DENTALE IMPLANTOLOGIE - PARODONTOLOGIE
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www.dimagazin-aktuell.de DENTALE IMPLANTOLOGIE November 2019 07 & PARODONTOLOGIE 23. Jahrgang ISSN 1610-9988 IMPLANTOLOGIE Cover-Dummy.indd 1 PARODONTOLOGIE RECHT 24.10.2019 10:36:17 Experteninterview Wundheilungsprozesse und Gemeinschaftspraxis Periimplantitis: „Ohne die Möglichkeiten deren oder MVZ? Biofilm passiert nichts“ Beeinflussung Und warum eigentlich?
Champions ® Champions ® Titan-Implantate (R)Evolution ein- und zweiteilig Shuttle = Gigivaformer Premium-Implantate Insertionstool (Titan Grad 4b) für alle Verschlussschraube Indikationen Abformungstool Doppelkonus 9,5° se it 20 04 kl in isc he er fo lg e mi t 95 ,8 %- ig er os se oi nt eg ra tio n! k e m in BioWin! 8 minute n Das sichere Zirkon-Implantat c h a ir - s id e – jetzt auch in den Längen erzeugt! 6 und 8 mm lieferbar. Champions ® Champions Smart Grinder ® Partikuliertes und ge- reinigtes Zahnmaterial als autologes KEM! Ein highlights MUSS für jede Praxis zur „Socket Preser- vation“. 10 Fortbildungen minimalinvasive implantologie Für ZahnärZte das mimi-verfahren in verbindung mit titan-implantaten bioWin! (Keramik-implantat) & smart grinder (autologes Kem) ZFa marketing-/assistenzkurs Fort Melden Sie sich online zu einem der Termine der „Future Dental Academy“ bildungs im CHAMPIONS FUTURE CENTER in D-55237 Flonheim an: dezember 13. /14. pu nk te pro tag www.future-dental-academy.com fon +49 (0) 6734 91 40 80 Kurstermine 2020 2 tage = 20 punkte www.champions-implants.com
EDITORIAL Empathie im digitalen Workflow Liebe Leserinnen und Leser, es ist nicht zu übersehen und zu überhö- tailliert dargestellten, digitalen Workflows Zur Verwendung autologen Zahnmaterials ren. Die Digitalisierung steht nicht mehr einer navigierten Insertion eines einteiligen in der lateralen Augmentation findet sich vor der Tür. Sie beeinflusst bereits mit al- Zirkonoxidkeramikimplantates und der im Industrie-Report ein Beitrag, in dem Dr. len Konsequenzen unsere Algorithmen anschließenden Versorgung mit einer Hyb- Armin Nedjat seinem – sicher vielen Kol- in einer Vielzahl von Lebensbereichen. So ridkeramikkrone auseinander. Digital geht leginnen und Kollegen bekannten – ver- gehört Digitalisierung zu den program- es weiter mit dem Artikel von Dr. Mathias storbenen Freund und Kollegen Dr. Ernst matischen Kernpunkten der Bundesregie- Plöger und Zahnarzt Dirk Oliver Sättele in Fuchs-Schaller die Ehre erweist, indem er rung. In der Zahnheilkunde äußert sich dem dargestellt wird, wie sich durch CAD/ das von diesem entwickelte und mittler- dieser Trend in dem sogenannten „digita- CAM gefräste allogene Knochenblöcke weile bewährte Konzept des minimal-in- len Workflow“. Er mag immer mehr dazu in der lateralen Augmentation unter zu- vasiven Insertionsprotokolls vorstellt. Des beitragen, dass unseren Patienten zukünf- sätzlicher Verwendung von autologen Weiteren finden sich in dieser Rubrik in- tig immer öfter unangenehme Verfahren, Wachstumsfaktoren die Erfolgsergebnis- teressante Informationen zur Vermeidung wie zum Beispiel die Abformung mit mehr se maximieren lassen. Seien Sie gespannt periimplantärer Entzündungen unter häus- oder minder viskösen Abformmassen un- auf das Experteninterview, in dem Prof. licher Nutzung eines Implantatpflegegels terschiedlicher Geschmacksrichtungen, er- Dr. Johannes Einwag auf die Ätiopathoge- sowie zur Bedeutung unterschiedlicher spart bleiben. Zudem trägt er dazu bei, die nese und therapeutischen Möglichkeiten Rauigkeiten auf unterschiedlichen Ab- Übertragungsfehler, die sich aus den un- der Periimplantitis eingeht. Dr. Alexander schnitten der Implantatoberfläche zur Ge- terschiedlichen Dimensionsverhalten zahn- Müller-Busch und Dr. Frederic Kauffmann währleistung einer optimalen Osseo- und medizinischer Werkstoffe ergeben, zu mi- beleuchten mit ihrem gemeinsamen Bei- Weichgewebsintegration. nimieren. Andererseits darf das nicht dazu trag die Prinzipien der Wundheilung und In den Verbands-News erfahren Sie die führen, dass der für das vertrauensvolle schildern prägnant Vor- und Nachteile un- Neuigkeiten von der letzten Jahrestagung Verhältnis zwischen Patienten und ihren terschiedlicher autologer, xenogener und der DG Paro in Darmstadt sowie einen Hin- Zahnärztinnen und Zahnärzten wichtige rekombinanter Biomaterialien in den Mög- weis auf den DGI-Kongress in Hamburg persönliche empathische Kontakt verloren lichkeiten zur positiven Beeinflussung der und das nächste Wintersymposium der geht. Die Beiträge dieser Ausgabe zeigen, Heilungsprozesse. Das Autorenteam Prof. DGOI mit dem grundlegenden Thema der dass die Digitalisierung in der Implantolo- Dr. Peter Hahner, Dentalhygienikerin Lena Biologie in der Implantologie. gie mit ihren anhängigen Verfahren der Walter B.Sc. und Prof. Dr. Georg Gaßmann Im Namen des gesamten Teams der DI Insertion, der Augmentation und der Ver- werfen mit ihrem Artikel die provokante DENTALE IMPLANTOLOGIE & PARODON- sorgung mit Suprakonstruktionen zu einer Frage auf, welches Verfahren im subgin- TOLOGIE darf ich Ihnen Freude und Er- Verringerung der Patientenbelastung und givalen Debridement effektiver sei; die bauung in der Lektüre dieser interessanten zu einer Optimierung der Vorhersagbarkeit Instrumentation mit Hand- oder Ultraschall- Ausgabe wünschen und dass bei aller Di- der Behandlungsergebnisse führen kann instrumenten. gitalisierung der empathische Kontakt zu und dass dabei der empathische Kontakt Zum Thema Recht gibt Frau RA Nadine Ihren Patienten im Vordergrund bleibt. zum Patienten nicht verloren geht. Ettling interessante und aktuelle Einblicke Wenn der Zahnarzt selbst zum zahnmedi- in verschiedene Organisationsformen der Es grüßt Sie herzlich zinischen Patienten wird – mit dieser spezi- zahnärztlichen Praxis mit Blick auf die Ge- ellen Situation setzt sich der Beitrag von Dr. meinschaftspraxis, die Praxisgemeinschaft Dr. Rainer S.R. Buch und Zahnarzt Tomás und das Zahnmedizinische Versorgungs- Gaßmann vor dem Hintergrund des de- zentrum (ZMVZ). Prof. Dr. Georg Gaßmann DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 419 419
