Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf

 
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Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
Ausgabe April 2015

Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf

Denkendorfer News
                                                                 DITF sind Gründungsmitglied der ZUSE-Gemeinschaft
                                                                 Industrieforschung für den „German Mittelstand“
                                                                  Die institutionelle wirtschaftsnahe       Präsident der Zuse-Gemeinschaft
                                                                  Forschung mit einem Potenzial von      ist Dr. Ralf-Uwe Bauer, Direktor des
                                                                  bundesweit rund 130 Forschungs­        Thüringischen Instituts für Textil-
                                                                  instituten hat sich am 23. Januar      und Kunststoff-Forschung e.V. (TITK),
                                                                  2015 in Berlin zur Deutschen Indus­    Rudolstadt. Auf der Festveranstaltung
                                                                  trie­forschungsgemeinschaft Konrad     zur Gründung der Interessenvertre­
                                                                  Zuse e. V. zusammengeschlossen.        tung bezeichnete er diesen Schritt
                                                                  Damit bekommt die dritte Säule         als notwendig und überfällig. „Die
                                                                  der deutschen Forschungslandschaft     Bündelung des Industrieforschungs­
                                                                  neben Hochschulen und den vier         potenzials wird dessen positive Wir­
                                                                  Großforschungseinrichtungen erst­      kung auf die Innovationstätigkeit
                                                                  mals Vertretung und Stimme. Die        des Mittelstands spürbar verstärken“,
Ministerpräsident Winfried Kretschmann auf seinem Rundgang        DITF gehören mit weiteren Instituten   zeigte sich Bauer überzeugt. Als Part­
durch die DITF                                                    der Innovationsallianz Baden-Würt­     ner des leistungsstarken Mittelstands
                                                                  temberg (innBW) zu den Gründungs­      mit über 100.000 regelmäßig inno­
Textilindustrie: Branche mit innovativer, zukunfts-               mitgliedern.                           vativ aktiven Unternehmen gelte es
fähiger Perspektive                                                   Der technologie- und branchen­     zudem, bestehende Wettbewerbs­
                                                                 offene Verband geht mit 68 For­         verzerrungen und Ungleichbehand­
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser!                       schungseinrichtungen aus zwölf Bun-     lungen zum Beispiel bei Förderung
                                                                 ­desländern an den Start und deckt      und Projektausschreibungen zu über-
Die Textilindustrie sei eine „innovative und zukunftsfähige      ein breites Spektrum wirtschafts­       winden.
Branche mit Perspektiven in Zukunftsfeldern wie Nach­            naher Forschungskompetenzen ab.            Für die DITF wurde Prof. Dr. Meike
haltige Mobilität, Ressourceneffizienz, Gesundheit und Pfle­     Die Mitglieder unterstützen die Wirt­   Tilebein, Leiterin des Zentrums für
ge oder bei Leichtbau-Technologien“, zeigte sich Baden-          schaft in den prioritären Zukunfts­     Management Research, in den Senat
Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann              aufgaben Deutschlands mit den           und in den zwanzigköpfigen Inno­
anlässlich eines Besuchs der DITF im Februar überzeugt.          Themenfeldern Nachhaltiges Wirt­        vationsrat, das wichtigste Arbeits­
   Wie die Denkendorfer Forscher als Ideengeber und Kom­         schaften und Energie, Gesundheit,       gremium der Industrieforschungs­
petenzpartner die Innovationstätigkeit und Wettbewerbs­          Intelligente Mobilität, Information     gemeinschaft, gewählt.
fähigkeit der Textilindustrie aber auch vieler anderer Indust­   und Kommunikation sowie Sicherheit.
rien in den genannten Zukunftsfeldern unterstützen, führte
ein Rundgang durch Europas größtes Textilforschungszent­
rum dem Ministerpräsidenten vor Augen.
   Mit ähnlichem Tenor unterstrich kürzlich auch Ingeborg
Neumann, Präsidentin des Gesamtverbandes der deutschen
Textil- und Modeindustrie e. V., auf einem internationalen
Wirtschaftskongress die Bedeutung der anwendungsorien­
tierten Forschung für die Wirtschaft: „Die intensive Zusam­
menarbeit deutscher Textilproduzenten mit Textilfor­
schungsinstituten ist eine wesentliche Grundlage für die
hohe Innovationskraft der Unternehmen. Hieraus entstehen
immer wieder Produktneuheiten, die Deutschlands Welt­
marktführerschaft im Bereich Technische Textilien sichern“,
erklärte Ingeborg Neumann.
   Eine aktuelle Auswahl an Innovationen und Entwick­
lungen der DITF finden Sie in diesem Newsletter. Viel Freude      Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg – die DITF sind dabei
und Inspiration bei der Lektüre!                                 Auf Initiative von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid gründete sich
                                                                 Ende März die Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg, die alle wesentli­
Ihr                                                              chen Akteure des Landes vernetzt und Maßnahmen bündelt. Die DITF sind
                                                                 wichtiger Kompetenzpartner dieser Gemeinschaft. Die Allianzpartner sollen
                                                                 vorrangig kleinen und mittleren Unternehmen Orientierung auf dem Weg zu
                                                                 Industrie 4.0 geben.
                                                                    Bei der zentralen Auftaktveranstaltung am 26. März 2015 im Neuen Schloss
                                                                 in Stuttgart informierte sich Minister Nils Schmid am DITF-Stand über aktuelle
Prof. Dr.-Ing. Götz T. Gresser                                   Projekte im Bereich Industrie 4.0 der DITF.
(Sprecher des Vorstands)

                                                                                                                  Denkendorfer News 1
Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
Veranstaltungen und Messen

