Der Ackermann - Ackermann-Gemeinde
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Der Ackermann B 20027 F Zeitschrift der Ackermann-Gemeinde 69. Jahrgang | München 2018 | Heft 1 Weißer Berg mit neuem Klang Im Fokus: Zur Diskussion: Auf dem Weg: Nationale Dialog Wallfahrt nach Minderheiten unverzichtbar Altwasser > Seite 3 > Seite 6 > Seite 10 www.ackermann-gemeinde.de
Inhalt In dieser Ausgabe: 3 Nationale Minderheiten in Europa „Beispiel gelungenen Dialogs schuldig“ 5 Gedenkstein für Deutsche Bei ihrer Frühjahrsvollver- sammlung Ende Februar in 6 Dialog mit Ungarn Ingolstadt widmeten die deut- schen Bischöfe ihren Studien- 8 Standpunkte: Ohne Minderheiten tag den „Verständnisgrundla- gen des Dialogs mit den Kir- 9 Nach der Präsidentenwahl chen in Mittel- und Osteuropa“. Kardinal Reinhard Marx Unter den Referenten waren 10 Ort der Begegnung: Altwasser (Foto: ag) Prof. Dr. Tomáš Halík aus Prag und Prof. Dr. András Máté- 12 Sozialwerk Tóth. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Dr. Rein- hard Kardinal Marx hob folgende Punkte als Schlussfol- 13 Junge Aktion gerung hervor: „Zwischen der Kirche in Deutschland und der Kirche in 14 Aktuelles den mittelosteuropäischen Ländern gibt es einen histo- risch gewachsenen und weiterhin sehr lebendigen Aus- 16 Literatur tausch. Er betrifft die Ebene der Bischöfe und ebenso viele Laienorganisationen. Nicht zuletzt kommt Renovabis 19 Aus unserer Gemeinschaft seit nunmehr 25 Jahren eine herausragende Bedeutung für die Begegnung der Ortskirchen in Europa zu. Dieses 26 Familiennachrichten Erbe erfüllt uns mit Dankbarkeit. Es stellt zugleich eine Verpflichtung für die Zukunft dar. 28 Termine Der Dialog zwischen der Kirche im Osten und im Wes- ten Europas bedarf heute neuer Impulse. Gerade wenn es bei manchen Fragen unterschiedliche Auffassungen gibt, ist das intensive Gespräch geboten. Dabei ist kei- Der Ackermann - Zeitschrift der Ackermann- neswegs eine möglichst vollständige Übereinstimmung Gemeinde München, 69. Jahrgang, Heft 1-2018; oder gar eine Uniformität des Denkens angestrebt. Statt- Hg.: Ackermann-Gemeinde e.V. dessen kommt es auf die ehrliche Absicht an, einander Redaktion: M. Dörr (verantwortlich), A. Insel, Msgr. D. besser zu verstehen und die gemeinsamen Grundlagen Olbrich, Dr. O. Pustejovsky, D. Schroth, A. Toscano del zu klären und zu stärken. In einem solchen Dialog sind Banner. Für das Familienbuch: M. Klieber. alle Lehrende und Lernende zugleich. Heßstraße 24, 80799 München, Dabei würde es viel zu kurz greifen, Differenzen im Postfach 340161, 80098 München; kirchlichen Raum zu verallgemeinern und einseitig einem Tel. (089) 27 29 42-0, Fax (089) 27 29 42-40; kulturellen Ost-West-Gegensatz zuzuschreiben. So gibt E-Mail: info(at)ackermann-gemeinde.de; es, um nur ein Beispiel zu nennen, Sorgen wegen des Internet: www.ackermann-gemeinde.de; Zuzugs von Flüchtlingen und Migranten (und auch regel- Kontakt zur Redaktion (Artikel, Fotos, Leserbriefe): rechte Abwehrreflexe) nicht nur in den östlichen Ländern, redaktion(at)ackermann-gemeinde.de. Kontoverbindungen: LIGA Bank eG München, sondern auch in Deutschland – und zwar bis in die Kir- Luisenstr. 18, 80333 München, chengemeinden hinein. BIC GENODEF1M05. Die Kirche schuldet Europa das Beispiel des gelingen- Ackermann-Gemeinde e.V. München: den Dialogs. Sie ist überall auf unserem Kontinent behei- IBAN DE94 7509 0300 0002 1417 44; matet. Gerade deshalb kann ihr Ringen um die Wahrheit Sozialwerk der Ackermann-Gemeinde e.V.: die gemeinsame Zivilisation Europas beleben.“ IBAN DE05 7509 0300 0002 1222 00; Stiftung Ackermann-Gemeinde: IBAN DE79 7509 0300 5502 3461 09. Als Manuskript gedruckt. Für gezeichnete Aufsätze trägt der/die Verfasser/in die Verantwortung. Der Bezugs- Titelbild: preis wird mit dem Mitgliedsbeitrag abgegolten. Schwestern des Benediktinerinnenklosters auf dem Wei- Erscheinungsweise: 4 x im Jahr. ßen Berg in Prag beim Chorgebet (Foto: Benediktinerin- Redaktionsschluss für Heft 2-2018: 22.05.2018 nen vom Weißen Berg) Beilage 2 | Der Ackermann 1-2018
Titelbericht Sie setzten sich für die Rechte nationaler Minderheiten ein: Vertreter in der Föderalisti- schen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) im Juni 2013 in Brixen (Foto: FUEN) Nationale Minderheiten: Europäischer Normalfall Die Jahre nach dem Ende des Ersten vertrieben, in die Emigration gezwun- Ausgeklammert sei an dieser Stelle Weltkrieges, 1918-1923, stehen für gen oder durch Zwangsmaßnahmen jedoch die Roma-Thematik. Nur weni- eine bereits im 19. Jahrhundert ein- aufgrund ihrer „unpassenden“ Identi- ge Staaten wie die Schweiz, Belgien setzende Neuformierung der europäi- tät, Religion und Muttersprache assi- oder Bosnien-Herzegowina betrach- schen Staatenwelt hin zu zentralis- miliert oder diskriminiert. ten sich nicht als Nationalstaat. tisch strukturierten Gemeinwesen Nur in wenigen Staaten des heuti- Folgende Schlüsselfragen zum The- samt eines im Ideal national homoge- gen Europa leben keine autochtho- ma „alteingessene nationale, ethni- nen Staatsvolkes nach französischem nen nationalen Minderheiten. In eini- sche und religiöse Minderheiten in Vorbild. Die Ausformulierung und gen weiteren Staaten wie Schweden Europa um 2018“ sollten beleuchtet Durchsetzung dieser uniformistischen oder Dänemark ist der zahlenmäßige werden: Welche Funktion haben ge- Vorstellungen von Volk und Staat Anteil dieser Gruppen verschwindend wachsene Regionen in Europa 2018? besonders durch eine konsequent gering. Eine weitere Staatengruppe Welche Zukunft haben die in räumli- durchgesetzte Sprach- und Schulpoli- kann als Folge von Grenzverschie- chen Diasporasituationen lebenden tik löste im Verlauf weniger Jahrzehn- bungen, massiven ethnischen Säube- kleinen autochthonen Bevölkerungs- te alteuropäische Identitätsformungen rungen und einer auf die zwangswei- gruppen? Dies betrifft insgesamt die ab, die auf Religions- und/oder Stan- se ethnische Homogenisierung der Mehrzahl der Volksgruppen. Bei fast deszugehörigkeit mit häufig zusätz- Gesellschaft abzielenden Politik im allen sind in den letzten zwei Jahr- lich starken regionalen Bezügen und 19. und 20. Jahrhundert de facto als zehnten ein rascher Rückgang des zusätzlich teilweise im Rahmen einer „Nationalstaat“ betrachtet werden. Gebrauchs von Muttersprache und übernationalen imperialen Ordnung Ungarn, Polen, Tschechien, Slove- eine Akkulturation an die Mehrheits- basierten. nien, Kosovo, aber auch Deutschland gesellschaften feststellbar. Der Traum von einem homogenen und Österreich gehören etwa in diese Wie sollen Lösungen für die Regio- Nationalstaat sollte sich aus heutiger Gruppe. Hier beträgt der Anteil der nen aussehen, in denen separatisti- Sicht als vielfach fatal für die Gesell- Menschen, die sich zu einer aner- sche Bewegungen eine relevante schaften erweisen, der Millionen kannten nationalen und ethnischen Stärke besitzen? Die Aktualität dieser Menschen das Leben kostete. Viele Minorität bekennen, meist deutlich weitere Millionen Menschen wurden weniger als 5% der Bevölkerung. > Seite 4 Der Ackermann 1-2018 | 3