INHALT | NOVEMBER 2019 IMPLANTOLOGIE INDUSTRIE-REPORT 422 Therapie- und Implantat- 461 Implantatpflegegel – ein Plus für entscheidung: Wenn der die Prävention Zahnarzt zum Patienten wird Tomás Gaßmann, Rainer S.R. Buch 462 Forum Markt & Strategie 2.0 Carmen Bornfleth 432 Präimplantologische horizontale Alveolarkammaugmentation im 464 Das MIMI II-Verfahren bei 422 Unterkieferseitenzahnbereich mittels CAD/CAM gefräster allogener Knochenblöcke Mathias Plöger, Dirk Oliver Sättele, schmalen Kieferkämmen von Dr. Ernst-Fuchs Schaller Armin Nedjat Thomas Blaschke 467 Wie rau ist rau? – Die Rolle der Implantatoberfläche 440 Experteninterview Periimplantitis: „Ohne Biofilm passiert nichts“ 470 Höchste Primärstabilität – Johannes Einwag jetzt auch mit konisch-paralleler Verbindung PARODONTOLOGIE 440 444 Wundheilungsprozesse und die Möglichkeiten deren FORTBILDUNG 471 5. Geistlich Konferenz Beeinflussung Alexander Müller-Busch, 472 1. Europäischer Keramikkongress Frederic Kauffmann am Zürichsee 450 Hand- oder Ultraschall- 475 Zirkonimplantate & digitaler instrumentation – Workflow – einfach erklärt! was ist effektiver? Peter Hahner, Lena Walter, VERBANDS-NEWS 444 Georg Gaßmann 477 DGI-Kongress 2019: PRAXISFÜHRUNG Konzepte im Wettstreit 456 Gemeinschaftspraxis oder MVZ? 478 DG PARO: Professorin an der Und warum eigentlich? Spitze des Verbandes Nadine Ettling 480 DGOI: ImpAct Zürs Austria zum Thema „Biologie in der HERSTELLER- Implantologie“ INFORMATIONEN 458 Neuprodukte RUBRIKEN 419 Editorial 481 Rezension: Vertical limits von Dr. Istvan Urban 482 Vorschau / Impressum 420 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 420
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IMPLANTOLOGIE Therapie- und Implantatentscheidung: Wenn der Zahnarzt zum Patienten wird Was, wenn ein Zahnarzt selbst mit einem Implantat versorgt werden muss? Für welches Behandlungsprotokoll, für welches Implantat und für welche prothetische Versorgung würde er sich nach seinen Erfahrungen und Kenntnissen dann entscheiden? Wie sich der Zahnarzt als Patient im vorliegenden Fall entschieden hat und wie dabei die navigier- te Implantation vonstattengeht, zeigen die Autoren im folgenden Fachbeitrag. T itandioxidimplantate haben sich im Laufe vieler Jahre als Dentaler Werkstoff Zirkondioxid Goldstandard etabliert und sind klinisch erfolgreich. Al- Die Verwendung von Zirkondioxid für Gerüststrukturen, Kro- lerdings rückt die Biokorrosion, die mit einem veränder- nen, Brücken und Abutments auf Titanimplantaten hat sich ten Zellstoffwechsel einhergeht, immer mehr in den Fokus [1]. bereits etabliert. Die voreingefärbten beziehungsweise indi- Im Blut von Patienten mit Titanhüftimplantaten wurde bereits viduell einfärbbaren und polychromatischen Materialvarian- eine erhöhte Titankonzentration nachgewiesen [2]. Welche ten erleichtern es mittlerweile auch, ästhetisch ansprechende Auswirkungen das auf den Gesamtorganismus hat und bei Versorgungen zu realisieren. Behandlungsergebnisse und kli- welchen Patientengruppen deswegen womöglich hinsicht- nische Studien zeigen mittlerweile, dass auch Implantate aus lich des Werkstoffs Titan Vorsicht geboten ist, ist noch For- Zirkondioxid eine echte, biokompatible Alternative zu Titanim- schungsgegenstand. Studien zeigen bisher nur, dass bei Pa- plantaten sind. Die Osseointegration von Zirkondioxidimplan- tienten mit multiplen Allergien bei Knie- oder Hüftprothesen taten zeigt im Vergleich zu den gängigen Titanvarianten keine aus Metall eine erhöhte Komplikationsrate aufgetreten ist [3]. signifikanten Unterschiede [4]. Die Einteiligkeit entpuppt sich Abb. 1: Ausgangsituation mit Schaltlücke zwischen 45 und 47. Abb. 2: Die hülsenlose, additiv hergestellte Bohrschablone auf dem Modell. 422 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 422 – 430
IMPLANTOLOGIE dabei klinisch immer mehr als Vorteil. Der fehlende Spaltraum Bohrschablonen, was intraoperative und prothetische Sicher- zwischen Implantatkörper und verschraubter Suprakonstruk- heit gibt [7]. Auf Grundlage der empirischen Erfahrungen des tion minimiert das Risiko einer pathogenen Keimbesiedelung. zahnärztlichen Patienten und der evidenzbasierten Datenlage Technische Komplikationen durch Schraubenbrüche sind aus- wurde beschlossen, die Schaltlücke zwischen 47 und 45 navi- geschlossen. Die Gewebefreundlichkeit von Zirkondioxid un- giert mit einem einteiligen ceramic.implant zu versorgen. terstützt zusätzlich das Weichgewebsmanagement [5]. Nach einem konsequenten prothetisch-chirurgischen Backward Planung Planning reduziert sich der Aufwand bei der postoperativen Das Knochenangebot war ausreichend, um die navigierte Im- Versorgung und damit die Anzahl der nötigen Sitzungen. Wa- plantation ohne augmentative Maßnahmen vorzunehmen. rum sich Zahnarzt Tomás Gaßmann als Patient für das ein- Ober- und Unterkiefer wurden dafür initial mit Impregum teilige ceramic.implant aus Yttrium-stabilisiertem Zirkondioxid (3M, Seefeld, Deutschland) abgeformt und auf dieser Basis mit einer hybridkeramischen Versorgung entschied und wie Situationsmodelle hergestellt. Das Unterkiefermodell wurde dabei die navigierte Implantation vonstattengeht, zeigen die im Labor gescannt und die Daten an die Firma 2ingis gesandt. beiden Autoren, die gleichzeitig Patient und Behandler sind, Um die anatomischen Gegebenheiten berücksichtigen zu in folgendem Beitrag. können, wurde ein DVT angefertigt. Die DICOM-Daten des DVT und die STL-Daten des Modellscans wurden in die Pla- Ausgangssituation nungssoftware smop (swissmeda, CH-Zürich) importiert. Mit So wie in diesem Fall geschehen, ist auch ein Zahnarzt vor Hilfe dieser Planungssoftware wurden die Länge, Größe und einem Zahnverlust nicht gefeit. Der zahnärztliche Patient ist Position des Implantates bestimmt. Die Firma 2ingis in Belgien 52 Jahre alt, Nichtraucher und allgemeinmedizinisch gesund. stellte anhand dieser virtuellen Implantation eine skelettierte Er ist selbst implantologisch tätig und kann hier auf jahrelange Bohrschablone her (Abb. 2 und 3). Erfahrung zurückblicken. Zahn 46 ging verloren, woraus eine Schaltlücke zwischen 47 und 45 resultierte (Abb. 1). Zur im- Implantation plantologischen Versorgung entschied sich der Zahnarzt zum Unter lokaler Anästhesie wurde zur besseren Übersicht ein Kollegen seines Vertrauens, Dr. Dr. Rainer Buch, zu gehen. Bei Lappen in regio 46 gebildet (Abb. 4). Ein transgingivales der dortigen Befundaufnahme zeigten sich in der Vertikalen Vorgehen mittels einer Gingivastanze wäre aufgrund des na- günstige Knochenverhältnisse. Allerdings war der krestale Al- vigierten Vorgehens ebenfalls möglich gewesen. Die Form veolarfortsatz spitz zulaufend und schmal. Die Erfahrungen der Bohrschablone mit dental abgestützten Halteklammern als Implantologe führten zu dem Entschluss, auch als Patient gewährleistet einen spielfreien Sitz, der sich aufgrund der das in der eigenen Praxis seit 2016 erfolgreich eingesetzte eingearbeiteten Friktion durch ein deutliches Einrasten der ceramic.implant (vitaclinical, Bad