    Anwenderforum                             profitiert von schlauen Textilien. Sie
                                                                                       Messe- und Veranstaltungssplitter
                                              ermöglichen es, bis ins hohe Alter
    SMART TEXTILES                            sicher und unabhängig zu woh­
                                              nen, mobil und in Verbindung mit
                                              anderen zu bleiben und integrie­
                                              ren ältere Arbeitnehmer in die sich
     3. Anwenderforum SMART                  stetig verändernde Arbeitswelt. Die
    TEXTILES – Ideen und Visionen             Bandbreite an Möglichkeiten, die die
    zum Fliegen bringen                       Referenten präsentierten, verblüfft:
    Hightech-Textilien sind ein weltwei­      So gibt es textile ­Technologien, mit
    ter Wachstumsmarkt. Beim Anwen­           deren Hilfe der Mensch mit Ma­
    derforum SMART TEXTILES am 11.            schinen interagieren kann, dünne
    und 12. März 2015 in Stuttgart und        Bandsensoren, die am Handgelenk
    Esslingen informierten sich Industrie     kontinuierlich den Blutdruck messen
    und Wissenschaft über neue Pro­           oder textile Elektroden, die gegen
    dukte, Trends und Marktchancen. Ein       chronische Schmerzen wirken. Sen­
    Besuch bei der Festo AG & Co. KG          sorische Textilien überwachen die
    führte die Teilnehmer in die span­        Vitalparameter bei Babys oder pfle­
    nende Welt der Bionik.                    gebedürftigen Personen und mel­          Denkendorfer Innovationstag: Wissenschaftler informieren über
       Auch beim diesjährigen Anwen­          den automatisch einen Notfall. Sol­      aktuelle Projekte
    derforum wurden neueste Entwick­          che Kleidungsstücke warnen auch,
    lungen vorgestellt, die man vor ei­       wenn sich Feuerwehrleute im Einsatz      11.12.2014
    nigen Jahren noch für unmöglich           überlasten oder Lkw-Fahrer müde          Denkendorfer Nano-Forum
    gehalten hätte. Mit viel Phantasie        werden und sorgen so für Sicherheit.     Unter dem Leitthema „Mit Nanotechnologie zu neuen
    und technischem Know-how wur­             Auch die komplexe Elektronik, die in     Funktionalitäten“ informierte das Nano-Forum über verbes­
    den aus Ideen und Visionen Produk­        den Fasern steckt, wurde erklärt.        serte und zum Teil gänzlich neuartige Funktionswelten, die
    te. Kaum ein ­Unternehmen wie die                                                  durch Integration der Nanotechnologie in den Produktions­
    Festo AG & Co. KG zeigt so eindrück­                                               prozess realisiert werden können.
    lich, wie ­Visionen Wirklichkeit werden
    können. Deshalb lag es nahe, das 3.                                                28.01.2015
    Anwenderforum mit einem Besuch                                                     Denkendorfer Kolloquium Hochleistungsfasern
    in der Firmenzentrale in Esslingen-                                                und Faserverbundwerkstoffe
    Berkheim beginnen zu lassen. In                                                    Erstmalig veranstalteten ITV und ITCF gemeinsam dieses
    einer Ausstellung und bei diversen                                                 bekannte Faser-Kolloquium, das bisher ausschließlich auf
    Flugshows ließen die Teilnehmer ihre                                               Hochleistungsfasern ausgerichtet war. Das Themenspekt­
    Phantasie „beflügeln“.                                                             rum erweiterte sich dadurch um Faserverbundwerkstoffe
       Die Vorträge am zweiten Veran­         Dr. Klaus Jansen (vorne rechts) und      und ihre Anwendungsbereiche. Referenten aus Industrie
    staltungstag stellten vielfältige Smart   Prof. Dr.-Ing. Götz T. Gresser (vorne,   und Wissenschaft präsentierten aktuelle Entwicklungen
    Textiles für die Bereiche Gesundheit,     2. von links) mit den Referenten des     entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
    Mobilität und Sicherheit vor. Gera­       Anwenderforums SMART TEXTILES
    de eine älter werdende Gesellschaft                                                25.02.2015
                                                  Die Veranstaltung bot viel Raum,     Denkendorfer Innovationstag ­– Forschung trifft
                                              über Produktideen und deren er­          Praxis
                                              folgreiche Etablierung am Markt zu       Sowohl langjährige Kunden und Partner als auch neue In­
                                              diskutieren. Die begleitende Fach­       teressenten sind jedes Jahr dabei, wenn die Wissenschaftler
                                              ausstellung machte die neuesten          auf dem Innovationstag Einblick in ihre Arbeit geben. Was
                                              Entwicklungen anschaulich und greif-     in Vorträgen erklärt wird, wird bei der anschließenden Füh­
                                              ­bar.                                    rung durch die Technika der Institute greifbar. Auf beson­
                                                  Im Jahr 2012 haben das For­-         deres Interesse stieß in diesem Jahr der sogenannte „grüne
                                               sch­ungskuratorium Textil e.    V. in   Schnee“, der aus Algen auf textilem Untergrund besteht.
                                               Berlin, das Institut für Textil- und
                                               Verfahrenstechnik Denkendorf und        10.03. – 12.03.2015
                                               das Textilforschungsinstitut Thürin­    JEC Composites Show Paris
                                               gen Vogtland e.  V. in Greiz dieses     Auf der JEC Composites Show in Paris stellten ITV und ITCF
                                               Anwenderforum ins Leben gerufen,        ihre Forschungsbereiche Faserverbundtechnik und Hoch­
                                               um den Austausch von Industrie und      leistungsfasern auf dem bw-i Gemeinschaftsstand vor. Das
                                               Wissenschaft zu fördern. 130 Teilneh­   ITV präsentierte aktuelle Entwicklungen für die Verarbei­
    Flugshow bei Festo:                        mer nutzten in diesem Jahr die Ge­      tung von Hochleistungsfasern für Faserverbundwerkstoffe.
    Die ferngesteuerte Qualle AirJelly         legenheit, sich zu informieren und      Exponate demonstrierten die Produktentwicklung von der
    gleitet durch das Luft­­meer               Kon­takte zu knüpfen.                   Idee bis zur marktreifen Anwendung.

