bis 2050 eine gischer Landbau und mehr erneuerbare tan allerdings etwas beschwerlich. Die Klimaneutralität anzustreben. Der Ge- Energien im Gebäudesektor. „Hier wol- Energiewende gelinge nun mal nicht setzentwurf erwartet von der Landes- len wir bis 2050 einen klimaneutralen mit einem Schnipsen oder Zaubern. regierung bis 2022 ein Energie- und Gebäudebestand erreichen. Und das Klimakonzept sowie von Kreisen und geht nur, wenn wir den privaten Be- „Wenn man hier so zuhört, möchte man Gemeinden eigene Klimaschutzstra- reich mit einbeziehen.“ Die Umsetzung meinen, in der nächsten Legislaturperi- tegien und Wärmekonzepte. Darüber der Ziele soll von einem neu zu bilden- ode brauchen wir hier gar keine Grünen hinaus richtet er seinen Blick auch auf den Klimarat begleitet werden. Und sie – denn wir haben ja die Linken“, mein- Gebäudeeigentümer, Landwirtschaft müsse sozial gerecht verlaufen, betonte te Christoph Grimm (AfD). Er warf den und Förderprogramme. Vertiefend Schwenke. Linken vor, sich als „CO2-Streber“ aufzu- beraten wird der Entwurf jedoch spielen und bereits Wahlkampf zu be- nicht: Die Landtagsmehrheit stimmte Dass ein Gesetz den Klimaschutzzielen treiben. „Mit ihrem Gesetzentwurf will gegen eine Überweisung in die Aus- des Landes mehr Verbindlichkeit verlei- DIE LINKE grüne Stimmen einsammeln, schüsse. hen würde, wies Energieminister Christian denn Klimahysterie und Trendanalyse Pegel (SPD) nicht von der Hand. Eine lassen hier auf fette Beute hoffen.“ Die „Die Zahlen sprechen eine eindeu- derart vielschichtige Regelung aber geplanten Verschärfungen kämen einer tige Sprache“, resümierte Dr. Mignon noch in dieser Legislaturperiode auf den „Ökodiktatur“ gleich und würden in der Schwenke (DIE LINKE): Mit einem unver- Weg zu bringen, sei nicht realistisch. „Ich Konsequenz viel Wohlstandsverzicht bindlichen Aktionsplan komme der Kli- befürchte, dass wir an der Stelle nicht bis bedeuten. Wärmeanalysen, Monitoring, maschutz in MV nicht voran. „Deshalb zum Ende kommen werden.“ Anders als klimaneutrale Gebäudebestände: „Wer lassen Sie uns ein Klimaschutzgesetz DIE LINKE würde er inhaltlich auch nicht trägt hierfür eigentlich die Kosten?“ Ob mit ambitionierten Minderungszielen auf Thüringen blicken, sondern auf die Strompreis, Heizkosten oder Mobili- auf den Weg bringen!“ Die einzelnen viel detaillierteren Regelungen von tät: Die Bundesbürger müssten schon Schritte soll die Landesregierung mit Hamburg. Größere Städte und Gemein- jetzt für die Energiewende sehr tief breiter Beteiligung aus Wissenschaft, den in MV hätten bisweilen bereits aus in die Tasche greifen. „Wollen Sie, dass Wirtschaft, Vereinen und Bürgern er- eigenem Antrieb Klimaschutzstrategien Energie zum Luxusgut wird?“ Dass der arbeiten und in einem Energie- und und Wärmeschutzkonzepte entwickelt. Gesetzentwurf bei den Emissionsein- Klimakonzept bündeln. „Unser Gesetz- Alle Kommunen, unabhängig von ihrer sparungen über die Vorgaben der Bun- entwurf schreibt nicht jede Einzelmaß- Größe, zu entsprechenden Konzepten desregierung hinaus gehe, sei „ein Stück nahme fest. Er steckt den Rahmen ab zu verpflichten? „Ich bin mir bei unserer aus dem Tollhaus“. Mit Energiepolitik und konzentriert sich auf Schwerpunkt- spezifischen Gemeindestruktur nicht si- wie dieser schaffe sich Deutschland als bereiche, die nach unserer Meinung am cher, ob sich das so durchhalten ließe.“ Industrienation ab. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