Säckingen, Deutschland) zu Bohrschablone zeigt (Abb. 5). Durch zwei Führungsstifte am verwenden. Aber nicht nur die eigenen praktischen und kli- chirurgischen Winkelstück und zwei Führungsösen in regio 36 nischen Erfahrungen führten zu dem Entschluss. Auch eine an der Bohrschablone, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip prospektive klinische Studie an den Universitäten Zürich und ineinander passen, ist die präzise vertikale Führung und damit Freiburg dokumentiert den klinischen Erfolg bereits über fünf die sichere Aufbereitung des Implantatbettes bis in die Tie- Jahre und bietet so Praktikern und Patienten die nötige Si- fe gesichert (Abb. 6). Eine gute intraoperative Übersicht und cherheit [6]. Gerade bei einteiligen keramischen Implantaten ausreichende Kühlung der Aufbereitungsinstrumente sind ist ein konsequentes Backward Planning unerlässlich, um den durch das offene Bohrschablonendesign ebenfalls gegeben. Knochen bestmöglich auszunutzen und gleichzeitig eine ide- Die Aufbereitung des Implantatbettes erfolgte dem Bohr- ale prothetische Positionierung in allen Raumdimensionen zu protokoll folgend mit dem pilot.drill, profile.drill und thread. gewährleisten. Das ceramic.implant zeigte in einer Studie mit cutter (Abb. 7-13). Das Implantat wurde daraufhin maschi- einer rein additiv gefertigten, hülsenlosen Bohrschablone (2in- nell eingebracht (Abb. 14-19). Die finale Positionierung des gis S.A., Brüssel, Belgien) einen präziseren klinischen Transfer Implantates erfolgte mit der Handratsche. Hierbei zeigte der virtuellen Implantatposition als gängige, hülsengeführte sich eine Primärstabilität von 25 Ncm (Abb. 20). Im Rahmen Abb. 3: Die skelettierte Bohrschablone sorgt dank Halteklammern für einen op- Abb. 4: Nach krestaler und sulkulärer Schnittführung wurde der Knochen frei- timalen Sitz. gelegt. DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 422 – 430 423
IMPLANTOLOGIE Abb. 5: Das reduzierte Design der Bohrschablone bietet intraoperative Übersicht. Abb. 6: Die Führungsstifte auf dem Winkelstück. Abb. 7: Der erste pilot.drill vor der initialen, geführten Bohrung. Abb. 8: Führungsösen und -stifte sorgen für eine navigierte Aufbereitung. Abb. 9: Die Einschubrichtung nach der ersten Pilotbohrung. Abb. 10: Mit den insgesamt drei pilot.drills wurde das Knochenbett sukzessive aufbereitet. Abb. 11: Mit dem profile.drill wurde die Bohrung auf den gewählten Implantat- Abb. 12: Mit dem Gewindeschneider thread.cutter wurde das Bohrprotokoll fi- durchmesser von 4 mm gebracht. nalisiert. 424 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 422 – 430
IMPLANTOLOGIE Abb. 13: Auch der Gewindeschnitt erfolgte mit der Bohrschablone auf Anschlag. Abb. 14: Das ceramic.implant wurde mit der Eindrehhilfe aufgenommen. Abb. 15: Auch die Insertion des keramischen Implantats erfolgte navigiert auf Abb. 16: Das Implantat wurde erst maschinell eingedreht. Anschlag. Abb. 17: Das fast auf Anschlag eingedrehte ceramic.implant. Abb. 18: Die Finalisierung des Implantatsitzes erfolgte ohne Bohrschablone. Abb. 19: Die abschließende Position des ceramic.implant von okklusal. Abb. 20: Mit der Handratsche wurde abschließend die Primärstabilität geprüft. 426 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 422 – 430
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IMPLANTOLOGIE des Wundverschlusses diente temp.cap als Provisorium, eine plantates macht einen zweiten Eingriff zur Freilegung und Kunststoffkappe, die durch Einrasten präzise mit dem Implan- Gestaltung des periimplantären Weichgewebes überflüssig. tathals abschließt und so als Healing Abutment dient (Abb. Der Implantatkopf konnte aufgrund der präzisen Planung und 21-24). Das DVT zum Abschluss zeigt die Positionierung des Umsetzung ohne Beschleifen abgeformt werden. Dazu wur- Implantates entsprechend der Planung unter optimaler Nut- de der impression.transfer als Abformkappe auf dem Implan- zung des Knochenangebotes (Abb. 25-27). tatkopf positioniert. Auch hier zeigte das deutliche Einrasten eine präzise Positionierung. Anschließend wurde die geschlos- Prothetische Versorgung sene Fixationsabformung mithilfe eines individuellen Löffels Im Unterkiefer konnte die Versorgung des Implantates nach und Impregum vorgenommen. Für die Einzelzahnversorgung acht Wochen vorgenommen werden [8]. Die keratinisierte wurde die biomimetische Hybridkeramik VITA ENAMIC (VITA periimplantäre Mukosa hatte sich im Rahmen der Einheilung Zahnfabrik, Bad Säckingen, Deutschland) ausgewählt. Ein optimal an den polierten Implantathals und die provisorische porös vorgesinterter Feldspatkeramikblock (86 Gew.%) wird Kappe angelegt (Abb. 28-30). Das einteilige Design des Im- bei diesem weltweit einzigartigen Material für den digitalen Abb. 21: Die mobilen Lappen ermöglichten einen einfachen Verschluss. Abb. 22: Das ceramic.implant wurde mit dem temp.cap versorgt. Abb. 23: Der Operationsbereich beim Verschluss mit Einzelknopfnähten. Abb. 24: Die Schleimhaut wurde um den Implantatkopf adaptiert. Abb. 25: Die Implantatposition im CT von sagittal. Abb. 26: Die Implantatposition im CT von okklusal. 428 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 422 – 430
IMPLANTOLOGIE Workflow mit einem Polymer infiltriert (14 Gew.%) [9]. Da- der dominanten Feldspatkeramik sorgt außerdem für eine raus ergibt sich ein dentinähnlicher Biegemodul, wodurch sichere volladhäsive Zementierung, was die Bruchfestigkeit das Material in der Lage ist, Kaukräfte zu absorbieren [10]. der hybridkeramischen Restauration weiter erhöht [13]. Die Das ist gerade hinsichtlich des starr im Knochen verankerten monolithische Krone wurde für einen optimalen Halt deswe- Implantats ein funktioneller Vorteil. Denn die Einleitung von gen mit dem volladhäsiven Befestigungssystem VITA ADIVA Belastungsspitzen auf das Implantat und in den periimplan- FULL-ADHESIVE definitiv eingegliedert [14] (Abb. 31 und 32). tären Knochen kann so vermieden werden [11]. Zusätzlich Der zahnärztliche Patient berichtete nach der Eingliederung ergibt sich aus dem dualen, ineinandergreifenden Netzwerk von einem angenehmen, störungsfreien Kaugefühl. eine Riss-Stopp-Funktion. Mikrorisse im keramischen Anteil werden an den Grenzflächen zum Polymer gestoppt [12]. Das Fazit sorgt gerade hinsichtlich der Chippingproblematik von metall- Das einteilige Zirkondioxidimplantat ceramic.implant erwies oder vollkeramischen Versorgungen für langlebige klinische sich im navigierten Zusammenspiel als praktikable und sichere Ergebnisse. Die bewährte Flusssäureätzung und Silanisierung Therapie, was sowohl die wissenschaftliche Evidenz als auch Abb. 27: Die Implantatposition im CT von lateral. Abb. 28: Das ceramic.implant mit temp.cap nach acht Wochen Einheilzeit. Abb. 29: Die Ansicht von vestibulär zeigt die ausgeformte Gingivagirlande. Abb. 30: Die ausgeformte und entzündungsfreie Gingiva von okklusal. Abb. 31: Die Kronenversorgung aus der Hybridkeramik VITA ENAMIC von ves- Abb. 32: Die kaukraftabsorbierende Versorgung aus Hybridkeramik von okklusal. tibulär. DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 422 – 430 429