2 Ausgabe April 2015
Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
Neues aus der Forschung

                                                                  Chemisch und thermisch                Das ITV hat ein schonendes Reini­
                                                                 stabile Fasern für Hightech-            gungsverfahren für die mit ­Schmelze
                                                                 Anwendungen                             behafteten Teile wie Spinndüsen
                                                                 ITV entwickelt mit Maschinenbau-        und Extruderschnecken aufgebaut.
                                                                 Unternehmen neue Anlagentech-           Der Korrosionsschutz der Spinnpum­
                                                                 nik                                     pen versagte jedoch bei den hohen
                                                                 Schutzkleidung und Heißgasfilter,       Temperaturen. Zur Lösung dieses
                                                                 Hochseesegel und Baumembranen           Problems gewann das ITV die ­WITTE
                                                                 haben eines gemeinsam: sie erfor­       Pumps & Technology GmbH, ein
                                                                 dern chemisch oder thermisch sehr       Unternehmen, das im Bau hochkor­
                                                                 widerstandsfähige Fasern. Fluor­        rosionsbeständiger Chemiepumpen
                                                                 kunststoffe erfüllen diese Vorausset­   erfahren ist, für das die vergleichs­
                                                                 zung, aber ihre mechanische Be­         weise kleinen Spinnpumpen jedoch
                                                                 lastbarkeit ist eingeschränkt. Diese    Neuland waren. Der WITTE GmbH
                                                                 Eigenschaft könnte ein zweiter          gelang es, eine korrosionsbestän­
Starke Partner im neuen Forschungscampus:                        Kunststoff übernehmen. Für die          dige Pumpe zu entwickeln, die die
Prof. Dr.-Ing. Götz T. Gresser, Prof. Michael Goretzky,          Verbindung der Kunststoffe bieten       Versuche am ITV mit wiederholten
Prof. Dr. Klaus Meier und Prof. Dr.-Ing. Volker Jehle            sich Bikomponentenfasern an, deren      Reinigungszyklen bestand. Mit dieser
                                                                 Kern aus einem Kunststoff als Festig­   neuen Spinnpumpe wurden Bikom­
 ITV Denkendorf und Hochschule Reutlingen                       keitsträger und deren Mantel aus        ponentenfasern aus spinnfähigem
gründen gemeinsamen Forschungscampus                             einem Fluorkunststoff besteht. Die
                                                                 ­                                       PTFE und PFA in Verbindung mit
Neues Lehr- und Forschungszentrum als Innovations-               entsprechende Prozesstechnologie,       PEEK ausgesponnen. Die Polymere
motor für Südwestdeutschland                                     mit der Fluorkunststoffe mit einem      wurden von der ElringKlinger AG
                                                                 Zweitkunststoff zu Bikomponenten­       und von der ­Firma Victrex zur Verfü­
Die Hochschule Reutlingen und das ITV verbindet eine             fasern ausgesponnen werden kön­         gung gestellt. Die DIENES Apparate­
langjährige Partnerschaft. Nun bündeln die beiden                nen, hat das ITV Denkendorf nun zu­     bau GmbH stellte einen neu entwi­
Forschungseinrichtungen mit der Einrichtung des Zen-             sammen mit vielen Partnern aus          ckelten Heizschacht bereit.
trums für Interaktive Materialien ihre Kompetenzen.              dem Maschinenbau entwickelt.               Mit der neuen Anlagentechnik
Über 200 Teilnehmer waren in Reutlingen dabei, als                    Besondere Herausforderung bei      wurden erste vielversprechende
der neue Forschungscampus am 25. März 2015 feier-                diesem Projekt war die Kombina­         Spinnversuche am ITV durchge­
lich eröffnet wurde. Das Lehr- und Forschungszentrum             tion der Fluorkunststoffe mit ande­     führt. Die Festigkeit der gefertigten
arbeitet eng mit Industrie und Verbänden zusammen                ren      Hochtemperaturkunststoffen,      komponentenfaser erreichte mit
                                                                                                         Bi­
und bietet seinen Studierenden damit optimale Vor-               die von konventionellen Anlagen         >30 cN / tex (563 MPa) die gestellte
aussetzungen für den späteren Berufseinstieg.                    ­bis­her nicht bewältigt werden kann.   Zielsetzung. Die Spinngeschwin­
In Denkendorf und Reutlingen finden Industriepartner mit          Fluorkunststoffe bzw. deren bei der    digkeiten mussten allerdings ge­
dem neuen Zentrum eine Plattform für die Forschung, die           Extrusion in Spuren auftretende        genüber der bei Polyester üblichen
technische Innovationen in emotionale und funktionale             ­Zersetzungsprodukte sind bei Tem­     Geschwindigkeiten stark zurückge­
Produkte umsetzt. Leitthemen sind Mobilität und Leicht­            peraturen über 350 °C – insbeson­     fahren werden. Die neuen Bikom­
bau, Gesundheit, Sicherheit, Umwelt und Komfort.                   dere in Verbindung mit Spuren von     ponentenfasern bieten ein enormes
    Was mit emotionalen Produkten gemeint ist, wurde               Wasser – hochkorrosiv. Neben diesen   Potenzial für viele Anwendungen im
gleich zu Beginn der Eröffnungsfeier deutlich: Studenten           technischen Anforderungen muss­       Umweltbereich und für Bautextilien.
zeigten ihre Vision eines wandelbaren Linienbusses, der            ten besondere Sicherheitsvorkeh­
den Bewohnern zukünftiger Megacities Sicherheit, Komfort           rungen entwickelt und berücksich­
und Information bietet.                                            tigt werden, da die bei Zersetzung
    Der Präsident der Hochschule Reutlingen, Prof. H  ­ endrik     der Fluorkunststoffe entstehende
Brumme, freute sich in seiner Begrüßungsrede, dass es              Flusssäure bei Aufnahme über die
­gelungen sei, ein Zukunftsthema zu besetzen. Dies sei vor         Haut oder beim Einatmen der Fluor­
 allem den starken Partnern Hochschule Reutlingen und              gase schon in sehr geringen Mengen
 ITV Denkendorf zu verdanken.                                      hochgiftig ist.
    Der Verband der Südwestdeutschen Textil- und Beklei­              Zusammen mit der REIMOTEC
 dungsindustrie Südwesttextil unterstützt das Zentrum mit          Maschinen- und Anlagenbau GmbH
 der Stiftungsprofessur für „Industrie und Materialdesign“.        erarbeitete das ITV die Grundlagen
 Präsident Bodo Th. Bölzle betonte im Podiumsgespräch mit          der Extrusion. Die Extrusionskom­
 Professorin Tina Weber die wichtige Rolle, die die Forschung      ponenten der Reifenhäuser Gruppe
 und der wissenschaftliche Nachwuchs für den Standort              sowie der Spinnkopf, nach Zeich­
 Baden-Württemberg spiele. Im Bereich Technische Textilien         nungen des ITV, wurden aus korrosi­
 sei die Branche Marktführer und verfüge weltweit über die         onsbeständigem Hastelloy gefertigt.
 höchste Innovationskraft – diese Position gelte es zu vertei­     Spinndüsen wurden entwickelt, die     © iStock.com/Victorburnside

 digen. Der neue Forschungscampus leiste einen wichtigen           dem speziellen Fließverhalten der     Anwendung chemisch und thermisch
 Beitrag dazu.                                                     Fluorpolymere Rechnung tragen.        stabiler Fasern im Membranbau

                                                                                                                       Denkendorfer News 3
Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
Neues aus dem ITV