12 A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e „DIE LINKE will offensichtlich im landes- die ökonomischen Grundlagen unseres Zu wenig Zeit für ausführliche Bera- politischen Streben als Klassenbeste her- Wohlstandes“. Seine Vermutung: „Es tungen? Das Argument ließ Dr. Mignon vorgehen und die Grünen links überho- geht den Akteuren gar nicht um die Schwenke (DIE LINKE) nicht gelten. len“, sagte Dietmar Eifler (CDU). Er sprach Sache, sondern um den Umbau der Ge- Der Landtag habe sich in der heutigen von einem „Übermaß an Regelungen“, sellschaft.“ Sitzung schließlich auch mit anderen das in nahezu alle Lebensbereiche ein- Gesetzen in erster Lesung befasst. „Die greife und zusätzliche Belastungen für Die SPD stand einem Klimaschutzgesetz müssen wir ja auch ausführlich und Wirtschaft, Bürger und Verwaltung mit für MV grundsätzlich offen gegenüber. gründlich diskutieren.“ Viele Punkte aus sich bringe. Aus seiner Sicht unnötige Einer Überweisung in die Ausschüsse dem vorgeschlagenen Klimaschutzge- Belastungen: Die bestehenden Vorga- könne seine Fraktion aber trotzdem setz seien außerdem bereits an anderen ben von Bund, Land und der EU reichten nicht zustimmen, machte Thomas Stellen ausführlich im Parlament disku- aus, um Klimaschutz effektiv und flexibel Würdisch geltend. Er führte dafür zwei tiert worden. „Das ist überhaupt nichts, umzusetzen. „Ein weiteres Strangulieren Gründe an. Erstens: fehlendes Einver- was Ihnen jetzt völlig neu vom Himmel all der Bereiche wird es mit meiner Frak- nehmen mit dem Koalitionspartner. fallen dürfte.“ Ihre Fraktion werde jetzt tion nicht geben.“ MV sei kein typisches Zweitens: inhaltliche Bedenken. „Natür- nicht still auf die zweite Lesung des Ge- Industrieland. „Wir haben keine rauchen- lich wäre es hervorragend, wenn wir in setzentwurfs warten. „Wir werden eine den Schornsteine.“ Er sprach den Linken jedem Landkreis und in jeder Gemein- eigene Anhörung machen. Und ich lade ab, es mit dem Gesetzentwurf ernst zu de Klimaschutzstrategien hätten.“ Viele schon heute die Grünen des Landes ein, meinen – andernfalls hätten sie ihn nicht von ihnen könnten das personell aber dazu mit beizutragen.“ erst zum Ende der Legislaturperiode ein- gar nicht leisten. Die Finanzierung lade gebracht. Die augenscheinliche Vorlage, der Gesetzentwurf beim Land ab, wie Die Mehrheit des Landtags lehnte es ab, das Klimaschutzgesetz von Thüringen, das bezahlt werden soll, bleibe offen. Er den Gesetzentwurf zu weiteren Bera- gebe es schließlich schon seit 2018. Sei- sehe hier noch großen Beratungsbedarf tung in die Ausschüsse zu überweisen. ner Meinung nach wolle sich DIE LINKE – der bis zum Ende der Legislatur nicht Damit wird er spätestens nach drei Mo- lediglich auf Kosten von Wirtschaft, Ver- zu bewältigen sei. „Unserer Auffassung naten zur zweiten Lesung auf die Tages- brauchern und Verwaltung profilieren. nach ist es mit Blick auf die notwendige ordnung gesetzt. Beteiligung der zahlreichen Betroffenen „Sie suggerieren hier, unser kleines Land nicht möglich, den Gesetzentwurf in Gesetzentwurf DIE LINKE könne die Welt quasi im Alleingang ret- gut 125 Tagen in den Ausschüssen Drucksache 7/5737 ten“, wandte Holger Arppe (fraktions- zu beraten und dann zur letzten ord- los) gegen den Gesetzentwurf ein. „Das nungsgemäß geplanten Sitzung im Juni winzige Minus in MV bei den Treibhaus- wieder hier im Landtag aufzurufen.