IMPLANTOLOGIE ZA Tomás Gaßmann 1996 Staatsexamen an der Humboldt Universität Berlin 1996 - 1998 Assistenzzahnarzt in Berlin 1998 - 2002 Privatzahnärztliche Tätigkeit in der Schweiz Seit 2003 Niedergelassener Zahnarzt in Bonn Dr. Dr. med. Rainer S.R. Buch Studium Medizin und Zahnmedizin Mainz Abb. 33: Der zahnärztliche Patient (links) und sein Behandler. 2000-2004 Facharztweiterbildung bei Prof. Dr. Dr. W. Wagner, Mainz 2004 Facharzt für MKG-Chirurgie, die empirischen Erfahrungen des zahnärztlichen Patienten be- Fachzahnarzt für Oralchirurgie stätigte. Das konsequente Backward Planning im Vorfeld und 2004-2006 Ltd. Oberarzt der Poliklinik und die Einteiligkeit verminderten den Behandlungsaufwand, da Leiter der Spezialsprechstunde eine weitere Freilegung nicht notwendig war. Das Weichge- “Implantologie” und “Dysgnathie” bei Prof. Dr. Dr. webe wurde während der sensiblen Einheilphase nicht unnö- T. E. Reichert, Regensburg tig irritiert. Durch die Anwendung der additiv hergestellten 2006 Zusatzbezeichnung “Plastische Operationen” Bohrschablone konnten augmentative Maßnahmen vermie- 2006-2018 Partner der Berufsausübungsgemeinschaft für den werden, was den operativen Aufwand und die Belastung Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische für den Patienten verringerte. Zum Zeitpunkt der Abformung Operationen in der Burgstraße in Wiesbaden Seit 2012 Partner in der Berufsausübungsgemeinschaft für zeigte sich das Gewebe um das Implantat stabil und entzün- Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische dungsfrei, was die Realisierung einer ansprechenden rot-wei- Operationen Neue Mitte in Ingelheim ßen Ästhetik erleichterte. Die Versorgung mit biomimetischer Seit 2018 Partner in der Praxis GesichtsPunkt Mainz ZMVZ in Hybridkeramik lässt eine nachhaltige funktionelle Versorgung Mainz erwarten. Das ceramic.implant ist biokompatibel, was die Bio- Tätigkeitsschwerpunkte: Implantologie, Parodontologie, Digitale korrosion und ihre ungeklärten Folgen generell verhindert. Volumentomographie (DVT), Oralchirurgie, Plastische Operationen 3-jährige Weiterbildungsermächtigung für Oralchirurgie; Literaturverzeichnis unter Ermächtigung der DGI für Hospitationen und Supervisionen im www.dimagazin-aktuell.de/literaturlisten Rahmen des Curriculums Implantologie; Referent Konsensuskonferenz Implantologie von BDZI, DGMKG, BDO, DGI, DGZI Bilder, soweit nicht anders deklariert: © vitaclinical w w i w w i w w Zahnarzt Tomás Manuel Gaßmann Dr. Dr. med. Rainer S.R. Buch Kölnstr. 433 GesichtsPunkt Mainz ZMVZ 53117 Bonn Dagobertstraße 1a Tel. 0228 670169 55116 Mainz zahnarztgassmann@googlemail.com www.gesichtspunkt.de www.zahnarzt-gassmann-bonn.de Streifenanzeige_dentalkompakt_Layout 1 11.02.13 13:46 Seite 1 www.dentalkompakt-online.de
www.imegagen.de | info@imegagen.de | T 06221 4551140 JEDER IST EINZIGARTIG. AnyRidge ® PASST AUF JEDEN FALL. WIR HABEN DIE NATUR VERSTANDEN.
IMPLANTOLOGIE Präimplantologische horizontale Alveolar- kammaugmentation im Unterkieferseitenzahn- bereich mittels CAD/CAM gefräster allogener Knochenblöcke Die dentale Implantologie hat in den letzten drei Jahrzehnten innerhalb der Zahnheilkunde hohe Zuwachsraten ver- zeichnen können. Im Rahmen der minimalinvasiven Implantologie gewinnt nicht nur die „Guided Surgery“ mithilfe von digital erstellten Bohrschablonen immer mehr an Bedeutung, sondern es kommen auch allogene Knochentrans- plantate aufgrund ihrer geringeren Invasivität verstärkt zum Einsatz. Allogene Knochentransplantate stammen von einem Individuum derselben Spezies, es handelt sich somit um humanen Spenderknochen. W ährend in der Vergangenheit autologe Blocktrans- derknochens besitzen sie jedoch keine osteoinduktiven oder plantate (extra- oder enoraler Herkunft) und die osteogenen Fähigkeiten, welche ausschließlich bei autologen Schalentechnik nach Professor Khoury als „Gold- Transplantaten oder Stammzellen zu finden sind. Deren re- standard“ zur Rekonstruktion dreidimensionaler Alveolar- generatives Potenzial schwankt jedoch von Patient zu Patient kammdefekte galten, sind in den letzten Jahren zahlreiche und wird mit höherem Alter schwächer. Berggren et al. bewie- Veröffentlichungen über allogene Knochenblöcke zur Rehabi- sen bereits 1982, dass autologe Knochentransplantate bereits litation atropher Alveolarkämme in der Fachliteratur erschie- nach einer Ischämiezeit von 24 Stunden aus abgestorbenen nen. Osteozyten mit einer lediglich dünnen Oberflächenschicht aus Allogene Materialien sind im Gegensatz zu autologen Mate- peripheren vitalen Zellen bestehen, die durch Diffusion über- rialien quasi unlimitiert und in größeren Volumen verfügbar. leben, da die Revaskularisierung zu langsam voranschreitet, Für den Implantatpatienten entfallen der Entnahme-Eingriff um die Nekrose der Osteozyten zu verhindern. und die entnahmebedingen Komplikationen und Risiken (z. Bei längerer Zahnlosigkeit im Unterkiefer stellen sich aufgrund B. Entnahmemorbidität, Verletzungsrisiko submentaler und der physiologischen Inaktivitätsatrophie ein horizontaler und/ sublingualer Arterien, Zahn- und Nervenschäden). Die Ope- oder vertikaler Volumenverlust sowie eine Verschiebung der rationszeiten sind verkürzt und die Anästhesiemengen sind mukogingivalen Grenze nach koronal ein. Wenn das verfüg- reduziert. bare Knochenangebot in horizontaler und/oder vertikaler Di- Humane Allotransplantate dienen als dreidimensionale os- mension keine sofortige Implantation mehr zulässt, dann sind teokonduktive Leitstruktur für die Migration von knochenbil- präimplantologisch augmentative Maßnahmen indiziert, um denden Vorläuferzellen. Die enthaltenen kollagenen Anteile den Anforderungen an eine optimale Implantatposition ge- erlauben eine Schraubenfixierung von Allotransplantaten und recht zu werden. folglich eine lagestabile Fixation außerhalb der Kieferkamm- In der Praxis des Autors werden seit 2005 Allotransplantate kontur. Durch die nötige Prozessierung des humanen Spen- erfolgreich in der Augmentationschirurgie eingesetzt. 432 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 432 – 439
