DER LETZTE MACHT DAS LICHT AUS? - SCHWERPUNKT Aus dem Krieg in ein sicheres Zuhause - vdw Sachsen

Die Seite wird erstellt Timo Sauter
 
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1.2022

                       DER LETZTE
                       MACHT DAS
                       LICHT AUS?

SCHWERPUNKT              IM DIALOG
Aus dem Krieg in ein     Sächsischer Staatsminister
sicheres Zuhause         Thomas Schmidt (CDU)
Krisen und Katastrophen sind zwei ziemlich inflationär be-
                                  nutzte Begriffe. Im Kampf um die mediale Aufmerksam-
                                  keit müssen es wohl kräftige, angstmachende Formu-
                                  lierungen sein, um die Menschen aufzurütteln. Und da wird
                                  der „Größte Anzunehmende Unfall”, der GAU, schnell auch
                                  mal zum Super-GAU, obwohl der Superlativ längst aus-
                                  geschöpft ist. Aber vielleicht kommt demnächst trotzdem
                                  auch noch der Mega-Super-GAU.

                                 Das Problem, was sich dahinter verbirgt, ist, dass diese
                                 Überreizung die Wahrnehmung trübt und die Menschen
                                 gleichgültiger macht. Denn jetzt, wo die Krise wirklich da
                                 ist, sind sich viele der Tragweite und Dramatik überhaupt
noch nicht bewusst. Wir haben Krieg in Europa, nur ein einziges Land ist noch zwischen
uns und dem tödlichen Konflikt. Die Folgen spüren aber auch wir schon massiv und die
Wohnungswirtschaft insbesondere. Wieder suchen Geflüchtete Unterkünfte, und die Un-
sicherheit, wie lange der Konflikt noch andauert, wie er endet oder ob er sich noch aus-
weitet, ist enorm.

Die negativen Entwicklungen, die sich schon davor abzeichneten, haben sich nun beschleu-
nigt und nehmen eine existenzielle Dimension an. Die Verwerfungen im Energiesektor, vor
allem bei der Gasversorgung, führen zu Preissteigerungen, die nicht nur von den Menschen
kaum getragen werden können, sondern auch für immer mehr Unternehmen zum Damokles-
schwert werden. Die Wohnungsunternehmen sind davon gleich doppelt betroffen. Zum ei-
nen, weil auch für sie alles teurer wird, zum anderen, weil sie für ihre Mieter in Vorkasse ge-
hen und überhaupt nicht klar ist, ob und wie sie die Kosten in gleicher Höhe zurückbekommen.

Begleitet werden diese düsteren Aussichten von den Problemen, die es vorher schon gab
und die sich nun ebenfalls in einem nie dagewesenen Ausmaß präsentieren. Inzwischen
ist es fast so, dass man zynisch meinen könnte, dass die explodierenden Baukosten gar
nicht mehr die wirkliche Schwierigkeit sind. Denn selbst wenn man die Projekte noch
bezahlen kann oder könnte, findet man keinen, der sie auch ausführt. Hat man das Glück,
noch Firmen und Handwerker zu finden und zu binden, dann bringt man am besten die
Baustoffe und das Material gleich selbst mit.

Gejammert wurde immer und Klappern gehört bekanntlich zum Handwerk. Doch das, was
jetzt da ist, ist eine echte Krise, das sind fundamentale Herausforderungen. Wir aber
geben nicht auf, denn wir spüren trotz aller Hindernisse den Willen und die Kraft unserer
Mitgliedsunternehmen, auch diese Hürden zu meistern, auch dieses Tal zu durchschreiten.
Wir als Verband stehen ihnen dabei zur Seite. Außerdem gibt es immer auch die positiven
und schönen Beispiele, die zeigen, warum Wohnungswirtschaft Leidenschaft ist. Dies alles
finden Sie hier in diesem Magazin.

Viel Spaß beim Blättern und Lesen dieses Magazins.

Ihr Rainer Seifert
Verbandsdirektor
2   EDITORIAL                                                                                vdw AKTUELL
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3   INHALT/IMPRESSUM
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4   TITELTHEMA                                                                               vdw Sachsen
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    Der Letzte macht das Licht aus?
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12 IM DIALOG                                                                                 Am Brauhaus 8, 01099 Dresden
    Sächsischer Staatsminister Thomas Schmidt über Landesrückbauprogramm, neue Bauordnung,   Tel.: 0351 49177- 0
                                                                                             Fax: 0351 49177-11
    Altschulden, die Lage im Bausektor und die Zukunft der sozialen Wohnraumförderung
                                                                                             Mail: info@vdw-sachsen.de
16 SCHWERPUNKT                                                                               Web: www.vdw-sachsen.de
    • Streitthema Mietpreisbremse                                                            Verantwortlich für den Inhalt (i. S. d. P.):
    • Gemeinschaftliche Wohnformen: Runder Tisch in Dresden                                  Rainer Seifert, Verbandsdirektor
                                                                                             Ansprechpartner:
18 SCHWERPUNKT                                                                               Alexander Müller, vdw Sachsen
    Aus dem Krieg in ein sicheres Zuhause                                                    Tel.: 0351 49177-21
                                                                                             Fax: 0351 49177-11
22 SCHWERPUNKT                                                                               Mail: amueller@vdw-sachsen.de
    Neue Schnapsideen aus der Berliner Wohnungspolitik
                                                                                             Konzept, Texte und grafische Umsetzung:
24 STATISTIK 2021                                                                            my:uniquate GmbH
    Zahlen, bitte!                                                                           Arno-Loose-Villa
                                                                                             Horst-Menzel-Straße 12 – 09112 Chemnitz
30 VERBANDSGESCHEHEN                                                                         unter redaktioneller Mitarbeit des
    • Rückblicke: Management Forum & Mitteldeutsche Multimediatagung                         vdw Sachsen
    • 3 x 30 Jahre: Wir gratulieren                                                          Anzeigen:
    • Neu im Team: Susan Gossner                                                             scharfe media GmbH
    • Vor Ort & nah dran: Die Regionalkonferenzen 2022                                       Freiberger Straße 114 – 01159 Dresden
    • Kapitulation vor der Natur? Keine Option.                                              Tel.: 0351 4244 7010
                                                                                             Mail: info@scharfe-media.de
    • Parlamentarischer Abend in bewegten Zeiten
                                                                                             Druck:
36 ENGAGEMENT                                                                                Druckerei Willy Gröer GmbH & Co. KG – Chemnitz
    Bad Elster: Ein Novum genau zur richtigen Zeit                                           Fotos und Illustrationen:
                                                                                             freshcare/shutterstock, Wohnungsgesellschaft Adorf/Vogtl. mbH,
38 ENGAGEMENT                                                                                Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Altenberg mbH, Wohnbau
    Chemnitz: Die „Schulmacher” starten durch                                                Radeberg Kommunale Wohnungsbaugesellschaft mbH, BMWK/
                                                                                             Dominik Butzmann, Bundesregierung/Jesco Denzel, beboy/
40 ENGAGEMENT                                                                                shutterstock, Foto-Atelier Klemm, ImageFlow/shutterstock, Stadt
    Schneeberg: Neues Leben in der „Alten Post”                                              Dresden, Wohnbaugesellschaft Zittau mbH ,Imagesines/iStock,Woh-
                                                                                             nungsgesellschaft Riesa mbH, Christoph Kadur/shutterstock,
42 ENGAGEMENT                                                                                sivVector/shutterstock, metamorworks/iStock, Andrey Suslov/
                                                                                             shutterstock, Städtische Wohnungsgesellschaft Pirna mbH, Ople
    Leipzig: 1: 0 für gesunde Ernährung                                                      Witsanu/shutterstock, Berents/shutterstock, Susan Gossner, Art
                                                                                             Kovalenco/shutterstock, Wohnungsbaugesellschaft mbH Bad Elster,
44 SPEZIAL                                                                                   GGG - Grundstücks- und Gebäudewirtschafts-Gesellschaft mbH, DaLiu/
    Berater Dr. Frank Winkler im Gespräch                                                    iStock, Wohnungsbaugesellschaft Bergstadt Schneeberg mbH, ex_ar-
                                                                                             tist/shutterstock,M.Stasy/shutterstock,clu/iStock, Ralf Rangnick
46 FÖORDERMITGLIEDER                                                                         Stiftung/GEPA pictures,Winning7799/shutterstock, Oksana Mizina/
    Auf Wachstumskurs: vdw Sachsen begrüßt neue Fördermitglieder                             shutterstock, Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH, Finanz- u.
                                                                                             Wirtschaftsberatung Dr. Winkler GmbH, BELFOR Deutschland GmbH,
48 WELT UND WOHNEN                                                                           Antoha713/shutterstock, wavebreakmedia/shutterstock, Diki Viper/
                                                                                             shutterstock, Simon Menges,Taurus106/shutterstock, vdw Sachsen,
    •Ö sterreich: Leerstandsabgabe auf dem Vormarsch                                        my:uniquate GmbH
    • BGH-Urteil zu Betriebskosten: Rauchmelder nicht umlagefähig
                                                                                             Produktionsjahr: 2022
    • Städtevergleich: Relativ viele Quadratmeter für gleiche Miete in Dresden und Leipzig
                                                                                             Copyright by:
    • Paris: Prestige-Projekt eingeweiht                                                     vdw Sachsen und my:uniquate GmbH
50 BILDUNG                                                                                   Nächster Redaktions- und Anzeigenschluss:
    Das neue Magazin „Bildung AKTUELL” ist da                                                21.10.2022
                                                                                             Der vdw Sachsen ist Mitglied im GdW Bundesverband
                                                                                             deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.
VDW   AKTUELL                                                                                   TITELTHEMA
       Seite : 4