                                                                                            Leistungsangebot des ITV-Lichtlabors:
                                                                                               Lichttechnische Vermessung von Textilien aller Art:
                                                                                                Leucht­dichte, Leuchtdichteverteilung, Farbmetrik, Farb­
                                                                                                verteilung, Farbtemperatur, Beleuchtungsstärke, Spekt­
                                                                                                ralverteilung, Glanz, Reflexions- und Transmissionsver­
                                                                                                halten
                                                                                               Exposition auch großflächiger Textilien zu unterschied­
                                                                                                lichsten Lichtquellen- und Beleuchtungsszenarien
                                                                                               Spektral frei einstellbare Lichtquelle
                                                                                               Angepasste Messtechnik für selbstleuchtende textile
                                                                                                Strukturen
                                                                                               Entwicklung textiltechnologischer Beleuchtungskon­
                                                                                                zepte und Tageslichtmanagement (Sichtschutz, Dimout,
                                                                                                Blackout)
                                                                                               Lichttechnische Beurteilung unter definierten Tages­
                                                                                                lichtbedingungen
     Ein neues Lichtlabor ergänzt die bestehenden Labors zur Prüfung und                       Frei programmierbare, hochauflösende LED-Videowand
    E­ ntwicklung von Leuchttextilien                                                           zur Leuchtmitteldefinition und Textilparametrisierung
                                                                                               Strukturanalyse des optischen Verhaltens

     Erweiterung des ITV-Licht-               schlossen. Zum ­Einsatz ­können alle
    labors                                     gängigen Lichtquellen im Bereich
    Wenn Licht und Stoff zusammen­             des sichtbaren Lichts bis in die an­­
    kommen, dann entstehen Leucht­             grenzenden ­Wellenlängenbereiche
    textilien als Symbiose zweier wichti­      im UV- bzw. IR-Bereich kommen.
    ger Gestaltungselemente. Das ITV           Ergänzend bestehen erweiterte
    entwickelt seit vielen Jahren Leucht­      Möglichkeiten, Tageslicht gezielt
    textilien und verbindet erfolgreich        und kontrolliert einzukoppeln. Die
    Gewebe und Licht zu immer neuen            Beurteilung der textilen F­ lächen im        Hinterleuchtete und selbstleuchtende Textilentwicklungen aus
    Produkten, deren Anwendung bei­            Zusammenwirken mit den Licht-                dem ITV-Lichtlabor
    nahe keine Grenzen kennt. Ob im             quellen kann mit s­ pezialisierten licht-
    Automobil- oder Sicherheitsbereich,         und farbmetrischen ­      Bewertungs-
    im Bau oder bei Heimtextilien, in          ­verfahren erfolgen.                          „Hygiene & Medizin” berichtet über ITV-Studie
    der Werbung oder zur Dekoration –              Forschung im Bereich Leuchttexti­        Wissenschaftler untersuchen Flächenleistung von Wisch­-
    Leuchttextilien inszenieren Räume           lien braucht räumliche Flexibilität; so     tüchern für Krankenhäuser
    und Flächen und sind ein begeistern­        wurde die Möglichkeit geschaffen,            „Hygiene & Medizin“, die führende wissenschaftliche Fach­
    des Gestaltungsmittel für innova­-          den Raum in Größe und Grundriss             zeitschrift auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene und
    tives Design. Sie setzen Fantasien frei,    zu variieren, um unterschiedliche           Infektionsprävention im deutschsprachigen Raum, ver­
    aber das nicht allein. Immer öfter          Teilbereiche für die optimale Abstim­       öffentlicht die Ergebnisse einer aktuellen ITV-Studie zur
    sorgt die Lichtintegration auch für         mung von zu beurteilendem Objekt,           Flächenleistung unterschiedlicher Wischtücher. Das Ma­
                                                                                            ­
    neue Funktionalitäten im Textil.            Messaufgabe und räumlicher Licht­           gazin der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene
       Die Leuchteffekte werden u    ­nter      wirkung der eingesetzten Beleuch­           (DGKH) greift damit ein brisantes Thema in der Kranken­
    anderem durch fluoreszierende,              tungssysteme schaffen zu können.            haushygiene auf: durch unzureichende Desinfektion und
    phos­ phoreszierende und elektrolu­         Zwei Bereiche sind als Hell- bzw.           mangelhafte Reinigung von Oberflächen in Krankenhäu­
    mineszierende Elemente erzeugt.             Dunkelmessraum speziell ausgestat­          sern (z. B. Türklinken) wird die Übertragung von Krankheits­
    Man unterscheidet zwischen selbst­          tet. Realistische Beleuchtungsszena­        erregern riskiert. Einmal-Wischtücher zur Reinigung und
    leuchtenden, beleuchteten und hin­          rien können auch großflächig, ent­          Desinfektion können dieses Risiko wirksam reduzieren.
    terleuchteten Textilien. Wissenschaft­      wicklungsspezifisch erstellt werden.                                          Das ITV Prüflabor Technische
    ler im ITV-Lichtlabor arbeiten in allen     Damit können alle lichtwirksamen                                          Textilien hat unter der Leitung
    Bereichen an innovativen Produkten          Textilien wie beispielsweise Sonnen­                                      von Matthias Schweins die für
    für die Industrie.                          schutz, Heimtextilien, Automobil­                                         Anwender so wichtige Flächen­
       Für den Ausbau dieses Forschungs­        textilien oder PSA realitätsnah beur­                                     leistung verschiedener Wisch­
    bereichs wurde nun das ITV-Licht­           teilt und entwickelt werden. Für die                                      tücher untersucht und dabei
    labor erweitert. Seit Anfang des            Industrie bietet das ITV-Lichtlabor
                                                ­                                                                         alkoholgetränkte und alkohol­
                                                                                                                          ­
    Jahres stehen insgesamt 90 m²               ideale Bedingungen, um vorhande­            Desinfektion von Ober-        freie Wischtücher verglichen.
    Laborfläche für die Entwicklung            ne Produkte lichttechnisch beurtei­          flächen mit Wischtüchern Ergänzend wurden Einflusspara­
    der Leuchttextilien zur Verfügung          len zu lassen oder gemeinsam mit                                           meter wie Tuchmaterial, Tränk­
    − hochspezialisierte M    ­esstechnik      den Wissenschaftlern neuartige licht­        volumen oder Tuchgröße in Bezug auf die Flächenleistung
    und modernstes Equipment einge-            technische Lösungen zu entwickeln.           analysiert. Der Ergebnisbericht kann am ITV abgerufen wer­
                                                                                            den (matthias.schweins@itv-denkendorf.de).