Titelbericht / Aus dem Bundesvorstand > von Seite 3 haben mit wohl negativen Folgen für Autonomiemodelle wie das Südtiro- die Betroffenen autochthonen Grup- ler bieten sich auf den ersten Blick in Thematik kann man etwa an den ge- pen. Und schließlich ist nach der Rol- einigen Fällen an. Allerdings zeigt genwärtigen Vorgängen in Kataloni- le der EU-Institutionen zu diesen The- sich bei näherer Betrachtung der ge- en/Spanien sehen, die nebenbei be- menfeldern zu fragen: Was gehört sellschaftlichen und sozioökonomi- merkt auch das geringe Wissen der möglicherweise in den Kompetenzbe- schen Bedingungen in den einzelnen führenden Medien rund um dieses reich Brüssels, was in den der jeweili- Regionen und einzelnen Bevölke- Thema geradezu peinlich enthüllt. gen Einzelstaaten oder zwischen- rungsgruppen, dass eine Übertragung Sind die für einige Regionen bzw. staatlicher Abkommen wie zwischen dieses Modells unrealistisch ist und Volksgruppen mühsam ausgehandel- Österreich und Italien rund um die wenig an den Kernproblemen der ten und angewandten Autonomiemo- Südtiroler Autonomie. Betroffenen ändern würde. Die For- delle wie etwa Südtirol, Aland Inseln, Nahezu 30 Jahre nach der Wende mel „Mehrwert durch Minderheiten“ Nordirland oder Sardinien ein zu- von 1989 lassen sich einige zentrale hat sicher ihre Gültigkeit im kulturellen kunftsweisendes Modell auch für an- und schwerwiegende Punkte hinsicht- Bereich, sie gilt aber nur im Einzelfall dere Konfliktfälle etwa in Mazedonien, lich der Situation nationaler Minder- für den Faktor Wirtschaft im weitesten Rumänien, Slowakei oder der Ukrai- heiten im östlichen Europa formulie- Sinne. ne? Wie sieht es mit dem Akzeptanz- ren: Migration in die Städte und ins Ein letzter Aspekt ist die Frage nach verständnis der betroffenen Mehr- Ausland sowie der demographische dem Wandel von Identitätsformen, heitsgesellschaften zu derartigen Fra- Wandel haben zu einer flächende- also nach gegenwärtigen Assimilati- gen aus? ckenden Entvölkerung des ländlichen ons- und Akkulturationsprozessen Zusätzlich müssen die in den letz- Raumes in weiten Teilen des östli- und den daraus folgenden Schlüssen. ten Jahrzehnten feststellbaren Bezü- chen und südöstlichen Europa ge- Deutlich ist: Minderheiten bedürfen ge zu den neueingewanderten Bevöl- führt. Betroffen sind auch sämtliche eines besonderen Schutzes und einer kerungsgruppen (allochthone Bevöl- Siedlungsgebiete der nationalen Min- Förderung. In diese Richtung zielt kerung) gleichfalls einbezogen wer- derheiten mit erkennbar einschnei- auch die Europäische Bürgerinitiative den. Dieser Punkt wird in Zukunft denden Folgen in allen Lebensberei- „Minority SafePack“. eine immense Bedeutung beim Um- chen. Was könnte diesen Prozess Dr. Meinolf Arens gang mit dem Thema nationale und aufhalten? Vorsitzender des Internationalen ethnische Minderheiten in Europa Instituts für Nationalitätenrecht und Regionalismus e.V. Gemeinsame Sitzung Zum Jahresauftakt stand in Prag eine deutsch- wie der tschechischsprachi- gemeinsame Sitzung der Vorstände gen Version der Ausstellung „Zeugen von Ackermann-Gemeinde und Sdru- für Menschlichkeit“ über den christli- žení Ackermann-Gemeinde auf dem chen Sudetendeutschen Widerstand Programm (Foto: ag). Es war ein in- 1938-1945. Diese wurde im Jahr tensiver Austausch über die anste- 2017 an 16 verschiedenen Orten ge- Bürgerinitiative unterstützen henden gemeinsamen Aktivitäten im zeigt. „Gemeinsam wollen wir weiter Jahr 2018, wie beim Katholikentag in als Christen die deutsch-tschechische Die Europäische Bürgerinitiative Münster oder beim Festival „Meeting Nachbarschaft mitgestalten“, bekräf- „Minority SafePack“ hat sich das Ziel Brno“ in Brünn. Erfreut zeigten sich tigten die beiden Vorsitzenden Martin gesetzt, den Schutz von Angehörigen die beiden Vorstände auch über den Kastler und Daniel Herman. nationaler Minderheiten oder von guten Verlauf der Präsentationen der ag Sprachminderheiten zu verbessern sowie die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union zu stärken und im Gemeinschaftsrecht festzuschreiben. Die Initiatoren verweisen darauf, dass jeder siebte Bürger Europas einer traditionell ansässigen Volksgruppe angehört. Schließen Sie sich diesen Forderun- gen an! Unterstützen können Sie die Forderung noch bis zum 3. April 2018 im Internet unter: www.minority-safepack.eu 4 | Der Ackermann 1-2018
Aus dem Bundesvorstand Rund 100 Personen nahmen an dem Gedenken teil. Herman Grußworte. Herwig Steinitz (Foto: ag) schilderte als Angehöriger der Erleb- nisgeneration seine Erinnerung und seinen Weg zur Versöhnung. Er schloss dabei: „Ich als gläubiger Mensch freue mich darauf, dass wir uns als Täter und Opfer einmal vor Gottes Angesicht treffen werden und an einem Tisch im Königreich des Friedens und der Liebe ohne Leiden- schaft und Hass miteinander reden können.“ An immer mehr Orten in Tschechi- Gedenkstein für Deutsche en wird der deutschen Opfer der Ver- treibung gedacht. Msgr. Dieter Ol- brich, Geistlicher Beirat der AG, hier- „An dieser Stelle wurden am 6.5.1945 ken vor dem Friedhof nahmen auf zu: „Dies ist ermutigend und bringt vier im Schlossgarten gefundene, un- Einladung von Bürgermeister Franti- uns auf dem Weg der Versöhnung bekannte deutsche Leichname beer- šek Švarc auch die Vorstände von immer weiter voran.“ ag digt.“ So lautet die Aufschrift auf AG und SAG sowie eine Delegation einem Gedenkstein im Prager Stadt- der AG Würzburg teil. teil Vinoř, welcher Anfang Januar Bei der anschließenden Begegnung feierlich enthülllt wurde. Ein daneben im nahegelegenen Centrum Mariapoli angebrachter Auszug aus der sprachen Martin Kastler und Daniel Ortschronik von jenem Tag schildert die Umstände, wie die Deutschen H. Steinitz, M. Kastler und D. Herman nach Kriegsende durch Gewalt zu (v.l.) verknoten gemeinsam mit den Tode kamen. Eines von vielen Teilnehmern der anschließenden Ereignissen im Zuge der sogenannten Begegnung im Centrum Mariapoli ein wilden Vertreibung. An dem Geden- Band der Freundschaft (Foto: ag) geborene Psychoanalytiker schreibt in Dr. Adam Sonnevend aus Rostock: Leserreaktionen seiner Einleitung: „Das Wort, ,ein 1. Ich halte es für wichtig, dass man Flüüüchtling´, gedehnt und herabset- zwischen den Bezeichnungen „natio- Dr. Walter Rzepka, der Ehrenvorsit- zend ausgesprochen, trifft mich im- nal“ und „nationalistisch“ sorgfältig ei- zende der Ackermann-Gemeinde, mer noch ins Mark. Ich erinnere mich nen Unterschied macht. National be- stellte immer wieder die kritische Fra- sofort an das dreckig grinsende, arro- deutet m.E. eine Erhöhung des Patri- ge, welchen Stellenwert die Nation in gant-überhebliche Gesicht der jeweili- otischen, also eine gute Eigenschaft, der Wertehierarchie eines Christen gen Sprecherin oder des Sprechers. während ein nationalistischer Stand- habe dürfe. Im Ackermann 4-2017 Gehört habe ich das Wort von vielen punkt immer zu Lasten von anderen wurden hierzu einige Gedanken Mitmenschen, von Lehrern, Pfarrern Nationen geht und er deshalb zu kriti- Rzepkas in dem Artikel „Nation als und anderen Christen. Es bereitet den sieren bzw. abzulehnen ist. Denkmodell hinterfragen!