                     DER LETZTE
                   MACHT DAS
                   LICHT AUS?
                   EXPLODIERENDE BAU- UND ENERGIEPREISE, FACHKRÄFTE-
                   UND MATERIALMANGEL, STEIGENDE BAUZINSEN, GALOP-
                   PIERENDE INFLATION UND FÖRDERCHAOS: ES SIND KEINE
                   GUTEN ZEITEN FÜR INVESTITIONEN IN WOHNGEBÄUDE, DIE
                   ANGESICHTS DER KLIMAZIELE UND EINER DROHENDEN
                   ENERGIEKRISE ABER DRINGEND NOTWENDIG WÄREN. LÄSST
                   SICH EIN INVESTITIONSKOLLAPS NOCH VERHINDERN?

                            Es wirkt recht unscheinbar, das kleine   „Das Haus stand vor ei-
                            Mehrfamilienhaus am Remtengrüner         ner ungewissen Zukunft”,
                            Weg 31 in Adorf im Vogtland. Baujahr     erklärt Kay Burmeister, Ge-
                            1963, 270 Quadratmeter beheizte          schäftsführer der WG Adorf,
                            Wohnfläche, hübscher Ausblick auf ei-    bei einem Rundgang. „Aber
                            nen benachbarten Biohof. Doch schaut     dann haben wir festgestellt, dass
                            man hinter die Mauern, zum Beispiel      sich das Gebäude perfekt eignen wür-
                            in den Keller, offenbart sich schnell:   de als Modellprojekt, um auszuloten,
                            Dieses Haus steckt voller Innovatio-     was in Sachen Klimaschutz und Ener-
                            nen. Gemeinsam mit namhaften Part-       gieeffizienz im Bestand so alles mög-
                            nern wie dem Fraunhofer-Institut ISE,    lich ist.” So entwickelte sich die Idee
                            Bosch oder dem Fassadenhersteller        des Forschungsprojekts – und heute
                            Beck+Heun hat die Wohnungsgesell-        steht in Adorf ein Klimaschutz-Vorzei-
                            schaft Adorf/Vogtl. mbH (WG Adorf)       gehaus, für das sich jüngst sogar der
                            hier ein besonderes Projekt umge-        Großvermieter NEUE HEIMAT TIROL in-
                            setzt, das in Sachen Energieeffizienz,   teressierte und mit einer Delegation
                            Klimaschutz und modernes Heizen          nach Adorf kam. „Auch vom Umweltde-
                            neue Standards setzen könnte. Geför-     zernat der Stadt München hatten wir
                            dert vom Bundeswirtschaftsministe-       schon eine Anfrage.”
                            rium und unterstützt vom Forschungs-
                            zentrum Jülich wird in Adorf am leben-   Kernstück ist eine neu eingebaute
                            den Objekt geforscht: Das Gebäude        Hybridanlage zum Heizen mit Außen-
                            wurde in bewohntem Zustand saniert       luft-Wasser-Wärmepumpe und Gas-
                            und mit neuester Technik, die zum Teil   Brennwertkessel, die über eine neu-
                            noch gar nicht am Markt ist, so umge-    artige Feinregeltechnik verfügt. Sie
                            baut, dass Energieverbrauch und CO2-     wird dafür sorgen, dass der Heizwär-
                            Ausstoß deutlich gesenkt werden.         mebedarf sinkt, die Heizkreistempe-
TITELTHEMA                                                                                                      VDW   AKTUELL
                                                                                                                         Seite : 5

 ratur reduziert werden kann und so-        dieser Entwicklungen ist der Ansatz,       langfristiger Zusatzförderung mach-
 wohl Deckungsanteil als auch Effizienz     den wir gemeinsam mit den Partnern         bare Aufgabe. Im Zuge der Energie-
 der Wärmepumpe steigen. Kombiniert         verfolgen, aktueller denn je.”             markt-Turbulenzen und des Ukraine-
 ist die Anlage mit einem neuen Lüf-                                                   Krieges sind zudem ganz neue Fragen
 tungskonzept, das auf einer dezen-         ERSTE ERKENNTNISSE SIND                    der Versorgungssicherheit hinzuge-
                                            VIELVERSPRECHEND, ABER
 tralen raumweisen Lüftung mit fassa-       ES BLEIBT EIN PFERDEFUSS                   kommen, die die Sache weiter ver-
 denintegrierten Luftkanälen und Lüf-       Das Klimaschutz-Vorzeige-                                     komplizieren. Um
 tungsgeräten im Sockel basiert. Die        haus in Adorf hat bereits                                     unabhängiger von
 Sanierung des Gebäudes umfasste un-        viel Aufmerksamkeit be-                                      fossilen Brennstof-
 ter anderem den Einbau von Ver-            kommen. Auch erste Er-
 bundfenstern sowie eine doppelte           kenntnisse nach der Fer-
 Dämmung des Daches und der Au-             tigstellung sind vielver-
                                                                                                     DIE KLIMA-
 ßenwand. Ein weiterer zentraler Be-        sprechend: „Die Mieter
                                                                                                     SCHUTZZIELE
 standteil des Projekts ist die einge-      haben uns eine deut-                                    ERREICHEN WIR
 baute Messtechnik, die in den kom-         liche Verbesserung                                      NICHT IM NEUBAU,
 menden Jahren genaue Erkenntnisse          der Wärmeerhaltung                                     SONDERN NUR
                                                                                                   MIT INTELLIGENTEN
 darüber liefern soll, welche Effekte die   und des Raumklimas                                    LÖSUNGEN FÜR
 neue Anlage und die Sanierungsmaß-         bestätigt”, so Kay                                    DEN BESTAND.
 nahmen bringen. „Ziel ist nicht nur,       Burmeister. „Bis zu
 die Forschung voranzubringen, son-         20 Prozent Einspa-
    dern auch eine gewisse Marktreife       rung bei den Nebenkosten versprechen
     zu entwickeln, denn die Klima-         wir uns, Genaueres müssen nun die          fen zu werden, müsste alles noch
      schutzziele erreichen wir nicht im    Zahlen zeigen, die erhoben werden.”        schneller gehen, was den Druck auf den
                    Neubau, sondern nur     Ein Pferdefuß, der einer Marktreife        Markt weiter erhöht und die Preise
                         mit intelligen-    derzeit noch im Weg steht, bleibt          noch mehr in die Höhe schnellen lässt.
                             ten Lösun-     allerdings: die Kosten. „Wir haben ein     Gleichzeitig sollen nach dem Wunsch
                                 gen für    baugleiches weiteres Objekt, bei dem       der Politik aber die Mieten nicht stei-
                                     den    wir die Sanierung wiederholen könn-        gen: In den Metropolen Dresden und
                                            ten, aber dafür braucht es eine deut-      Leipzig, die im Bundesvergleich der
                                                lich bessere und vor allem ver-        Großstädte in Sachen Mietpreise ei-
                                                         lässlichere Förderung, als    gentlich sehr gut abschneiden und ge-
                                                           wir sie im Moment se-       rade in Größenordnungen neue Sozial-
                                                              hen, nicht zuletzt vor   wohnungen bekommen, wurde soe-
                                                                dem Hintergrund        ben die Mietpreisbremse eingeführt.
                                                                   der stark gestie-   Dass bei der Bezahlbarkeit des Woh-
                                                                    genen Bauko-       nens überhaupt nicht die Kaltmieten,
                                                                     sten.” Und hier   sondern die Nebenkosten zum massi-
                                                                       beginnt das     ven Problem mit erheblicher Spreng-
                                                                       Problem.        kraft geworden sind, wird noch wenig
                                                                                       registriert. Und in der Förderpolitik
                                                                      Um in Sachen     herrscht seit dem plötzlichen Förder-
                                                                    klimaneutraler     stopp Anfang des Jahres ein selten
 Bestand”,                                                       Gebäudebestand        dagewesenes Chaos, das die langfris-
 sagt Ge-                                                     bis 2045 spürbar vo-     tige Planung von großen Vorhaben
 schäftsführer                                             ranzukommen, sind in        enorm erschwert. Mehr noch: Mit
 Kay Burmeister.                                       den kommenden Jahren er-        verschärften Auflagen treibt die Poli-
 „Als wir mit dem                                hebliche Investitionen notwendig.     tik die Kosten sogar noch weiter in
 Projekt gestartet sind, war an die         Selbst ohne den Fachkräftemangel am        die Höhe. Man muss nicht Finanzma-
 Turbulenzen auf den Energiemärkten         Bau und die exorbitanten Baukosten-        thematik oder Immobilienökonomie
 und den Krieg in der Ukraine noch          steigerungen, die gerade um sich grei-     studiert haben, um festzustellen, dass
 nicht zu denken. Auch angesichts           fen, wäre das eine nur mit erheblicher     hier etwas gehörig schiefläuft.
VDW   AKTUELL                                                                                              TITELTHEMA
       Seite : 6