“ Ziel gasemissionen würde umgehend wett- seiner Fraktion sei, ein solches Gesetz gemacht durch ein leichtes Aufdrehen mit Nachdruck zu Beginn der nächsten in Amerika oder anderswo.“ Die Kosten Legislaturperiode anzupacken. hierzulande wären immens, der Einfluss auf das Klima gleich null. Das Gesetz ret- te nicht das Klima, sondern „stranguliert Stichwort: Klimaneutralität Stichwort: Klimaschutzziele Klimaneutralität bedeutet, dass ein Der Bund verabschiedete Ende 2019 Bundesverwaltung bis 2030 klimaneu- Produkt oder eine Tätigkeit keine kli- ein Klimaschutzgesetz für Deutschland. tral zu organisieren. Das Bundesgesetz maschädigende Wirkung hat. Dies Ausgangspunkt ist das Pariser Klimaab- erlaubt es den Ländern ausdrücklich, kann auf zwei Wegen erreicht wer- kommen, das vorsieht, den globalen eigene Klimaschutzgesetze zu erlassen. den. Zum einen, indem man bei der Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Diese Bundesländer haben bislang da- Herstellung eines Produktes oder der Celsius zu begrenzen. Das Bundesge- von Gebrauch gemacht: Hamburg, Nie- Ausübung einer Tätigkeit so gut es setz schreibt fest, die Treibhausgase- dersachsen, Schleswig-Holstein, Berlin, geht Treibhausgase vermeidet. Zum missionen in Deutschland bis 2030 um Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Rhein- anderen, indem ausgestoßene Gase mindestens 55 Prozent zu senken. Der land-Pfalz, Baden-Württemberg, Bayern an anderer Stelle durch Klimaschutz- Ausgangswert dafür ist das Jahr 1990. und Bremen. Andere Bundesländer – projekte entsprechend kompensiert Im Fokus der Handlungsfelder liegen Hessen und Sachsen-Anhalt zum Bei- werden – zum Beispiel durch Emissi- die Bereiche Energiewirtschaft, Indus- spiel – haben ihre Ziele in Klimaschutz- onshandel. (Quellen: Bundesregierung trie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft plänen oder -konzepten verankert. Der und Deutsche Umwelthilfe) und Abfallwirtschaft. Begleitend dazu Gesetzentwurf der Linken in MV orien- wurde ein Expertenrat eingerichtet. Der tiert sich laut Antragsteller maßgeblich Bund setzt sich im Gesetz zum Ziel, die am Gesetz von Thüringen. LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e 13 1600 Euro fürs Pflegeheim Eigenanteile steigen / DIE LINKE drängt auf Entlastungen In einem Pflegeheim zu leben, wird für Bewohner in MV von Jahr zu Jahr teurer. Zum Jahresbeginn mussten sie im Schnitt monatlich 1622 Euro bezah- len. Damit ist der Eigenanteil basierend auf den Zahlen des VDEK (Verband der Ersatzkassen e.V.) binnen Jahresfrist um 180 Euro gestiegen. Zum Vergleich: Die Durchschnittsrente in MV liegt bei 1200 Euro. Viele sind auf Sozialhilfe angewiesen. DIE LINKE forderte, diese Spirale zu stoppen. Der von Bundesge- sundheitsminister Spahn vorgelegte Gesetzentwurf für eine Pflegereform geht ihnen dabei nicht weit genug. Sie forderte die Landesregierung auf, die in den Eigenanteilen enthaltenen Investitionskosten in voller Höhe zu übernehmen und die Ausbildungs- zuschläge landesweit auf maximal 50 Euro zu begrenzen. Mit Blick auf die an- gestrebte Pflegereform hält sie es für geboten, die pflegebedingten Kosten zunächst auf 400 Euro zu begrenzen Heimaufenthalt entfallen. „Wie viele sind Deckelung werde für die Menschen in und ab 2022 gänzlich abzuschaffen. denn drei Jahre in einem Alten- und Pfle- MV kaum spürbar sein, weil die entspre- Die Koalitionsfraktionen lehnten Extra- geheim?