4 Ausgabe April 2015
Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
Neues aus der Forschung

                                                                    Startschuss für Techno-
                                                                   logietransfer-Initiative der
                                                                   Innovationsallianz Baden-
                                                                   Württemberg
                                                                   DITF-MR richtet Anlaufstelle für
                                                                   eine Intensivierung des Technolo-
                                                                   gietransfers ein
                                                                   Baden-Württemberg ist die Region
                                                                   mit der höchsten Innovationskraft in
                                                                   Europa. Wesentlichen Anteil an dem
                                                                   Erfolg hat der Technologietransfer
Open-Innovation-Kongress Baden-Württemberg: Prof. Dr.                                                           Dipl. Kfm. Alexander Artschwager und
                                                                   von der Forschung in die Praxis. Doch
Meike Tilebein und Heiko Matheis (DITF-MR) mit Ulrike Möller                                                    Dr. Thomas Fischer sind seit dem
                                                                   nur ein Teil der kleinen und mittleren
(AFBW e. V.) bei der Podiumsdiskussion                                                                          1.1.2015 Ansprechpartner für die
                                                                   Unternehmen nutzt die Angebote
                                                                                                                innBW-Technologietransfer-Initiative
                                                                   von Hochschulen und Forschungs­
                                                                                                                Baden-Württemberg
 Prof. Dr. Meike Tilebein moderiert Forum                         instituten. Ein vom Ministerium für
auf dem Open-Innovation-Kongress Baden-                            Finanzen und Wirtschaft Baden-
                                                                   ­
Württemberg                                                        Württemberg gefördertes Projekt              württembergischen IHKs Rechnung
Die Öffnung der Innovationsprozesse für Unternehmens­              soll das jetzt ändern und künftig            getragen werden, den Transfermana­
partner von außen, z. B. Forschungseinrichtungen, Kunden           den Zugang mittelständischer Unter­-         gern der Kammern einen Ansprech­
und Lieferanten, gilt in vielen Strategiediskussionen als          ­nehmen aus dem Land zu den wirt­            partner auf Seiten der öffentlichen
Schlüssel für die Zukunft. Vor diesem Hintergrund fand am           schaftsnahen Forschungsinstituten           Forschungseinrichtungen wie bei­
3. Dezember 2014 in Karlsruhe der erste Open-Innovation-            der Innovationsallianz Baden-Würt­          spielsweise der innBW-Institute be­
Kongress Baden-Württemberg mit fast 300 Teilnehmern                 temberg erleichtern. Das Vorhaben           reit zu stellen. „Die neue Anlaufstelle
statt. Unter dem Motto „Neue Wege für bessere Lösungen“             wird von der Innovationsallianz             vereinfacht künftig den Zugang zu
lieferte der Kongress Ideen und gute Beispiele für Open             ­Baden-Württemberg (innBW) ­durch­          Forschungsergebnissen der zwölf
Innovation und befasste sich mit den damit verbundenen               geführt und heißt „innBW-Techno­           Innovationsallianz-Mitgliedsinstitute“,
Herausforderungen.                                                   logietransfer-Initiative“.                 sagt Prof. Dr. Hugo Hämmerle, der
     Prof. Dr. Meike Tilebein, Leiterin des Zentrums für Mana­           Die Initiative hat das Ziel, den       Sprecher der innBW. „Mit der I­nitia­-
gement Research, organisierte und leitete das Kongress­              Transfer aus den Instituten der In­        tive können wir Wissen schneller und
forum zum Thema „Innovations-Netzwerke“. Rund 40 Teil­-              novationsallianz in alle Regionen          flächendeckender in Firmen über­
                                                                                                                ­
nehmer erfuhren unter ihrer Regie, wie in Innovationsnetz­           des Landes zu verbessern und dient         führen. Wir wollen dabei insbeson­
werken Informationen, Wissen und Ressourcen geteilt und              als zentrale Anlaufstelle für kleine       dere den Mittelstand erreichen."
zum Nutzen aller Teilnehmenden eingesetzt werden können.             und mittlere Unternehmen, Kam­                Für den verstärkten Technologie­
     Im Forum stellte Melanie John (IHK Schwarzwald-Baar-            mern, Cluster und Verbände (siehe          transfer in die Fläche sollen ­mehrere
Heuberg) das Projekt OpenAlps und Heiko Matheis (DITF-               ­Grafik). Das Ministerium finanziert die   Maßnahmen umgesetzt werden. Die
MR Denkendorf ) das Projekt SmartNets vor. Edith Köchel               Anlauf­stelle von Januar 2015 bis De­     Firmen werden über direkte An­
(Referat 72, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft BW)              zember 2017 mit fast 600.000 Euro.        sprache und Veranstaltungen bran­
berichtete über die Clusterpolitik des Landes und Ulrike              Die Initiative wurde am Zentrum für       chen- und themenspezifisch infor­
Möller (Netzwerkmanagerin AFBW e. V.) präsentierte die                Management Research eingerichtet;         miert. Zentrales Handlungsfeld ist
­Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württemberg. In der           Ansprechpartner sind Dr. Thomas           die feinmaschige Verknüpfung der
 abschließenden Podiumsdiskussion wurden die zahlreichen              Fischer und Alexander Artschwager.        innBW-Institute mit den sogenann­
 Fragen und Beiträge des Publikums sehr lebhaft diskutiert.              Mit der Initiative soll unter ande­    ten Intermediären.
 Es zeigte sich, dass Netzwerke, wie sie von DITF-MR struktu­      rem der Forderung der 12 baden-
 rell erforscht und entwickelt werden, sorgfältig geplant und
 genutzt werden müssen, um mit Open Innovation erfolg­
 reich zu sein.
     „Wir müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, dass auch
 mittelständische und kleine Unternehmen die Vorteile von
 Open Innovation für ihr eigenes Unternehmen als Chance
 erkennen und aktiv nutzen. Der Mittelstand muss seinen
 Innovationsprozess öffnen und Ideen und Kompetenzen
 von außen aufnehmen, um seine Innovationskraft voll aus­
 zuschöpfen und im internationalen Wettbewerb weiterhin
 erfolgreich zu sein“, zeigte sich Meike Tilebein anlässlich der
 Podiumsdiskussion überzeugt. Als Open-Innovation-Partner
 für mittelständische Unternehmen in Baden-Württemberg
 würden sich beispielsweise die Institute der Innovationsalli­
 anz mit ihrer anwendungsnahen Forschung und ihrem brei­
 ten Leistungsspektrum sehr gut eignen (siehe Beitrag rechts).
                                                                   Aufgabe der innBW-Technologietransfer-Initiative Baden-Württemberg

                                                                                                                         Denkendorfer News 5
Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
Neues aus der Forschung