                                           tischen Komplexsanierung entstehen       nen
                  FÖRDERSTOPP:
          GROSSES LOS ODER NIETE           für rund 4,9 Millionen Euro insgesamt    und Mit-
  Der KfW-Förderstopp Anfang des Jah-      34 Wohnungen unterschiedlicher Grö-      arbeitern inklusi-
  res hat die Branche kalt erwischt.       ße, mit Aufzug, Balkon und neuen Ak-     ve Geschäftsführerin ist die
  Quasi nach dem Zufallsprinzip konn-      zenten in Sachen Energie und Klima-      Komplexsanierung nicht nur finan-
  ten von langer Hand geplante Inves-      schutz. „Mit Photovoltaik auf dem Dach   ziell ein gewaltiger Kraftakt. „Deshalb
  titionen in gutes, bezahlbares, kli-     setzen wir auf dezentrale Energieer-     ist es umso ärgerlicher, dass uns im
  mafreundliches Wohnen der Zukunft        zeugung aus erneuerbaren Quel-                                   Moment von
  stattfinden – oder auch nicht. Der       len in Form eines Mieterstrom-                                   der Politik so
  Zeitpunkt der beabsichtigten Antrag-     modells gemeinsam mit ei-                                        viele Steine in
  stellung entpuppte sich wie an einer     nem Energieversorger”, er-                                      den Weg gelegt
  Jahrmarktbude entweder als großes        klärt Sophia Mäschker. „Das                                    werden”,     sagt
  Los oder als Niete. Glück gehabt hat     hatte auch größere Auswir-
  man bei der Wohnungsbau- und Ver-        kungen auf die Bauplanung,
                                           wir sind weg vom Schiefer-                                 AN EIN WEITERES
  waltungsgesellschaft Altenberg mbH                                                                 SANIERUNGS-
  (WVG). „Aber es war sehr, sehr           dach hin zu einem Dach                                    PROJEKT DIESER
  knapp”, schildert WVG-Geschäftsfüh-      aus Metall gegangen.”                                    GRÖSSEN-
  rerin Sophia Mäschker. „An einem         Wärmepumpen         wären                                ORDNUNG IST
                                           nicht möglich gewesen,                                  DERZEIT NICHT
  Freitag wurde der Antrag für unser                                                               ZU DENKEN.
  größtes Sanierungsvorhaben der letz-     da sich der Wohnblock
  ten Jahre scharfgeschalten, direkt am    in einem Fernwärmesat-
  darauffolgenden Montag erhielten wir     zungsgebiet befindet. „Die Fernwärme
  einen Anruf, dass die Förderung ge-      wird aber klimafreundlich mit Biogas-    die WVG-Chefin. „Allein die neuen mo-
  stoppt ist. Um ein Haar wäre also die    Anteil produziert.”                      natlichen Informationspflichten aus
  gesamte Vorbereitung umsonst ge-                                                  der Heizkostenverordnung, die Grund-
                                           GEWALTIGER KRAFTAKT FÜR KLEINE
  wesen – oder wir hätten das Projekt      WOHNUNGSUNTERNEHMEN                      steuerreform, der CO2-Preis und der
  kostspielig umplanen müssen mit un-      Für ein kleines Wohnungsunterneh-        Zensus bringen einen riesigen büro-
  gewissem Ausgang.” Das blieb der         men mit rund 1.000 bewirtschafteten      kratischen Extraaufwand für unser
  WVG glücklicherweise erspart, der Bau-   Wohnungen und neun Mitarbeiterin-        kleines Team mit sich. Daneben sind
  beginn wenige Wochen später konnte                                                wir als kommunales Wohnungsunter-
  planmäßig stattfinden: Im                                                         nehmen immer auch ein Stück weit
  Rahmen einer energe-                                                              Sozialamt, Berater und Seelsorger
                                                                                    für unsere Mieter – zum Beispiel in
                                                                                       Trennungssituationen oder bei Fra-
                                                                                           gen rund um das Wohngeld.
                                                                                              Und nebenher wird auch die
                                                                                                Finanzierung von Baupro-
                                                                                                  jekten gerade für kleine
                                                                                                    Unternehmen im länd-
                                                                                                     lichen Raum immer
                                                                                                       schwieriger und kos-
                                                                                                        tet in der Vorbe-
                                                                                                           reitung immer
                                                                                                           mehr Ressour-
                                                                                                            cen.” Mitten in
                                                                                                             diese Gemen-
                                                                                                             gelage kommt
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  nun neben der Bau- und Energieko-        nachgefragt und im Neubau lässt sich         dern muss sie auch ausreichend mitfi-
  stenexplosion auch noch die wach-        auch in Sachen Energieeffizienz, Kli-        nanzieren, damit Klimaschutz am Ende
  sende Unsicherheit zur künftigen För-    maschutz und aktueller Wohnwün-              für alle bezahlbar bleibt”, fordert Sven
  derung. „Die Wohnungen, die wir ge-      sche vieles besser umsetzen als im           Lauter. „Vor allem aber braucht es Ver-
  rade komplex sanieren, werden wir        Bestand.” Mit Förderung hätte es das         lässlichkeit, damit eine langfristig den-
  für 8 Euro pro Quadratmeter anbieten,    Unternehmen geschafft, trotz enorm           kende Branche wie die Wohnungswirt-
  was für Altenberger Verhältnisse sehr    hoher Baukosten die Mieten deutlich          schaft sinnvoll planen kann.” Vor die-
  viel, angesichts der Baukosten aber      unter 10 Euro pro Quadratmeter zu            sem Hintergrund sieht er nicht nur ak-
  eher niedrig angesetzt ist”, sagt Sophia halten. Doch als das Unternehmen             tuell diskutierte Pläne wie eine Solar-
  Mäschker. „Wir hätten weitere ähn-       mitten in der Vorplanung war, machte         dachpflicht im Bestand kritisch, son-
  liche Objekte, aber an ein weiteres      plötzlich der KfW-Förderstopp einen          dern auch die gerade beschlossene
  Sanierungsprojekt dieser Größenord-      dicken Strich durch die Rechnung. „Wir       Aufteilung des CO2-Preises zwischen
  nung ist derzeit nicht zu denken.        haben eine Vergleichsrechnung ge-            Vermieter und Mieter. „Wir finanzieren
                                           macht, ob das Projekt auch mit den           jetzt de facto die Heizkosten der Mie-
                                           neuen, deutlich schlechteren Förder-         ter mit”, konstatiert der Chef der Wohn-
                                           bedingungen umsetzbar wäre”, er-             bau Radeberg. „Auch das erschwert
                                                                 klärt Sven Lauter.     künftige Investitionen.” Der Kompro-
                                                                 „Das hat viel Zeit     miss, auf den sich Wirtschafts-, Bau-
                                     AM ENDE HÄTTEN              und Geld gekostet      und Justizministerium geeinigt haben,
                                     WIR ENTWEDER               und am Ende ha-         sieht statt einer pauschalen 50/50-
                                    VERGLEICHSWEISE            ben wir uns dage-        Aufteilung jetzt ein Stufenmodell vor,
                                   HOHE MIETEN
                                  VERLANGEN                   gen  entschieden. Al-     das auch den Gebäudezustand einbe-
                                 MÜSSEN ODER DAS             lein der Schwenk vom       zieht. „Vermieter erhalten einen Anreiz,
                                 PROJEKT HÄTTE              EH55- auf den EH40-         um in energetische Sanierungen zu in-
                                SICH ABSOLUT               Standard hätte noch-         vestieren”, findet Bundesbauministe-
                                NICHT GERECHNET.
                                                          mals rund 10 Prozent          rin Klara Geywitz (SPD). „Mieter bleiben
                                                          Mehrkosten mit sich ge-       motiviert, den Energieverbrauch zu
  Ohnehin wird es                                        bracht, neue Anforderun-       senken.” Auch Bundeswirtschafts- und
  schwer, bei den aktuellen Rahmen-        gen an die Nachhaltigkeit hätten es          Klimaschutzminister Robert Habeck
  bedingungen überhaupt neue Inves-        noch weiter verkompliziert. Am Ende          (Die Grünen) zeigt sich zufrieden: „Wir
  titionen auf den Weg zu bringen.” Die    hätten wir entweder vergleichsweise          haben eine Lösung gefunden, die sozial
  aktuelle Großinvestition wäre, wenn      hohe Mieten verlangen müssen oder            gerecht ist”, sagt er und schiebt fast
  der Projektstart erst heute wäre, sehr   das Projekt hätte sich absolut nicht         beiläufig noch diesen Satz hinterher:
  wahrscheinlich so nicht umsetzbar ge-    gerechnet. Beides wäre für uns als           „Angesichts der Heterogenität von
  wesen.                                   kommunales Wohnungsunternehmen               Nichtwohngebäuden werden wir zu-
                                           keine Option gewesen.” Nun hat die           nächst keine 50/50-Aufteilung an-
  FÖRDERUNG? APRIL, APRIL!                 Wohnbau Radeberg das Neubau-                 wenden.” Das heißt: Es ist nicht ganz
  Wie es sich anfühlt, wenn man ein        projekt im ursprünglich angedachten          unwahrscheinlich, dass man bei Wohn-
  ambitioniertes Neubauprojekt in Pla-     EH55-Standard neu geplant – ohne             gebäuden vielleicht doch noch zur
  nung hat und plötzlich die fest ein-     die Förderung, die auch im Sinne der         ursprünglich geplanten pauschalen
  kalkulierte Förderung wegbricht, weiß    künftigen Mieter gewesen wäre. Bau-          50/50-Aufteilung zurückgeht, die für
  Sven Lauter. „In unserem ersten Neu-     start soll 2023 sein, für das Jahr 2025      Vermieter noch mehr Kosten mit sich
  bau seit Ende der 90er Jahre sollten     ist die Fertigstellung anvisiert. Klar ist   bringen würde als das Stufenmodell,
  40 Wohnungen entstehen, davon 32         aber: Es wird deutlich teurer.               das auch schon seine Tücken hat. „Die
  große Vier- und Fünfraumwohnun-                                                       Werte, die zugrunde gelegt werden,
                                           „WIR FINANZIEREN JETZT DE FACTO
  gen für Familien”, schildert der Ge-     DIE HEIZKOSTEN DER MIETER MIT”               sind sehr ambitioniert: Die Mehrzahl
  schäftsführer der Wohnbau Radeberg       Auf künftige Investitionen blickt man        der Objekte liegt deutlich über dem
  Kommunale        Wohnungsbaugesell-      in Radeberg – ähnlich wie in Adorf und       Median”, analysiert der Berater Dr.
  schaft mbH. „Große Wohnungen sind        Altenberg – mit großer Sorge. „Die Po-       Frank Winkler. „Tendenziell werden
  im Speckgürtel von Dresden stark         litik darf nicht nur Ziele setzen, son-      die Vermieter also einen deutlich hö-
TITELTHEMA                                                                                                                                              VDW      AKTUELL
                                                                                                                                                                          Seite : 9