“ nachge- Menschen Wohlbefinden, überheblich 2. Wenn man „Flüchtlinge“ als ein zeichnet. Dass diese Frage die Leser sein zu dürfen, denn die Aussage, der Problem der heutigen Zeit irgendwo beschäftigt, zeigen die Reaktionen. andere sei ein Nichts, macht ihn erwähnt, sollte man das ergänzt im- Zwei Leserstimmen hierzu drucken selbst augenblicklich wertvoller: Be- mer in dieser Reihenfolge „Migranten wir ab: kanntlich bestimmt neben dem Ge- und Flüchtlinge“ tun. Es ist eine Tat- schlechtstrieb kein Bedürfnis das sache, dass seit 2015 mehr Migran- Handeln des Menschen so sehr wie ten als Flüchtlinge in unser Land Christoph Lippert aus Erlangen: die Sehnsucht nach moralischer kommen konnten, deshalb ist diese Sehr berührt hat mich der Artikel über Überheblichkeit.“ Reihenfolge gerechtfertigt. Wenn die Gedanken von Walter Rzepka zur Die Grenze von Nation als positiv man immer nur „Flüchtlinge“ erwähnt, Nation. Dieses Thema bewegt mich wirkendes Identifikationsmerkmal zum dann bekommt man eher oder später sehr. In letzter Zeit habe ich einen Nationalismus als Mittel zur Abgren- den Vorwurf, im Dienste der herr- neuen Gedanken-Anstoß dazu erhal- zung, zur Ausgrenzung und zur mora- schenden Politiker und der Medien, ten durch das Buch „Flüchtlings- lischen Überheblichkeit ist sehr fragil! die die Meinungshoheit behalten wol- kinder“ von Hans Hopf. Der in Teplitz len, zu stehen. Der Ackermann 1-2018 | 5
Zur Diskussion Das ungarische Parlament in Budapest. (Foto: ag) Dialog ist unverzichtbar Zu einem besseren Verständnis zwischen Ungarn und Deutschland Es droht Sprachlosigkeit mitten in Dialog ist Risiko fragbare Wahrheit zu verfügen. Europa. Besonders mit Blick auf Dialog beinhaltet das Risiko, dass der die Länder der Visegrád-Gruppe, 1. Dialog ist immer ein Risiko. In andere Recht hat. Polen, Ungarn, Tschechien und einem ehrlichen Dialog legen die Slowakei, ist nach der sogenann- Partner sich bloß. Ein wahrhaftiges Etikettierungen blockieren ten „Flüchtlingskrise“ im Jahr 2015 Treffen verändert beide Partner. Ein und nach innenpolitischen Wei- Dialog zwischen Deutschland und 2. Das medienvermittelte Bild über chenstellungen in diesen Ländern Ungarn, zwischen den Christen und Ungarn ist sehr einseitig – und das festzustellen, dass Dialog schwie- Kirchen aus diesen Ländern darf nicht Bild über Deutschland in Ungarn nicht riger ist und immer mehr gemieden mehr als Ost-West-Dialog verstanden weniger. Ungarn wird vor allem durch wird. Professor Dr. András Máté- werden, weil das die langen Schatten die ungarische Regierungspolitik und Tóth aus Szeged formuliert Thesen, der politischen Zweiteilung Europas noch mehr durch die politische Linie wie das Verständnis zwischen weiter verlängern würde. Es geht um des Ministerpräsidenten dargestellt. Ungarn und Deutschland wieder zwei vielfältige, bunte und uneinheit- Die Etikettierungen – er sei Natio- verbessert werden könnte. Diese liche Länder, mit vielschichtigen Er- nalist (Süddeutsche), Populist (Frank- Gedanken sind auch übertragbar innerungen, Interessen und Heraus- furter Rundschau), Feind der EU und auf den Dialog, der in Europa an forderungen. Die bedrängte Zukunft der Demokratie (Die Zeit), Putin- vielen Orten notwendig ist. dieser Länder und auch Europas ist Anhänger (Welt), korrupter Oligarch offen, die Lösungsentwürfe sind dis- (Spiegel) usw. – weise ich ent- kussionswürdige Versuche, ohne schieden zurück. Nicht, weil sie völlig über eine absolute und nicht hinter- unzutreffend wären, sondern, weil sie 6 | Der Ackermann 1-2018
Zur Diskussion die Probleme in Deutschland mit Symptome anerkennen fähigkeit der deutsch-ungarischen Nationalismus, Populismus, EU und Beziehungen gelegt. Diese vielfältige so weiter ausladen und auf Ungarn 4. Ungarn erlebt zurzeit die dritte Tradition des Gabenaustausches aufladen. Diese Etikettierungen Welle der Freiheit nach der Wende ermöglicht einen weiteren Dialog weit blockieren einen sinnvollen Dialog von 1990. Die erste Welle der über die Höflichkeitsgeste hinweg bis und verwüsten die europäische Freiheitsbegeisterung ging bald in die hin zu der Betrachtung der Ver- Landschaft, in der wir uns zu Hause Welle der Ernüchterung über. Und wundungen. Dieser Dialog soll vor fühlen. Genauso weise ich die seit der Wirtschafts- und Flüchtlings- allem ein religiöser Dialog sein, in tendenziösen Bezeichnungen über krise leben wir in der Welle eines dem die Partner sich gemeinsam vor Deutschland und über die Kanzlerin kollektiven Borderline-Syndroms. Lei- ihren Gott gestellt wissen, den sie als zurück, sie sei unverantwortlich, die denschaftliche und vergebliche Suche Vater der Barmherzigkeit preisen. Willkommenskultur sei eine Kata- nach nationaler Identität und staat- strophe für Europa, sie arbeite für die licher Souveränität, starke Emotions- Prof. Dr. András Máté-Tóth Verwirklichung eines Soros-Plans schwankungen nach rechts und links, usw. Wutausbrüche, ständige Angst vor Professor für Religionswissenschaft dem Verlassenwerden und paranoide an der Universität Szeged Kollektive Verwundungen Vorstellungen über die Umwelt. Dieser gestörte Zustand schreit nach 3. Ungarn und die weiteren Gesell- Therapie. Eine Mentalisierung und schaften Ost-Mittel-Europas kann kognitive Umorientierung kann helfen, man nicht ohne die kollektiven wodurch die inneren Dynamiken Verwundungen verstehen. Die Ver- dieser lähmenden und selbstgefähr- gangenheitsbewältigung war in lichen Tendenzen aufgedeckt und Deutschland auch eine Langzeit- bewusstgemacht werden. Es geht nur aufgabe, obzwar hier eine tragische in einem Langzeitdialog, in dem der Epoche von etwa 10 Jahren (1933- Dialogpartner das Symptom aner- 1945) zur Diskussion stand. Für kennt und dadurch das Verhalten des Ungarn und für die postkommu- Anderen handhaben kann. nistischen Gesellschaften ist diese Epoche 40 oder 70 Jahre lang. Der Besondere Rolle der Christen Historikerstreit in Deutschland brach etwa 40 Jahre nach der Shoah aus, 5. Christen und Kirchen können Dialog in der Mitte Europas es ist nicht verwunderlich und Ungarn eine besondere Rolle in dem nötigen auch nicht vorzuwerfen, dass die Dialog spielen. Sie wissen, was „Europa zwischen Integration und Akten der Vergangenheit noch offen- Sünde und Vergebung sind, sie Zerfall (1918/2018). Wohin steuert stehen und die Erinnerungen und haben spirituelle und rituelle Quellen Ostmitteleuropa?