     Beschichtungen und Mem-                zwecke sehr gutes Fließverhalten.          Neue Matrixsysteme im hybriden Leichtbau
    branen aus nachwachsenden                Durch Koagulation in Wasser findet         Latente Polymerkatalyse ebnet den Weg für die Serien-
    Rohstoffen                               eine Konsolidierung der Filme bzw.         fertigung
    Nachwachsende Rohstoffe rücken           Beschichtungen statt. Erstmals ist es      Endlosfaserverstärkte Hochleistungsverbundwerkstoffe ha­
    immer mehr in den Fokus aktuel­          so gelungen, Chitin in Reinform zu         ben in den letzten Jahren vermehrt ihren Weg in die in­
    ler Produktentwicklungen, auch im        Folien zu verarbeiten. Die Folien sind     dustrielle Serienfertigung gefunden. Hier steht neben der
    Textil- und Faserbereich. Dies ist zum   transparent und überraschender­            Kosteneffizienz insbesondere die technische Reproduzier­
    einen politisch gewollt – Stichwort      weise auch sehr flexibel.                  barkeit des Bauteils bei hohen Qualitätsanforderungen im
    CO2-Reduzierung – zum anderen ist            Je nach Koagulationsbedingungen        Vordergrund.
    man aber auch von Seiten der Indus­      entstehen unterschiedliche Struk­                Etliche neue Faser-Matrix-Systeme stehen an der ­Schwelle
    trie bemüht, Polymere aus fossilen       turen, die das Spektrum von kom­           zur Umsetzung in die industrielle Serienfertigung. Hier­
    Rohstoffen sukzessive durch native       pakten bis hin zu sehr offenporigen        bei ist das Augenmerk auf schnellhärtende Polyurethan-,
    Polymere zu ersetzen – Stichwort         Schichten abdecken. Somit ist es           ­Epoxy- oder Polyamidsysteme gelegt.
    „carbon footprint“. Am ITCF beschäf­     möglich, die textilen und physiolo­              Ein Gemeinschaftsprojekt von ITCF, ITV und dem Lehr­
    tigt man sich seit 10 Jahren intensiv    gischen Eigenschaften solcher Be­         stuhl für Makromolekulare Stoffe und Faserchemie der
    mit Forschungsthemen, die die Her­       schichtungen und Membranen ge­            Universität Stuttgart (IPOC) knüpft hieran an. Ergänzend
    stellung von Beschichtungen und          zielt zu steuern.                         werden am ITCF schnellhärtende 1-Komponenten (1-K)
    Membranen aus Biopolymeren zum               Weniger Schwierigkeiten bereitet      Epoxidsysteme untersucht. Diese sollen so weit entwickelt
    Ziel haben. Hauptsächlich verwen­        es, Alginat oder Chitosan in Lösung       werden, dass sie Einzug in die klassischen Herstellungsver­
    dete Polymere sind Cellulose, Cel­       zu bringen, um daraus Beschich­           fahren für Faserverbundwerkstoffe finden können.
    lulosederivate, Alginat, Chitin und      tungen herzustellen. Ein Problem                 Im etablierten industriellen Verfahren werden bisher
    Chitosan.                                ist jedoch die mangelhafte S­ tabilität   2-Komponenten (2-K) Epoxidsysteme verwendet. Die flüs­
        Ein großes Problem besteht bei       der Beschichtungen im alkalischen         sigen Komponenten werden kurz vor dem Infiltrieren des
    Cellulose oder Chitin jedoch in          Medium. Am ITCF wurde ein Ver­            Fasergeleges gemischt. Die Polymerisation – und damit die
    der Schwerlöslichkeit in gängigen        fahren entwickelt, Alginat durch          Aushärtung – beginnt unmittelbar. Die Verarbeitbarkeit des
    Lösungsmitteln und in der Nicht­         Einsatz eines Crosslinkers zu ver­        Epoxids kann nur in einem zeitlich begrenzten Fenster, der
    aufschmelzbarkeit. Mit der relativ       netzen, so dass sehr waschperma­          sog. Topfzeit, erfolgen. Doch auch innerhalb der Topfzeit
    neuen Stoffklasse der ionischen          nente Beschichtungen resultieren.         schreitet die chemische Reaktion fort. Das Epoxidsystem
    Flüssigkeiten wurde ein alternatives,    Die Alginatfilme zeigen, ähnlich wie      ändert dabei kontinuierlich seine Eigenschaften und schon
    nicht­toxisches Lösemittelsystem zur     die Chitinfilme, eine sehr hohe Was­      kleine Unzulänglichkeiten im Prozess, wie z. B. zeitliche
    Herstellung von Biopolymerlösun­         sersorption. Beide Materialien sind       ­Verzögerungen in der Infiltration, können zu variablen phy­
    gen gefunden. Cellulose und Chitin       aufgrund ihrer dermatologisch güns­        sikalischen Kennwerten des Hybridbauteils führen.
    können hierin in relativ hoher Kon­      tigen Eigenschaften speziell für den             Größere Zuverlässigkeit im Hinblick auf die Reproduzier­
    zentration in Lösung gebracht wer­       Medizin- und Hygienebereich von           barkeit der Materialeigenschaften und eine einfacher zu
    den. Die Lösungen sind homogen           großem Interesse.                         steuernde Prozesstechnik verspricht die Anwendung der
    und zeigen ein für Beschichtungs­                                                  1-K Systeme.
                                                                                              Sie enthalten einen CO2-geschützten Präkatalysator. Erst
                                                                                         nach Erwärmen wird aus ihm der aktive Katalysator gene­
                                                                                         riert, der die Polymerisation einleitet. Dieses Prinzip wird
                                                                                         ­„latente Polymerkatalyse“ genannt. Die Polymerisation kann
                                                                                          ohne Aktivitätsverlust an der Luft stattfinden, die Härtung
                                                                                          ist in weniger als zwei Minuten beendet.
                                                                                              Der Unterschied zum klassischen Verfahren liegt also
                                                                                          ­darin, dass das Fasergelege erst infiltriert und danach die
                                                                                           Polymerisation gezielt durch Wärmezufuhr eingeleitet wird.
                                                                                           Der Polymerisationszeitpunkt wird prozesstechnisch gezielt
                                                                                           auf das Herstellungsverfahren abgestimmt. Die Eigenschaf­
                                                                                           ten der resultierenden Verbundbauteile werden reprodu­
                                                                                           zierbarer und erfüllen damit die Ansprüche der Serienfer­
                                                                                           tigung.
                                                                                              Einen weiteren Vorteil der latenten Polymerkatalyse stellt
                                                                                           die geringe und im Prozess konstante Viskosität des Matrix­
                                                                                           systems dar. Sie verhindert unerwünschte Lufteinschlüsse
                                                                                           und ermöglicht eine vollständige Infiltration der Faser. Die
                                                                                           Faser-Matrix-Wechselwirkung und damit die Festigkeit des
                                                                                           Bauteils wird optimiert. Die resultierenden Materialien sind
                                                                                           hoch vernetzt mit hohen Glasübergangstemperaturen
                                                                                           (Tg > 150 °C). Derartige Kunststoffe sind über einen weiten
                                                                                           Temperaturbereich technisch verwendbar.
    Chitinfolie (Chitin/Cellulose 65:35)