 heren Anteil zu tragen haben als die       NEUER
                                            FÖRDERTOPF
 Mieter.”                                   INNERHALB WENIGER
                                            STUNDEN AUFGEBRAUCHT
 EINE LENKUNGSABGABE,                      Und was ist mit der Forde-
 DIE NICHT LENKT?
 Ob der erhoffte Effekt eintreten wird,    rung nach verlässlicher Förde-
 darüber gehen die Meinungen und Pro-      rung, die auch den explodierenden
 gnosen weit auseinander. „Wir sorgen      Baukosten und den Planungsvorläu-
                                           fen in der Branche endlich gerecht
                                           wird? Ein kurzer Blick auf die An-
                                           schlussförderung nach dem abrupten
                                           KfW-Förderstopp spricht Bände. Als
                                           am 20. April die Antragstellung für                                 siegel Nachhalti-
                                                               die neue Neubauför-                             ges Gebäude” mög-
                                                               derung startete, war                            lich. Heißt im Klartext:
                                    ANGESICHTS DER             die   zur Verfügung                             Stufe 1 war von vorn-
                                   HETEROGENITÄT              gestellte Summe von                              herein nur ein Feigenblatt,
                                   VON NICHT-                1 Milliarde Euro, die                             Stufe 2 verschärft die Förder-
                                  WOHNGEBÄUDEN
                                 WERDEN WIR                 sowohl für Wohn- als                               bedingungen massiv zulasten der
                                 ZUNÄCHST KEINE            auch    Nichtwohngebäu-                             Baukosten – und das ist noch längst
                                50/50-AUFTEILUNG          de reichen sollte, inner-                            nicht das Ende der Fahnenstange,
                                ANWENDEN.
                                                         halb weniger Stunden                                  denn Stufe 2 gilt nur bis Ende des
                                                        aufgebraucht. Bereits im                               Jahres. „Als dritter und finaler Schritt
 dafür, dass der
                                                       Vorfeld    „wurde damit ge-                             der Neuausrichtung der Neubauför-
 CO2-Preis sei-
                                           rechnet, dass diese Summe sehr                                      derung ist ab Januar 2023 ein neues
 ne beabsichtigte klimapolitische Len-
                                           schnell verbraucht sein würde”, sagte                               umfassendes Programm mit dem
 kungswirkung im Gebäudesektor ent-
                                           ein Sprecher aus Robert Habecks                                     Titel ‚Klimafreundliches Bauen‘ vor-
 falten kann”, ist Bundesbauministerin
                                           Ministerium noch am selben Tag. „Da-                                gesehen”, so das Ministerium. Es wird
 Klara Geywitz überzeugt. In der Woh-
                                           her war von Anfang an geplant, direkt                               also nochmals verschärft und ver-
 nungswirtschaft zweifelt man daran.
                                           im Anschluss Stufe 2 zu starten.” Da-                               teuert, wie auch ein Blick auf die
 „Die finanziellen Mittel, die den Woh-
 nungsunternehmen durch den CO2-
 Preis genommen werden, fehlen für            10-STUFEN-MODELL ZUR C02-PREIS-VERTEILUNG
 notwendige Investitionen”, gibt Rainer
                                                                                                                                                                   10 %
 Seifert, Verbandsdirektor des vdw
                                                                                                                                                      20 %
                                                                                                                                          30 %

 Sachsen, zu bedenken. „Auf Seiten der
                                                                                                                             40 %
                                                                                                                50 %

 Mieter sollte das Instrument durch
                                                                                                   60 %
                                                                                       70 %

 eine Verteuerung von Energie eine
                                                                          80 %
                                                             90 %
                                                 100 %

 Lenkungswirkung entfalten, die aber
                                                                                                                                                                   90 %

 durch die aktuelle Preisexplosion auf
                                                                                                                                                      80 %
                                                                                                                                          70 %

 den Energiemärkten auch obsolet ist.”
                                                                                                                             60 %

                                                                                                                                                                           vdw Sachsen 2022
                                                                                                                50 %

 In dieser Situation sei der CO2-Preis
                                                                                                   40 %
                                                                                       30 %

 sogar kontraproduktiv, weil die Politik
                                                                          20 %
                                                             10 %

 damit die ohnehin schon teure Ener-
                                                 %

                                             0 kWh/m2/a 80 kWh/m2/a 110 kWh/m2/a 130 kWh/m2/a 160 kWh/m2/a 180 kWh/m2/a 210 kWh/m2/a 230 kWh/m2/a 260 kWh/m2/a >260 kWh/m2/a

