Anlegen mit Rückenwind - Der Ölpreisverfall setzt den Herstellern von erneuerbaren Energien zu. Dabei sollen bald Hunderte von Milliarden in den ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Invest Energiewende Anlegen mit Rückenwind Der Ölpreisverfall setzt den Herstellern von erneuerbaren Energien zu. Dabei sollen bald Hunderte von Milliarden in den Klimaschutz investiert werden. Anleger können profitieren. ERICH GERBL TEXT 92 BILANZ 18/2015
Windkraft Bei den Windturbinenherstellern sind die Auftragsbücher so prall gefüllt wie noch nie. Nach der Finanzkrise hat sich die Industrie gesundgespart. In Zukunft flies- sen die enormen Cashflows in Form von Dividenden und Aktien- rückkäufen an die Anleger zurück. Strom aus Windkraft deckt phasenweise Die Chance auf Übernahmen den gesamten Strombedarf des Landes: Offshore-Anlage in Dänemark. kommt noch dazu. S olar Star» klingt wie Sci- weitere 14 000 gibt es feste Verträge, und encefiction, ist aber seit 27 000 Megawatt sind geplant. Sonnen- diesem Sommer Realität. energie ist in den USA angesagt. Nördlich von Los Ange- Wie gross die Chancen von Invest- les, am Rande der Mo- ments in die erneuerbare Energie sind, jave-Wüste, hat Warren wird sich nicht zuletzt Anfang Dezember Buffetts Kraftwerksbe- in Paris entscheiden. Bei der 21. Uno- treiber BHE Renewables die weltgrösste Klimakonferenz dürften erstmals seit Solaranlage auf den staubtrockenen 1997 in der Klimapolitik wieder Nägel mit Boden gestellt. 1,7 Millionen Module pro- Köpfen gemacht werden. «Seit Kyoto ist duzieren 579 Megawatt, versorgen 255 000 nichts Grosses passiert. Die Welt war mit Foto: Stock4B / Getty Images Haushalte mit Strom und stellen damit der Krise beschäftigt. Dieses Mal könnte sogar die bisherigen Rekordhalter «Topaz es ein wichtiges multinationales Abkom- Solar» und «Desert Sunlight» (je 550 men geben», glaubt Alexander Stiehler, Megawatt) in den Schatten. Solaranlagen ein auf erneuerbare Energien speziali- mit einer Leistung von 10 000 Megawatt sierter Analyst bei der UBS. Viele Länder sind in den USA bereits am Netz, für wärmen sich bereits auf. US-Präsident ! 18/2015 BILANZ 93
Invest Energiewende In der Mojave-Wüste fällt ein Rekord nach dem Solarkraft anderen: grösste Fotovoltaik- Anlage der Welt. Die Solarbranche hat die Kinder- krankheiten überwunden. In ! immer mehr Ländern spielen Foto- Obama hat die Klimapolitik zuletzt Prozent der globalen Landfläche, etwas verschärft. Er will den Anteil der erneu- voltaik-Anlagen auch ohne staatli- weniger als die Schweiz, wären nötig. erbaren Energien bis 2030 von derzeit 13 che Förderungen gewinnbringend Obwohl Sonnenenergie seit langem auf 28 Prozent in die Höhe treiben. Bisher auf den Energiemärkten mit. sinnvoll ist, haben sich Anleger an Solar- waren 22 Prozent geplant. Vom «Krieg Zuletzt machten der fallende aktien die Finger verbrannt. Das Preis- gegen die Kohle» ist bereits die Rede. Die Ölpreis, China und Sorgen um die dumping von chinesischen Herstellern G7 einigte sich bei ihrem Gipfeltreffen Finanzierung Druck. Mittelfristig schickte die Modulpreise in den Keller. Anfang Juni darauf, ab 2020 100 Milliar- Diskussionen über staatliche Förderun- sind die Erholungschancen gut. den Dollar in Umweltprojekte zu stecken gen in Deutschland, Italien und Spanien – und das jährlich. Selbst Papst Franzis- kamen noch dazu. Eine Konsolidierungs- kus widmete dem Klima eine Enzyklika. welle schwemmte viele aus dem Markt. Inzwischen hat sich die Lage ent- Sonnige Aussichten. Besonders gut sind spannt. «Die Boom- und Bust-Märkte die Perspektiven für die Sonnenenergie. gibt es nicht mehr», sagt Stiehler. 