IMPLANTOLOGIE Bei einer Alveolarkammbreite von unter 4 mm hat sich die An- Die Augmentation erfolgte ambulant in lokaler Leitungs- und lagerungsosteoplastik mit zweizeitiger Implantation bewährt. Infiltrationsanästhesie (Ultracain®D-S forte, Sanofi-Aventis). Nach krestaler Schnittführung auf Kieferkammmitte und Falldarstellung zwei Entlastungsinzisionen in regio 47 und 43 wurde unter Der vorliegende Fallbericht zeigt die erfolgreiche Kompen- Erhaltung der Papillen ein Mukoperiostlappen zur Darstellung sation eines horizontalen Alveolarkammdefizits im rechten des OP-Gebietes und des Foramen mentale präpariert. Nach Unterkieferseitenzahnbereich mittels CAD/CAM gefräster pa- Elevation des Mukoperiostlappens und Periostschlitzung prä- tientenindividueller allogener Knochenblöcke zur Schaffung sentierte sich ein reizloses Transplantatlager mit ausgeprägter eines suffizienten implantationsfähigen Knochenlagers. lateraler Alveolarkammatrophie bei gänzlich erhaltener verti- Eine 55-jährige Patientin wurde vom Hauszahnarzt an unsere kaler Knochenhöhe (Abb. 4). Praxis mit dem Wunsch nach einer festsitzenden implantat- prothetischen Versorgung bei reduziertem Knochenangebot im Unterkiefer überwiesen. Die allgemeine Anamnese ergab keine relevanten patienten- bezogenen Risikofaktoren (wie z. B. Rauchen, Diabetes mel- litus, Osteoporose, Therapie mit antiresorptiven Medikamen- ten, Z.n. Radiatio). Klinisch imponierte eine Schaltlücke von regio 46 bis 44 mit spitzem Kammprofil und ausgeprägter Alveolarkammatrophie in horizontaler Dimension (Abb. 2 und 3), während radiolo- gisch (OPG) eine für implantologische Zwecke adäquate verti- kale Dimension vorhanden war (Abb. 1). Da konventionelle prothetische Konzepte (z. B. herausnehm- barer Zahnersatz) die Erwartungen der Patientin nicht zu erfüllen vermochten, wurden der Patientin im Rahmen des Aufklärungsgesprächs die Möglichkeiten augmentativer Ver- fahren im Bereich des Kieferfortsatzes erläutert. Weder ein Bone-Splitting noch eine Implantation mit simulta- ner lateraler Augmentation (GBR) waren im vorliegenden Fall bei einer Restknochenbreite von unter 3 mm möglich. Als alternative Augmentationsverfahren standen daher Anla- gerungsosteoplastiken mit autologem oder allogenem Kno- chen zur Verfügung. Weil die Patientin die extraorale und intraorale Knochenent- nahme explizit ablehnte, entschied sie sich für das minimalin- vasivere Verfahren der Allotransplantate. Nach umfassender Aufklärung über das eingesetzte allogene Material, über potentielle Risiken, Komplikationen und Kosten der geplanten Therapie mit entsprechender Dokumentation erfolgte die schriftliche Einwilligung der Patientin. Der augmentative Eingriff Abb. 2 und 3: Klinische Ausgangssituation regio 46-44: ausgeprägte horizontale Einen Tag präoperativ sowie 7 Tage postoperativ wurde die Alveolarkammatrophie bei gänzlich erhaltener vertikaler Alveolarkammhöhe. Patientin gemäß Standardprotokoll bei größeren Augmentati- onen mit einer Gabe von Amoxicillin 1.000 mg und Arilin 500 mg, jeweils dreimal täglich antibiotisch abgeschirmt. Des Weiteren spülte die Patientin direkt präoperativ 3 Minu- ten mit Chlorhexidin-Lösung 0,2% zur Reduktion fakultativ pathogener Keime in der Mundhöhle. Abb. 1: Die rekonstruierte Panoramaschichtaufnahme zeigt ein ausreichendes Abb. 4: Darstellung des Transplantatlagers nach Mobilisation des Mukoperiost- vertikales Knochenangebot. lappens. DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 432 – 439 433
IMPLANTOLOGIE Das knöcherne Transplantatlager wurde sorgfältig kürettiert regio 44 und 45-46 formkongruent auf dem Empfängerbett und anschließend multiple Blutungspunkte präpariert, aus positioniert und mit einer respektive zwei Osteosynthese- denen die Revaskularisation des avitalen allogenen Knochen- schrauben (Mondeal-Schrauben 11 mm) nach dem Prinzip der blocks erfolgen sollte (Abb. 5). Nach Prüfung der Passge- Zugschraubenosteosynthese ohne Spalträume zum Lagerkno- nauigkeit der präoperativ durch ZTM Thomas Blaschke (Fa. chen absolut lage- und rotationsstabil fixiert (Abb. 8). ProDent, Detmold) CAD/CAM gefertigten patientenindividu- Das hier verwendete Material (Osteograft® Block tricortical ellen Knochenblöcke (Abb. 6 und 7) wurden zwei Blöcke in 40x20 mm, Fa. Argon Dental) ist in unterschiedlichen Größen Abb. 5: Blutungspunkte für die Ernährung des allogenen Knochenblocks. Abb. 6: Parallelfräsgerät zur präoperativen 3D-Blockfräsung: auf der einen Seite wird die auf DVT-Basis entworfene Form des Blockaugmentats abgetastet, auf der anderen Seite wird dann der patientenindividuelle Knochenblock gefräst. Abb. 7: Patientenindividueller Knochenblock. Abb. 8: Lage- und rotationsstabile Fixierung der allogenen Knochenblöcke auf dem Empfängerbett mit Osteosyntheseschrauben. Abb. 9: Abdeckung des Augmentats mit einer A-PRF-Fibrinmatrix. Abb. 10: Spannungsfreier und speicheldichter Wundverschluss mit Einzelknopf- und fortlaufenden Nähten. 434 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 432 – 439
EXZELLENZ IN DER SOFORTVERSORGUNG Straumann® BLX Sicherheit und Vertrauen über die Sofortversorgung hinaus. DYNAMIC BONE ESTHETIC ECHTES MANAGEMENT EASE CONCEPT VERTRAUEN Intelligentes Implantat- Nur eine Verbindung Untermauert durch Design unterstützt Sofort- und unterkonturierte langfristige wissenschaftliche versorgungsprotokolle Prothetikkomponenten Studien für die Technologien unabhängig von der als Lösung für mühelose Roxolid® Material und Knochenklasse Ästhetik SLActive® Oberfläche . Das BLX Implantatsystem vereint ein progressives funktionales Design mit unserem Hochleistungsmaterial Roxolid® und der klinisch erprobten SLActive® Oberfläche – entwickelt für Zuverlässigkeit in allen klinischen Situationen. Innovationen wie das VeloDrill™ System, Straumann® Dynamic Bone Management und unser Esthetic Ease Concept zielen auf signifikante Verbesserungen der chirurgischen und prothetischen Workflows. Informieren Sie sich bei Ihrem zuständigen Straumann Kundenberater oder besuchen Sie unsere Website unter www.straumann.com. A0016/de/A/00 03/19