 gie zusätzlich und vermeidbar noch            < Emissionsarme Gebäude                        Eigentümer               Mieter        Emissionsreiche Gebäude >
 teurer macht. Die Forderung der Woh-
 nungswirtschaft, den CO2-Preis be-
                                            rin wird die Neubauförderung „naht-                                geplante Novelle des Gebäudeener-
 fristet auszusetzen, um die Preisex-
                                            los, aber mit anspruchsvolleren Kon-                               giegesetzes (GEG) zeigt. Darin soll un-
 plosion bei den Nebenkosten zumin-
                                            ditionen fortgeführt” und ist „nur noch                            ter anderem der EH55-Standard als
 dest etwas abzumildern, stößt in der
                                            in Kombination mit dem Qualitäts-                                  gesetzliche Untergrenze zementiert
 Regierung allerdings auf taube Ohren.
VDW   AKTUELL                                                                                                                    TITELTHEMA
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                                                              Hoffnungen in das                          selhaft. Es bräuchte eine effektive Bau-
                                                             „Bündnis bezahlba-                          preisbremse, die sich nur mit weniger
                                                             rer Wohnraum”, das                          Auflagen umsetzen ließe. Doch diese
                                 WIR HABEN KEINE             sie wiederbelebt hat.                       Baupreisbremse ist nicht in Sicht.
                                 ZEIT ZU VERLIEREN.
                                                            Eines der wichtigsten
                                DIE NÄCHSTEN
                               JAHRE MUSS ES               Ziele: eine „Bau-, In-                        WO BLEIBT DIE ENERGIEPREISBREMSE?
                               EINEN DEUTLICHEN           vestitions- und Innova-                             Eine weitere Bremse, die es dringend
                              SCHUB NACH                 tionsoffensive”. Dafür                               bräuchte, wäre eine Energiepreisbrem-
                              VORNE AUF DEM
                             WOHNUNGSMARKT              sollen  Planungsprozesse                              se. „Die extreme Sprengkraft der Preis-
                             GEBEN.                    beschleunigt, notwendi-                                explosion bei den Nebenkosten wird
  werden, der schon
                                                      ges    Bauland mobilisiert                              immer noch völlig unterschätzt, weil
  jetzt zu einem re-
                                                     und Baukosten begrenzt                                   die Menschen sie – anders als zum
  gelrechten Neu-
                                                    werden.    Letzterer Punkt ist                            Beispiel beim Tanken – noch nicht di-
  baustopp in der
                                          der aktuell wohl drängendste ange-                                  rekt spüren”, warnt Rainer Seifert,
  Branche geführt hat. Nach einer ak-
                                          sichts der starken Preissteigerungen,                               Verbandsdirektor des vdw Sachsen.
  tuellen Umfrage des Spitzenverbands
                                          die man sowohl bundesweit als auch                                  „Mit der zeitversetzten Betriebsko-
  der Wohnungswirtschaft GdW muss-
                                          heruntergebrochen auf Sachsen kon-                                  stenabrechnung im kommenden Jahr
  ten zwei Drittel der sozial orien-
                                          statieren muss. Bis Herbst soll das                                 wird es bei vielen Haushalten quer
  tier-ten Wohnungsunternehmen in
                                          Bündnis erste Ergebnisse liefern. „Wir                              durch alle Bevölkerungsschichten ein
  Deutschland Neubauprojekte zurück-
                                          haben keine Zeit zu verlieren”, mahnt                               böses Erwachen geben. Daran ändern
  stellen, knapp ein Viertel sah sich
                                          die Ministerin zur Eile. „Die nächsten                              auch Einmalzahlungen wenig. Im Be-
  gezwungen, den geplan-
                                                                                                                                  reich Gebäudeener-
  ten Neubau von Mehr-
                                BAUPREISENTWICKLUNG AM BEISPIEL DER                                                               gie muss die Po-
  familienhäusern kom-
                                INSTANDHALTUNG VON WOHNGEBÄUDEN                                                                   litik viel, viel mehr
  plett aufzugeben. Auch
                                                                                                                                  tun – und zwar
  bei Modernisierungs-
                                Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten                                        +26,3 %          schnell.”       Rainer
  projekten ist die Lage
                                                                                                                                  Seifert sieht dabei
  dramatisch: Etwas mehr        Gerüstarbeiten                                                                    +12,9 %
                                                                                                                                  neben der Sicher-
  als zwei Drittel der Un-
                                Wärmedämm-Verbundsysteme                                                          +21,0 %         stellung der Versor-
  ternehmen müssen ge-
                                                                                                                                  gungssicherheit vor
  plante Umbauprojekte          Heiz- und zentrale Wassererwärmungsanlagen                                        +20,2 %
                                                                                                                                  allem drei Punkte:
  hin zu klimaschonen-
                                Gebäudeautomation                                                                 +12,5 %         „Schritt 1: Alles, was
  den und altersgerech-
                                                                                                                                  lokale, dezentrale
  ten Wohnungen auf Eis         Dämm- und Brandschutzarbeiten an techn. Anlagen                                   +32,5 %         Energieerzeugung
  legen, rund 13 Prozent
                                Vergleich Februar 2022 zu Februar 2021. Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen                   vor Ort im Quartier
  geben die geplanten
                                                                                                                                  behindert,       muss
  Maßnahmen ganz auf.
                                                   Jahre muss es einen deutlichen Schub                       auf den Prüfstand. Das beginnt bei
  Es droht ein Investitionskollaps.
                                                   nach vorne auf dem Wohnungsmarkt                           Steuern und Abgaben und geht bis hin
  „BÜNDNIS BEZAHLBARER                             geben. Gemeinsam sind Politik, Wirt-                       zur Vereinfachung der Bürokratie bei
  WOHNRAUM”: ERSTE ERGEBNISSE
  IM HERBST                                        schaft und Verbände in der Verant-                         Mieterstrommodellen. Schritt 2: Der
  Um den völligen Stillstand bei Neu-              wortung.” Wie die Politik insbesondere                     CO2-Preis als künstlich geschaffener
  bau und Sanierung noch zu verhindern             die horrenden Baukosten in den Griff                       Kostentreiber   für Energie muss vorü-
  und ihr ausgerufenes Ziel von 400.000            bekommen möchte, während die Bun-                          bergehend ausgesetzt werden, bis sich
  neuen Wohnungen pro Jahr wenigs-                 desregierung gerade die Auflagen ver-                      die  Märkte wieder etwas beruhigt ha-
  tens teilweise zu erreichen, setzt Bun-          schärft und somit das Bauen noch                           ben. Schritt 3: Alles, was Investitionen
  desbauministerin Klara Geywitz große             weiter verteuert, bleibt zunächst rät-                     in erneuerbare Energien für Mietshäu-
TITELTHEMA                                                                                                     VDW   AKTUELL
                                                                                                                       Seite : 11

ser erleichtert, muss sofort geprüft     liches
werden. Dazu zählt vor allem eine        hat die Politik Ein-
clever ausgestaltete Neuauflage der                                                   Dabei
                                         fluss. „Statt Scheinförderprogrammen,
Altschuldenhilfe für die Wohnungsun-                                                  müsse auch be-
                                         die finanziell so schlecht ausgestattet
ternehmen im Osten. Wenn die Ent-                                                     rücksichtigt werden, dass Investi-
                                         sind, dass alle Töpfe schon nach einem
lastung von DDR-Altschulden dabei                                                     tionen betriebswirtschaftlich sinnvoll
                                         Tag leer sind, muss die Politik mit aller-
an neue Investitionen in den Klima-                                                   umsetzbar bleiben. „Wer meint, bei
                                                             höchster Priorität
schutz gekoppelt wird, lie-                                                           ohnehin schon stark steigenden
                                                              zu einer langfristig
ßen sich in Sachsen allein                                                            Baupreisen, Fachkräftemangel, Mate-
                                                              verlässlichen För-
damit sofort mehr als 400                                                             rialengpässen und steigenden Zin-
Millionen Euro für energe-                                                            sen auch noch die Anforderungen an
tische Maßnahmen mo-                                                                  energetische Sanierungen und Neu-
                                                          DIE EXTREME SOZIALE
bilisieren.”                                             SPRENGKRAFT DER              bau weiter verschärfen zu müssen,
                                                         PREISEXPLOSION BEI           was Bauen noch teurer macht, dem
Der vdw Sachsen wird                                    DEN NEBENKOSTEN
                                                                                      muss klar sein, dass dann entweder
                                                       WIRD IMMER NOCH
den Prozess der Ener-                                  VÖLLIG UNTER-                  die Mieten stark steigen oder geplante
giewende im Gebäu-                                    SCHÄTZT. EINMAL-                Maßnahmen ganz abgesagt werden
debereich aktiv be-                                  ZAHLUNGEN ÄN-                    müssen. Und wenn dann auch noch
gleiten und hat dafür                                DERN WENIG, DIE
                                                    POLITIK MUSS IM
                                                                                      eine Mietpreisbremse obendrauf ge-
das Energieforum                                    BEREICH GEBÄUDE-                  legt wird, darf sich niemand wundern,
„Plan E” ins Leben gerufen. „Mit die-              ENERGIE VIEL, VIEL                 wenn in Sachen Investitionen tat-
sem neuen Angebot möchten wir den                  MEHR TUN.                          sächlich irgendwann der Letzte das
Wohnungsunternehmen Orientierung,                                                     Licht ausmacht. Das wäre weder im
Inspiration und Handlungsempfeh-                                                      Sinne der Mieter noch im Interesse
lungen geben, wie sie die großen                                                      der Vermieter – und es kann auch
                                         derpolitik zurückkehren”, fordert Rainer
Herausforderungen erfolgreich meis-                                                   nicht Wille der Politik sein.”
                                         Seifert. „Millioneninvestitionen in Kli-
tern können”, umreißt Rainer Seifert     maschutz, möglichst effiziente Gebäu-
die Ausrichtung. „Praxisnahes Exper-     de, neue Energielösungen und bezahl-
tenwissen, enger Erfahrungsaustausch,    bares Wohnen von morgen brauchen
intelligente Vernetzung mit Partnern     langfristige Planungssicherheit, sonst
der Wohnungswirtschaft und vielfäl-      finden sie schlicht nicht statt.”
tige Best-Practice-Beispiele stehen
dabei besonders im Fokus.”