“. So lautet der Titel Meinungen über diese Vergangenheit und Traditionen in der Konfliktlösung. des XXVII. Brünner Symposiums die Gesellschaft plagen und spalten. Die katholische Kirche hat eine über- „Dialog in der Mitte Europas“, wel- Wenn die kommunistische Epoche in nationale Tragweite bei der ehren- ches Ende März (nach dem Re- Ungarn als ein Ausnahmezustand in vollen Anerkennung der regionalen daktionsschluss) mit über 250 Teil- der organischen Gesellschafts- Kulturvielfalt. Christen und Kirchen nehmerinnen und Teilnehmern aus entwicklung nach dem Zweiten Welt- sind viel mehr verbunden als Deutschland, Tschechien, Österreich, krieg betrachtet werden kann, dann getrennt. Deutsche Christen und der Slowakei, aus Ungarn und Polen muss zur Kenntnis genommen Kirchen haben sehr starke Be- stattfand. Unter den Referenten war werden, dass die tragende politische ziehungen zu ungarischen Christen auch Prof. Máté-Tóth. Im „Acker- Schicht dieses Landes nie eine und haben unzählbar viel geholfen. mann“ 2-2018 folgt eine ausführliche normale Zeit erlebt hat und auf keine Renovabis, Porticus, KAAD und Berichterstattung. demokratischen Langzeittraditionen andere Partnerschaften haben ein zurückblicken kann. starkes Fundament für die Trag- Der Ackermann 1-2018 | 7
Standpunkte Nationale Minderheiten gibt es in allen EU-Staaten. Sie zu schützen und damit zu erhalten, trägt dazu bei, den besonderen Charakter Europas zu bewah- „Was würde ohne nationale ren, denn vielerorts ist ihre Existent gefährdet. „Der Ackermann“ stellt daher die Frage: Minderheiten fehlen?“ Dotschy Rein- hend von Verfolgung, Vernichtung, sen und Dänen, dem Schutz des Min- hardt, deut- Ausgrenzung und Ablehnung geprägt. derheitenrechtes, welches vorsieht, sche Jazz- Noch immer bestimmen Vorurteile die reiche Kultur aller Gruppen zu Musikerin, und Nichtwissen das öffentliche Bild bewahren und zu fördern. Schriftstellerin von Angehörigen der größten ethni- Sinti und Roma haben schon immer und Menschen- schen Minderheit Europas. Ungeach- mit ihrem Handwerk als Geigenbauer, rechtlerin aus tet dessen, dass viele Roma und Sinti Schmied oder Einzelhändler oder der Volksgrup- in ihren Ländern gut integriert sind ihrer Kunst als Musiker das Land wirt- pe der Sinti: und sich in ihrer Lebensweise kaum schaftlich und kulturell mitgeprägt. von der Mehrheitsgesellschaft unter- Die Rechtsstaatlichkeit eines Lan- Die ersten Sinti scheiden, wird vielen ihre Herkunft des wird auch daran gemessen, wie in Deutschland wurden bereits 1407 zum Stigma. Viele Sinti und Roma mit den autochthonen Minderheiten als „Tartaren“ in der Hildesheimer ziehen sich mit ihrer Herkunft in die umgegangen wird. Es ist ein guter Weinamtsrechnung aufgeführt, in der Anonymität zurück. Parameter, der immer geprüft werden steht, der Stadtrat habe den Neuan- Dabei handelt es sich bei den deut- sollte und aus bürgerrechtlicher Sicht kömmlingen Getränke gereicht. Diese schen Sinti und Roma um eine aner- zur Demokratiewahrung beiträgt. Freundlichkeit trügt, denn die Ge- kannte Minderheit. Diese Gruppen schichte dieser Minderheit ist weitge- unterstehen, neben den Sorben, Frie- Martin Dzin- gen. Diese Eigenschaften kann man durch ihre Sprache und auch durch gel, Präsident lernen, vor allem in der Familie und religiöse Traditionen. Jeder Angehöri- der Landes- der Schule. Als ausgebildeter Lehrer ge der Mehrheitsgesellschaft, der das versammlung bin ich davon überzeugt, dass das Glück hat, mit einer oder mehreren der Deutschen effektivste Erlernen aus dem Ver- nationalen Minderheiten und deren in der Tsche- gleich mit eigenen Erfahrungswerten Kulturen ungezwungen und ganz na- chischen Re- entsteht. Nur so kann man mögliche türlich in Berührung zu kommen, ver- publik: Vorurteile abbauen und Großzügig- tieft für sich automatisch jene Eigen- keit lernen. Das ist übrigens eine vier- schaften, die eine funktionierende In einer Gesell- te, meines Erachtens ebenfalls wichti- Gesellschaft ausmachen. schaft, die auf ge Eigenschaft, derer eine gesunde Um die Frage aphoristisch zu be- demokratisch-christlichen Werten fußt, Gesellschaft nicht entbehren darf. antworten, möchte ich ein weises sollten vor allem Toleranz, Respekt Jede Minderheit wird durch spezifi- Sprichwort paraphrasieren: Je mehr und Ehrfurcht in den zwischen- sche Merkmale gekennzeichnet; andere Kulturen du kennenlernst, menschlichen Beziehungen überwie- durch eigene Bräuche und Sitten, desto mehr Mensch bist du! Dorothea Blüte, die durch Ergänzungen ande- Durch verschiedene Minderheiten in Schroth, Ver- rer Elemente (grün, andere Blüten) einem Staat wird die Vielfalt der Men- treterin der ihre Pracht entfaltet. schen demonstriert und die Mehrheit Ackermann- Ähnlich tragen Minderheiten in ei- ist genötigt, sich mit den Bedürfnissen Gemeinde nem System zu einem bunten Strauß der verschiedenen Gruppen aus- im Landesko- von Eindrücken bei, helfen uns, unse- einanderzusetzen und sich nicht zu mitee der re Maßstäbe zu hinterfragen, acht- einer Gleichmacherei hinreißen zu Katholiken sam zu bleiben mit dem Blick auf un- lassen. Die Dynamik einer Gesell- in Bayern: sere Gewissheiten. Es ist durch ihre schaft wird gefördert, sie lernt mit Existenz auch eher möglich, nicht in Unterschieden zu leben und diese als Was macht ei- einer „Echokammer“ zu verharren, in Gewinn zu schätzen. nen hübschen Blumenstrauß aus? der man sich seinen Blick auf die Doch die Kombination aus verschie- Welt gegenseitig bestätigt! denen Blüten oder eine dominierende 8 | Der Ackermann 1-2018