“ Er kritisierte, dass die Ende 2019 chenden Eigenanteile im Schnitt unter Kosten für das Land ab und verwiesen gegründete Bund-Länder-Arbeitsgrup- den avisierten Beträgen lägen. Hier müs- auf den Bund. pe zur Weiterentwicklung der Pflege- se nachverhandelt werden. Dem Land versicherung noch nicht einmal getagt die Investitions- und Ausbildungskosten Die Eigenanteile seien ein Fass ohne Bo- habe. „Das ist ein Unding.“ aufzudrücken, lehnte er ab. Das wären den und kürzlich erneut gestiegen, hob jährlich mindestens 90 Millionen Euro. Torsten Koplin (DIE LINKE) hervor. Sum- Pflegebedürftig zu werden, berge für Ausgaben, die mit Blick auf die Pande- men zwischen 1700 und 2000 Euro seien viele Bürger ein Armutsrisiko, pflichtete mie-Kosten nicht stemmbar seien. „Sie auch in MV keine Seltenheit mehr. „Mir Energieminister Christian Pegel (SPD) in wissen, wie sehr das Land sich strecken ist kein anderer Lebensbereich bekannt, Vertretung für Sozialministerin Stefanie muss, um diese Maßnahmen zu finanzie- der in der kurzen Frist solch eine Teu- Drese (SPD) bei. „Die bisherige Pflege- ren.“ erungsrate aufweist wie die stationäre versicherung stößt hier an ihre Grenzen.“ Heimunterbringung.“ Hier sei dringender Die Sozialministerin trete diesbezüglich „Man erkennt eine Gesellschaft, wie sie Handlungsbedarf geboten, auch seitens seit Langem für Verbesserungen ein, so mit ihren Jungen und wie sie mit ihren der Landespolitik. Immerhin machten Pegel. „Aber das kann MV leider nicht al- Alten umgeht, habe ich mal gehört. die Investitionskosten rund ein Drittel lein bewerkstelligen.“ Hier sei der Bund Und da glänzt Deutschland nicht“, mein- des Eigenanteils aus. Der Gesetzentwurf gefragt. Dieser habe bislang aber keine te Thomas de Jesus Fernandes (AfD). der Bundesregierung bringe in seiner Kooperationsbereitschaft gezeigt. „Viel- Familien mit hohen Eigenanteilen zu jetzigen Form kaum eine Entlastung mehr legte das Bundesgesundheitsmini- schröpfen, komme einer Enteignung im für Bürger in MV. Darin sollen die pfle- sterium Ende 2020 ein Eckpunktepapier Alter gleich. Natürlich seien solche Ent- gebedingten Kosten erst bei 700 Euro vor, das nicht mit den Ländern abge- lastungen auch eine Frage des Geldes. gedeckelt werden und nach drei Jahren stimmt war.“ Die darin vorgeschlagene Eine Diskussion, die man auf Kosten LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
14 A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e Stichwort: Pflegereform der Pflegekräfte, der Allgemeinheit, der raum. „Mecklenburg-Vorpommern hat Solidarität oder unkontrollierter Ein- Corona-bedingt 2,85 Milliarden Euro Bundesgesundheitsminister Jens wanderung führen könne. „Sie müssen Schulden gemacht. Damit werden wir in Spahn (CDU) hat für 2021 eine Pfle- gereform angekündigt und Ende des entscheiden, was der richtige Weg ist.“ den nächsten Jahren umgehen müssen.“ vergangenen Jahres ein Eckpunkte- Auch seine Fraktion halte es für wichtig, Er betonte, dass ein Teil der steigenden papier dazu vorgelegt. Das sieht un- den medizinischen Anteil in der Pflege Eigenanteile auch auf bessere Löhne für ter anderem vor, den Eigenanteil für von der Pflege- auf die Krankenkasse Pflegekräfte zurückzuführen sei. „Das ist die stationäre Pflege auf maximal 700 zu übertragen. „Da entsteht wesentlich ja ein Stück weit Ursache und Wirkung“ Euro zu begrenzen und eine Zeit von mehr Planungssicherheit und die Kosten und bedinge einander. Im Gegensatz drei Jahren. Danach soll der Eigenan- kommen da hin, wo sie auch hingehö- zur CDU sprach er sich dafür aus, die teil komplett entfallen. ren.