MILLIONENINVESTITIONEN BRAUCHEN
PLANUNGSSICHERHEIT
Investitionen in Wohngebäude wer-
den angesichts der großen Heraus-
forderungen im Energiebereich drin-
gend gebraucht. Zugleich sind aber die
Rahmenbedingungen für sol-
che Investitionen so schlecht
wie lange nicht mehr. Nicht auf
alles, aber auf viel Wesent-
VDW   AKTUELL                                                                                                 IM DIALOG
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                    „DER BAUSEKTOR MUSS SICH SCHNELL WEITERENTWICKELN”

              SEIT DEZEMBER 2019 IST THOMAS                      im Jahr 2022 mit insgesamt 3 Millionen Euro auszu-
              SCHMIDT (CDU) ALS STAATSMINISTER                   statten. Von diesem Betrag wurden aufgrund der hohen
              FÜR REGIONALENTWICKLUNG AUCH                       Nachfrage im letzten Jahr bereits 900.000 Euro über Ver-
                                                                 pflichtungsermächtigungen gebunden. Die verbleibenden
              ERSTER ANSPRECHPARTNER DER WOH-
                                                                 2,1 Millionen Euro stehen in diesem Jahr für Bewilligungen
              NUNGSWIRTSCHAFT IN DER LANDES-                     zur Verfügung. Die Inanspruchnahme durch Kommunen
              REGIERUNG. „VDW AKTUELL” HAT MIT                   bzw. Wohnungsunternehmen ist aber leider sehr verhal-
              IHM ÜBER DAS LANDESRÜCKBAUPRO-                     ten. Im Januar haben wir dieses Programm ausgeschrieben
  GRAMM, DIE NEUE BAUORDNUNG, DAS NOCH IMMER                     und parallel die wohnungswirtschaftlichen Verbände so-
  UNGELÖSTE ALTSCHULDENPROBLEM, DIE LAGE IM                      wie den Städte- und Gemeindetag hierüber informiert. Die
  BAUSEKTOR UND DIE ZUKUNFT DER SOZIALEN WOHN-                   Antragstellung verlief aber bislang sehr schleppend. Des-
  RAUMFÖRDERUNG GESPROCHEN.                                      halb sind wir im April nochmals an die wohnungswirt-
                                                                 schaftlichen Verbände herangetreten. Zurzeit sind noch
                                                                 Mittel in Höhe von rund 1,7 Millionen Euro verfügbar. Von
     Mit dem Landesrückbauprogramm möchte der Frei-              Seiten der Wohnungswirtschaft - auch vom vdw - wurde
  staat auch in diesem Jahr Wohnungsunternehmen dabei            unserem Ministerium und vielen Abgeordneten des Säch-
  unterstützen, dem Leerstand im ländlichen Raum wir-            sischen Landtags stets vermittelt, wie dringend das Lan-
  kungsvoll zu begegnen. Wie wird das Programm bisher            desrückbauprogramm benötigt würde. Mit Blick darauf und
  genutzt und wie zufrieden sind Sie mit der Resonanz?           angesichts der bestehenden Leerstände hätte ich schon
                                                                 eine größere Zahl Anträge erwartet. Das Programm zielt
  In diesem Jahr bin ich mit der Resonanz leider nicht zufrie-   im Übrigen nicht ausschließlich auf den ländlichen Raum
  den. Es war uns gelungen, das Landesrückbauprogramm            ab. Gefördert wird der Rückbau außerhalb von städtebauli-
IM DIALOG                                                                                                     VDW   AKTUELL
                                                                                                                      Seite : 13

  chen Gesamtmaßnahmen der Programme der Städtebau-            solche Lösung durch Beteiligung des Bundes kann es aus
  förderung. Somit sind alle Städte in Sachsen antragsbe-      meiner Sicht nur geben, wenn parallel dazu auch das
  rechtigt.                                                    Thema der Altschulden ostdeutscher Wohnungsunter-
                                                               nehmen und Wohnungsgenossenschaften angepackt wird.
                                                               Das wäre einer reinen Landeslösung wie in Mecklenburg-
      Der Fördersatz wurde bei 50 Euro pro Quadratmeter        Vorpommern vorzuziehen.
  belassen, während die Bau- und Entsorgungskosten je-
  doch stark gestiegen sind. Im vergleichbaren Programm
  der Städtebauförderung sind es 110 Euro pro Quadrat-             Mit Spannung hat die sächsische Wohnungswirtschaft
  meter. Kann die sächsische Wohnungswirtschaft in nächs-      die neue Bauordnung erwartet, die unter anderem beim
  ter Zeit mit einer Anpassung des Fördersatzes rechnen?       Thema Rauchwarnmelder neue Rechtssicherheit bringen
  Vor allem für kleinere Unternehmen im ländlichen Raum        soll. Die Übergangsfrist bei Bestandsgebäuden wurde
  wäre das eine große Unterstützung.                           darin auf Ende 2023 vorgezogen – ein Jahr früher als im
                                                               Kabinettsentwurf der Bauordnung, mit dem viele Woh-
  Hierzu muss man zunächst eins klarstellen: Der Fördersatz    nungsunternehmen bereits geplant haben. Das verkleinerte
  in der Städtebauförderung ist ein hypothetischer Wert.       Zeitfenster wird den Marktdruck deutlich erhöhen und an-
  Die 110 Euro pro Quadratmeter sind die Obergrenze, die       gesichts der Material- und Fachkräfteengpässe zu deutlich
  der Bund vorgibt. Wenn der Rückbau weniger kostet, ist       höheren Preisen führen. Warum ist die Frist so kurzfristig
  die Förderung auch geringer. Aber zum Landesrückbau-         noch vorverlegt worden ohne Einbeziehung der Woh-
  programm: Unser Ministerium hat sich intensiv bemüht,        nungswirtschaft?
  den Fördersatz an den der Bundesförderung anzupassen.
  Das war jedoch innerhalb der Staatsregierung nicht um-       In der Tat hatte das Kabinett im Regierungsentwurf eine
  setzbar. Mit 50 Euro pro Quadratmeter ist die Förderung      um ein Jahr längere Übergangsfrist vorgeschlagen. Die
  in den meisten Fällen trotzdem ein wirksamer Finanzie-       nun geltende Regelung ist Ergebnis der Verhandlungen
  rungsanteil an den Rückbaukosten. In erster Linie soll die   zwischen den Koalitionsfraktionen im Landtag. Die Aus-
  Förderung zudem auch einen Anreiz zum Rückbau setzen.        weitung der Rauchmelderpflicht auch auf Bestandsge-
  Denn eines möchte ich auch betonen: Die Wohnimmobi-          bäude war im Jahr 2019 im Koalitionsvertrag vereinbart
  lieneigentümer sind grundsätzlich auch selbst für den        worden, und zwar auf Druck von SPD und Grünen.
  Rückbau nicht mehr benötigten Wohnraums verantwort-
  lich und müssen hier finanziell mit in der Verantwortung
  bleiben.                                                        Von der sozialen Wohnraumförderung verspricht sich
                                                               die Branche in Sachsen neue Impulse für dringend
                                                               notwendige Investitionen – sowohl in den Metropolen als
      Auch das nach wie vor ungelöste Problem der Alt-         auch in den kleineren Städten und im ländlichen Raum.
  schulden aus DDR-Zeiten belastet viele Wohnungsun-           Die Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund steht dem
  ternehmen und hemmt Investitionen – insbesondere im          Vernehmen nach kurz vor der Unterzeichnung. Welche
  ländlichen Raum, der Ihnen besonders am Herzen liegt.        Akzente werden darin gesetzt, um die Förderung bedarfs-
  Mecklenburg-Vorpommern hat ein Zeichen gesetzt und           gerecht weiterzuentwickeln?
  einen eigenen kommunalen Entschuldungsfonds für DDR-
  Wohnungsbaualtschulden aufgesetzt. Das ermöglicht den        Zur sozialen Wohnraumförderung wird es in diesem Jahr
  dortigen Unternehmen neue Investitionen. Wäre das auch       zwei Verwaltungsvereinbarungen geben. Eine Verwaltungs-
  ein Modell für Sachsen? Wenn ja, woran scheitert es bis-     vereinbarung über Bundesfinanzhilfen in Höhe von bundes-
  her, wenn nein, warum nicht?                                 weit einer Milliarde Euro ist bereits abgeschlossen. Sie ent-
                                                               spricht inhaltlich praktisch den Vorjahresvereinbarungen.
  Nach den uns vorliegenden Informationen lagen die Alt-       Eine weitere Verwaltungsvereinbarung über eine zusätz-
  schulden der Wohnungswirtschaft im Freistaat Sachsen         liche Milliarde Euro an Bundeshilfen wird derzeit zwischen
  zum Ende des Jahres 2021 geschätzt bei etwas mehr als        Bund und Ländern abgestimmt. Diese Mittel sind für den
  einer Milliarde Euro. Davon entfallen 445 Millionen Euro     „klimagerechten sozialen Wohnungsbau” vorgesehen, das
  auf die im vdw Sachsen organisierten Unternehmen, wei-       heißt, der Bund stellt diese Mittel nur für Projekte zur
  tere 596 Millionen Euro auf die Wohnungsgenossenschaf-       Verfügung, die bei Neubauten den Standard „Effizienzhaus
  ten. Derzeit gibt es wieder Überlegungen des Bundes, sich    55” beziehungsweise bei Modernisierungen den Standard
  an der Entschuldung der Kommunen zu beteiligen. Dabei        „Effizienzhaus 85” erreichen. Wir wollen diese zusätzlichen
  hat der Bund aber zunächst die Schuldenlage der Kommu-       Mittel insbesondere über unsere Förderrichtlinie zur Mo-
  nen in den westdeutschen Ländern wie Nordrhein-West-         dernisierung von preisgünstigem Mietwohnraum aus-
  falen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen im Blick. Eine   reichen. Diese Richtlinie soll um einen Baustein für ener-
VDW   AKTUELL                                                                                                  IM DIALOG
       Seite : 14