Nachbarschaft Nach der Kurzmeldungen: Wahl Weltjugendtag 2022 in Prag? Prag soll 2022, geht es nach der Tschechischen Bischofskonferenz, in Prag der Austragungsort des katholischen Weltjugendtages sein. Bereits vergan- genen Mai unterbreitete Kardinal Do- minik Duka im Vatikan ein entspre- Pavel Polák versuchte Herman eine chendes Angebot. Ende 2017 folgte Erklärung für den Wahlausgang. eine Delegationsreise nach Rom, die Zeman sei als „ein Mann von uns, für Werbung in dieser Sache machte. Ein Deutete in Berlin den uns, für die einfachen Menschen“ Prager Weltjugendtag wäre „eine gro- Ausgang der Wahl: wahrgenommen worden. Drahoš ße Ermutigung für unsere Kirche“, so Daniel Herman (Foto: ag) dagegen habe vielleicht ein wenig Anna Brabcová, die in der Bischofs- abgehoben gewirkt. Polák beklagte konferenz für die Jugendarbeit ver- Am 27. Januar stand es fest. Miloš die Entscheidung zur Einführung der antwortlich ist. Tschechien ist bislang Zeman bleibt fünf weitere Jahre Prä- Direktwahl des Präsidenten zum Jahr der einzige Bewerber. Allerdings en- sident der Tschechischen Republik. 2013. Zugleich verwies er auf den det die Anmeldefrist erst Ende des In der Stichwahl setzte er sich gegen Rückgang der Bindungskraft der tra- Jahres. seinen Herausforderer, den ehemali- ditionellen Parteien in seinem Land. ag gen Präsidenten der Akademie der Damit sei zu erklären, warum Andrej Wissenschaften Jiří Drahoš mit 51,36 Babiš von der Bewegung ANO trotz Renovabis wird 25 Jahre alt zu 48,63% durch. aller Korruptionsvorwürfe die Parla- Die Solidaritätsaktion der deutschen Bereits am Montag nach der Wahl mentswahlen im Herbst deutlich Katholiken mit Mittel- und Osteuropa, lud die Ackermann-Gemeinde ge- gewonnen habe. Dennoch sieht Renovabis, wurde am 3. März vor 25 meinsam mit der Katholischen Aka- Herman „eine tiefe demokratische Jahren gegründet. Als jüngstes der demie in Berlin zu einer Diskussion Tradition“, die bis in den Parlamen- katholischen Hilfswerke entstand es ein, um nach Tschechiens Platz in tarismus der 1860er Jahre zurück- nach dem Fall des Eisernen Vor- Europa zu fragen. Daniel Herman, bis reiche. Andererseits wirken aber auch hangs auf Initiative katholischer Dezember Kulturminister und verschiedene Gehirnwäschen von Laien. Solidarität sei unteilbar und zugleich Vorsitzender der Sdružení fast 50 Jahren, nationalsozialistisch, Nord-Süd dürfe nicht gegen Ost-West Ackermann-Gemeinde, machte in nationalistisch und kommunistisch, ausgespielt werden, hieß es damals. seiner Einführung anhand der Ge- nach, die die Menschen teilweise Im Herbst 1993 zog Renovabis auf schichte deutlich, dass der Platz in noch prägten. Polák erinnerte auch den Domberg nach Freising, wo es der Mitte Europas mit engen Verbin- an die „tschechische Seele“, die nicht bis heute seinen Sitz hat. Das Jubilä- dungen nach Westen ist. Böhmen, so genau wisse, ob sie nach Ost oder um schlägt sich auch im Motto der Mähren und Schlesien hätten schon West gehöre. Der Reflex, in der diesjährigen Pfingstaktion nieder: immer eine Brückenfunktion in Euro- Habsburger Monarchie „untergebut- „miteinander. versöhnt. leben“. Zu- pa gehabt. tert“ zu werden, habe sich auf Brüssel dem sind weitere Aktivitäten im Jubi- In der anschließenden Diskussion übertragen, wo man sich als ebenso läumsjahr, wie ein Festakt Ende Sep- mit dem Deutschlandkorresponden- klein und unbedeutend wahrnehme. tember in Berlin, geplant. ten des Tschechischen Rundfunks ag ag Kardinal Beran auf dem Weg von Rom nach Prag Der frühere Prager Erzbischof (ab de, litt unter beiden totalitären Regi- setzen (u.a. im kommenden Acker- Dezember 1946), Dr. Josef Kardinal men des 20. Jahrhunderts, war 1942- mann 2-2018). Nach Dörr gilt zu klä- Beran, wird am 21. April im Veitsdom 1945 im KZ Dachau eingesperrt und ren: „Was ist daran nach aktuellem beigesetzt. Damit wird der letzte Wille durch die Kommunisten mehr als ein Forschungsstand historisch haltbar des im Jahr 1969 im Exil in Rom ver- Jahrzehnt interniert. und was beruht letztlich auf Fehlinfor- storbenen Geistlichen erfüllt. Seine „Beran wird in sudetendeutschen mationen?“ Seit seinem römischen bisherige Grablege war in der Krypta Kreisen oft ein kritisches Verhältnis Exil bestanden von Seiten der Acker- des Petersdoms, in der ansonsten zu den Deutschen nachgesagt“, so mann-Gemeinde rege Kontakte zum nur Päpste beigesetzt sind. AG-Bundesgeschäftsführer Matthias Prager Oberhirten. Unter anderem Beran, für den im Jahr 2000 der Dörr. Damit wolle sich der Bundesvor- kam es zu Begegnungen bei dessen Seligsprechungsprozess eröffnet wur- stand in nächster Zeit auseinander- München-Besuch im Mai 1965. ag Der Ackermann 1-2018 | 9
Nachbarschaft Ein aktiver Beitrag zur Völkerverstän- digung und Versöhnung ist das zen- trale Anliegen der traditionellen „Deutsch-Tschechischen St. Anna-Wall- Die Wallfahrtskirche St. Anna in Altwasser/Stará Voda fahrt“. Die 42 Kilometer lange Fußwall- (Foto: U. Broßmann) fahrt startet im nordmährischen Kuh- ländchen/Kravařsko in Bölten/Bělotín bei Mährisch Weißkirchen/Hranice. Das Deutsche – an der bisher größten St. meine christlichen Wurzeln verankert Endziel ist die im Bärner Ländchen Anna-Wallfahrt teil. sind, ich erlebe die freundschaftliche gelegene St. Anna-Wallfahrtskirche in Bewegende Momente: Zum Auftakt Begegnung zwischen den teilneh- Altwasser/Stará Voda. das Singen der Nationalhymnen vor menden Wallfahrern, aber es geht Der Baubeginn der Wallfahrtskirche der Böltener Kirche mit der abschlie- heute weit mehr – neben der versöh- ist datiert mit 1683. Da die Vollendung ßenden Europa-Hymne, bei der sich nenden Begegnung zwischen den 1688 erfolgte, wird 2018 das 330- alle die Hände reichen, aber auch die Völkern in Europa – auch um das jährige Bestehen gefeiert. Die nach kurze Andacht auf dem Friedhof mit friedvolle Miteinander. 1968 verwüstete St. Anna-Kirche be- Gebeten und Gedenken an die ver- findet sich mitten im militärischen storbenen deutschen und tschechi- Martina E. Büchel Sperrgebiet „Liebau/Libavá“. Dort lie- schen Bewohner, die hier in der glei- gen mit Altwasser insgesamt 24 ver- chen Erde ruhen. An den Bildstöcken schwundene Orte. Die Wallfahrtskir- wird gebetet, der Toten, der Vertrie- Die diesjährige Jubiläumswallfahrt che gehört seit vielen Jahren zu den benen und der Neusiedler gedacht. In startet am 21. Juli und endet am von der UNESCO aufgenommenen einigen Kirchen, in die die Wallfahrer- 22. Juli 2018 mit dem feierlichen Bauten. Die barocke Kirche ist durch prozessionen einziehen, läuten die Jubiläumsgottesdienst um 15.00 h. einen Förderverein inzwischen zwar Glocken und die Orgel spielt. Es wird auch eine Busfahrt ange- weitgehend renoviert, aber das Innere Bereits seit vielen Jahren wird jähr- boten. Weitere Informationen unter ist nach wie vor stark ruinös. lich am Anna-Fest in der Wallfahrts- www.belotin-staravoda.cz und über Mit rund 300 Gläubigen fand die kirche von Altwasser ein deutsch- Karl Heinz Keiner (per Mail: Karl- historische Wallfahrt zuletzt im Juli tschechischer Gottesdienst abgehal- HeinrichKeiner(at)hotmail.com). 1944 statt. Danach wurde sie erst- ten. An ihm nehmen jedes Mal zahl- mals im Jahr 2005 von einer kleinen reiche Pilger teil, die eigens zu die- deutsch-tschechischen Pilgergruppe sem Anlass mit Bus oder Auto von (3 Erwachsene, 3 Kinder) wieder ge- weit her kommen. Sowohl die ehema- laufen. Seitdem hat die Fußwallfahrt ligen deutschen Bewohner der Regi- großen Zulauf gefunden. 2017 nah- on sind dabei stark vertreten, als men insgesamt 65 Gläubige – Tsche- auch tschechische Wallfahrer. Der chen, Slowaken, Polen, Ungarn und 7 feierliche Einzug der Pilgerschaar in die Wallfahrtskirche mit dem Te De- um „Großer Gott, wir loben Dich“ – Die Reihe „Ort der Begegnung“ stellt wechselweise in deutsch und tsche- seit Heft 1-2014 Ortschaften und Ereig- chisch gesungen – und die Ehrung nisse vor, die bezeugen, wo und wie der langjährigen Wallfahrer, bewegt. In der Wallfahrtskirche St. Anna in deutsch-tschechische Nachbarschaft Was berührt eine Nachgeborene Altwasser/Stará Voda ganz konkret gelebt wird. wie mich heute noch? Ich spüre, wo (Foto: zonerama.com) 10 | Der Ackermann 1-2018