2010 UBS-Experte Stiehler: «Wir glauben im entfielen auf Deutschland, Italien und Solarbereich langfristig an ein ganz star- Spanien noch 70 Prozent der weltweiten kes Wachstum.» Geht es nach dem Exper- Solarmodul-Nachfrage, 2015 sind es unter ten, wird die weltweit installierte Leis- zehn Prozent. Derzeit sind China, die tung von Solarmodulen bis zum Jahr USA und Japan die grössten Käufer. Weil 2025 von 218 auf 721 Gigawatt in die inzwischen in den USA 80 Prozent aller Höhe schiessen. Selbst nach einer Ver- Projekte gross sind, machen sich Skalen- dreifachung wäre der Anteil der Fotovol- effekte bemerkbar – Solar kann mit den taik an der gesamten Stromproduktion rivalisierenden Energieformen mithalten. mit drei Prozent noch klein. 2050 wären Laut dem Deutsche-Bank-Analysten Foto: Tim Rue / Corbis laut UBS zehn Prozent vorstellbar. Vishal Shah sind die Kosten so weit An den Ressourcen scheitern diese gesunken, dass in etwa drei Jahren in 50 Pläne nicht. Quarzsand, Glas, Kupfer, Prozent der potenziellen Märkte Solar- Aluminium, Stahl, Plastik und knapp systeme auch ohne Förderungen ge- 40 000 Quadratkilometer, das sind 0,03 winnbringend betrieben werden können. 94 BILANZ 18/2015
Sparmeister Weitere 30 Prozent seien bei weiter fal- Asset der Yield Cos und besonders in lenden Kosten und leicht steigenden einem Niedrigzinsumfeld interessant. Energiepreisen möglich. «Anleger suchten das Weite. Der Markt Aktuell setzen den Solaraktien der Öl- ist nicht bereit, in diesem Umfeld Risiken Mit Kunststoffen lässt preisverfall, die Sorgen um China und einzugehen», sagt Andreas Schneller, sich Energie sparen. Finanzierungsprobleme zu. Je billiger das Head of Portfolio Management und Part- Eine Chance für Öl, desto uninteressanter regenerative ner bei EIC Partners. Industrie und Anleger. Energien – so die Börsenlogik. Doch die Deutsche-Bank-Analyst Shah hält den ist falsch. Weniger als fünf Prozent des Ausverkauf für «überzogen». Die Nach- Stroms werden aus Öl gewon- frage bleibe stark. Allein «Jede eingesparte Kilowatt- nen. Die Emissionen werden SolarCity habe im zwei- stunde ist besser als jede neu durch das billigere Öl nicht ten Quartal einen Bu- produzierte», sagt Rolf Helbling weniger, sondern mehr. Auch «Wir chungsrekord von 395 von der Carnot Capital AG und regulatorisch ist alles beim Alten. «Was hat sich durch das glauben Megawatt an Land gezo- gen, zum Vorjahr ein bringt damit seine Investitions- strategie auf den Punkt. Helb- billigere Öl geändert? Nichts», im Solar- Plus von 82 Prozent. ling setzt auf das Thema Ener- sagt Stiehler. Auch die Um- weltprobleme Chinas bleiben bereich SunPower geht nach der Produktion der 1,7 Mil- gieeffizienz. Auch hier sorgt die Politik für Rückenwind. So will erhalten. Selbst in der Krise langfristig lionen Module für etwa Frankreich den Gesamt- wird sich die Zentralregie- rung auf Erneuerbare fokus- an ein sehr «Solar Star» die Arbeit nicht aus: Das Order- energieverbrauch bis 2030 um 30 Prozent reduzieren. Bis 2050 sieren. Eine Übertreibung, die starkes buch ist mit zwölf Giga- ist gar eine Halbierung geplant. genützt werden kann. Wachs- watt doppelt so voll wie 2012. Der Konzern Besser gedämmt. Ein Bereich, Sorgenkinder. Sorgen machen den Modulherstellern die tum.» rechne bis 2017 mit einer starken Expan- in dem sich hervorragend Ener- gie sparen lässt, sind Gebäude. Alexander Stiehler, Yield Cos. Das sind Tochterfir- UBS-Analyst sion. Marktführer First Firmen wie die deutsche Sto men der Solarzellenhersteller, Solar hat sich mit Zu- oder Rockwool sind auf Dämm- die in den letzten Jahren an die käufen technologisch Materialien spezialisiert. Belimo Börsen kamen. 