“ Er berichtete aber auch von Leuten, medizinische Behandlungspflege den Dieser Eigenanteil für Pflege umfasst die wegen der Pflegekosten aus anderen Krankenkassen zuzuordnen. „Das wäre nicht die Kosten für Unterkunft und Bundesländern nach MV gezogen seien. für die Leute und die Einrichtungen eine Verpflegung und liegt in MV zumeist „Hier laufen wir Gefahr, dass wir noch zu- deutliche Entlastung.“ Er sei gespannt, unter 700 Euro. Der Bund plant zudem, sätzlich überaltern oder vielleicht unsere inwieweit der Bund die Länder bei den die Länder bei den Investitionskosten eigenen Pflegeheime überlasten.“ Investitionskosten in die Pflicht nehmen stärker in die Pflicht zu nehmen – in- werde. dem sie für jeden pflegebedürftigen Maika Friemann-Jennert (CDU) warb Heimbewohner einen monatlichen um eine gesamtheitliche Lösung. Um Torsten Koplin (DIE LINKE) würdigte die Zuschuss von 100 Euro zahlen. In die Beiträge für die Pflegeversicherung sachbezogene Debatte. „Inhaltlich hatte MV liegen die Investitionskosten im auf einem stabilen Niveau zu halten, ich mich darauf eingestellt, dass Sie ein Schnitt bei rund 340 Euro. habe man sich bei ihrer Einführung 1995 Genervtsein zum Ausdruck bringen.“ ganz bewusst gegen eine Vollversiche- Enttäuscht sei er aber darüber, wie sehr rung entschieden. Davon abzurücken, die Koalition darauf baue, dass der Bund Stichwort: Eigenanteile würde die Beiträge für Arbeitnehmer die Probleme löse. „Das Eckpunktepapier Wer gesetzlich oder privat pflege- und Arbeitgeber rasant steigen lassen. ist beschriebenes Papier und möglicher- versichert ist, hat Anspruch auf Leis- „Das lehnen wir vor dem Hintergrund weise diskussionswürdig, löst aber das tungen aus der Pflegeversicherung. der Generationengerechtigkeit und Problem nicht.“ Die durchschnittliche Wie hoch diese sind, richtet sich auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ab.“ Rente in MV habe im vergangenen Jahr nach dem Pflegegrad. Die Kosten für Die medizinische Behandlung in die Zu- 1207 Euro betragen – ein Plus zum Vor- eine stationäre Pflege sind in der Re- ständigkeit der Krankenkassen zu legen, jahr von 50 Euro. „Die Renten steigen gel aber höher als der Zuschuss der würde ebenfalls zu höheren Beiträgen bei Weitem nicht in dem Maße wie die Pflegekassen. Diese Differenz müs- führen. Bei den Vorschlägen für die Lan- Eigenanteile.“ Dass 36 Prozent der Heim- sen die Pflegebedürftigen selbst desebene bleibe DIE LINKE eine Ant- bewohner auf soziale Hilfen angewiesen bezahlen. Dieser sogenannte Eigen- wort darauf schuldig, wie das finanziert seien, könne niemanden kalt lassen. Vor anteil setzt sich aus verschiedenen werden solle. „Bitte verstehen Sie mich dem Hintergrund, dass offenkundig der Posten zusammen. Dazu gehören nicht falsch: Auch ich möchte, dass Pfle- Bund in der Arbeitsgruppe mit den Län- Unterkunft, Verpflegung, Investiti- geheimbewohnerinnen und -bewohner dern mauere, appellierte er an die Mini- onskosten sowie ein sogenannter nach einem langen Arbeitsleben nicht sterpräsidentin, bei der Bundeskanzlerin einrichtungseinheitlicher Eigenanteil. auf Sozialhilfe angewiesen sein müssen. ein Engagement von Minister Spahn ein- Letzterer ist eine Pauschale, die inner- Eine Entlastung auf der einen Seite darf zufordern. halb eines Heimes für alle Bewohner jedoch nicht dazu führen, dass auf der gleich hoch ist, unabhängig vom anderen Seite unverhältnismäßige Belas- Ministerpräsidentin Manuela Schwesig Pflegegrad. Auch Kosten für die Aus- tungen entstehen.