Kirche und Gesellschaft In Münster dabei „Suche Frieden“. So lautet das Motto des 101. Deutschen Katholikentages. Vom 9. bis 13. Mai kommen hierzu mehrere Zehntausend nach Münster, in die Stadt des Westfälischen Friedens. Die Ackermann-Gemeinde bringt sich mit einem Großpodium ein, beteiligt sich an einem Gottesdienst, lädt zu einem biographischen Gespräch ein, präsentiert eine Ausstellung und ihre Nachbarschaftsarbeit. Zudem wird die Junge Aktion die Ergebnisse ihres Radprojektes präsentieren. Großpodium Biographisches Gespräch der Ackermann-Gemeinde in Zusam- „Wie geht eine Revolution auch fried- menarbeit mit dem Bonifatiuswerk lich?“ e.V. mit dem Prager Weihbischof Václav „Meinen Frieden finden. Glauben Malý; Moderation: Rainer Karlitschek und Zweifeln nach persönlichen Samstag, 12. Mai, 16.30-18.00h Krisen“ Fürstenberghaus, EG, F3, Domplatz Persönliche Zeugnisse: Gisela Mayer 20-22 (Aktionsbündnis Amoklauf Winnen- den, Winnenden), Dr. Thomas Mid- Ausstellung delhoff (Ex-Manager, Stuttgart), Erz- „Zeugen für Menschlichkeit. bischof em. Dr. Robert Zollitsch Christlicher sudetendeutscher Wi- (Vertriebener, Freiburg) derstand 1938-1945“ Statement: P. Dr. Anselm Grün OSB Donnerstag, Freitag, Samstag jeweils (Münsterschwarzach) 14.00h Europa als Schwerpunkt Gespräch: P. Dr. Anselm Grün OSB Führungen durch Eva Engelhardt (Münsterschwarzach), Maike van den (Prag) und Prof. Dr. Barbara Krause Am Samstag, 12. Mai, setzt der Ka- Boom (Autorin, Hamburg) (Aachen) tholikentag einen Schwerpunkt auf Moderation: Prof. Dr. Barbara Krause Gesamtschule Münster Mitte, Neu- Europa. Am „Europatag“ wird es eine (Ackermann-Gemeinde, Aachen) bau, 1. OG, Lerninsel, Jüdefelder Str. Reihe von Tischgesprächen mit Ex- Freitag, 11. Mai, 14.00-15.30h 10 pertinnen und Experten und Abgeord- Hörsaalgebäude WWU, Schlossplatz neten im Europacafé über aktuelle 46, EG Hörsaal H1 Kirchenmeile Fragen der EU geben. Den Auftakt Stand von Ackermann-Gemeinde, des Europatages bildet der Biblische Gottesdienst Sdružení Ackermann-Gemeinde und Impuls mit Reinhard Kardinal Marx der Ackermann-Gemeinde in Zusam- Jungen Aktion mit Präsentation der und Landesbischof Heinrich Bedford- menarbeit mit der Arbeitsgemein- deutsch-tschechischen Versöhnungs- Strohm. Von 14.00 bis 15.30 Uhr schaft katholischer Verbände Mittel- und Nachbarschaftsarbeit steht ein Großpodium mit dem Titel und Osteuropa (AKVMOE) Schlossplatz Süd, Stand VB-23 „Zurück in das Eigene und Heimische. „Friede lebt, wenn Versöhnung Gesunder Patriotismus oder neue geschieht“. Mittel- und Osteuropa- Fahrradprojekt der Jungen Aktion Nationalismen in Europa?“ im MCC gottesdienst Suche Frieden. Mit dem Rad von Halle Münsterland, Eingang Forum mit Weihbischof Dr. Reinhard Hauke Prag nach Münster (28.04. bis Nord, EG, Messehalle Mitte, Alberslo- und Weihbischof Václav Malý sowie 07.05.2018). Von der Stadt des Pra- her Weg 32 auf dem Programm. Die den Präsides der Verbände ger Fenstersturzes (1618) zur Stadt Moderation des Podiums liegt beim Musikalische Gestaltung: KaPři, des Westfälischen Friedens (1648). AG-Bundesvorsitzenden Martin Kast- Příchovice Mit Präsentation der Ergebnisse auf ler, der zugleich Sprecher des ZdK- Samstag, 12. Mai , 8.00-9.00h dem Katholikentag in Münster Sachbereiches Europäisches Zusam- Kirche St. Erpho, Ostmarkstraße 20 / Bezirksregierung, EG, Bürgerhalle, menarbeit ist. Erphokirchplatz (Bushaltestelle: Er- Domplatz 1-3 phokirche; Linie 4) Der Ackermann 1-2018 | 11
Sozialwerk Rückkehr und neuer Anfang tesdiensten und – inzwischen Fix- punkt im Jahresablauf – ein großer, Die Benediktinerinnen am Weißen Berg ökumenischer Gottesdienst am Tag der Schlacht am Weißen Berg. Belas- tend waren auch ein Klosteraustritt, Sozialwerk. Der Weiße Berg in Prag war, mussten sie doch tagsüber im der Tod einer Mitschwester und der – ein historisch vorbelasteter Ort, weltlichen Beruf ihren Lebensunter- Wechsel einer Mitschwester ins Haus Schauplatz einer Schlacht, die die halt selbst verdienen oder sich ihrem Venio in München. All das ging nicht Historie des 17. Jahrhunderts völlig Studium widmen, bevor sie abends ohne Krisen und Reibereien vonstat- umgeschrieben hatte. Seit 973 lebten in ihr Kloster heimkehrten. Die Auf- ten, in denen aber die Münchner Mit- dort Benediktinerinnen, bis ihr Kloster gabenverteilung in der Gemeinschaft schwestern der 2013 zur Abtei erho- 1782 von Josef II. aufgehoben wurde. gestaltete sich schwierig, denn große benen Kommunität Venio stets ver- Durch die politische Wende 1989 Herausforderungen waren zu bewäl- mittelnd, beratend und begleitend zur wurde öffentliches religiöses Leben in tigen: Das gesamte Areal war in ei- Seite standen. Tschechien wieder möglich. Seit 1992 nem desolaten Zustand und musste „Voll großer Dankbarkeit schauen hegten die Benediktinerinnen den nach und nach angepackt werden: wir auf die bewegten, intensiven zehn Wunsch nach der Gründung eines Ein Neubau mit Schwesternzimmern, Jahre unseres Lebens hier auf dem Frauenklosters in Tschechien. Ein die Sanierung des Gästehauses und Weißen Berg zurück“, bekräftigen die langer Weg begann, der zunächst seine Ausstattung, die Restaurierung Schwestern heute und danken „für nach Polen (Przemysl) und dann der Chorkapelle, die Reparaturen alles freundschaftliche Mitgehen mit 2003 nach Deutschland in die Kom- von Kuppel, Dach, Fassade und uns“. munität Venio in München führte. Fenstern der Wallfahrtskirche, die Heute verläuft das Leben der 2007 nahmen die Wünsche und Hoff- Wiederherstellung des Außenareals Schwestern in zumindest ein wenig nungen konkrete Gestalt an: Die Be- mit dem Dientzenhofer-Portal, dane- geregelteren Bahnen, so dass eine nediktinerinnen kehrten nach Tsche- ben die Spendenakquise, Buchhal- der Mitschwestern, Sr. Francesca, chien zurück, um auf dem Weißen tung, Finanzverwaltung, Organisati- Zeit fand, sich mehr und mehr in die Berg in Prag ein neues Kloster zu on von „Tagen im Kloster“ für Besin- Arbeit der Sdružení Ackermann- gründen. „Die Benediktiner der Abtei nung suchende Gäste, die Kontakt- Gemeinde einzubringen. Inzwischen Břevnov in Prag haben uns das ihnen pflege zu anderen Ordensgemein- ist sie in deren Vorstand gewählt wor- gehörende ehemalige Pfarrhaus bei schaften mit Besuchen und Gegen- den. der Wallfahrtskirche ‚Maria de Victo- besuchen, die Gestaltung von Got- sw ria‘ auf dem Weißen Berg zur Verfü- gung gestellt“, berichtet eine der vier Gründungsschwestern, drei Tsche- chinnen und eine Deutsche. Die Wall- fahrtskirche selbst gehört zur Pfarrei Břevnov, einer kleinen, aber sehr akti- ven und lebendigen Gemeinde, und wird von dort aus betreut. Es war kein leichtes Vorhaben, dem Noch einiges ist zu tun, sich die Schwestern vor einem Jahr- aber auch viel ist schon zehnt verschrieben haben. Zunächst erreicht: das Kloster am mussten sie sich selbst erst kennen- Weißen Berg. lernen und eine monastische Grund- (Fotos: Benediktinerinnen vom Weißen Berg) ordnung etablieren, was nicht einfach 12 | Der Ackermann 1-2018