IMPLANTOLOGIE und Formen erhältlich. Grundsätzlich sind die steril verpack- zwischen den Allografts mit partikulärem allogenem Knochen- ten allogenen Knochenblöcke strikt nach Herstellerangaben ersatzmaterial aufgefüllt (Osteograft® Spongiosa Granulat, vorzubereiten (Entlüftung, Rehydratation). Weitere Hersteller Fa. Argon Dental). von allogenen Blocktransplantaten sind in Tabelle 1 zusam- Die Augmentate wurden anschließend zur simultanen Weich- mengefasst. gewebsoptimierung und Verbesserung der Wundheilung mit Zur Reduktion des Risikos der Augmentatinfektion ist ausrei- einer bioaktiven autologen A-PRF-Fibrinmatrix abgedeckt chend Distanz zum Sulcus der Nachbarzähne einzuhalten. (Abb. 9). Sodann erfolgte ein absolut spannungsfreier und Scharfe Kanten der Allografts wurden anschließend sorgfältig speicheldichter Wundverschluss mit Einzelknopf- und fortlau- mit rotierenden Instrumenten abgerundet und die Spalträume fenden Nähten (Prolene 5-0, Fa. Ethicon) (Abb. 10), um mög- lichen Wunddehiszenzen sowie einem Teil- oder Komplettver- lust des Augmentats vorzubeugen. Als adjuvante antiseptische Therapie wurde eine Spülung mit Chlorhexidin-Lösung 0,2% dreimal täglich für eine Dauer von 7 Tagen empfohlen. Post operationem wurde die Patientin angewiesen im Wund- gebiet möglichst wenig Kaudruck und mechanische Manipu- lationen auszuüben (Mundhygiene, Ertasten der Wundregion, Mimik). Der Verzicht auf ein herausnehmbares schleimhautgetragenes Provisorium diente der Vermeidung eines frühzeitigen Misser- folgs in der Einheilungsphase. Nach radiologischer und klinischer Verlaufskontrolle erfolgte am 10. postoperativen Tag die Nahtentfernung bei klinisch reizlosen Wundverhältnissen. Nach vier Monaten komplikationsfreier geschlossener Einheil- zeit wurde eine DVT-Aufnahme zur weiteren prothetisch ori- Abb. 11a: Re-entry nach vier Monaten: stabiles, ausreichend dimensioniertes und entierten Implantatplanung angefertigt. gut vaskularisiertes Augmentat mit geringfügiger Resorption im Bereich der mitt- leren Osteosyntheseschraube. Abb. 11b: Intraoperativer Situs nach Entfernung der Osteosyntheseschrauben. Abb. 12: Implantation im allogenen Augmentationsgebiet. Abb. 13: Abdeckung der Implantate mit einer A-PRF-Fibrinmatrix. Abb. 14: Panorama-Röntgenkontrolle unmittelbar nach Implantatinsertion. 436 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 432 – 439
IMPLANTOLOGIE Die Eröffnung des augmentierten Areals erfolgte in Lokal- Dass prozessierte Allotransplantate vergleichbare Ergebnisse anästhesie über eine identische Schnittführung. Nach Entfer- wie autologes Material liefern können, zeigten Chiapasco et nung der bei der Augmentation verwendeten Osteosynthese- al. Nach dieser Studie ist von einer Implantatverlustrate von schrauben imponierte ein ausreichend dimensioniertes, sta- 8,5 Prozent auszugehen [2]. biles, gut vaskularisiertes und entzündungsfreies Augmentat Nissan und Chaushu berichten bei allogenen Blockaugmen- (Abb. 11). tationen über Erfolgsquoten von 92 Prozent und Implantat- Aufgrund des nun suffizienten horizontalen Knochenange- verlustraten von 4,4 Prozent sowie über Block- und Implan- bots konnten zwei MIS-V3-Implantate der Größe D4,30/L13 tatüberlebensraten von über 90 Prozent in der anterioren nach prothetischen Vorgaben mit entsprechendem Drehmo- Maxilla bzw. Blocküberlebensraten von 79 Prozent in der at- ment von 35 Ncm primärstabil in regio 46 und 44 inseriert rophen lateralen Mandibula [3-6]. werden (Abb. 12 und 14). Auch Keith et al. (2006) fanden ein deutliches Überwiegen der Transplantatverluste für den Unterkieferseitenzahnbe- Es wurde wiederum eine bioaktive autologe A-PRF-Fibrinmat- reich [7]. rix zur Verbesserung der Wundheilung und Weichgewebsver- Plöger et al. (2018) ermittelten im Unterkiefer ebenfalls ge- dickung auf dem Kieferkamm platziert (Abb. 13) und es fand ringere Erfolgsraten als im Oberkiefer (89,19 % versus 95,42 konsektiv ein speicheldichter Wundverschluss statt. %) [8]. Die Implantate wurden nach zehnwöchiger Osseointegrati- Mögliche Ursachen für die deutlich höhere Komplikationsra- onszeit (Abb. 15) mittels eines apikalen Verschiebelappens te im Unterkiefer sind u.a. die schlechtere Nutrition der Al- freigelegt und mit entsprechenden Gingivaformern versehen. lografts im kompakteren Unterkieferknochen, die dünneren Sie stellten sich stabil und osseointegriert dar (Periotest® -Wer- Weichgewebsverhältnisse und die stärkeren Muskelzüge von te von -7,2 bzw. -6,4). Zunge und Wange im Unterkiefer sowie die Beweglichkeit der Zwei Wochen nach Implantatfreilegung wurde die protheti- Mandibula. sche Suprakonstruktion von der Firma ProDent GmbH in Det- mold gefertigt. Die Tabelle 2 zeigt die Ergebnisse der DIZ-Studie – die Verlust- raten der allogenen Transplantate im Betrachtungszeitraum Diskussion 2006 bis 2018 für den Oberkiefer und den Unterkiefer mit Ohne Knochenblockaugmentation wäre im vorgestellten Fall anatomisch bedingten unterschiedlichen Werten sowie die eine festsitzende kaufunktionelle Rehabilitation undenkbar Notwendigkeit von zusätzlichen weichgewebschirurgischen gewesen. Die Transplantation allogener Knochenblöcke hat Maßnahmen wie FST, BGT, apikaler Verschiebelappen, Roll- den Entnahme-Eingriff aus extra- und intraoralen Donorstel- lappentechniken etc. len und somit die entnahmebedingte Morbidität vermieden. Insbesondere bei den schwierigeren und technisch anspruchs- Fazit und Ausblick volleren vertikalen Kammaugmentationen bietet der Einsatz Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sowohl der allogener Knochenblöcke die Möglichkeit, das deutlich erhöh- Einsatz humaner allogener Knochenblöcke wie auch der Ein- te Operationsrisiko alternativer Verfahren (Distraktionsosteo- satz autologer Knochenblöcke zuverlässige Augmentationen genese und Interpositionsplastiken) zu reduzieren. vergleichbarer Größe ermöglichen. Während Professor Khoury et al. mit der Schalentechnik und Wie Al-Nawas und Schiegnitz in einer Metaanalyse feststellten, autologen Knochenblöcken aus dem Ramus mandibulae her- gibt es keine Evidenz dafür, dass autologer Knochen besser als vorragende Ergebnisse erzielen [9], wird heute in der Praxis Knochenersatzmaterial ist. Allerdings schränkte Al-Nawas ein, des Autors nach eingehender Aufklärung der Behandlungs- dass die Schlussfolgerungen limitiert sind, da der Einfluss der optionen (autolog vs. allogen) in über 95 Prozent der Behand- Defektgröße des augmentierten Volumens und der regenerati- lungsfälle die minimalinvasivere Behandlungsmethode bevor- ven Kapazität in der Metaanalyse nicht berücksichtigt wurde [1]. zugt. Abb. 15: Klinische Situation 10 Wochen nach Implantatinsertion: erfolgreiche Abb. 16: Prothetische Rehabilitation durch ZTM Thomas Blaschke. horizontale Alveolarkammaugmentation. DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 432 – 439 437