“ Handlungsgrundla- (SPD) versicherte, das Thema mit nach bildung von Personal können auf die ge für ihre Fraktion werde deshalb die Berlin zu nehmen und kündigte an, ge- Heimbewohner umgelegt werden. Pflegereform des Bundes sein. gebenenfalls auch eine Bundesratsiniti- Und natürlich individuelle Zusatzleis- ative zu prüfen. Das Land stärker in die tungen wie Einzelbettzimmer. Im Bun- Jörg Heydorn (SPD) machte darauf auf- Pflicht zu nehmen, hielte sie ordnungs- desdurchschnitt betrugen die Eigen- merksam, dass 36 Prozent der Menschen politisch und finanziell für problema- anteile zum Jahresbeginn 2068 Euro. in stationären Pflegeeinrichtungen von tisch. „Das würde uns überfordern.“ Den statistisch gesehen niedrigsten Sozialhilfe abhängig seien. „Das ist eine Betrag müssen Pflegeheimbewohner Sache, die kann keiner wollen. Das ist DIE LINKE, die AfD und die beiden frakti- in Sachsen-Anhalt zahlen: 1465 Euro. auch gegen das erklärte Ziel der Pflege- onslosen Abgeordneten stimmten dem Danach folgt MV mit 1622 Euro. Am versicherung.“ Das Gros der Änderungs- Antrag zu. SPD und CDU lehnten ihn ab. teuersten ist eine Heimunterbringung möglichkeiten liege aber auf der Bundes- in Nordrhein-Westfalen: Hier liegt der ebene. Eine der wenigen Stellschrauben, Antrag DIE LINKE Durchschnitt laut VDEK bei 2460 Euro. an denen MV selber drehen könnte, wä- Drucksache 7/5741 (Quelle: www.vdek.com) ren die Investitionskosten. Dafür gebe es derzeit aber keinen Handlungsspiel- LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
A u s d e m P l e n u m / B e r i c h t e 15 Landtag lehnt Foto: Jens Büttner Gaskraftwerk in MV ab AfD warnt vor Zusammenbruch der Stromversorgung Die AfD sorgt sich um die Strom- versorgung in MV. Ihre Argumentati- on: Der Anteil erneuerbarer – und da- mit auch wetterabhängiger – Energien steigt. Der Strombedarf auch. Der gleichzeitige Ausstieg aus Kern- und Kohleenergie ist beschlossen. Damit steige das Risiko von Blackouts, also Im Hafen von Mukran lagern die Rohre für die Erdgaspipeline Nord Stream 2. Diese soll einmal russisches Gas nach Lubmin transportieren. großflächigen Stromausfällen. Um dem entgegenzuwirken, schlug die „Wir sind weit von jeder Katastrophe dass die Landesregierung Bedenken Oppositionsfraktion vor, ein Gaskraft- weg“, widersprach Energieminister gegen Gaskraftwerke habe. Der Minis- werk zu errichten. Ihre Forderung an Christian Pegel (SPD). Die jährliche ter habe in der Fragestunde aber auch die Landesregierung: Die dafür nöti- Stromunterbrechung befinde sich auf deutlich gemacht, dass derzeit gar kei- gen Rahmenbedingungen zu schaf- einem historisch niedrigen Wert. Bun- ne Anträge zum Bau von Gaskraftwer- fen und entsprechende Vorhaben mit desweit liege er bei 12,2 Minuten. In ken vorlägen. „Also erschließt es sich mir zügigen Verwaltungsentscheiden zu MV, dem Bundesland mit der höchsten auch nicht, in welcher Weise das Minis- unterstützen. Der Antrag fand keine Dichte an erneuerbaren Energien, seien terium oder die Landesregierung da tä- Mehrheit im Parlament. es sogar nur 10,3 Minuten. „Die resultie- tig werden soll oder könnte.