Junge Aktion Jahreswechsel in Rohr Kontakte in Budapest Junge Aktion. Ein erklärtes Ziel des neuen JA-Bundessprecherteams ist es, die Kontakte über Tschechien und die Slowakei hinaus auch nach Ungarn auszubauen. Die Silvesterbe- gegnung in diesem Jahr soll daher mit (Foto: ja) vier Nationen in Budapest stattfinden. Nun wird das Vorhaben konkret. Junge Aktion. Silvester im Kloster mir viel Spaß, wie z.B. die Überset- Hierfür reiste eine Delegation der Rohr. Für die Junge Ackermann- zung der Schuhsohle aus dem Chine- Jungen Aktion nach Ungarn (oben, Gemeinde ist es seit vielen Jahren sischen ins Deutsche“, erinnert sich Foto: ja). Auf dem Programm standen Tradition. Doch diesmal schloss sich die Teilnehmerin Klára Zelínková. u.a. Gespräche mit Levente Bárka die Junge Aktion mit ihrer deutsch- Am Silvestertag konnten sich die vom Sankt-Ignatius-Fachkollegium und tschechischen Silvesterbegegnung Sportlichen beim Silvesterlauf in der Loretta Wagner (u.l.) von der Gemein- an, so dass die Klostermauern weit nahegelegenen Stadt Abensberg schaft junger Ungarndeutscher (GJU) über 100 Personen beherbergen durf- beim 10-Kilometer-Lauf beweisen. Der Rückweg führte über die ten. Das alte Jahr wurde mit einem Got- Slowakei. Dort trafen die JAler am Die Begegnung stand unter dem tesdienst und am Abend mit einer kirchlichen Gymnasium in Levoča/ Thema „Massenmedien in der heuti- Party verabschiedet. „Ich habe noch Leutschau auf alte Bekannte und war- gen Zeit. Chance und Gefahren“. In niemals erlebt, wie sich so viele Men- ben für die kommenden Begegnun- den Arbeitskreisen ging es um die schen ein ,,Frohes Neues!´ oder gen. ja Frage des richtigen Umgangs mit den ein ,Šťastný nový rok´ wünschen“, so heutigen Medien. Intensiv bis heftig die tschechische Schülerin Klára. Und wurde diskutiert. Ein Ausflug führte zu was natürlich nicht fehlen durfte, war einem Medium des 19. Jahrhunderts, ein Feuerwerk. das der Nationenbildung diente: die So startet die Junge Aktion ins Jahr Walhalla in Donaustauf. 2018, das erneut viele Begegnungen Neben den thematischen Arbeits- und ein volles Programm, und viel- kreisen gab es auch kreative, wie leicht die ein oder andere Überra- Improvisationstheater, Grafikdesign schung bereit hält. und eine Musikband. „Ich war bei der ja Theaterimprovisation und es machte Die Junge Aktion dankt herzlich der Stiftung Ackermann-Gemeinde Stuttgart für die Unterstützung Auftakt am Weißen Berg der Jugendarbeit! Junge Aktion. Am 28. April startet eine deutsch-tschechische Gruppe mit ihren Fahrrädern in Prag und macht sich unter dem Motto „Suche Frieden“ auf den Weg zum Katholikentag nach Münster. Unterwegs werden sie bis zum 9. Mai verschiedene Orte besuchen, die für Unfrieden und die Sehnsucht nach Frie- den stehen. „Um 11 Uhr wird Erzabt Prokop aus Břevnov unsere Gruppe am Weißem Berg segnen“, berichtet Matthias Melcher (2. v.l., Foto: ja), der die Radgruppe leitet. Zur Vorbereitung des Auftaktes, zu dem alle herzlich eingeladen sind, traf er sich in Prag mit Sr. Francesca (Mitte). Als Prolog werden die „Friedenssucher“ auf der Burg den Ort des Prager Fensterstur- zes von 1618 aufsuchen. ja Der Ackermann 1-2018 | 13
Aktuelles Bundestagspräsident a.D. Prof. N. Lammert (5. v.l.) mit Ehrengästen der Konferenz der Sdružení Ackermann-Gemeinde (Foto: ag) Die Antwort auf die unruhige Zeit ist Jahreskonferenz der Sdružení Ackermann-Gemeinde Europa „Die Europäische Union ist die intelli- Wort. Ihn beunruhige die verlorenge- eine gefährliche Floskel. Er warnte gente Antwort auf die Veränderungen gangene Attraktivität der demokrati- vor Gleichgültigkeit gegenüber den des 21. Jahrhunderts“. Dies machte schen Parteien. „Uns gehen langsam gesellschaftlichen Entwicklungen. Ex-Bundestagspräsident Prof. Nor- die demokratischen Strukturen verlo- „Unser Hauptinteresse ist es, nicht bert Lammert bei der Jahreskonfe- ren“, konstatierte Schwarzenberg. isoliert zu sein. Dies wäre für Tsche- renz der Sdružení Ackermann- Die Wendemomente der tschechi- chien wirtschaftlich wie kulturell fatal“, Gemeinde in Prag deutlich. Rund 120 schen Geschichte des 20. Jahrhun- macht Halík deutlich. Es gehe um Teilnehmer aus Tschechien und derts aus heutiger Perspektive stan- „eine Therapie der Angst“. Der deut- Deutschland kamen hierzu Anfang den am zweiten Tag der Konferenz sche Botschafter in Prag, Dr. Chris- Februar unter dem Titel „Eine politi- im Fokus. Der Historiker Dr. Petr Kou- toph Israng, wies in der anschließen- sche (Un)ruhe in Europa? Deutsche ra, Direktor des Collegium Bohemi- den Diskussion darauf hin, dass es und tschechische Wahrnehmung“ cums in Aussig/Ústí n.L., blickte auf auch in Deutschland „krisenhafte zusammen. Die globalisierte digitali- den Oktober 1918, den September Phänomene der liberalen Demokra- sierte Welt führe zunehmend dazu, 1938, den Februar 1948 und den Au- tie“ gebe. Zugleich ermutigte er je- dass die Nationalstaaten immer weni- gust 1968. Dabei zeichnete er nach, doch, gerade als Christen den Opti- ger „Herr ihrer eigenen Angelegen- wie diese Daten für die Einheit bezie- mismus und die Hoffnung nicht zu heit“ seien, so Lammert. Er plädiert hungsweise die Spaltung der Gesell- verlieren. Dr. Jaroslav Šebek blickte dafür, Souveränität zu teilen, um schaft standen und stehen. Anschlie- auf den zurückliegenden Wahlkampf durch gemeinsames Vorgehen mög- ßend diskutierten über den Zusam- um das Präsidentenamt in Tschechi- lichst viel an Einfluss auf das Weltge- menhalt in Europa und in den einzel- en, bei dem er zum Wahlkampfteam schehen nehmen zu können. Der nen Gesellschaften der langjährige von Professor Jiří Drahoš gehörte. Im neue Vorsitzende der Konrad- ZDF-Korrespondet Klaus Prömpers, Wahlkampf habe er eine starke positi- Adenauer-Stiftung (KAS) hielt den der die Gefahr sieht, dass die Stim- ve Energie der Zivilgesellschaft ge- Eröffnungsvortrag der dreitägigen mung für Europa kippen könnte, und spürt. Der Generalsekretär der deutsch-tschechischen Konferenz. Es die ehemalige tschechische Abgeord- Tschechischen Bischofskonferenz P. war Lammerts erste Auslandsreise in nete Nina Nováková. Sie beunruhige, Dr. Stanislav Přibyl sieht wenig, wo- seiner Funktion als KAS-Vorsitzen- dass heute die Jugend in Tschechien rauf sich die Menschen heute stützen der. Matthias Barner, Leiter des KAS- sich bereits ein Leben außerhalb der könnten. Dies sei seiner Ansicht nach Büros in Prag sieht darin eine Wert- EU vorstellen könne. „Dies führt dazu, die Ursache für zunehmende Angst. schätzung des östlichen Nachbarlan- dass sie sich oft dafür nicht mehr en- Im deutsch-tschechischen Gottes- des. Das 21. Jahrhundert sei das gagieren und nichts mehr hierfür in- dienst in der Kirche St. Johannes „Jahrhundert der Globalisierung“, so vestieren.