8point3 Energy wieder in Form ge- Holding ist ein interessanter Partners, NRG Yield oder TerraForm bracht. Geschlossene Fabriken wurden Titel aus der Schweiz. Mit deren Power sind die bekanntesten Vertreter. wieder eröffnet. Eine beeindruckende Klappen lässt sich das Klima in Eine Yield Co finanziert die Projekte, Transformation in sehr kurzer Zeit. Räumen bedarfsgerecht regeln, indem sie dem Mutterkonzern die fertig Vom Solarboom profitieren dürften womit viel Energie eingespart erstellten Wind- oder Solarparks abkauft. auch Schweizer Unternehmen wie Meyer werden kann. «Belimo ist eine Die Hersteller schaffen über ihre Töchter Burger Technology. «Ich bin sehr optimis- Perle», sagt Helbling. Nachfrage. Doch nun hat die Angst vor tisch für die Aktie», sagt Fondsmanager steigenden Zinsen und den damit wach- Schneller. Der Titel war extrem unter Immer leichter. Im Transport be- senden Finanzierungskosten die heile Druck. Der Konzern machte im Vorjahr deutet weniger Gewicht weniger Welt ins Wanken gebracht. Bei Müttern bei einem Umsatz von 316 Millionen Fran- Energieverbrauch. So schmelzen und Töchtern purzelten die Kurse. ken einen Verlust von 135 Millionen. Doch die Pfunde, indem Autobauer Durch den Kursverfall hat sich das jetzt scheint sich das Blatt zu wenden. Das Metalle durch Kunststoffe erset- Finanzierungsproblem nur noch verstärkt. Ziel, 2015 im operativen Geschäft wieder zen. Weil die europäische Auto- Zudem ist die Dividende das grösste in die Gewinnzone zurückzukehren, ! industrie den durchschnittli- chen Verbrauch ihrer Flotte bis 2020 von 130 auf 95 Gramm Energieaktien mit Zukunft CO2 pro Kilometer senken muss, werden für Leichtmacher hohe Titel ISIN Marktkap. Mio. Fr. Titel ISIN Marktkap. Mio. Fr. Preise bezahlt. Genau auf die- Solar Wind sen Bereich ist die Ems-Chemie First Solar US3364331070 4200 Vestas DK0010268606 11200 mit ihren Hochleistungspoly- SolarCity US83416T1007 3730 Gamesa ES0143416115 3950 SunPower US8676524064 2850 Nordex DE000A0D6554 2170 amiden spezialisiert. NRG Yield US62942X1081 721 Xinjiang Goldwind CNE100000PP1 716 Meyer Burger Technology CH0108503795 721 Gurit CH0008012236 215 Guter Rat. Börsenkotierte Fir- 8point3 Energy Partners US2825391053 256 Effizienz men wie AF-Consult und Sweco Speicher Ems-Chemie CH0016440353 9620 aus Schweden oder die nieder- Tesla US88160R1014 26360 Rockwool DK0010219070 2770 ländische Arcadis sind in Samsung SDI US7960542030 4180 Belimo Holding CH0001503199 1300 Sachen Energieoptimierung Sto DE0007274136 369 beratend unterwegs. 18/2015 BILANZ 95
Invest Energiewende Batterie- Schneller Stromhandel wird möglich: Europas grösster Batteriespeicher in Schwerin. speicher Der Markt für Batteriespeicher ! wird realistischer. Für Optimismus kraft unter Beweis. Im zweiten Quartal soll sich binnen weniger Jahre sorgt ein Grossauftrag aus Ungarn. Für schnellte der Umsatz um 30 Prozent, der verzehnfachen. Je stärker sich die Solarzellenbauer EcoSolifer bauen die Gewinn um knapp 40 Prozent nach oben. Thuner eine Fabrikationslinie – ein erneuerbaren Energien verbrei- Das Auftragsbuch für Windturbinen ist 29-Millionen-Projekt. Auf der Anlage ten, desto grösser der Bedarf an mit 8,8 Milliarden Euro so gut gefüllt wie werden weltweit erstmals im grossen Stil Speichern. Tesla hebt mit einer nie zuvor. Für Wartungsverträge sind es Solarzellen in der Heterojunction-Tech- neuen Fabrik Skaleneffekte und weitere 8,1 Milliarden. Weil Vestas 600 nologie gebaut. «Das ist die nächste Ge- kreiert einen neuen Markt. bis 700 Millionen freien Cashflow gene- neration mit deutlich höherer Effizienz, riert, rechnet Schneller mit höheren Divi- ein technologischer