IMPLANTOLOGIE Hersteller Produkt Spende Prozessing Vertrieb CT Bank, maxgraft® humans Knochenallograft lyophilisiert Lebendspende Dithylether/Ethanol botiss medical AG, Austria gGmbh, maxgraft® bonebuilder oxidativ (H2O2) Berlin A-Krems humanes Knochenallograft patientenindividuell, Leichenspende lyophilisiert Charité-Universitätsmedizin Demineralisierte Human-Knochen-Matrix, Lebendspende Peressigsäure/Ethanol Berlin gefriergetrocknet Human-Corticalis, gefriergetrocknet Leichenspende Human-Spongiosa, gefriergetrocknet Deutsches Institut für Zell- Demineralisierte Human-Knochen-Matrix, Leichenspende Peressigsäure/Ethanol Argon Produktions- und Gewebeersatz, gefriergetrocknet, DIZG und Vertriebsgesell- DIZG Berlin Human-Corticalis, gefriergetrocknet, DIZG schaft mbH&Co.KG, Human-Spongiosa, gefriergetrocknet Bingen TBF Génie Tissulaire, Phoenix humanes Knochenallograft, Lebendspende γ-Sterilisation direkt F-Mions kortikospongiöse und spongiöse Formen, Lamellen, Pulver Tutogen Medical GmbH, Puros Allograft Lebendspende Tutoplastverfahren: Zimmer Dental Neunkirchen am Brand Tutoplast Spongiosa oxidativ (H2O2) GmbH, Freiburg Niedrig-γ-Sterilisation Tabelle 1: Hersteller von allogenen Blocktransplantaten [10]. Nach Einschätzung des Autors sollte das allogene corti- nen Knochenblöcke einen entscheidenden Vorteil bezüglich co-spongiöse Transplantat als präimplantologisches Aug- der Revaskularisierung des Knochens und der damit verbun- mentationsverfahren im Vergleich zum „Goldstandard“ des denen höheren BIC-Rate (Bone-to-Implant-Contact). autologen cortico-spongiösen Transplantats als klinisch eben- Jedoch müssen weitere Studien folgen, um diese positiven bürtig und aufgrund der geringeren Invasivität sowie besse- Ergebnisse beim Einsatz präfabrizierter Knochenblöcke zu ve- ren Volumenstabilität als überlegen eingestuft werden. rifizieren. Langjährige klinische Erfahrungen belegen eine hohe Sicher- Die Biologisierung osteokonduktiver Knochenersatzmateria- heit und hohe Erfolgsquoten beim klinischen Einsatz alloge- lien mit regenerativen autologen Blutbestandteilen hat sich ner Knochenblöcke. inzwischen in der regenerativen Zahnmedizin etabliert. Plätt- Allen Auf- und Anlagerungsplastiken ist gemein, dass sie in chenreiches Fibrin (Platelet-Rich Fibrin, Choukroun-PRF) ist ein der vaskulären Endstrecke liegen und der Augmentationser- bioaktives, autologes Blutkonzentratsystem, das „chairside“ folg primär eine Frage der Revaskularisierung durch das da- mittels einmaliger Zentrifugation ohne Zugabe von Antikoa- runterliegende Knochengewebe ist. Die knöcherne Regene- gulantien und Aktivatoren aus patienteneigenem peripher-ve- ration findet bei osteokonduktiven Materialien in erster Linie nösem Blut gewonnen wird und sowohl in fester (A-PRF-) als appositionell vom Lagerknochen statt. Insbesondere die ex- auch in injizierbarer (I-PRF-) Form vorliegt. akte Anpassung an die Oberfläche des Transplantatlagers mit Es findet seinen Einsatz in der Förderung der Wundheilung Vielpunktkontakt ist wichtig für die vaskuläre und knöcherne und Geweberegeneration (Weichgewebsregeneration, Kno- Erschließung des Allotransplantats und somit für dessen funk- chenregeneration), dank der in hohen Konzentrationen ent- tionelle Einheilung. In den letzten drei Jahren ist in der Praxis des Autors ein we- sentlicher Fortschritt bezüglich formkongruenten Anpassun- Oberkiefer Unterkiefer Gesamt gen an den Lagerknochen entstanden. Durch die präoperative CAD/CAM basierte 3D-Blockfräsung Anzahl inserierter Blöcke 480 222 702 im Osteographen (Fa. Argon Dental) durch ZTM Thomas Blaschke (Fa. ProDent, Detmold) wurde eine höhere Präzision Verluste 22 24 46 und Passgenauigkeit im Vergleich zu chairside angepassten Knochenblöcken erreicht. Erfolgsrate 95,42 % 89,19 % 93,45 % So konnte mithilfe der vorgefertigten patientenindividuellen allogenen Knochenblöcke gerade im komplizierteren Unter- Notwendigkeit von Maß- 338 185 523 kieferseitenzahnbereich die Erfolgsquote von 88 auf 93,8 Pro- nahmen (FST, BGT, apikaler 70,42 % 83,33 % 74,50 % zent erhöht werden. Verschiebelappen, Rolllappen- Der Autor sieht insbesondere bei komplexen Gesamtaugmen- techniken, etc.) tationen der Ober- und Unterkieferalveolarfortsätze mithilfe Tabelle 2: Ergebnisse der DIZ-Studie – Erfolgsraten von humanen Knochenblö- der CAD/CAM vorgefertigten patientenindividuellen alloge- cken 2006-2018. 438 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 432 – 439
IMPLANTOLOGIE haltenen Thrombozyten, Leukozyten und Wachstumsfakto- ren (u.a. BMP-2, TGF-β1, BMP-2, IGF, VEGF, PDGF, EGF). ZA Dirk Oliver Sättele Vor allem bei Risikopatienten mit eingeschränktem regenera- tiven Potenzial sieht der Autor im Einsatz von PRF einen we- Geboren in Brüssel/ Belgien sentlichen Vorteil. 2007-2011 Studium der Zahnmedizin an der Philipps-Universität Marburg Literaturverzeichnis unter 2012-2014 Intensive oralchirurgische und www.dimagazin-aktuell.de/literaturlisten prothetische Assistenten- ausbildung am Euregionalen Zentrum für Zahnmedizin Bilder, soweit nicht anders deklariert: Dr. Plöger seit 2014 Implantologie und Prothetik am Dental Center Gangelt w i w w ZTM Thomas Blaschke 1989-1993 Ausbildung zum Zahntechniker Dr. Mathias Plöger 1993-2004 Weiterbildung in der Zahntechnik / DIZ – Deutsches Implantologie Zentrum Randgebiete Lemgoer Str. 20 · 32756 Detmold 2004 Qualifikation zum Zahntechniker- info@zahnarztpraxis-ploeger.de · www.diz-dt.de meister 2005-2011 Leitende Aufgaben in diversen Dentallaboren seit 2011 Laborleiter im Dentallabor ProDent GmbH – Dr. Mathias Plöger Herstellung von aufwendiger hochwertiger Implantatprothetik und implantatprothetischer Studium der Zahnmedizin in Hannover Gesamtrehabilitation, gesamtes Portfolio der 1983 Staatsexamen digitalen Zahntechnik dank kompletter Zirkon- 1985 Promotion zahn CAD/CAM-Technik, Herstellung metallfrei- 1984-1986 Intensive oralchirurgische und er und ästhetisch anspruchsvoller Frontzahnkro- parodontologische Assistentenausbildung nen sowie individuell nach DVT-Daten gefräster seit 1986 Oralchirurgie, Implantologie und Parodontologie in Knochenblockaugmentate eigener Praxis in Detmold seit 2013 Fachreferent im DIZ im Bereich myozentrische Funktionstherapie 2015-2019 Weiterbildung im Bereich CMD (Sinfomed) ART OF IMPLANTOLOGY 5th BEGO Implant Systems Global Conference 16.–17.10.2020 AMSTERDAM Jetzt zum Newsletter anmelden: art-of-implantology.com