6 Ausgabe April 2015
Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
Neues aus der Forschung

                                                                                                      herabgesetzt werden, um eine wei­
                                                                                                      tere Kostenersparnis zu erzielen. Die
                                                                                                      Oberflächenbehandlung der neu­
                                                                                                      artigen Carbonfasern wird zusätz­
                                                                                                      lich zur üblichen elektrochemischen
                                                                                                      Route durch weitere Partner über
                                                             Projekt NEWSPEC: Entwick-               Atmosphärenplasma und chemische
                                                            lung von Carbonfasern aus                 Funktionalisierung erprobt.
                                                            Polyethylen am HPFC                          An den Carbonisierungsöfen der
                                                            Carbonfasern werden industriell           HPFC­Pilotanlage wird eine Online­
                                                            hauptsächlich aus dem Polymer             Analytik auf Basis einer in­situ Raman­
                                                            Polyacrylnitril hergestellt. Die hohen    Analyse etabliert. Dadurch kann die
                                                            Kosten der so hergestellten Carbon­       Kohlenstoffstruktur der Carbonfaser
                                                            fasern erschweren die Einführung          im laufenden Betrieb der Carboni­
                                                            dieses Werkstoffs als massentaugli­       sierungsanlage untersucht werden,
                                                            ches Industrieprodukt. Daher wird         wodurch der Entwicklungsprozess
                                                            weltweit an alternativen, kosten­         beschleunigt wird.
REM-Aufnahme der Bruchfläche eines Faserverbundwerk-        günstigeren Rohstoffen geforscht.            In weiteren Arbeitsschritten wird
stoffes mit 1-K Epoxidmatrix                                 Als besonders interessant werden          die Wechselwirkung der neuartigen
                                                            neben Biopolymeren wie Lignin oder        Carbonfaser mit der Matrix in Kom­
    Im Projekt konnte nachgewiesen werden, dass der CO2­    Cellulose die Polymere der Gruppe         positen untersucht. Auch die Eig­
geschützte Katalysator (ein N­heterocyclisches Carben)      der Polyolefine erachtet, wobei spe­      nung bestehender Schlichtesysteme
unterhalb von 60 °C eine ausreichende Latenz besitzt, um    ziell das kostengünstige Polyethylen      für die PE­basierten Fasern ist For­
den Ansprüchen an eine erhöhte Lagerfähigkeit gerecht       untersucht wird.                          schungsgegenstand.
zu werden. Das bedeutet, dass die Schutzgruppen des Prä­        Seit Ende 2013 wird durch die Eu­        Potenzielle Anwendungsfelder für
katalysators beständig genug sind, um eine gleichbleibend   ropäische Kommission das Projekt          die neuartigen Carbonfasern sind
gute Reaktivität des Matrixsystems zu gewährleisten. Ge­    NEWSPEC mit einem Gesamtkosten­           unter anderem Keramikbremsschei­
rade im Vergleich zu herkömmlichen Epoxidharzsystemen       rahmen von ca. 10 Mio. EUR geför­         ben, die durch die abgesenkten
ist dies ein bedeutender Vorteil.                           dert [1]. Das Hauptziel von NEWSPEC       Faserkosten einen breiteren Verwen­
    Für das Epoxidsystem konnte sowohl ein Prozess für      ist die Entwicklung von kostengüns­       dungsrahmen finden könnten. Mit
die Härtung unter atmosphärischem Druck, als auch für       tigen Carbonfasern auf Basis von          den avisierten Fasereigenschaften
vakuumunterstützte Verfahren (VARI­Verfahren) gefunden      low­cost Polymeren mit Fokus auf          einer Zugfestigkeit von > 2 GPa und
werden. Letzteres erzeugt Verbundwerkstoffe hoher Güte.     Polyethylen. Dadurch sollen die Kos­      einem Modul von > 200 GPa sollen
Die erzeugten Faserverbundwerkstoffe erreichten bei me­     ten von Carbonfasern von >15 EUR/         die PE­basierten Carbonfasern auch
chanischen Untersuchungen mindestens ähnlich gute, teils    kg auf 10 EUR/kg gesenkt werden.          auf ihre Eignung im Bereich Auto­
bessere Ergebnisse als kommerziell erhältliche Systeme.         Die Entwicklung der Carbonfa­         motive untersucht werden. Einsatz­
                                                            sern aus Polyethylen wird mit Un­         möglichkeiten im Bau von Windkraft­
                                                            terstützung weiterer Partner durch        anlagen und Hockdruckleitungen für
                                                            das ITCF an seinem Faserzentrum           Pipelines für Öl und Gas unter extre­
                                                            HPFC durchgeführt. Hierbei wird ein       men Bedingungen wie stark korrosi­
                                                            neuartiges Stabilisierungsverfahren       ven Umgebungen werden von Pro­
                                                            angewendet, da sich natives Poly­         jektpartnern sondiert.
                                                            ethylen nicht zu Carbonfasern ver­
                                                            arbeiten lässt. Kern des Verfahrens ist   [1] This Project has been founded with support
                                                                                                      of the European Commission with funding
                                                            der Einsatz von Heteroatomen ohne         from the EC Seventh Framework Programme
                                                            Nasschemie in Kombination mit ei­         (FP7­2007­2013) under the FP7­NMP.2013.2.1
                                                            ner Bestrahlung durch hochenerge­         NEWSPEC project Grant agreement No: 604168.
                                                            tische Elektronen. Dadurch wird der
Computertomographische Aufnahme des Fasergeleges in         Stabilisierungsprozess flexibel und
1-K Epoxidmatrix                                            schnell durchführbar. Das Verfahren
                                                            wird ab 2016 an Endlosfasern in einer
                                                            neu errichteten Pilotlinie im HPFC
                                                            erprobt.
                                                                Zusätzlich wird durch Projektpart­
                                                            ner der Einfluss von nanoskaligen
                                                            Partikeln auf Basis von Carbon­Nano­
                                                            tubes (CNT) und Cellulose­Nano­
                                                            Whiskern (CNW) auf das Carbonisie­
                                                            rungsverhalten untersucht. Dadurch        Hochtemperaturofen und Oberflächen-
Glasfaser-Faserverbundwerkstoff mit Epoxidmatrix             soll die notwendige Carbonisierungs­      behandlungstrecke der Carbonisie-
                                                            temperatur von 1500 °C auf 1200 °C        rungsanlage