  getische Sanierungen auf den Effizienzhaus-Standard 85        entwickeln, innovativ sein und neue Geschäftsfelder er-
  ergänzt werden. Sie wird hohe Fördersätze enthalten und       schließen. Er kann dann einen ganz entscheidenden, wirt-
  auch in Dresden und Leipzig gelten. Allerdings muss auch      schaftlich sinnvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ein
  diese Förderung mit Mietpreis- und Belegungsbindungen         wachsender Bereich ist das Bauen mit Holz. Holz ist re-
  einhergehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit den avi-    gional und nachhaltig verfügbar. Es bindet langfristig CO2
  sierten Änderungen der Richtlinie der sächsischen Woh-        und ermöglicht Wertschöpfung besonders im ländlichen
  nungswirtschaft ein attraktives Förder-                                                          Raum. Und mit Wohn-
  angebot machen können, das dem sozi-                                                             und Gewerbeobjekten
  alen Wohnungsbau im Freistaat Sachsen                                                            in Holz- und Holzhybrid-
  einen weiteren Impuls gibt.                                                                      bauweise lässt sich Geld
                                                                                                   verdienen! Das zeigt
                                                                                                   das zunehmende Inte-
      Die Explosion der Energie- und Bau-                                                          resse von Investoren
  preise wird immer mehr zum Problem                                                               auf der Suche nach kli-
  für Vermieter und Mieter. Die Gründe für                                                         maneutralen, nachhal-
  die exorbitanten Preissprünge lassen                                                             tigen Anlagemöglich-
  sich allein mit Lieferengpässen, Fach-                                                           keiten. Sachsen knüpft
  kräftemangel, Preisentwicklungen auf                                                             an jahrhundertealte Er-
  den weltweiten Rohstoffmärkten und                                                               fahrungen an und stellt
  politischen Ereignissen wie dem Krieg in                                                         sich für den Holzbau der
  der Ukraine jedoch nicht zu 100 Prozent                                                          Zukunft gut auf. Wir
  erklären. Teilen Sie den Eindruck Ihrer                                                          haben ein sachsenweit
  Ministerkollegin aus NRW, dass es hier Mitnahmeeffekte        tätiges Holzbau-Kompetenzzentrum ins Leben gerufen,
  und Preisabsprachen gegeben haben könnte und diesbe-          welches die Bevölkerung sensibilisiert, Bauherren – auch
  züglich das Kartellamt genauer hinschauen sollte?             aus der Wohnungswirtschaft – berät sowie Architekten,
                                                                Ingenieure, Handwerker und die Verwaltung fortbildet.
  Die Entwicklung der Preise, denen die Bauunternehmen          Erste Veranstaltungen, Seminare, Ausstellungen und Pilot-
  ausgesetzt sind, war erst beunruhigend, inzwischen ist        projekte sind auf dem Weg. Wir haben die Sächsische
  sie für Betriebe und Bauherren aber sogar dramatisch. In      Bauordnung angepasst, um den Baustoff Holz mit ande-
  so einer Lage erwarte ich dennoch von allen Beteiligten,      ren gleichzustellen und das Bauen mit Holz zu erleichtern.
  dass sie sich an bestehende Regelungen und Gesetze            Dabei kooperieren wir mit Vorreitern, zum Beispiel mit
  halten. Und natürlich ist es Aufgabe des Kartellamtes, den    Partnern in Baden-Württemberg und in der Steiermark in
  Sektor genau in den Fokus zu nehmen. Es muss sicher-          Österreich. Mit der Änderung der Sächsischen Bauordnung
  gestellt sein, dass sich niemand an der Not bereichert und    haben wir aber auch den Weg für weitere Änderungen
  die Preise auch tatsächlich marktgerecht sind.                freigemacht. So schafft sie die Voraussetzungen für eine
                                                                Digitalisierung der Bauverwaltung, die wir mit einem
     Wie muss sich der Bausektor weiterentwickeln, damit        Pilotprojekt vorantreiben. Mit der Einführung von Typen-
  die großen Herausforderungen der Zukunft im Bereich           genehmigungen erleichtern wir serielles und modulares
  Bauen und Wohnen erfolgreich gemeistert werden können?        Bauen. Die Nutzung vorgefertigter Anlagen und Bauteile
  Und wie gut sehen Sie Sachsen dabei aufgestellt?              wird Zeit und Geld sparen und so in erster Linie den Neu-
                                                                bau beschleunigen. Wir haben die Kleine Bauvorlagebe-
  Die große Herausforderung der Zukunft besteht darin,          rechtigung eingeführt. Mit ihr können auch Handwerks-
  klimagerecht zu bauen und bezahlbaren Wohnraum zu             meister und -meisterinnen für weniger schwierige Bau-
  schaffen. Klimagerecht heißt CO2-neutral und ressourcen-      vorhaben die Planungen erstellen und zur Genehmigung
  schonend. Der Bausektor muss sich hier schnell weiter-        bei den Baubehörden einreichen.

  ANMERKUNG DER REDAKTION

        Fragen zur umstrittenen Mietpreisbremse wurden im       füllung dieser Vereinbarung massiv eingefordert.
        Interview mit dem Minister nicht beantwortet. Die Ab-   Auch unter dem Eindruck der Stellungnahmen aus
        lehnung begründete der Pressesprecher wie folgt:        der Wohnungswirtschaft zum Entwurf der Mietpreis-
        „Die Einführung der sogenannten Mietpreisbremse         begrenzungsverordnung hat unser Haus deren Zu-
        war vor der Regierungsbildung im Jahr 2019 im Koali-    lässigkeit juristisch prüfen lassen. Die Rechtmäßigkeit
        tionsvertrag auf Drängen von SPD sowie Bündnis 90/      wurde dabei bestätigt.”
        Die Grünen vereinbart worden. Beide haben die Er-
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              STREITTHEMA MIETPREISBREMSE
      ZWEI FRAGEN AN ALBRECHT PALLAS, WOHNUNGSPOLITISCHER SPRECHER DER SPD SACHSEN

  Die Mietpreisbremse für Dresden und Leipzig, die jetzt beschlos-   Aktuelle Statistiken der organisierten Wohnungswirtschaft
  sen wurde, war 2019 im Koalitionsvertrag vereinbart worden.        zeigen, dass in den sächsischen Metropolen weder eine Wohn-
  Inzwischen hat sich die Lage für Vermieter und Mieter grundle-     raumknappheit noch stark steigende Mietpreise zu beobach-
  gend verändert. Aktuell sind für Mieterhaushalte nicht die Kalt-   ten sind. Bei den vdw-Mitgliedsunternehmen ist der Leer-
  mieten, sondern die Nebenkosten aufgrund der explodierenden        stand in den Metropolen sogar leicht gestiegen, parallel ent-
  Energiepreise das massive Problem. Was entgegnen Sie der           stehen in Leipzig und Dresden gerade in Größenordnungen
  Kritik, dass hier an der falschen Stelle herumgedoktert wird       neue Sozialwohnungen, die den Markt zum Teil bereits ent-
  und das Instrument in der aktuellen Lage nicht zeitgemäß ist?      lasten. Wie lässt sich eine Mietpreisbremse vor diesem
                                                                     Hintergrund begründen?
  Die Situation bei den Kaltmieten hat sich nicht grundlegend
  verändert, sonst wäre eine Mietpreisbremse, die den Anstieg        Die Statistiken der Wohnungswirtschaft bilden nur einen Aus-
  bei Neuvermietungen abbremst, wohl kaum ein Problem. Fakt          schnitt des Wohnungsmarktes ab. Die statistischen Daten
  ist, dass ohne regulierende Instrumente, wie Mietpreisbremse       der beiden Städte Dresden und Leipzig bieten ein realisti-
  und Kappungsgrenze, die Mieten deutlich stärker steigen wür-       scheres Bild. Demnach haben wir Leerstand vor allem in preis-
  den. Davon unbenommen sind die hohen Energiepreise natür-          intensiveren Lagen, in denen die Mieten durch einen immer
  lich ein Problem. Aber es wäre geradezu absurd, wenn Ent-          größeren Teil der Bevölkerung nicht mehr bezahlt werden kön-
  lastungen bei Energiepreisen gleich wieder durch steigende         nen. Dies zeigt, dass die Bautätigkeit in den letzten Jahren
  Mieten aufgefressen werden. In den angespannten Wohnungs-          nicht bedarfsgerecht war. Insgesamt weisen beide Städte eine
  märkten in Dresden und Leipzig wird es in den nächsten Jahren      Leerstandsquote nur knapp über der Schwankungsreserve
  darauf ankommen, bedarfsgerecht zu bauen. Wir haben einen          aus. Außerdem hinkt die Entwicklung der Haushaltseinkommen
  Mangel an größeren Wohnungen, die vor allem für Familien           der Steigerung der Mietpreise und anderer Lebenshaltungs-
  wichtig sind. Auch Menschen mit niedrigem Einkommen, in            kosten hinterher. Die Kriterien, nach welchen die beiden Woh-
  Dresden immerhin 25 Prozenz der Arbeitnehmer:innen, brau-          nungsmärkte als angespannt gelten müssen, sind in der
  chen Unterstützung durch verfügbare und bezahlbare Woh-            Begründung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung nachvoll-
  nungen. Mit Blick auf die Ambitionen der Ampelkoalition in         ziehbar und rechtssicher aufbereitet. Wenn die Mietpreis-
  Berlin und die notwendigen Anpassungen in der sächsischen          bremse aus Sicht des vdw Sachsen wegen eines ausreichend
  Wohnraumförderung hilft die Mietpreisbremse, Zeit zu gewin-        großen Angebotes nicht greifen würde, dann würde sie ins
  nen, bis ausreichend bezahlbare Wohnungen vorhanden sind.          Leere laufen und die Kritik daran sich erübrigen.