“ So lange ren im Übrigen nicht aus ausgefallenen kein Antrag da sei, könne man darüber Die Bundesrepublik steuere auf eine zu- Kraftwerken, sondern im Regelfall aus auch nicht entscheiden. Weshalb es nehmend gefährliche Lage zu, warnte zu großen Baggerschaufeln, die zu tief notwendig sein soll, die Rahmenbedin- Christoph Grimm (AfD). Die Gefahr im Boden waren, oder aus einer Lei- gungen zu ändern, könne er ebenfalls eines Blackouts sei real und wachse tung, die nicht im Plan stand.“ Auch der nicht erkennen. „Von daher werden wir stetig. Als Beispiel verwies er auf den 8. Januar habe überhaupt nichts mit Ihren Antrag ablehnen.“ 8. Januar 2021. An diesem Tag sei die erneuerbaren Energien zu tun gehabt. Netzfrequenz schlagartig von knapp Hier seien binnen 14 Sekunden schlicht Holger Arppe (fraktionslos) betonte, über 50 Hertz auf 49,7 Hertz gesunken. große, konventionelle Kraftwerke in dass erneuerbare Energien auch noch Um Schwankungen wie diese auszu- Südosteuropa ausgefallen. „Das kriegt aus einer anderen Sicht problema- gleichen, werde die Schwungmasse auch kein Gaskraftwerk in 14 Sekunden tisch werden könnten: Ohne Wind kein großer Generatoren benötigt. „Wind- hochgefahren.“ Er sprach sich dafür aus, Strom. „Der kommt dann woanders her, energieanlagen oder gar Photovoltaik Gaskraftwerke vor allem dort zu bauen, aus französischen, polnischen oder nie- sind dazu nicht in der Lage. Je größer wo es nicht genügend erneuerbare En- derländischen Atomkraftwerken.“ Weht also der Anteil dieser Energieformen, ergien gebe. „Das ist insbesondere der der Wind dann wieder, werde plötzlich umso kleiner die Fähigkeit des Netzes, Süden und der Südwesten unserer Re- extrem viel Strom in die Netze gedrückt. sich quasi selbst zu heilen.“ Um die Ver- publik.“ Auch das befördere einen Blackout. „Die sorgung abzusichern, benötige MV des- Bundesregierung ist sich offensichtlich halb möglichst schnell ein modernes Dietmar Eifler (CDU) kritisierte, dass die des Umstandes bewusst, dass wir in Gaskraftwerk, vorzugsweise in Lubmin. AfD den Stromausfall in Südosteuropa Zukunft Probleme mit der Stromversor- „Gaskraftwerke sind aufgrund ihrer tech- zum Anlass für den Antrag nehme, ihn gung bekommen werden.“ Andernfalls nischen Eigenschaften besonders dafür dann aber im Raum stehen lasse, ohne hätte sie kein „Stromrationierungsge- geeignet, kurzzeitig Schwankungen bei Ursache und Ausgangssituation näher setz“ auf den Weg gebracht. Er meint Photovoltaik- oder Windenergieanlagen zu erläutern. Die Bundesnetzagentur damit das Erneuerbare-Energien-Ge- auszugleichen.“ MV befände sich damit habe deutlich gesagt, dass die Versor- setz, das unter anderem für Gebäude in guter Gesellschaft, denn auch Bayern, gungssicherheit in Deutschland nicht und Anlagen Smart-Meter vorsieht Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rhein- gefährdet gewesen sei. „Das ist auch – und damit, so Arppe, kontrollierte land-Pfalz, Brandenburg, Schleswig- noch mal eine ganz wichtige Feststel- Stromausfälle ermögliche. Holstein und Niedersachsen planten lung im Zusammenhang mit diesem oder bauten bereits solche Anlagen. Antrag.“ Er könne auch nicht erkennen, LandtagsNachrichten Mecklenburg-Vorpommern 2/2021
Sie können auch lesen