IMPLANTOLOGIE Klinisches Bild einer Periimplantitis. Experteninterview Periimplantitis „Ohne Biofilm passiert nichts“ Implantate spielen eine zunehmend wichtigere Rolle hinsichtlich einer Verbesserung der Lebensqualität vor allem äl- terer Menschen. Oft fehlt es jedoch am notwendigen Wissen zur Pflege des Implantates. Es droht Periimplantitis. Prof. Dr. Johannes Einwag hat uns im Experteninterview wichtige Fragen zur Entstehung und Vorbeugung sowie zur häus- lichen und professionellen Behandlung beantwortet. DI: Oft fehlt es den Patienten am nötigen Wissen zu Pro- und Patientenmotivation angeht? cedere, Pflege und Gesunderhaltung ihres Implantates. Ist Prof. Einwag: Mir sind keine Daten zu diesem Thema bekannt. das richtig? Fakt ist allerdings: Viele Patienten sind der Überzeugung „Das Prof. Einwag: Eine der Herausforderungen der modernen Prä- Implantat ist drin – jetzt kann nichts mehr passieren!“. Die Pa- vention ist in der Tat die Prophylaxe periimplantärer Entzündun- tienten vergessen dabei völlig: Es hat einen Grund gegeben, gen! Das zentrale Problem: Beläge lagern sich an Implantatober- warum der natürliche Zahn entfernt werden musste! Der Lang- flächen nicht nur leichter an als am natürlichen Zahn, sie sind zeiterfolg des Implantates ist nur in zweiter Linie abhängig vom aufgrund der klinischen Situation auch schwerer zu entfernen! Material des Implantates! Entscheidend ist das Fundament, das Diese Aussage gilt für Patienten aller Altersgruppen, besonders heißt, die Qualität des Knochens und der umgebenden Weich- natürlich für Senioren, die aufgrund altersbedingter Einschrän- gewebe! Und das bedeutet in erster Linie Entzündungsfreiheit kungen (Sehen, Fühlen, Feinmotorik…) nur bedingt eine häus- – vor der Implantation und danach! Hier sind Praxisteam und liche Zahnreinigung in der erforderlichen Qualität durchführen Patient gleichermaßen gefordert. können. Regelmäßige professionelle Unterstützung in drei- bis viermonatigen Abständen ist erforderlich. DI: Periimplantitis setzt sich als Begriff erst langsam bei den betroffenen Patientengruppen durch. Wie definieren DI: Das heißt, dass ein Implantat wirklich mehr Aufmerk- Sie den Begriff Periimplantitis? Häufig wird eine Parallele samkeit und Pflege benötigt und anfälliger ist? zur Parodontitis gezogen. Ist diese „Vereinfachung“ ziel- Prof. Einwag: In der Tat: Das Implantat benötigt mehr Aufmerk- führend? samkeit und Pflege! Das Material selbst ist nicht anfälliger, aber Prof. Einwag: Bis heute gibt es keine allgemein akzeptierte De- die periimplantären Gewebsstrukturen unterscheiden sich vom finition. Allein die Begrifflichkeit stößt bei vielen Kollegen und Parodontium des natürlichen Zahnes und sind anfälliger für Ent- Wissenschaftlern auf Kritik – es geht ja gar nicht um eine Entzün- zündungen. dung des Implantates, sondern, um eine Entzündung der periim- plantären Gewebe (Weichgewebe und Knochen)! DI: Die aktive Zusammenarbeit von behandelndem Arzt Eine Parallele besteht allenfalls zwischen Gingivitis und Mukosi- und Patient ist ein entscheidender Faktor, wenn ein Im- tis, nicht zwischen Parodontitis und Periimplantitis! Der entschei- plantat dauerhaft „glücklich machen“ soll. Haben hier dende Unterschied: Ein Implantat besitzt keinen „Parodontal- manche Kollegen ggf. Nachholbedarf, was Wissensstand spalt“! 440 DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 440 – 442
IMPLANTOLOGIE Die gesamte Palette der körpereigenen Abwehr, die über das die bis Mai 2021 gültig ist: „Die Behandlung periimplantärer „Parodontium“ aktivitiert werden kann, fehlt beim „osseointe- Infektionen an Zahnimplantaten“. Sie beschreibt im Detail die grierten“ Implantat. Das heißt, vereinfacht formuliert: Beim Im- aus aktuellem wissenschaftlichen Kenntnisstand notwendige plantat haben wir einen verstärkten Biofilmangriff bei gleichzei- Vorgehensweise: Sowohl nicht-chirurgische als auch chirurgi- tig vergleichsweise reduzierter körpereigener Abwehr. sche Vorgehensweise ist grundsätzlich möglich. Im Mittelpunkt sowohl der nicht-chirurgischen als auch der chirurgischen Vor- DI: Wodurch entsteht eine Periimplantitis? gehensweise steht dabei die mechanische Belagsentfernung. Prof. Einwag: Durch einen pathogenen Biofilm, der nicht ent- Bei der nicht-chirurgischen Therapie sollten alternative oder ad- fernt wird. juvante Maßnahmen zu einem manuellen Debridement ergänzt werden. Evidenz liegt hier vor für die alternative Monotherapie DI: Das klingt sehr kurz und eindeutig. Berücksichtigt die- mittels Er:YAG-Laser und Glycin-gestützten Air-Polishings sowie se Zusammenfassung zum Beispiel die Rolle der Wirtsant- für den adjuvanten Einsatz lokaler Antibiotika mit kontrollierter wort ausreichend? Freisetzung (einmalige Anwendung von Doxycyclin), CHX-Chips Prof. Einwag: Sowohl für die Parodontitis als auch die Periim- und antimikrobieller Photodynamischer Therapie. plantitis gilt: Es handelt sich um biofilminduzierte Erkrankungen Der Behandlungserfolg und die Stabilität der erzielten klinischen – d.h. ohne Biofilm haben wir kein Problem! Unterschiedlich ist Ergebnisse (> 6 Monate) sollte aber insbesondere bei initial tie- natürlich die Reaktion des Körpers – aus diesem Grund reagiert fen Taschen von >7 mm als prognostisch ungünstig eingestuft jeder Patient anders – auch in Bezug auf Gingivitis oder Parodon- werden. titis. Aber grundsätzlich gilt: Nur mit Biofilm kann etwas passie- Welches chirurgische Protokoll zu bevorzugen ist, kann zum ren – ohne Biofilm passiert nichts. gegenwärtigen Zeitpunkt aus der Literatur nicht abgeleitet wer- den. Aber auch hier gilt: Der Dekontamination der exponierten DI: Wie skizzieren Sie die „ideale Behandlung“ einer Peri- Implantatoberflächen sollte eine zentrale Bedeutung zukom- implantitis? men. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann die Überlegenheit Prof. Einwag: Bis heute gibt es keine „ideale Behandlung“. So- einer spezifischen Reinigungsmethode nicht herausgestellt weit sollte es gar nicht kommen! Im Mittelpunkt der „Implan- werden. Häufig wurden jedoch mechanische (zur Reduktion tatbetreuung“ steht die professionelle Entfernung des Biofilms, des Biofilms) und chemische (zur Reduktion und Inaktivierung bevor er pathogen wird! des Biofilms) Verfahren kombiniert. Der zusätzliche Nutzen ei- ner peri- und/oder postoperativen Antibiotikagabe kann aktu- DI: Wenn es aber doch zu einer Periimplantitis kommt, wie ell nicht bewertet werden. Bei allen chirurgischen Therapiean- sieht der Behandlungsweg dann aus Ihrer Sicht aus? sätzen gilt es zu beachten, dass diese grundsätzlich ein hohes Prof. Einwag: Hier geht es nicht um meine Sichtweise zum Risiko für die postoperative Entstehung mukosaler Rezessionen Thema, sondern es liegt eine S3-Leitlinie aus dem Jahr 2016 vor, bergen. Klinisches Bild einer Periimplantitis. Klinisches Bild nach Periimplantitistherapie. Behandelner Zahnarzt: Dr. Dirk Heering. DENTALE IMPLANTOLOGIE | Jg. 23 | Ausgabe 07 | November 2019 | 440 – 442 441
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