                                                                                                                Denkendorfer News 7
Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
Termine, Termine – Vorschau 2015

    4. - 7. Mai             Techtextil, Frankfurt; Messepräsen-      Fachkolloquien zum Thema              wie beispielsweise prozessnahe und
                            tation DITF                             Energie und Umwelt                      prozessintegrierte Abwasserbehand­
    20. Mai                 Fachkolloquium Faserbasierte            Am 20. und 21. Mai 2015 veranstaltet    lung, Wasserrecycling oder Abluft­
                            Lösungen für Energie und Umwelt,        das ITV in Kooperation mit AFBW und     reinigung effektiv gelingen kann.
                            ITV in Kooperation mit AFBW e. V.,      dem Kompetenznetz Biomimetik               Bei der Konferenz „Fiber­based
                            SMART BLIND und Kompetenznetz           zwei Tagungen zum Thema Energie         Solutions for Energy and Construction“
                            Biomimetik                              und Umwelt. Die beiden Veranstal­       am darauf folgenden Tag liegt der
    21. Mai                 Conference Fiber-based Solutions        tungen können einzeln oder zusam­       Fokus auf dem Anwendungsbe­
                            for Energy and Construction,            men gebucht werden. Unter dem           reich Architektur und Bau. Namhafte
                            ITV in Kooperation mit AFBW e. V.       Leitthema „Faserbasierte Lösungen       Referenten berichten über innovati­
                            und Kompetenznetz Biomimetik            für Energie und Umwelt“ stehen am       ve Anwendungspotenziale und Ent­
                                                                    20. Mai Vorträge zu den Themenblö­      wicklungen faserbasierter Werkstoffe
    20. Juni                Tag der Wissenschaft an der
                                                                    cken Wasser­ und Abwassertechnik,       in diesem Bereich. Themenschwer­
                            Universität Stuttgart, ITV Informa-
                                                                    Ablufttechnik sowie Energiegewin­       punkte sind innovative Energiema­
                            tionsstand
                                                                    nung und ­speicherung auf dem           nagementsysteme und Systeme zur
    16. - 18. September     54. Chemiefasertagung Dornbirn,         Programm. Vorgestellt werden viel­      Energiegewinnung durch Einsatz
                            Vorträge DITF                           seitige Anwendungsmöglichkeiten         textiler Materialien im Bau. In einem
    22. - 24. September     Composites Europe Stuttgart; ITCF       und neue Entwicklungen in der           dritten Themenblock wird das EU­
    26. September           Tag der offenen Tür an den DITF in       Technik für die Bereiche Wasser,        Projekt SmartBlind, das die Entwick­
                            Denkendorf                              Luft und Energie. Experten aus der      lung intelligenter, energieeffizienter
                                                                    Industrie und der anwendungsbezo­       Fenster zum Ziel hat, vorgestellt.
    12. - 19. November      ITMA Mailand; Messepräsentation DITF
                                                                    genen Forschung präsentieren an­        Die Veranstaltung wird in englischer
    16. - 19. November      Medica Düsseldorf, ITV und ITVP         hand von Projekten aus der Praxis       Sprache abgehalten.
                            Messepräsentation
    26. - 27. November      9. Aachen – Dresden International
                            Textile Conference; Aachen;              ITMA-Nachlese                         Die Nachlese wird Vorträge zu den
                            Vorträge DITF                           Zwei Wochen nach der ITMA in            Themen Spinnen, Weben, Flechten,
    3. Dezember             ITMA-Nachlese; Tagung der DITF in       Mailand laden die DITF in Koopera­      Oberflächenausrüstung, Funktionali­
                            Kooperation mit dem Forschungs-         tion mit dem Forschungskuratorium       sierung und Prozessmanagement
                            kuratorium Textil e. V.                 Textil e. V. zur traditionellen ITMA­   umfassen.
                                                                    Nachlese nach Denkendorf ein und
                                                                    fassen die wichtigsten Messethemen
                                                                    noch einmal für die Branche zusam­
                                                                    men. Namhafte Referenten aus den
                                                                    drei Denkendorfer Forschungsein­
                                                                    richtungen ITCF, ITV und DITF­MR
                                                                    sowie von anderen Textilforschungs­
                                                                    instituten Deutschlands wie dem stfi
                                                                    Chemnitz, dem ITM an der TU Dres­
                                                                    den und dem ITA der RWTH Aachen
                                                                    geben für alle relevanten Fertigungs­
                                                                    technologien einen Überblick über
                                                                    die wichtigsten Messeneuheiten.

        Tag der offenen Tür                                        auf eine „Entdeckungsreise durch die      Impressum
       Nach 2007 und 2009 veranstalten die DITF in diesem           textile Welt“. Mit Führungen, Rund­       Ausgabe April 2015
       Jahr wieder einen Tag der offenen Tür und öffnen ihre        gängen und vielen Versuchsstän­
                                                                                                              Herausgeber
       Labors und Technika am 26.09.2015 für die Bevölkerung.       den präsentieren die DITF das breite
                                                                                                              Deutsche Institute für Textil­ und
       Anlass ist die Informationsaktion des Europäischen           Forschungsspektrum der Institute
                                                                                                              Faserforschung Denkendorf
       Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), die sich zum Ziel    entlang der gesamten textilen Pro­
       gesetzt hat, die breite Öffentlichkeit über EFRE­geförder­   duktionskette von der Faser bis zum       Körschtalstraße 26
       te Projekte und Vorhaben zu informieren. Nach dem            Endprodukt. Besonderes Augenmerk          73770 Denkendorf
       Motto „Tue Gutes und sprich darüber“, soll mit dem Tag       wird dabei auf die Vorstellung der        Telefon: +49 (0) 711 / 93 40 ­ 0
       der offenen Tür auf die EFRE­Leistungen aufmerksam ge­       EFRE­geförderten Vorhaben liegen          Fax:     +49 (0) 711 / 93 40 ­ 297
       macht werden, die nachhaltig zur regionalen Entwick­         wie z. B. dem High Performance Fiber      info@ditf­denkendorf.de
       lung beitragen und damit die Attraktivität Baden­Würt­       Center mit seinen hochmodernen            www.ditf­denkendorf.de
       tembergs als Wirtschafts­ und Arbeitsstandort fördern.       Anlagen zur Herstellung von Hoch­
          Am Tag der offenen Tür schicken die drei Forschungs­      leistungsfasern.                          V.i.S.d.P.
       einrichtungen unter dem Dach der DITF die Besucher                                                     Andreas Bisinger

8 Ausgabe April 2015
Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf Denkendorfer News Aktuelle Informationen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf
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