“ Nepomuk auf dem Felsen formulierte Lammert. Nie sei die Welt so groß Professor Tomáš Halík, Präsident er aus christlicher Sicht: „Der Weg und zugleich nie so klein gewesen. der Tschechischen Christlichen Aka- Europas ist der Mensch.“ Am Sams- Dies mache Grenzen irrelevant. Die demie, war Hauptreferent des dritten tagnachmittag stand der Besuch von Antwort darauf lautet für den ehemali- Konferenztages. Mit Blick auf den verschiedenen Orten in Prag auf dem gen Bundestagspräsidenten: „Euro- Populismus und die Entwicklungen in Programm, die für die Schlüsselmo- pa“. In der anschließenden Debatte Polen und Ungarn machte er deutlich, mente in der jüngeren böhmischen ergriff Karel Schwarzenberg, ehemali- dass die Bürger nicht ruhig bleiben Geschichte stehen. ger Außenminister Tschechiens, das dürften. Im Aufruf zur Ruhe sehe er ag 14 | Der Ackermann 1-2018
Aktuelles Überbrachten die besten Kurzmeldungen Segenswünsche an den neuen Erzabt: Msgr. Anton Seltenes Jubiläum Otte und Marie Smolková. (Foto: ag) Im Oktober durfte der sudetendeut- sche Weihbischof em. Dr. h.c. Ger- hard Pieschl in Limburg sein 40- und zehn Jahren im kommunistischen jähriges Jubiläum der Bischofsweihe Gefängnis nach der Niederschlagung feiern. Der gebürtige Schönhengst- des Prager Frühlings 1969 ins west- gauer war seit 1983 „Vertriebenen- liche Exil und lebte bis zur Wende im bischof“ und brachte so deren Anlie- Kloster Rohr in Niederbayern. Opasek gen in die Bischofskonferenz ein. Der war nicht nur für die tschechischen stellvertretende Bundesvorsitzende christlichen Exilanten wichtig. Er Herwig Steinitz überbrachte im Na- setzte sich, insbesondere gemeinsam men der Ackermann-Gemeinde die mit der Ackermann-Gemeinde, für die Glück- und Segenswünsche und den Der 61. Abt Aussöhnung von Tschechen und Deutschen ein und erwarb sich mit Dank für dessen langjährigen Einsatz. ag dem Wiederaufbau des Kloster Prokop Siostrzonek in Břevnov nach der Wende höchste Förderpreis an Dr. Kovačková Břevnov eingeführt Verdienste. Die aus Pilsen stammende Dr. Kateři- Im Jahre 1993 wurde die Abtei in na Kovačková wurde im Januar mit Der 14. Januar 2018 war ein beson- Břevnov von Papst Johannes Paul II., dem Förderpreis der Sudetendeut- derer Tag im Benediktinerkloster der 1997 das Kloster während seiner schen Landsmannschaft für Literatur Břevnov in Prag. Es wurde nicht nur Tschechien-Reise besuchte, zur Erz- und Publizistik ausgezeichnet. Dank der 1025. Jahrestag der Gründung abtei erhoben. Erzabt Siostrzonek, vieler Lesungen und Referate ist sie des Klosters durch den Heiligen Adal- 1957 in Tschechisch Teschen/Český weit über die Ackermann-Gemeinde, bert im Jahr 993 begangen, sondern Těšín geboren und 1983 in Olmütz für die sie 2016-2017 in der Münch- mit dem bisherigen Prior Prokop zum Priester geweiht, trat geheim ner Diözesangeschäftsstelle tätig war, Siostrzonek OSB wurde auch der 61. bereits in kommunistischer Zeit in den hinaus bekannt. 2017 erschien das Abt eingeführt. Hierzu kamen der Benediktinerorden ein und stand nach von ihr bearbeitete Buch „Böhmi- Prager Erzbischof Dominik Kardinal dem Tod von Opasek 1999 als Prior- sches. Allzu Böhmisches? Verwischte Duka OP sowie weitere zahlreiche Administrator der Erzabtei vor. „Prod- Lebensbilder im Südwesten“, welches Bischöfe, Priester, Ordensleute und esse magis quam praeesse“ (Mehr auf ein Projekt der AG in den Diöze- Gläubige zu einem festlichen Gottes- nützen als herrschen) lautet der sen Freiburg und Stuttgart zurück- dienst in die Abteikirche St. Marga- Leitspruch von Erzabt Siostrzonek. geht. ag reta. Bei der Abtsbenediktion im Dazu wünschte Kardinal Duka ihm Rahmen der Messe handelte es sich Gottes reichen Segen und Gottes Ota Filip verstorben nicht um eine Weihe, sondern um Führung für seinen Dienst. Zu den Am 2. März ist der tschechischspra- eine Segnung. Dabei wurde der neue Gratulanten gehörte auch der Prager chige Schriftsteller Ota Filip im Alter Abt symbolisch auf den Platz des Philosoph Prof. Jan Sokol, der bereits von 87 Jahren verstorben. Seit seiner Abtes im Chorgestühl der Kirche vor 70 Jahren als Ministrant Erzabt Ausbürgerung 1974 aus der Tsche- geführt. Nach 70 Jahren ist Prior Opásek als neuen Abt begrüßte. choslowakei lebte er in Deutschland Siostrzonek OSB erst der zweite Unter den Mitfeiernden befanden sich und schrieb auch auf Deutsch. Er galt Erzabt in der Geschichte dieses auch zahlreiche Gäste aus Deutsch- als eine bedeutende Persönlichkeit Stiftes. Im Amt des Erzabtes folgt er land, wie Mitbrüder aus der Abtei der tschechischen Exilliteratur. Viele auf Anastáz Opasek OSB (1913- Rohr und Vertreter der Ackermann- Jahre war er regelmäßig Gast und 1999). Dieser ging nach Verfolgung Gemeinde. Marie Smolková Referent bei der Ackermann- Gemeinde. ag Franz Herzog geht in den (Un-)Ruhestand „Daheim in der Fremde“ „Sachkenntnis, Geduld und Empathie“ bescheinigt Herwig Steinitz, der Sprecher Die multimediale Plattform im Internet der AKVMOE, Franz Herzog, der Ende Februar 2018 in den Ruhestand ging. 30 www.daheiminderfremde.de präsen- Jahre lang war der studierte Theologe und Psychologe im Sekretariat der Deut- tiert eine Sammlung von Interviews schen Bischofskonferenz tätig und leitete seit 2004 die Arbeitsstelle Vertriebe- mit Zeitzeugen, die im Zuge der nen- und Aussiedlerseelsorge. Der gebürtige Donauschwabe kündigte bei einem Vertreibung oder als Gastarbeiter zu Mittagessen anlässlich seiner Verabschiedung in Bonn an, dass er weiterhin im „Neubürgern“ in Baden-Württemberg DBK-Sekretariat mit einigen Wochenstunden aktiv sein, sowie seine Erfahrun- wurden. Ergänzt werden diese durch gen und sein Wissen einbringen wird. Für diese Bereitschaft dankten ihm DBK- historische Aufnahmen und Tondo- Sekretär P. Dr. Hans Langendörfer und Weihbischof Dr. Reinhard Hauke. ag kumente. ag Der Ackermann 1-2018 | 15
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