 GEMEINSCHAFTLICHE WOHNFORMEN:

 RUNDER TISCH IN
 DRESDEN
                                                                        Mehr als 50 Teilnehmer
                                                                 aus Immobilienwirtschaft, Bürger-
                                                             schaft, Sozialwesen, Politik und Verwaltung
                                                         haben zum vierten Runden Tisch Soziales Woh-
                                                       nen in Dresden die Facetten gemeinschaftlicher Wohn-
                                                     formen diskutiert. „Allen Akteuren ist klar: Die Rahmenbe-
                                                   dingungen müssen verbessert werden”, so Dresdens Sozial-
                                                  bürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann, die zu dem Treffen
                                                 eingeladen hatte. „Die größten Herausforderungen sind die Bereit-
                                                 stellung geeigneter Grundstücke, die Anpassung der Förderinstru-
                                                 mente auf innovative Wohnformen und die Sicherstellung der
                                                 Finanzierung in der Startphase der Gemeinschaftsprojekte. In
                                                  Anbetracht der rasant steigenden Baupreise braucht es schnelle
                                                   Antworten.” Gemeinschaftliches Wohnen habe eine große ge-
                                                    samtgesellschaftliche Bedeutung. „Das Lebensmotto ‚Alt
                                                       werden in Gemeinschaft’ wird sich zunehmend auf den
                                                         Wohnungsmärkten widerspiegeln.” Bei der Schaf-
                                                            fung der Voraussetzungen steht der vdw
                                                                Sachsen mit seiner Expertise gern
                                                                          beratend zur Seite.
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VDW   AKTUELL                                                                                            SCHWERPUNKT
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                                 AUS DEM KRIEG IN EIN
                                   SICHERES ZUHAUSE

                        WIE DIE WOHNUNGSWIRT-
                SCHAFT IN SACHSEN GEFLÜCHTETE
             FAMILIEN AUS DER UKRAINE UNTERSTÜTZT

             Der 24. Februar 2022 wird Uta-Sylke Standke noch lange
             im Gedächtnis bleiben. „Als uns an diesem Tag die ersten
             Nachrichten vom Krieg in der Ukraine erreicht haben, war mir
             sofort klar, dass es sehr schnell große Flüchtlingsströme geben
                                                                 wird”, erinnert sich die
                                                                 Geschäftsführerin der Wohnbau-
                                                                 gesellschaft Zittau mbH (WBG Zittau). „Wir
                                                                 haben gemeinsam mit der Stadt und vielen Partnern
                                                                 vor Ort sofort reagiert. Ob Feuerwehr, DRK, Drogerien
                                                                 oder Baumärkte - die Unterstützung ist riesig.” Die
                                                                 WBG Zittau setzte alle Hebel in Bewegung, um schnell
                                                                 Übernachtungsmöglichkeiten bereitzustellen. „Die ersten
                                                                 geflüchteten Familien, die in Zittau angekommen sind,
                                                                 konnten in Ferienwohnungen und anderen Wohnungen
                                                                 untergebracht werden.” Auch bei der Wohnungsge-
                                                                 sellschaft Riesa mbH (WGR) liefen sehr schnell
                                                                 die ersten Maßnahmen an. Vieles musste
                                                                 sofort entschieden werden: Welche Woh-
                                                                 nungen aus dem Leerstand kommen in
                                                                 Frage? Wie zeitnah können sie hergerich-
                                                                 tet werden? Und vor allem: Wie kann es
                                                                 gelingen, sie schnell zu möblieren und auch
                                                                 mit Haushaltsgegenständen etc. auszustatten?
                                                                 „Uns war klar, dass eine große Herausforderung vor
             uns liegt”, sagt Susan Eisenreich, Marketingchefin der WGR. „Aber ebenso klar war für uns als kommunales
             Wohnungsunternehmen, dass wir sofort helfen müssen.” Die große Hilfsbereitschaft, die auch in Riesa von
             Anfang an herrschte, zeigte sich unter anderem bei einem Spendenaufruf, den die WGR kurz darauf startete.
             „Gemeinsam mit dem Verein Riesa und die Welt e. V. haben wir zu Sach- und Geldspenden aufgerufen,
             damit die Wohnungen mit Möbeln, Haushaltsgeräten und den wichtigsten Dingen für das tägliche Leben
             ausgestattet werden können”, schildert WGR-Geschäftsführer Roland Ledwa. „Der Rücklauf war
             überwältigend. Wir haben ein eigenes Lager eingerichtet und Annahmetermine, Transporte, Auf- und
             Abbau der Möbel und vieles Weitere organisiert. Aufgrund des enormen Arbeitspensums für uns
             und unsere Tochtergesellschaften haben wir dabei auch die Unterstützung des THW Riesa und
             der Freiwilligen Feuerwehr Riesa in Anspruch genommen”. Auch für ein größeres städtisches
             Wohnungsunternehmen wie die WGR war das ein gewaltiger logistischer und personeller
SCHWERPUNKT   VDW   AKTUELL
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VDW   AKTUELL                                                                                SCHWERPUNKT
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                                                    Kraftakt. „Viele Mitarbeiterinnen und Mit-
                                                  arbeiter haben in der heißen Phase Überstun-
                                               den gemacht, manche auch Familie und Freunde
                                            mitgebracht, um bestmöglich zu helfen”, ergänzt
                                         Roland Ledwa. So konnten in kürzester Zeit mehr als
                                       50 Wohnungen bereitgestellt und übergeben werden.

                                    Die Familien, die bei der WGR in Riesa einziehen konnten,
                                  stammen nicht nur aus der Westukraine, sondern auch aus vielen
                                umkämpften Gebieten im Osten und Süden. „Von den 130 Personen,
                              darunter 50 Kinder, denen wir bisher ein sicheres Zuhause geben
                            konnten, stammen auch einige aus Mariupol, Charkiw, Kramatorsk und
                           weiteren Städten, die angegriffen und teilweise zerstört wurden”,
                          berichtet WGR-Marketingchefin Susan Eisenreich. „Mit Hilfe unserer
                        lokalen Netzwerkstelle konnten schnell auch ehrenamtliche Paten für
                       viele der Familien in Riesa gefunden werden, die nun dabei helfen, den
                      Alltag zu meistern, zum Beispiel bei Behördengängen oder Fragen rund um
                     Kita und Schule.” Auch die Hilfsbereitschaft unter den Riesaern ist nach wie
                    vor hoch. Allein bei einem Spendenlauf einer Riesaer Oberschule kamen über
                                  4.000 Euro zusammen. „Besonders bewegt hat mich ein Junge,
                                           der sein Taschengeld gespendet hat”, sagt Susan Eisen-
                                                reich. „Aber auch die tiefe Dankbarkeit der ukraini-
                                                     schen Familien ging uns bei der WGR sehr
                                                        nahe.” Einigen der Geflüchteten konnte das
                                                          städtische Unternehmen nicht nur ein
                                                             sicheres Zuhause, sondern zusätzlich
                                                               eine erste Job-Perspektive bieten.

                                                                 So wie in Riesa haben unzählige
                                                                  weitere Wohnungsunternehmen
                                                                   in ganz Sachsen Wohnungen be-
                                                                    reitgestellt und sich engagiert,
                                                                    um den Betroffenen schnell und
                                                                    unbürokratisch zu helfen. Mehr
                                                                   als 500 Wohnungen konnten be-
                                                                  reits Anfang März zur Verfügung
                                                                 gestellt werden. Nicht überall lief
                                                                es in der Anfangszeit allerdings so
                                                              reibungslos wie in Riesa. Es fehlte
                                                             vor allem an Koordination bei der
                                                           Verteilung und verbindlichen rechtlichen
                                                       und organisatorischen Rahmenbedingun-
                                                    gen durch die Politik. So kam es vielfach zur
                                                paradoxen Situation, dass in den Großstädten
                                                 Dresden und Leipzig unzählige Familien in über-
                                                     füllten Sammelunterkünften ausharrten,
                                                          während im ländlichen Raum Wohnungen
                                                              für sie bereitstanden, die nicht ge-
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