Quantensprung. Die denden und Aktienrückkäufen. «Da wird Hersteller müssen und werden ihre Solar- massiv Geld zurückfliessen.» linien aufrüsten», sagt Schneller. Steht die Nordex ist ähnlich gut unterwegs wie Anlage, kann Meyer Burger Interessen- Vestas. Société-Générale-Analyst Alok ten vor Ort die Vorteile zeigen. Die Chan- Katre empfiehlt die Aktie jetzt zum Kauf. cen auf Folgeaufträge steigen markant. Er rechnet bis 2017 mit einem jährlichen Gewinnwachstum von 33 Prozent. Zu- Frischer Wind. Etwas weniger riskant sind sätzlicher Anreiz: «Eine Übernahme der für Anleger erneuerbare Investments aus Gesellschaft ist sehr wahrscheinlich», so dem Windbereich. Weil in der Finanzkrise Schneller. Auch die spanische Gamesa die Nachfrage nach Turbinen kollabierte, sei kompetitiv, solide und erfolgreich auf kamen auch diese Titel unter die Räder. den Märkten unterwegs. Foto: Jens Büttner / Picture-Alliance Doch inzwischen haben sich die Unter- Wer mittels Schweizer Aktien auf den nehmen gesundgespart und sich an der Sektor setzen will, kann das mit dem Börse wieder gefangen. Ein Musterbei- Spezialkunststoff-Hersteller Gurit tun. spiel ist Windturbinenhersteller Vestas. «Gurit ist ein stark unterbewerteter Zu- Das dänische Unternehmen ist gemessen lieferer der Windindustrie», sagt Schnel- an der aufgestellten Kapazität die globale ler. Das Unternehmen profitierte in den Nummer eins. Mit den jüngsten Quartals- ersten sechs Monaten vor allem von der zahlen stellte der Konzern seine Schlag- starken Nachfrage aus der Windkraft. 96 BILANZ 18/2015
Im Zuge des Ausverkaufs in China ver- lor der chinesische Anbieter Xinjiang Goldwind Science & Technology binnen Wochen 50 Prozent an Wert. Dabei ist Goldwind stark aufgestellt, und Chinas Kurs auf erneuerbare Energien ist festge- legt. Zinssenkungen und Konjunktur- programme helfen. Auslastungsgrenzen. Hand in Hand mit den erneuerbaren Energien wächst der Bedarf an Energiespeichern. Denn die Erneuerbaren haben Vorrang, und bläst der Wind, sind die Auslastungsgrenzen bei den Netzen schnell erreicht. Damit den Versorgern die viele Energie nicht um die Ohren fliegt, wird Strom ver- schenkt oder der Abnehmer sogar noch bezahlt. Die negativen Preise lagen bei 250 Euro pro Megawatt. «Der Fokus geht immer stärker auf Speicher», sagt Schnel- ler. Anders als Pumpkraft- werke können Batterie- speicher in Bruchteilen einer Sekunde auf Markt- «Der Fokus schwankungen reagieren. In den Regelenergiemärk- geht ten verdienen heute Batte- immer rien bereits gutes Geld. Der amerikanische stärker auf Elektroautobauer Tesla er- öffnet 2016 seine Gigafab. Speicher.» Andreas Schneller, Head Das Unternehmen des Portfolio Management und Visionärs Elon Musk wird Partner bei EIC Partners die Produktionskapazität von Lithium-Ionen-Akkus mit dieser neuen Fabrik mit einem Schlag verdop- peln. Skaleneffekte kommen zum Tragen, die Preise purzeln, im Schnitt 20 Prozent jedes Jahr. «Es öffnet sich ein riesiger Markt», sagt Schneller. Zwar ist Tesla für ihre Autos bekannt, doch der Wert des Batteriegeschäfts dürfte das Autogeschäft bereits über- trumpfen. Nicht nur Tesla zählt zu den Profiteuren. Auch Samsung SDI wächst rasant. Die Tochter des Handyriesen er- höht die Kapazitäten. Die deutsche Manz Automation hat für Teslas Akku-Herstel- lung die Produktionslinie gebaut. Allein in Deutschland besteht in den nächsten zehn Jahren ein Potenzial von bis zu 10 000 Megawatt. Das entspricht etwas weniger als der derzeit installier- ten Energieleistung der Schweiz. Welt- weit soll die Leistung der Batteriespei- cher in den kommenden fünf Jahren von zwei auf elf Gigawatt explodieren. "
Sie können auch lesen